Devil May Care von Ouroboros ================================================================================ Kapitel 1: Beyond Good and Evil ------------------------------- Vorwort: Sooo. Jetzt muss ich mal wieder ein wenig Frankenstein-Arbeit betreiben. Es gibt einige Charaktere aus sehr alten Ffs und Rpgs die ich sehr liebe und wieder schreiben möchte. Dafür werde ich eine FF ausschlachten (daraus wird es 4 Charaktere zu 2 Paaren geben) und ebenso das Rpg (da ich leider, leider keinen Kontakt mehr zu meiner damaligen Rpg-Partnerin habe, übernehme ich selbstverständlich nur die Teile, die von mir stammen. Ihre Charaktere werden leicht abgeändert so dass ich nicht die alten versehentlich kopiere). Dort ebenso 4 Charaktere zu 2 Paaren, vorerst. Soviel zur Technik ^-^ Part I ist mal wieder sehr depri – das wird sich dann ändern, hab da selber weniger Lust drauf das in gewohnt epischer Breite auszuweiten. Allerdings muss es leider damit beginnen :) Haltet durch! Im Gegensatz zu Stray werde ich das hier auch eher episodisch gestalten ähnlich Junjou Romantica. Dabei werd ich immer auf dem einen oder anderen Char einen Schwerpunkt legen (oder es versuchen; manche hab ich einfach zuuu~ lieb!) Wünsche werden auch wieder ab und an angenommen! Devil May Care Chapter I: Beyond Good and Evil Part I Kalte Flamme nur Ein Licht in meiner Stille Mein Leben erlischt... Das war es jetzt so in etwa. Großartig; warum das ganze Theater? Jetlag - Jetlag war nicht das Problem gewesen. Er schlief immer dann, wenn er keine Lust mehr hatte, wach zu sein. Aber es war nicht schöner in Italien als in Japan. Die Städte waren genauso grau und tot, wie Daisuke sie kannte. Das Wasser war überall dreckig, und der Himmel war kalt, gar nicht wie im Film. Es war alles so krank und tot hier; die Menschen lebten in einer toten Welt, und keiner bemerkte es. Sie rannten durch ihre Städte mit trüben angelaufenen Augen, durch die sie all die Fäulnis und die Leere nicht sahen, weil sie die Lichtflecken auf ihrer Netzhaut blendeten. Und wenn dann einer aufwachte - wenn dann wirklich einer keine Lust mehr hatte, und den Mut fand, den Schleier vor seinen toten Augen wegzuwischen, und endlich seine Welt um ihn herum klar zu sehen, um seinem Leben ins Gesicht zu blicken; um seinem Gott ins Gesicht zu blicken und zu sagen: Ich sehe dich; hörst du?; dann sahen sie endlich, wie es wirklich aussah; und sie versteckten sich hinter den Mauern ihres Verstandes, für immer; und einige stellten fest, dass sie nicht mehr einschlafen konnten, nachdem sie einmal aus diesem Alptraum aufgewacht waren, der Leben genannt wird, und entscheiden sich, aus allem auszusteigen. Ganz einfach; die Welt. Und sie war überall gleich. Na ja, was hatte er erwartet. Auch in Venedig konnte er nicht schlafen. Noch weniger als in Tokyo, der Stadt, in der jeder eine Maske trug; diese hielt er fest und liebte sie. Die Masken von Tokyo. Die Masken von Venedig sahen genauso aus, wenn man erst einmal gelernt hatte, sie zu entdecken. Es war nicht sehr schwer. Man sah einfach auf die Welt und trat einen Schritt zurück. Überall Masken. Die Menschen liefen auf den Straßen entlang, spiegelten sich in den Pfützen, und selbst ihre Spiegelungen trugen Totenmasken. Karneval? Das war nur Ablenkung. Daisuke hob die Kamera und schoss ein Foto von den Pfützen. Kein Blitz, der sich auf der Wasseroberfläche brach. Dann ließ er die Kamera wieder auf den Schoß sinken und hob wieder den Blick zum Himmel über ihm. Weit und leer. Wie der Himmel in Japan auch. Was hatte er erwartet? Mach deinen Job. Es ist egal, wo du bist. Das Leben rinnt und rinnt weiter, und es ist letztlich egal, wo du zum letzten Mal die Augen schließt. Er stand auf. Keine Fotos mehr heute. Er war einige Stunden lang in der Abenddämmerung durch die Straßen der Stadt gelaufen, und jetzt, wo sich die venezianische Nacht über alles legte, war er des Fotografierens müde geworden. Die Bilder gingen morgen nach Japan, und er musste sie nie wiedersehen. Einen Monat musste er hier bleiben und seinen Job machen; er konnte fotografieren, was er wollte, Hauptsache, es war schön anzusehen. Schöne Dinge fotografieren konnte er. Die Schönheit auf dem Boden, im Dreck, halb im Wasser liegend. Ein toter Falter. Eine Münze im Rinnstein. Eine Zeitung in einem Baum. Er fotografierte alles, schwarzweiß; dann schickte er es weg, und es begegnete ihm nie wieder auf die selbe Art und Weise. Manchmal fotografierte er auch Menschen. Gebäude. Veranstaltungen. Aber das tat er für seinen Arbeitgeber. Viel öfter ging er nachts durch die Straßen - die Straßen Tokyos; die Tokyoter U-Bahnstationen, die Bahnhöfe der Vororte, Industriegebiete oder die Parks in Harajuku; er fand überall die Schönheit in den Menschen, die auf dieser Welt umherliefen. So blind, so unschuldig. Wie sie lachten, sangen, tanzten; sie waren Träumer. Daisuke lief durch die Straßen und setzte sich in ihre Nähe, um sie zu beobachten. Dann zeichnete er sie. Er hatte seinen Skizzenblock dabei und einen Satz Bleistifte, und er zeichnete diese kindlichen, sanftmütigen, wunderschönen Menschen, die er sah in der Welt. Diese Bilder gehörten ihm. Meistens warf er sie weg. Jetzt ging er durch die Straßen dieser fremden Stadt, und es war nicht anders hier als in Tokyo. Nun, vielleicht ein wenig. Er hörte Musik als mp3, während er dort ging. Musik in seiner Muttersprache; auch wenn seine Mutter nie viel gesprochen hatte. Es zehrte an ihm, seine Sprache so dicht an seinem Ohr zu hören. Er vermisste Japan nicht. Japan war nicht schön. Es war oberflächlich und verlogen. Nein; das war nicht die ganze Wahrheit. Er hatte schreckliches Heimweh. Nach einer Woche schon hasste er Europa, wie er Japan hasste; und wollte nach Hause zurück; in den Schoß seiner widerlichen, sadistischen Mutter Nippon, die sie alle irgendwann noch ersticken würde mit ihrer kalten Liebe. Er wollte nach Japan zurück. Während er so durch die Straßen ging, auf dem Weg zu der Wohnung, in der er seit einer Woche lebte, ignorierten ihn die Menschen, so, wie er es wollte. Er fiel ihnen auf; aber keiner kümmerte sich um ihn. Das war genau das, was er beabsichtigte. Er fühlte sich nicht als einer von ihnen; auch nicht als etwas Besseres, einfach als Außenseiter. Und er wollte allein sein. Er war keiner von diesen Leuten, die es immer noch schafften, die Welt zu verleugnen; Gott segne sie. Er trottet dahin, mit gesenktem Kopf, misstrauisch aus schwarzen Mandelaugen unter seinen tiefroten Haarsträhnen hervor blitzend, die Kamera unter seinem etwas zu großen schwarzen Blazer versteckt. Er trug ein Nietenhalsband und -gürtel; seine Augen waren dunkel geschminkt, und seine Lippen ebenfalls. Durch sein schwarzes Netzshirt schien seine Haut bleich wie tot. Er trug weite Hosen, die er an den Knien aufgeschnitten hatte, und alte, mehrfach mit Lederbändern umwickelte Boxerstiefel. Dadurch, und durch seine ausländischen Züge, seine Art, durch die Menge zu huschen wie eine zierliche graue Katze, und seinen intensiv schneidenden Blick, sprach ihn keiner an. Einmal war er, noch in Japan, von ein paar Goths angesprochen und eingeladen worden. Er war auch hingegangen, hatte einige Leute beleidigt, daraufhin war er nie wieder gefragt worden, ob er kommen wollte. Daisuke hatte das gewusst. Er wollte allein sein. Wirklich. Er war nicht der Typ für Gesellschaft. Und er wollte auch niemandem seine Gesellschaft zumuten. Er wusste, er war anders. Er war unfähig, etwas Schönes zu erschaffen. Er konnte nur kopieren. Und er war hässlich. Die Menschen sahen es nicht, sie fanden ihn auf seine bizarre Weise schön, weil sie blind waren; aber wenn sie den Schleier vor ihren Augen wegziehen würden, dann würden sie es merken. Er war hässlich; eine Schande für die Welt, voller Schuld, voller Sünde; unfähig, zu lieben oder geliebt zu werden, ein Fehler der Natur. Und er wusste, er zeichnete die Menschen, die Schönheit in ihrer Gestalt, ohne die Schönheit in ihrem Wesen einfangen zu können, weil er das selbst nicht kannte. Er bewegte sich mitten unter ihnen; ein verzweifelter Reflektor ihres strahlenden Lichts; und sie bemerkten nicht einmal, wie er sich von ihrer Schönheit nährte wie ein Vampir, der selber kein Blut in seinen Adern hat. Daisuke war süchtig. Er machte seinen Job gerne, weil sein Arbeitgeber seine Sucht dazu benutzte, sich selbst zu brereichern. Das war okay; das war ein ehrlicher menschlicher Grund, und Daisuke war ihm dankbar dafür, dass er ihm keine Illusionen zu machen versuchte. Das war doch alles nur stinkende Heuchelei. Noch während er auf dem Nachhauseweg an einem Kanal stehengeblieben war, skizzierte er mit flüchtigen Strichen das junge Mädchen ihm gegenüber. Er zeichnete gerne Frauen. Er fand sie schön. Er mochte es, wie sie lachten. So rein. Und jedes Mal, wenn er einen schönen Mann zeichnen wollte, weil er gerade diesen Anblick nicht hinter sich zurücklassen wollte, war seine Hand nicht mehr in der Lage, die Konturen seiner Gestalt einzufangen; und sein Stift zitterte und zerbrach auf diesem halb skizzierten Krüppel. Die junge Frau sah auf und bemerkte, dass er dabei war, sie aufs Papier zu bannen. Sie lächelte ihm zu. Ihre Augen waren leuchtend wie Edelsteine. Daisuke brach seine Arbeit ab und ließ das halb vollendete Bild achtlos ins Wasser fallen. Die vielgerühmte italienische Nacht spannte sich schwarz wie ein Sack über Venedig. ich bin ein wassergeist und träume vom feuer In seiner kleinen Wohnung angekommen, ließ er seine Kamera auf sein ungemachtes Bett fallen. Er wollte die Bilder jetzt nicht auf den Laptop laden. Er fühlte sich nicht so gut. Dieses Land zehrte an ihm und brach seinen Willen. Die Wohnung bestand aus einem Zimmer, Küche und Bad; in seinem einzigen Wohn-, Schlaf- und Arbeitszimmer lagen verstreut die Bleistiftzeichnungen der letzten Woche auf dem Boden, wo er sie hatte fallen lassen. In seinem offenen Koffer lag seine Kleidung. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sie wegzuräumen. Es kümmerte doch sowieso niemanden. Daisuke warf seinen Blazer auf das Bett und fuhr sich durch die wilden roten Haare. Er schloss die Augen und presste die Hände an die pochenden Schläfen. Es war so heiß hier drin; viel zu stickig. Der Ventilator an der Decke war ausgeschaltet. Der junge Mann ging zum Fenster und öffnete es, so dass die warme, nächtliche Stadtluft in sein Zimmer wallte. In der Ferne hörte man eine einsame Sirene. Daisuke hatte die Hände auf das Fensterbrett gestützt und atmete schwer. Nichts war anders. Alles war genau wie in Tokyo. Genau das gleiche Dasein, Tag für Tag, wie jeder dieser armen Menschen. Daisuke zog sich das Hemd über den Kopf und Hose und Schuhe aus. Ihm war zu warm, immer noch; an seinem mageren Körper konnte man die Rippenbögen erkennen, als er sich streckte. Er war früher schon ein kränkliches Kind gewesen; für ihn stand die alte Wahl Kampf oder Flucht nicht zur Debatte. Der Japaner ging ins Bad und schaltete das Licht an. Das Badezimmer hatte kein Fenster; nur eine Dusche, Toilette und direkt gegenüber der Tür ein Waschbecken mit einem verspiegelten Schrank darüber. Wenn Daisuke in den Spiegel sah, könnte er kotzen. Seine wilden roten Haare, seine blasse, fast durchscheinende Haut; sein flinker, schmaler Körper, fast mädchenhaft... Und war er der Einzige, der die durchdringende Hässlichkeit in diesen tiefen schwarzen Mandelaugen sah? Er war schmutzig; schmutzig bis in die Seele; und je mehr er die Schönheit der Menschen trank, desto mehr fraß sich die Hässlichkeit in sein Leben und vergiftete die Menschen, mit denen er sich zu umgeben versuchte. Er war zu nichts nutze. Belial, sein Pseudonym; der gefallene Engel, dessen Name ‘nichts wert’ bedeutet. Ein wertloses Stück Leben; zu schwach, um ein wirklicher Mensch zu sein. Er hielt den Kopf unter kaltes Wasser, um seine Gedanken zu betäuben; und hob das tropfende Gesicht dann wieder. Sein Spiegelbild starrte ihn trübe aus dunklen, weichen Augen an. Anklagend, wie ein kleines Kind, dem man etwas Wichtiges genommen hat. Daisuke riss mit einer wütenden Handbewegung die Schranktür auf, so dass der Spiegel nicht mehr zu sehen war, und riss dabei aus Versehen gleichzeitig seinen gläsernen Zahnbecher herab, der auf dem Boden in dutzende Scherben zerschellte. Daisuke heulte wütend auf; wütend auf die Welt, auf sich, auf Gott, weil der tot war. Er taumelte nach hinten gegen die gekachelte Wand und rutschte daran zu Boden; mit dem bloßen Rücken gegen die kalten Fliesen gedrückt. Er hatte die Hände vors Gesicht gepresst, aber seine Augen blieben trocken und weit geöffnet; doch regungslos ins Leere starrend. Daisuke schluchzte tonlos auf und schlug mit den Fingerknöcheln der geballten Rechten gegen die Wand neben sich, mehrmals, so dass seine Hand brannte und sich rötete. Er wollte schreien; aber er war wie erstickt. Seine Finger fanden eine der Glasscherben des zerstörten Bechers und schlossen sich darum. Er begann, sie mit steinermen Blick und zusammengepressten Lippen über die dünne weiße Haut seines Unterarms zu ziehen, immer wieder; bis rotes Blut aus den Verletzungen quoll, die er sich selber zufügte, und rote Linien zwischen den alten Narben auf der Innenseite seines linken Unterams erschienen. Seine schwache Hand ballte sich zitternd zur Faust. So viele Narben, so viele Nächte, so lange schon Daisuke... So lange! Viel zu lange! Zu schwach zum Leben war er, und zu schwach zum Sterben; er war zu gar nichts gut; nur eine weitere schlaflose Existenz in einer toten Welt...! Erst als er die Scherbe mit einem Keuchen angewidert von sich geschleudert und sich auf den kalten Fliesen zu einer festen Kugel zusammengerollt hatte, mit beiden Armen seinen zitternden nackten Körper umklammernd, merkte er, dass er sich die ganze Zeit schon entsetzt die Kehle wund schrie, ohne dass eine Träne seine kalten schwarzen Augen verließ; er schrie voll hilfloser frustrierter Verzweiflung, die langen schwarzen Fingernägel in sein weißes Fleisch gegraben, bis er in einen lähmenden, traumlosen Schlaf fiel, wie betäubt von der Stille, die antwortete; zusammengekrümmt, irgendwo, allein, unbemerkt in den stickigen Eingeweiden Venedigs. Wir fallen lost innocence in den Staub in die kalte Asche der Welt Jetzt verletzt Wir zerbrechen our comeuppance in tausend Scherben in funkelnde Splitter Jetzt zerfetzt Part II Und wie sich dieser kleine Dämonenprinz auf dem roten, dicken Teppich räkelte und aus bernsteinfarbenen Augen verspielt zu ihm aufsah! Die Augen, die ihm seinen Namen gegeben hatten, Kohaku, jetzt war dies der Name der kleinen Höllenfürsten mit den weichen schwarzen Haaren, die ihm über die ausgestreckten Arme flossen und wie gesponnenes Seenwasser in der Mitternacht schimmerten. Sein eigener Name war Akira. Jetzt war er es. Jetzt, wo der verbannte Engel zur Strafe für seine Verfehlungen auf der Erde Dienst tun musste. Und dieser Dienst hieß, Wächter und Diener des Prinzen zu sein, den seine älteren Brüder lieber unter Menschen als seinesgleichen sahen, das war die Abmachung zwischen Himmel und Hölle, das war Diplomatie. Was für eine wundervolle Strafe! Akira saß auf dem Sofa, ein Bein hochgelegt, und beendete das Durchsehen der Rechnungen, um sich eine Zigarette anzuzünden und dem Jungen zuzusehen, der unschuldig auf dem Rücken auf dem Teppich lag und aus goldenen Augen zu ihm aufsah, ein breites Lächeln auf seinen geschwungenen Lippen. Seine Wimpern waren lang und warfen einen feinen Schatten auf seine glatten Wangen, wenn er die Lider senkte wie eine Katze und die Arme hinter dem Kopf verschränkte. Der kleine Höllenfürst, der sich jetzt auf die Seite legte und den Kopf auf den Oberarm legte, um Akira treu anzublinzeln, trug eine schwarze Hose, ein graues Hemd und eine Weste darüber, und einen kleinen Anhänger um den Hals. Akira hatte damals, als ihm die Verantwortung für den Jungen übertragen worden war, gedacht, dass er für ihn das Kindermädchen würde spielen müssen - sich um seinen Unterricht kümmern, ihm Essen machen, ihm Kleidung rauslegen - aber es stellte sich heraus, dass er zudem noch Alleinunterhalter, Lieblingsspielzeug und großer Bruder des verzogenen Höllenfürsten sein musste. Kohaku ließ ihm keine ruhige Minute; seit er von seinen Brüdern vorsorglich ins Exil geschickt worden war, ehe er erwachsen wurde und den Streit um die Thronfolge noch komplizierter machte, hatte Akira alle Hände voll zu tun, ihrer beider Leben hier in Tokyo zu managen. Es gab nur eine Sache, die sie beide gemeinsam hatten: Beide waren sich darin einig, dass sie an ihrem Leben hier mehr Gefallen gefunden hatten als an ihrem alten Leben. Auch, wenn sie keine Menschen waren – die Augen des Dämonen verrieten es, und auch so sah Akira überall an ihm Zeichen seiner Abkunft – den immer warmen Körper, die Aura von Hoheit, die Blicke aus seinen goldenen Augen, brennend wie das Feuer, dem er entstammte. Akira mit seiner sachlichen Art, seinem Kontrollwunsch und seiner antrainierten Ernsthaftigkeit hatte schwer zu kämpfen mit den Launen des kleinen verwöhnten Dämonen. Und er musste ihn mit dem gebührenden Respekt behandeln. Immerhin war er noch immer ein Adliger, und Akira hatte einen Auftrag. Wobei aus dem Wächter ein Beschützer geworden war, der dafür sorgte, dass Kohaku zuhause in der kleinen Wohnung lernte wie ein normaler Junge, nur ohne Schule, und schon lange aufgegeben hatte, einen Dämonen in dem verspielten Fürsten zu sehen. Er wusste zwar, dass Kohaku älter war, als er in seinem menschlichen Körper aussah, doch war er lange nicht so alt wie Akira, und für jenen kaum mehr als ein Junge noch. Akira warf seine langen weißblonden Haare über die Schulter nach hinten und beugte sich nach vorne, um die Zigarette in dem schwarzen Aschenbecher auszudrücken. Dass er jetzt einen Menschenkörper besaß, störte ihn nicht. Er hatte mehr aufgeben müssen. “Unternehmen wir was, Akira?”, bettelte der kleine Dämon, der sich jetzt auf den Bauch gerollt und den Kopf auf die gefalteten Hände gestützt hatte. Er sah ihn treuherzig aus bernsteinfarbenen Katzenaugen an. Akira schüttelte den Kopf. “Ihr habt noch Hausaufgaben zu machen - es wird außerdem spät.” “Ich bin kein kleines Kind”, protestierte Kohaku und stand auf und reckte sich wie eine Katze. Dann sprang er zu Akira und setzte sich ihm auf den Schoß, die Arme um seinen Hals legend. “Bitte!” “Nein!” Fast hätte Akira den Kleinen von seinen Beinen geschubst, so erschrocken war er im ersten Moment. Es stimmte, er hatte Kohaku lieb gewonnen in den letzten sechsundsechzig Tagen; aber es gab Momente, in denen sein Ablick oder seine Nähe, seine unbewusste, unschuldige Laszivität Empfindungen in ihm wachriefen, die er lieber verdrängen wollte. Kohaku ließ von ihm ab und sah ihn aus großen Augen betroffen an. “Ich wollte doch nur...” Akira wurde bewusst, dass er lauter geworden war, als er es eigentlich gewollt hatte. Er nahm Kohakus Hand und beugte den Kopf darüber. “Verzeiht, Kohaku-heika. Ich hatte Euch nicht erschrecken wollen.” “Oh, Akira... Es besteht kein Grund, so förmlich zu werden, ich bin doch der Feind!” Kohaku kicherte und stand mit einem schelmischen Strahlen in seinen Augen auf und lächelte Akira ins Gesicht. “Ich mache meine Hausaufgaben, wenn du mir hilfst!” “Versteht Ihr es nicht?” “Nein. Du musst zusehen. Ich kann es besser, wenn du zusiehst. Und ich will, dass du nicht mehr so ernst bist. Du wirst immer so böse, wenn du nachdenkst. Komm mit.” Mit einem Seufzen stand der Ex-Engel auf und folgte Kohaku in sein Zimmer, wo der Junge seine Mathematiksachen auf seinem mit einer roten Tagesdecke bedeckten Bett ausgebreitet hatte. Akira hatte versucht, ihn dazu zu bringen, seine Aufgaben am Tisch zu machen, aber der Dämon hatte seinen eigenen kleinen Dickkopf. Die nächste Viertelstunde verbrachte Akira über Kohakus Schulter gebeugt, der sich im Schneidersitz an seine Aufgaben machte, und ihn hin und wieder auf einen Fehler hinweisend, bis der Höllenfürst mit einem Seufzen das Buch zuschlug und den Stift hinter sich warf. “Fertig!” Resigniert hob Akira den Stift auf und legte ihn auf den Tisch, ehe er ihm zunickte. “In Ordnung. Ihr könnt gehen.” “Ja!” Glücklich sprang der Junge auf und lief ins Badezimmer. Akira sah ihm kopfschüttelnd nach. Himmel und Hölle in Ehren, aber es war wirklich eine Kunst, ihn nicht ins Herz zu schließen. Und obwohl der Fürst ziemlich verwöhnt war, spürte er, wenn es Akira ernst war mit etwas, und hörte meistens auf ihn. Vielleicht war es ein großes Glück für ihn gewesen, dass er der Hölle entkommen und jetzt hier war. Vielleicht war es Glück für sie beide. Akira musste noch immer an den Abend vor einiger Zeit denken - nach einigen Wochen, in denen sie beide von den Regeln der Förmlichkeit gefangen versucht hatten, sich in der ungewohnten Umgebung zu akklimatisieren und einander kaum näher kennengelernt hatten. Akira hatte nicht gemerkt, wie verängstigt Kohaku in diesen ersten Wochen gewesen war; jede Nacht hatte er nur gehört, wie der Junge sich auf seinem Bett im Nebenzimmer hin- und hergeworfen hatte, und in dieser einen Nacht, als Kohaku nicht hatte still liegen können, war Akira endlich übermüdet und genervt aufgestanden, ganz der verbitterte Gefallene, um den Jungen höflich, aber bestimmt zurechtzuweisen, und hatte über Kohakus Bett gebeugt gemerkt, dass dieser noch schlafend war und träumte, wobei seine Augen wild unter seinen Lidern hin- und herhuschten und sein dünner Körper sich unter der weichen Decke verkrampfte und zitterte. Er hatte ihn erschrocken an der Schulter gerüttelt, und als Kohaku aus dem Schlaf hochgefahren war, hatte jener sich verzweifelt und einsam heulend in Akiras Arme geworfen, obwohl er seinen Bewacher kaum kannte; aber er hatte einfach niemand anderen mehr, und Akira war das einzige Wesen, an dem er sich festhalten konnte. Der Engel hatte eine Weile verblüfft und wie erstarrt dagestanden und auf den weinenden Jungen in seinen Armen herabgesehen, unsicher, wie er reagieren sollte, während jener schluchzend nach seiner Familie jammerte, die, wie jeder wusste, sich keinen Deut um ihn scherte. Irgednwann schließlich hatte Akira den Jungen behutsam in seine Arme genommen und ihn gestreichelt und gewiegt, bis seine Schluchzer verebbt waren und er nur stumm in Akiras Arme gekauert dalag. Sein Körper hatte noch immer gezittert in dem dünnen Hemd. Akira hatte ihm über das weiche, samtige Haar gestrichen und ihm mit seiner Nähe Trost gespendet, bis er endlich fähig gewesen war, die ersten freundlichen Worte in der ganzen Zeit zu Kohaku zu sprechen, der keine Schuld an ihrer beider Verbannung trug: “Nicht weinen, Kohaku-heika. Es wird alles gut. Ich bin ja da, um Euch zu beschützen.” Daraufhin hatte der Jüngere wieder angefangen zu weinen: “Versprichst du es mir?” “Natürlich.” Er hatte den Jungen wieder ins Bett gelegt und zugedeckt, und als er wieder in sein Bett hatte gehen wollen, unsicher über das, was geschehen war, war er von dem jungen Höllenfürsten am Arm zurückgehalten worden: “Bleibst du noch bei mir, bis ich eingeschlafen bin?” Kohakus Stimme war ganz leise gewesen, im Gegensatz zu den anderen Tagen, an denen er immer sehr distanziert gesprochen hatte. “Bitte...” Es war auch das erste Mal, dass er ihn um etwas gebeten hatte. Akira hielt an seinem Bett Wache und wischte ihm mit einem Anflug von Mitleid und ungekannter Fürsorge die Tränen von den Wangen, bis der kleine Dämon wieder in Schlaf gefallen war und ruhig atmete. Als Akira in sein Bett zurückgekehrt war, wunderte er sich, warum sein Herz so schnell schlug und ahnte, dass er für diesen Jungen da sein würde, der ebenso wenig Schuld an seinem eigenen Schicksal hatte wie an Akiras. Und jetzt spürte Akira, dass er dem bezaubernden Wesen des Kleinen hoffnungslos verfallen war. Er folgte ihm ins Bad, wo Kohaku eben mit einem Handtuch um die Hüften aus der Dusche getreten war, und begann, routinemäßig die Haare des Jungen zu kämmen, der wohlig die Augen schloss. Akira tat das stets; er hatte Gefallen an dieser Aufgabe gefunden, auch wenn er das nicht vor dem Prinzen sagte. Er liebte es, die weichen Strähnen unter seinen Fingern zu spüren, in denen noch Kohakus Wärme haftete, während der Kamm durch die schweren, schwarzen Haare fuhr und sie wie einen seidenen Teppich auf dem bloßem weißen Rücken ausbreitete. Er liebte es, wie Kohaku sich unter seinen Händen entspannte, wenn er seinen Aufgaben nachging und den Jungen kämmte oder behutsam ankleidete, wie es einem Adligen seines Standes gebührte. Dann wandte sich der Engel zum Spiegel und begann, sein seiden schimmerndes Haar zu kämmen, wie er es mit Kohakus nassen, schweren Strähnen getan hatte. Plötzlich merkte er, dass der Dämon ganz still geworden war. Er wandte sich zu seinem Schutzbefohlenen um, der ihn gedankenverloren anstarrte. Für eine Sekunde nur fragte er sich ercshrocken, ob der Junge etwas von seinen nicht ganz angemessenen Gefühlen gespürt hatte, aber dann sagte Kohaku: “Aki... Glaubst du, dass wir je wieder nach Hause zurückkommen werden?” Seine bernsteinfarbenen Katzenaugen wurden groß, als er Akira ansah. Der konnte nichts tun, außer langsam den Kopf zu schütteln. “Ich glaube nicht, Kohaku-heika.” “Dann...” Kohaku sah sich bedrückt in dem engen Bad um, an das eine ebenso enge Wohnung grenzte. “Wenn wir hier bald ausziehen... Wir müssen immer leben wie Menschen, oder? Wir können alles vergessen, wovon wir geträumt haben? All unsere Wünsche?” Akira wurde unwohl in seiner Haut. “Kohaku-heika...” “Du musst mich nicht mehr so nennen”, flüsterte der Dämon tonlos. “Ich hasse es. Es ist doch letztendlich egal.” “Nichts ist egal.” Akira hockte sich vor ihn und nahm sanft die Hände des Jungen in seine. “Wir sind, was wir sind; und es ist doch schließlich nicht wichtig, wo wir es sind. Ihr seid immer noch ein Fürst. Seid stolz darauf. Und Ihr habt nicht alles verloren; Ihr habt doch noch mich”, fügte er mit einem Lächeln hinzu, während er sich erhob und aus dem Bad wieder in das Schlafzimmer ging. Auf einmal merkte er, wie Kohaku hinter ihm herkam, und ehe er sich versah, war der Junge vor ihn getreten und hatte in kindlicher Unschuld die Arme um ihn geschlungen. “Du bist gar nicht wie einer von denen; du bist so lieb zu mir, Aki”, seufzte er glücklich, und Akira, den Jungen an seiner Brust spürend, gab für einen Moment die Haltung auf und schloss den Dämonen einfach mit klopfendem Herzen in die Arme, um sein Herz schlagen zu spüren, und merkte zu seiner Verwunderung und Erleichterung, dass der Junge nicht zurückwich, und obwohl Kohaku wahrscheinlich noch nicht einmal etwas von seinen Gefühlen ahnte, war er glücklich, wenn er den kleinen Höllenfürsten nur bei sich haben konnte, und sein Licht genießen, sein Strahlen und sein herzliches, kindliches Wesen, und es wäre es ihm wert, müsste er dafür die letzten himmlischen Würden verlieren, wenn er nur für immer für den Dämonen sorgen könnte, der sich oft so verspielt auf dem Teppich räkelte und Akira so voller Liebe aus seinen klaren Katzenaugen ansah. Der Junge schnurrte und drückte sich an seinen Wächter. Akira lächelte. “Ich werde Euch beschützen.” Engel oder Dämon hin oder her - wie Akira seine Strafe liebte! Part III Es schneite, als Daisuke den Flughafen verließ, den Kragen der Jacke hochgeschlagen, die schwarzen Mandelaugen noch starrer als sonst vor Müdigkeit. Er schlief kaum im Flugzeug. Er hasste es, unter so vielen Fremden zu sitzen. Er hasste es, unter Fremden zu schlafen. Selbst in der First Class, die für ihn obligatorisch war. Er hasste das Fliegen. Jetzt weckte ihn die Kälte kaum, sondern ließ ihn vielmehr noch erschöpfter werden, wie sie da mit eisigen Fingern in die Schnitte in seiner Kleidung griff, frostig seinen mageren Körper küsste wie ein zu gieriger Liebhaber. Daisuke presste die Lippen aufeinander, machte sich nicht die Mühe seine Jacke zu schließen; genoss vielmehr die kalte Begrüßung seiner Heimat. Er warf einen Blick hin und her, auf der Suche nach einem Taxi. Sein Verleger hätte ihm einen Wagen schicken können, aber das wollte er nicht. Er wollte nicht, dass irgendjemand etwas für ihn tat. Lieber war es ihm, wenn niemand wusste, wo er war, und was er tat. Seine Wohnung war weniger Zuhause als vielmehr Lager für seine wenigen Besitztümer, die er nicht, wie die Kamera, ständig bei sich trug. Er konnte es sich leisten, in Hotelzimmern zu schlafen, Geld war nie ein Problem für ihn gewesen. Die Straße an dem Seitenausgang, an dem er stand, war fast verlassen; einige dutzend Meter weiter jedoch fand er das gesuchte Vehikel; der Fahrer lehnte daran und war gerade im Begriff, sich eine Zigarette anzustecken, neben ihm erwachte eine Straßenlaterne flackernd zum Leben. Als Daisuke näher kam, seine Reisetasche geschultert, konnte er ihn besser erkennen; der Fahrer war größer als er selbst - an sich keine große Leistung, Daisuke war gerade einmal 1,63 - und auch athletischer, so wie es aussah. Er hatte fedriges, schulterlanges Haar, das sich ihm glatt an den Hals schmiegte und im Licht schwarzviolett schimmerte; seine Züge wirkten ein wenig ausländisch, ein Halbjapaner? Der Fahrer wandte Daisuke das Gesicht zu, als jener näherkam; er hatte angenehme Züge, wenn er auch noch jung wirkte, sanft geschwungene Lippen und strahlende grüne Augen. Er öffnete die Tür für Daisuke, jener merkte zwar, dass er auffällig gemustert wurde, es störte ihn aber nicht; das war er gewohnt. Nachdem sich Daisuke auf den Sitz hatte fallen lassen, ohne sich die Mühe zu machen, seine Tasche im Kofferraum verstauen zu lassen, stieg der Fahrer selber ein, und wandte den Kopf nach hinten, schoss einen Blick aus den glitzernden grünen Augen nach hinten. „Wohin soll's gehen?“ „Irgendwohin“, knurrte Daisuke leicht ungehalten; die Art, wie er angesehen wurde, behagte ihm nicht, ohne dass er genau benennen konnte, warum. Der Rothaarige schloss die Augen und lehnte sich nach hinten an den Sitz. Jetlag. Schwindlig. Müde. War ihm doch egal, wohin in dieser verdammten Stadt er gebracht wurde. „Irgendwohin, wo ich schlafen kann.“ Irgendwo, wo er schlafen konnte, stellte sich heraus als das Haus des Taxifahrers. Daisuke war etwas verblüfft, als er barfuß im Wohnzimmer stand; es war ziemlich minimalistisch eingerichtet, jedoch mit nicht gerade billigem Mobiliar, die Wand zierte ein großer Flachbildschirm, und auch die angrenzende Küche schien nicht gerade billig gewesen zu sein. „Machst du das öfter?“, fragte Daisuke, während er den Fahrer seine Tasche hereintragen ließ; ihn zu siezen, sah er gar nicht ein, da er sich jetzt doch ziemlich sicher war, dass der Fremde jünger war als er selbst. Zudem hatte er bemerkt, dass er die ganze Fahrt über im Rückspiegel beobachtet worden war. Das mochte er gar nicht. Er war es nicht wert, angesehen zu werden; dieser Kerl merkte es nur, wie alle anderen, nicht. Daisuke brachte es ja kaum fertig, sich selber anzusehen. „Nein“, antwortete der andere etwas verspätet auf seine Frage. „Aber wieso denn nicht, ich muss doch irgendwie mein Studium finanzieren; Pension ist eigentlich eine nette Idee, oder?“ „Das sieht nicht nach Geldproblemen aus“, meinte der Rothaarige knapp; immerhin war dies auch eine doch geräumige Wohnung in einem auch recht teuren Viertel. „Ist von meinem alten Herrn.“ Daisuke sah nach unten, wo eine kleine schwarze Katze um seine Beine strich; der Fremde griff nach ihr und hob sie hoch, trug sie in die Küche. „Das ist übrigens Nero. - Mach es dir bequem, fühl dich wie zuhause! Hast du Hunger?“ Daisuke konnte sich nicht erinnern, ihm das Du angeboten zu haben; allerdings war er auch nicht in der Stimmung, zu protestieren. Letztendlich war es doch, wie so vieles, egal. Er sah sich im Wohnzimmer um, wo er schon einmal dort war; es gab nicht viel zu sehen, die ganze Wohnung wirkte eher wie ein Hotelzimmer aus einem Katalog wie ein bewohntes Gebäude. Das war Daisuke sehr recht. „Oh, ich bin Hiroya, aber sag Tora!“ Daisuke reagierte nicht; solcherlei Vertraulichkeiten waren nicht seine Sache. Er ließ sich aufs Sofa sinken und schloss die Augen. So müde. „Wie heißt du?“ Daisuke versuchte, den Schwindel hinter seiner Stirn zu bekämpfen. Das weiche Polster schien ihn förmlich zu sich zu rufen; seine Arme und Beine fühlten sich schwer an wie Steine. „Hey?“ Er fühlte sich am Arm gestupst, und drückte sich reflexartig ein Stück zur Seite, um wieder etwas Abstand zwischen sich und den Studenten zu bringen, der inzwischen neben ihm saß und ihn neugierig ansah. „Was?“ „Ich wollte deinen Namen wissen“, lachte jener. Seine Augen strahlten, er sah Daisuke so offen an; wie ein Kind, wie ein kleiner Junge, wie jemand, der nie etwas Böses gesehen hatte im Leben. Der Rothaarige griff die Kamera, die um seinen Hals hing, und drückte ab, ohne groß nachzusehen; ein Blitz, ein Foto. Hiroya blinzelte geblendet. Moment. Daisuke schoss noch ein Foto. Wieder ein Blitz. Und wieder.... Seine Augen. Etwas war mit seinen Augen. Jedesmal wenn der Blitz in sie traf, ganz kurz nur, schienen seine Pupillen sich zu Schlitzen zu verengen, wie die Augen einer Katze... Daisuke sah genauer hin. Nein, bei normaler Beleuchtung sahen sie auch ganz normal aus. „Ähm...“ Hiroya rieb sich die Augen. „Na gut, dann eben nicht; der Gesprächtigste bist du ja nicht, oder? Ich mach dir was zu essen, alles inklusive heute.“ „Kaji“, murmelte Daisuke, während er sich durch die Digitalanzeige seiner Kamera arbeitete. Ja, er hatte recht gehabt; auf den Fotos sah man seine Augen. Erstaunlich. Wunderschön. „Hm?“ „Kaji Daisuke.“ Als Daisuke erwachte, konnte er sich im ersten Moment nicht erinnern, wo er sich befand – Italien – nein – Flugzeug – nein – Hotel? Ah. Er war bei dem Studenten daheim. Er lag noch immer auf dem Sofa; Hiroya hatte ihm eine Decke über den Körper gezogen, und Daisuke schrak mit einem Ruck hoch, als er merkte, dass er ihm auch den Blazer ausgezogen hatte. Den Rest hatte er noch an. Dennoch hämmerte das Herz des Rothaarigen wie wild. Wie konnte er – wie konnte er wagen – Badezimmer, kaltes Wasser, durch den ersten Schreck war ihm ganz heiß geworden, er musste einen Schluck trinken gegen die trockene Kehle. Er stand auf und rannte auf dem Weg in den Flur fast Hiroya über den Haufen, der gerade aus seinem Schlafzimmer gekommen war, nur in Shorts, die Haare zerzaust, sich den Schlaf aus den Augen reibend. Er war ziemlich muskulös, wahrscheinlich trieb er Sport; er roch nach Schläfrigkeit und Zigaretten. Schon wieder, schon wieder war Daisuke versunsichert, schon wieder irritierte ihn der Blick aus den grünen Augen so sehr, dass er fast einen Schritt zurückwich, und das machte ihn wütend, aber er schluckte das hinunter, wie so oft, sah Hiroya emotionslos ins Gesicht. ”Kann ich vielleicht bei dir duschen?”, flüsterte Daisuke und fuhr sich mit der Hand fahrig über die Augen, ehe er seinen gewohnten starren Schlangenblick wiedergefunden hatte. Er richtete sich auf und warf die roten Haare in den Nacken, wie er es zu tun pflegte, wenn er mit Größeren redete; sich bewusst, dass er noch immer erschöpft war und seine liebe Mühe hatte, auch nur ein wenig Würde auszustrahlen. Aber warum eigentlich? Es sollte doch egal sein, was der junge Kerl von ihm dachte. Hiroya nickte. ”Sicher. Badezimmer ist gleich da vorne.” Er deutete auf die Tür am Ende des Flures. Als Daisuke seine Tasche geholt hatte und mit nassem Haar und neu eingekleidet aus dem Bad kam, war Hiroya gerade noch dabei, sein Frühstücksgeschirr abzuräumen. Er pfiff leise vor sich hin wie ein kleiner Vogel. ”Darf ich fragen, warum du schon wieder so munter bist?”, fragte Daisuke seinen Obdachgeber und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Wand neben ihm. Er selber spürte erst langsam wieder seine vollen Lebensgeister zurückkehren. Unter der Dusche hatte er sich das kalte Wasser über den ganzen Körper rinnen lassen, und es hatte den Schmerz betäubt in den zu frischen Narben an seinem Arm, die noch nicht verheilt und von ihm im Schlaf wieder aufgebrochen worden waren. Jetzt trug er ein breites Lederband über dem linken Unterarm, das sie verdeckte. „Ich hab gute Laune, ich freue mich über Besuch. Hast du gut geschlafen?“ Daisuke zuckte die Schultern und ließ sich aufs Sofa fallen, zog die Beine an den Körper und griff nach seiner Kamera, die Bilder vom Vortag nochmal in Ruhe durchsehend. „Willst du was essen?“ Daisuke zuckte wieder nur die Schultern, strich sich mit einer Hand die wirren roten Strähnen aus der Stirn. Was kümmerte es den Kerl schon, ob er etwas aß oder nicht; ging ihn ja wohl überhaupt nichts an. Dachte Daisuke. Aber nur solange, bis Hiroya ums Sofa herumgegangen kam und sich vor ihm aufbaute. „Ey!“, fauchte er, und Daisuke zuckte unwillkürlich zusammen, sah aus großen Augen auf. „Hast du einen Stock verschluckt? Du könntest wirklich mal ein bisschen freundlicher sein, immerhin bist du hier zu Gast!“ Daisuke verengte die Augen; wollte ihm sagen, dass er auch jederzeit gehen konnte, dass Hiroya ihn am Arsch lecken konnte – aber er brachte es nicht heraus; wieder einmal schwieg er lieber und ließ alles an sich abprallen, auch als Hiroya ihn ein weiteres Mal anzischte, senkte er nur den Blick wieder aufs Display. „Ich rede mir dir!“ Daisuke reagierte nicht. Seine Hände klammerten sich um die Kamera. Er hasste es, angeschrien zu werden. Er hasste Lärm. Er wollte am liebsten allein sein, ganz allein, an einem Ort, an dem es still war, an dem niemand seine Existenz wahrnahm, ein Ort an dem er allein sein konnte mit sich selbst, wo aller Schmerz bedeutungslos wurde, wenn die letzten bösen Träume langsam im Nebel verschwanden und die Welt sich in Rauch auflöste. Er hasste diese lebendigen grünen Augen und diesen feinen Geruch nach Zitronengras und Tabak. Er hasste diese provokante Zurschaustellung von Vitalität, als wäre Hiroya eigens in sein Leben getreten, um ihn zu peinigen, um ihm zu zeigen, was er nicht war und was er nie sein würde: schön. Und lebendig. Daisuke presste nur kurz die Lippen aufeinander. „Sag mir, wieviel ich dir für die Nacht schulde, damit ich gehen kann.“ „Sag mal was stimmt nicht mit dir?“ Hiroya stand vor ihm wie eine gereizte Katze mit blitzenden Augen. „HEY! Antworte wenigstens mal, wenn ich mit dir rede; das ist verflucht unhöflich von dir!“ Er nahm Daisuke an der Schulter und versuchte, ihn zu sich zu drehen. Der Rothaarige versteinerte sofort unter der Berührung; weniger als alles andere, als alles auf der Welt, mochte er es, angefasst zu werden. Er merkte, wie sein Herz förmlich einen Schlag aussetzte, ehe sich sein Magen zu einem Knoten zusammenzog. „Lass mich bitte los.“ Er hatte den Blick gesenkt, die roten Haare im Gesicht, völlig regungslos, seine Hände hatten sich so fest um die Kamera gekrallt, dass die Knöchel weiß hervortraten. „Oh wow, er redet mit mir! Ich bin nur nett zu dir, und du bist -“ „Lass mich los!“ Daisuke schlug Hiroyas Hand weg, als jener nicht hören wollte, und sprang auf, griff nach seiner Tasche. Er merkte wie seine Finger zitterten, kaum konnte er den Henkel halten, sein Herz schlug schnell in der Brust, seine Schulter, wo Hiroyas Hand gewesen war, schmerzte als hätte er sich verbrannt. „Hey – hey, beruhig dich mal wieder – geh nicht weg!“ Hiroya stolperte fast über seine eigenen Füße, als er einen Satz hinter Daisuke her machte, der auf halbem Weg zur Wohungstür war. Daisuke blieb stehen. Der Student schien nun doch gemerkt zu haben, dass er unliebsame Gefühle in Daisuke wachgerufen hatte, und legte ihm entschuldigend die Hand auf die Schulter. ”Hey - ich wollte dich nicht verletzen...” ”Bitte lass mich los.” Daisuke hatte so beherrscht gesprochen wie möglich. Er spürte das Gewicht von Hiroyas Hand überdeutlich auf der Schulter, und er spannte seinen ganzen dünnen Körper an, um ein Beben zu unterdrücken, das ihn kalt durchfahren wollte. Hiroya ließ nicht los. ”Daisuke... Du kannst es mir ruhig sagen, wenn du...” ”Ich sagte, du sollst mich loslassen!” Daisuke Stimme kam ein bisschen erstickt, aber er war wie erstarrt. Hiroyas Hand schien ihn festzuhalten wie ein Schraubstock, obwohl sie nur ganz leicht seine Schulter berührte. ”Ich wollte nur...” ”Lass mich los, verdammt noch mal! Lass mich los!” Daisuke war herumgefahren und hatte jetzt, zum ersten Mal seit Langem, wirklich die Stimme erhoben. Er wusste, dass er zuviel preisgegeben hatte, und er hasste sich wieder dafür, aber er hatte sich unmöglich länger beherrschen können; er wusste nicht, was er getan hätte, hätte der andere ihn weiterhin festgehalten. So aber prallte der Größere zurück - ob vor Überraschung, ob vor Schreck, konnte Daisuke nicht sagen - und Daisuke wandte sich um, mit krampfhaft in die Handflächen gekrallten Nägeln, die er so fest in sein Fleisch drückte, dass es schmerzte. Auch spürte er Hiroyas Blick wie ein Messer im Rücken, und er hatte sich lange nicht mehr so verletzlich und angreifbar gespürt, hoffend, dass Hiroya seine Schwäche nicht bemerken würde; in der Angst, dass er sie ausnutzen könnte, und in dem Wunsch und der gleichzeitigen Furcht, er möge sich endlich von ihm abwenden, da er, Daisuke, schon wieder begann, mit seiner Fehlbarkeit das Licht eines dieser unschuldigen Menschen zu verletzen, von denen er sich immer fernhielt. Er wusste, und es machte ihm Angst, dass er bereits diesen grünen Augen verfallen war. Er war bereits nicht mehr der alte Daisuke, zu viel war neu aufgewühlt worden, zu stark war seine Beherrschung geschwunden, zu stark sein Verlangen nach der seltsamen Schönheit dieser funkelnden Smaragdaugen. Lange, viel zu lange schon, hatte ihn nichts mehr so zu fesseln vermocht; die zwei Fotos vom Vorabend reichten ihm nicht, er wollte mehr, er brauchte mehr. Er war ihnen hoffnungslos erlegen; er war ihnen in dieses fremde Leben gefolgt, ihrem Lachen, ihrem Strahlen, einfach ihrem Licht, und es schmerzte ihn, mehr, als es sollte, jedes Mal, wenn diese Augen, dieses Licht, das er haben wollte, niemals selber haben konnte, verloren hatte, vielleicht nie gehabt hatte, hasste und liebte, wenn dieses Licht sich verdunkelte. Und das seinetwegen. Seinetwegen sich verdunkelte. Seiner Finsternis wegen. Und dieses Mal war der Schmerz ihm nicht willkommen. Daisuke blieb stehen. Seine schwarzen Nägel hatten kleine rote Halbmonde in seiner Handfläche hinterlassen. Er drehte sich um, vermied, Hiroya in die Augen zu sehen, und kam zurück. Er hatte sich soweit gefangen, Haltung und Stimme gerade zu halten. ”Verzeihen Sie mir.” Er beugte sich leicht vor Hiroya und streckte ihm dann, ohne aufzusehen, seine Hand entgegen; obwohl allein der Gedanke gegen seinen eigentlichen Willen war. ”Ich war unhöflich.” Hiroya nahm die Hand nicht, schlug nur seinen Arm zur Seite. „Lass die Scheiße, von 'Entschuldigung' kann ich mir nichts kaufen!“ Er wandte sich um und ließ sich verstockt auf das Sofa fallen; sichtlich beleidigt. Daisuke stand erschüttert auf der Stelle. Das war ja wohl unerhört! Was glaubte dieser Kerl, wer er war, auf die Art mit einem Fremden zu reden, den er am Vorabend mit nach Hause geschleppt hatte; diese Impertinenz, diese...diese schiere Arroganz, einfach unverblümt seine Gedanken herauszuposaunen! Er, Daisuke, sollte auf der Stelle seine Sachen nehmen und gehen, sollte sich abwenden von diesem Wesen, das wie eine heiße Flamme war in einer erfrorenen Maskenwelt, das mit einer kindlichen Unverfrorenheit seine Launen auslebte; weg von diesen blitzenden grünen Katzenaugen. Aber er tat es nicht. „Sowas Undankbares wie du ist mir noch nicht begegnet“, knurrte Hiroya. „Da lädt man dich zu sich nach Hause ein, weil man dich näher kennenlernen möchte, und du, du trittst das mit Füßen und führst dich auf, als würdest du alles um dich herum hassen, inklusive dir selbst!“ Daisuke stand eine Weile stumm daneben, wähernd Hiroya auf dem Sofa vor sich hin schmollte. Oh, er hatte es gemerkt. Er hätte sich von Anfang an in ein Hotel fahren lassen sollen. „Du kannst ruhig ein bisschen freundlicher sein“, kam es leise vom Sofa. „Ich mag dich.“ Daisuke starrte Hiroya aus kalten Mandelaugen an, dieses unschuldige, beleidigte Gesicht, die zerrauften schwarzvioletten Haare, den schmollend abgewandten Körper. „Du hast ja keine Ahnung“, flüsterte er dann. Der Rothaarige wandte sich ab und verschwand im Bad. Vom Sofa kam keine Antwort. Er mochte ihn - er mochte ihn; ja, klar! Den mageren erschöpften Einzelgänger, den er sich angeschleppt hatte. Wahrscheinlich bereute er es doch längst, ihm Obdach gewährt zu haben. Und wie könnte er ihn irgendwer leiden können - ihn, mit seiner Art! Er wusste doch selber, wie er war, und er legte keinen Wert darauf, von irgendwem gemocht zu werden. War dieser Hiroya denn so blind? Konnte es das denn sein? Sah er nicht, was für ein Wesen Daisuke war? Er war schmutzig, innen wie außen; eine Schande, nichts weiter, ein totes Kind, eine tollwütige Katze auf der Straße, ein Vampir, der sich vom Leben anderer ernährte und Bild für Bild mehr vom Licht in der Welt tötete, um seine eigene Existenz überhaupt noch ertragen zu können! Hiroyas Worte, seine ganze Art, irritieren Daisuke, verärgerten ihn, wühlten Dinge in ihm auf, die er nicht verstand. Was war das nur für ein Mensch, der so frei heraus so unmögliche Dinge von sich gab! Als ob er keine Ahnung hätte, wie sich die Welt drehte! Daisuke stand jetzt im Badezimmer, hatte die Tür abgeschlossen und sich ausgezogen, hatte eine kalte Dusche nehmen wollen, doch jetzt stand er nur da; die Hände auf das Waschbecken gestützt starrte er in den Spiegel, einmal mehr, starrte diese Person an, die er mehr als alles andere auf der Welt hasste und die er niemals lieben könnte. Starrte in diese schwarzen, seelenlosen Augen, die totenblasse Haut und die verlorene Unschuld, die wie ein Brandmal auf seinem nun nackten Leib prangte, für jeden zu sehen außer für Hiroya, der sich einfach weigerte! Dieser unmögliche Mensch! Er war ein totes Kind, sein Schicksal besiegelt mit dem Blut seiner selbstmörderischen Mutter und dem Schatten ihres Bruders auf dem Leib, ohne Hoffnung, je wieder ein lebendiger Mensch werden zu können - und Hiroya wunderte sich, warum er all dies hasste, sich selbst, das lebende Zeugnis seiner Schande und seiner Hässlichkeit, den lebenden Tod von Kaji Daisuke! Daisuke presste die Hand vor den Mund, weil ihm plötzlich so heiß wurde, und sich alles um ihn drehte, dass ihm schwindelte. Wie könnte man jemanden wie ihn bloß gern haben! Wie könnte ein so dem Leben zugetanes Wesen wie Hiroya ihn mögen! Ihn! Der Nachhall von Hiroyas Worten tat ihm weh. "Du hast doch keine Ahnung", flüsterte er in die kalte Stille der gekachelten Wände. "Du kennst mich doch gar nicht!" Nein; er kannte ihn nicht, er konnte ihn nicht kennen, wenn er einen Funken Sympathie für diesen geschundenen Teufel empfand, der in seiner ewigen Schwäche sein Leben der Dunkelheit geopfert hatte, und dessen Existenz nun zu wertlos war, um noch von jemandem beachtet zu werden, dessen Seele zu hässlich und schmutzig war, um je wieder strahlen zu können, dessen eigene Mutter ihn nicht genug geliebt hatte, um ihm den Anblick ihres heißen Blutes zu ersparen. "Verdammt", wisperte Daisuke tonlos, "verdammt, verdammt, verdammt!" Er zitterte schon wieder; sein magerer Körper hatte sich verkrampft, und irgendwas brannte in seiner aufgewühlten Seele, was er nicht verstand. Er hatte die Kontrolle über seine Gefühle verloren, und er hasste sich dafür. Er hasste sich für seine Finsternis und dafür, dass Hiroya ihn mochte, weil es nicht sein konnte, dass ein so leuchtendes Wesen wie der Mann mit den seltsamen Katzenaugen ihm auch nur einen Funken seines Lichtes schickte. Ja, er hasste sich dafür, dass Hiroya ihn mochte, denn das konnte, das durfte nicht sein, das war unmöglich. Seine Hände zitterten, und eine grausame Pein tobte in ihm, ließ seine Nerven vibrieren und weckte in ihm den Wunsch, zu schreien und zu weinen, bis seine Kehle blutig war, seine Augen blind und sein wertloses Leben ausgelöscht. Belial; schrei, Belial, schrei, so laut du kannst. Ah, aber schreien kannst du nicht, du stummes Kind. Du hast nie geschrien, nicht wahr? Du hast es nicht verdient, gemocht zu werden. Wer dich liebt, liebt den angstvollen Tod. Du kannst nicht schreien, stummes Kind. Belial; du Narr, du wahnsinniger Narr; du hasst deine Einsamkeit, und du weißt es. Du bist ein Feigling. Daisuke würgte das ohnmächtige Stöhnen hinunter, das in seiner brennenden Kehle steckte, und riss mit zitternden Händen Hiroyas Badezimmerschrank auf. Seine Finger fanden schnell, was er gesucht hatte, und in seiner Hast und Unruhe riss er aus Versehen noch eine metallene Schale mit heraus, die mit einem scheppernden Klang auf den Fliesen aufschlug. Daisuke hörte, wie sich Schritte der Tür näherten, während er auf den kalten weißen Boden niedersank, mit den Fingern der Rechten eine silbern geschliffene Rasierklinge haltend. Seine Adern pochten unter seiner vernarbten weißen Haut. "Daisuke? Ist alles in Ordnung da drinnen?", kam Hiroyas Stimme fröhlich von draußen, aber Daisuke konnte ihm nicht antworten. Zu stumm war seine Kehle, während er nackt auf dem Boden kauerte, und endlich nicht mehr zitterte, während er mit brennenden Augen beobachtete, wie sich sein rotes, heißes Blut seinen Weg über seine weiße Haut bahnte, aus dem langen Schnitt, den er sich am Unterarm mit der scharfen Klinge zugefügt hatte. Und aus einem zweiten. Und einem dritten. Das Blut tropfte heiß über seine schmalen Handgelenke und beschmierte die weiße Haut seiner Oberschenkel und tropfte auf den weißen Fußboden, so dass kleine gezackte Blutflecken wie Blüten entstanden auf der kalten Oberfläche. Und der Schrei in Daisukes Kehle wandelte sich endlich zu einem Seufzen, und dann einem schmerzerfüllten Stöhnen, als er zu einem vierten Schnitt ansetzte und der vertraute Schmerz wie in einer brennenden Woge kam, um mit seinem Blut aus seinem Körper zu schwinden, als Daisuke mit wieder schwach zitternder Hand das Blut von seinen Fingern leckte. Die Schnitte waren tief, sehr tief dieses Mal; er war es nicht gewöhnt, mit Rasierklingen umzugehen, und sein warmes Blut rann ihm in ungewohnter Menge über den Unterarm. Daisuke sah eine Weile halb erstaunt, halb bewundernd darauf; das war so viel mehr als sonst, diese Klingen waren tatsächlich scharf. Wunderschön. Dieses Rot. Wie wunderschön. Daisuke lehnte sich zurück, mit dem Rücken gegen die kalte Wand, und schloss die brennenden schwarzen Augen. Der Schmerz stach und tobte in seinem Arm und betäubte seine elende Angst. Und wenn die Blutung nicht aufhörte, dann war es ihm auch egal. Wen kümmerte es schließlich? Den katzenäugigen Fremden draußen, der behauptete, ihn zu mögen, wobei er ihn doch offensichtlich gar nicht kannte? Daisuke biss sich auf die wunde Unterlippe und musste sich zum ersten Mal seit Jahren wieder die Tränen verkneifen. Hiroya wusste ja nicht, was er da sagte! Und was Daisuke fühlte, als Hiroya plötzlich in der offenen Tür stand, entlud sich in einem einzigen trockenen Schluchzer, der seine Kehle verließ, ohne seine Augen zu erreichen, die tot blieben wie stets. Er hörte nicht, was Hiroya sagte, als er seinen Arm ergriff, der nass war von seinem hellroten Blut. Er sah nur in altbekannter seltsamer Schönheit das Blut über seine eigene weiße Haut laufen und von seinen schwarzen Fingernägeln tropfen. Erst als Hiroya ihm eine Ohrfeige verpasste und ihn grob auf die Füße riss, lichtete sich der Schleier über seinen Gedanken ein wenig, und er fing an, sich gegen den Griff zu wehren, als der seinen Arm unter kaltes Wasser zwang, und er wand sich unter der Hand des Grünäugigen und fauchte Unverständliches, als das eisige Wasser über seine selbstverursachten Wunden lief, bis das Blut abgewaschen war und für eine Sekunde nur die Schnitte klafften, und er bemerkte vage, dass Hiroya ihn mit verdunkeltem Blick anschrie, während er ihm gewaltsam ein Handtuch um den Unterarm band, das schnell schmutzig wurde, und Daisukes Beine gaben ein wenig nach unter seinem eigenen geringen Gewicht. Daisuke versuchte sich zu wehren, als Hiroya ihn hochnahm und aus dem Badezimmer trug, aber sein Arm schmerzte wie Hölle, und Hiroya war viel stärker als er, und er wusste nicht, wie er, für eine Weile wie erstarrt, aus den Armen entkommen sollte, die ihn unerbittlich in ihrem festen warmen Griff hatte und auf dem Sofa niedersetzte. Hiroya fing an, lautstark auf ihn einzuschimpfen, aber Daisuke hörte nicht zu, was er sagte. Erst nach einer Weile merkte er, dass Hiroya aufgehört hatte und er selber immer nur die Worte wiederholte: "Du weißt ja nicht, was du sagst; du kennst mich doch gar nicht..." Er verstummte erschrocken, als er sich dessen bewusst wurde. "Das würde ich aber gern", sagte Hiroya erstaunlich sanft, als Daisuke stumm den Blick abwandte und zitternd die Luft einsog. Hiroya verschwand für eine Weile und kam dann wieder zurück. Er riss erschrocken den Arm zurück, als Hiroya danach griff, aber war zu schwach für jenen; und Hiroya band das Handtuch wieder ab und hielt Daisuke Unterarm eisern umklammert, so dass jener seinen sinnlosen Kampf aufgab und das Brennen in seiner Kehle unterdrücken musste, als der andere seine Narben und die frischen Wunden musterte und wortlos anfing, sie zu versorgen. Daisuke sog scharf die Luft ein; was immer Hiroya da tat, es brannte. "Das geschieht dir ganz Recht", sagte jener grob. "Du verdammter Idiot. Was sollte das? Wolltest du dich umbringen? In meinem Badezimmer? Bist du krank, oder was?" Es war im Grunde das Gleiche, was er ihm eben schon die ganze Zeit ins Ohr gebrüllt hatte. Als er keine Antwort erhielt, stellte er einige weniger sinnlose Fragen. "Wie lange machst du das schon, sag mal?" Daisuke antwortete erst nach einer Weile, und als er es dann tat, sah er Hiroya nicht an, und seine Stimme war heiser, als hätte er wirklich geschrien. "Ein paar Jahre." "Und warum machst du solchen Mist?" Daisuke verzichtete auf eine Antwort. Es tat seltsam wohl, dass Hiroya sich um seine Schnitte kümmerte; unter seinen Händen schwand der Schmerz langsam, und Daisuke wusste nicht, wieso, aber auf einmal wollte er am liebsten heulen und alles vergessen. Als jener fertig war, stand er auf und kam nach einigen Sekunden zurück, um einen alten weißen Kimono über Daisuke zu werfen, den jener überrascht nicht abwehrte. "Zieh dir endlich wieder was an", sagte der Größere kühl. Daisuke wandte verschämt den Blick ab. "Ich kann nicht... Ich werde ihn nur vollbluten." "Du nimmst ihn jetzt, verdammt! Wenn es dir ein wenig besser geht, wäschst du dich; und ich erwarte nicht einmal einen Dank von dir. Solange du mir versprichst, das nie wieder zu tun. Nicht nur, solange du hier wohnst. Ich meine nie wieder. Versprich es mir. Hör auf mit dem Scheiß." Daisuke sah fast ein wenig erschrocken zu ihm auf, und zitterte, als ein unerwartet liebevoller Blick aus smaragdgrünen Augen ihn traf. "Ich kann nicht." "Doch. Du kannst." Hiroya hockte sich nieder und brachte sein Gesicht näher an Daisukes, um ihm besser in die Augen sehen zu können. Nicht fordernd - nur um mit der Eindringlichkeit sprechen zu können, die er wünschte. Daisuke bebte, aber wich nicht zurück. "Natürlich kannst du es. Lass es einfach. Du hast keinen Grund, dir so etwas anzutun." "Du weißt doch gar nichts über mich", flüsterte Daisuke heiser. Ihm war kalt unter dem dünnen Kimono. "Dann erzähl mir, was dich dazu bringt, dich so zu verletzen! Ich verstehe es nicht; was ist dir zugestoßen, dass du dich so hasst?" "Ich bin nur ein wertloses Stück Dreck", wisperte Daisuke so leise, dass man es fast nicht verstehen konnte; und noch in dem Moment, in dem die Worte seine Lippen verlassen hatten, zögerte er ein wenig. "Was bitte?" Hiroya legte den Kopf schief. Daisuke sah auf und ihm in die Augen. In seinem Mund schmeckte er metallisch sein eigenes Blut. Stolz, aber geschlagen und müde vom Kampf. Er wollte nicht mehr. Er wollte nicht mehr er selbst sein. Vielleicht sehnte er sich bereits zu sehr nach dem Licht. "Deine Augen." "Was?" "Deine Augen. Deine grünen Katzenaugen. Sag mir, warum du diese glühenden Katzenaugen hast, und ich werde dir im Gegenzug später etwas von mir erzählen." Ende Chapter I Kapitel 2: Eat me, drink me --------------------------- Vorwort: Ooooh, und schon wieder ist es viel weniger Aki und Kohaku geworden! Es tut mir leid! Ich kann nichts dafür, es hat sich einfach so ergeben.... böses Ouro... >.< Naja, kommt noch :) Ich liebe einfach meinen guten alten Rpg-Char Dai so sehr! Devil May Care Chapter II: Eat me, drink me Part I 'Whenever I'm alone with you you make me feel like I am home again' Hiroya war im Bad; wischte den Fußboden, etwa zum dritten Mal; er konnte sich nicht helfen, er meinte immer noch das Blut auf den Fliesen zu sehen, die wahrscheinlich inzwischen sauberer waren als in Jahren. Er achtete kaum auf das, was er tat, führte nur immer dieselben monotonen Wischbewegungen aus; vor dem inneren Auge immer diese eine Sekunde, diese Schrecksekunde, als er ins Bad gekommen war, und den Kleineren auf dem Boden hatte sitzen sehen, nackt, blutend....so viel Blut.... Hiroya setzte sich schwer atmend, presste den Wischlappen über dem Eimer aus. Das war verdammt nochmal gar nicht gut. Er wischte sich über die Augen, merkte dass seine Finger zitterten, und fing energisch wieder an zu wischen, presste die Lippen fest aufeinander. Shit. Es war so lange her, dass er so viel Blut gesehen hatte, und er meinte, lange darüber hinweg zu sein, er lebte mit der Erinnerung wie mit jeder anderen; und doch hörte er wieder die Stimme seines Vaters, wie an jenem Tag, an dem dieser Fremde tot im Bad lag, zerfetzt von grausamen Klauen, sah das Blut an den Händen seines Vaters, als jener seine Söhne zu sich gerufen hatte: Wenn ihr etwas liebt, dann müsst ihr es beschützen. Wenn ihr etwas liebt, dann müsst ihr es... Shit. Hiroya warf den Lappen in den Eimer und goss alles zusammen in die Toilette. Warum jetzt? Warum bei diesem komischen Perversen? Warum hatte er ihn überhaupt hergebracht, wo er schonmal dabei war über sowas nachzudenken? Verdammt, er hatte doch mal wieder nur aus einer Laune heraus gehandelt, aus der Laune, diesen Menschen näher kennenlernen zu wollen, zu erfahren was hinter diesen so dunklen Augen lag, und jetzt - Shit, Shit, Shit. Hiroya drehte den Wasserhahn auf und wusch sich die Hände, putzte penibel jeden möglichen Blutrest unter den Nägeln hervor. Daisukes Blut. Daisuke. Daisuke war unhöflich, Daisuke war abweisend, Daisuke war offensichtlich nicht ganz gesund im Kopf, und Daisuke war absolut, vollkommen, ohne Zweifel, der schönste Mensch der Hiroya je begegnet war. Und wieder: Shit. Hiroya steckte kurz den Kopf unter den Wasserhahn und wusch sich das Gesicht, genoss fast das kalte Prickeln auf den Lippen. Diese schwarzen Augen, alles an seiner Aufmachung das schrie: Lass mich allein, der schmale Körper, der sich wie eine Katze in seinen Armen gewunden hatte, Hiroya hätte alles dafür gegeben, zu wissen, welche Gedanken in diesem heißen Herzen unter der kühlen Haut wohnten. Er richtete sich auf, wischte sich die nassen schwarzvioletten Strähnen aus dem Gesicht; aus dem Spiegel starrten ihm grüne Katzenaugen entgegen, seine muskulösen Schultern zitterten ein wenig, als er sich aufrichtete. Jetzt sollte er besser zu diesem undankbaren Spinner zurückgehen, ehe der weglief. Hiroya wuschelte sich durch die Haare und grinste sein Spiegelbild sardonisch an. Das war ja wohl wirklich mal wieder unmöglich. Einige Stunden später war Hiroya im Supermarkt. Daisuke zuhause war versorgt, und soweit der Student das beurteilen konnte, würde er wohl nicht weglaufen; zumindest schien er sich mit der Rolle als Gast abgefunden zu sagen, wobei man das bei ihm nie so ganz sicher sagen konnte, schien Hiroya. Die Schnitte waren sorgsam verbunden, Daisuke hatte einen Tee bekommen, und nachdem der Kleinere aufgehört hatte zu zittern, hatte auch Hiroya einen Tee getrunken, für die Nerven, und zur Sicherheit noch einen. Sie hatten nicht viel geredet, Daisuke hatte mit angezogenen Beinen auf dem Sofa gesessen und in die Ferne gestarrt, wirkte fast ein wenig auf Hiroya, als sei er erschrocken vor sich selbst; erst als der Jüngere ihn hin und wieder angesprochen hatte, hatte er sich in ein Gespräch verwickeln lassen. Seine Stimme war ziemlich leise, und er hatte Probleme, dem anderen beim Reden in die Augen zu sehen, fast als sei er es nicht gewohnt Unterhaltungen zu führen, aber er schien sich nach einer Weile merklich zu entspannen, sogar als Hiroya sich neben ihn gesetzt hatte. Daisuke hatte tatsächlich eingewilligt, eine Weile zu bleiben. Hiroya wusste nicht, was der Grund war, aber er war froh. Er hätte ihn unmöglich gehen lassen wollen nach dem, was passiert war. Am Ende täte er sich etwas an, und es wäre Hiroyas Schuld, wenn er nicht da gewesen wäre. Und er roch so gut... Wenigstens sich bedanken können hätte er allerdings. Hiroya schnaubte, als er den Supermarkt kurz vor Ladenschluss verließ; eine ältere Dame sah erstaunt zu ihm auf, und er schenkte ihr sein strahlendstes Lächeln. Na, Daisuke lebte jetzt in Hiroyas Haus, und das bedeutete, er würde sich nach seinen Regeln richten müssen, ob er wollte oder nicht. Und das würde er schon merken! Es war ein Samstagabend im Dezember, und als Hiroya heim kam, schneite es schon wieder aus dem dunklen Abendhimmel. Daisuke hockte im Schneidersitz auf dem Sofa und sah fern, irgendeine Dokumentation über moderne Kunst; er trug eine schwarze Lederhose und ein zerfetztes Alien Sex Fiend-T-Shirt, darunter ein Netzshirt; die Augen hatte er sich wieder geschminkt, auch die Haare gestylt und sein Halsband umgelegt, und wirkte alles in allem wieder viel ruhiger, sah kaum auf als Hiroya hereinkam. Jener grinste trocken und stellte die Einkäufe auf den Wohnzimmertisch. „Ich dachte, Vampire vertragen kein Licht?“ „Kein Tageslicht“, murmelte Daisuke, ohne den Blick vom Fernseher abzuwenden. „Klugscheißer“, knurrte Hiroya und begann, seine Beute zu verstauen. „Hast du Hunger?“ Er hätte den Kleineren fast gewürgt, als der die Schultern zuckte. „Das hab ich irgendwie erwartet. Komm, zieh dir Schuhe an an, wir gehen aus.“ „Was?“ Jetzt sah Daisuke doch auf. „Wir gehen aus, hörst du schlecht?“ „Ich will aber nicht.“ „Das ist mir doch egal.“ „Ich komme nicht mit.“ „Wolltest du nun etwas über meine Augen hören, oder nicht?“ Der Kleinere zögerte, sah eine Weile wieder dem Fernsehprogramm zu. Hiroya ging zur Tür und fing an, seine Schuhe wieder anzuziehen. „Ich gehe jedenfalls, komm mit oder lass es bleiben.“ „Warte....“ Daisuke stand auf, das T-shirt rutschte ihm über eine Schulter, und er fuhr sich fahrig durch die Haare. „Ich komme mit.“ „Wohin fahren wir?“ Daisuke saß auf dem Beifahrersitz und sah relativ apathisch aus dem Fenster; sein schmaler Körper in der schwarzen Kleidung wirkte fast verloren auf den Sitzen des kleinen Sportwagens. „Meine Lieblingsbar. Wird dir gefallen. Immer gute Musik.“ „Hmm.“ „Ich geb dir einen aus.“ „Hmm.“ „Da gibt’s die schönsten Frauen zu sehen.“ „Hmm.“ „Nicht interessiert?“ „Nein.“ Hiroya ließ kurz den Blick von der Straße ab und musterte den Kleineren, der, ein Bein an sich gezogen, aus dem Fenster in den Schneefall starrte. So so. Part II Akira saß in seinem Schlafzimmer vor dem Regal, im Schneidersitz, neben sich einen großen Karton, aus dem er Bücher einsortierte. Ah ja. Bücher. Ein weiterer wundervoller Grund, hierzubleiben. Reiseberichte. Abenteuerromane. Biographien. Poesie. Philosophie. Naturwissenschaften. Horrorgeschichten. Krimis. BL-Romane... Letztere bekamen einen besonderen Platz weit oben im Regal. Kohaku war nicht so sehr groß, Akira überragte ihn um einen guten Kopf... Mit den anderen Büchern beschäftigte er sich vorerst mehr, sollte er sie nach Themen sortieren? Alphabetisch? Der Größe nach? Er hatte die Werke um sich herum auf dem Boden ausgebreitet und konnte nicht umhin, hier und da bereits hineinzulesen; seine langen weißen Haare trug er in einem losen Zopf geflochten, dessen Ende gerade so auf den Boden hing, seinen geschmeidigen Rücken hinab; mit seiner Größe fiel er auf in dieser Stadt - fast noch mehr als durch die hellen Haare, hatte er manches Mal das Gefühl - doch auf die Art wurde er auch in Frieden gelassen, und er genoss es, Zeit für sich zu haben, Ruhe zum Lesen und zum Nachdenken. Akira strich sich eine Strähne hinter das Ohr, der Blick aus seinen blauen Augen schweifte vom Buch, das er hielt, aus dem Fenster. Ach, er wollte eigentlich über so einiges nachdenken, aber egal, wo er ansetzte, immer tauchte Kohaku vor seinem inneren Auge auf und beanspruchte seine volle Aufmerksamkeit. Immer diese goldenen Augen, sein Lachen, seine weichen Hände, seine fein geschwungenen Lippen, so unschuldig, so anschmiegsam, wie ein kleines Kätzchen... Akira sah den schlanken Körper des Prinzen vor sich, sah ihn in dem kurzen T-Shirt, in dem er oft schlief; auch in der Vornacht hatte der Engel wieder neben dessen Bett gestanden und ihn betrachtet, eine Stunde lang oder vielleicht auch zwei, seinem leisen Atem zugehört, der über die halbgeöffneten Lippen strich, das T-Shirt war ein wenig hochgerutscht und hatte den flachen, leicht gebräunten Bauch entblößt; fast konnte Akira die warme, bebende Haut unter den Fingern spüren, wenn er sich allein nur an den Anblick erinnerte - wie gern wollte er das Gesicht in dem weichen Haar vergraben, die glühende Haut küssen, wie gern.... Nein, nein, nein, nein, nein! Er musste sich zwingen, seinen Atem zu beruhigen, hielt das Buch in seinen Händen fester, und begann dann, krampfhaft verbissen die Bücher um sich herum nach dem Alphabet zu sortieren. Nein. Ein großes, definitives NEIN. Ganz ruhig. Für alles gab es eine Lösung. Er musste es nur endlich schaffen, ganz in Ruhe über sein Problem nachzudenken. Ohne dass... „Aki!“ Akira ließ fast das Buch fallen, als sich der Prinz von hinten an ihn heranschlich und ihm um den Hals fiel, und er musste sich räuspern. Der kleine Körper hinter ihm war warm, und er roch nach Cappucino. Für ein paar wenige Sekunden nur schloss Akira die Augen und zögerte die Reaktion hinaus, nur einen Moment, um so zu tun, als sei es nicht nötig zu sprechen, als könnte er nur den leisen Herzschlag an seinem Rücken genießen, den er fast zu spüren meinte durch die zwei dünnen Schichten Stoff die sie trennten, viel zu viel, und doch auch viel zu wenig. „Was habt Ihr?“ „Moah.“ Kohaku ließ ihn los und sich neben ihm auf den Boden plumpsen. „Mir ist langweilig. Was machst du hier?“ Er hob eins der Bücher auf. „Was ist das?“ „Ein Buch über Informatik, Kohaku-heika.“ „Iiih.“ Der Junge zog die Nase kraus und ließ es fallen. „Und hör auf, mich so zu nennen, ich kann das nicht leiden.“ „Was immer Ihr wünscht, Kohaku-heika.“ Der Prinz schnaubte, rollte sich auf den Rücken und sah Akira von unten herauf an. „Manchmal glaube ich, du findest das lustig. - Hey. Warum bist du so nett zu mir?“ „Verzeiht, ich verstehe Eure Frage nicht ganz....“ Akira legte das Buch ordentlich beiseite, das der Prinz hatte fallen lassen, sah den Jungen unter gesenkten Lidern hervor an. Jener hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und biss sich auf die Unterlippe, er sprach etwas schnell, Akira musste fast schmunzeln, als er merkte, dass der Kleine wahrscheinlich eine Weile darauf verwandt hatte, sich seine Worte zurechtzulegen, auch wenn er das zu überspielen versuchte. „Ich weiß, dass du mich gut behandeln musst, weil das deine Pflicht ist, und weil ich wichtig bin. Aber du bist so lieb zu mir; ich meine, du kümmerst dich mehr um mich, als du müsstest.“ Akiras Blick flackerte kurz zur Seite. „Ich weiß nicht, was Ihr meint.“ „Na dann hör mir doch zu!“ Der Prinz setzte sich auf und sah Akira durchdringend ins Gesicht aus den goldenen Dämonenaugen. Er besaß nicht dieses boshafte Starren seines älteren Bruders, doch auch so merkte man ihm sein Erbe an, und es war schwer, dem Blick eines Höllenfürsten auszuweichen; Akira schaffte es in diesem Moment nicht. „Ich freue mich ja, dass du so gut zu mir bist, aber es würde ja auch reichen, wenn du nur zusiehst, dass ich esse und schlafe, du müsstest nicht auch noch mich unterhalten und bemuttern! Also warum machst du das?“ „Ich bin nicht sicher, warum ich das nicht tun sollte?“ „Weil ich zur anderen Seite gehöre! Idiot!“ Kohaku warf die Arme in die Luft und stieß dann Akira mit dem Zeigefinger in den Bauch. „Ich dachte, ihr könnt uns nicht leiden!“ Akira nahm Kohakus Finger zur Seite und lächelte leicht. „Nun, abgesehen davon, dass ich rein technisch ein wenig zwischen den Fronten stehe, wenn auch unter himmlischem Befehl, bin ich der absoluten Überzeugung, die übrigens viele meiner Art teilen, dass jedes Lebewesen, sei es nun Mensch, Engel oder Dämon, Respekt verdient hat, Respekt vor seiner Einzigartigkeit; und mit Liebe und Sanftheit behandelt werden soll, wenn es sie braucht.“ Kohaku starrte Akira weiter an, es war schwer bis unmöglich zu deuten, was er dachte, aber er schien etwas nachzudenken. „Jedes Lebewesen, hm?“ Akira nickte. „Und an sowas glaubst du wirklich?“ „Ja, mit ganzer Seele.“ „Pff.“ Kohaku stand auf. „Das ist ja das Dümmste was ich in meinem Leben gehört habe!“ Er wandte sich mit stolzem Schritt zur Tür. „Ich gehe baden, komm nicht rein!“ Und weg war er. Akira seufzte leise, strich mit dem Finger über einen Buchrücken. Jedes Lebewesen? Nun, sicher; aber manches wohl mehr als anderes. Kohaku schien nach dem Baden ein wenig bockig und verzog sich vor den Fernseher; allerdings hatte Akira sich an die Launen des Prinzen gewöhnt und machte sich nicht viel daraus, schenkte ihm auch noch ein Lächeln, als Kohaku auf die Frage, ob er hungrig wäre, nur grunzte. Es war eben doch noch mehr ein halbes Kind als ein Mann. Kohakus Laune besserte sich allerdings schlagartig, als das Abendessen auf dem Tisch stand, und konnte kaum noch besser werden, als es dann noch an der Tür klingelte. „Mach auf!“, rief er begeistert, schaufelte sich das letzte Stück Okonomiyaki hinein, während Akira schon auf dem Weg zur Tür war. „Wer ist da?“ „Ich bins!“, schallte eine Stimme aus dem Flur, als die Tür sich öffnete, und Kohaku sprang auf, rannte zur Tür, um dem Ankömmling in die Arme zu springen, der nur lachte. „Miku-niisan!!“ „Hey, kleiner Prinz. Stör ich?“ Miku sah zu Akira. Jener lächelte. „Durchaus nicht, komm rein.“ Der Neuankömmling schnürte sich im Flur umständlich die Stiefel auf; er hatte wie der Engel sehr langes Haar, dunkelbraun, fast schwarz fiel es ihm über den kompletten Rücken, auf halber Höhe locker von einem Band zusammengehalten; anders als die beiden Bewohner der Wohnung hatte er asiatisch wirkende Züge, war jedoch etwas größer als der durchschnittliche Japaner, doch schlank, mit geschmeidigen Schultern, wie man sie vom Bogenschießen bekommen mochte. Er war in eine mit relativ vielen Bändern und Patches verzierte schwarze Hose gekleidet, an deren beiden Beinen geschlossene Reißverschlüsse hinabliefen, und darüber ein bauchfreies Shirt, Gürtel um den flachen, trainierten Bauch geschlungen, er trug eine dünne Jacke eines bekannten Designers darüber, seine Nägel waren schwarz lackiert, um den Hals trug er eine Hundemarke, und er hatte die braunen Augen etwas mit Eyeliner betont. „Wo kommst du so plötzlich her, mein Freund? Ich dachte, du wärst nicht in der Stadt.“ Miku folgte den beiden ins Wohnzimmer und ließ sich auf dem Sofa nieder. „Harajuku. Bin heute morgen erst aus Sapporo zurückgekommen und dachte mir, ich hör mal, was es so Neues gibt.“ „Nicht vieles. Wir werden wohl bald in eine größere Wohnung ziehen, aber wir wissen noch immer nicht, wann.“ „Keine Nachricht von oben?“ Miku hob eine Braue. Akira schüttelte den Kopf. „Na, sieht denen ähnlich, ich hab dich gewarnt. Wenn du einmal hier bist, dann bist du nicht mehr von großen Interesse; warte nur noch ein-, zweihundert Jahre, und sie haben dich vergessen.“ „Wäre mir ganz recht“, murmelte Akira leise, steckte sich eine Zigarette an und bot Miku auch eine, welche jener dankend annahm. „Mir auch“, meldete Kohaku an. Miku grinste. „Freut mich zu hören, ich möchte ungern auf euch beide verzichten; so oder so, Tokyo ist ein einsames Pflaster geworden, seit Hide gegangen ist; ich möchte ja nichts gegen deinesgleichen sagen, Kohaku, aber, Aki, ich bin froh dass du da bist, da fühl ich mich weniger wie der einzige Idiot, der noch in dieser Stadt rumhängt.“ Er nahm einen Zug und pustete den Rauch langsam aus. „Zeiten waren mal besser. Hättest es vor hundert Jahren sehen sollen. Heute immer nur dieselben Langweiler. Ah, übrigens. Die Söhne vom alten Tiger sind wieder beide in der Stadt.“ „Dem Dämonen?“ „Hmm.“ Miku rauchte gemütlich, ein Bein übergeschlagen, wies mit einer Geste auf Kohaku. „Den Namen solltest du dir merken, hat vor einiger Zeit ziemliches Chaos angerichtet hier, inzwischen ist er fast sowas wie ein harmloser alter Mann, man könnte ihn für einen Menschen halten, glaube er ist sogar verheiratet.“ „Ich hatte von ihm gehört, als ich die Informationen über die Dämonen in Tokyo bekam; aber ich wusste nicht, dass er Kinder hat.“ „Zwei. Sollten dich aber nicht kümmern, keiner von beiden hat groß was von ihm geerbt. Dachte nur, du solltest es wissen.“ „Ich danke dir.“ Miku winkte ab. „Hey, Kohaku.“ Der kleine Prinz hatte sich in seiner Lieblingsecke des Sofas zusammengerollt und hing förmlich an Mikus Lippen; Akira wusste, dass der Kleine den anderen Gefallenen schnell ins Herz geschlossen hatte, nicht zuletzt, da dieser ihn nach Strich und Faden verzogen hatte, so dass der Prinz seinem Miku-niisan jetzt förmlich aus der Hand fraß. Akira war nicht eifersüchtig, im Gegenteil. Er war dankbar, jemanden zu haben, der ihm ein wenig unter die Arme griff, und im Zweifel die Launen des Kleinen ausbaden konnte. Sein Wächter war immer noch er, und er allein. Zudem stand Miku doch eher auf erwachsene Männer, wie sich Akira etwas unangenehm berührt erinnerte. „Was ist eigentlich mit deinem Bruder?“ Kohaku verzog das Gesicht; wenn er ein Thema gar nicht leiden konnte, dann waren es seine Brüder. „Welchen meinst du?“ „Den drittältesten. Der mit den Hunden.“ „Starless.“ Kohaku schmollte. „Meinetwegen.“ Akira kannte sich in der höllischen Hierarchie nur bedingt aus, allerdings genoss der drittälteste Bruder Kohakus einen zweifelhaften Ruf. Wieso auch nicht; als möglicher Thronfolger. Unter seinen Untertanen war er bekannt als ‘Chidarake no ouji’, der ‘blutige Prinz’, und seine scharfen Hunde waren berüchtigt. Als einziger der älteren Brüder war er dafür bekannt, ab und an Ausflüge zu den Menschen zu unternehmen, zu seinem Amüsement. Er stand in dem Ruf, ein zwar höchst intelligenter, aber sadistisch veranlagter Fürst zu sein, der mit seinen Hunden Hetzjagden auf Gefangene und Menschen veranstaltete und der seine Provinzen mit geschickter, aber harter Hand regierte. Trotz seiner Jugend hatte er sich behaupten können unter seinen Brüdern, und Akira war nie zu Ohren gekommen, dass der Prinz auch nur einmal eine Fahrlässigkeit begangen hatte. Sollte er auch besser nicht, in seiner Position. Als Dämonenprinz mit mehreren Brüdern lebte man gefährlich, vor allem wenn man selber ein als gefährlich geltender Mann war wie Starless. Allerdings schien es nicht so, dass jener es darauf angelegt hatte, die Thronfolge zu übernehmen; das war natürlich ungewöhnlich, hatte dem Prinzen dafür aber die Oberbefehlsherrschaft über einen Teil der Armee beschert, welche ihm seine beiden älteren Brüder zugespielt hatten, um ihn abzuspeisen. Aus jenem Teil hatte Starless prompt sein Elitegarde gemacht und war nun noch gefährlicher, da er in Ruhe seine Armee ausbilden konnte, während seine beiden älteren Brüder damit beschäftigt waren, gegeneinander zu intrigieren. Kurz und gut, Akira legte keinen gesteigerten Wert darauf, die Bekanntschaft von Kohakus Bruder zu machen. „Hast du in letzter Zeit von ihm gehört?“ Kohaku schien immer noch zu schmollen, hatte die Arme vor der Brust verschränkt. „Nein, und das will ich auch nicht“, schnappte er. „Ich hasse ihn und seine blöden Hunde, sogar auf Vaters Schloss hat er mich immer behandelt wie einen Dienstboten, und wir haben die gleiche Mutter; er hat keinen Grund, sich als etwas Besseres zu fühlen, nur weil er älter ist!“ „Ach, sobald du erwachsen bist, wird er merken, dass du ihm ebenbürtig bist“, log Miku sanft. Akira fand es schwer vorstellbar, dass Kohaku überhaupt mit Chidarake no ouji verwandt war, geschweige denn, dass er ihm irgendwann gleichkommen würde. Jedoch, immerhin war auch der Kleine ein Fürst von dämonischem Blut und hätte somit die Veranlagung, fiel ihm dann ein, und der Gedanke deprimierte ihn etwas. „Warum fragst du mich überhaupt sowas?“ „Ich hatte gerüchteweise gehört, er kommt in die Stadt; ich dachte du weißt was darüber.“ „Nein“, schnappte Kohaku. „Hey, ist ja gut, Kleiner. Ich bin der einzige, der versucht, einen Überblick zu bekommen, wer sich in diesen Kreisen hier aufhält, und dein Bruder ist nicht grade ein kleiner Fisch; das verstehst du doch, oder?“ Kohaku schwieg bockig, Miku lächelte und zerzauste ihm mit einer Hand das glänzende schwarze Haar. „Ach kleiner Prinz, für uns bist und bleibst du die Nummer Eins, das weißt du doch.“ Part III I thought I was a butterfly next to your flame. A rush of panic and the lock has been raped. This is only a game, this is only a game... Eat me, drink me Eat me, drink me Daisuke war mit in die Taschen gesteckten Händen mit ihm in die Bar gekommen und hatte sich wortlos auf einen Drink einladen lassen; jetzt saß er auf einem Barhocker an einem kleinen Tisch Hiroya gegenüber, das Getränk nicht anrührend, und sah sich ausdruckslos um. Hiroya musterte ihn, während er selber langsam einen Schluck Rotwein nahm; mehr konnte er sich leider nicht gönnen, wenn er das Auto nicht stehenlassen wollte. Der Kleinere passte so gar nicht an diesen Ort in seiner Aufmachung, aber trotz seines mageren Körpers saß er dort mit so einer selbstverständlichen Souveränität, dass selbst irritierte Blicke an der schwarzgewandeten Gestalt abzuprallen schienen wie an einer gläsernen Scheibe. Unter den wirren roten Strähnen hervor konnte Hiroya sein Gesicht nicht richtig sehen, doch so entspannt Daisuke im Sitzen wirkte, konnte man bei genauerem Sehen doch erkennen, dass er sich kaum rührte, so angespannt war er wirklich; seine blassen Lippen waren leicht zusammengepresst; Hiroya wusste nicht, ob es an dem Ort lag, an seiner Gesellschaft, oder einfach nur an allem zusammen. Er steckte sich eine Zigarette an. „Willst du auch eine?“ Jetzt wandte sich der Rothaarige um und sprach zum ersten Mal, seit sie hier hereingekommen waren – selbst Hiroyas Getränkevorschlag hatte er mit einem Schulterzucken angenommen. Seine dunkelbraunen Mandelaugen funkelten in der schwachen Beleuchtung aus dem blassen Gesicht hervor, und Hiroya fiel wieder auf, was für ein klassisch japanisches Gesicht der Kleine eigentlich hatte. „Ich rauche nicht.“ „Hm. Besser für dich. - Schmeckts dir nicht?“ Er nickte zum Getränk. Daisuke ignorierte ihn gekonnt. „Ich bin mitgekommen. Du wolltest mir von deinen Augen erzählen.“ Hiroya seufzte. Er konnte es zwar selber nicht sehen, war sich allerdings sicher, dass seine Augen jetzt auch für Daisuke nicht mehr waren als normale menschliche Augen. Dennoch fühlte er sich von dem anderen irgendwie durchschaut; als er ihn das erste Mal darauf angesprochen hatte, war Hiroya richtig mulmig geworden, denn bisher hatte es noch niemand so schnell gesehen, nicht wenn er es nicht wollte. Er verstand schon, dass der Blitz schuld gewesen war. Aber wer hätte gedacht, dass ihn jemand durchschaute, der die Welt nur durch eine Linse als schön empfinden konnte? „Kann ich dir vertrauen?“ Er sah sich kurz um, aber niemand hörte ihnen zu. Daisuke hob nur leicht die Schultern. „Du kannst, aber ich würde es dir nicht empfehlen.“ Jetzt war es an Hiroya, die Bemerkung zu übergehen. „Das ist das Erbe meines Vaters.“ „Dein Vater ist ein Tiger?“ Der Student starrte Daisuke eine Weile an. Das konnte doch nicht - „Was -?“ „Dein Spitzname.“ Hiroya atmete aus. „Ja. Tora. Ja, natürlich. Nein, mein Vater ist kein Tiger, das ist doch lächerlich. - Mein Vater ist ein Dämon.“ Daisuke sah ihn nur aus unlesbaren Augen an; er lachte nicht, zeigte aber auch nicht, dass er ihm glaubte. „Ich schwöre, es ist die Wahrheit.“ Daisuke zuckte nur die Schultern und nahm jetzt doch einen Schluck seines Getränks. „Hey – sag mal – interessiert dich das überhaupt nicht?“ Hiroya wurde fast etwas böse und beugte sich etwas vor, er hatte schon einige Reaktionen erlebt, aber so eine noch nie. Also – so GAR keine. „Daisuke. Ich rede mit dir.“ Der Rothaarige hatte eine Weile seine auf den Tisch gelegten Fingerspitzen betrachtet, sah jetzt auf, wirkte etwas ungehalten. „Ich höre dich sehr gut, danke.“ „Das ist alles, was du dazu zu sagen hast?“ „Was sollte ich deiner Meinung nach dazu sagen?“ „Ich weiß nicht. Zum Beispiel, dass du mir nicht glaubst. Ich haue dir hier solche abgefahrenen Sachen um die Ohren, und du tust, als hätte ich dir die Uhrzeit genannt! Lach mich wenigstens aus!“ „Das wäre gelogen.“ „Was wäre gelogen?“ „Dass ich dir nicht glaube. Das wäre gelogen. Das erklärt die Augen. Ich dachte gerade darüber nach. Das ist interessant.“ Hiroya sank auf seinem Stuhl etwas zurück und trank seinen Wein in einem Schluck aus. „Du machst mich fertig, weißt du das?“ Daisuke zuckte die Schultern und sah gedankenverloren in den Raum. Auch in der folgenden Stunde redete der Rothaarige kaum; er wirkte anfangs etwas nachdenklich und Hiroya fühlte sich jedesmal, wenn er sich abwandte, beobachtet; seine Nackenhaare stellten sich auf, wie eine Katze nahm er seine Umwelt sehr sensibel wahr. Doch nach einer Weile ließ das nach, und Daisuke ließ sich ausfragen; wenn er auch auf viele Fragen nur mit einem „Hmm“ oder einem Kopfschütteln antwortete. Der Student und Halbdämon hatte allerdings das vage Gefühl, dass das schon weit mehr war, als jeder andere Mensch erwarten konnte, und so begnügte er sich erst einmal damit; ertappte sich sogar dabei, wie er ein bisschen stolz war darauf, dass er es geschafft hatte, diesen Menschenfeind in eine Bar einzuladen – auch wenn er ihn im nächsten Moment am liebsten gewürgt hätte und angefleht, normal mit ihm zu reden. Aber so ganz wohl schien sich der Kleine nicht zu fühlen, und Hiroya bestellte ihm noch einen Drink, wandte sich dann wieder zu ihm. „Du bist so abgelenkt, hast du noch was vor?“ „Ich muss meinem Verleger schreiben.“ „Verleger?“ Hiroya sah überrascht auf. „Du bist Schriftsteller?“ „Ich bin Fotograf. Ich arbeite unter anderem für einen Verlag.“ „Ah.“ Hiroya musterte den anderen eine Weile, er schien sich noch immer unbehaglich zu fühlen unter den Menschen in der Bar. Hiroya war erpicht darauf, das zu ändern. Der Kleine gefiel ihm ja wirklich, auch wenn er ein wenig unmöglich war. Damn. Immer musste er für die schrägsten Leute schwärmen. Und jetzt war es auch noch ein Mann, was es nicht weniger schräg machte, auch wenn das nicht das erste Mal für Hiroya war, dass er sich in einen Mann verguckt hatte, aber mit Sicherheit das schnellste. Dennoch...Daisuke war süß, wie er da so saß, so kühl an der Außenseite, so angespannt innerlich. „Du gehst nicht oft aus, oder?“ „Nein.“ „Gar nicht?“ „Nein.“ „Warum nicht?“ Daisuke zuckte die Schultern. „Ich will nicht.“ „Ist das nicht ein bisschen einsam?“ Darüber schien der andere eine Weile nachzudenken, hatte die Fingerspitzen aneinandergelegt und sah mit abwesendem Blick in den Raum. „Wenn du nur meinst, ist es einsam, ja. Wenn du dazu meinst, das sei schlecht, nein.“ „Du kannst mir nicht erzählen, dass du gern allein bist, kein Mensch ist gern allein.“ „Nun, ich bin ein Mensch, und ich bin lieber allein. Du bist kein ganzer Mensch, daher kann ich deine Aussage grundsätzlich nicht akzeptieren.“ Hiroya schnaubte. „Touché. Aber von uns beiden bin ich definitiv der Menschlichere.“ „Kann sein.“ „Warum bist du so?“ „Warum bin ich wie?“ „So abweisend.“ „Ich bin nicht abweisend. Ich will nur niemandem etwas vorlügen.“ „Du solltest ein wenig mehr unter Leute gehen. Ich meine, du bist ein seltsamer Kerl, aber ich finde dich eigentlich ganz lieb, wenn du nicht gerade versuchst dich umzubringen. Ich mag dich.“ Daisuke wandte den Blick ab. „Sag das nicht.“ „Warum nicht? Es ist die Wahrheit.“ „Ich will nicht, dass du das sagst!“, fauchte Daisuke. „Komm wieder runter, okay? Ich will nur nett sein. Mann, du bist wirklich anstrengend. Was hast du für ein Problem? Wenn du es mir sagst, kann ich dir vielleicht helfen.“ Der Drink wurde gebracht, und Daisuke trank wortlos. Hiroya steckte sich knurrend ein weitere Zigarette an. „Na schön, dann eben nicht. Freak.“ Der Halbdämon lernte noch etwas über seinen neuen Mitbewohner an diesem Abend, und zwar, dass er zu der Sorte Japaner gehörte, die keinen Alkohol vertrugen. Wirklich gar keinen. Daisuke hatte sich mit beiden Unterarmen auf den Tisch gestützt und wirkte etwas abgedriftet; wäre er eine Katze, dann hätte er die Ohren angelegt und mit dem Schwanz gezuckt; die Vorstellung war so lebhaft, dass Hiroya sein unbeschwertes Lachen lachen musste. Der Rothaarige sah nur missmutig auf und ihn etwas glasig an. Der Student grinste ihn warm an, widerstand gerade so der Versuchung, dem Kleinen mit der Hand durchs Haar zu kraulen. Wie gern hätte er das getan; die blasse Haut war sicher aufgeheizt durch den Alkohol. Aber er war nicht der Typ, der Leute abfüllte, um sie dann abzuschleppen; sein älterer Bruder würde das tun, ohne Zweifel, jener kannte keine Hemmungen wenn es um sein Vergnügen ging, er schob es auf das animalisch wirkende Wesen ihres Vaters. Hiroya selber fand das zum einen unfein, zum anderen mochte er es, selber zu verführen, ohne Hilfsmittel. Das war um soviel erregender. Schade, dass Daisuke dafür nicht empfänglich schien. Zumindest derzeit. Auf der anderen Seite merkte Hiroya, dass er seit dem Vorfall im Bad durchaus nicht rein sexuell an Daisuke interessiert war; er verdrängte zwar die Erinnerung, und doch fühlte er sich zu seinem kleinen Freak hingezogen. Ihm gefiel der Gedanke, er könnte derjenige sein, der den blassen Lippen ein Lächeln entlockte, auch wenn es ein Wunschtraum war. Aber ein schöner Wunschtraum. Vielleicht würde er ja wahr werden, wenn er vorher nicht frustriert und halb wahnsinnig Daisuke erwürgt hätte, wenn dieser nur einmal noch zur Antwort nur die Schultern zuckte. Diese Art von ihm war derart unhöflich, dass Hiroya fast der Kragen platzte, wenn er nur daran dachte, und er fuhr mit dem Finger den Rand seines leeren Glases entlang, den Kopf schüttelnd, weil von allen Leuten, die er nach Hause hätte mitschleppen können, es ausgerechnet so jemand geworden war. Er wurde in seinen Gedanken unterbrochen, als eine vertraute Stimme an seinem Ohr erklang, und sich gleich darauf schlanke Finger auf seine Schultern legte. „Tora! Wie schön, dich zu sehen. Wie geht es dir? Bist du ganz allein?“ Die Frau, die jetzt neben ihn trat, war durchaus schön, wenn auch fast etwas groß für eine Japanerin, aber mit einem süßen Lachen und wunderschönen braunen Augen. „Ah...Midori... Mir geht’s gut, danke. Ist lange her. Schön, dich zu sehen.“ Sie hatte weiterhin die Hand auf seiner Schulter liegen, und er musste an sich halten, nicht in ihren Ausschnitt zu starren, der ihm ungeniert in einem roten seidenen Kleid präsentiert wurde. „Du siehst gut aus, wie immer. Es ist wunderbar, dich zu sehen... Hey...“ Sie beugte sich etwas zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr. „Wenn du Lust hast... Ruf ich deinem Freund ein Taxi...und wir fahren wieder zu dir...“ Hiroya strich ihre Hand sanft von seiner Schulter, lächelte sie gewinnend an. „Entschuldige, Mäuschen...“ Er griff über den Tisch und strich zärtlich mit dem Daumen über Daisukes Wange, die Finger durch dessen rotes Haar streichen lassend. Seine Haut war wirklich warm. „Ich habe schon jemanden, den ich mit nach Hause nehme....nicht, Süßer?“ Daisuke starrte ihn benommen und so böse an, wie man es mit unfokussiertem Blick konnte, und zog den Kopf weg; Midori merkte das ohnehin nicht, sie zog einen Schmollmund. „Das ist doch nicht dein Ernst!“ „Das ist mein voller Ernst.“ „Du ziehst den da – ach, weißt du, vergiss es. Meine Nummer hast du ja.“ Sie wandte sich beleidigt um und ging, plötzlich so gar nicht mehr interessiert. Daisuke war aufgestanden, musste sich aber am Tisch festhalten; Hiroya schwang sich schnell von seinem Stuhl und nahm ihn am Arm. „FASS – fass mich nicht an....!“ Daisuke hatte seine Stimme gesenkt in der Bar, wirkte aber aufgebracht. „Hätts' ja auch sagen könn' dass ich nich -“ „Du bist betrunken“, kicherte Hiroya. Daisuke hielt sich ungeachtet seiner vorigen Worte jetzt selber an dem T-Shirt des Größeren fest. „Binnich nich!“ „Bist du wohl!“ „Ich gehe – lass mich los...“ Hiroya musste immer noch lachen; Daisuke schwankte ein wenig, seine Augen glänzten, und der Halbdämon konnte die Nägel des Rothaarigen spüren, die sich an seinem T-Shirt festkrallten. „Ist ja schon gut, beruhig dich, ich zahle, warte draußen auf mich.“ Im Auto musste Hiroya immer noch ein wenig grinsen, Daisuke saß neben ihm auf dem Sitz, hatte die Augen geschlossen, blinzelte aber immer mal wieder, so dass der Halbdämon merkte, dass jener durchaus nicht eingeschlafen war. Die Lichter der Großstadt flogen leuchtenden Vögeln gleich über sein blasses, geschminktes Gesicht und ließen den schwarzgekleideten Körper seltsam schutzlos wirken. Es tat Hiroya ja ein wenig leid, dass er ihn so benutzt hatte, aber er hatte nicht widerstehen können, zudem war er heute Abend definitiv mehr an seinem sonderbaren Gast interessiert als an Midori. Außerdem – es war einfach zu lustig gewesen, wie Daisuke zum Auto gewankt war. „Warum regst du dich eigentlich so auf?“, lachte Hiroya. „Komm, das war doch nur Spaß!“ Schweigen. „Du solltest dich geehrt fühlen.“ Schweigen. „Oder warst du eifersüchtig, hm?“ Er grinste kurz zur Seite. Schweigen. Daisuke wischte sich mit einer Hand über das Gesicht und schloss wieder die Augen. „Du magst mich auch, oder?“ Der Kleinere wandte den Kopf ab und sah aus dem Fenster auf die vorbeiziehenden Straßenlaternen. „Wenn das ein 'ja' war, dann schweig jetzt bitte mal kurz.“ Hiroya grinste. Daisuke sagte nichts und starrte nur nach draußen. La fête est finie, on descend Les pensées qui glacent la raison Paupières baissées, visages gris Surgissent les fantômes de notre lit On ouvre le loquet de la grille Du taudis qu'on appelle maison The party has finished, we fall The thoughts that freeze the sense Fallen eyelids, grey face The ghosts of our bed appear We open the lock on the rail Of the shanty we call our home. In der Wohnung war es kühl, als sie heimkamen; Daisuke hatte die Arme vor der Brust verschränkt, da seine Hände zitterten; alles hier roch nach Hiroya, nach seinen Zigaretten, nach seiner Kleidung, seiner weichen Haut. Er fühlte sich noch immer benommen, ein wenig schwindlig, doch die kalte Dezembernachtluft hatte ihren Teil dazu getan, dass er wieder alleine stehen konnte, und er hielt sich selber für nicht mehr so arg betrunken. Ja, er war eifersüchtig gewesen, und er hatte es selber in genau dem Moment gemerkt, in dem Hiroya es aus Scherz gesagt hatte. Warum musste dieser unsägliche Mensch alles beim Namen nennen? Reichte es nicht, dass er Daisuke durch seine bloße Gegenwart verwirrte, alle Schutzwälle niederriss, die der Ältere in jahrelanger Arbeit um sich errichtet hatte? Wenn er ihn nur ansah, schienen diese grünen Katzenaugen bis auf den Grund seiner Seele zu sehen; und damit begnügte sich jener ja nicht, nein, er musste alles, was er dort fand, mit Gewalt hervorzerren, damit es vor der Welt bloßgestellt war! Er war eifersüchtig gewesen, ohne es zu merken, und dann hatte er plötzlich diese kühlen Finger an seinem Gesicht gespürt, diese beruhigend kühlen Finger, und das obwohl er ihm ausdrücklich gesagt hatte, dass er nicht angefasst werden wollte....! Die Berührung hatte ihn erschreckt, er wäre am liebsten fortgelaufen, doch nicht aus Abscheu wie sonst, diesmal aus Angst, Angst davor, was Hiroya noch ans Licht zerren konnte, wenn er so weitermachte. Er wollte nicht, dass ihm jener so nahe kam; er hatte nicht damit gerechnet, dass Hiroya überhaupt im Sturm seine Verteidigungen überrennen konnte, einfach so, als wäre nichts dabei; vielleicht war er schwach geworden in Italien? Gestern noch hatte er ihn kaum gekannt, und heute schon war alles so anders, alles wegen dieses dummen Vorfalls; und eigentlich sollte Daisuke seine Sachen packen und schnellstmöglich verschwinden, ehe alles, was er war, zerbrach unter Hiroyas hellen Blicken. Aber er wusste, er würde es nicht tun. Auf einmal hatte er Angst, alleine zu sein. Auf einmal hatte er Angst davor, was mit ihm geschehen könnte, wenn er jetzt ginge. Und er liebte Hiroyas Geruch, und seine fröhliche Stimme, und er verabscheute sich dafür, dass diese eine kurze Berührung ihn so aus dem Konzept gebracht hatte. 'Ist das nicht einsam?' Ja! Ja, es ist einsam! Es ist entsetzlich einsam, und ich hasse es! Warum dann? Weil ich die Menschen hasse. Ich hasse es, wie sie lachen, wie sie sich berühren, ich hasse ihre Lügen, ich hasse ihre gespielten Gefühle, ich hasse ihre Schwäche, fast so sehr wie meine. Und gleichzeitig weiß ich, dass ich sie hasse, weil ich es nicht wert bin, geliebt zu werden. Deswegen möchte ich gehasst werden. Und am allerliebsten würde ich vergessen werden. Damit diese fröhliche Welt sich weiterdrehen kann, ohne mich, der ein Fremdkörper in ihr ist, ein Imitat eines lebendigen Menschen. Und am meisten hasse ich dich dafür, dass du mich magst, weil du zu dumm bist, es zu merken, du unmöglicher Mann! Daisuke zuckte zusammen, als Hiroya plötzlich neben ihm stand, und wandte den Blick ab. „Na, geht’s wieder? Willst du was trinken? Wasser, meine ich.“ „Nein“, murmelte Daisuke und ging einen Schritt, stand neben dem Sofa. „Daisuke....“ „Was?“ Für einige Sekunden konnte der Rothaarige leise Hiroyas Atem einen Schritt nur hinter sich hören, hörte wie jener die Arme verschränkte. „...ach, vergiss es.“ „Entschuldige“, murmelte Daisuke. „Was?“ Hiroya war schon auf halbem Weg zum Schlafzimmer gewesen, wandte sich um. „Es tut mir leid.“ „Was tut dir leid? - Und wow, du entschuldigst dich? Bist du krank? Was ist los mit dir...ah, du bist betrunken.“ „Ich bin nicht betrunken!“ „Du hast ganz glasige Augen!“ Hiroya stellte sich vor ihn und hob sein Kinn mit dem Finger an, Daisuke zog den Kopf weg. Ihm war nur ein bisschen schwindlig, das war alles; denken konnte er schließlich noch völlig klar! „Schon gut. Was tut dir leid?“ „Es tut mir leid, dass ich dir den Abend verdorben habe. Ich weiß, dass ich keine gute Gesellschaft bin.“ Hiroya sah ihn eine Weile lang überrascht an. „Ja, naja, der Fröhlichste bist du nicht... aber ist schon okay. Danke. - Oder meinst du wegen Midori?“ Daisuke schwieg. „Ist in Ordnung, sie bedeutet mir nichts. Hey, Dai.“ Daisuke hob den Blick und sah den Jüngeren an, jener lächelte sanft, seine schwarzvioletten Haare schimmerten leicht im schwachen Laternenlicht, das von außen hereinschien. „Es war ein schöner Abend. Mit dir auszugehen, hat Spaß gemacht.“ Hiroyas grüne Augen funkelten, und er lachte Daisuke leise an. Selbst einen Schritt vor ihm konnte jener die Wärme spüren, die von dem geschmeidigen Körper des Halbdämonen ausging, roch schwach seinen Duft, und wandte den Kopf ab. „Was ist denn los?“ „Nichts.“ „Komm schon....das vorhin im Auto war nur ein Spaß.“ Daisuke zuckte die Schultern. Hiroya stand direkt vor ihm, und er brachte es nicht fertig, ihm ein weiteres Mal in die Augen zu sehen, aus Angst, dass er den Blick nicht mehr würde abwenden können. Oder war er doch betrunken? Sommes-nous les jouets du destin Souviens-toi des moments divins Planant, éclatés au matin Et maintenant nous sommes tous seuls We are the toys of fate Remember the divine moments Space music, burst in the morning And now we are alone Daisuke zuckte zusammen, als er auf einmal diese kühlen Finger an seinem Gesicht spürte, die seinen Kopf mit einer sanften Berührung wieder zu Hiroya drehten, sein Herz schlug schneller, und alles in ihm zog sich zusammen; die Berührung brannte fast, brachte Dinge in seiner Seele an die Oberfläche, die er lieber vergessen wüsste. „Hiro -“ Der Kleine riss die Augen auf, als er plötzlich Hiroyas Lippen auf seinen spürte, erst nur ganz leicht, einem Hauch gleich; dann mutiger, wenn auch zärtlich. Daisukes Körper versteinerte vollständig wie der eines kleinen Tieres in Todesangst; Hiroyas Lippen waren so weich und süß, er roch leicht nach Zigaretten und Zitronengras, und er war so warm, seine Finger streichelten sacht über Daisukes Wangen; jener stand nur wie erstarrt da, hatte die Hände in Hiroyas T-Shirt gekrallt, ohne es überhaupt zu merken, ihm war heiß, und er hasste in diesem Moment Hiroya dafür, dass er das tat, und zugleich liebte er ihn dafür, denn dieser Kuss war so unglaublich zärtlich und tröstlich; doch was blieb, war das Gefühl, etwas Falsches zu tun, etwas Unerträgliches, so unerträglich, dass allein der Wunsch nach mehr genug war, dass Daisukes Herz sich in seiner Brust zusammenkrampfte, fast so sehr, dass es schmerzte, und er merkte, dass ihm stumme Tränen über die Wangen rannen. Hiroya löste sich von ihm und sah ihn fast erschrocken an. „Shit....bitte wein doch nicht...“ „Lass mich los...“ „Dai...“ „LASS MICH!“ Daisuke schrie fast panisch und stieß Hiroya von sich weg, den Arm vor den Mund gepresst, ein wenig gebeugt, er meinte noch immer, den heißen Schmerz in seiner Brust zu spüren, und wand sich, als Hiroya ihn am Arm nahm. „FASS MICH NICHT AN!“ „Jetzt beruhig dich, ich will dir nichts tun!!“ Hiroya zog ihn mit Gewalt zu sich; Daisuke war unfähig, sich zu wehren, da der Halbdämon um einiges stärker war als er selber, und spürte nur den warmen Körper an seinem Rücken, die Arme die ihn hielten, ihm die Hände an die Seiten pressten, er konnte Hiroyas Atem in seinem Nacken spüren, und wimmerte leicht; seit vielen Jahren hatte er keinen anderen Menschen so dicht an seinem Körper gespürt, und er wollte schreien, aber er konnte nicht; er hatte Schwierigkeiten, ruhig zu atmen, sein ganzer Körper hatte sich versteift in Hiroyas Griff, und er merkte, dass er noch immer weinte. „Daisuke....Daisuke...! Beruhig dich! Es ist alles gut, alles in Ordnung, ich werde dir nichts tun, okay? Überhaupt nichts; ich verspreche es, vertrau mir! Aber du musst dich wieder beruhigen!“ Hiroyas Arme umfassten ihn fest von hinten, und Daisuke weinte. Perdus les rêves de s'aimer Le temps où on n’avait rien fait Il nous reste toute une vie pour pleurer Et maintenant nous sommes tous seuls Lost dreams love themselves The time when we have nothing We have a whole life to cry And now we are alone „Es tut mir leid“, wisperte Hiroya an Daisukes Ohr. „Ehrlich, es tut mir leid! Shh, alles ist gut.“ Er ließ den Griff ein wenig lockerer, Daisuke noch mit einem Arm umfassend, da diesem die Knie unter dem Körper wegzuknicken gedroht hatten; der Rothaarige presste die Hand auf den Mund und unterdrückte ein Schluchzen; es brannte in seinem Körper, so heiß, dass er das Gefühl hatte, er müsste daran vergehen, er wollte sich zugleich in Hiroyas Arme werfen und weit fortrennen. Sein ganzer Körper zitterte unter Hiroyas Berührung; es war, als hätte jener ein Tor aufgestoßen, das Daisuke nun nicht mehr zu schließen fähig war, und heraus strömten Tränen und Schmerzen und unsägliches Verlangen. Der Größere ließ ihn langsam los und trat zurück; Daisuke hatte die Arme um den Körper geschlungen und zitterte am ganzen Leib. „Daisuke...“ Jener erwiderte nichts, hatte immer noch eine Hand auf den Mund gepresst, es schmerzte, zu fühlen, wie sich Hiroyas Körper entfernte. „Okay...ich...es tut mir leid. Ich glaube, ich gehe besser schlafen.“ Daisuke hörte, wie Hiroya sich zurückzog, und fuhr herum. „Lass mich nicht allein! ….bitte....!“ Protège-moi de mes désirs Protect me from my desires Protect me from what I want Protect me Er ging barfuß zu ihm; jetzt war es Hiroya, dessen Augen sich überrascht weiteten; für einen kurzen Moment nur meinte Daisuke in grüne Katzenaugen zu sehen. „Was -“ Daisuke reckte den Kopf leicht zu dem Größeren und küsste ihn. Er schmeckte nach Rauch, und zugleich so süß, wie Honig. Hiroya stand eine Weile still, dann spürte Daisuke Arme, die sich leicht um ihn legten, sich kaum berührten, nur eine solche Wärme ausströmten, dass ihm selbst die heißen Tränen auf seinen Wangen kalt erschienen. „Du bist betrunken“, wisperte Hiroya leicht an Daisukes Lippen. „Ich bin nicht betrunken“, murmelte jener zurück, zitterte leicht, die Augen geschlossen, es nicht wagend, Hiroya anzusehen. Der Jüngere küsste ihn sanft, die Lippen federleicht auf Daisukes, jener zitterte noch stärker, ließ es ein paar Sekunden bewegungslos über sich ergehen, ehe er vorsichtig, fast unmerklich, den Kuss erwiderte; die Arme schlossen sich etwas fester um ihn, und im ersten Moment geriet Daisuke fast in Panik, dann aber fühlte es sich gut an, sicher, warm. Hiroyas Kuss war zärtlich, weich, er streichelte sanft mit einem Finger Daisukes Hals, dem sich die Nackenhaare aufstellten bei der sachten Berührung. Gott, das fühlte sich so gut an, so gut. Vor einem Tag noch hätte er sich eher umgebracht, als so etwas zuzulassen, und jetzt auf einmal schien alles in seinem Leben radikal umgewendet worden zu sein, und er genoss den Kuss nicht nur, er wollte ihn, er wollte alles, mehr von diesen weichen Lippen, mehr Wärme, mehr Hiroya. Seit Jahren hatte er sich nicht mehr so gut gefühlt; der Grund war so einfach wie bestechend: seit Jahren hatte er niemandem mehr nach so kurzer Zeit vertrauen können, vielleicht nicht einmal nach Monaten, vielleicht gar nicht, aber Hiroya war anders, wie ein Sturm war er in Daisukes Leben getreten und hatte sich seiner bemächtigt, und ihm keine Chance gelassen sich zu verteidigen. Er hatte recht gehabt. Alles war okay. Hiroya löste sich sanft von Daisukes Lippen, küsste sie noch kurz, küsste dann seine Wange, seine Schläfe; Daisuke hatte den Kopf leicht geneigt, die Hände ruhten auf Hiroyas warmer Brust, er konnte dessen schnellen Herzschlag unter der Handfläche spüren. Hiroya nahm sein Gesicht in beide Hände, sah ihn unter halbgesenkten Lidern hervor an, die grünen Augen glühten förmlich, küsste ihn dann wieder, leidenschaftlicher, fast sehnsüchtig; Daisuke schlang die Arme um den Hals des Größeren und hielt sich an ihm fest, erwiderte den Kuss jetzt weniger zögerlich. Seine Lippen waren heiß, und Daisuke drückte sich etwas dichter an ihn, wollte ihn näher bei sich spüren, seinen warmen Körper, seine Haut, alles; Hiroya hielt hin wenig überrascht inne, zog Daisuke dann zu sich und hielt ihn fest an sich gezogen, die Lippen nach unten wandern lassend; der Rothaarige legte den Kopf nach hinten und schloss die Augen, während weiche Lippen seinen Hals küssten, dann seine Schulter, die schmal aus dem zerschnittenen T-Shirt hervorragte, er spürte eine warme, ein wenig raue Zunge auf seiner Haut, auf seinem Schlüsselbein, spürte Hiroyas Hitze an seinem Körper wie ein dumpfes Vibrieren das dem Halbdämonen innewohnte, wie ein Raubtier im Rausch der Jagd, wie ein heiß loderndes Feuer, das in Hiroya lebte. Daisuke zitterte ein wenig, seine Hände hatten sich in den Rücken von Hiroyas T-Shirt gekrallt, doch die Pein, die er erwartet hatte, die ihn immer durchströmte, wenn er einem anderen Menschen zu nahe kam, blieb aus, stattdessen gab es nur Hitze; und Hiroyas sanfte Berührungen, mit denen er ihm jetzt vorsichtig unter dem T-Shirt über die weiche Haut streichelte, taten wahnsinnig gut; seine Hände waren so kühl und beruhigend auf Daisukes so oft geschundenem Körper. Hiroya senkte den Kopf ein wenig, küsste die Haut zwischen Daisukes Schlüsselbeinen, direkt über dem Saum der Kleidung, seine Hände fuhren ihm sanft über die Seiten, über den flachen Bauch, Daisuke konnte spüren, wie seine Haut unter den Berührungen zu brennen begann, wie er sich den zärtlichen Händen entgegenstreckte, die ihm über den Rücken kraulten, dann langsam das T-Shirt samt Netzshirt nach oben schoben und ihm über den Kopf zogen. Daisuke bebte leicht, spürte die Couchlehne im Rücken, an der er lehnte, Hiroyas sanften Kuss auf seinen Lippen, seine Hände, die ihn vorsichtig hielten, seine Hitze unter dem T-Shirt, und das leichte Zittern in dessen Körper, als der Größere all seine Beherrschung aufbrachte, sich zu zügeln. Der Rothaarige atmete schnell und flach, spürte auch Hiroyas Atem heiß über seine Schulter streifen, als der den Kopf senkte, seine Schulter küsste, sein Schlüsselbein, kühle Spuren hinterlassend wo seine Lippen Daisukes erhitzte Haut verließen. Der Halbdämon hielt Daisuke noch immer an der schmalen Hüfte, fuhr mit den Lippen über seine weiße Brust, küsste seine rechte Brustwarze und leckte ein wenig darüber; Daisuke schloss die Augen und hielt sich an ihm fest; er war am ganzen Körper angespannt, so angespannt dass er fast schreien könnte, er hatte wahnsinnige Panik, dass Hiroya ihn doch noch ablehnen, wegstoßen könnte, dass er seinen Fehler bemerkte, ihn zu mögen; und doch wollte er ihn mit aller Seele, mehr als er je etwas auf der Welt gewollt hatte, wollte ihn ganz, und obwohl er wusste, dass er Hiroya damit die Macht gab, ihn unglaublich zu verletzen, war ihm das zum ersten Mal im Leben egal. Hiroya saugte an der hellen Haut, sein kräftiger Rücken unter Daisukes Hand erbebte leicht, und er hob den Kopf wieder, küsste sanft Daisukes Lippen, seine Stimme war heiser, als er sprach. „Daisuke...“ Daisuke nickte nur mit geschlossenen Augen, nicht sicher, ob er sprechen konnte, sein Herzschlag dröhnte ihm in den Ohren. „Kommst du mit rüber..?“ Wieder nickte jener. Hiroya küsste ihn zärtlich, fuhr ihm leicht mit der Zunge über die Lippen, saugte leicht an Daisukes Unterlippe, als jener den Mund ein wenig öffnete, ließ dann wieder ab; seine weichen Lippen streiften Daisukes Ohr. „Daisuke...“ „Hmm....“ Daisuke spürte, wie schnell sein Atem ging; die Antwort war ein halbes Stöhnen gewesen, und er meinte, Hiroya leicht lachen zu hören. „Dai, ich glaube ich liebe dich.“ Daisuke hielt sich an dem Größeren fest, krallte sich in dessen Rücken bei den Worten und atmete heiser aus, die Augen noch immer geschlossen, Hiroyas sanfte Hände auf seinem Körper, die ihn umfingen und hochhoben; der rothaarige Fotograf spürte kurz etwas Hartes unter Hiroyas Hose, das über seinen Schritt streifte, und presste sich schwer atmend gegen den Halbdämonen, die Oberschenkel fest an dessen Hüftknochen gepresst, um nicht abzurutschen, seine warmen Arme um den bloßen Rücken. Hiroya trug ihn durch den Flur ins Schlafzimmer, seine nackten Füße fast lautlos wie Katzenpfoten auf dem Parkett; hier drin war es noch kühler, es war fast dunkel, da die Vorhänge zugezogen waren, und es roch überwältigend nach Hiroya. Der ließ Daisuke sanft auf den Rücken sinken; die Laken fühlten sich kühl an gegen dessen warme Haut; Hiroya kniete über ihm, beugte sich zu ihm herab und küsste ihn sanft, seinen Kiefer, seinen Hals, leckte über seine Brust; Daisuke hatte einen Teil der Decke zu fassen bekommen und sich unwillkürlich darin verkrallt; er hatte die Augen fest geschlossen und atmete schnell, jede einzelne von Hiroyas Berührungen erregte ihn so sehr, dass er sich auf die Lippe beißen musste, um ein Stöhnen zu unterdrücken. Hiroya küsste die weiche Stelle am Hals unter Daisukes Ohr, sah ihn dann an, immer noch auf allen Vieren über ihm kniend; Daisuke blinzelte leicht, sah ein grünes Augenpaar, das ihn anfunkelte. „Alles in Ordnung?“, flüsterte Hiroya, strich ihm die Haare aus dem Gesicht. Daisuke nickte. „Ja.“ Der andere gab ihm einen leichten Kuss; Daisuke hob eine Hand zu Hiroyas Oberkörper, spürte die angespannte Muskulatur sogar durch das dünne T-Shirt, das heiße Zittern, das dem größeren Körper innewohnte, und langsam ließ er die Hand tiefer wandern, dann die zweite, um Hiroya das lästige Kleidungsstück über den Kopf zu ziehen, wozu jener sich kurz aufrichtete. Daisuke betrachtete ihn kurz aus halbgeschlossenen Mandelaugen; Hiroya kniete jetzt auf Höhe seiner Knie über ihm, sah ihn unverhohlen gierig an, die Blicke über Daisukes Körper streifen lassend, auch direkt vor sich, wo sich durch die schwarze Hose dessen Erektion fast schon schmerzhaft deutlich abzeichnete; ihm selber erging es kaum besser. Daisuke ließ den Blick weiter nach oben schweifen, er hatte recht gehabt, Hiroya musste Sport treiben, er war zwar eher schmal, doch sah man die Muskeln an seinem geschmeidigen Körper, wie an dem einer Raubkatze; seine rechte Brustwarze war gepierct und der Schmuck glitzerte leicht im Halbdunkel. Hiroya grinste ihn mit verhangenem Blick an, streichelte einmal sanft Daisukes Oberkörper hinab, woraufhin jener wieder zitternd die Augen schloss, scharf einatmete, als er Hiroyas Lippen an seiner Brustwarze und eine Hand an seinem Hosenbund spürte, die sich langsam vortastete, den Knopf geschickt öffnete und ihn zunächst nur mit einer, dann zwei Fingerspitzen leicht streichelte; Daisuke keuchte erstickt auf und hob Hiroya die Hüfte entgegen, der sich über ihn gebeugt hatte, Lippen an seinem Ohr. „Ich hoffe, dir ist bewusst, dass ich von hier ab für nichts mehr garantieren kann“, wisperte dieser leise, etwas atemlos, Daisuke mit seinen Fingern noch ein kleines Wimmern entlockend. „Ja“, stöhnte jener, sich ihm entgegenstreckend. „Ist mir egal.“ „Kann ich dich was fragen?“ „Hmm?“ „Jungfrau bist du aber nicht mehr, oder?“ „Nein.“ „Gut.“ „Nimm mich einfach, verdammt!“ Daisuke schrie fast unter den quälenden Fingern Hiroyas, die sich immer dann zurückzogen, wenn er sich ihnen entgegendrückte. Jener lachte, küsste Daisuke dann innig, der, langsam die letzte Vorsicht fahren lassend, die Arme um den Größeren schlang, bereitwillig die Lippen für ihn öffnete, während sein Körper noch zitterte unter den sanften Berührungen, die in ihm nur die Gier nach mehr weckten, mit jedem sanften Streicheln, jedem Atemzug, jedem Beben des warmen Körpers unter Daisukes Fingern; der Rothaarige hörte Hiroyas leises Stöhnen, als er sich an ihn presste, spürte die Küsse überall auf seinem Gesicht und seiner bloßen Haut, als wollte Hiroya ihn mit seinen Lippen brandmarken und ihn zu seinem Eigentum machen. Der Student bedeckte Daisukes bebende Bauchdecke, seinen Hüftknochen mit Küssen, während er ihm sanft die Hose auszog, gierig mit den Händen über den schmalen Körper fuhr und den Kopf zwischen dessen Beine sinken ließ; Daisuke schrie auf und vergrub die Finger in Hiroyas seidig schimmerndem Haar. „Hiroya...!“ Sein Kopf sank ins Kissen, er biss sich auf die Unterlippe, um einen weiteren Aufschrei zu unterdrücken, als sich Hiroyas heiße raue Zunge um ihn schloss, so sanft, so wahnsinnig gut. „Nicht...warte....hör auf...“ Seine Stimme kam erstickt. Hiroya sah zu ihm auf, grinste und leckte einige klare Tropfen von Daisukes Spitze, jener stöhnte unterdrückt und sank mit geschlossenen Augen zurück ins Kissen, ungeachtet seiner Worte seine Hüfte dem Jüngeren entgegenhebend, der ihn sanft mit den Händen festhielt. „Du bist ja richtig heiß“, grinste er, leckte sich über die Lippen, funkelte Daisuke aus grünen Katzenaugen an, der mit verhangenen Augen blinzelte, einen Arm über der Stirn, sein Atem kam schwer über seine halbgeöffneten Lippen. Daisuke sagte nichts; Hiroya schob sich langsam wieder nach oben, seine Haut war warm auf Daisukes, so weich, seine Lippen legten sich hungrig auf Daisukes und teilen sie mit einem innigen Kuss, Daisuke spürte Hiroyas Finger an seiner Seite, seiner Lende, wie sie sanft seinen Oberschenkel streichelten, spürte den Größeren unterdrückt beben vor Erregung und fuhr ihm mit den Fingern unter den Hosenbund, ihn mit dessen Hilfe von dem letzten lästigen Kleidungsstück entledigend. Daisuke keuchte erstickt als er Hiroyas hartes Glied auf einmal direkt an sich spürte und schloss die Augen, der Halbdämon strich ihm die Haare aus der Stirn und küsste ihn leidenschaftlich, ihn leicht zu sich ziehend, streichelte ihn weiter und ließ die Finger langsam nach innen wandern. Daisuke hatte den Kopf zurückgelegt, seinen Hals entblößend, den der Student küsste, hatte selber die Hände in dessen Schultern gekrallt, sein Atem kam stoßweise, und er drückte sich sehnsüchtig dem anderen Körper entgegen; was er mit Sex verband, war immer nur Schmerz gewesen, aber das war ihm nun egal, ob Hiroya ihm wehtat oder nicht, er wusste nur, er wollte ihn ganz, sofort, so intensiv wie möglich, denn wenn er ihn nicht haben konnte, würde er verbrennen unter dieser Hitze, die in seinem Körper loderte; seine Nägel gruben sich in Hiroyas warme Haut, sein Körper zuckte unter jenem, hungrig. Hiroya hatte einen Arm um Daisuke gelegt, drückte sanft mit einem Finger gegen ihn, mit einem zweiten, als der Kleinere nicht zurückwich; Daisuke verkrampfte sich unter der Berührung und hielt sich fester an Hiroya, welcher innehielt und seine Stirn küsste, dann ganz vorsichtig weitermachte. Er zog fast überrascht die Finger wieder weg, als Daisuke sich ihm mit einem Mal entgegendrückte, sich selber weiter auf Hiroyas Finger schob, mit einem leisen Keuchen, den Kopf zurückgelegt. „Daisuke...“ „Ist schon okay.“ „Bist du sicher...“ „Fuck, ja!“ Hiroya lachte, ein heiseres Lachen, seine Augen glitzerten, und Daisuke spürte, wie sich die feinen Härchen in seinem Nacken aufstellten und ihm heiß wurde. „Okay“, flüsterte jener, küsste den Kleineren sanft; dieser spürte wie sich langsam die Finger zurückzogen, dann etwas Hartes gegen sich drängen; er hob seine Hüfte leicht an und spürte Hiroya in sich eindringen, nur ein wenig, hörte dessen Keuchen, wie sich kurz der athletische Körper verspannte und Hiroyas Atem heiß über sein Gesicht strich; Hiroyas Gesicht war angespannt, seine Augen geschlossen, er zitterte ein wenig und biss sich auf die Unterlippe, öffnete dann die Augen halb und sah Daisuke aus vor Lust dunkel verschleierten Katzenaugen an. Daisuke drückte sich an ihn und ihn tiefer in sich, atmete schwer, ein wenig erstickt; es schmerzte, wie er es kannte, allerdings nicht lange; die Pein schwand und wurde durch ein neues Gefühl ersetzt, ein gutes, das ihm ein Stöhnen zwischen den blassen Lippen hevor entlockte; er hörte Hiroya bei seiner Bewegung aufkeuchen und sah dann, wie sich dessen geschwungene Lippen zu einem Lächeln, dann einem Grinsen verzogen, ehe er sich ganz auf Daisuke niedersinken ließ, die Finger der Rechten mit Daisukes Fingern auf dem Bettlaken verflocht. Daisuke schloss die Augen, spürte, wie sich Hiroya tiefer noch in ihn drückte, sich langsam bewegte, er hörte sein eigenes Stöhnen wie von weit entfernt, während helle Flecken vor seinem inneren Auge tanzten. Hiroya fing an, sich schneller zu bewegen, und Daisuke warf mit einem Schreien den Kopf zurück, als er den Halbdämonen ganz in sich spürte, seine Finger verkrampften sich um Hiroyas, er hörte dessen ersticktes leises Stöhnen, sah die verlangend glühenden Katzenaugen, den wunderschönen nackten Körper auf sich, und er wollte ganz Hiroya gehören, wollte von ihm aufgezehrt werden, von seiner Lust, wollte in seinen Armen vergehen. Daisuke wand sich unter dem Studenten, drückte sich jedem Stoß entgegen, leise schreiend wann immer jener tief in ihn stieß, den Kopf ins Kissen gedrückt, spürte hungrige Lippen auf seinen, gierige Hände auf seiner Haut. Hiroya atmete schwer, küsste Daisukes Lippen, Wangen, Kiefer, ihn eng an sich ziehend, tief in ihm vergraben. „Du...du bist...“ Er stöhnte leise in Daisukes Enge, jener spürte ein Zittern den warmen Körper überlaufen, fing seine Lippen ein und küsste ihn, erstickt wimmernd, als Hiroya ungezügelt härter in ihn stieß. „Dai...“ Hiroya hatte die Stirn an seine gelegt, bebte, zuckte leicht unter Daisukes Bewegungen unter sich, seine grünen Augen glühten intensiv. „Du bist so schön...!“ Nein. Ich bin nicht schön. Du bist es. Aber es ist in Ordnung, wenn du nicht verstehst. Solange du mich nur weiter so fest hältst. So fest du kannst. Daisuke schrie auf, Hiroya war so heiß, so weich und zugleich so hart, der Rothaarige war wie Wachs unter ihm, jede Berührung trieb ihn näher an den Rand zur Ekstase, jeder Kuss entflammte seine Lippen, jeder Stoß ließ ihn sich fester in Hiroyas Haut krallen, er wimmerte erstickt, merkte wie Tränen in seinen Augenwinkeln standen, er wand sich wie rasend unter dem Größeren, warf sich seinen Bewegungen entgegen, hungrig nach mehr, hungrig nach allem. Daisuke fühlte sich von einer Welle der Lust erfasst und wie ausgelöscht, als er kam, schreiend, Hiroya tief ihn sich gezogen, der keuchte; der Rothaarige spürte, wie sich dessen Finger zusammenkrampften, ein Beben den Körper überrannte; Hiroya schmiegte sich an ihn, zuckte leicht, eng an Daisuke gedrückt, schrie dann leise auf, Daisuke spürte wie er sich in ihm anspannte; er schloss die Augen und genoss die Härte in sich, als der Jüngere zum Orgasmus kam. Der Halbdämon richtete sich halb auf, küsste Daisuke innig, lange, sehr lange, jener entspannte sich völlig unter den sanften Lippen, an ihn geschmiegt. „Nicht“, murmelte er, als jener sich aus ihm zurückziehen wollte. „Bleib.“ Hiroya grinste leicht, strich ihm die Haare aus dem Gesicht, noch immer seine Hand haltend, nippte mit einem sanften Kuss an Daisukes Lippen. „Gehts dir gut?“, flüsterte er zärtlich, sein Atem strich einer sachten Berührung gleich über Daisukes erhitzte Haut. „Ja. Mir geht’s gut.“ Ende II Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)