Tochter des Mondes von WoelfinAsaki ================================================================================ Kapitel 4: Blut --------------- Ehe Nowaki reagieren konnte, spürte sie ein großes Gewicht, das sich mit aller Kraft gegen sie warf. Sie versuchte noch, nach dem unbekannten Angreifer zu schnappen, doch sie verlor den Halt und stürzte zu Boden. Ein wildes Knurren entfuhr ihr, während sie rasch versuchte, sich wieder aufzurichten. Sie konnte sehen, wie sich der Schatten abermals auf sie werfen wollte. Seine blutroten Augen jagten Nowaki einen Schauer über den Rücken. Auf seinen zottigen schmutziggrauen Pelz fiel dunkles Licht. Oder war es etwas anderes, was diesem Wolf eine so seltsam dunkle Aura gab? Der Wolf sprang auf sie zu. Nowaki hatte keine Zeit mehr, sich aufzurichten. Stattdessen legte sie kampfbereit die Ohren an und fletschte die perlweißen Zähne. In dem Moment flammte eine dünne hellgoldene Linie zwischen ihr und dem Wolf auf. Unfähig, seine Sprungrichtung noch zu ändern, schlug er gegen das Hindernis und gab ein lautes Winseln von sich, als habe er sich verbrannt. Tatsächlich stieg Nowaki die Witterung von versenktem Fell in die Nase. Verdutzt richtete Nowaki sich auf und sah sich um. Die weiße Katze stand direkt hinter ihr, die Pfoten tief im Boden vergraben und den buschigen Schwanz steil aufgerichtet. Sie gab ein tödliches Grollen von sich, das der Windwölfin die Haare zu Berge stehen ließ. „Wo habt ihr Gesindel sie hingebracht!?“, rief sie laut und grub die Pfoten vor Zorn noch tiefer in das weiche Erdreich. Das helle Licht, das sie sonst umgab, blendete nun fast. Feine Rauchwolken stiegen zwischen den Blättern auf und umspielten ihren zierlichen Leib. Weitere Gestalten tauchten nun zwischen den Bäumen auf, doch hielten alle respektvollen Abstand zu der wütenden Sonnenkatze. Sie patrouillierten am Rand der goldenen Linie entlang und verschlangen die Wölfe in ihrem inneren mit gierigen Blicken. Was hatte Kira ihnen nur versprochen, dass sie sie um jeden Preis fangen wollten? Dann hörte Nowaki lautes Klirren wie das Zerbrechen von Glas und der Schutzschild löste sich von einem Herzschlag zum nächsten auf. Mailo zog seine Peitsche. „Darauf habe ich nur gewartet! Let's Fetz!“ Die Waffe knallte durch die Luft und riss einem angreifenden Wolf die Flanke blutig. Davon ließ sich sein Gegner jedoch nur wenig beeindrucken. Die Fänge weit aufgerissen rannte er weiterhin auf den Naturwolf zu, der abermals mit der Peitsche angriff. Nowaki hatte sich indessen zu der erschöpften Sonnenkatze zurückgezogen. Das Tier lag regungslos auf dem Waldboden und gab keinen Laut von sich. Hatte sie sich übernommen? Das konnte sich Nowaki nicht recht vorstellen. Eigentlich sollte sie erfahren genug sein, um solche Gefühlsausbrüche und die damit verschwendende Kraft unter Kontrolle zu halten. Andererseits wusste sie gar nichts über sie. Nur hatte sie angenommen, dass die Katze über Kampferfahrung verfügte. Immerhin hatte sie ihnen noch zuvor Tipps gegeben. Was hatte sie dazu bewogen, sich so gehen zu lassen? Ein großer schwarzer Wolf mit gelben Blitzen an der Flanke trat auf sie zu. Die Lefzen waren zu einem höhnischen Grinsen verzogen. Um ihn herum war die Luft aufgeladen vor Spannung. Nowaki spürte, wie sich ihr Pelz aufrichtete. „Komm ihr nicht näher!“, knurrte sie. Ihre Rute war steil aufgerichtet. „Von deiner Freundin will ich auch nichts. Die ist eh hinüber. Dich will ich verbrutzeln!“ Wie um seine Worte zu unterstreichen, explodierte vor Nowakis Gesicht ein kleiner Blitz. Geblendet schüttelte sie den Kopf. Funkelnde Lichter tanzten ihr vor Augen. Sie konnte nichts mehr sehen! Der kräftige Rüde warf sich auf sie und drückte sie zu Boden. Gleichzeitig durchfuhr Nowaki ein Schlag, der ihren Körper vor Schmerz unwillkürlich zusammenzucken ließ. Winselnd wollte sie das Gewicht von sich stoßen, doch der Wolf war zu kräftig für sie. Die Pfoten hielten sie eisern fest, während er weiter Elektroschocks durch ihren Körper jagte. Verzweifelt wand sich die Wölfin unter ihm. Die Fänge griffen nach dem Vorderlauf ihres Gegners und tatsächlich bekam sie ihn zu fassen. Ein weiterer Schlag durchfuhr sie, doch sie ließ nicht los. Ihr Winseln war wildem Knurren gewichen, während sie immer fester zupackte. Sie hörte, wie der Elektrowolf aufheulte. Wütend strafte er sie mit weiteren Elektroschocks. Schwarzes Blut lief Nowaki über die Schnauze. Es brannte unangenehm auf ihrer Haut. Mit dem Lauf in den Fängen warf sie den Kopf zurück. Knochen knackten und zersplitterten unter der Wucht ihrer Attacke. Endlich ließ das Gewicht auf ihr nach. Mühsam versuchte sie, sich wieder aufzurichten. Doch ihre Muskeln gehorchten ihr nicht mehr. Sie zitterte am ganzen Körper. Nur schwerfällig gelang es ihr, wieder auf die Pfoten zu kommen. Die Läufe zuckten unkontrolliert. Es erforderte ihre ganze Willenskraft, stehen zu bleiben. Ihr Gegner hatte sich mittlerweile auch wieder auf die Beine gekämpft. Seine rechte Pfote hing schlaff herab und tränkte den Boden schwarz. Weiß schimmerte der zerstörte Knochen unter dem Fell hervor. Noch immer hatte der Wolf das gehässige Grinsen im Gesicht, doch versuchte er gleichzeitig, den Schmerz zu überdecken. „Nicht schlecht“, presste er zwischen den zusammengepressten Zähnen hervor. Sein Fell knisterte vor Wut. Der Elektrowolf stürzte sich wieder auf sie. Dieses Mal gelang es Nowaki, mit einem Satz nach hinten auszuweichen und die Zähne des Angreifers ins Leere schnappen zu lassen. Doch konnten ihre schwachen Läufe ihr Gewicht noch nicht tragen. Bei der Landung entglitt ihr der rutschige Waldboden unter den Pfoten. Sogleich setzte Ihr Gegner nach. Ein leichter Luftzug umspielte das Gesicht der Wölfin. Was dieser Elementarwolf konnte, konnte sie schon lange! Sie würde ihm zeigen, dass seine Elektroschocks nur keine Funken waren im Vergleich zu ihr. Leise flüsterte sie einige Worte in die Luft. Der Wind nahm sie ihr behutsam von den Lefzen und trug sie davon. Sogleich frischte die Brise auf und wurde innerhalb eines Herzschlags zu einem Orkan. Der überraschte Wolf wurde mitten im Sprung ergriffen und zu Boden geschleudert. Nowaki nutzte die Zeit, um selbst wieder auf die Beine zu kommen. Noch immer zitterte sie am ganzen Körper. So schnell, wie er gekommen war, war der Wind wieder abgeflaut. Sie war selbst überrascht, wie stark sie war. Eigentlich hatte sie nur vorgehabt, die Flugbahn ihres Gegners zu manipulieren und sein Ziel verfehlen zu lassen. Der schwarze Wolf kam ungewöhnlich schnell wieder auf die Pfoten. Er keuchte schwer. Endlich hatte er das siegessichere Grinsen abgelegt. Seine Seelenspiegel glühten vor Zorn. Gelbe Strähnen waren nun auf dem Pelz des Wolfs zu sehen. Das bedrohliche Knistern seines Pelzes war überallhin zu hören. „Du Miststück!“, keuchte er. Seine Elektroattacken brachten ihm nichts, wenn er seinen Gegner nicht berühren konnte. Zärtlich spielte eine vorbeikommende Brise mit Nowakis Pelz. Die Windwölfin genoss die Berührung. Sie spürte, wie ihr Körper aufhörte zu zittern. Jetzt war es an ihr, den Elektrowolf anzugreifen. Das Laub unter ihren Pfoten wurde bei jedem ihrer Schritte hoch durch die Luft gewirbelt, während sie auf den Rüden zurannte. Wild knurrend kam ihr der Wolf entgegen. Obwohl er schon geschwächt war, zuckten kleine Blitze um seinen Leib. Kurz bevor die beiden ineinander rannten, bremste Nowaki ihren Spurt ab. Ihre Ohren wurden von der Wucht des Windes, der an ihr vorbeizog, nach vorne gerissen. Abermals verlor ihr Gegner den Boden unter den Pfoten und wurde gegen einen nahen Baum geschleudert. Der Wolf winselte leise. Eine hervorstehende Wurzel hatte sich durch seinen Hinterleib gebohrt. Rasch färbte sich der Waldboden unter ihm schwarz. Sein Atem ging stockend. „Glaubt nicht, dass ihr gewonnen habt“, presste er mühsam hervor. Das Knistern in seinem Fell war leiser geworden. Bald würde es für immer schweigen. Erschöpft wandte Nowaki sich um. Im Moment stand es gut um sie. Ein halbes Dutzend Wolfskadaver lag über die Lichtung verstreut. Ihre Kehlen waren zerfetzt. Mit Erleichterung stellte die Windwölfin fest, dass keiner ihres kleinen Trupps unter ihnen war. Mit blutiger Schnauze kam Red auf sie zugetrabt. Sein Leib war mit Striemen und kleineren Wunden übersät, doch ernsthafte Verletzungen schien er sich nicht zugezogen zu haben. Er grinste. „Da müssen die sich schon etwas besseres einfallen lassen, als eine Handvoll Köter aus dem Hinterhalt angreifen zu lassen.“ Nowaki nickte abwesend. So viel Tod. Ihr wäre es lieber gewesen, man hätte die Wölfe nur kampfunfähig gemacht. Musste man denn gleich ein Leben beenden? Ohne Vorwarnung sprang Red auf sie zu. Ihre Seelenspiegel weiteten sich ungläubig, als er mit den Fängen ihre Kehle packte. „Red, was...?“ Sie fühlte etwas Warmes an sich hinablaufen. War es ihr Blut? Sie konnte es nicht sagen. Sie spürte keinen Schmerz. Nur eine seltsame Leere. Warum hatte er das getan? Wie konnte Red nur zum Verräter werden? Die Läufe gaben unter ihr nach. Ihr trüber Blick wollte nicht von dem Wolf lassen, der noch immer eisern ihre Kehle umpackt hielt. Es lag keine Wärme in seinen Augen. Nur die Kälte, die ein Wolf empfand, der sein Rudel verraten hatte. Sie hatte das Gefühl zu fallen. So sehr sie sich auch gegen die Ohnmacht stemmte, sie konnte den Schwindel in ihrem Kopf nicht überwinden. Mit jedem Herzschlag fühlte sie sich schwächer, als würde es ihre Kraft aus dem Körper pumpen. Mit einem Seufzen schloss sie die Lider. Irgendwo in der Ferne hörte sie jemanden Heulen. War das Wulfin, die sie in die ewigen Jagdgründe rief? Es schien so. Helles Mondlicht streichelte ihre müden Augen. Ob ihre Zeit wirklich schon gekommen war? Sie war doch noch so jung! Aber es war müßig, sich darüber Gedanken zu machen. Dann wurde es dunkel. Mit weiten Sätzen jagte Kataya durch den Wald. Das Gelände war glücklicherweise recht eben und das Unterholz wuchs nur recht spärlich. Ihre Pfoten fanden fast von allein den Weg zwischen den Sträuchern und Büschen hindurch. Sie bewegte sich beinahe lautlos. Nur ab und an raschelte das lose Laub unter ihren Läufen. Der Mond hing wie ihr Beschützer über den dichten Baumkronen des Waldes. Wie Speere aus Silber stach sein Licht durch das dichte Geäst. Kataya hatte das Gefühl, als würde der Wald aufatmen. Wie lange die schwarze Wolke wohl über ihm gelegen und alles Licht verschlungen hatte? Ihr Weg führte an einen riesigen See vorbei. Das Wasser lag völlig reglos und sah aus wie schwarze Tinte. Einige tote Fische trieben an der Oberfläche; Das Mondlicht ließ ihre Schuppen schwarz glänzen. Ob das nur an der dunklen Aura des Leitwolfs lag? Irgendwo weiter vorne konnte sie Kampflärm vernehmen. Ihr Gefühl trieb sie genau darauf zu. Doch was sollte sie dort? Sie sollte sich nicht in fremde Angelegenheiten einmischen. Es wäre nicht gut, wenn sie dort Partei ergriff. Doch irgendetwas in ihr ließ sie stur geradeaus rennen. Sie wurde dort gebraucht, warum auch immer. Zudem hatte ihr Gefühl sie noch nie getäuscht. Sie sollte sich die Situation zumindest einmal ansehen. Dann könnte sie immer noch entscheiden, ob sie sich ungesehen davonmachte und Sola suchte. Der Geruch von Blut stieg der Mondwölfin in die Nase. Und sie hatte das Gefühl, dieselbe Aura zu spüren, mit der sich auch der schwarze Wolf umgeben hatte. Zwar war sie weitaus schwächer, doch Kataya konnte sie mit jeder Faser ihres Körpers fühlen. Dennoch wurde sie nicht langsamer. Ihr Instinkt, der sie nun um jeden Preis von diesem Ort fernhalten wollte, wurde zurückgedrängt. Da war noch etwas anderes gewesen. Etwas Vertrautes... Erst kurz bevor sie die Lichtung erreichte, verringerte die Mondwölfin ihr Tempo. Einige Gestalten lagen reglos am Boden; Schwarzes Blut sickerte durch ihre zerfetzten Kehlen. Die Wölfe, die noch standen, kämpften erbarmungslos miteinander. Knurrend warfen sie ihre Leiber gegeneinander, um die Fänge im Fleisch des jeweils anderen zu versenken. Dafür hatte Kataya keinen Blick übrig. Ihr Blick waren auf das kleine weiße Fellknäuel gerichtet, das bewusstlos im Zentrum der Lichtung lag. Das strahlende Licht, das sonst von ihrem Pelz ausging, war einen schwachen Glimmen gewichen. Ohne lange zu überlegen stürzte die Mondwölfin auf ihre Gefährtin zu. Auf den ersten Blick hatte die Sonnenkatze keine äußerlichen Verletzungen. Doch was hatte sie dann so geschwächt? Hatte sie sich etwa übernommen? Das konnte Kataya sich nicht recht vorstellen. So unvernünftig war Sola nicht. Sie wusste, wie sie sich ihre Kräfte einteilen musste. Doch warum war sie dann hier inmitten der Lichtung zusammengebrochen? Aus den Augenwinkeln sah sie etwas auf sie zukommen. Doch anstatt sich mit einem Satz in Sicherheit zu bringen, stellte sie sich zähnefletschend über ihre Freundin. Der Angreifer hielt inne. Erst jetzt bemerkte Kataya, dass es sich um eine Fähe handelte. Ihr Pelz war von tiefschwarzer Farbe, nur an den Pfoten und am Schweifende ging es in ein dunkles Violett über. „Wer bist du? Du siehst mir nicht wie einer von Kiras Anhängern aus...“ Kataya schnaufte. Sie waren hier mitten auf einem Kampffeld. Wollte die Wölfin etwa so etwas wie ein Kaffeekränzchen veranstalten? „Mein Name tut nichts zur Sache. Was ist hier geschehen?“ Ein zweiter Wolf mit rotem Fell und schwarzen Abzeichen an den Flanken stellte sich dazu. Seine Schnauze war blutig vom Kampf, doch ansonsten schien er keine Verletzungen davongetragen zu haben. „Wir waren in diesem Wald unterwegs und wurden aus dem Hinterhalt angegriffen. Diese Katze dort führte uns.“ Er wies mit der Schnauze auf die bewusstlose Sola. Kataya nickte. Vermutlich hatte die Sonnenkatze sich Verstärkung geholt, um ihr zu helfen. Zärtlich schleckte sie ihr über den weichen Pelz. „Du bist Kataya, nicht wahr?“, fragte die schwarze Wölfin völlig unvermittelt. Die Mondwölfin blickte auf. „Ja, aber woher...?“ „Deine Katze hat uns gefunden. Sie meinte, du seist von einem Dämon gefangen genommen worden oder so. Aber wahrscheinlich hat sie sich nur Sorgen um dich gemacht.“ Sie legte lächelnd den Kopf schief. „Ich bin Nightwish.“ Der umliegende Kampfeslärm verebbte allmählich. Das Knurren wurde leiser, nur noch das leise Röcheln der Sterbenden war zu hören. „Mein Name ist Red“, sagte der andere Wolf abwesend, während er mit dem Blick die Lichtung absuchte. Schließlich blieb er bei einer blauen Wölfin hängen, die reglos am Boden lag. Ein grauer Rüde mit zahlreichen schwarzen Runen stand mit blutdesudelter Schnauze vor ihr. „Nowaki!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)