Reise ins Ungewisse von Ishajida ================================================================================ Kapitel 2: Die Söldner ---------------------- Taira seufzte schwer und lange und verfluchte diesen vermaledeiten Tag von ganzem Herzen. Bereits viel zu lange saß sie hier und wartete auf Mara. Hauptmann Taj´Kaar hatte ihr aufgetragen die junge Frau bei ihrer Suche nach dem Elfen zu begleiten. Zum wiederholten Male fragte sie sich, warum er nicht einfach Aidan oder Nefaria hatte schicken können. Die Waldläufer waren schließlich hier in ihrem Element, während sie als Mensch aus einer Großstadt schlichtweg ungeeignet sein sollte. Aber nein, die rothaarige Hexe hatte den Hauptmann solange genervt, bis er schließlich zustimmte. Die beiden Waldläufer waren bereits zum Jagen aufgebrochen, sodass die Ehre ganz bei ihr lag. Dieses vermaledeite… Taira ließ den Satz unvollendet, denn letztendlich war es egal. Taj´Kaar hatte ihr den Befehl erteilt und sie würde folgen. Der Gedanke an Verweigerung kam ihr nicht in den Sinn, dafür war sie zu diszipliniert. Vier Sommer war es nun schon her, seit sie sich den Roten Katzen angeschlossen hatte. Taira lächelte unbewusst. Wie schnell die Zeit doch verflog. Nach dem Tod ihres Vaters war sie lange auf der Suche nach einer Söldnereinheit gewesen, die ihr alles über das Kämpfen beibringen konnte und die Werte von Kriegskunst und Taktik vermittelte. Die damit einhergehende Disziplin hatte sie nie gestört. Ein alter Freund ihres Vaters wurde zu ihrem Mentor und so rutschte sie durch Zufall in die Reihen der Roten Katzen. Nach einigen Wochen war sie bereits einer festen Gruppe zugeteilt, mit der sie auch heute noch gemeinsam durch die Lande zog und dem Hauptmann als Adjutant diente. Im Endeffekt konnte sie sich nicht beschweren, denn an Aufträgen mangelte es nie und die Bezahlung war gut. Den Großteil der fünfzig Mann starken Söldnereinheit hatte sie nie kennen gelernt und sie scherte sich auch nicht darum. Ein Rascheln zu ihrer rechten ließ sie argwöhnisch die Umgebung mustern, doch es handelte sich nur um einen auf fliegenden Vogel. Innerlich beruhigt ordnete sie ihren mit Stahlnieten versehenen Streifenschurz und band sich die langen, blonden Haare aus dem Gesicht. Der aktuelle Auftrag der acht Mann starken Einheit der Roten Katzen war nicht allzu schwer. Ein aus drei schweren Pferdefuhrwerken bestehender Handelszug musste durch das Nebelgebirge gebracht werden. Der Händler und seine sieben Gehilfen waren jedoch nicht die einzigen Mitreisenden. Das rothaarige Miststück, ein eigensinniger Elf und zwei Magier aus einer Stadt im Norden waren ebenfalls dabei. Vor der Abreise hatte es einen nicht unbedeutenden Streit zwischen Taj´Kaar und Borbrrar, dem Leiter der Roten Katzen und ebenfalls vom Volk der Feliamin, gegeben, dem sie auf Geheiß ihres Hauptmanns beigewohnt hatte. Grund für den Zwist der beiden Katzenmenschen war ihre Uneinigkeit über die Anzahl der Söldner gewesen, die den Zug begleiten sollten. Während Borbrrar den Standpunkt vertrat das jeder seiner Männer und Frauen zehnmal soviel wert war wie einer dieser verlausten Goblins und deshalb nicht mehr als fünf Personen benötigt würden, hielt Taj´Kaar mit dem Argument dagegen, das selbst der beste Kämpfer nicht gegen eine große Horde dieser Wesen ankommen könnte. Schlussendlich hatte Borbrrar seinen Kopf durchgesetzt, doch zumindest konnte der Hauptmann ihn davon überzeugen ihm sieben Söldner mitzugeben. Taira war vor der Abreise ebenfalls nicht untätig gewesen. Das Nebelgebirge barg viele Gefahren in Form von Erdrutschen und Steinschlägen. Die Schneestürme auf Höhe des Passes, der gut dreitausend Schritt hoch lag, sollten die schlimmsten im ganzen Reich sein. Doch nicht nur natürliche Gefahren konnten ihnen dort das Leben schwer machen. Goblins, Wölfe und ein Stamm Trolle lebten im Gebirge. Außerdem gab es allerhand Erzählungen und Legenden über Harpyien und Drachen. Taira schauderte. Sie wusste von sich selbst, ohne eitel zu wirken, dass sie mutig war, doch vor dem Kampf gegen einen echten Drachen fürchtete sie sich. Taj´Kaar hatte das Nebelgebirge schon mehrere Male bereist und konnte einige persönliche Berichte über die Gegend anfügen. So erfuhr sie dass die Ausläufer des Gebirges überwiegend aus dichten Laubwäldern bestanden, die zum Gipfel hin abnahmen und durch vereinzelte Nadelbäume ersetzt wurden. Gut fünfhundert Schritt unterhalb des Passes bestand die Umgebung nur noch aus Geröll, durch das sich der Weg in Serpentinen nach oben schlängelte. Plötzlich wurde sie durch gedämpfte Schritte aus ihren Gedanken geschreckt. So leise sie es in ihren beschlagenen, halbhohen Stiefeln vermochte begab sie sich in Deckung und umfasste den schmucklosen Griff ihres Langschwertes, während sie gespannt die Umgebung musterte. Eine sanfte, melodische Stimme ließ sie aufatmen. Mara hatte den Elfen also gefunden. „Kannst du mir verraten, warum du wie ein Nashorn durch den Wald trampelst? Jedes Tier vernimmt dich bereits aus hundert Schritt Entfernung.“ Ein empörtes Schnauben war die Antwort der jungen Frau. „Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, ich habe etwas kürzere Beine als du. Wenn du mir also den Gefallen tun würdest und deine Schritte meinen anpassen könntest, wäre ich dir aufs äußerste verbunden.“ Im nächsten Moment trat Elanvanyandelon in das Sichtfeld der Söldnerin. Der hochgewachsene, schlanke Mann bewegte sich mit geschmeidigen, fließenden Bewegungen, die dem Elfenvolk zueigen waren. Mandelförmige, blaugraue Augen über hohen Wangenknochen musterten aufmerksam die Umgebung und die schmalen Lippen waren zu einem spöttischen Lächeln verzogen. In der rechten Hand hielt er eine dicke lederne Mappe, während er sich mit der linken eine dunkelgrüne Strähne seines hüftlangen Haares hinter das Ohr strich. Die dunkle Kleidung bestand aus Bausch und Leder und war mit hellen Ornamenten bestickt. Unwillkürlich glitt ihr ein Lächeln über die Lippen. Sie war von Natur aus neugierig und so hatte sie es sich nicht nehmen lassen, den Elfen zu seinen Gemälden zu befragen. Für gewöhnlich stand ihr nicht der Sinn nach den schönen Künsten, doch seine Bilder waren beeindruckend. Die Farben wirkten natürlich und verliehen so das gewisse Extra. Sollte sich die Gelegenheit ergeben, so würde sie ihn erneut darauf ansprechen weshalb er so wenige seiner Gemälde verkaufte. Denn das sie ein Vermögen wert waren, dass stand außer Frage. Hinter Elanvanyandelon erschien Mara, die ihm vor Anstrengung keuchend folgte. Taira musste dem Elfen recht geben, die junge Frau trampelte wirklich. Ihre schwerfälligen Schritte hätte selbst sie als Wildnisunkundige bereits von weitem vernommen. Seitdem sie Mara zum ersten Mal gesehen und erlebt hatte, konnte sie sie nicht leiden. Lag es daran, dass die Rothaarige dem Hauptmann so sehr nachstellte oder weil sie eine viel zu große Meinung von sich selbst zu haben schien. Eine Prise Eitelkeit war für Taira in Ordnung, doch Mara strotzte geradezu davor. Elan blieb stehen und warf Mara einen Blick über die Schulter zu. „Entschuldige. Für gewöhnlich reise ich alleine und bin es daher wohl nicht gewohnt mich anderen anzupassen.“ „Schon in Ordnung. Normalerweise kann ich mich recht gut in der Wildnis fortbewegen, doch bei deiner Geschwindigkeit blieb mir nichts anderes übrig als so einen Lärm zu machen.“ Mara verschränkte die Arme vor der Brust. Während Elan ein kurzes Lachen entfuhr, verdrehte Taira in ihrem Versteck die Augen. Überschäumende Eitelkeit war wohl ein besserer Begriff. „Nun gut, lass uns jetzt zurück zum Lager gehen.“ Elan wollte seinen Weg fortsetzen, wurde jedoch von Mara zurückgehalten. „Warte, wir können noch nicht zurück. Taira hat mich begleitet.“ Der Elf nickte und schloss für wenige Augenblicke die Augen. Als er sie wieder öffnete, sah er direkt zum Versteck der Söldnerin. Unwillkürlich musste sie lächeln. „Sie muss hier noch irgendwo sein.“ Mara drehte sich suchend um die eigene Achse. Taira erhob sich und lief langsamen Schrittes auf die beiden zu. Mit einer in Fleisch und Blut übergegangenen, eleganten Bewegung steckte sie ihre Klinge zurück in die Scheide. „Ich bin hier.“ Überrascht sah Mara sie an, bevor sie grinsend in Elans Richtung deutete. „Hab ihn gefunden.“ „Unglaublich.“ Die Stimme der Söldnerin troff vor Spott und sie schenkte der Rothaarigen einen kurzen, abwertenden Blick bevor sie sich an den Elfen wandte. Elan sah ihr unbeteiligt entgegen. „Warum bist du einfach gegangen? Hauptmann Taj´Kaar hatte angeordnet, das keiner ohne Begleitung und seine ausdrückliche Zustimmung das Lager verlassen darf!“ Streng erwiderte sie seinen Blick. Ihr Gegenüber zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ich bin ein Elf. Was soll mir in der Wildnis schon passieren?“ Der unbändige Stolz seines Volkes. Oder war es vielleicht Hochmut? Taira hob tadelnd ihren Zeigefinger. „Es war ein Befehl von Hauptmann Taj´Kaar.“ Sie schüttelte den Kopf und fuhr fort. „Wir sollten das am besten direkt mit ihm besprechen.“ Ohne eine Antwort der beiden abzuwarten, machte sie auf dem Absatz kehrt und lief in Richtung des Lagers. „Sie hat recht Elan. Lass uns endlich zurückgehen.“ Taira glaubte ihren Ohren nicht. Die rothaarige Hexe hatte ihr tatsächlich zugestimmt. Während die beiden Frauen sich bereits an den Rückweg machten, blieb Elanvanyandelon noch einen Moment länger stehen. Erneut schloss er die Augen und konzentrierte sich auf seine Umgebung. Nach wenigen Augenblicken schüttelte er den Kopf und folgte den beiden Frauen. Scheinbar spielten ihm seine Sinne einen Streich, denn er hatte geglaubt das Hecheln eines Wolfes vernommen zu haben… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)