Die drei Schlangenblätter von Runenmagierin ================================================================================ Kapitel 1: die drei Schlangenblätter ------------------------------------ Manchmal, wenn man älter wird, fängt man an, über sein Leben nachzudenken. Und man fragt sich, ob alles, was man erreicht und geleistet hat, oder, ob die Entscheidungen, die man getroffen hat, richtig waren. Wenn ich jetzt so zurück denke an alles, was ich erlebt habe, dan muss ich sagen, dass ich mir nicht mehr hundertprozentig sicher bin; aber andererseits: ich wüsste auch nicht, wie ich es besser hätte machen können. Ich bin in eine Familie geboren worden, die finanziell nie wirklich gut gestellt war. Meine Eltern hatten gerade genug, was zum Leben notwendig war. Aber als meine Mutter kurz nach meiner Geburt starb, verschlechterte sich unsere Situation erheblich. Ich half von klein an im Haushalt mit, anders wäre es gar nicht möglich gewesen. Die Schule lit zwar darunter, doch es war immer im Bereich des Vertretbaren. Als ich 17 jahre alt wurde, erhielt ich den Musterungsbescheid der Bundeswehr und wurde tauglich gemustert - ich verpflichtete mich als Berufssoldat zum Heer. Dies war meine erste große Entscheidung, und eine der wenigen, bei denen ich bis heute sicher bin, dass sie richtig war. Ich kam in ein Kommando nach Afghanistan, und ich bewährte mich dort, wurde mehrfach befördert und ausgezeichnet, und mein Kommandeur brachte mir Respekt und Wohlwollen entgegen. Wir waren mehrere Jahre zusammen bei der gleichen Einheit, standen persönlich gemeinsam einige brenzlige und gefärhliche Situationen durch; er konnte allerdings ein paar Jahre vor mir zurück in die Heimat. Als auch ich zurückkehrte hatte, sich die Situation meiner Familie stabilisiert, als Berufsoffizier hatte ich einen ordentlichen Sold, dazu all die Zulagen für durch den Auslandseinsatz in der kämpfenden Truppe, und ich hatte wenig Gelegenheit gehabt, Geld auszugeben. Mein Vater war ein sparsamer und verantwortungsvoller Verwalter und bescheidener Nutznießer meines Einkommens gewesen und hatte sich trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage in der Heimat eine bescheidene selbständige Existenz aufbauen können, so daß er gar inzwischen von mir unabhängig war. Die Ferien nach dem langen Kampfeinsatz am Hindukusch taten mir gut, doch dann wurde es bald langweilig, und als mein alter Freund und früherer Vorgesetzter mich einlud, ihn und seine Familie zu besuchen, nahm ich dankend an. Ich wusste nicht viel über seine Familie, nur dass er eine Tochter hatte, von der er damals aber selber kaum noch etwas wusste, da er immer mit seiner Arbeit beschäftigt war. Ich lernte das Mädchen kennen und, obwohl ich doch einige Jahre älter war, muss ich zugeben, das ich mich wohl in sie verliebte, oder zumindest glaubte ich das. Ihr Name war Laura, ich erfuhr, dass auch ihre Mutter schon verstorben war und sie sie kaum kennen gelernt hatte. Auch das schuf ein Gefühl der Verbundenheit. Ich besuchte Vater und Tochter immer öfter und ging auch mit Laura aus. Ihr Vater schien das alles wohlwollend zu betrachten und auch, wenn sie es nicht sagte, war ich mir damals ziemlich sicher, das Laura genauso empfand wie ich. Also gab ich mir einen Ruck und machte ihr einen Heiratsantrag. Der Altersunterschied interessierte ich nicht, ich liebte sie und wollte,wenn es denn möglich war, immer mit ihr zusammen sein. Sie nahm den Antrag auch an, aber nur unter einer Bedinung: Die war, dass der Ehepartner, der den anderen überlebte, sich mit dem Verstorbenen in die Familiengruft einmauern lassen würde. Laura war jung und gesund, ich war auch gesund, wenn auch nicht mehr so jung wie sie. Kurz und gut ich rechnete nicht damit, dass dieser Fall so bald eintreffen würde und gab ihr das Versprechen. Die Hochzeit wurde groß gefeiert und alle Freunde und Bekannten ihrer Familie kammen. Doch irgendwas kommt immer anders. Nur zwei Jahre nach unserer Hochzeit wurde Laura krank. Sie verstarb nur ein halbes Jahr darauf, und ich sah mich gezwungen, nicht nur meine junge Frau zu begraben, sondern auch mein Versprechen zu halten. Es gefiel mir nicht gerade, bei lebendigen Leib eingemauert zu werden, aber ich hatte es versprochen, vor Zeugen, und auch wenn das eigentlich nicht erlaubt war, wusste ich doch, dass Lauras Familie dafür sorgen würde, dass ich mein Versprechen einhielt, ob ich wollte oder nicht. Mir wurde Essen und Trinken mit in die Gruft gegeben, und dann wurde die Wand verschlossen. Ich harrte so, wie ich meinte, Tage aus, bis eine Schlange sich meiner aufgebahrten Frau näherte. Ich wollte nicht, dass sie Lauras toten Körper noch schaden konnte, nicht, solange ich mich noch bewegen konnte. In diesem Fall kam es mir zu gute, dass meine Frau aus einer alten Ritterfamilie stammte und über all in der Gruft alte Schwerter hingen. Ich griff nach einem und schlug damit nach der Schlange, drei mal schlug ich zu und zerteilte sie in vier Teile. Später kam noch eine weitere Schlange. Ich machte mich schon bereit, auch diese zu töten, als ich sah das sie drei Blätter im Maul hatte. Sie kroch zu der toten Schlange und legte die Blätter auf die Schnittstellen. Kurz darauf begannen diese zu verheilen, und die Schlange bewegte sich wieder. Beide verschwanden durch ein kleines Loch in der Wand, das ich vorher nicht bemerkt hatte. Aber viel wichtiger war mir das sie die Blätter zurück gelassen hatten. Ich griff sofort danach und brachte sie zu Laura, ich legte ihr je ein Blatt aud die Augen und auf den Mund, und da begann sie, wieder zu atmen. Ich freute mich sehr für sie, doch vergaß ich auch nicht, dass wir wieder aus der Gruft raus mussten, wenn sie etwas vo ihrem neuen Leben haben sollte. Also begannen wir uns bemerkbar zu machen und hofften, das irgendwer das Grab besuchen wollte und uns hörte. Und wir hatten wirklich Glück, denn der Vater meiner Frau besuchte das Grab bald und hörte uns. Die Freude war natürlich groß, als wir beide wieder wohl behalten zurückkamen. Die Blätter nahm ich natürlich mit und gab sie dem früheren Adjutanten meines Schwiegervaters, der schon im Krieg ein guter Freund von mir geworden war. Meine Ehe verlief weitere drei Jahre ereignislos, zu meinem bedauern auch kinderlos. Ich weiss nicht, ob nicht vielleicht alles anders gekommen wäre, wenn wir Kinder gehabt hätten, aber heute muss ich sagen, dass wir sehr schnell begannen, aneinander vorbei zu leben. Das merkte auch mein Schwiegervater, und der machte seine eigenen Pläne, um unsere Ehe zu retten oder wieder in Schwung zu bringen. Er schenkte uns eine Kreuzfahrt. Laura und ich freuten uns, aber wirklich bringen tat es nichts. Ich verbrachte meine Zeit damit, zu lesen und die kulinarischen Angebote des Schiffes zu geniessen, und Laura verbrachte ihre Zeit unter Leuten, sie war viel an der Bar, die es auf dem Schiff gab, und amüsierte sich prächtig. Erst später erfuhr ich, dass der Kapitän ihr schöne Augen gemacht hatte und sie sich darauf einlies. Noch andere Dinge sollte ich erst viel später erfahren, zum Beispiel, das meine Frau und ihr Gliebter meinen Tod planten. Laura schleppte mich zu einer dieser Feiern mit, die auf dem Schiff veranstaltet wurden. Es war der letzte Abend auf See, das sogenannte "Käpt'ns Dinner", und darum ging ich mit. Ich trank mehr, als ich vertragen konnte und wurde wohl, als ich so betrunken war, dass ich nichts mehr merkte, über Bord geworfen. Ich hatte Glück im Unglück, Jonas der ehemalige Adjutant, auch dabei war, weil ich es so gewollt hatte, der junge Mann hatte sich in den letzten drei Jahren noch mehr als zuvor einen wichtigen Platz in meinem Leben erarbeitet. Und auch jetzt war er wieder unentbehrlich, denn im Gegensatz zu mir hatte er, bemerkt, was mit meiner Frau und dem Kapitän vor sich gegangen war. Er setzte sich mit einem Beiboot ab. Und fand mich dann auch recht schnell, zog mich ins Boot und belebte mich mit den Schlangenblättern wieder. Ich war mir sicher, dass er mir die Wahrheit sagte, als er mir die Geschichte erzählte. Wir gelangten vor dem Keuzfahrtschiff in den Hafen, da dieses noch bis zum Morgen davor liegen würde wegen der Feier. Sofort ging ich zu meinem Schwiegervater und erzählte ihm alles. Zu erst wollte er mir nicht glauben, aber gewisse Bedenken an seinem Kind kamen ihm wohl doch. Als Laura und der Kapitän am nächsten Tag nach Hause kamen und dem Vater eine zu Tränen rührende Geschichte erzählten, wie ich zu Tode gekommen sein sollte, musste ihm klar werden, dass sie log und sich alles so zugetragen hatte, wie Jonas und ich es ihm erzählt hatten. Es tat mir in der Seele weh, zuzusehen, wie es ihm zusetzte, und wahrscheinlich trug dieses Verhalten Lauras mit dazu bei, dass er so früh verstarb. Als ich mich meiner Frau zeigte, waren sie und ihr Geliebter zunächst schockiert. Als ihr Vater sie dazu aufforderte, dies zu erklären, sagte keiner der beiden ein Wort, dann versuchte der Kapitän eine Ausrede zu finden, doch Laura sagte weiterhin nichts. Die ganze Situation endete damit, das der Vater beide seines Hauses verwies und Laura enterbte. Ich weiss nicht was aus ihr geworden ist, und wenn ich ehrlich bin, dann will ich es auch gar nicht wissen. Laura geheiratet zu haben, war aus meiner Sicht mein größter Fehler, alles weitere waren Folgefehler, die höchstwahrscheinlich jeder andere auch gemacht hätte, aber vielleicht wäre es mit einem anderen Mann anders gekommen. Wer kann das heute schon sagen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)