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Sei ein Mann!

von

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Montag

Montag, 30.5.

18:45 Uhr

Haus der Familie Wheeler
 

Joey lag auf seinem Bett und machte einen ganz bestimmte Sache, die die meisten Männer besonders gerne machen. Genau, Ybox spielen! Nicht etwa sich um die Unterlagen und Dokumente in Briefumschlägen auf seinem Schreibtisch kümmern wie er es eigentlich hätte tun sollen. Aber dazu später mehr. Das Zimmer befand sich in einem katastrophalen Zustand, hier ein kleiner Einblick: Offiziell lag Joey auf seinem Bett, doch man könnte es ebensogut als „Socken-und-sonstige-Wäsche-Ablage“ bezeichnen, auf der der schlaksige Teenagerkörper (Verzeihung, mit seinen gerade noch 19 Jahren fühlte sich der Herr natürlich nicht mehr als solcher, doch der Definition nach ist dies hier der richtige Terminus) gerade eben Platz fand. Neben der Schlafstätte fand sich eine beachtliche Menge an Plastikflaschen, teilweise mit – teilweise ohne Cola- Fanta- und Wasserreste. Dem geübten Auge entging darüber hinaus nicht der Wäscheberg in der Ecke rechts von der Tür, hübsch dekoriert mit einer leeren Pizzaschachtel, ein paar Kaffeetassen und zwei Tellern mit einem Rest von etwas, das früher vielleicht mal Spinat gewesen sein könnte. Vielleicht aber auch nicht. Diverse verstreute Mathe-, Physik-, Geschichts- und Englischbücher sowie mindestens ein Dutzend wild bekritzelte Collegeblocks und Schulhefte – alles Zeugen einer gerade abgeschlossenen stressigen Zeit voller Abiturprüfungen – komplettierten das Gesamtbild.

Man konnte nicht sagen, dass Joey faul gewesen wäre, denn er hatte es geschafft, sich im Laufe der Oberstufe von einem mittelmägigen bis schlechtem Schüler zu einem soliden Zweierkandidaten zu mausern, in seinen Leistungskursen Mathe und Physik sogar mit gelegentlichen Höhenflügen zur 1- in Klausuren. Warum also dieses Chaos? Der Zustand in Joeys Zimmer stellte an diesem Tag eine hervorrangende Abbildung des Gemütszustandes seines Bewohners dar. Um das zu erklären müssen zunächst wir ein paar Tage zurückspulen.

Freitag

Freitag, 27.5.

12:15 Uhr

Bäckerei Ernstemke (Kunde Horst verlässt gerade den Laden)
 

„Puh, damit wär die mündliche auch weg. Jetzt nur noch die Ergebnisse abwarten und das Thema Schule ist durch, Alter.“ Nach der mündlichen Prüfung im gemeinsamen Englischkurs saßen Yugi und Joey in der Bäckerei, die gleich bei ihrer Schule um die Ecke war, und machten sich über den letzten Rest Kaffee in ihren Tassen her (Nach vielen Wochen Lernstress war das Blut in ihren Adern vermutlich bereits schwarz). „Vergiss nicht den Abiball“, lachte Yugi. „Erst danach sind wir endgültig entlassen.“ – „Ja, da kommen wir wohl nicht drumrum“, seufzte Joey und streckte sich auf seinem Stuhl. „Naja, ich hau dann jetzt ab. Muss heute noch 'ne Schicht bei Joey’s Pizzeria schieben und will vorher noch nach Hause essen und so... ey ich sag’s dir, wenn der verdammte Laden mir gehören würde, könnten die Angestellten sich auch mal umsonst 'ne Pizza gönnen. Wir sehen uns morgen, oder Yugi?“ – „Ja genau, um acht am Cinemorizz. Bis dann!“ Damit verließen die beiden den Backwarenladen und der eine ging nach links, der andere nach rechts (um das Rätsel aufzulösen: Yugi nach rechts zum Bus, Joey nach links zu seinem Auto).
 

Eine halbe Stunde später saß Joey frisch geduscht in der Küche und ließ sich ein Sandwichtoast schmecken. Drauf noch ein Klatsch Ketchup und das Mahl war perfekt. Er hatte noch eine knappe Stunde Zeit bevor er sich auf den Weg zu seinem Nebenjob machen musste, also knallte er sich auf die Couch im Wohnzimmer, legte die Füße hoch und zappte durch die Fernsehprogramme. Eisbär, Einhorn&Co... Drei bei Kallwass... Rein in die Schulden... Männertausch... Meine neue Leber XXL... Wie immer um die Uhrzeit: Nur Mist. Aber genau richtig um abzuschalten. Nach zwanzig Minuten hirnloser Berieselung entdeckte er dann tatsächlich noch eine Folge Two and ¾ Men und als die zu Ende war, erhob er sich ächzend wie ein alter Mann und schwang sein Hinterteil hinaus aus dem Haus und hinein ins Auto. 7-Stunden Schicht als Pizzalieferant, mann da freute er sich jetzt aber drauf... nicht. „Elende Ausbäuter“, murrte er und schaltete das Autoradio ein. Und zwar exakt 3,5 Sekunden zu früh, um eine junge Frau auf dem Bürgersteig seinen Namen rufen zu hören. Da er sich zudem vorbildlich auf die Straße konzentrierte entging ihm auch ihr Rudern mit den Armen und so setzte er seine Tagesplanung ohne Störungen ganz nach Stundenplan fort, absolvierte seine Schicht bei Joey’s Pizzeria, quatschte mit den Kollegen, kassierte ein bisschen Trinkgeld, schlug ein eindeutiges Angebot einer älteren Dame, die es eindeutig nötig hatte, dankend aus und machte sich um kurz nach 22 Uhr wieder auf den Heimweg.
 

Zu Hause empfing ihn sein Vater mit mittelmäßiger Laune (er hatte einen neuen Job und musste sich erst wieder an das frühe Aufstehen gewöhnen, daher verziehen ihm seine Kinder seine gelegentliche Verstimmtheit, froh, dass er wieder etwas tat). „Da klebte ein Zettel für dich an der Haustür als ich nach Hause kam, Junge. Is’ in deinem Zimmer.“, grummelte er. „Danke“, erwiderte Joey. „Wie war die Schicht?“, fragte sein Vater mäßig interessiert. „Okay. Wie war die Arbeit?“ – „Gut.“ Joey war schon halb auf dem Weg in sein Zimmer. „Haste was gegessen?“, fragte sein Vater noch. „Ja.“ – „Gut.“ Joey machte sich auf den Weg in sein Zimmer und kam an seiner Schwester vorbei, die es offenbar eilig hatte. „Wo willst du denn noch hin?“, fragte Joey. „In die Disco mit Tea.“, verkündete Serenity fröhlich. „War 'ne spontane Idee, kommst du mit?“ – „Nee lass mal, aber viel Spaß und grüß Tea von mir, ja?“ – „Danke, mach ich, bis morgen!“ – „Sekunde, Serenity!“ – „Ja?“ Wortlos zeigte Joey auf ihr Decoltee. „Jaja...“ Genervt verdrehte Serenity die Augen, knöpfte den obersten Knopf ihrer Bluse zu und gab ihrem Bruder einen Kuss auf die Wange. „Ich weiß ja, dass du dir nur Sorgen machst, aber manchmal nervst du ganz schön, Joey!“ Und futsch war sie. In seinem Zimmer schaltete Joey als erstes den Laptop ein und besuchte seine Facenewspaper Seite. Nichts interessantes. Nach einer Weile Surfen klappte er den Computer wieder zu und wollte schon vom Schreibtisch aufstehen, da fiel sein Blick auf einen Zettel. Achja, den hatte sein Vater erwähnt. Es war ein kleines weißes Stück Papier mit Teresafilmresten. Joey drehte es mit zwei Fingern um und wenn er jetzt etwas im Mund gehabt hätte, hätte er sich dramatisch daran verschlucken können, doch so stieß er nur einen hastigen Laut des Erstaunens aus, ein beherztes „Oh!“. Denn auf der Rückseite des Zettels stand folgendes: „Hey Joey, bin in der Stadt. Ruf mich mal an! Mai“ Und darunter eine Handynummer.

Joey starrte auf den Zettel. Doch so viel er auch starrte, die Buchstaben und Zahlen auf dem Zettel veränderten sich nicht. In dieser Nacht fiel es Joey außerordentlich schwer einzuschlafen.

Samstag, 1. Teil

Samstag, 28.5.

16:44 Uhr

Wieder im Haus der Familie Wheeler
 

“Hallo?“

„Äh, ja... Mai? Ich bin’s Joey.“

„Dann hast du also meinen Zettel gefunden, das ist gut. Gestern Mittag hab ich dich leider ganz knapp verpasst, da saßt du im Auto.“

„Oh, da war ich auf dem Weg zur Arbeit.“

„Achso.“

„Ja. Wie hast du mich eigentlich gefunden?“

“Ihr steht im Telefonbuch. Aber da ging keiner ran.“

„Achso. Klar. Mein Vater arbeitet wieder.“

„Gut für ihn!“

„Ja.“

„Hör mal Joey, ich würde mich gerne mit dir treffen. Ich möchte dir ein Angebot machen, das für dich sicher interessant sein könnte. Hast du in den nächsten Tagen mal Zeit?“

„Äh, schon. Um was geht es denn?“

„Das sollten wir lieber persönlich besprechen.“

„Na gut. Wie wär’s mit heute Abend? Ach nein, da bin ich schon verabredet... morgen abend? Ja oder jetzt sofort, wie du willst.“

„Ich hole dich in einer Stunde ab.“

„Okay. Na dann. Also bis gleich.“

„Bis gleich“.

Joey hörte ein Klicken am anderen Ende der Leitung. Seltsames Gespräch. Ein Angebot also. Joey dachte an seine letzte Begegnung mit Mai, das Duell der Schatten. Und als alles vorbei gewesen war, tja, da war sie verschwunden und sie alle hatten nie wieder etwas von ihr gehört – bis heute.
 

Eine Stunde später hatte Joey geduscht, sich drei Mal umgezogen, etwas gegessen, Zähne geputzt und sich schließlich vor dem Spiegel im Flur eingefunden, vor dem er jedem, der sich in Sichtweite des Spiegels befunden hätte, einen hocherotischen Anblick geboten hätte. Davon war er zumindest überzeugt. Auch wenn sich über den Anziehungsfaktor spastischer Gesichtszuckungen (vermutlich sollte es „Mimik“ sein) und überdurchschnittlichen Einsetzens der Zunge im Lippenbereich gewiss streiten lässt. Die neueste Aktivität in Joeys Hirn zwang ihn nun allerdings zu folgender Überlegung: Schonmal nach draußen Gehen oder Warten bis sie klingelt? Er entschied sich für Letzteres. Kam eindeutig lässiger. Als ebenerwähntes Klingeln tatsächlich ertönte, ließ es Joey sämtliche Lässigkeit fahren, um einen erschrockenen Satz in die Luft machen. Soviel zur Coolness. Aber hatte ja keiner gesehen!

Nervös (und das hatte natürlich rein gar nicht mit der bevorstehenden Begegnung mit Mai als Person zu tun, nein, er hätte selbstverständlich einer jeden/einem jeden Bekannten, die/den er länger nicht gesehen hatte, souverän entgegentreten wollen) öffnete er die Tür und trat nach draußen. Es erwartete ihn... niemand. Ein Hupen ertönte und er drehte den Kopf. Da saß Mai in ihrem Cabrio, mit Sonnenbrille und in ihrem üblichen Outfit. Die langen blonden Haare wallten um ihre Schulter ganz genau wie Joey es in Erinnerung hatte. Sie hatte sich kein bisschen verändert.

“Hey Mai, lange nicht gesehen.“

„Was stehst du da rum? Los steig ein oder willst du, dass mein Motor die ganze Staße verpestet!?“ Auch sonst noch ganz die Alte, dachte Joey schmunzelnd und schwang sich auf ihren Beifahrersitz. „Sag mal, wohin soll’s denn überhaupt gehen?“, fragte Joey im Anfahren. Er hatte sich bequem ausgestreckt und den Arm auf der Autotür geparkt. „Nicht weit.“, war die knappe Antwort. „Was machst du eigentlich hier?“ – „Ich war in der Gegend.“ Sehr aufschlussreich.
 

Nach ein paar Minuten brachte Mai den Wagen in einer Parklücke zum Stehen. „Da drüben ist das Café Andromeda, ich habe es mir empfehlen lassen.“ Sie ging ihm voraus auf das Lokal zu und Joey blieb nichts anderes übrig als ihr hineinzufolgen, wo sie ihn bis in eine der hinteren Ecken führte, wo die Tische etwas mehr Privatsphäre boten. „Was hast du denn vor?“, fragte Joey versucht witzig und grinste. „Joey, ich möchte dir etwas erzählen.“ – „Uiui, was kommt jetzt?“ – „Ich meine es ernst.“ Zum ersten Mal sah sie Joey direkt in die Augen und diesmal erkannte er darin hinter der taphen Fassade die andere Seite von Mai, die zwar nicht oft zum Vorschein kam, die er aber dennoch sehr gut kannte. „Ich will gar nicht lange drumrumreden.“, fuhr sie fort. „Ich habe in der Vergangenheit viele Dinge getan, die ich im Nachhinein bereue.“ Die Anspielung reichte aus. Auch ohne, dass Mai genauer wurde, kamen all die Erinnerungen in Joey wieder hoch. Alte Gefühle, die er lange Zeit nicht mehr gefühlt hatte.

„Und dir gegenüber fühle ich mich am meisten in der Schuld.“ – „Ähm, also Mai, du weißt, das musst du nicht, wir sind doch Freunde...“, murmelte Joey verlegen. „Du musst es nicht schönreden, ich bin ein großes Mädchen. Ich weiß, dass ich nicht gerade die liebenswerteste Person war. Und das gerade dir gegenüber, obwohl du immer zu mir gehalten und mich beschützt hast...“ War es bisher ziemlich flüssig und bestimmt gekommen, bemerkte man nun doch eine Veränderung in Mais Stimme. Man könnte sie kühn als unsicher, ja geradezu betreten bezeichnen. Doch die sich anbahnende peinliche Stille wurde im Keim erstickt, als Mai ihren gewohnten Ton wiederfand: „Und deshalb möchte ich dir jetzt ein Angebot machen, um mein Verhalten wiedergutzumachen.“ Joey sagte nichts, er war gerade ein wenig überfordert und ziemlich gespannt, was nun kam. „Du hast mir mal erzählt, dass du dich für ein technisches Studium interessieren würdest, in Richtung Maschinenbau, oder? Das ist ja nun ein paar Jahre her und ich wollte dich fragen, ob dem immernoch so ist, oder wie deine Zukunftspläne aussehen.“ Joey war baff. Damit hätte er nun nicht gerechnet. Obwohl, gefühlsduseliger Seelenschmerz-Kram wäre von einer Frau wie Mai noch unwahrscheinlicher gewesen. „Also... ja, schon, dafür interessiere ich mich immernoch. Genaugenommen habe ich mich schon an ein paar Unis im Fach Maschinenbau beworben. Allerdings bin ich mir noch nicht so ganz sicher, ob ich sofort anfangen will, oder vorher ein Jahr Auszeit nehme, um ins Ausland zu gehen oder so.“

„Aha. Dann könnte dich das hier tatsächlich interessieren. Falls du dich gefragt hast, wo ich die ganzen Jahre gesteckt habe, ich war in Amerika auf den Spuren meiner Familie und habe eine Entdeckung gemacht, die mein ganzes Leben veränderte. Ich habe meinen Halbbruder gefunden, von dem ich nichts wusste, Pierre. Wir hatten eine Menge aufzuholen, also bin ich eine ganze Weile bei ihm geblieben und er hat mir angeboten, mich in seiner Firma unterzubringen. Er war damals noch Leiter einer Projektgruppe eines Energiekonzerns, der in Amerika ein ziemlich dicker Fisch ist und hat mich ins Programm zur Nachwuchsförderung für die Rechtsabteilung gebracht. Heißt, sie finanzieren mein Jurastudium, stellen mir eine Wohnung und am Ende der Ausbildung habe ich einen sicheren Job.

Vor ein paar Wochen bekam mein Bruder dann das Angebot, eine neue Zweigstelle in Japan aufbauen. Er hat sofort zugeschlagen, schließlich war das eine einmalige Chance für ihn und ich beschloss, mit ihm mitzukommen und meinem alten Leben wieder entgegenzutreten. Und außerdem...“ Sie sah ihn wieder direkt an. „Bietet sich mir durch die Beziehungen meines Bruders die Möglichkeit, dir folgendes anzubieten: Ich kann dich ebenfalls ins Programm zur Nachwuchsförderung bringen. Als Maschinenbauer bist du genau der richtige für die neue Zweigstelle, also dürfte der Konzern ein Interesse an dir haben. Die gleichen Konditionen wie bei mir, dein Studium wird finanziert und du bekommst eine Wohnung gestellt und am Ende einem sicheren Job. Was denkst du, kommt das für dich in Frage?“

Joey hatte die ganze Zeit an ihren Lippen gehangen und seine Augen waren immer größer geworden. Oh... sprechen war nun verlangt. Ein dicker Kloß bahnte sich zunächst den Weg seine Kehle hinunter bevor er heiser krächzen konnte. „Wow, das ist ein... unglaubliches Angebot.“ Mehr brachte er ersteinmal nicht zustande, doch Mai redete sowieso lieber selber, als dass sie zuhörte (Keine Kritik, eine Feststellung).

„Hör zu, Joey, ich weiß, das ist eigentlich was ganz anderes und was ich dir schulde, wäre vielleicht eher eine saftige Entschuldigung, aber du weißt ja, dass sowas nicht so mein Ding ist... also hab ich erstmal nicht gesagt, wieso genau ich dich treffen wollte. Entschuldige, wenn ich dich gerade etwas damit überfahren habe, natürlich hast du genug Zeit, es dir gründlich zu überlegen.“ – „Gut“, meinte Joey gedehnt. „Sekunde, was sollte ich denn denken, warum du mich treffen wolltest?“, fügte er argwöhnisch hinzu. Mai zog eine Augenbraue hoch und ihr einer Mundwinkel zuckte verdächtig in Richtung Grinsen. „Ich bin nicht so gut darin, über Gefühle zu sprechen, aber du und Yugi und die anderen seid da ja eher Fans von, nicht wahr?“, brachte sie bemüht sachlich hervor (sehr bemüht sachlich). „Und du und ich... also mir ist ja nicht entgangen... dass da gewisse... Bemühungen deinerseits in der Vergangenheit...“

Joey lief feuerrot an und verfiel in sein peinlich berürtes künstliches Lachen. „Was redest du denn da? Haha, dir ist doch klar, dass ich alles, was ich für dich getan habe, auch jeder Zeit für Yugi getan hätte oder Tea, Serenity oder Tristan.“ Doch Mai blieb unerbittlich. „Ich dachte wir könnten da jetzt mal offen darüber reden, du bist ja nun auch keine sechzehn mehr wie damals. Ich bestreite nicht, dass zwischen uns immer eine gewisse Spannung war und ich hoffe du weißt, dass du mir immer sehr wichtig warst.“ Joey wollte am liebsten aus dem Café rausrennen. Mai hatte gerade eben zugegeben, dass es eine „Spannung“ zwischen ihnen gab und trotzdem hatte er das todsichere Gefühl in den nächsten Minuten völlig blamiert zu werden. „Aber wie gesagt, du warst damals sechzehn und ich vierundzwanzig. Das hätte nie ernsthaft funktioniert. Ich weiß nicht, ob es so ist, aber ich hatte oft das Gefühl, dass du dir mehr von mir erhoffst als angemessen.“ Langsam wurde es Joey zu bunt. „Spinnst du?“, er war aufgesprungen. „Angemessen!? Also wenn du wirklich offen darüber reden willst: du hast nicht gerade dazu beigetragen, dass ich mich wie dein Freund fühle.“ Langsam redete er sich in Rage und wurde lauter. „Und trotzdem schienst du meistens ziemlich froh zu sein, wenn ich dir mal wieder irgendwo beigestanden habe. Und bei unserem Duell. Du kannst jetzt sagen, was du willst, aber da war etwas zwischen uns und das kannst du mir nicht mit gewisse Spannung abtun. Ich bin kein Idiot. Ich habe da nichts reininterpretiert, was du nicht auch gespürt hast!“ Jetzt stand Mai ebenfalls auf. „Sei ruhig, du verdammter Hitzkopf! Was ist denn nur wieder los mit dir!? Das ist genau der Grund, warum es nicht geklappt hätte. Du bist halt doch noch ein Kind!“, zischte sie ihn an. „Ein Kind, ja?“ Wütend funkelte er sie an. Jetzt war ihm alles egal, er setze alles auf eine Karte. „Machen Kinder auch sowas?“ Entschlossen griff er sie mit einer Hand an der Hüfte und zog sie zu sich ran. Mai schien überrascht, aber sie wehrte sich nicht. Also nahm er mit der anderen Hand ihr Gesicht und küsste sie. Sie stieg darauf ein. Joeys Eingeweide fuhren Achterbahn.

Romantisch konnte man den Kuss nun wirklich nicht nennen, eher wütend und zwar von beiden Seiten und das verlieh dem Ganzen eine gute Würze. Als sie sich schweratmend voneinander lösten, starrten sie einander immernoch wütend an, doch das hielt nicht lange, denn plötzlich mussten sie beide lachen. Und das tat gut. Sie mussten so lachen, dass sie sich setzen mussten und der Kellner vorbeikam, um sie ziemlich verstimmt rauszuwerfen, denn nach dem lauten Streit setzte das dem ganzen die Krone auf.
 

Draußen lachten sie immernoch, suchten und fanden eine Parkbank und hielten sich dort die schmerzenden Bäuche. „Weißt du, dass ich darauf seit fast vier Jahren warte?“, gluckste Joey, nachdem er sich halbwegs beruhigt hatte. „Erzähl mir nicht, ich erhoffe mir zu viel, du hast dich ja nicht mal gewehrt.“ – „Ich geb’s ja zu“, grinste Mai. „Es ist schon möglich, dass es die ein oder andere Situation gegeben hat, wo ich das gerne gemacht hätte und du bist nicht der schechteste Küsser.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Oh danke sehr“, sagte Joey so charmant er konnte. „Aber ein Kuss macht noch keine Beziehung, Joey. Das ist etwas völlig anderes.“ – „Das ist mir klar.“ Es wurde wieder stiller um sie. Das Lachen war vergangen. „Joey?“ – „Ja?“ – „Du solltest wirklich über mein Angebot nachdenken.“ – „Das mache ich. Es ist eine wirklich unglaubliche Chance.“ – „Nachdem ich einen Studienplatz an der Uni Tokio sicher hatte und wechseln konnte, hat die Firma mir innerhalb kürzester Zeit eine neue Wohnung klargemacht. Die ist echt schön und top gelegen. Wenn du willst kann ich sie dir zeigen, vielleicht hilft dir das bei deiner Entscheidung... hast du noch ein bisschen Zeit?“ – „Nein leider nicht, bin noch mit den anderen zum Kino verabredet. Aber ich kann’s mir schon vorstellen, so 'ne Wohnung...“ – „Achso.“ Jetzt war sie doch da. Die peinliche Stille. Umständlich sah Joey auf die Uhr. Wow, schon nach halb acht, er musste los! „Du Mai, ich muss jetzt weg. Ich hab ja jetzt deine Nummer. Können wir uns morgen sehen?“ Sie zuckte mit den Achseln. „Vielleicht.“ Hmm, dies Stimmung war irgendwie umgeschlagen. Durcheinander floh Joey geradezu in Richtung Innenstadt und machte sich zu Fuß auf den Weg zum Kino.

Samstag, 2. Teil

Samstag, 28.5.

20:12 Uhr

Cinemorizz (22 Minuten bis zum Start der Vorstellung von Hangunder 2, Anwesende Personen: Yugi Moto, Tristan Taylor, Joey Wheeler, unwichtige Nebencharaktere)
 

„Spinnst du? Was zum Geier machst du dann hier!? Das war verdammt nochmal eine Einladung zum Fischen [Anmerkung: der eigentlich verwendete Begriff wurde hier durch ein thematisch verwandtes Wort ersetzt]!“ – „Au, kein Grund gleich gewalttätig zu werden!“, schimpfte Joey und rieb sich den Hinterkopf, auf den Tristan ihm gerade eine verpasst hatte. Er hatte seinen Freunden von seiner Begegnung mit Mai erzählt, die nicht schlecht erstaunt waren, das die Kühle Blonde plötzlich wieder auf der Bildfläche erschienen war. „Genau, lass ihn in Ruhe, Tristan!“, mischte sich Yugi ein. „Mai wollte ihm doch nur ihre Wohnung zeigen und Joey weiß ja wohl wie eine Wohnung aussieht.“ Jetzt wo der kleine Naivling es aussprach, begann es Joey zu dämmern. „Oh mein Gott, ich Idiot!“, kam die späte Einsicht. „Was hat er denn?“, fragte Yugi kuhäugig. „’Nen akuten Anfall von Reue“, meinte Tristan und verdrehte genervt die Augen. „Aber Joey, mal was anderes: wirst du denn dieses Angebot annehmen?“, versuchte Yugi das Thema zu wechseln (Wie nicht anders zu erwarten, hatte Tea es im Laufe der Jahre irgendwann aufgegeben, um Yugi herumzuscharwenzeln und sich anderweitig umgetan, denn sie hatte letztlich eingesehen, dass der mindestens einen Kopf kleinere wohl noch eine sehr, sehr lange Zeit brauchen würde, bevor er sich für etwas anderes als Kartenspiele interessierte. Folglich befand sich der kleine Mann mit dem großen Herzen in amourösen Angelengenheiten noch immer auf dem Stand eines 12-jährigen, was ihn allerdings nicht im mindesten zu kratzen schien. Nunja, noch nicht, man gebe ihm allerhöchstens noch ein paar Jahre, das ist ja nicht mehr normal). „Naja, es ist auf jeden Fall verlockend...“, meinte Joey, doch er wurde unterbrochen: „Hey, wechselt dich nicht das Thema, Jungs! Er soll gehen und sie Fischen [siehe oben]!“ (Kommentar eines unwichtigen Nebencharakters in der Schlange an der Kinokasse).

Tristan: „Äh, jaa.. wer sind Sie? Egal, der Mann hat Recht, Joey–"

Unwichtiger Nebencharakter: „Natürlich hab ich Recht!“

Tristan: „Klappe!“

Immernoch Tristan: „Geh und schnapp sie dir! Worauf wartest du!?“

Joey: „Na schön, ich geh und schnapp sie mir!“

Unwichtiger Nebencharakter: „Ja, schnapp sie dir alle!“

Joey: „Falscher Film, Alter!“

Unwichitger Nebencharakter: „Entschuldigung. Geh und schnapp sie dir!“

Joey: „Jawohl, das tue ich!“

Alle: „Hurra!“ Das Kino jubelt, Menschen liegen sich in den Armen. Hände klopfen Joey auf die Schultern, als er sich seinen Weg aus dem Kino bahnt. Siegessicher hebt er die Arme: „Ich werde euch nicht enttäuschen!“ Eine Frau bricht in Tränen aus: „Er wird uns nicht enttäuschen!“, schluchzt sie ergriffen. „Worum geht’s?“, fragt Yugi.
 

[Anmerkung: Die geschilderte Szene stützt sich auf die Erinnerungen von Joey Wheeler. Leichte Diskrepanzen zwischen Realität und Darstellung sind daher nicht auszuschließen.]
 

Samstag, 28.5.

20:16 Uhr

Bürgersteig vor dem Kino, andere Straßenseite, Straße um die Ecke vom Kino (um es kurz zu machen, Joey rannte nach Hause zu seinem Auto)
 

„Dies ist die Mailbox von... Mai Valentine! Ihr Anruf kann zur Zeit leider nicht entge...“ Das war eine unerwartete Komplikation. „So ein Mist, Mist, Mist!“ fluchte Joey rennend und trat gegen einen Mülleimer. Das hätte er lieber gelassen. „AU! Verflucht!“ Jetzt hüfte er. Nächster Versuch: Auskunft. „Guten Tag! Der nächste freie Mitarbeiter ist gleich für sie da ...“ Als diese Prophezeihung dann endlich eintrat, ließ sich Joey die Adresse von Mai raussuchen und kritzelte sie in Ermangelung der nötigen Schreibutensilien mit einem von einem Passanten geliehenen Edding auf seinen Unterarm. „Danke Kumpel!“ Er rannte weiter. Er rannte fünfzehn Minuten durch nach Hause, wo er Serenity in die Arme lief. Sie sah aus, als wollte sie ausgehen. „Hey Joey, warum hast es so eilig?“, fragte sie. „Muss – zu Mai – keine – Zeit“, keuchte er. „Wo willst du überhaupt wieder hin?“ – „In die Disco, mit Tea.“ – „Schon wieder?“ – „Ja, na und? Aber warte, hast du grade Mai gesagt? Mai ist in der Stadt? Die Mai? Ich hab sie ewig nicht gesehen, kann ich mitkommen?“ – „Das geht nicht.“ – „Wieso nicht, Joey?“ – „Ehm. Weil... wir... Schach spielen wollen, den ganzen Abend! Und das kann man ja nur zu zweit spielen! Wär ja doof für dich.“ – „Oh schade. Grüß sie bitte von mir! Und frag sie, ob wir uns mal treffen können, okay?“ – „Ja, meinetwegen. Wir sehen uns morgen“ – „Bis dann, großer Bruder!“ Da war sie wieder futsch. Manchmal fragte Joey sich, wann sich seine Schwester zu so einem Partytier entwickelt hatte und wann genau die Symbiose mit Tea begonnen hatte... aber er hatte jetzt wichtigeres zu tun.
 

Samstag, 28.5.

20:43 Uhr

Vor dem Haus, in dem sich Mai Valentines Wohnugs befindet
 

Unschlüssig stand er vor dem Haus. Was, wenn sie ihn nicht reinließ? Was, wenn sie es sich anders überlegt hatte? Was, wenn er ihr nun endgültig bewiesen hatte, dass er eben doch noch ein Kind war? Er konnte sich einfach nicht dazu durchringen zu klingeln und lehnte sich nervös gegen die Tür, um ersteinmal durchzuschnaufen. „UAAA“ Hände, Füße, Rums. Jemand hatte die Tür von innen geöffnet und Joey hatte das Gleichgewicht verloren und war hineingepurzelt. „Seien Sie doch vorsichtig, junger Mann!“, tadelte ihn ein älterer Herr und qutschte sich an Joey vorbei ohne die geringsten Anstalten zu machen, ihm aufzuhelfen. Die Alten von heute! Als die Tür hinter dem Mann ins Schloss fiel, rappelte Joey sich wieder auf. Immerhin war er jetzt drin. Neugierig sah er sich in dem Hausflur um und sah auf das Klingelschild der einzigen Tür: Yohoma. Hinter dieser Tür wohnte Mai also nicht. Am anderen Ende des Ganges war eine Treppe, die nach oben führte, doch auch im ersten Stock hatte Joey kein Glück. Erst in der 5. Von 6 Etagen wurde er schließlich fündig: Valentine. Das war sie also, ihre Wohnungstür, die zu ihrer Wohnung führte. Bevor er es sich anders überlegen konnte, drückte er mit klopfendem Herzen die Klingel. Und wartete. Dann: Schritte. Das Herz rutschte ihm in die Hose, doch als sich die Tür öffnete hatte Joeys Hypothalamus längst das Denken für ihn übernommen und ermöglichte es ihm gerade noch sechs Worte herauszuquetschen („Ich bin kein Kind mehr, Mai!“), bevor er sie bestimmt in den clichéemäßigsten Tangogriff aller Zeiten warf und und der Leidenschaft ihren Lauf ließ. Ein Fuß traf die Tür mit gekonnter Wucht, sodass sich dem außerhalb der Wohnung befindlichen Betrachter nur noch eine eindeutige Geräuschkulisse bot, die viel Raum für Spekulationen bot (oder wenig, wie man’s nimmt).

Sonntag

Sonntag, 29.5.

11:33 Uhr
 

Die Sonne war es, die Joey wachkitzelte. Verschlafen öffnete er ersteinmal nur ein Auge und genoss den Anblick, der sich ihm bot. Mit zwei Fingern strich er sanft über Mais Schulter, die, noch schlafend, bäuchlings neben ihm im Bett lag. Darafufhin zuckte ihre Nase und sie wachte auf.

„Guten Morgen“, sagte er sanft. Sie lächelte. „Guten Morgen.“ Unter der Decke fühlte Joey wie sich ihre Hand um seinen Rücken schlang und ihn ganz sachte näher an sich zog. Er gab dem Druck nach, rollte näher heran und begann sie zu küssen. Lange und intensiv. Gerade wollte er in die Nachttischschublade greifen, um einen kleinen in Plastik eingepackten Freund rauszuholen, da zerriss eine fetzige Melodie die Luft: I FEEL GOOD, NANANANANANANA, I KNEW THAT I WOULD NOW, NANANANANANANA. Da machte aber alles schlapp.

„Oh scheiße, das ist bestimmt mein Vater. Oh Mann, da muss ich rangehen, tut mir leid.“ – „Das ist jetzt nicht dein Ernst, du willst echt rangehen?“ – „Ja, muss ich leider. Er macht sich bestimmt Sorgen, weil ich gestern nicht nach Hause gekommen bin und jetzt krieg ich garantiert 'nen Haufen Ärger...“ – „Oh nein, must du erst Papi um Erlaubnis fragen, wenn du woanders übernachtest, kleiner Joey Wheeler?“ – „Das ist nicht witzig. Ich muss echt rangehen.“ – „Dann geh doch ran, kleiner Junge.“ – „Ich bin kein... ach verdammt... Ja? Papa? Nein keine Sorge, alles in Ordnung, ich bin bei Yugi... Nein, wir waren noch in der Stadt was trinken gestern und weil ich nicht mehr fahren konnte, hab ich bei Yugi gepennt, weil er näher wohnt... Ja, ich weiß, ich soll dir vorher Bescheid sagen. Tur mir Leid... Was? Aber Papa... ja, ich komm ja gleich nach Hause. Nicht sofort, okay? Aber... na schön, ist ja gut!“

Er legte auf und sah Mai ein wenig betreten an. „Weißt du, es ist so...“ – „Du musst sofort nach Hause und bei Papi zu Kreuze kriechen?“ – „Naja, er war ziemlich sauer... Aber ich ruf dich an. Lass uns morgen zusammen was unternehmen.“ – „Okay, pass auf Joey. Es war eine schöne Nacht, aber es ist vielleicht wirklich besser, wenn du jetzt nach Hause gehst. Es geht einfach nicht, wir sind zu verschieden. Du sagst, du bist kein Kind mehr, aber du wohnst noch zu Hause, musst deinen Vater bei jedem Schritt um Erlaubnis fragen...“ – „Sag das nicht Mai. Wenn ich bei deinem Bruder in der Firma einsteige, habe ich eine eigene Wohnung, das hast du selbst gesagt! Glaub mir, ich kann auf eigenen Füßen stehen.“ Sie sah ihn bedauernd an. „Ich weiß nicht. Ich glaube einfach nicht, dass du bereit für eine ernsthafte Beziehung bist. Ich bin 27, Joey. Und du – du bist noch ein Teenager. Vielleicht war es doch ein Fehler, letzte Nacht. Lass uns versuchen, einfach wieder Freunde zu sein.“ – „Ich muss meine Hose finden“, murmelte Joey und suchte alles zusammen, jeden Blickkontakt vermeidend. Als er schließlich alles gefunden und sich angezogen hatte, blickte er sich doch noch einmal um. Mai hatte sich inzwischen einen Bademantel übergezogen, saß auf dem Bett, hatte den Kopf schief gelegt und ihn die ganze Zeit beobachtet. „Ich werde dich Montag anrufen und dir meine Entscheidung bezüglich des Angebots mittteilen.“, sagte Joey kühl und dann verließ er die Wohnung.

Montag

Und damit wären wir wieder bei
 

Montag, 30.5.

18:45 Uhr

Haus der Familie Wheeler
 

Da lag Joey nun also auf seinem Bett in seinem Chaos und machte seit dem Vortag nichts anderes als Ybox spielen. Bis zu exakt... Sekunde... DIESEM Moment. In nämlich exakt DIESEM Moment, erhob er sich von seinem Platz als wäre ihm gerade Gott persönlich erschienen und hätte ihm gesagt was er tun sollte. Zielsicher strebte er auf seinen Schreibtisch zu, fischte ein Dokument aus einem Couvert, führte ein Telefonat und füllte eine Reihe von Dokumenten aus, die er anschließend in einem neuen Brifumschlag verstaute, den er frankierte und beschriftete und damit schnurstraks das Haus verließ, zum nächsten Briefkasten ging und den Umschlag einwarf. So. Dann ging er wieder nach Hause, führte ein weiteres Telefonat und nachdem er sich fertig gemacht hatte, verließ er das Haus zum zweiten Mal, setzte sich in sein Auto und fuhr davon. Er fuhr jedoch nicht weit, nur bis in die Innenstadt, parkte sein Auto in einem Parkhaus, bezahlte ein Parkticket und lief zu einem Restaurant, wo die Person, mit der er als zweites telefoniert hatte, bereits auf ihn wartete.
 

“Guten Abend, Mai, schön, dass du gekommen bist.“ – „Nanu, du im Anzug?“ – „Ich denke, das ist angemessen.“ – „Wenn du meinst.“ Er führte sie hinein und sie nahmen an einem freien Tisch Platz. „Nun, ich nehme an, du hast dich entschieden?“, fragte Mai. „Immer langsam mit den jungen Pferden.“, erwiderte Joey. Mai unterdrückte ein Kichern. „Wie redest du denn?“, brachte sie mühsam hervor. „Lass und zunächst etwas bestellen, selbstverständlich auf meine Rechnung.“, fuhr Joey unbeirrt fort. „Oh, ein Kavallier und Gentleman.“ – „Du verdienst es, Mai.“, sagte er schlicht. Nachdem Sie etwas bestellt hatten, machte Joey Mai Komplimente über ihr Aussehen, sie redeten über Yugi, Serenity und die anderen und darüber, was Mai in Amerika alles erlebt hatte. Ihre gemeinsame Nacht und das Angebot klammerten sie gänzlich aus. Das blieb auch so bis sie mit dem Essen fertig waren. Dann, nachdem er sich aufrecht hingesetzt hatte, räusperte Joey sich und schnitt das Thema an, das die ganze Zeit wie eine Wolke über ihnen geschwebt hatte. Doch er kam nicht sofort auf den Punkt.

„Mai, ich möchte dir danken.“ – „Nanu, wofür?“ – „Du hast mir die Augen geöffnet. Du hattest Recht, auch wenn ich es nicht wahr haben wollte, fühle ich mich trotzdem noch nicht so ganz erwachsen. Es stimmt, zwischen uns liegen Welten.“ Er machte eine kleine Pause. „Aber das ist ja auch kein Wunder, schließlich habe ich tatsächlich noch nicht auf eigenen Füßen gestanden und wenn ich das Angebot deines Bruders annehme, dann wird auch wieder alles für mich organisiert. Dann wohne ich vielleicht nicht mehr zu Hause, aber dennoch bin ich wie ein Kind an die Firma gebunden, habe alle Sicherheiten und muss mich um nichts kümmern, als im Studium vernünftige Noten zu bekommen.“ – „Worauf willst du hinaus?“ – „Mai, ich habe mich entschieden, das Angebot nicht anzunehmen. Stattdessen werde ich das nächste Jahr in einer Einrichtung für Waisen in Südafrika ein Freiwilliges Soziales Jahr machen. Und wenn ich zurückkomme, dann werde ich mich auf ganz normalem Wege für ein Studium bewerben, vielleicht auch in der Firma deines Bruders, aber wenn ich ins Programm der Nachwuchsförderung komme, dann aus eigener Kraft. Es ist alles entschieden, ich habe vorhin alle nötigen Unterlagen abgeschickt und am 1. Juli geht mein Flieger.“ – „Wow. Du meinst es wirklich ernst.“ – „Das tue ich.“ Eine Weile schwiegen beide. Der Kellner kam an den Tisch und brachte die Rechnung und Joey bezahlte ihn. „Ich denke, es ist Zeit“, sagte er. „Ja, das ist es wohl“, sagte Mai leise. Schweigend gingen sie hinaus vor die Tür.

„Lass mich dich nach Hause fahren“, sagte Joey, doch Mai winkte ab. „Bin selbst mit dem Wagen da.“ – „Na gut.“ Wieder wortlos begleitete Joey sie bis zu ihrem Wagen. An der Autotür blieb sie stehen. „Ich glaube, das war die richtige Entscheidung, Joey.“, sagte sie. „Das hoffe ich auch“, erwiederte er. Lange sahen sie sich an. Dann, einem Impuls folgend beugte Mai sich zu ihm und sie küssten sich. „Wenn ich wieder komme, dann gehörst du mir, dann gibt es keine Entschuldigung mehr!“, witzelte Joey. Mai lächelte nur. Sie stieg in ihr Auto ein und startete den Motor. Dann fuhr sie langsam an und Joey blickte ihr hinterher, ganz so wie sie sich schon einmal für eine lange Zeit verabschiedet hatten. Aus dem Rückspiegel betrachtete Mai den Jungen, der er es ihr seit ihrer ersten Begegnung so angetan hatte. Nur war er eben immer genau das gewesen: ein Junge, kein Mann – so viel mehr Kind als sie selbst. Doch bei ihrer nächsten Begegnung, das wusste Mai, würde sich dieses entscheidende Detail geändert haben.



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  -Kei-
2011-12-03T18:16:04+00:00 03.12.2011 19:16
Hallo ^^

So, nach fast drei Monaten habe ich es endlich mal geschafft mich um meinen Wettbewerb zu kümmern und hier also der angekündigte Kommentar:

Also, ich fand auf jeden Fall das du sehr viele witzige Dinge eingebaut hast (die Sache mit den Fernsehprogrammen. x3) und wie ich finde, hast du die Sache zwischen Joey & Mai sehr schön beschrieben.
Was mir leider nicht so gefallen hat, ist der Stil an sich. Ich finde es sehr schwierig so Blocksätze zu lesen. Wenn du ab und zu mal (nicht nur bei wörtlicher Rede) Absätze machen würdest, wäre es in jedem Fall einfacherer die Geschichte zu lesen und mir persönlich war sie etwas zu kurz.

So, ich hoffe trotz der etwas negativen Kritik bist du nicht arg böse.
Ich werde jetzt die anderen beiden Einsendungen noch lesen und dann gibt's das Ergebnis ^^


Liebe Grüße
Von:  Origami
2011-09-20T23:19:53+00:00 21.09.2011 01:19
rofl Drei bei Kallwass, Rein in die Schulden, Männertausch, Meine neue Leber XXL, YBox, Cinemorizz, Hangunter - Ich kann nicht mehr mir kommen schon die Tränen vor lachen! - aber die absolute Krönung - die Einladung zum Fischen - ich lach mich schlapp!

Du hast wirklich lustige Ideen und ich liebe dieses Pairing, schade das es so wenig fanfics von ihnen gibt.

Nur das Ende ist doof, kein "und sie lebten glücklich...."

trotzdem sehr nice!


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