Schuld - Bis du mir verzeihst... von Phase (RobertxJohnny) ================================================================================ Kapitel 2: Erkenntnis --------------------- Schuld - Bis du mir verzeihst... Erkenntnis Die nächsten Tage hörte Robert nichts mehr von Johnny, obwohl er ihn mehrmals anrief, ihm e-Mails und ein paar Briefe schrieb und mit seinen Eltern sprach. Erst nach 15 Tagen bekam er wieder etwas von dem Schotten mit, was ihm jedoch lieber erspart geblieben wäre: Der gescheiterte Selbstmordversuch Johnnys ging mehrere Tage durch die Presse und auch Enrico und Oliver erkundigten sich inzwischen, was jetzt eigentlich genau zwischen den Beiden vorgefallen war, dass es sie beide so aus der Bahn warf. Als sie Robert – da dieser ihnen partout nicht sagen wollte, was geschehen war – aufforderten, die Sache mit Johnny zu klären, wies er sie darauf hin, dass es eben das Problem war, dass er die Sache geklärt hatte. Robert versuchte die folgenden Wochen weiterhin Kontakt zu Johnny aufzunehmen; vergeblich. Das Einzige, was er von nun an über Johnny erfuhr, bekam er über die Zeitungen mitgeteilt oder hörte es auf der Straße von irgendwelchen Leuten, die sich unterhielten. Nun, die Tatsache, dass er keinen Alkohol mehr trank brachte ihm seinen besten Freund auch nicht wieder zurück, aber es verschaffte ihm die Gewissheit, dass ihm etwas derartiges nicht noch einmal passieren würde. Robert sah ein, dass Johnny nichts mehr von ihm wissen wollte und ging ihm nun ebenfalls aus dem Weg. Allerdings schrieb er dem Schotten dennoch hin und wieder einen Brief und hoffte jedes Mal auf eine Antwort. Nach ein paar Monaten häuften sich die Artikel über Johnny in der Klatsch und Tratsch-Presse. Er fiel durch häufige Frauengeschichten – wobei es sich meist um 16-Jährige Mädchen handelte – auf, durch ständige Partys und ein plötzliches, übertriebenes Luxusleben in der Öffentlichkeit. Sieben Jahre lang hatte Robert Johnny nicht mehr gesehen und auch nicht mit ihm gesprochen. Und das, obwohl er recht häufig in Glasgow war. Seine jüngere Schwester lebte dort mit ihrem Ehemann und ihren beiden Söhnen, die er recht oft besuchte. Es war nicht so, dass er permanent an Johnny dachte, inzwischen eigentlich sogar eher selten, aber wenn er einmal an seinen ehemaligen besten Freund dachte, dann schmerzte es tief in seinem Inneren, weil er wusste, dass er damals einen schwerwiegenden Fehler begangen hatte, den er sich selbst wohl am wenigsten verzeihen konnte. Er hatte Johnny die Wahrheit gesagt, er hatte nie etwas für ihn empfunden, was in Richtung Liebe einer festen Beziehung ging. Aber er konnte verstehen, dass die Art und Weise der Klärung, die Johnny so furchtbar verletzt hatte, und die Tatsache, dass es überhaupt zu einem derartigen Problem gekommen war, seine Schuld waren. Roberts Schwester Sonja hatte in ihrer Wohnung inzwischen schon fast ein eigenes Zimmer für Robert, obwohl dieser sich anfangs geweigert hatte direkt in Sonjas Haus unterzukommen und stattdessen in einem Hotelzimmer übernachtet hatte, um nicht unnötig zur Last zu fallen. Sonjas Dickköpfigkeit hatte allerdings am Ende gesiegt und so übernachtete er – zur Freude seiner beiden Neffen – eben doch dort. Da der Vater der beiden Jungen oft länger arbeitete und auf Grund seiner Arbeit oft lange unterwegs war, sprang er sozusagen immer als eine Art Ersatzvater ein. Robert hingegen hatte noch keine eigene Familie gegründet. Einige Zeit lang war er mit einer liebenswürdigen Frau namens Sophie verlobt gewesen, doch sie hatten sich wieder getrennt, obwohl Robert sie sehr geschätzt hatte. Es fiel ihm schwer, jemanden wirklich an sich heran zu lassen ohne das Gefühl zu bekommen ihm bald unheimlich weh zu tun. Obwohl Robert oft hoffte, dass Johnny ihm irgendwann einmal zufällig über den Weg lief, und er so vielleicht die Gelegenheit bekam ihn um Verzeihung zu bitten, wusste er, wie unwahrscheinlich das in einer Großstadt wie Glasgow war. So war es auch nicht sonderlich überraschend, dass er Johnny seit über sieben Jahren nicht mehr gesehen hatte. Der Deutsche hatte immer geglaubt, alle Lieblingsplätze Johnnys zu kennen, vor allem das kleine Café, in dem sie sich grundsätzlich getroffen, gegessen und sich unterhalten hatten, hatte er als solches angesehen, aber Johnny ließ sich auch dort nicht mehr blicken. Wahrscheinlich hatte der Schotte mit Robert und damit auch mit allem, was er mit ihm in Verbindung brachte, abgeschlossen. Es war der vierte Juni, ein warmer, sonniger Tag und Robert saß zeitungslesend auf der Terrasse des zuvor genannten Cafés. Neben ihm auf dem Tisch stand sein Cappuccino, den er bestellt hatte. Er hatte es sich angewöhnt mit dem Rücken zur Straße hin zu sitzen, damit er nicht immer wieder in Versuchung kam, nach Leuten Ausschau zu halten, die er kannte. Vertieft in den Text, den er gerade las, blätterte er um und griff nach seiner Tasse um einen Schluck zu trinken. „Darling, wartest du schon lange auf mich?“ Der erfreute Ruf hallte über den Platz und Robert verdrehte leicht genervt die Augen. Warum mussten Verliebte eigentlich immer so laut sein? Mit einem leisen, wehleidigen Seufzen wandte er sich wieder seiner Zeitung zu, musste jedoch feststellen, dass das Liebespaar eindeutig irgendwo direkt hinter ihm stand, da er ihre Unterhaltung – ohne es zu wollen – dennoch mitbekam. „Nein, ich bin erst eben gekommen...“ Nun, Robert wusste, dass es sich nicht gehörte irgendjemanden zu belauschen, aber er konnte nicht verhindern, dass er zumindest Fetzen des Gespräches mitbekam. „Ich weiß, du redest nicht gerne über so was, aber ich muss endlich mal mit dir darüber reden...“, meinte die Frau nach kurzer Zeit zögerlich. „Worüber denn?“, erkundigte sich der Mann und klang dabei leicht verwirrt. Robert jedoch kam es eher so vor, als hatte er irgendetwas in seinem Unterton, was bezeugte, dass er es sehr wohl wusste. Die Frau schien dies jedoch nicht zu bemerken und erklärte ihm ihre Gedanken. „Weißt du, auf meiner Arbeit munkelt man darüber, dass du... nun ja... eine Frau nach der anderen hast... ich...“, sie brach ab, allem Anschein nach hatte ihr Gegenüber sie durch eine Geste zum Schweigen gebracht. „Du glaubst doch nicht etwa diesen Gerüchten? Die Frauen in deiner Firma sind nur eifersüchtig auf uns...“ Roberts Ansicht nach war das eine glatte Lüge. Zumindest schloss er das aus dem Tonfall, doch die Verliebte schien von alldem nichts zu merken. „Wenn das so ist...“, der freudige und erleichterte Unterton war nicht zu überhören, „Was machen wir denn heute?“ „Was immer du möchtest, Schatz.“ „Wir könnten etwas Essen gehen...“ „Gute Idee. Wohin möchtest du denn zum Essen gehen?“ „Am liebsten in das neue Sushirestaurant...“ Robert musste unweigerlich grinsen, wenn er an Johnnys Einstellung zu japanischem Essen dachte. Er hatte Johnny einmal in ein japanisches Nobelrestaurant eingeladen und der Schotte hatte sich den ganzen nächsten Tag schlecht gefühlt und sich mehrmals übergeben. Seitdem hatte er keinen Schritt mehr in ein asiatisches Restaurant gesetzt. Wiederum erwische sich Robert dabei, wie er mit seinen Gedanken abschweifte. Verflucht! Die letzten Jahre hatte er kaum an Johnny gedacht... und plötzlich wanderten seine Gedanken immer wieder zu dem Schotten. Es war ihm unangenehm, wieder dauerhaft an seinen Fehler erinnert zu werden. „Ach, weißt du Schatz, Sushi... nun ja, es bekommt mir nicht sonderlich. Willst du nicht lieber etwas anderes essen?“ Der Deutsche blinzelte kurz und grinste dann bitter, als er über die Wahrscheinlichkeit nachdachte, dass Johnny da hinter ihm stand. Konnte das wirklich ein Zufall sein? „Italienisch“, kam die Antwort von der Frau. „Ah, das trifft sich gut...“, meinte der Mann, „Ich kenne hier in der Nähe ein wirklich grandioses Restaurant. Hier entlang...“ Es gab nur eine einzige Chance, sich zu vergewissern, und das war nun mal, die Gelegenheit zu nutzen, die sich ihm gerade bot, sich umzudrehen und zu sehen, wer hinter ihm gestanden hatte. Ein flüchtiger Blick über seine Schulter würde schon niemandem auffallen... Zögerlich wandte er seinen Kopf um und er entdeckte die beiden auch ziemlich schnell, da sie, trotz ihres Aufbruchs, noch relativ nahe bei ihm waren. Exakt in diesem Moment fiel der blondhaarigen, recht schlanken Frau etwas herunter und der Mann, dessen Haare zwar ebenso rot wie Johnnys, jedoch recht kurz und in alle möglichen Richtungen gestylt waren, beugte sich hinunter, um es aufzuheben; und das war exakt der Moment, da er sich umdrehte und ihre Blicke sich für einen kurzen Moment trafen. Es war genau in diesem Moment, dass das Gesicht des anderen Mannes entsetzt, fast schockiert wirkte und Robert sich bestürzt einfach wieder seiner Zeitung zuwandte. Sein Herz raste förmlich und er konnte seinen Herzschlag deutlich in seinen Ohren hören, sofern das Blut einen Augenblick lang nicht so laut rauschte. Es gab keinen Zweifel. Es musste einfach Johnny gewesen sein. Und er hatte sich stark verändert. Nach dem unfreiwilligen Auffinden Johnnys war Robert der Appetit gänzlich vergangen und die ganze Zeit spukte ihm Johnnys Gesichtsausdruck im Kopf herum. Er hatte auf der einen Seite peinlich berührt, entsetzt gewirkt. Auf der anderen Seite verärgert und herablassend. Und Letzteres hatte Robert wieder deutlich seinen Fehler erkennen lassen und ihm wurde klar, dass das, was Johnny nun war, alleine seine Schuld war. Gedankenversunken war er danach eine Weile in der Gegend herumgelaufen, um etwas für sich zu sein und seine Gedanken ein wenig in Ordnung zu bringen. Es mussten mehrere Stunden gewesen sein, denn inzwischen wurde es dunkel. Mit einem leisen Seufzen trat er in eine der beleuchteten Einkaufsunterführungen. Erstaunlicherweise war nicht sonderlich viel los, was eigentlich für Glasgow trotz der späten Uhrzeit, recht untypisch war. Ein paar wenige Leute kamen ihm entgegen, doch nachdem sie den Gang verlassen hatten, war er wiederum fast alleine. Er blickte sich nachdenklich um und sein Blick blieb an einem der Schaufenster hängen: Ein Geschäft für Edelklamotten für populäre Leute, die sich so etwas leisten konnten. Robert erinnerte sich daran, zuvor bereits an dem Laden vorbeigelaufen zu sein, er musste ziemlich viele Stockwerke haben. Gerade als er sich zur Seite drehen wollte, stieß er beinahe mit jemandem zusammen. „Sorry“, murmelte er, erstarrte jedoch im nächsten Augenblick; ebenso sein Gegenüber, das dann jedoch vom einen Moment auf den nächsten wütend wurde. „Verfolgst du mich jetzt oder was?“ Robert blinzelte nur verwirrt. Er war absolut nur durch Zufall hier vorbeigekommen und hatte Johnny auch seit dem Nachmittag nicht mehr gesehen. „Lass mich gefälligst in Ruhe!“ Der Schotte wollte an ihm vorbeieilen, da schaffte es Robert endlich zu sprechen: „Johnny, ich...“ Der Schotte fuhr herum und funkelte ihn zornig an. „Was ist? Willst du wieder Sex?“ Im nächsten Augenblick hatte er den Deutschen gegen das Schaufenster gepresst und der Blick auf Johnnys Gesicht wandelte sich völlig. Er wirkte nun nicht mehr wütend, sondern einfach nur noch lüstern. „Wie hättest du es denn gerne? Aber ich will dir gleich sagen... billig wird es für dich sicher nicht!“ Robert spürte ein unbeschreibliches Kribbeln im Bauch, das ihm unheimlich unangenehm war, ausgelöst durch eine ebenso unerträgliche Situation, die einem Albtraum hätte entspringen können. Aber es war real. Als Johnny noch ein Stückchen näher kam, zog sich Roberts Magen unangenehm zusammen und er schluckte hart. Er wusste, dass Johnny es absolut nicht ernst meinte, dass er mit ihm spielen, ihn verletzen wollte, um sich so zu rächen. Und obwohl Robert sich schuldig fühlte, bezweifelte er, dass es der richtige Weg war, sich Johnny zu ergeben und sich dafür noch schlechter zu fühlen. Johnnys Atem war angenehm warm an seiner rechten Wange und das Gewicht seines Körpers drückte ihn immer noch gegen das Fenster. Doch seine Hände hatten sich inzwischen von seinen Schultern gelöst und suchten sich ihre ganz eigenen Wege. Während seine linke Hand nach oben wanderte, um Robert im Gesicht zu berühren, spürte Robert deutlich die andere in seinem Schritt, wie sie zupackte. Es war erstaunlich, dass die Berührungen in ihm zwar Unbehagen auslösten, aber nichts in ihm gegen das, was Johnny tat, protestierte. Er empfand es sogar fast als schön Johnny in seiner Nähe zu haben. Auch wenn dieser ihn hasste und gerade dabei war an ihm herumzumachen, einfach nur um ihn in irgendeiner Weise zu erniedrigen. Aber zumindest ignorierte er ihn nicht. Als Robert seine Hand hob, um Johnny zu berühren, um sich zu vergewissern, dass ebenjener wirklich vor ihm stand, schreckte dieser zurück und starrte ihn entsetzt an. Allem Anschein nach hatte er absolut nicht damit gerechnet, dass Robert es wagen würde irgendetwas zu tun. Ohne ein weiteres Wort rannte der Schotte davon und Robert blickte ihm schweigend hinterher. ~*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)