Der Himmel muss warten von Kalea ================================================================================ Kapitel 93: Gemeinsam einsam ---------------------------- @ Vanilein - Ja, Sam hat etwas begriffen, ob das Durchhalten allerdings so einfach wird ...? LG Kalea XCIV) Gemeinsam einsam Mit der ansteigenden Wärme kehrte Deans Bewusstsein zurück. Er fühlte sich geborgen. Etwas weiches, Warmes umgab ihn. Eine Hand lag auf seinem Bauch. Eine Hand, nicht seine! Und dann hörte er Sams Stimme, die ihm leise unsinnige Worte ins Ohr murmelte. Sam! Sein kleiner Bruder war hier! Hier mit ihm in der Wanne! Wie war er denn…? Egal! SAM! Er wusste wieder was war, was sie gemeinsam gehabt hatten. Er wusste, dass er Cas geküsst und dass Sam gegangen war. Er wusste von dem Kreuz und dem Feuer und er wusste von dem Dämon, der wie Sam geklungen hatte. Er wusste alles aber er wollte es nicht wissen. Und er wollte nicht hier bei Sam sein. Er wollte nicht, dass Sam bei ihm war. Er war nicht gut für seinen jüngeren Bruder! Sein Leben war eine Abwärtsspirale und er würde seinen Kleinen mit sich reißen. Unweigerlich würde er ihn mit sich ins Verderben ziehen. Er hatte ein Ziel und das wollte er unter allen Umständen erreichen, je schneller desto besser! Wenn Sam hier bliebe, wenn er bei Sam bliebe, dann würde er vielleicht doch zögern und das hieße noch mehr Schmerz und noch länger mit dem sein, was er nicht wollte! Oder, was noch viel schlimmer wäre, er würde Sam in sein Verderben mitnehmen. Das durfte nicht sein! Er musste hier raus. Er musste weg, weit weg von Sam! Sam sollte leben! Noch war es vielleicht nicht zu spät! Noch konnte er es schaffen wieder zu verschwinden. Noch konnte er Michael zurück zwingen. Es waren nicht mehr so viele Dämonen zu töten, dann würde er sich Belial greifen können! Noch konnte er gehen ohne große Wunden zu reißen! Dean versuchte Halt zu finden, um aus der Wanne zu kommen. Er strampelte verzweifelt und wollte sich nach oben stemmen. Sofort schlossen sich Sams Arme um ihn und pressten ihn fester an den Körper unter ihm. „Nein! Ich … Nicht …“, stammelte er. „Sch! Dean. Es ist gut. Du bist in Sicherheit!“ ‚Ja klar! Du vielleicht aber Sam nicht!’, höhnte eine Stimme in seinem Inneren und er versuchte weiterhin sich zu wehren. Seine Gegenwehr wurde schwächer und schließlich ergab er sich seiner Erschöpfung und der größeren Kraft Sams. Die Lider fielen ihm zu und sein Kopf rutschte ein wenig zur Seite. Der Jüngere drückte seinen Dean etwas von sich weg, um ihm ins Gesicht schauen zu können. Erleichtert stellte er fest, dass der nur eingeschlafen war. Er wartete noch bis Deans Körper sich wieder warm anfühlte. Dann wusch er ihn vorsichtig, zog den Stöpsel aus der Wanne und kletterte, nachdem der Wasserspiegel weit genug gesunken war, wieder ziemlich ungelenk, heraus. Schnell hüllte er sich in einen weichen, dicken Bademantel, hob Dean aus der Wanne und zog diesem den zweiten über. Dann brachte er den Blonden ins Bett. Nachdem er seinen Bruder in die dicken Decken gewickelt hatte, strich er noch einmal zärtlich über dessen Wange und machte sich dann auf den Weg in den Kochbereich. Dean brauchte dringend Nahrung. Auf dem Treppenabsatz drehte er sich noch einmal um und musterte das schlafende Wesen besorgt. „Dann wollen wir dich mal wieder aufpäppeln“, versprach er sich und ihm leise und wandte sich jetzt endgültig nach unten. Sam konnte nicht wirklich kochen. Bei Jess hatte er ein paar ungelenke Versuche gestartet und auch das eine oder andere Gericht halbwegs genießbar hinbekommen. Doch hier brauchte er etwas Anderes als nur halbwegs genießbares. Hier brauchte er leichte Kost. Er würde einkaufen müssen. Sein Blick fiel auf den Kühlschrank. Er wollte mal schauen, ob es hier überhaupt etwas zu essen gab, dann würde er sich auf den Weg machen. Sein Magen knurrte leise. War es schon wieder so lange her, dass er etwas gegessen hatte? Er schaute auf die Uhr und rieb sich verwundert die Augen. Es war inzwischen fast Morgen. Eine Schüssel Cornflakes wäre jetzt toll, dachte er und ging zum Kühlschrank. Mal sehen, was da darin war. Die Tür öffnete sich mit dem satten Schmatzen der Gummidichtung. In der Tür stand eine Packung Milch. Sam bekam große Augen und schaute in ein paar Schränke. Wenn es hier schon Milch gab... In dem Apothekerauszug neben dem Kühlschrank stand die gewünschte Packung Cornflakes. Das durfte doch nicht ...! Sein Lachen wurde breiter. Hier ließ es sich wahrlich aushalten. Jetzt musste er nur noch Dean überzeugen, bleiben zu wollen. Da sich das Thema Essen ja wie durch Zauberhand erledigt hatte, frühstückte er in Ruhe, ging wieder nach oben und setzte sich an das Bett seines Bruders. „Hey“, sagte er leise und strich ihm zärtlich ein paar Strähnen aus der Stirn. Sein Bruder hatte, solange er ihn kannte, nie so lange Haare gehabt. Die Ponnyfransen hingen ihm bis in die Augen. Noch etwas, was noch vor Monaten undenkbar gewesen wäre. „Das Problem mit unserem Essen hat sich in Luft aufgelöst, also kann ich bei dir bleiben“, begann er ruhig und überlegte sich, was er ihm sonst noch erzählen konnte, ohne weder Dämonen zu erwähnen noch zuviel von sich zu reden. „Ich weiß, dass ich in meinem Leben jede Menge falsch gemacht habe. Und ich kann nur hoffen, dass du mir noch eine weitere Chance gibst, verdient hätte ich sie wohl nicht. Verdammt! Ich würde sie mir wahrscheinlich nicht mal selbst geben wollen. Aber weißt du? Ich würde gerne selbst etwas dazu beitragen, um meine Seele vor der Hölle zu retten. Ja! Du hast dafür gesorgt, dass sie wieder fast rein ist. Du hast dieses drohende Damoklesschwert von mir genommen, jetzt möchte ich mich dafür revanchieren. Bitte lass mich bei dir bleiben und dir helfen wieder ins Leben zu finden und sei es nur für eine Weile.“ Wieder strich er ihm die Haare aus dem Gesicht. Die Frisur stand ihm, stellte er fest. Wenn er nicht so ausgezehrt aussehen würde, wäre er fast noch niedlicher als früher. Oje! Dean und niedlich! Das waren Worte die er nie zusammen aussprechen sollte. Sam lächelte. Aber es stimmte trotzdem! Die längeren Haare machten Deans Gesicht weicher. „Komm schon, wach doch endlich auf!“, bettelte Sam mit sanfter Stimme. Wenn er nicht sehen würde, wie sich Deans Brustkorb langsam hob und senkte, dann hätte er nicht nur einmal die Befürchtung gehegt, dass sein Bruder inzwischen gestorben war. Mittlerweile war es schon wieder Mittag. Er hatte den restlichen gestrigen Abend und die halbe Nacht an Deans Bett verbracht und überlegt, wie es weiter gehen würde. Würde Dean überhaupt zulassen, dass er sich um ihn kümmerte? Würde er seine Hilfe annehmen? Das war jedes Mal der Punkt gewesen, an dem er mit seinem Überlegungen und Plänen gescheitert war. Dean war und blieb eine unberechenbare Komponente. Wie sehr hatte er sich in der Nacht gewünscht, ihn zu berühren, sich an ihn zu schmiegen, doch er hatte sich nicht getraut. So weit war es mit ihnen schon gekommen. Er traute sich nicht mehr, seinen Bruder ohne dessen Erlaubnis zu berühren! Also hatte er neben ihm gelegen und seinem Atem gelauscht, bis er dann doch von seiner eigenen Müdigkeit eingeholt worden und eingeschlafen war. Bis es allerdings soweit gewesen war, hatte er über vieles nachgedacht. Darüber, dass er Dean, wenn auch nur in Gedanken, versprochen hatte, immer für ihn da zu sein. Damals auf dem Boot auf dem Lake Meat hatte er sich geschworen immer für ihn da zu sein, ihm seinen Selbsthass zu nehmen, ihm zu zeigen, dass das Leben lebenswert ist. Er hatte kläglich versagt. Jetzt hatte er noch eine Chance bekommen. Die allerletzte Chance, denn sein Bruder war auf dem Weg in den Tod. Genauso sicher, wie damals, als er für sein Leben in die Hölle gegangen war. Der einzige Unterschied war, dass er dieses Mal den Tod nicht auf die Stunde genau vorhersagen konnte, dafür war er dieses Mal endgültig. Niemand würde seine Seele dieses Mal quälen. Niemand würde seine Seele wieder zurückbringen. Dieses Mal würde sein Bruder für immer gehen und er wollte ihn begleiten. Wollte er das? Er hatte Angst vor dem Ende, aber er hatte auch Angst davor allein zurück zu bleiben. Er hatte Angst vor einem Leben ohne Dean und er hatte Angst vor sich und seinen Entscheidungen. „Bitte Dean. Selbst du müsstest jetzt ausgeschlafen haben!“ Noch immer regte sich der Blonde nicht. War das jetzt ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Er legte im Kamin Holz nach und schürte das Feuer, dann setzte er sich wieder auf den Stuhl neben Deans Bett und wartete weiter. Endlich begann der Blonde sich zu bewegen. Er fühlte sich noch immer müde und zerschlagen und er fühlte noch etwas anderes. Etwas das er in den letzten Monaten nie gefühlt und von dem er mal gehört hatte, dass wenn man ihn nur lange genug ignorierte, man ihn irgendwann nicht mehr empfand. Scheinbar hatte er in den letzten Monaten noch immer zu viel gegessen, denn er hatte Hunger! Dean erstarrte. Er spürte, dass er nicht alleine war und er wusste, dass es sein kleiner Bruder war, der bei ihm war. Aber wollte er überhaupt wieder mit ihm zusammen sein? Er konnte und er wollte es nicht noch einmal riskieren Sam wieder zu vertrauen, nur um dann wieder enttäuscht zu werden und er wollte ihn nicht in sein Verderben reißen. Was konnte er also jetzt tun? Sam würde wohl nicht gehen, wenn er ihn darum bitten würde, außerdem wollte er nicht mal mit ihm reden. Er hatte schon mit Bobby kaum geredet und mit dem hatte er keine Probleme zu bewältigen gehabt. Vielleicht half es ja seinen Bruder einfach zu ignorieren? Vielleicht verschwand er ja dann wieder? Das war zwar keine elegante Lösung und fair war sie auch nicht, aber ihm war mittlerweile alles egal. Das Leben war weder elegant noch fair zu ihm gewesen. Er hatte für jedes Bisschen Glück einen zu hohen Preis gezahlt und er hatte Angst, dass der Preis für ein paar weitere glückliche Minuten für ihn nicht mehr zu stemmen wäre und dass andere dann diese Zeche würden zahlen müssen. So langsam kam er sich lächerlich vor mit geschlossenen Augen hier zu liegen, obwohl er wach war, Sam wusste mit Sicherheit, dass er nicht mehr schlief. Er öffnete endlich seine Augen. „Hey“, wurde er sofort von seinem Bruder begrüßt und obwohl er es nicht wollte, huschte sein Blick doch zu dem Jüngeren. Der musste sich zwingen, nichts zu sagen, nicht einmal enttäuscht den Blick abwenden durfte er. Deans Augen waren nicht mehr diese wundervollen, warmen, grünen Seen in denen er sich so gerne verloren hatte. Diese Augen waren stumpf und ohne Leben. Der Blonde stemmte sich in die Senkrechte. Irritiert schaute er sich um. Wo war er? „Das ist die Hütte. Michael hat mir gesagt, wir könnten hierher. Ich wollte dich einfach aus dem Regen bringen und wusste nicht, ob ich bei Bobby willkommen gewesen wäre, deshalb bin ich hierher. Das ist der blanke Wahnsinn. Der Himmel auf zwei Etagen. Unten gibt es eine kleine Küche. Im Kühlschrank steht alles, was du dir wünschst“, plapperte der Jüngere los. Dean schloss gequält die Augen. Das war zu früh und zu laut! Er wollte nicht schon vor dem Frühstück voll gequatscht werden. Er atmete tief durch und ging dann zur Treppe, um nach unten zu kommen. Er wollte seine Klamotten und er wollte hier weg. Es war ein Fehler gewesen, sich überhaupt so auf seinen kleinen Bruder einzulassen. Sie hätten bleiben sollen, was sie waren. Brüder. Nur Brüder. Er hatte gewusst, dass es falsch war mit Sam ins Bett zu steigen, Sex zu haben, aber er hatte sich nicht stark genug gewehrt, damals. Sam hatte immer mal wieder begonnen ihn auch körperlich zu lieben, und er hatte ihn gelassen und es genossen so verwöhnt zu werden. Aber es war falsch damals und es wäre heute falsch. Er durfte keine Schwäche mehr zeigen. Nichts, was man, nichts was Sam als Entgegenkommen werten konnte. Er hatte sich schon wieder viel zu viel auf Sam zubewegt. Er wollte niemandem mehr wehtun. Weder sich, wenn Sam doch nicht mit seinem Leben zurechtkam und wieder ging, noch Sam, wenn er sterben würde. Wieder knurrte sein Magen und jetzt gesellten sich auch noch leichte Krämpfe dazu und sein Kreislauf begann zu streiken. Er brauchte Zucker. Einen Donut, einen Muffin und Kaffee, viel Kaffee. Langsam, Stufen für Stufe ging er nach unten und zum Kühlschrank. Was hatte Sam gesagt? ‚Im Kühlschrank steht alles was du willst?‘ Er öffnete die Tür. Sam hatte Recht gehabt. Oder aber er kannte ihn viel zu gut und hatte geahnt, was er haben wollte. Oder aber sein Bruder konnte Gedanken lesen. Aber dann hätte er schon im Schlaf daran gedacht haben müssen? Er verwarf diese Idee wieder. Irgendwie kam er sich vor, als würde er träumen. Würde er von Sam träumen? Schlief er noch und sein Unterbewusstsein gaukelte ihm vor hier zu sein, mit Sam hier zu sein? Wollte er das ganz tief in deinem Inneren? Gab es in diesem Traumland hier auch Kaffee? Eine Armlänge vom Kühlschrank entfernt gab es einen Kaffeeautomaten. Er drückte einen Knopf und während er darauf wartete, dass das schwarze Gebräu eine Tasse füllte schob er sich einen Muffin in den Mund. Er kaute kurz und würgte ihn dann fast trocken hinunter. Den Donut erwartete ein ähnliches Schicksal. Allerdings wurde er mit Kaffee runter gespült. Zwei weitere Muffins folgten. Sam war seinem Bruder gefolgt. Er hatte die Fressorgie mit gemischten Gefühlen verfolgt. So abgemagert wie Dean aussah, hatte er schon viel zu lange nicht mehr genug gegessen. Jetzt konnte er nur hoffen, dass er diese Mengen auch vertrug. Der Blonde dachte nicht darüber nach. Er schaute sich suchend um. Wo waren seine Klamotten? Noch bevor er sie fand rebellierte sein Magen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)