Kissin' Pelocan in the Rain von Seaglass (Bossun x Himeko) ================================================================================ Kapitel 1: ___ Pelocan Kissin' ------------------------------ „Hime? Himeko?“, nur ganz leise drang die Stimme durch den Regen, der auf die Stadt niederprasselte. Yusuke schnaufte kurz, als er stehen blieb und eine kurze Pause machte. Was war nur los mit ihm? Sein Herz bebte, als er die Gegend nach ihr absuchte und doch weit und breit keine Spur von ihr. Nichts, kein Anzeichen, wohin sie gelaufen sein konnte, nicht einmal ein klitzekleines. Ein weiteres Schnaufen entfuhr ihm, diesmal verärgert. „Denk nach, Yusuke… was hat sie vorhin gesagt?“, er schloss die Augen und stellte sich die Szenerie vor seinem inneren Auge vor. Es wirkte täuschend echt, als die beiden im Clubraum des Sket-Dan saßen und eigentlich zunächst alles wie immer war. Bossun lag auf der Bank und starrte gelangweilt an die Decke, als Himeko den Raum betrat. Switch war gerade damit beschäftigt, irgendeinen Anime auf seinem Laptop anzusehen. Es schien alles wie immer zu sein, nichts, das dem Anschein nach die Atmosphäre trübte. Schwer atmete Yusuke aus und schielte zur Blondine hinüber. „Wieso so spät dran?“, eigentlich hatte er keine böse Absicht gehabt, als er ihr diese Frage gestellt hatte und doch schien diese Frage der Beginn von allem gewesen zu sein. „Ach, gar nichts. Ich hatte noch zu tun.“ „Ah…?“ „Ja, irgendwelche Einwände?“ „Eh, nein. Sollte ich?“ „Solltest du? Was ist das denn für eine Frage?“ Yusuke grinste, als er sich aufsetzte und Himeko genauer betrachtete. Irgendwie sah sie anders aus als sonst – nur konnte er nicht genau sagen, was denn nun an ihr anders war. „Sag mal… warst du beim Friseur?“ Sie strich sich nun leicht verlegen durch ihre Mähne, schüttelte aber den Kopf. „N-Nein.“ „Aber irgendetwas ist anders. Ich kann nicht genau sagen, wa…“, plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Es war nicht ihre Frisur, es war… „…die Uniform? Seit wann trägst du sie… so?“, er legte den Kopf schief und ein verwirrter Ausdruck zierte sein Gesicht. Schwer seufzend brach er den Gedanken ab. Inzwischen hatte sein heftiger Pulsschlag nachgelassen und sein Kopf war wieder ein bisschen klarer. Der kühle Regen schien ihm dabei geholfen zu haben, wenngleich Yusuke nun sichtlich durchnässt war. Und doch war ihm nicht kalt, im Gegenteil, er spürte weder die kühlen Temperaturen, noch die Nässe des Regens. Sein Blick glitt nach vorne zum Softballfeld und ein schwaches Schmunzeln kam auf. Wie gut er sich daran erinnern konnte, wie sie einst versucht hatte, Softball zu spielen und letztendlich einsehen musste, dass sie nur mit ihrem Hockeystick, den sie Cyclone nannte, eine wahrhaft beeindruckende Treffsicherheit aufwies. Aber was bringt es mir, wenn ich über alte Dinge nachdenke? Das führt mich auch nicht zu ihr... Er knirschte die Zähne aufeinander und hob den Kopf an, um in die Wolken zu blicken. Zwar konnten ihm so der Regen ins Auge tropfen, aber in diesem Moment war ihm auch das egal. „W-Wieso schaust du mich so komisch an? Ist es so schlimm, dass ich mich einmal nicht so wie sonst anziehe?“, sie verzog den Mund und verschränkte die Arme. „Nein, nur…“, Yusuke ließ sich zurück auf die Bank fallen und hielt sich den Bauch, „Du siehst einfach ZU komisch aus.“, er musste lachen, aber dieses Lachen blieb ihm nicht lange, als Himeko ihm eine scheuerte, ihn am Kragen packte und böse anblickte. „Achja? Komisch, hm? Wen nennst du hier komisch?“, sie schüttelte ihn und man hätte meinen können, alles wäre wie immer. Höchstwahrscheinlich war es das aber schon länger nicht mehr. Schließlich ließ sie ihren Freund wieder los und setzte sich hin. Eine kurze Pause folgte, die Yusuke als unnatürlich unangenehm empfand, ehe Himeko wieder die Stimme hob. „Gibt’s etwas Neues? Irgendeinen Auftrag?“ Yusuke zog die Augenbrauen zusammen und nickte ernst. „Das hier.“, er hielt ihr einen Briefumschlag hin, genau den, den er an diesem Tag in seinem Fach gefunden hatte. Er hatte keinen Absender und auch im Brief war keinerlei Anhaltspunkt, von wem der Briefs ein konnte. „Der lag heute Morgen bei mir im Fach. Keine Ahnung, WER ihn geschrieben hat, aber sie scheint offenbar ziemlich in mich verschossen zu sein.“, er grinste breit, „Ich hab zwar bereits einige Mädchen gefragt, ob sie eine Ahnung hätten, aber niemand konnte mir helfen.“ Himeko nahm den Umschlag entgegen, öffnete ihn und las den darin enthaltenen Brief. „A-Also…“ „Hm? Weißt du, von wem er ist?“ „Naja…“, ihrem Stammeln nach zu urteilen wusste sie, von wem der Brief ist. Aber anstatt ihm eine Antwort zu geben, erhob sie sich und blickte den braunhaarigen Jungen aus glasigen Augen an. „Wie kannst du so einen Brief nur einfach jemand anderem zeigen? Ich meine, das ist doch nicht fair gegenüber der Person, die ihn geschrieben hat. Sowas…“, sie grummelte leise, blickte kurz zu Boden, ehe sie wortlos den Raum verließ und hinter sich die Türe laut zuknallte. Yusuke sah man die Verwirrung an. Es dauerte einen Moment, in dem er vollkommen überfordert zur Türe blickte, noch hörte, wie sich Himeko raschen Schrittes vom Raum entfernte, ehe nichts mehr zu hören war. „Eh… Was… sollte das denn?“, sein Blick glitt zu Switch, der die Finger über die Tastatur gleiten ließ und ihm damit antwortete. „Sie scheint die Person, die den Brief geschrieben hat, gut zu kennen.“, mehr sagte er daraufhin nicht, vielmehr vertiefte er sich weiter in den Anime. Yusuke legte den Kopf schief. „Mann, sie hätte mir doch wenigstens einen Hinweis geben können. So bin ich ja nicht schlauer als vorher.“, er seufzte und erhob sich. Erst einmal musste er sehen, was mit Himeko los war, dann konnte er sich immer noch Gedanken darüber machen, von wem dieser Brief war. „Das ist es…“, murmelte er schließlich und kniff ein Auge zu, als ihm ein Regentropfen hineinfiel. Er hatte nun eine Idee, wieso sie so aufgewühlt wegen all dem war. Yusuke senkte den Kopf und blickte mit leerem Ausdruck in den matschigen Boden unter seinen Füßen. Was bedeutete all das? Ein kurzer Atemzug folgte, ehe er seine Beine wieder in Bewegung setzte und zurück ins Schulgebäude kehrte… wo ihn auch schon jemand abfing. „Du verstößt gegen die Hausordnung! Wenn man das Schulgebäude betritt, muss man sich die Schuhe ordentlich abputzen, sonst verdreckt man den gesamten Flur!“, Tsubaki’s strenger Gesichtsausdruck ließ den Jungen leise brummen. „Nicht heute Tsubaki. Ich habs eilig.“, er schob sich an seinem Bruder vorbei und ignorierte jegliche Einwände, die er ihm nachrief. Nichts würde ihn jetzt aufhalten, nach ihr zu suchen. Er musste mit ihr reden, nicht nur, um eine Menge Fragen zu klären, sondern auch… um sich selbst einigen Dingen klarzuwerden. Eilig schob er eine Klassenzimmertüre nach der anderen auf, nur um sie anschließend wieder zuzuschieben, wenn er merkte, dass sich niemand im Raum befand. Nach etwa einer halben Stunde, die er damit vertan hatte, gab er resigniert auf und lehnte sich an der Wand. Sie war in keinem der Räume gewesen, aber wo sollte er sonst suchen? Nachdenklich blickte er aus dem gegenüberliegendem Fenster nach draußen. „Moment… sie ist nach rechts gegangen, als sie aus dem Clubraum gestürmt ist. Sie KANN gar nicht in einem der Klassenräume sein, denn als ich den Raum verlassen hatte, war sie bereits außer Sichtweite. Und wenn man bedenkt, dass ich der einzige war, der den Flur matschig gemacht hat, dann bleibt eigentlich nur noch…“, wieder setzte er sich in Bewegung, diesmal schneller. Seine Gedanken waren vollkommen chaotisch, er glaubte zu verstehen und gleichzeitig wollte er nicht verstehen. Nein, er konnte es nicht verstehen. Hatte sie etwa den Brief geschrieben? Etwas anderes schien ihm in diesem Moment nicht logisch nachvollziehbar zu sein. Aber wieso? Wieso sollte sie… Er blieb vor einer Türe stehen. Sie führte direkt zur Dachterrasse, die teilweise überdacht war. Es war der einzige Ort, an dem sie sein konnte. Sie MUSS einfach hier sein. Behutsam umschloss er die Klinke. Yusuke zögerte, sie zu öffnen, als er merkte, dass sein Puls wieder zugenommen hatte und ein merkwürdiges Gefühl ihn durchzuckte. Er konnte es nicht beschreiben, es war, als ob er Hunger hätte und gleichzeitig aber schon total aufgefüllt war. Leise seufzte er, ehe er sich einen Ruck gab, die Türe öffnete und hinaus trat. Er hatte wirklich recht behalten, das Mädchen stand an den Maschendrahtzaun gelehnt, den Blick hinuntergesenkt. Sie schien in Gedanken zu sein, was Yusuke fast schon dazu gebracht hätte, die Terrasse wieder zu verlassen. Aber sie war seine Freundin. Er konnte sie hier nicht stehen lassen und ihrer offensichtlichen Trauer überlassen. Langsam näherte er sich, blieb etwa einen Meter von ihr entfernt stehen. „Hier bist du.“, murmelte der braunhaarige Junge schließlich, „Ich dachte schon, du wärst nachhause gegangen.“, ein wenig verlegen kratzte er sich am Hinterkopf und lachte kurz nervös. „B-Bossun.“, das Mädchen wandte sich fast augenblicklich um, als sie seine Stimme hörte. Man konnte ihr klar ansehen, dass sie sich zwar einerseits über dessen Gesellschaft freute, es aber gleichzeitig als Fluch betrachtet. Schließlich verzog sie ihre Lippe, „Was willst du hier?“ Eine kurze Pause folgte. Sie war wohl für keinen der beiden sonderlich angenehm, denn Himeko blickte ihn ein wenig genervt an, und Yusuke suchte unterdes nach den richtigen Worten. Schließlich zuckte er mit den Schultern und trat neben sie an den Zaun heran, lehnte sich daran, ehe er antwortete: „Hab dich gesucht.“ „Ah-ja?“ „Jap.“ Eine neue Pause. Diesmal länger als zuvor und die einzige Geräusche, die man hören konnte, war jene des Regens, der sanft plätschernd eine absolute Stille verhinderte. „Du hast ihn geschrieben, oder?“, fragte er schließlich leise. Sein Blick war nach vorne gerichtet, aber seine Stimme war fest. „Deshalb hast du auch so reagiert, als ich ihn dir gezeigt habe.“ Himeko schluckte. „Ich…“ „Es tut mir leid.“, murmelte er schließlich und senkte den Blick. „Ich hatte nicht vor, deine Gefühle zu verletzen. Wirklich nicht.“ „Tzz… Irgendwie hatte ich ja geahnt, dass du wissen wollen wirst, wer ihn dir geschrieben hat. Ich schätze, ich bin selbst schuld, dass nun sowohl du, als auch Switch die Wahrheit kennt.“ „Switch…? Aber er hat doch gar nicht…“ „Oh doch. Ich wette, er hat mehr mitbekommen, als du glaubst.“ „Hmm…“ „Naja, ich schätze, damit kann ich das Thema wenigstens abhaken.“, sie streckte sich und blickte gen Himmel, „Das ganze zog sich sowieso schon recht lange hin.“ „Himeko?“ „Hmm?“ „Was fühlst du?“ „W-Was ist das denn jetzt für eine Frage? Ich dachte, das könntest du dir denken, nachdem du den Brief gelesen hast?“, sie seufzte, „Du bist wirklich ein komischer Kerl manchmal…“ Yusuke zuckte mit den Schultern und krallte sich mit seiner Hand in seinem Hemd auf Brusthöhe fest. Gedankenverloren blickte er auf seinen Handrücken und schwieg. „A-Also das ist nicht so wirklich leicht zu erklären. Ich mag dich eben sehr. Ich… also…“, sie fuhr rot an und schluckte abermals. „Es fühlt sich gut an… warm und…", sie brach murmelnd ab und blickte zu Boden. „Gut. Warm.“, wiederholte er leise. „Machst du dich etwa über mich lustig?“, sie schien gereizt, dabei wollte sie nur ihre aufgekommene Unsicherheit überspielen. Andererseits wusste Himeko, dass er sie ja doch durchschauen würde – die beiden kannten sich eben schon zu gut. Sie hob den Blick an und suchte seinen, doch merkte bald, dass er offenbar selbst gerade nicht allzu ansprechbar war. Was blieb ihr in diesem Moment überhaupt noch übrig? Vielleicht sollte ich einfach gehen? Unbeholfen strich sie sich eine Strähne hinters Ohr und blickte zur Türe. Nein, das ist keine Option. Ich will ihn hier nicht einfach alleine stehen lassen. Ihre Hand glitt in ihre Rocktasche und sie zog einen Pelocan heraus. Sie achtete gar nicht darauf, welche Geschmacksrichtung sie erwischt hatte, sondern schob sich den Lollipop einfach in den Mund. „Himeko?“ „Ja?“ Er wandte sich zu ihr um und blickte sie direkt an. Sein Blick machte sie nervös, sodass sie mit ihrer Hand nach dem Stiel des Lollies griff und ihn kurz hinauszog. Als sie die Hand wieder heben wollte, griff Yusuke plötzlich danach und hielt sie fest. Himeko wollte gerade protestieren, da merkte sie, wie er sich ihr näherte. Ihr Herz pochte schneller, immerzu schneller, und ihre Hand sank hinab, als seine Lippen plötzlich ihre berührten. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihrem Körper aus. Es fühlte sich wie ein warmer Schauer an, der ihren gesamten Körper durchströmte und sie vor der Kälte des Regens schützte. Noch nie war sie ihm so nahe gewesen und doch war sie sich nun sicher, dass sie sich aufrichtig in den Braunschopf verliebt hatte. Als sie sich schließlich voneinander lösten, lehnte er seine Stirn sanft an ihre und schloss die Augen. Eigentlich hätte Himeko gerne protestiert, aber sie konnte nicht: Es hatte ihr die Sprache verschlagen. Plötzlich stahl sich ein Grinsen auf sein Gesicht. „Du wirst wohl ewig diese abartigen Lollies essen, oder?“, erst jetzt wurde ihr bewusst, dass er sich nicht – wie sonst immer, wenn er den Geschmack einer ihrer Pelocans schmeckte – übergeben hatte, sondern sie einfach aufrichtig anlächelte. Sie kicherte und nickte schwach. „Ewig.“, antwortete sie. Der Regen hatte die beiden inzwischen vollkommen durchnässt und doch fühlten beide eine wohlige Wärme in sich hochsteigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)