Sei ein Mann! von Sommerkind ================================================================================ Kapitel 6: Montag ----------------- Und damit wären wir wieder bei Montag, 30.5. 18:45 Uhr Haus der Familie Wheeler Da lag Joey nun also auf seinem Bett in seinem Chaos und machte seit dem Vortag nichts anderes als Ybox spielen. Bis zu exakt... Sekunde... DIESEM Moment. In nämlich exakt DIESEM Moment, erhob er sich von seinem Platz als wäre ihm gerade Gott persönlich erschienen und hätte ihm gesagt was er tun sollte. Zielsicher strebte er auf seinen Schreibtisch zu, fischte ein Dokument aus einem Couvert, führte ein Telefonat und füllte eine Reihe von Dokumenten aus, die er anschließend in einem neuen Brifumschlag verstaute, den er frankierte und beschriftete und damit schnurstraks das Haus verließ, zum nächsten Briefkasten ging und den Umschlag einwarf. So. Dann ging er wieder nach Hause, führte ein weiteres Telefonat und nachdem er sich fertig gemacht hatte, verließ er das Haus zum zweiten Mal, setzte sich in sein Auto und fuhr davon. Er fuhr jedoch nicht weit, nur bis in die Innenstadt, parkte sein Auto in einem Parkhaus, bezahlte ein Parkticket und lief zu einem Restaurant, wo die Person, mit der er als zweites telefoniert hatte, bereits auf ihn wartete. “Guten Abend, Mai, schön, dass du gekommen bist.“ – „Nanu, du im Anzug?“ – „Ich denke, das ist angemessen.“ – „Wenn du meinst.“ Er führte sie hinein und sie nahmen an einem freien Tisch Platz. „Nun, ich nehme an, du hast dich entschieden?“, fragte Mai. „Immer langsam mit den jungen Pferden.“, erwiderte Joey. Mai unterdrückte ein Kichern. „Wie redest du denn?“, brachte sie mühsam hervor. „Lass und zunächst etwas bestellen, selbstverständlich auf meine Rechnung.“, fuhr Joey unbeirrt fort. „Oh, ein Kavallier und Gentleman.“ – „Du verdienst es, Mai.“, sagte er schlicht. Nachdem Sie etwas bestellt hatten, machte Joey Mai Komplimente über ihr Aussehen, sie redeten über Yugi, Serenity und die anderen und darüber, was Mai in Amerika alles erlebt hatte. Ihre gemeinsame Nacht und das Angebot klammerten sie gänzlich aus. Das blieb auch so bis sie mit dem Essen fertig waren. Dann, nachdem er sich aufrecht hingesetzt hatte, räusperte Joey sich und schnitt das Thema an, das die ganze Zeit wie eine Wolke über ihnen geschwebt hatte. Doch er kam nicht sofort auf den Punkt. „Mai, ich möchte dir danken.“ – „Nanu, wofür?“ – „Du hast mir die Augen geöffnet. Du hattest Recht, auch wenn ich es nicht wahr haben wollte, fühle ich mich trotzdem noch nicht so ganz erwachsen. Es stimmt, zwischen uns liegen Welten.“ Er machte eine kleine Pause. „Aber das ist ja auch kein Wunder, schließlich habe ich tatsächlich noch nicht auf eigenen Füßen gestanden und wenn ich das Angebot deines Bruders annehme, dann wird auch wieder alles für mich organisiert. Dann wohne ich vielleicht nicht mehr zu Hause, aber dennoch bin ich wie ein Kind an die Firma gebunden, habe alle Sicherheiten und muss mich um nichts kümmern, als im Studium vernünftige Noten zu bekommen.“ – „Worauf willst du hinaus?“ – „Mai, ich habe mich entschieden, das Angebot nicht anzunehmen. Stattdessen werde ich das nächste Jahr in einer Einrichtung für Waisen in Südafrika ein Freiwilliges Soziales Jahr machen. Und wenn ich zurückkomme, dann werde ich mich auf ganz normalem Wege für ein Studium bewerben, vielleicht auch in der Firma deines Bruders, aber wenn ich ins Programm der Nachwuchsförderung komme, dann aus eigener Kraft. Es ist alles entschieden, ich habe vorhin alle nötigen Unterlagen abgeschickt und am 1. Juli geht mein Flieger.“ – „Wow. Du meinst es wirklich ernst.“ – „Das tue ich.“ Eine Weile schwiegen beide. Der Kellner kam an den Tisch und brachte die Rechnung und Joey bezahlte ihn. „Ich denke, es ist Zeit“, sagte er. „Ja, das ist es wohl“, sagte Mai leise. Schweigend gingen sie hinaus vor die Tür. „Lass mich dich nach Hause fahren“, sagte Joey, doch Mai winkte ab. „Bin selbst mit dem Wagen da.“ – „Na gut.“ Wieder wortlos begleitete Joey sie bis zu ihrem Wagen. An der Autotür blieb sie stehen. „Ich glaube, das war die richtige Entscheidung, Joey.“, sagte sie. „Das hoffe ich auch“, erwiederte er. Lange sahen sie sich an. Dann, einem Impuls folgend beugte Mai sich zu ihm und sie küssten sich. „Wenn ich wieder komme, dann gehörst du mir, dann gibt es keine Entschuldigung mehr!“, witzelte Joey. Mai lächelte nur. Sie stieg in ihr Auto ein und startete den Motor. Dann fuhr sie langsam an und Joey blickte ihr hinterher, ganz so wie sie sich schon einmal für eine lange Zeit verabschiedet hatten. Aus dem Rückspiegel betrachtete Mai den Jungen, der er es ihr seit ihrer ersten Begegnung so angetan hatte. Nur war er eben immer genau das gewesen: ein Junge, kein Mann – so viel mehr Kind als sie selbst. Doch bei ihrer nächsten Begegnung, das wusste Mai, würde sich dieses entscheidende Detail geändert haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)