Boku wa shiritai aisurutte donna koto von Kirihara_Kayare ================================================================================ Kapitel 7: Yuki-ou ------------------ Liebe mich dann, wenn ich es am wenigsten verdient habe, denn dann brauche ich es am meisten. (unbekannter Autor des Zitats) Jemanden vergessen wollen heißt an ihn denken. (Jean de la Bruyère) Die Königin war schwach. So schwach, dass sie nicht mehr aufstehen konnte. Yuhin hatte gesagt, sie sei so krank geworden, weil sie sich Sorgen um Ryo machte. Das war nicht wahr. Nicht ganz. Die Sorgen um Ryo machten es nur etwas schlimmer, als es so schon war. Ryo sah widerwillig zur Königin, als diese sich vorsichtig in ihrem Bett aufsetzen wollte. Es gelang der Frau nicht. Ryo hatte sie immer so bewundert, jetzt war sie so schwach. Die stärkste Magierin dieses Landes war so schwach geworden. In nur so wenigen Tagen. “Wo habt Ihr eure Magie gelassen, Yuki-ou?” Ryos Stimme klang kalt. Ihr Gesicht war leer, emotionslos. Und doch glühten ihre Augen. Das war diese unverwechselbare Art ihrer Augen, nach Hilfe zu schreien. Yuki kannte diesen Blick inzwischen gut genug, hatte sie ihn doch sechs Jahre lang Tag für Tag immer sehen können. Dieser Schrei nach Liebe, nach wahrer Liebe, nach Geborgenheit, nach Fürsorge. All das wollten Yuri und sie dem Mädchen geben. Und ein einzelnes Gespräch der Schwestern hat sie zum Scheitern verurteilt. Sechs Jahre, und alles war dahin, weil Ryo sie gehört hatte. “Ryo...” Die Stimme der Königin drang kaum an Ryos Ohr. Es war nur ein sanfter Hauch, mit dem sie diesen Namen aussprach. Diesen Namen, den sie und Yuri dem Mädchen gaben, dass sie gefunden hatten. “Ryo, verzeih mir.” Tränen standen in den grünen Augen der Königin. Aber Ryos Mimik änderte sich nicht. Ihr Gesicht blieb weiterhin kalt und leer. “Wo ist Eure Magie?” , fragte Ryo erneut. Yuki hielt die Tränen zurück. Sie wandte den Kopf ab, sah hoch zum Baldachin des schmuckvollen Himmelbettes. “Ich habe die meiste Magie an Yuhin gegeben. Damit er dich mit dieser Magie weiter beschützen kann.” , antwortete Yuki leise. Ein sanftes Lächeln huschte über ihr blasses Gesicht. “Ich brauche niemanden, der mich beschützt.” , sagte Ryo ruhig. Sie wandte sich ab und ging. Yuhin saß am Bett seiner Mutter. Die ganze Zeit über hielt er ihre Hand. Diese schlanke, zarte Hand, die ihn doch Jahre lang immer beschützt und behütet hatte. “Ich wünschte, Ryo wäre hier, Mutter.” Die Königin sah ihren Sohn liebevoll an, als er diese Worte betrübt hervorbrachte. Dann löste sie ihre Hand aus der ihres Sohnes, erhob sie langsam und strich ihm vorsichtig übers Haar. “Yuhin. Ryo braucht jetzt Zeit.” , erklärte sie ihrem Sohn. Der sah sie an. “Zeit? Wofür? Ich wünschte, sie würde sich entschuldigen und einsehen, dass sie falsch liegt.” Yuhin nahm die Hand seiner Mutter vorsichtig, aber bestimmend, von seinem Kopf. “Eigentlich hat sie deine und Yuris Liebe nicht verdient.” “Sag sowas nicht, Yuhin. Grade jetzt, wo sie selbst so sehr Hass auf sich selbst fixiert, braucht sie unsere Liebe mehr als je zuvor. Versteh sie doch bitte, Yuhin.” Yuki sah in Yuhins Augen, wie sehr ihm diese liebevollen Worte seiner Mutter schmerzten. Er würde Ryo schon noch verzeihen können. Egal, was passiert, Yuki wusste es. Sie hoffte, sie wünschte es sich. Die Tage vergingen. Oder eher, sie flossen dahin, zäh wie ein altes Kaugummi dehnte sie sich. Jede Sekunde, die Ryo im Schloss war, wurde es für sie unerträglicher. Aber Yuri-san hatte sie mitgenommen, jetzt, wo es Yuki-ou immer schlechter ging. Yuri meinte immer noch, dass alles ein gutes Ende nehmen könnte, aber Ryo hatte längst erkannt, das es keine Hoffnung mehr gab. Nicht für Yuki-ou, nicht für Yuhin, dem das Herz durch den Tod seiner Mutter sicher brechen würde. Nicht für sie, die sie sich ihr Leben selbst verbaute, indem sie sich abschottete. Ryo stand etwas abseits von Yuri-san, die sich leise mit dem König über das Befinden ihrer Schwester unterhielt. Das Mädchen stand mehr genervt an einer Steinsäule gelehnt da und starrte den Gang hinunter, in Richtung des Schlafzimmers der Königin. Sie hatte seit einigen Tagen immer dieses Gefühl, genau zu wissen, wo Yuhin war. So war sie ihm die letzten Tage immerzu ausgewichen. Sie wusste nicht, ob es daran lag, dass er stärker geworden war, oder ob vielleicht Yuki-ou irgendwas damit zutun hatte. Aber sie merkte, dass ihr komisches Gespür für Yuhins Anwesenheit langsam stärker wurde und sogar begann, andere Menschen zu betreffen. Sie dachte sich, dass das vielleicht irgendwann praktisch sein könnte. Irgendwann kam Yuhin den Gang entlang. Sie spürte, wie er langsam näher kam. Es war, als würde seine Seele die Beschaffenheit der Luft ändern oder einen großen Druck auf sie ausüben, der immer größer wurde, je näher er kam. Und dann stand er fast direkt vor ihr und sah ihr mit verweinten, goldgelben Augen entgegen. “Was weinst du, Yuhin? Noch ist sie nicht tot.” Ryos Worte waren kalt, distanziert. Erschreckend. Yuhin biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut loszubrüllen, dass sie die Klappe halten solle. Aber ihr kühles, ausdrucksloses Gesicht machte ihn wütend. Er wollte sie immer beschützen. Nur dafür war er stark geworden. Und jetzt hatte sie sich so verändert. “Tse.” Ryo wandte abweisend den Kopf zur Seite hin ab. Und in dem Moment platzte Yuhin für einen kurzen Augenblick der Geduldsfaden. Ohne groß nachzudenken, stürzte er sich auf Ryo, warf sich mit ihr zu Boden und holte zu einem Schlag auf ihr Gesicht aus. Kurz vor ihrem Gesicht brachte er aber seine Faust zum Stoppen. “Wieso erschreckst du nicht, wenn ich dich schlagen will?” , fragte er. Seine Faust hielt er noch immer vor ihr Gesicht, auch wenn er schwächer gewesen wäre, der Schlag hätte noch kommen können. Sein Blick fixierte ihren. Goldene Augen versanken in roten. “Schlag mich doch, Yuhin. Ich mach mir da nichts draus.” , entgegnete Ryo so kalt, wie sie in den letzten Tagen immer sprach. Yuhin hasste es, seine beste Freundin, das Mädchen, das er so gern gehabt hatte, so reden zu hören. Die Faust ruckte vorwärts. Und schlug knapp neben ihrem Gesicht auf den Boden. Yuhins Fingerknöchel schmerzten. “Wieso, Ryo? Wieso willst du nicht über alles reden?” Seine linke Hand, die Ryos Schulter umfasst hatte, zitterte und er krallte seine Finger in ihre Kleidung, um es zu unterdrücken. “Es gibt nichts zu reden, Yuhin.” Ryo sah ihn an. Und er fühlte sich wie ein Eisklotz. So eisig war ihr Blick für ihn. Und dann stand er auf. Er wollte ihr aufhelfen, doch sie war schon selbst aufgestanden und längst auf dem Weg den Gang hinunter. “Wo willst du hin?” , rief Yuhin ihr nach. Seine Stimme klang besorgt. Der Gang, den sie langgehen wollte, führte doch zum Zimmer seiner Mutter. “Yuki-ou besuchen.” , war Ryos Antwort. Sie hatte sich nur halb im Gehen umgedreht, den Kopf gesenkt gehalten. Dadurch konnte Yuhin ihre Augen nicht sehen. Aber aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, sie waren bei diesen Worten nicht so kalt gewesen, wie zuvor. Es klopfte an der Tür. Und dann wurde sie leise aufgeschoben, ohne dass Yuki dem Besucher Einlass gewährt hatte. Sie hatte eh gewusst, wer vor der verschlossenen Tür stand. “Du siehst aus, als würde es dir nicht gut gehen, Ryo.” , bemerkte sie sanft lächelnd. Ryo kam schweigend an das Bett und sah die Königin an. Yukis Blick war durch die Krankheit immer trüber geworden und die einst so schönen, grasgrünen Augen waren nur noch schwach grün und dunkel. Die eh immer blasse Haut war noch blasser und durchscheinender geworden. Und doch lag dieses sanfte Lächeln auf ihren schmalen, ebenfalls blassen Lippen. “Yuhin hat mich angemault, dass ich so ein Theater abziehen würde. Aber das stimmt nicht. Ihr habt alle unrecht.” , murrte Ryo und sah dabei zur Seite. Yuki streckte ihre Hand vorsichtig aus. Diese kleine Bewegung kostete ihr viel Kraft, aber sie wusste ja nicht, wie viel Zeit ihr sonst noch mit Ryo vergönnt war. Mit schwachem Griff umfasste sie das Handgelenk des Mädchens. “Ryo, weißt du, was du jetzt brauchst?” , fragte sie das Mädchen. Ryo schüttelte den Kopf, sah sie aber noch immer nicht an. Yuki lächelte immer noch sanft, aber inzwischen lag auch Mitleid in ihrem Gesichtsausdruck. “Du brauchst Gefährten, die dich so annehmen, wie du bist, Ryo.” , erklärte sie. “Ich brauche niemanden!” , rief das Mädchen sofort aufgebracht und sah der Königin dabei unwillig in die Augen. Sofort zuckte sie zusammen, als ihr Blick auf den sanften der Königin traf. Sofort sah sie wieder zur Seite. “Stimmt, Ryo. Du brauchst niemanden. Wenn du so bleiben willst, wie du bist.” Der Griff der Königin löste sich von ihrem Handgelenk und Ryo hörte, wie die Hand das Bettlaken zum Rascheln brachte, als sie abgelegt wurde. “Yuki-ou, was meint Ihr mit Gefährten?” Ryo sah die Königin verständnislos an. Aber die Königin schloss nur lächelnd die Augen. “Eines Tages wirst du mich verstehen, Ryo.” , flüsterte Yuki. Bald darauf schlief sie ein. Das Gespräch schien sie erschöpft zu haben. “Ich werde Euch nie verstehen, Yuki-ou.” , flüsterte Ryo, als sie leise den Raum verließ, darauf bedacht, Yuki nicht mehr aufzuwecken. Aber in dem Moment wusste Ryo schon, dass die Königin wahrscheinlich nie wieder aufwachen würde. Ryo hatte es gespürt. Wie schwach die Königin wirklich war. Und langsam verstand das Mädchen. Yuki hatte all ihre Kraft auf Yuhin und Ryo verteilt, damit beide ihre von Yuki zugedachte Aufgabe erfüllen können. Und Ryos Aufgabe hieß, herauszufinden, wer sie war. Hosted by Animexx e.V. 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