Glue The Heart von chenyu ================================================================================ Kapitel 10: Angriff! -------------------- Was erzählt er da? Meint er das wirklich alles so? Er hasst mich? Ist das jetzt vorbei? Wollte er wirklich Rache und was bezweckt er jetzt damit, mir das alles zu erzählen? Moment, ist das jetzt die Wahrheit? Ich muss mir an die Stirn fassen und meinen Kopf festhalten, der sich irrsinnig schwer anfühlt und in dessen Innerem alles zu schwirren scheint. Okay, ganz langsam, lass uns noch einmal zurückspulen, sage ich mir so ruhig es geht, um die Kontrolle über meine Gedanken zurück zu bekommen. Anna war da, sie ist nett und hübsch, aber das hatten wir ja alles schon. Meine Zeige- und Mittelfinger wandern zu meinen Schläfen und beginnen sie vorsichtig zu massieren. Tut das gut. Anna ist nicht seine Freundin, Ian ist schwul, das war alles nur Show, aber.. Ich komme nicht umhin, meine Stirn zu runzeln. Was war mit dem Telefongespräch? Sie hat doch eindeutig „Ich liebe dich auch.“ gesagt. … Mein Blick wandert zu Ian, der sich faul auf der Matratze räkelt. Er scheint nicht zu bemerken, dass ich ihn ansehe, oder höchstgradig verwirrt bin, dazu ist er viel zu entspannt dabei die Decke anzustarren. Also fasse ich einen Entschluss, rutsche auf ihn zu und lege mich neben ihn. Dabei ahnt Ian wohl noch nichts von seinem Glück, sehr bald schon von mir gequält zu werden. Er ist immer noch ruhig und jetzt grinst er mich sogar vertrauensselig an, aber er hat es nicht anders verdient, dessen bin ich mir sicher. Ich erwidere das Grinsen mit einem gespielt scheuen Lächeln und rutsche noch etwas näher. Ians Mundwinkel zucken kurz, dann sehe ich wie sein Grinsen in sich zusammenschrumpft, stattdessen beobachten mich jetzt seine wachsamen Augen. Er fühlt sich nicht weniger unwohl als vorhin, es ist eher so, als würde er auf etwas warten, auf etwas von mir. Ich verstehe sehr genau was er will, sein Blick spricht Bände, verlangt nach ersten Annäherungen und Zärtlichkeiten. Wie kann er nur glauben, dass ich jetzt in einer solchen Stimmung bin? Gerade jetzt? Und gerade nach allem, was er mir erzählt hat? Aber ich lasse mich davon nicht beirren, ganz im Gegenteil, er bestärkt mich sogar noch weiter darin, meine Bestrafung durchzuziehen. Ich strecke also die Hand vorsichtig nach ihm aus und streiche ihm durch seine tiefschwarzen, kurz geschnittenen Haare. Dabei gehe ich besonders langsam und behutsam vor, kitzle ihn sogar absichtlich an der Wange und bemerke Augenblicke später bereits den Effekt meiner Handlung. In Ians Augen ist eine Glitzern getreten, das von einer aufwallenden Erwartung erzählt. Es ist schwer, mich davon zu lösen, daher überspiele ich die Szene mit einem Lächeln und senke meinen Blick kurz erneut. Tatsächlich wollte ich ihm immer schon mal durch die Haare fahren, dieses samtene Schwarz hat eine Anziehungskraft, gegen die nicht einmal ich mich richtig wehren kann. Aber jetzt ist nicht die Zeit, das zu genießen! Zaghaft sehe ich wieder hoch, ich weiß wie behutsam ich jetzt vorgehen muss, um ihm keine Gelegenheit zu geben, über mich herzufallen. Das ist das letzte, das ich jetzt will. Ian scheint das zum Glück auch nicht vorzuhaben, sondern wartet geduldig meinen nächsten Schritt ab. Daher beschließe ich, dass es sicher ist, die Augen offenkundig zufrieden zu schließen und mich vertrauensvoll an seine Schulter zu schmiegen. »Beweg dich nicht.« flüstere ich dennoch vorbeugend wie ein stilles Versprechen. Ians Brust hebt sich, er muss wohl tief durchatmen, weil ich ihn nervös mache? Ich muss schmunzeln und kann spüren, wie er mich immer noch ansieht, wie er den Blick gar nicht von mir lösen kann, wie er zusieht, als ich mein Kinn anhebe und die Lider öffne. Er beobachtet mich weiter, als ich den Kopf vorrecke und meine Lippen nur wenige Millimeter von seinem Ohrläppchen entfernt zum Stehen kommen. Mein Atem streift seine Haut und ich bemerke etwas belustigt, wie er dadurch erschaudert. »Ian.« Er schluckt. »Ich.. liebe dich auch.« Meine Worte waren kaum mehr als ein Flüstern, dennoch war die Wirkung schwer zu übersehen. Ich schaue etwas verstohlen zu Ians rot gewordenen Wangen und bemerke auch, wie sich seine Atmung verändert hat und der arme regelrecht nach Luft schnappen muss. «W.was?» Ich grinse. »Du hast schon richtig gehört.« versichere ich ihm. Er dreht sich jetzt dennoch auf die Seite und sieht mich ziemlich verdattert an. «Auch?» Seine Stimme klingt heißer. Hat ihn meine Nähe bereits derart erregt, dass er sie nicht mehr unter Kontrolle hat? Das macht es umso schwerer meine Schadenfreude zurückzuhalten. Daher lächle ich und nicke. Anschließend streiche ich ihm noch einmal zärtlich über die Wange. »Natürlich. Das sagt Anna dir doch auch immer, oder?« Meine Worte waren ruhig und sachlich, aber Ian scheint sich zunehmend unwohler in seiner Haut zu fühlen, wie nur wenige Augenblicke zuvor. Mir hingegen passt die neue Situation ganz gut, endlich habe ich die Gelegenheit mich zu wehren, gegen ihn und seine bescheuerten Erklärungen. »Was ist? Was hast du denn plötzlich?« Mit etwas Schwung bin ich auf ihm, mache es mir auf dem völlig verdutzen Ian bequem und grinse ihn böse an. »Ist dir etwa gerade noch etwas eingefallen, das du mir gern gesagt hättest?« «Ich habe ihr nie gesagt, dass ich sie liebe.» »Nein, natürlich nicht.« «Das ist die Wahrheit!» Ich mustere ihn ungnädig. Damit will er mich also abspeisen? Als ob ich ihm noch irgendetwas glauben würde. »Erzähl das wem, ders hören will.« «Finn! Das war ihre Idee!» »Und wieso sollte sie dann so etwas sagen?« «Mann... Finn...» Ian streicht sich verlegen durch die Haare und ich Idiot kann meine Blick nicht davon abwenden und das nur, weil ich jetzt weiß, wie es sich anfühlt, wenn ich selbst mit meiner Hand da durch streiche. Trotzdem zeige ich ihm nicht, dass ich weich geworden bin, bin ich ja auch nicht, nicht so schnell, nicht durch eine so simple Geste. Wirklich nicht! Also verschränke meine Arme vor der Brust und mustere ihn streng. »Ja? Was denn?« frage ich schroff. So, das sollte reichen, um auszudrücken, dass er gefälligst mit einer verdammt guten Ausrede daherkommen muss, um überhaupt darauf hoffen zu können, dass ich ihm verzeihe. «Sie... war sich, glaub ich, ziemlich sicher, dass du zuhörst.» Ich schnaube. »Umso besser.« erwidere ich trotzig. Muss ich mir das eigentlich wirklich anhören? Ich glaube kaum, dass es noch besser wird. «Ja, genau, weil sie wollte, dass du eifersüchtig wirst.» Okay, ich gebe zu, damit habe ich jetzt wirklich nicht gerechnet. »Wieso sollte sie mich eifersüchtig machen wollen?« «Vielleicht, weil sie sehen wollte, ob du an mir interessiert bist.» erzählt er mir kleinlaut. … Ich muss tief durchatmen, dann hebe ich skeptisch meine Augenbrauen. »Und wieso sollte sie das wissen wollen? Sag bloß sie wollte was von mir?« Wenn man es recht betrachtet war sie schon ziemlich nett zu mir, obwohl ich hingegen... Nein! Also wirklich nicht! Nicht Anna, das wäre mir aufgefallen. Oder doch? Wie verhalten sich Mädchen eigentlich, wenn sie verliebt sind? Andererseits, wenn wir hier von Liebe sprechen, ist das schon wieder ausgeschlossen, wir kennen uns ja nicht einmal! Schon gut, ganz ruhig bleiben und erst mal tief durchatmen. Es wird schon alles wieder gut werden, ganz bestimmt. Tatsächlich hatte ich für eine kurze Zeit die Augen geschlossen und Atemübungen gemacht, eine wirklich dämliche Angewohnheit, die ich mir von meiner Mutter abgeguckt habe. Oh Gott, schon wieder ein Charakterzug meiner Mutter der durchscheint! Ich schüttle mich, um den Gedanken daran wieder zu verdrängen. «Alles okay mit dir?» »Was?« Ich werde augenblicklich rot, räuspere mich jedoch, um davon abzulenken. »Das hängt von deiner Antwort ab.« kontere ich also, um den Gesprächsfokus wieder auf Ian zu lenken. Dieser seufzt ergeben und kratzt sich etwas beklommen an der Schläfe. «Vielleicht... wollte sie das wissen, weil ich... möglicherweise... ein bisschen... geschwärmt hab, von dir?» Es ist nicht leicht Ians Erklärung zu folgen, weil er dabei mit jedem Wort leiser wird und schlussendlich war es nur noch ein undeutliches Nuscheln. »Was? Wie war das?« «Oh Gott, Finn, tu mir das nicht an.» fleht er. Er scheint es wirklich nicht wiederholen zu wollen, andererseits ist er jetzt genau in der Lage, in der ich ihn haben wollte. »Nicht? Dann hast du also wirklich gesagt, dass du von mir schwärmst?« «Ja.» Wow, und ich dachte wirklich, ich hätte es mir eingebildet. Interessant, wirklich sehr interessant. Nur, was mache ich jetzt mit dieser neuen Situation? Bei einer Sache bin ich mir allerdings ziemlich sicher, lange sollte ich wohl nicht mehr sauer auf ihn sein, das zerstört auf Dauer nur das Wohnklima. Also anstelle ihn so verdattert anzusehen, wie jetzt gerade, sollte ich mir wohl etwas Vernünftiges einfallen lassen, um das alles wieder zu bereinigen. Dafür schließe ich die Augen und mit den immer noch verschränkten Armen komme ich mir ein bisschen wie einer dieser typisch klischeehaften Indianerhäuptlinge aus den alten Wildwest-Filmen vor, fehlt nur noch der Kopfschmuck und eine Friedenspfeife. Ich lasse mir Zeit mit meiner Entscheidung, wohl wissend, dass es eine quälende Frist für Ian sein wird. Schließlich nicke ich jedoch und sehe ihn dabei ernst an. »Gut, dann bell wie ein Hund.« Ian scheint über diese Aufforderung sichtlich verwirrt zu sein, wäre ich vermutlich auch, wäre ich an seiner Stelle, aber das bin ich ja zum Glück nicht, also grinse ich nur. »Was denn? Das ist die Strafe dafür, dass du mir was vorgespielt hast.« erkläre ich, als wäre das die normalste Sache der Welt. «Ich soll bellen?» fragt er immer noch skeptisch. Okay, ruhig bleiben und bloß nicht zu lachen anfangen, auch wenn es einfach zu komisch ist, Ian dabei zu beobachten. Nach einem tiefen Räuspern traue ich meiner Stimme wieder zu, sachlich zu klingen. »Ja, sei so gut.« Es ist eine wirklich abstruse Lage, in der wir uns beide befinden, Ian der mich immer noch ungläubig anstarrt und dann schließlich zu kläffen beginnt, als er merkt, dass es mir damit völlig ernst ist, und ich, der krampfhaft versucht, dabei nicht zu Lachen, um die Strafe auch als Strafe wirken zu lassen. Irgendwann muss ich mich dann aber doch abwenden und kichere leise vor mich hin. Ian scheint sich dadurch auch wieder wohler zu fühlen, denn er sieht sichtlich erleichtert aus, als ich wieder hinsehe. «Auf sowas stehst du also?» Ich schüttle amüsiert den Kopf, es ist doch einfach zu lächerlich. »Ja, genau. Auf sowas steh ich.« erwidere ich glucksend. «Hmm... soll ich noch ein Tier für dich machen?» Noch ein Tier? Will er mich durch einen Lachanfall umbringen? Angestrengt versuche ich wieder ernst drein zu schauen und dabei den Kopf zu schütteln, ich fürchte nämlich, dass ich momentan, wenn ich den Mund öffne, abgesehen von Lachlauten nichts anderes herausbringen werde. «Nein? Bist du sicher? Kein Kätzchen? Oder einen Elefanten?» Ich kann nicht anders, als zu grinsen und bemerke dabei erst zu spät, dass Ian immer näher kommt und sich schließlich zu meinem Ohr beugt. «Ich kann auch einen erstklassigen Leguan.» Bei diesen Worten läuft es mir heiß-kalt den Rücken runter. Wo hat er nur gerade diese sexy Stimme ausgepackt? Einmal abgesehen von seiner Wortwahl, erinnert mich das doch ziemlich an meine Verführungs-Schrägstrich-Bestrafungstaktik von vorhin. Ich muss schwer schlucken und mir wird plötzlich auch ziemlich mulmig zu Mute. Ist das jetzt ein Gegenangriff? Etwas nervös versuche ich noch durch ein Kichern, die Stimmung wieder aufzulockern, aber es ist vergeblich. Sekundenbruchteile später hat er mich bereits gepackt und ohne, dass ich Gelegenheit gehabt hätte mich zu wehren, seine Lippen auf meine gepresst. … Okay, ruhig, ganz ruhig, ganz... Panik! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)