Der Himmel muss warten von Kalea ================================================================================ Kapitel 109: Gemeinsam einsam ----------------------------- @ Vanilein - Ja, Dean muss erstmal mit sich ins Reine kommen, ob das allerdings geht? Wenigstens Sam wird an seiner Seite bleiben. LG Kalea CX) Gemeinsam einsam Kaum wahrnehmbar begannen sich die kahlen Äste vor ihrem Schlafzimmerfenster vom langsam heller werdenden Himmel abzuheben. Sam lag noch immer wach und lauschte auf die ruhigen Atemzüge seines Großen. Er hatte in dieser Nacht nicht viel Schlaf bekommen. Albträume hatten, als ob ihre bloße Erwähnung das Startsignal gewesen wäre, seinen Bruder immer wieder heimgesucht und er war nicht nur einmal panisch keuchend aufgewacht. Jedes Mal hatte er sich schutzsuchend in Sams Armen verkrochen, nicht gewillt wieder einzuschlafen. Doch er war von den Ereignissen und Erkenntnissen der letzten Tage viel zu mitgenommen, als das seine Bemühungen lange von Erfolg gekrönt gewesen wären und er war wieder eingeschlafen, nur damit dieser furchtbare Kreislauf von vorn beginnen konnte. Jetzt schlief der Blonde seit vielleicht einer Stunde ruhig und er hoffte, um Deans Willen, dass er nun doch noch die dringend benötigte Ruhe fand. Er selbst hatte die Zeit zum Nachdenken genutzt und er konnte sich einfach nicht mehr verstehen. Es war so einfach für Dean da zu sein, um ihm zu zeigen wie viel er ihm bedeutete. Sein Bruder ließ diese Nähe zu! Er brauchte sie nur zu gewähren. Warum hatte er ihn immer mehr dominieren müssen, um sich seiner Liebe zu vergewissern? Warum hatte er ihn immer weiter treiben müssen? Seine Dominanzanwandlungen hatten so viel zerstört. Das konnte er unmöglich wieder in Ordnung bringen. Nicht in der ihnen verbleibenden Zeit, denn er würde Dean begleiten. Dazu hatte er sich schon vor so langer Zeit entschieden und auch wenn er in der Zeit, in der er ohne seinen Engel gejagt hatte, darüber nicht nachgedacht hatte, seine Entscheidung stand und er würde sie nicht ändern. Mal abgesehen davon, wenn auch Bobby den Tod gewählt hatte, wer blieb dann noch? Wo konnte er sich dann noch zu Hause fühlen. Nein, ohne seinen Großen und ohne ihren Ersatzvater hatte er in dieser Welt niemanden mehr, der ihm so viel bedeutete, keinen Ort mehr an dem er sich zu Hause fühlte. Und es gab noch einen anderen Grund für seine Entscheidung. Er blickte zum Fenster, hinter dem sich die Äste jetzt schon recht deutlich abzeichneten. Ob er sich noch ein paar Stunden Schlaf holen konnte? Er schloss die Augen und war recht schnell eingeschlafen. Der Duft von frischem Kaffee und Croissant weckte Sam schließlich. Er steckte sich, öffnete blinzelnd die Augen und blickte dann zur Treppe, die Dean gerade mit einem voll beladenen Tablett hochkam. „Morgen“, sagte er leise und seiner Stimme war seine Unsicherheit anzuhören. Wie würde sein kleiner Bruder auf seinen gestrigen Aussetzer reagieren? „Womit hab ich das denn verdient?“, wollte Sam wissen und deutete auf das Tablett. Er konnte in Deans Augen sehen, wie sich sein Bruder fühlte und er hatte es in dessen Stimme gehört. „Ich dachte, dass ich dir deine quasi Henkersmahlzeit auch ans Bett bringen könnte.“ Dean versuchte ein schiefes Grinsen. Es gelang ihm nicht wirklich. Er wollte nicht, dass Sam ging. Er hatte Angst davor allein zu bleiben. Er hatte Angst davor hier allein zu bleiben. Aber es war besser so, besser für Sam. Sams Herz setzte kurz aus, bevor es mit einer Heftigkeit weiter zu schlagen begann, dass er glaubte, dass sein Herzschlag in der ganzen Hütte zu hören wäre. „Hat Castiel sich gemeldet? Ist Belial …?“ „Belial? Wieso…?“ „Du redest von Henkersmahlzeit.“ „Naja“, erwiderte der Blonde und wünschte sich das nächste Mauseloch zum Verkriechen. Er wollte das nicht! Ich möchte, dass du gehst.“ Der Jüngere atmete tief durch. Er wollte mit Dean reden, ja. Doch nicht hier und nicht jetzt! Aber wenn sein Bruder das Thema schon mit aufs Tablett gepackt hatte… „Bitte stell das Tablett weg“, bat er. „Warum, ich…?“ „Stell es ab!“, sagte er noch einmal und wartete, bis Dean seiner Bitte entsprochen hatte. „Du willst, dass ich dich hier alleine lasse?“, fragte er ruhig, wohl wissend, dass das Deans größte Angst war. Er konnte noch nie gut alleine sein. „Du willst ganz alleine hier sitzen und auf Belial warten.“ Der Blonde starrte seinen Bruder an. Sein Gesicht war eine starre Maske und doch wusste Sam, dass in ihm ein Kampf tobte. „Ich werde dich nicht alleine lassen, Dean! Ich will und ich werde dich nie wieder alleine lassen. Ob ich gehe oder bleibe ist nicht deine Entscheidung. Du kannst mich bitten, aber ich werde es nicht tun!“ „Sammy, bitte. Ich will nicht auch noch deinen Tod auf den Gewissen haben! Ich kann nicht zulassen, dass du auch noch stirbst. Es ist mein Kampf!“ „Es ist dein Kampf genauso wie es meiner ist. Auch ich habe meinen Teil dazu beigetragen, dass die Tore zur Hölle offen standen. Du allein hast Luzifer gebannt! Und was hat es dich gekostet? Meinst du ich werde zusehen, wie du dich auch noch Belial alleine stellst? Du willst meinen Tod nicht auf deinem Gewissen haben, aber von mir verlangst du mit deinem Verlust zu leben?“ „Sam, bitte! Ich… Mein Leben ist verpfuscht. Mein Körper verändert sich so schon immer mehr und das obwohl ich Michael nicht fühlen kann. Er ist nicht da und ich werde immer mehr zu einem Engel. Selbst wenn ich Belial nicht gegenüber trete, ich weiß nicht wie lange ich noch ich bleibe. Was wenn ich so werde wie Cas? Was wenn ich mit deiner Liebe irgendwann nichts mehr anzufangen weiß? Was, wenn du mir egal wirst? Ich will dir nicht wehtun! Ich will nicht dass du wegen mir leidest!“ „Du willst mir nicht weh tun, mich aber zwingen dich hier allein zu lassen, wohl wissend, dass du es hasst allein zu sein und immer wieder darüber nachdenken zu müssen, ob du vielleicht schon tot bist, oder gerade um dein Leben kämpfst, oder besser wohl gegen dein Leben?“ „Sam!“, begehrte der Blonde gequält auf. „Nichts Sam! Du willst für mich da sein, du willst dass es mir gut geht. Das tut es aber nicht ohne dich!“ „Bitte! Ich…“, versuchte der Blonde es noch einmal mit rauer, fast erstickter Stimme. „Dean! Als ich klein war, warst du mein Vorbild. Ich wollte sein wie du! Irgendwann hab ich dann versucht meinen eigenen Weg zu finden und Jess damit den Tod gebracht.“ Sam holte tief Luft. „Dean! Du bist mein Leuchtfeuer, der Stern, der mir den Weg weist. Mit dir bleibe ich auf dem richtigen Weg. Mit dir ist es nicht schwer die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ohne dich will ich zwar das Richtige tun, aber ich entscheide mich immer wieder falsch. Ich sag nur Ruby! Du willst mir mit Belials Tod zu einer reinen Seele verhelfen, aber ich habe Angst, dass ich die nicht rein halten kann, ohne dich. Außerdem: Wo soll ich denn hin? Ich habe nur Bobby und dich!“, versuchte er eindringlich zu erklären. „Du könntest dir einen Partner suchen und einen normalen Job. Du kannst das!“, bettelte der Blonde regelrecht. „Mit dir ja. Ohne dich sehe ich da schwarz! Wenn du in den Tod gehst, komme ich mit! Diese Entscheidung habe ich schon vor langer Zeit getroffen. Und auch wenn ich sie zwischenzeitlich verdrängt oder vergessen hatte, an den Beweggründen dazu hat sich nichts geändert!“ „Bitte nicht!“, bettelte der Blonde und blickte zu seinem Bruder. Sam musste schlucken. Soviel Unsicherheit, Angst und Schuldgefühle hatte er noch nie in den grünen Augen lesen müssen. Doch er blieb hart. Schon um seinetwillen konnte er seine Entscheidung nicht zurücknehmen. Er hatte viel zu viel Angst vor einem Leben ohne Dean. Er sah keinen Sinn darin und auch er wollte nicht allein in der Welt dastehen. Selbst wenn Bobby nicht hätte sterben wollen, sie wären sich wohl aus dem Weg gegangen, jeder in seiner Trauer gefangen, jeder in der Angst den anderen noch mehr zu verletzen. Dean holte tief Luft, nickte und warf seinen kleinen Bruder noch einen Blick zu. Dann wandte er sich ab, zog die Schultern hoch und stürmte, wie von Furien gehetzt die Treppen hinunter. Bevor Sam reagieren konnte, hörte er das Schlagen einer Tür und dann breitete sich Stille im Haus aus. Kraftlos ließ er sich auf das Bett fallen. Was jetzt? Aber vielleicht war Dean ja nur ins Bad gelaufen? Vielleicht war ihm ihr Gespräch ja auf die Verdauung geschlagen? Kurz keimte Hoffnung in ihm auf und er lief nach unten. Schnell jedoch musste er diese wieder begraben. Dean war wirklich nach draußen verschwunden. Wenigstens hatte er sich seine Jacke mitgenommen. Niedergeschlagen ging er wieder nach oben, um sich anzuziehen. Sein Blick fiel auf das Tablett. Dean hatte wirklich an alles gedacht, aber nach diesem Streit hatte er keinen Hunger mehr. Er brachte ihr Frühstück wieder nach unten und ließ sich dann auf der Couch nieder. Von hier aus hatte er die Tür im Blick. Jetzt blieb ihm nur noch die Hoffnung, dass sein Großer bald wiederkam. Dean hatte sich seine Jacke gegriffen und war aus dem Haus gestürmt und er hetzte immer weiter. Er musste raus, weg, wollte er nicht auf irgendetwas oder gar Sam einschlagen. Er wollte schreien, Sam packen und schütteln! Warum musste er bleiben? Warum wollte er sein Leben wegwerfen nur weil er selbst beenden wollte, was eh nichts wert war? Im Laufen hatte er sich angezogen und war immer weiter gestürmt. Die Kälte zwickte in die Nase und brannte in seinem Hals bis hinunter bis in die Lunge. Das Atmen fiel ihm immer schwerer. Erschöpft ließ er sich unter einem Baum fallen. Er rutschte mit dem Rücken an den Stamm, zog die Knie an, umfasste sie mit seinen Armen und legte den Kopf darauf. Seine Gedanken kreisten um Sam! Wenn er ganz ehrlich war, konnte er ihn sogar verstehen, er hatte ihn zurückgeholt, weil er nicht ohne ihn leben wollte und konnte. Trotzdem! Er wollte, dass Sam lebte! Er konnte den toten Körper seines Kleinen vor sich sehen. Dean schniefte. Er hatte gehofft diesen Anblick, dieses Bild vergessen zu haben! War wohl nichts! Unsichtbar kam Anna näher. Sie hatte die Hütte die ganze Zeit über im Auge behalten, um die Brüder zu schützen falls Gefahren für sie auftauchen sollten, und um sich zu vergewissern, dass es ihnen auch so gut ging. Sie konnte bis in Deans Seele schauen. Sie sah seine Zerrissenheit, seine Ängste und seine Zweifel. Sie sah wie die Kälte in seinen Körper kroch und sie sah wie seine Muskeln zu zittern begannen. Anna ging ein paar Schritte zurück und wurde sichtbar. Langsam näherte sie sich ihm, immer darauf achtend, dass ihre Schritte in dem trockenen Laub raschelten, um ihn nicht zu erschrecken. Der Winchester schaute auf. Sein Blick war eine undefinierbare Mischung der Gefühle, die in ihm tobten. „Du frierst“, stellte sie leise fest. Er zuckte nur mit den Schultern und legte den Kopf wieder auf seine Knie. „Du solltest zurück gehen!“ Wieder zuckte er nur mit den Schultern, rührte sich aber nicht weiter. Der rothaarige Engel schüttelte den Kopf. Mit einer kleinen Handbewegung legte sie eine unsichtbare Decke um ihren Schützling, nicht dass er sich noch den Tod holte! Sie warf noch einen letzten Blick auf den Winchester und ging dann zur Hütte. Vielleicht war ja Sam etwas kooperationsbereiter? Vereinzelt tanzten weiße Flocken lautlos zu Boden. Sie waren nur Vorboten einer Armada von Milliarden weißer Sterne, die die Erde in den nächsten Stunden mit einer dicken weißen Decke überziehen würden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)