Xai'd mure dysbur von Iztlacoliuhqui ================================================================================ Kapitel 1: 01 ------------- Kamar durchwühlte die Speisekammer seiner großen Küche. Nicht viele Uree konnten ein derartiges Haus ihr Eigen nennen. Nur durch seine gute Stellung bei Xai hatte Kamar diese Annehmlichkeiten. Doch mit Geld umgehen konnte er nicht. Wieder war nichts zu Essen im Haus, er hatte alles für die Gefälligkeiten der Jungs und Mädchen im Freudenviertel ausgegeben. Denn obwohl im Hause der Urees viele Sklaven beschäftigt waren, die für jedes körperliche Wohl zuständig waren – ob sie das nun wollten oder nicht – bekam Kamar nie genug davon. Dass er es war, der den Fehler machte das Geld zum Fenster rauszuwerfen, kam ihm jedoch nicht in den Sinn. Stattdessen stapfte er wutentbrannt ins Zimmer seines kleinen Bruders. K'aei war noch Schüler und brütete über einigen Zetteln, theoretische Aufgaben über den Umgang mit den verschiedenen Rassen dieser Welt. Denn es war bereits beschlossene Sache, dass er den gleichen Werdegang gehen sollte, wie sein Bruder. Auch wenn er selbst das garnicht wollte. Kamar riss ihm die Papiere weg und funkelte ihn an. "Du machst mich irre! Was frisst du uns die ganze Kammer leer?", schrie er ihn an. K'aei zuckte unter den Worten seines Bruders zusammen und sah ihn eingeschüchtert an. "Aber ich habe..." "Schnauze! Hör auf dich dauernd rauszureden! Wegen dir muss ich schon wieder Xai um Geld bitten. Weißt du wie peinlich das ist?" K'aei nickte nur und sah zu Boden. Es hatte einfach keinen Sinn mit Kamar zu reden. Er gab immer allen anderen die Schuld dafür, wenn etwas schief ging. Der Größere zerriss die Zettel und warf die Schnipsel wieder auf den Schreibtisch. Er wusste, wie lange K'aei an dieser Arbeit gesessen hatte, nämlich mehrere Stunden. Und nun durfte er von vorne anfangen. "Du hast Hausarrest", beschloss Kamar und verließ wieder das Zimmer. K'aei betrachtete das zerrissene Papier auf dem Tisch. Er fragte sich, warum sein Bruder immer so gemein zu ihm sein musste. Hätte er nur die Möglichkeit, diesem Gefängnis zu entkommen. Langsam und den Tränen nahe räumte er den Müll weg, nahm sich neues Papier und begann damit, wieder von vorne anzufangen. Vor dem Gerichtsgebäude blieb Kamar kurz stehen. Er legte sich die Bitte zusammen, die er Xai vortragen wollte. Er kam oft hierher, nicht nur, wenn er Geld brauchte. Xai war ein hohes Tier in dieser und allen anderen Welten. Es gab nur wenige, die noch mehr zu sagen hatten, als er. Selbst Wanavan musste sich ihm unterwerfen, wenn er es verlangte. Er war für seine Härte bekannt, auch wenn man ihm das nie ansah. Es war seine größte Stärke, dass er nett wirken konnte, dass ihm Vertrauen geschenkt wurde. Doch wenn er hatte, was er wollte, ließ er einen fallen wie eine heiße Kartoffel. Kamar hoffte, dass dieses Schicksal ihn nicht ereilte. Er hatte viel für Xai getan über die Jahre hinweg, meistens die Drecksarbeit. Hier und da einige Leute verschwinden lassen, Geständnisse aus Unschuldigen herausgeholt, eingeschüchtert, Geld eingetrieben... Er betrat das Gebäude, grüßte hier und da ihm bekannte Gesichter und ging direkt in das oberste Stockwerk. Dort war das Büro von Xai, welches aber schon allein so groß war, wie eine kleinere Wohnung. Er klopfte an die Tür zu dem Zimmer und wartete. Es kam keine Antwort von innen, vielleicht war er ja garnicht da. Trotzdem blieb er vor dem Büro stehen. Xai ließ Leute öfter auch einfach gerne warten. Und er behielt Recht, er hörte ein 'herein' von innen und kam dem umgehend nach. Er schloss die Tür hinter sich und blieb davor stehen. Xai stand an dem riesigen Fenster und blickte auf die Leute auf der Straße herab. Er schwieg, lächelte aber – wie fast immer. Kamar fühlte sich langsam unwohl in seiner Haut, er hatte Angst, dass der hohe Richter schlecht gelaunt war. Man sah ihm das nicht an, man spürte es erst wenn er zu einem Sprach. Den leicht zornigen Unterton in seiner Stimme. Kamar hatte das schon oft erlebt, auch, zu was Xai fähig war, wenn er wütend war. Die meiste Zeit machte er sich zwar nicht die Hände schmutzig, sondern schickte andere vor, doch er konnte sehr grausam werden, wenn ihm danach war. "Du brauchst Geld, nicht wahr, Kamar?", sprach der hohe Richter, wandte seinen Blick nicht vom Fenster ab. "Wir haben nichts mehr zu Essen...", erklärte der Uree kleinlaut, "mein Bruder hat..." Xai hob die Hand, damit Kamar schwieg. Er kannte diese Ausreden schon zur Genüge. Er drehte sich zu dem Uree und deutete auf den Stuhl vor dem Schreibtisch. Kamar setzte sich schnell auf eben diesen. Das Gottwesen, welches der hohe Richter war, betrachtete sein Gegenüber aufmerksam bevor auch er sich setzte. Er stützte seinen Kopf auf seiner rechten Hand ab und lächelte den Uree an. "Du kommst ziemlich oft hier her, um nach Geld zu verlangen", stellte er amüsiert fest. "Ich bitte Euch darum, ich würde es niemals wagen, es zu verlangen", antwortete Kamar ruhig, aber bestimmt. Das Gespräch verlief jetzt schon anders, als sonst. Die anderen Male fragte Xai nur, wieviel er brauchte und gab es ihm einfach, ohne viel zu reden. "Es wird langsam mal Zeit, dass du etwas für das Geld tust, dass ich dir dauernd hinterherwerfe, findest du nicht auch?" Der Uree schluckte seinen Widerspruch hinunter, immerhin tat er verdammt viel für das Gottwesen. Doch es war schlauer, nichts Gegenteiliges zu sagen. Deswegen nickte er nur. "Du solltest mir etwas verkaufen. Das wäre doch nur fair", sprach der Richter weiter und musterte Kamar eingehend. "Alles, was ich besitze, gehört bereits Euch", sagte der Uree und log damit nicht. Das Haus in dem er lebte gehörte Xai, alles, was in dem Haus stand gehörte ihm. Selbst die Arbeit, die er als Uree verrichtete, wurde von dem Gottwesen bezahlt. "Nein, nicht alles", sagte der Richter und sah seinen Untergebenen amüsiert an, lehnte sich in seinem Sessel zurück. Kamar hingegen blickte verwirrt zu seinem Gegenüber und verstand nicht, was er meinte. "Du bist wirklich begriffstutzig", stellte Xai fest und stand auf, ging zu einem der Schränke und zog einen Ordner heraus. Kamar folgte ihm mit seinen Blicken und verstand noch immer nicht, zumindest bis der Richter sich wieder gesetzt hatte, ein Blatt Papier aus dem Ordner holte und ihm vorlegte. Der Uree besah den Zettel und wurde leicht panisch. Dies war ein Verkaufsvertrag, den man ausfüllte, wenn ein Sklave den Besitzer wechselte. "Ihr... Ihr wollt mich als Sklaven haben?", stotterte Kamar und sah Xai verzweifelt an. Und das Lachen, welches daraufhin von dem Richter kam, verwirrte ihn nur noch mehr. Das Gottwesen lächelte ihn an. "Dich doch nicht, du bist viel zu alt. Wer will dich schon zum Sklaven haben?" Auch wenn das eine halbe Beleidigung war, beruhigte das den Uree ungemein. "Ich will dir deinen Bruder abkaufen," erklärte der Richter ruhig. "Meinen Bruder? Aber er kann doch garnichts. Er ist nicht gut im Haushalt, er hat kein Wissen über garnichts, er sieht nicht einmal sonderlich gut aus." "Das siehst du so", grinste Xai, "also, verkaufst du ihn mir?" Lange musste der Uree nicht darüber nachdenken. Wenn K'aei aus dem Haus war, blieb mehr Geld für ihn übrig. Und er musste sich nicht mehr dauernd um ihn kümmern. "Wieviel zahlt Ihr für ihn?", fragte er also. Xai musste grinsen, hatte er doch schon geahnt, dass diesem Uree nichts heilig war. "Sagen wir, da er ja schon kein Kind mehr ist, 4000 Tas." Kamar wollte protestieren, für so wenig bekam man schon einen alten, verkrüppelten Opa. Aber er wollte die Großzügigkeit des Richters nicht überstrapazieren. Er nickte und füllte den Vertrag aus. Name, Größe, Gewicht, Aussehen, Alter, Geburtsort. Er musste alles über seinen Bruder preisgeben und er tat dies ohne zu zögern. Unten unterschrieb er und schob das Papier wieder zu Xai. Dieser lies sich schmunzelnd alles durch, bevor auch er unterschrieb. "Ich hole ihn morgen ab. Pack seine Sachen schonmal zusammen, ich habe keine Lust zu warten. Das Geld bekommst du, sobald ich die Ware habe." Es war schon komisch, dass sein Bruder vor dem Gesetz jetzt nur noch ein Gegenstand war, allein durch die Unterschrift zweier Männer. Aber so schnell ging das hier eben. "Jawohl", antwortete Kamar und erhob sich, wartete bis Xai ihm erlaubte zu gehen und verließ dann das Zimmer. Als er Zuhause ankam ging er sofort in K'aeis Zimmer und öffnete dessen Schränke. Viel war darin zwar nicht, aber diese wenigen Sachen würden von morgen an auch keinen Platz mehr wegnehmen. Er holte vom Schrank einen Kartonähnlichen Behälter herunter und begann, die Kleidung dort hineinzuschmeißen. K'aei, der noch immer über den Lehrstoff gehangen hatte, sah ihm verwirrt zu. "Was machst du da?", fragte er. "Du ziehst morgen aus", antwortete sein Bruder knapp und ließ sich nicht bei seiner Arbeit stören. "Ich ziehe aus?" "Ich habe dich an Xai verkauft." K'aei wich die Farbe aus dem Gesicht. Hatte er sich gerade verhört? "Du... du hast was?", stammelte er ungläubig. "Bist du taub oder was?", blaffte sein Bruder, stopfte die restlichen Kleidungsstücke in den Karton und sah sich dann im Zimmer um, ob er noch etwas einpacken musste. K'aei war wie gelähmt, wie konnte Kamar nur soetwas tun? Wie konnte er seinen eigenen Bruder an jemanden verkaufen, besonders an Xai? Der Kleinere sprang vom Stuhl auf, er musste hier weg. Er konnte keine Sekunde länger hier bleiben. Wer wusste schon, was der Richter alles mit ihm anstellen würde? Und seinen Bruder wollte er jetzt auch nicht mehr sehen. Er lief zur Tür, doch wurde schon von Kamar gepackt. "Du bleibst hier!", brüllte und hielt seinen Bruder schmerzhaft am Arm fest. "Lass mich los, ich werde nicht zu Xai gehen!" Doch er entkam dem Griff des Größeren nicht, wurde zu seinem Bett geschubst. Kamar schob den Karton mit den Füßen aus dem Zimmer und schloss die Tür. Als K'aei ihm nachwollte, hörte er wie sein Bruder die Tür abschloss. Ein weiterer Schauer der Angst durchströmte seinen Körper. Er rüttelte an der Tür, doch sie ließ sich nicht öffnen. Er hörte wie Kamar pfeifend vom Zimmer wegging. K'aei versuchte es auch am Fenster, aber auch das war fest verriegelt. Die Uree waren bei vielen Straftätern ziemlich unbeliebt, deswegen hatte Kamar die Fenster absichern lassen, damit keiner von ihnen ins Haus steigen konnte. Vor Panik versuchte er das Fenster einzuschlagen, doch es rührte sich einfach nichts. Als er zu erschöpft war, um weiter zu machen, ließ er sich auf sein Bett fallen und weinte. Sein Bruder hatte ihn verkauft. An Xai. Und ab morgen würde er bei ihm leben. Er verstand nicht, wieso. Nur wegen des Geldes? War er seinem Bruder nur ein paar Tas Wert? Irgendwie würde er dem Richter schon entkommen. Er würde alles daran setzen, frei zu sein. Ganz gleich, wie mächtig dieser Mann war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)