Trauma von Zofenluder ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Und wieder war es so weit. Farin brummte leise, sein Schädel dröhnte so unglaublich, war kurz davor zu explodieren. Nur schemenhaft konnte er sich erinnern, was passiert war. Das Begräbnis. Belas Begräbnis. Farin zog scharf die Luft ein, seine Lungen rasselten dabei. Gott, er fühlte sich, als wäre er überfahren und durch einen Fleischwolf gedreht worden. Seit Wochen, seit dem Unfall, hörte er Stimmen. Oder zumindest die eine von Bela. Immer wieder sprach er mit ihm, brachte ihn schon an seine Grenzen. Farin war in den letzten Wochen kurz davor durchzudrehen. Wie oft hatte Rodrigo sich angesprochen gefühlt, als Farin es nicht mehr aushielt und Bela anschnauzte? Er sollte sich bei dem Chilenen entschuldigen… Farin lächelte müde und versuchte die Augen zu öffnen. Doch das war schwieriger als es schien. Das grelle Licht der Deckenlampe hier im Krankenzimmer blendete ihn, der sterile Geruch brannte in seiner Nase und löste eine schier unerträgliche Übelkeit in ihm aus. „So schnell sehen wir uns wieder, mh?“ Farin zuckte zusammen. Nein, er brauchte die Augen gar nicht zu öffnen, Belas Stimme war unverwechselbar. Diese dunkle, etwas kratzige und höchst amüsierte Stimme. „Bela… Lass mich in Ruhe…“ Ein amüsiertes Schnauben. „Süßer, ich bin gar nicht hier. Bin nur in deiner Fantasie. Du alleine kannst mich verschwinden lassen. Ziemlich abgedreht, mh? Du verlierst gerade den Verstand, Jan.“ Er konnte das Grinsen in Belas Stimme hören. „Am liebsten würde ich dir nun in die Fresse hauen.“, murmelte Farin, musste aber trotz allem schwach lächeln. „Würde halt nix bringen, mh?“ Bela schnaubte und setzte sich an den Bettrand, strich Farin langsam durch die Haare. „Sieh mich an.“ Farin schüttelte nur sachte den Kopf, hielt die Augen geschlossen. „Na komm. Lass mich deine schönen Augen sehen, Baby.“ Farin schnaubte leise und versuchte das Schmunzeln zu unterdrücken. Wow, selbst als Geist brachte Bela ihn noch in den schlimmsten Situationen zum Lachen. Mit einem schweren Seufzen öffnete Farin ganz langsam die Augen, verzog schmerzerfüllt das Gesicht. Das erste, was er sah, war Bela, der ganz knapp über ihm lehnte, mit diesem typischen Grinsen auf den Lippen. „Siehste, geht ja.“ „Halt die Fresse.“ „Hey, sei mal ein bisschen netter zu Toten, ja?“ Farin seufzte erneut. Langsam musterte er Bela, zum ersten Mal seit er… naja, seit er ihm in dieser Form erschien. Er hatte ihn immer so gut wie möglich ignoriert. Jedes Mal, wenn Farin duschen war oder ein Bad nahm, saß Bela in seinem Bad auf der Waschmaschine und sah ihm schmunzelnd zu. Jedes Mal, wenn Farin aufwachte, saß Bela an seinem Bett und blätterte in nem Comic. Verdammt, er konnte ja nicht mal mehr unbeobachtet pinkeln gehen! „Ich hab Kopfschmerzen…“ „Ich weiß.“ Und seit Wochen war es das erste Mal, dass Bela nicht spöttisch oder amüsiert klang. Nein, viel eher sanft und verständnisvoll. „Hätte ich auch, wenn ich so nen Unfall gehabt hätte wie du. … Moment, den hatte ich ja auch, nur bin ich dabei gestorben!“ Puff, das Verständnis war weg, stattdessen fand das Grinsen seinen Weg zurück zu Bela. „Arsch. Blöder, dämlicher…Geisterarsch.“ Bela musste lachen, Farin schmunzelte unweigerlich. „Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich als Zombie zurückgekommen werde? Süßer, dann wäre ich auch jeden Tag bei dir gewesen, aber nur, um dein Superhirn auszusaugen.“ Farin grinste müde und sah zu Bela auf. Blickte in dessen grüne Augen, die leuchteten wie eh und je. Er versank schier in ihnen, konnte nicht verhindern, dass ihm die Tränen kamen. „Ich vermisse dich... ich vermisse dich so unglaublich…“, flüsterte er mit belegter Stimme und atmete zittrig. „Scheiße, ich habe noch nicht einmal realisiert, dass du… tot bist, weil du jeden Tag hier bist. Ich… ich.. kann nicht mehr. Dirk, bitte…“ Doch Bela lächelte nur. Ganz sanft und zart. „Ich verfluche mich jeden Tag dafür, dass das passiert ist. Ich hasse mich so sehr dafür, dass ich noch lebe. Dass es dich erwischt hat. Dass... dass ich dich umgebracht habe.“ „Du hast mich nicht umgebracht. Jan, die Straße war glatt, es war dunkel. Du hast keinerlei Schuld daran.“ „Dennoch… und weißt du, was am schlimmsten ist? Ich kann mich nicht mal aufhängen, weil ich nicht die Kraft dazu habe.“ „Und find mal nen Dachbalken, der weit genug oben ist, damit du dich nicht kniend erhängen musst.“ Farin schnaubte leise und strich sich die Tränen weg, schluchzte mit einem leisen Lachen auf den Lippen. „Erschießen kommt für dich auch nicht in Frage. Wer würde die ganze Sauerei wegmachen? Roddi spielt sowieso schon Mädchen für alles, dann noch Blut und Gehirnmatsch wegmachen? Der würd dich wiederbeleben um dich nochmal umbringen zu können.“ „Bela…“ Dirk verstummte und schmunzelte sachte. „Immer noch Kopfschmerzen?“ Farin nickte sachte. Bela lächelte und sah auf ihn hinab, legte die Hand an seine Wange und strich mit dem Daumen sachte über seinen Wangenknochen. „Würde ich auch bekommen, von diesen scheiß Maschinen hier.“ Farin hörte das monotone Piepsen gar nicht mehr, so oft hatte er es schon gehört. Stumm sah er zu Bela auf, genoss dieses Gefühl seiner Haut an seiner, beruhigte sich etwas. „Jan…“ Farin schluckte hart. „Weißt du… ich wollte dir an diesem Abend zuhause eigentlich noch etwas sagen…“ Bela lächelte sachte, lehnte sich etwas weiter vor. Aus nächster Nähe sah er in Farins glänzende Augen, ehe er die seinen schloss. „Ich liebe dich.“ Und als ihre Lippen sich zu einem Kuss fanden, endete das nervtötende Piepen der Maschine. Stattdessen trat ein langgezogener, schriller Alarmton ein, der erst endete, als die Ärzte den Tod des Blonden bestätigten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)