Die Tiefgarage von xAmyx ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Die Tiefgarage Wieder einmal war sie die Letzte, die das Büro verließ. Sie band ihre langen, unbändigen Locken mit einem dunklen Haarband zurück und hing sich ihre elegante, schwarze Tasche über die Schulter, nachdem sie das Licht gelöscht hatte. Es war ein heißer Tag gewesen und viele ihrer Kollegen hatten sich bemüht früh aus den stickigen Büroräumen zu entfliehen, um die letzten, abendlichen Sonnenstrahlen genießen zu können, doch sie war lieber noch geblieben. Seit zu Hause niemand mehr auf sie wartete, versuchte sie möglichst viel Zeit außerhalb ihrer Wohnung zu verbringen. Sie zog eine kleine Wasserflasche aus ihrer Tasche und nahm einen Schluck, bevor sie nach den Schlüsseln suchte, um alle Türen zu verschließen. Mit routinierten Handgriffen suchte sie den passenden Schlüssel für die jeweilige Tür, die sie gerade verriegeln wollte. Zu ihrem Glück hatte ihr Chef so viel Vertrauen in sie, dass er ihr die Sicherung der Räume am Abend zutraute. Selbst, wenn sie es einmal vergessen sollte, waren da immer noch die Nachtwächter, die jede Stunde ihre Kontrollgänge durch die Fluren des riesigen Gebäudekomplexes, in dem die Büroräume der Firma, bei der sie angestellt war, untergebracht waren, durchführten. Sie zog noch einmal an der Türklinke, um sicher zu gehen, dass der Eingang wirklich verriegelt war und macht sich dann auf den Weg zu ihrem Auto. Die schmalen Absätze ihrer Schuhe verursachten klackende Geräusche auf dem Linoleum, die in dem langen, leeren Flur laut widerhallten. Vor dem Fahrstuhl blieb sie stehen und rief das Gefährt per Knopfdruck auf ihre Etage. Es dauerte nicht lange und die grauen Türen glitten auf, sodass sie in die Kabine eintreten konnte. Sie wählte das unterste Stockwerk an. Das Parkdeck. Als der Fahrstuhl durch das verglaste Stück in der Eingangshalle glitt und einer der Nachtwächter durch das Geräusch hinauf sah, winkte sie ihm zum Abschied. Er erwiderte die Geste und widmete sich wieder seinem Sandwich. Ihren Autoschlüssel hielt sie schon fest in der Hand, als die Türen wieder auf glitten und sie den kahlen, grauen Betonboden der unteren Stockwerke betrat, der nichts mehr mit der Ausstattung in den für die Öffentlichkeit zugänglichen Ebenen gemein hatte. Ihr Auto war längst nicht das letzte, was hier unten noch geparkt war. Als sie einige Meter von dem Fahrstuhleingang entfernt war und die Kabine längst wieder auf dem Weg nach oben war, beschlich sie ein komisches Gefühl. Sie sah sich um, konnte aber nichts entdecken, was ihr einen Grund zur Beunruhigung gegeben hätte. Links neben ihr tropfte es wie immer von der Decke. Sie hatte das Geräusch schon oft wahrgenommen, aber nie so intensiv wie heute Abend. Ihre Augen fokussierten die Wassertropfen, sie fragte sich kurz, woher das Wasser wohl kam, dann schüttelte sie unbewusst leicht ihren Kopf und machte sich wieder auf den Weg zu ihrem Auto. Das Aufprallen des Wassers auf den Betonboden wurde wieder zum Hintergrundgeräusch. Sie nahm ein Taschentuch aus der Tasche ihres Blazers und zerknüllte es in der Hand. Eine schlechte Angewohnheit, die sie immer überkam, wenn sie nervös war. Im Moment nahm sie selber gar nicht wahr, was sie da tat. In ihren Ohren rauschte es und sie fing an zu schwitzen. Sie konnte es sich nicht erklären, aber das tropfende Geräusch wurde lauter, dann nahm sie auch das Klacken ihrer Absätze auf dem Boden wieder wahr und waren das nicht Schritte da hinter ihr? Sie sah sich wieder um, beäugte misstrauisch jeden Schatten und redete sich immer wieder ein, dass dort nichts war. Sie wollte nach Hause. Erneut konzentrierte sie sich auf ihr Auto, doch das ungute Gefühl ließ sie nicht los. Ein kleiner Schweißtropfen verließ ihren Haaransatz und lief ihr über den Nacken direkt in den Kragen ihrer Bluse. Es war heiß gewesen heute. Unbewusst machte sie schnellere Schritte und versicherte sich immer wieder, dass sich in der Tiefgarage niemand außer sie selbst befand. Nur noch ein paar Meter, dann konnte sie endlich in ihr Auto einsteigen und erleichtert über ihre kindische Angst lachen. Aber war da nicht doch etwas hinter ihr? Sie sah sich wieder um. Hinter einem der Pfosten bewegte sich etwas. Ihre Finger krallten sich in den Stoff ihrer Tasche. Sie konnte eine schwarze Gestalt, die langsam den rechten Arm hob, erkennen. Ihre Schritte beschleunigten noch einmal, wurden hastiger und unkontrollierter. Sie stolperte. Die Person kam auf sie zu. Langsam. Endlich war sie an ihrem Auto angekommen und versuchte hektisch ihren Schlüssel in das Schloss zu stecken. Sie sah panisch über ihre rechte Schulter. Der Mann, sie war ganz sicher, dass es ein Mann war, war fast bei ihr angelangt und sie konnte den Gegenstand in seiner Hand erkennen. Eine Pistole. Ihr liefen Tränen über das Gesicht und das Autoschloss war immer noch nicht offen. Direkt hinter ihr konnte sie ein metallisches Klicken wahrnehmen. Sie schloss die Augen. Ein lauter Knall durchschnitt die stickige Luft. Es war ein heißer Tag gewesen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)