Der Himmel muss warten von Kalea ================================================================================ Kapitel 49: Warum tust du das? ------------------------------ XLIX) Warum tust du das? Der Himmel zog sich zu und der Wind frischte auf. Dean drückte sich näher an Sams warmen Körper. Kurz wünschte sich Sam, dass der Wind noch heftiger wurde, doch dann versetzte er sich eine mentale Ohrfeige. Sein Bruder hatte ihm ein Geschenk gemacht, indem er ihn in sein Inneres gelassen und ihm sein unbedingtes Vertrauen bewiesen hatte und er dachte schon wieder nur an sich, dabei sollte er jetzt mal wirklich an Dean denken. Zärtlich strich er über Deans Wange und setzte sich dann etwas aufrechter hin. Der Blonde blinzelte ihn müde an. „Ich bring dich runter. Er sieht aus als würde es bald regnen.“ Keine Sekunde später saßen sie auf dem breiten Bett in ihrer Kabine. Diese Art der Fortbewegung gefiel ihm immer besser. „Schlaf weiter, ich räume oben schnell auf und dann komme ich wieder zu dir“, sagte er leise, drückte seinem Bruder einen Kuss auf die Schläfe und rutschte aus dem Bett. Vorsichtig breitete er die Decke über seinen Engel und beeilte sich dann das Deck aufzuräumen. Der Wind hatte weiter aufgefrischt und die ersten Tropfen fielen bereits vom Himmel. Schon bald rutschte er wieder zu Dean ins Bett. Sein Bruder schien inzwischen doch zu träumen. Sam haderte erneut mit sich. Sollte er in Deans Kopf wühlen und herausfinden, was sein Bruder träumte um ihn notfalls wecken zu können? Nein! Dean hatte ihm vertraut und ihn eingeladen. Er durfte dieses Vertrauen jetzt nicht schamlos ausnutzen. Sein Bruder würde sich ihm wieder anvertrauen, wenn er es für nötig hielt. Mit einem Keuchen wachte Dean auf. Verzweifelt schaute er zu Sam, forschte in seinem Gesicht und schmiegte sich dann an ihn. „Ich bin bei dir“, antwortete der Jüngere auf die unausgesprochene Frage in den grünen Augen. Dean nickte, holte tief Luft und ließ sich wieder auf Sams warmen Bauch fallen. Schnell war er wieder eingeschlafen. Immer wieder wachte Dean auf und jedes Mal suchten seine Augen schon fast ängstlich Sams Gesicht. Und jedes Mal ließ der seinen Daumen zärtlich über Deans Wange gleiten: „Ich bin hier Dean. Ich werde immer bei dir sein.“ Das Schaukeln der Wellen und das gleichmäßige Prasseln der Regentropfen gegen die Fenster lullten den Jüngeren langsam ein und er glitt ebenfalls in Morpheus´ Arme. Fast gleichzeitig wachten sie auf. Sam schaute zu seinem Engel als der die Augen aufschlug. Doch Sam konnte in den grünen Tiefen nichts von Deans Gefühlen erkennen. Wieder strich er zärtlich über Deans Wange. „Hey“ Wortlos stemmte sich der Blonde auf alle Viere. Er drückte Sam einen kurzen Kuss auf die Lippen und rollte sich dann aus dem Bett. Schnell verschwand er im Bad. Sams Finger glitten über die Stelle, an denen er noch immer Deans Lippen zu fühlen meinte. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Dean?“, fragte Sam beim Frühstück. Der Blonde schaute auf. „Kannst du mir etwas versprechen?“ Der Blonde legte den Kopf schief und schaute abwartend zu seinem Bruder. „Wenn ich mal wieder irgendwohin will und du nicht, dann sag es mir bitte.“ „Sam, ich..., es war okay.“ „Dean, bitte. Ich möchte, dass wir Entscheidungen, solche Entscheidungen gemeinsam treffen. Ich möchte, dass sowas wie vorgestern nie wieder passiert. Wenn ich dich nicht gegen deinen Willen nach Vegas geschleppt hätte...“ „Dann wäre es irgendwo anders passiert.“ „Das kannst du nicht wissen, Dean.“ „Ich denke doch.“ Sam schüttelte den Kopf. Das Gespräch lief mal wieder in eine Richtung, die er so nicht gewollt hatte. „Lass es gut sein Sam, bitte. Mein Schädel brummt und ich...“ „Schon okay. Willst du eine Tablette?“ „Nein, ich bin...“ „Dean!“ „Ja“, antwortete der Blonde nur um seine Ruhe zu haben. Der Jüngere nickte ungeduldig und holte seinem Bruder eine Schmerztablette. Warum war sein Bruder nur so ignorant und stur, wenn es um seinen Körper ging? „Willst du heute noch was angeln?“, fragte Sam um vielleicht doch noch ein Gespräch über etwas Alltägliches beginnen zu können. „Weiß noch nicht.“ Sam nickte. Er ließ seinen Engel wohl heute besser noch in Ruhe. Gleich nach dem Frühstück zog sich der Blonde seine Badehose an und sprang mit einem eleganten Hechtsprung in den See. Sam räumte noch das restliche Geschirr weg und beeilte sich dann, seinem Bruder zu folgen. Er wollte ihn lieber im Auge behalten, nur für den Fall der Fälle. Dean schwamm mit ruhigen Zügen immer weiter vom Boot weg. Er wollte nicht denken, also konzentrierte er sich voll und ganz auf seinen Körper, auf das Spiel seiner Muskeln und die Atmung und er hörte wie Sam langsam aufschloss. Schweigend schwammen sie nebeneinander her. Dean war froh, dass sein kleiner Bruder bei ihm war aber nichts fragte. Er wusste nicht, was er hätte antworten sollen. Viel zu sehr beschäftigte ihn das, was Sam ihm gezeigt hatte. All diese Bewunderung, all diese Liebe, die er ihn hatte erleben lassen. Er hatte ja keine Ahnung wie sehr Sammy zu ihm aufgeschaut hatte. Dabei war es doch gar nichts Besonderes, was er für seinen kleinen Bruder gemacht hatte. Das hätte doch jeder gemacht! Dad hatte keine Zeit für sie, weil er das Böse in der Welt bekämpfte und so war es eben am Älteren, an ihm, sich um Sam zu kümmern. Schon alleine der Gedanke an die Gefühle, die gestern über ihn hereingebrochen waren hinterließ ein komisches Gefühl in seinem Bauch und er wusste nicht, ob das gut war. Er hatte schon immer ein eher gespaltenes Verhältnis zu seinen Gefühlen. Er hatte immer versucht, diese tief in sich zu verbergen, damit er nicht noch angreifbarer war. Und nachdem er sich erinnern konnte, was in der Hölle geschehen war, was für Verbrechen er in der Hölle begangen hatte, da war es ihm lieber gewesen, wenn er gar nicht hätte fühlen können. Das hatte sich eigentlich erst geändert, nachdem er Luzifer gebannt und zu Engel gemacht worden war. Jetzt wollte er fühlen. Aber dabei dachte er mehr an Schmerz. Die Liebe zu Sam? Sie war ein wundervoll warmes Gefühl in seinem Inneren, das ihn ein Wenig zu heilen schien. Aber er war sich noch immer nicht sicher, ob er diese auch verdient hatte und was sie ihn kosten würde. In seinem Leben hatte er noch nie etwas bekommen, das ihn glücklich machte, ohne dafür einen viel zu hohen Preis zahlen zu müssen und er hatte Angst, dass es auch hier wieder so wäre. Doch was konnten sie ihm noch antun, dass sie ihm nicht schon angetan hatten? Er schnaubte unwirsch. Jetzt dachte er ja doch! Wütend auf sich schob er die Gedanken beiseite und zwang sich schneller zu schwimmen. Aus den Augenwinkeln sah er, dass sich sein Sammy weiterhin neben ihm hielt und es tat seiner verwundeten Seele gut, ihn da zu wissen. In einem großen Bogen kehrten sie zum Boot zurück. Der Ältere hatte sich ein Stückchen zurückfallen lassen. Sam drehte sich, um nach ihm zu sehen und bekam eine Ladung Wasser ins Gesicht. ‚Na warte‘, dachte er und schon entwickelte sich eine herrlich Wasserschlacht, bis beide sich kaum noch Luft bekamen vor lachen. Der Blonde schüttelte sich, schnaubte und tauchte ab. Er packte Sam am Knöchel und zog ihn mit sich in die Tiefe. Hilflos ruderte der Jüngere und doch zierte ein Grinsen sein Gesicht. Vor seinem inneren Auge erschien sofort das Bild wie Dean vor dem Aquarium mit den Kugelfischen stand. Der unbeschwerte, immer wieder zu Blödsinn aufgelegte Dean war von dem Nichts noch nicht verschlungen worden, sondern nur unter Tonnen von falschen Schuldgefühlen verschüttet. Seine Luft wurde knapp und er begann mit den Füßen zu strampeln, um dem Klammergriff zu entkommen. Die Hand um seinen Knöchel verschwand und er beeilte sich aufzutauchen. Gemeinsam mit Dean durchbrach er die Wasseroberfläche. Er suchte das Gesicht seines Bruders und wurde von den strahlenden grünen Augen fast schon magisch angezogen. Wie gerne würde er sich wieder in ihnen verlieren. Wie gerne würde er sie wieder lustverhangen und unfokussiert auf sich gerichtet sehen. Sam schwamm die letzten Meter zur Treppe und hielt sich am Geländer fest. „Alter vor Schönheit“, sagte er ließ seinem Bruder den Vortritt. „Dann müsste ich ja vor und nach dir raufklettern.“ „Idiot!“ „Miststück!“ Sam lächelte. Es tat gut etwas ganz Normales zu tun. Und dann sah er, wie sich Dean, kaum dass er auf dem Deck stand, auch schon wieder abdrückte und ins Wasser zurück sprang. „Dean!“, rief er, doch sein Bruder tauchte ein ganzes Stück weiter erst wieder auf und schwamm eine Runde um ihr Boot. Noch einmal grinste Sam und kletterte dann aufs Deck. Er holte zwei große Handtücher und als Dean ein zweites Mal aus dem Wasser kam umfing er ihn mit dem Handtuch. „Was sollte das denn?“ „Du hast doch gesagt: Alter vor Schönheit.“ „Du bist manchmal wirklich ein … Kindskopf.“ Sam kam irgendwie gar nicht mehr aus dem Grinsen heraus. Er hatte ‚blöder Idiot‘ sagen wollen, doch er musste Deans Minderwertigkeitskomplexe nicht noch verstärken. Dean sagte nichts dazu. Er zog das Handtuch etwas fester um seine Schultern. Der Regen hatte die Luft nicht nur reingewaschen, es hatte sich auch merklich abgekühlt. Einem Impuls folgend begann Sam seinen Bruder trocken zu rubbeln. Der genoss diese sanften und doch so festen Berührungen. Er gab ein leises Grummeln von sich, als Sam ihm auf die Schulter klopfte und verkündete, dass er fertig war. „Was hältst du davon, wenn ich uns was zu essen mache und wir uns oben in der Sonne aufwärmen?“, fragte der Jüngere. Er tippte auf Deans Bauch und versuchte hinter seinem Lachen die Sorgen zu verbergen, die er sich um seinen Bruder machte. Der sah furchtbar aus. Seine Haut war trotz des kalten Wassers und der Tatsache, dass er ihn gerade trocken gerubbelt hatte, grau und die Augen wieder fast glanzlos und trüb. Der Blonde nickte und stieg, in sein Handtuch gewickelt, die Treppe hinauf. Er wusste, dass er Sam eigentlich helfen müsste, doch er fühlte sich innerlich noch immer müde und zerschlagen und es tat gut, einfach nur zu reagieren und nicht denken zu müssen. Sam brachte Kaffee und Sandwiches nach oben. Schon wieder verzog sich sein Gesicht zu einem breiten Grinsen. Mental versetzte er sich eine Ohrfeige, mal wieder. Dean saß im Schneidersitz auf dem Deck und versuchte ziemlich erfolglos wach zu bleiben. Sein Kopf sackte immer wieder auf seine Brust. „Du solltest was essen und dann schlafen.“ Dean nickte. Träge kaute er auf dem Brot herum, während Sam es ihnen gemütlich machte. „Willst du heute noch angeln?“ „Warum?“ „Das waren unsere letzten Sandwiches. Aber du musst nicht sofort aufspringen“, versuchte Sam seinen Bruder zu bremsen, der tatsächlich Anstalten machte, sich zu erheben. „Komm her und ruh dich aus.“ „Warum tust du das alles?“, fragte Dean und rutschte näher an Sam. „Weil ich dich liebe.“ Der Blonde stemmte sich in die Höhe. Seine Gesicht näherte sich Sams und wurde kurz bevor sich ihre Lippen trafen wurde er von Sams Hand gestoppt. „Ich dachte du...“ „Genau deshalb will ich es nicht. Ich will nicht, dass du etwas nur willst, weil du denkst, dass der Andere es will. Ich will, dass du es willst weil du es willst und nur weil du es willst.“ „Ich...“ „Ich weiß, dass das für dich nicht so einfach ist, Dean. Du hast immer das gemacht, was andere von dir wollten, aber genau das will ich nicht. Nicht mehr! Ich meine, ich habe dir immer wieder ein schlechtes Gewissen eingeredet, weil ich nicht auf mich aufpassen konnte. Es war so einfach, die Schuld auf dich zu schieben, da du dich eh immer schuldig gefühlt hast, aber du warst es nicht, Dean! Jeder ist an seinen Fehlern selbst schuld, egal was andere dir eingeredet haben. Du bist mein großer Bruder und du warst, du bist soviel mehr als nur das für mich, aber ich bitte dich Dean, lass mich auch erwachsen sein. Lass mich Fehler machen, ohne dass du dich dafür schuldig fühlst. Lass mich auf dich aufpassen.“ „Das tust du doch!“ „Ja, du vertraust mir dein Leben an und ich weiß das zu schätzen. Aber du musst zugeben, dass das zumindest für uns und in Anbetracht unseres Lebens, ziemlich normal ist. Du vertraust mir auch dein Baby an. Ich weiß wie sehr du an ihr hängst. Trotzdem, wenn ich wirklich mal etwas an ihr kaputt machen sollte, du kannst sie reparieren.“ „Ich ...“ „Du musst nicht antworten.“ „Ich weiß nicht, ob ich das kann Sam.“ „Ich vertraue dir und ich werde versuchen, dir zu helfen.“ „Aber du rennst jetzt nicht blindlings in jeden Kampf und verlangst von mir zuzusehen?“ „Nein Dean, das überlasse ich weiterhin dir.“ Die Brüder schwiegen. Sam dachte schon, sein Engel wäre eingeschlafen, als der seinen Kopf noch einmal hob und Sam in die Augen schaute. „Warum tust du das?“, fragte er noch einmal. „Ich kann dir nur wieder die gleiche Antwort geben, wie vorhin. Weil ich dich liebe und weil ich denke, dass du jedes Bisschen dieser Liebe wert bist.“ „Aber ich...“ „Keine Widerrede, Dean.“ „Warum bleibst du bei mir? Ich meine, das was ich dir …, was in meinem Inneren ist. Jeder andere wäre weggerannt.“ Der ältere Winchester konnte das einfach nicht verstehen. Natürlich hatte er nicht gewollt, dass Sam weglief. Er hatte einfach nicht mehr weiter gewusst, aber er hätte nie erwartet, dass das Sam eher noch fester an ihn band. „Aus dem selben Grund, Dean. Und weil ich auch ein wenig egoistisch bin.“ „Du bist was?“ „Egoistisch! Du musst wissen, dass der Sex mit dir das Beste ist, das ich jemals erlebt habe und ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um das wieder zu bekommen. Aber nur wenn wir beide es wollen!“, fügte er schnell hinzu um Dean nicht schon wieder einen falschen Wunsch einzureden. Trotzdem huschte ein leicht versautes Grinsen über dessen Gesicht. Er schmiegte sich fester an die breite Brust seines Bruders und ließ sich nun endlich fallen. Schon bald fühlte Sam wie sein Bruder sich etwas entspannte. Er strich ihm zärtlich über die Wange und wünschte ihm einen erholsamen Schlaf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)