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Given Up

I'm my own worst enemy
von

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Bloodlust

Durst. Hunger. Wie auch immer man es nennen wollte. Vielleicht Verlangen? Quälend und unmenschlich und reißend, zerfetzend. Aber wenigstens lenkte es ab von dem, was eine Welt hatte einstürzen lassen. Außer dem Verlangen nach Blut war da nichts. Das Innenleben eines Vampirs konnte psychisch zerstört werden, was für eine Sensation. Und genau das war geschehen. Die Volturi hatten dem Clan der Cullens keine Gnade erwiesen. Jeder, der ihnen Widerstand geleistet hatte, war beseitigt worden. Wirklich jeder. Auch der Denali- Clan und die Nomaden, die sich der Familie Cullen angeschlossen hatten, waren vor die Wahl gestellt worden. Die weniger Mutigen hatten Abbitte geleistet. Die anderen waren hocherhobenen Hauptes in den Tod gegangen. Und übrig blieb ein einziger: ich.

Früher war mein Name Jasper Hale. Ich hatte eine Pseudo- Zwillingsschwester namens Rosalie und eine wunderbare Geliebt, Alice. Ich hatte zwei Brüder und eine weitere Schwester, eine Mutter und einen Vater. Kurz gesagt: eine Familie. Eine intakte, wunderbare Familie. Von der nun nichts mehr übrig war. Nur ich. Ein kläglicher Überrest einer einstmals guten Sache. Ja, ausgerechnet ich, der ich als Letzter zu den Cullens gestoßen war, Bella ausgenommen. Der immer Probleme mit der vegetarischen Lebensweise gehabt hatte. Der seine Schwägerin in spe angegriffen hatte.
 

Ich hatte überlebt. Warum?

Weil ich in den Vampirkriegen der Südstaaten gekämpft hatte. Mein Körper war von Narben übersät, entstellt. Eine stetige Erinnerung an meine unliebsame Vergangenheit. Eine Zeit, in der ich mich von Menschenblut ernährt hatte. Und ausschließlich davon. Eigentlich war es auch eine nette gewesen. Zumindest solange, bis ich realisieren konnte, dass man mich nur benutzt hatte. Danach war es aus mit dem Kämpfen und dem Lieben und dem Trainieren. Ich schloss mich zwei Freunden an, zog mit ihnen durch die Staaten, labte mich am roten Lebenssaft von Homo sapiens und konnte meine vampirische Existenz zum ersten Mal halbwegs genießen.

Und dann traf ich 1948 SIE. In Philadelphia in einem Café, na ja, eigentlich war es ein Diner. Alice war wie ein Wirbelwind. Sie brachte mein Leben komplett durcheinander und doch wusste ich, sie war die, nach der ich mich all die Jahre gesehnt hatte. Mit ihr wurde alles perfekt.

Bis die Volturi kamen und sie mir wegnahmen. Diese Bastarde! Hass. Das Wort war nicht annähernd ausdrucksstark genug, um die Regung zu beschreiben, die meine Innereien durchwühlte, in meinem Kopf bohrte. Neben dem Durst und dem Schmerz ob Alices Verlust war es das einzige, was ich fühlen konnte.
 

Natürlich hatte ich Washington verlassen. Ich hatte mein Nomadenleben wieder aufgenommen. Ich trank menschliches Blut und es war eine Erleichterung. Endlich musste ich meine Natur nicht mehr verleugnen. Auch, wenn ich mir gewünscht hätte, einen anderen Weg finden zu können. So wie es jetzt aussah, würde ich für immer und ewig ein Einzelgänger bleiben. Und ein Mörder. Aber das war mir egal. Mir war einfach alles egal. Ohne Alice war der Sinn meiner Existenz verschwunden. Ich folgte blind meinen Trieben. Und die forderten mal wieder ihr Recht. Zuletzt hatte ich vor einer Woche Nahrung zu mir genommen. Viel zu lange her, um unerkannt durch die Südstaaten der USA zu tingeln. Aber es zog mich hierher. Lag es daran, dass ich ursprünglich aus Texas kam und mich den ehemals konföderierten Staaten noch immer verbunden fühlte? Vielleicht. Ich wusste es nicht und es kümmerte mich noch weniger. Das Einzige, das bedauerlich war, war die Sonne, die heiß und lange schien. North Carolina bildete da keine Ausnahme. Ich musste also warten, bis die Nacht hereinbrach und die Dunkelheit mir Schutz gewährte. Das konnte im Sommer lange dauern und nun war es bereits nach elf. Ich beschloss, mich heute mit einem verirrten Spaziergänger am Strand zufrieden zu geben. Das Schlagen der Wellen hatte etwas Beruhigendes an sich und es minderte irgendwie den Schmerz und den Hass und den Zorn und den Hunger.

Ich begab mich also den Strand von Wrightsville Beach. Und da roch ich es: Blut. Köstliches, appetitanregendes Blut. Der Jäger in mir erwachte.

Perfect Stranger

Der Tag war lang und sonnig gewesen, geradezu perfekt. Natürlich hatte das bedeutet, dass der Strand von Wrightsville Beach überfüllt gewesen war, aber das störte die wenigsten Leute. Zumindest war es den Badenden egal. Mitarbeiter des örtlichen Aquariums ärgerten sich definitiv mehr darüber. So auch Peggy Whitecloud, die Teilzeit arbeitete, um über die Runden zu kommen. Sie war schließlich nur Studentin und Reichtümer würde sie erst anhäufen, wenn sie bei Apple oder Microsoft untergekommen war. Nicht genug damit, dass ihr Job sie meistens nervte, nein, sie war auch noch abkommandiert worden auf das Gelege einer Karettschildkröte aufzupassen. Die Eier wurden nämlich gern von Waschbären gefressen und da es sich bei den Schildkröten um eine sehr selten Art handelte, musste man eben dafür sorgen, dass die gefräßigen Räuber nicht an den Nachwuchs herankamen. Normalerweise stellte das Aquarium einen Drahtkäfig über dem Gelege auf, aber in diesem Sommer waren derart viele Nester gemeldet worden, dass keine Käfige mehr übrig waren. Und das bedeutete, dass ein Mitarbeiter Nacht für Nacht ausharren musste, um das Nest zu bewachen. Heute war das Los auf Peggy gefallen, die sich tierisch aufgeregt hatte. Eigentlich war sie nämlich mit ihrem Freund Ben verabredet gewesen und sie konnte sich wirklich tausend bessere Dinge vorstellen, als sich eine Nacht lang am Strand den Arsch abzufrieren.

'Vielleicht kann ich Clary anrufen und fragen, ob sie meinen Dienst übernehmen will.', überlegte Peggy, während sie einen Campingstuhl zurechtrückte. Ihr langes, schwarzes Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, damit der Wind es ihr nicht ständig ins Gesicht blies. Während sie die Chancen abwog, suchte sie in ihrer Umhängetasche nach dem Handy. Warum lagen die Dinge, die man am dringendsten brauchte eigentlich immer ganz unten? Das konnte einem echt den letzten Nerv rauben.

'Und wenn Clary nicht drangeht, werd ich wahnsinnig.'

Peggy kannte die Macke ihrer Freundin und Mitbewohnerin, ein klingelndes Telefon zu ignorieren, allzu gut und sie regte sich regelmäßig darüber auf. Vor allem, wenn es sich um einen wichtigen Anruf handelte war das schlimm. Zum Glück war Peggys andere Freundin und ebenfalls Mitbewohnerin Morgan Blakelee, genannt Honey, da ganz anders. Bei Honey konnte man sich darauf verlassen, dass sie ans Telefon ging. Dafür hatte sie andere Macken. Sie liebte es beispielsweise, wahnwitzige Verschwörungstheorien aufzustellen und die teilte sie auch gleich jedem mit. Ganz egal, ob einen das interessierte oder nicht. Aber im Großen und Ganzen konnte Peggy sich glücklich schätzen mit Claire, wie Clary eigentlich hieß, und Honey befreundet zu sein. Sie hatten meistens viel Spaß miteinander und wenn es mal ernster wurde, waren die beiden anderen für Peggy da. Gott allein wusste, wie oft sie schon davor gestanden hatte, Ben den Laufpass zu geben und nur dem vernünftigen Rat ihrer Freundinnen war es zu verdanken, dass Peggy es nicht getan hatte.
 

'Jetzt wird es aber wirklich Zeit, dass ich Clary anrufe. Sonst verabredet sie sich noch mit jemandem und ich kann mein Date mit Ben vergessen.', schoss es Peggy durch den Kopf.

Endlich hatte sie das idiotische Handy gefunden! Rasch klappte sie es auf, suchte im Telefonbuch nach Clarys Nummer und wählte. Überraschenderweise wurde bereits nach dem dritten Klingeln abgenommen.

„Ja?“, meldetet Clary sich atemlos zu Wort.

„Peggy hier. Alles okay? Du klingst so außer Atem.“

Jetzt lachte die Freundin leise in den Hörer.

„Ist ja auch kein Wunder, ich komme gerade von meiner Reitstunde und Blaze ist fabelhaft gegangen.“, verkündete Clary mit zufriedener Stimme. Langsam normalisierte ihr Atem sich wieder.

„Ah, verstehe.“, erwiderte Peggy etwas einsilbig. Sie überlegte, wie sie ihrer Freundin eine durchfrorene, unbequeme Nacht am Strand schmackhaft machen sollte. Doch Clary war schon von allein darauf gekommen, dass hinter dem Anruf mehr stecken musste.

„Sag mal, du rufst mich aber hoffentlich nicht nur an, um mit mir zu quatschen, oder?`Du weißt ja, dass ich telefonieren hasse.“, bemerkte Clary.

„Natürlich rufe ich dich nicht deswegen an!“, gab Peggy beinahe empört zurück, „Schließlich kenne ich dich lang genug, um zu wissen, wie du tickst, Claire Fraser!“

„Dann ist ja gut. Wo brennt's denn sonst?“

Jetzt konnte man ganz deutlich Neugier aus Clarys Stimme heraushören. Peggy gestattete ich ein Lächeln, ehe sie zu einer Erklärung ausholte, die sie mit einem „Und ich dachte mir, du hättest vielleicht Lust, meinen Nachtdienst am Strand für mich zu übernehmen.“ beendete.

Einen Moment lang herrschte Schweigen in der Leitung und Peggy befürchtete, dass ihre Freundin einfach aufgelegt hatte. Dann aber ertönte ein lautes 'Spinnst du?'

„Klar will ich das! Ich meine, es geht hier immerhin um den Erhalt einer bedrohten Tierart!“, rief Clary in den Hörer, „Also, in einer halben Stunde kann ich da sein. Wo steckst du genau?“

„Etwa 100 Meter vom Pier entfernt. In Richtung der Bonzenmeile.“

Als Bonzenmeile bezeichneten die drei Freundinnen den Abschnitt des Strandes, an dessen Rand sich die teuren Villen der Reichen und Schönen befanden. Meistens waren diese nur im Sommer bewohnt, da ihre Eigentümer zu großen Teilen in den nördlicheren Staaten der Ostküste lebten und vermutlich irrsinnige Gehälter als Anwälte, Ärzte oder Politiker verdienten. Wer wusste das schon? Wenigstens waren die Häuser hübsch anzusehen.

„Super, das kann ich ja gar nicht verfehlen.“, freute Clary sich, „Ich bin dann in 30 Minuten bei dir. Bis dann, Peg.“

Und damit hatte Clary schon aufgelegt. Lächelnd klappte Peggy ihr Handy zu. Sie schüttelte den Kopf. Auch dieses Verhalten war typisch für die Freundin. Sie hasste telefonieren nicht nur, sie konnte es auch kaum erwarten, ein Gespräch zu beenden. Clary behauptete, dass ein Telefonat niemals eine 'echte' Unterhaltung von Angesicht zu Angesicht ersetzen konnte. Darüber waren die Freundinnen allerdings geteilter Meinung. Honey, beispielsweise, telefonierte oft und lange mit ihrer älteren Schwester Felicity oder ihrer Mutter. Aber sie hatte auch die Kohle dafür, denn die Blakelees waren durchaus wohlhabend. Manchmal machte das Peggy ziemlich neidisch. Den Großteil der Zeit war es ihr jedoch egal.

'Ich hoffe, Clary kommt wirklich schon in einer halben Stunde.'
 

Mehr als pünktlich tauchte Clary am vereinbarten Treffpunkt auf. Sie hatte einen großem Rucksack über der Schulter hängen und trug unter ihrem Arm einen zusammengerollten Schlafsack.

„Da bin ich, Peg.“, begrüßte sie die Freundin grinsend, während sie auf sie zuwackelte.

„Ich seh's.'“, kommentierte die Schwarzhaarige, deren Gesicht ebenfalls ein Grinsen zierte, „Du kommst gerade Recht. In einer Stunde ist Sonnenuntergang.“

„Den liebe ich, genau wie das Meer. Und Schildkröten sind sowieso niedlich.“

„Ja, ja, das weiß ich doch, Clary. Du studierst schließlich nicht umsonst Meeresbiologie.“

„Rein theoretisch müsste ICH auch den Job im Aquarium haben.“, gab Clary gut gelaunt zurück.

„Das ist wahr. Na ja, ich bin dann mal weg. Ich wünsch dir ne gute Nacht. Hoffentlich wird es nicht zu kalt.“

Zum Abschied umarmte Peggy ihre Freundin, wandte sich dann aber zum Gehen. Immerhin wartete Ben auf sie und ein toller Abend noch dazu. Clary sah der Schwarzhaarigen nach, belustigt lächelnd. Sobald sie aus dem Blickfeld der jungen Frau entschwunden war, lud Clary ihre Last ab. Den Schlafsack rollte sie aus und legte ihn auf den Campingstuhl, welchen Peggy zurückgelassen hatte. Danach öffnete Clary den Rucksack. Zuoberst lag eine Taschenlampe, dann folgten ein Buch, eine Decke, eine Flasche mit Wasser und ein paar Snacks. Nur für den Fall, dass sie mitten in der Nacht Hunger bekommen sollte. Clary aß furchtbar gern und sie wollte lieber vorbereitet sein, als den Rest ihres Aufenthalts mit Magenknurren überstehen zu müssen. Auch ihren iPod hatte sie einstecken.

'Falls ich irgendwann keine Lust mehr auf Lesen habe.', dachte sie, band ihr mittellanges, blondes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen und nahm auf dem Campingstuhl Platz. Auf dem Sand hatte er keinen festen Stand und schwankte etwas, doch das störte Clary nicht weiter. Sie schlüpfte aus ihren Sandalen, überkreuzte die recht kurz geratenen, aber braun gebrannten Beine und griff nach dem Buch. Es handelte sich um eine Klassiker, den sie immer wieder gern las: 'Jane Eyre' von Charlotte Bronte. Mittlerweile war ihre Ausgabe ziemlich abgegriffen und etwas zerfleddert, was vor allem daran lag, dass Clary das Buch überall mit hin nahm. Zum Beispiel zum Arzt, wenn sie lange Wartezeiten einkalkulieren musste. Oder in die Uni. Oder wenn sie zum Frisör wollte. Oder mit dem Zug heim zu ihrer Familie in Charlotte fuhr. Es gab mannigfaltige Gelegenheiten, das Buch zu lesen und irgendwie half es Clary, einen kühlen Kopf zu bewahren. Den hätte sie so manches Mal auch gut gebrauchen können. Sie war ziemlich impulsiv und ihre Sturheit zählte, ebenso wie ihr verdammter Stolz, nicht zu ihren positiven Charaktereigenschaften.

Claire Fraser war ein Mädchen von eher kleiner, dafür aber athletischer Statur. Ihre Haut war im Sommer braun gebrannt, da sie ihre Zeit bevorzugt am Meer verbrachte und rasch bräunte, ohne zu verbrennen ganz im Gegensatz zu ihre Mutter, die eher rot als braun wurde. Sogar, wenn sie Sunblocker benutzte. Das blonde Haar, welches in der Sonne bleichte und im Winter dunkler war, trug Clary meist offen oder als Pferdeschwanz. Es reichte ihr bis zum Ellbogen und war leicht stufig geschnitten. Ihre Augen waren blau und harmonierten gut mit der restlichen Erscheinung der jungen Frau. Ihre Gesichtszüge allerdings waren nicht symmetrisch und nahmen ihr damit ordentlich an Attraktivität, was Clary meistens nicht störte. Sie hatte schon ein, zwei Freunde gehabt, denen sie gefallen hatte und momentan war sie nicht auf der Suche. Anders als Honey, die erst kürzlichen ihren Lover Tom abserviert hatte und seitdem Party um Party frequentierte, in der Hoffnung, endlich jemanden zu treffen, der nicht nur auf Sex aus war, sondern mit dem man auch tiefschürfende Gespräche führen konnte.

'So jemand wäre schon toll...', schoss es Clary durch den Kopf, als sie ihre Lektüre aufnahm.

Noch konnte sie ohne das Licht der Taschenlampe auskommen, aber in Kürze würde die Sonne vollends untergegangen sein. Da ging verdammt schnell. Eigentlich hätte man meinen sollen, dass der Dämmerzustand länger anhielt. Das tat er jedoch nicht, weswegen Clary gezwungen war, das Licht anzumachen. Aber selbst wenn sie das nicht getan hätte, wäre sie noch immer leichte Beute für den Jäger gewesen.
 

Schon seit einer Woche hatte er keine Nahrung mehr zu sich genommen. Auf seiner Reise durch den Staat North Carolina kam er an vielem vorbei, aber selten an größeren Städten, wo es nichts ausmachte, wenn plötzlich ein Mensch weniger da war. Warum genau es ihn zum Meer trieb wusste Jasper nicht zu sagen. Er hatte das Gefühl, dass das Geräusch der Wellen, die ans Ufer schlugen, ihn beruhigte und die schmerzlichen Empfindungen in seinem Inneren linderten. Nicht einmal den Hunger spürte er so intensiv, wenn er der Brandung lauschte.

Jetzt aber hatte er Witterung aufgenommen. Ein paar vereinzelte Strandspaziergänger waren tatsächlich nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs, nichtsahnend. Wie hätte es auch anders sein können? Die Sterblichen waren so naiv.

Das grelle Licht einer Taschenlampe lenkte Jaspers Aufmerksamkeit von seinen Gedankengängen ab. Geräuschlos glitt er näher zu der Person hin. Langsam konnte er erkennen, dass es sich um eine junge Frau handelte. Sie saß mit dem Rücken zu ihm, den Kopf über etwas gebeugt, das auf ihrem Schoß zu liegen schien. Das blonde Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst worden, so wie Rosalie ihn zu tragen gepflegt hatte, wenn sie an den Autos der Familie herumgeschraubt hatte. Etwas, was sie niemals wieder tun würde. Die Erkenntnis versetzte Jasper einen schmerzhaften Stich. Rosalie mochte ja oft genug eine eingebildete Zicke gewesen sein, aber sie war auch seine Schwester gewesen und sie hatte ihm durchaus am Herzen gelegen, obwohl er nicht so der Typ für Familienbande war. War er noch nie gewesen, würde er auch niemals sein. Dessen war er sich sicher. Für ihn würde es keinen Clan mehr geben, dem er sich anschließen würde. Sein Leben als Einzelgänger war okay. Er kannte ja eigentlich nichts Anderes. Bis er Alice kennengelernt hatte. 1948, das Jahr, in dem alles anders geworden war. Jasper biss sich auf die Unterlippe. Daran wollte er nicht denken. Er musste sich jetzt ganz auf die Jagd konzentrieren.

Nun war er nah genug an dem Mädchen dran, um ihren Duft zu riechen. Als ob man ihm einen Schlag ins Gesicht versetzt hätte, und zwar einen nach Emmetts Art, blieb er wie angewurzelt stehen. Nie hatte er Edward geglaubt, wenn dieser behauptet hatte, Bellas Blut dufte nach Freesien und sänge für ihn. Dass Bella appetitlich roch, wusste Jasper. Seine ganze Familie hatte das bemerkt und es war zeitweise nicht nur ihm schwer gefallen, dieser Versuchung zu widerstehen. Unter dem Parfum oder was auch immer das Mädchen auf ihre Haut aufgetragen hatte, konnte Jasper einen Hauch von Lavendel erkennen. Mehr als nur Kupfer, einfach Lavendel. Der Geruch ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er spürte, wie seine Muskeln sich anspannten, instinktiv zum Sprung ansetzten. Der Hunger pulste durch jede einzelne Faser seines Körpers. Das Verlangen, sich hemmungslos am Blut dieses Mädchens zu berauschen, vernebelte ihm die Sinne. Er konnte kaum noch klar denken. Nur eins wusste er ganz genau: wenn er nicht bald trank, würde er einen bösen Fehler begehen. Er mochte ja wieder Menschenblut konsumieren, doch das hieß nicht, dass er wahllos Leute abschlachtete. Meistens handelte es sich um irgendwelche Kretins, die ohnehin niemand vermissen würde. Gerade, als er den Sprung ausführen wollte, wurde die Ruhe gestört.
 

„Clary!“

Zwei helle Arme schlangen sich um Claires Schultern und drückten sie an die Lehne des Campingstuhls. Vor Schreck rutschte ihr das Buch vom Schoß und landete mit einem Plumps im Sand.

„Honey!“, entfuhr es Clary halb erschrocken, halb böse.

Sie hasste es, wenn man sich so von hinten an sie heranschlich. Und Honey kannte sie ja wohl mittlerweile gut genug, um das zu wissen.

„Sorry, Krümel, aber Peg hat mir gesagt, dass du hier steckst und weil wir doch heute die Strandparty mit den Leuten von meinem Kurs machen, dachte ich, ich schau mal vorbei.“

Claire wandte sich halb zu ihrer Freundin um. Sie konnte Lärm hören, der vom Pier herüber drang.

„Ist auch kaum zu überhören.“, bemerkte sie spitz.

„Ach komm schon, jetzt sei nicht sauer!“, bettelte Honey.

Ihre großen, braunen Augen nahmen den für sie typischen Dackelblick an, mit dem sie normalerweise jedes Herz zum Schmelzen brachte. Auch Clary konnte ihr nicht lange böse sein. Sie seufzte leise.

„Ja, ja.“, murmelte sie widerwillig, weil sie nicht mal konsequent genug war, um wütend auf Honey zu sein.

„Willst du nicht ein bisschen mit zu uns rüber kommen?“, fragte Honey dann.

„Aber ich hab Peg versprochen, ihre Nachtwache zu übernehmen. Ich kann doch nicht einfach das Nest im Stich lassen.“, protestierte Clary.

Mit dieser Antwort gab Honey sich jedoch nicht zufrieden. Sie zog Clary einfach vom Stuhl hoch.

„Lass einfach die Taschenlampe brennen, dann kommen schon keine Waschbären.“

Clary war noch nicht überzeugt. Sie mochte es eigentlich, ein bisschen allein zu sein. In ihrer Dreier-WG war das kaum möglich, weil entweder Honey oder Peggy für Drama sorgten. Deswegen hatte Clary die Aussicht auf eine ruhige, wenn auch saukalte Nacht auch nichts ausgemacht. Eher im Gegenteil. Andererseits merkte sie, dass sie müde wurde vom Lesen und da sie Jane Eyre ohnehin auswendig kannte, hatte sie auch keinen Grund aufzubleiben.

„Och, Clary, bitte!“

Jetzt verlegte Honey sich aufs Betteln.

„Jamie ist auch da und ich glaub, er fragt sich schon, wo du steckst. Schließlich seid ihr ein paar Mal ausgegangen und du magst ihn doch, oder nicht?“

Leise seufzte Clary, hin und hergerissen zwischen Pflicht und Vergnügen. Die Schildkröteneier lagen ihr am Herzen, weil es nur noch wenige Karettschildkröten gab, aber andererseits hatte sie in letzter Zeit ihre sozialen Kontakte vernachlässigt und eine Strandparty war doch eine feine Sache. Außerdem stimmte es, sie mochte Jamie wirklich sehr. Eigentlich war sie nicht auf der Suche nach einem Typen oder gar einer Beziehung, aber wenn sie mit Jamie zusammen war, fühlte sich einfach alles richtig an. Gut. Nicht so, wie in den vergangen Jahren, in denen sie sich schrecklich unwohl gefühlt hatte, wann immer ein Mann es gewagt hatte, ihr näher zu kommen, als sie es wollte. Jamie hatte ihr zwar deutlich zu verstehen gegeben, dass er sie gern hatte, war ihr dabei jedoch nie auf die Pelle gerückt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Jungs in seinem Alter, er war 22 Jahre alt, genau wie Honey, benahm er sich wie ein wahrer Gentleman.

„Komm schon, Clary. Nur ganz kurz. Bitte!“

Honey hörte einfach nicht auf, zu betteln und schließlich lenkte Clary ein.

„Na gut.“, seufzte sie, „Aber wirklich nur kurz. Wenn Peg rausfindet, dass ich die Wache nicht anständig erledigt hab, dreht sie durch.“

„Ach hör doch auf, Peg ist die letzte, die dir keinen Spaß gönnen würde.“, wank Honey ab, griff nach Clarys Hand und zog sie freudig hinter sich her. Dabei erzählte sie ausführlich von den Typen, die sie angegraben hatten und auch, dass Tom das Ganze nicht witzig fand.

„Wie? Tom ist auch da?“, fragte Clary überrascht.

Zwar wusste sie, dass Honey Ex-Freund auch Psychologie studierte, wenn auch mit dem Schwerpunkt auf Kriminalistik, dennoch verwunderte sein Verhalten sie. Nachdem Honey ihn abserviert hatte, war er schrecklich geknickt gewesen. Er hatte geglaubt, dass das mit ihm und Miss Blakelee für die Ewigkeit war. Doch da hatte er sich geschnitten. So lange sie noch jung war, wollte Honey ihr Leben einfach nur genießen und zwar auf ihre ganz eigene Art. Tom hingegen nahm die Dinge bereits ernster als manchmal nötig gewesen wäre. Letztendlich hatte Honey erkennen müssen, dass sie und ihr Freund einfach völlig verschiedene Ansichten und Erwartungen an das Leben hatten. Und deswegen hatte sie mit ihm Schluss gemacht. Sie wollte keinen goldenen Käfig, sie wollte ihre Jugend verschwenden, damit sie später, wenn sie eine alte Schabracke war, nichts bereuen musste.
 

Jasper schaffte es nur mit knapper Not, seinen Sprung abzufangen. Ansonsten wäre er mit voller Wucht gegen den Campingstuhl gedonnert und obwohl es IHM nicht wehgetan hätte, wäre von dem Möbelstück wohl nicht mehr viel übrig geblieben. Ein Knurren entrang sich seiner Kehle. Seine Beute war ihm entkommen. Wie hatte das nur passieren können? Der Hunger machte sich noch immer bemerkbar, aber jetzt war hier niemand mehr, von dem Jasper sich hätte nähren können. Ein neuer Plan musste her.

Wenige Minuten nachdem die beiden Mädchen verschwunden waren, hatte er beschlossen, ihnen zu folgen. Sie waren schließlich auf den Weg zu einer Party und es würde nicht so auffallen, wenn ein betrunkener Student verschwand. Ein Grinsen stahl sich auf Jaspers bleiche Züge. Mit raschen Schritten, aber auf menschliches Niveau gebracht, folgte er den Mädchen. Er konnte bereits die Musik hören und den Alkohol riechen, sowie die Gerüche, die die Gruppe von Studenten ausströmte. Billige Parfums und Deos vermischt mit Schweiß, Alkohol und Rauch von einem Lagerfeuer, welches die jungen Leute am Strand entzündet hatten. Und darunter Blut. Ganz instinktiv ließ Jasper seinen Geruchssinn nach dem Hauch von Lavendel fahnden, der sich irgendwo in der Menge verbergen musste. Es dauerte eine ganze Weile, bis er Erfolg hatte, da die anderen Gerüche den Duft überlagerten. Schließlich aber hatte er gefunden, was er suchte. Bedächtig, geschmeidig und voller Ruhe näherte er sich seinem Opfer.
 

Es war gut gewesen, dass sie mitgekommen war. Jamie hatte sich unbändig gefreut, sie zu sehen und als Clary ihm erzählt hatte, weswegen sie eigentlich am Strand war, hatte er sich sofort bereit erklärt, mit ihr zusammen über das Nest zu wachen. Das fand sie unglaublich süß von ihm und beschloss, auf sein Angebot einzugehen. Ein bisschen Gesellschaft konnte ihr nicht schaden. Und Jamie war so witzig und intelligent, dass es Spaß machte, Zeit mit ihm zu verbringen. Bestimmt würde die Nacht wie im Fluge vergehen! Aber vorerst würden sie beide ein wenig Spaß auf der Party haben.

Wie üblich war ein Lagerfeuer entzündet worden und Alkohol machte die Runde. Clary lehnte dankend ab. Schließlich musste sie noch ein Schildkrötengelege bewachen und da kam es nicht so gut, wenn sie was intus hatte. Ohnehin hielt sie nicht viel von Alkohol. Zwar trank sie durchaus mal ein Bier, aber es ging selten darüber hinaus. Nur einmal hatte Clary sich wirklich übel betrunken und das war auf dem Abschlussball de High School gewesen, wo ein paar Leute Alkohol eingeschmuggelt hatten. Seitdem hatte Clary sich geschworen, nie wieder so abzustürzen und bis jetzt hatte sie sich daran gehalten. Dass die anderen Partygäste tranken, war ihr egal. War ja deren Sache. Sie waren alle erwachsene Menschen und konnten tun und lassen, was sie wollten, solange es im Rahmen des Gesetzes blieb.

„Guck mal, ich glaube, Tom geht gleich in die Luft.“, raunte Jamie ihr ins Ohr.

Sie standen am Rand der Tanzfläche, die ein paar Leute bereits eröffnet hatten und sich zu Lady Gaga verausgabten.

„Wieso?“, wollte Clary wissen.

„Honey tanzt mit Clive und wie sie mit ihm tanzt...“

Sofort hielt Clary Ausschau nach ihrer Freundin und musste zugeben, dass Jamie Recht hatte. Dann suchte ihr Blick Tom, der auf der anderen Seite der Tanzfläche stand und missmutig beobachtete, wie seine Ex-Freundin eng umschlungen mit Clive Fountain tanzte.

„Ohlala. Kein Wunder, dass Tom aussieht, als wolle er einen Mord begehen.“, bemerkte Clary, die es nicht für klug befand, dass Honey sich so benahm, wenn ihr Ex in der Nähe war.

Tom mochte ja ein wohlerzogener, junger Mann sein, aber auch bei diesem Exemplar Mensch war irgendwann der kritische Punkt erreicht. Sozusagen der klassische Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

„Du sagst es, Clary.“, stimmte Jamie ihr zu, „Soll ich dir eine Cola holen?“

„Das wäre lieb. Danke.“

„Dann bis gleich.“

Er schenkte ihr ein herzliches Lächeln und verschwand dann im Gedränge. Mit fünfzig Leuten, zu denen irgendwie immer mehr stießen am Strand zu feiern war keine kluge Idee, wenn man nur begrenzt Platz zur Verfügung hatte. Die meisten Anwesenden schien das jedoch nicht zu stören. Mit einem Seufzer ließ Clary ihre Augen über die Menge schweifen, wobei sie versuchte, weder Honey und Clive, noch Tom anzustarren. Das mussten die drei unter sich ausmachen. Sie waren immerhin alle erwachsen und halbwegs vernünftig.

Wieder seufzte Clary. Irgendwie ahnte sie, dass der Abend noch ein unschönes Ende nehmen würde. Doch das schlechte Gefühl verflüchtigte sich sofort, als ihr Blick an einem Fremden hängen blieb. Seine Haut war für jemanden, der sich in den Südstaaten rumtrieb, extrem bleich. Sie wirkte beinahe durchscheinend. Er hatte wirres, dunkelblondes Haar, das sich leicht ringelte. Seine Gesichtszüge waren maskulin und kantiger als die der Jungs, die Clary kannte. Irgendwie wirkte sein Gesichtsausdruck gequält. Als litte er beständig Schmerzen. Um die fein geschwungenen Lippen lag ein bitterer Zug, den Clary sich nicht erklären konnte. Langsam ließ sie ihren Blick höher wandern, bis sie bei seinen Augen anlagte. Sie zuckte zusammen. Konnte der Fremde wirklich rote Augen haben?

'Das sind bestimmt Kontaktlinsen...', dachte sie leicht abgelenkt.

Trotz der verzerrten Mimik war der Fremde unglaublich attraktiv und das schien auch mehreren anderen Mädchen aufgefallen zu sein. Hier und da wurde er angesprochen, doch er schien die jungen Frauen brüsk abzuweisen. Lindy Spencer, die es zuletzt versucht hatte, zog einen beleidigten Flunsch, als der Fremde sie von sich wegschob und wandte sich dem Nächstbesten zu. Wie sie es meistens tat, wenn ihr Freund Roger nicht da war. Da Roger bei der Army diente, war er die meiste Zeit im Ausland stationiert und Lindy vergnügte sich mit anderen Männern.
 

Irgendwie konnte Clary sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Fremde auf der Suche nach etwas oder jemandem war. Einen Moment sah es sogar so aus, als ob er schnuppere!

'Nein, das bilde ich mir nur ein.', ermahnte sie sich, 'Ich sollte meine Fantasie zügeln!'

Aber er benahm sich wirklich seltsam. Und er wirkte so furchtbar deplatziert unter den anwesenden Studenten. Nicht nur, weil seine Kleider irgendwie verdreckt und abgerissen wirkten, auch seine Art, sich zu bewegen, seine Mimik passten nicht ins Schema. Schlimmer noch, Clary begann, den Fremden interessant zu finden.

Ehe sie recht wusste, was sie tat, machte sie einen Schritt in seine Richtung, völlig vergessend, dass Jamie jede Minute wiederkommen musste mit ihrer Cola. Das hatte Clary jedoch völlig aus ihrem Gedächtnis verbannt. Sie war fast wie hypnotisiert von der Erscheinung des Fremden. So eine Reaktion auf ein männliches Wesen war komplett neu für sie. Normalerweise schaffte sie es, ziemlich gelassen zu bleiben, auch wenn sie jemandem mehr als rein freundschaftlich mochte. Vielleicht lag es ja daran, dass sie noch nie wirklich jemanden geliebt hatte? Honey hatte sie schon häufiger als Liebes- und Beziehungskrüppel bezeichnet. Insgeheim hatte Clary ihr Recht gegeben. All ihre Freundschaften mit Jungs waren zerbrochen. Das waren zwar nicht viele gewesen, aber trotzdem hatte es Clary als Versagen empfunden. Mit 15 träumte doch jedes Mädchen davon, seinen ersten Freund zu heiraten und bis ans Ende aller Tage mit ihm glücklich zu sein. Da war Clary keine Ausnahme gewesen. Sie hatte Connor so gern gehabt, dass sie fest überzeugt gewesen war, mit ihm eines Tages vor den Traualtar zu treten und die Mutter seiner Kinder zu werden. Ein halbes Jahr später kam die Ernüchterung, als Connor mit ihr Schluss machte, weil er sich in ein anderes Mädchen verliebt hatte. Verdammt, das hatte wehgetan. Clary hatte zwei Jahre gebraucht, um sich davon zu erholen bis Lewis kam. Mit ihm war sie immerhin ein Jahr und zwei Monate zusammengewesen, bevor sie beschlossen hatten, und das in beiderseitigem Einvernehmen, auseinander zu gehen. Zu dem Zeitpunkt hatte Clary schon in Wrightsville Beach gelebt und ihr Studium begonnen, während Lewis an die Vanderbilt in Nashville gegangen war. Fernbeziehungen waren nicht Clarys Ding. Sie brauchte jemanden in der Nähe von dem sie Zuneigung und Geborgenheit erfahren konnte. Leider war das bis jetzt nicht passiert, obwohl sie ab und an mit Jungs ausgegangen war. Bis auf Jamie jetzt hatte sie keinen davon mehr gemocht, als freundschaftlich. Und dann war da noch die Faszination für den Fremden...

Jasper merkte, dass das Mädchen mit dem Lavendelblut ihn anstarrte. Ein kaum merkliches Grinsen erschien auf seinen bleichen Lippen. Er hatte also immer noch die Wirkung, die seine Spezies allgemein auf Menschen ausübte. Und das würde er heute Nacht auch gehörig ausnutzen. Soweit zur Theorie jedenfalls.
 

„Da bin ich wieder.“

Nur undeutlich und leicht verzerrt drang Jamies Stimme an ihr Ohr. Sie war viel zu fasziniert von dem Fremden. Ihre Blicke hatten sich getroffen und hielten einander fest. Obwohl seine Augen rot schimmerten hatte Clary keine Angst mehr. Warum wusste sie auch nicht. In ihrem Inneren war es ganz ruhig. Keine widerstreitenden Gefühle mehr, alles war wie weggeblasen. Einzig auf den Fremden konnte sie sich konzentrieren. Jamie folgte ihrem Blick. Er hatte den Neuankömmling zuvor nicht bemerkt, weil er viel zu beschäftigt gewesen war, Clarys Cola zu besorgen und darüber nachzudenken, ob er sie heute Nacht noch küssen sollte oder ob sie ihm dann eine scheuern würde. Jetzt aber nahm er den jungen Mann mit der gequälten Miene ganz deutlich als Bedrohung war. Instinktiv spürte Jamie, dass das Objekt seiner Begierde fasziniert von dem Fremden war. Jamie mochte Clary schon seit Längerem und war nicht gewillt, sie vom Haken zu lassen, weswegen er sich zu ihrem Ohr beugte.

„Sollten wir nicht nach deinen Schildkröten gucken?“, fragte er leise, in der Hoffnung, dass Clary die Tiere wichtiger sein würden, als ein fremder Mann.

„Oh, verdammt!“

Mit einem Schlag war Clary wieder in der Wirklichkeit. Sie wandte sich in Jamies Richtung, entschuldigend lächelnd.

„Du hast Recht, wir sollten uns auf den Weg machen. Nicht, dass ein Waschbär aufgetaucht ist!“, stimmte Clary ihm zu.

Sie nahm die Cola, die Jamie ihr entgegen hielt dankbar an und nahm einen Schluck, ehe sie gemeinsam mit ihm der Party den Rücken kehrte und in Richtung des Nests abwanderte. Im Nacken konnte sie den Blick des Fremden spüren, der sich fast in sie zu bohren schien.



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