Tochter des Mondes von WoelfinAsaki ================================================================================ Prolog: Mondlicht ----------------- Es war bald Mitternacht. Schweigend lief ein junges Mädchen eine einsame Straße inmitten eines Wohnviertels entlang, die Hände tief in den Taschen vergraben. Hellsilbernes Mondlicht ließ die tiefen Schatten zu den Seiten der Straße hin verschwimmen. Das Mädchen spürte, dass dort in den Schatten etwas Dunkles lauerte. Doch es würde es nicht wagen, sie inmitten des Vollmondes zu attackieren. Noch war die Furcht vor dem Licht größer als das Verlangen nach ihr. Erst wenn der Durst Überhand nahm, würde es seine Zweifel vergessen. Doch bis dahin würde sie wieder zu Hause sein. Hoffte sie zumindest. Das Mädchen griff nach dem Amulett um ihren Hals. Sie spürte seine Macht durch ihren Körper pulsieren. Nein, es war unmöglich, dass er ihre Tarnung durchschaut hatte. Womöglich beobachtete er sie nur und wartete darauf, dass sie etwas Verdächtiges tat. Wenn sie so tat, als bemerke sie ihn nicht, hatte sie nichts zu befürchten. Menschen konnten die Dunkelheit in den Schatten nicht spüren. Wenn sie zeigte, dass sie ihn wittern konnte, würde er sie sofort angreifen. Und das wollte sie unter allen Umständen verhindern. Sie vermied es, sich umzudrehen und ließ den Blick stattdessen zu dem vollen Mond hinaufwandern. Sein Licht war es, das sie im Moment noch beschützte und gleichzeitig zu dem Opfer der Dunkelheit werden ließ. Doch nicht eine Sekunde in ihrem Leben hatte sie den Mond oder ihre Göttin dafür verflucht, zu existieren. Eher war es unbändiger Stolz, den sie in ihrem Herzen trug. Und in Momenten wie diesen auch Furcht. Auch wenn sie wusste, dass Selene sie beschützen würde. Ein leises Maunzen war zu hören, als eine mittelgroße Katze mit langem weißen Fell vor ihr über die Straße lief. Sie blieb direkt vor dem Mädchen stehen und setzte sich dann, den buschigen Schwanz um die Vorderpfoten gelegt. Das Mädchen funkelte die Katze widerstrebend an. Was machst du hier? Das Tier hob seine Vorderpfote und begann mit lautem Schnurren sich zu putzen. Sag mir bitte nicht, dass du es nicht auch gespürt hast?, erwiderte die Katze in den Gedanken des Mädchens. Die bernsteinfarbenen Augen wanderten an dem Mädchen vorbei zu den Schatten hinter ihr. Natürlich habe ich ihn bemerkt! Nur ist er sich noch unsicher, ob er angreifen soll. Langsam ließ die Katze die Pfote wieder sinken und sah dem Mädchen in die Augen. Du hast noch viel zu lernen, Kataya. In dem Moment flammte ein hellgoldener Schild um sie auf und Kataya spürte, wie etwas mit aller Macht dagegen prallte. Das Wesen gab einen markerschütternden Laut von sich, als habe es sich verbrannt. Noch immer war der Blick der Katze auf sie gerichtet. Er wusste bereits, was du bist, er wartete nur noch auf die richtige Gelegenheit. Du musst lernen, das zu unterscheiden. Damit erhob sich die Katze majestätisch und schritt an Kataya vorbei, direkt auf das Schattenwesen zu, das außerhalb der goldenen Kuppel in der Dunkelheit lauerte. Noch immer hielt das Mädchen ihr Amulett fest umklammert. Bist du bereit? Kataya biss sich unsicher auf die Unterlippe, doch dann nickte sie. So oft hatte sie schon eine Konfrontation mit Dämonen gehabt, doch es machte ihr noch immer Angst, ihnen zu begegnen. Der hellgoldene Schild flackerte kurz auf, dann fiel er klirrend ineinander, als das Schattenwesen mit seinen Klauen darüber fuhr. Seine Statur erinnerte an einen großen, hageren Menschen. Der Leib hing leicht vornübergebeugt; seine Gliedmaßen waren unnatürlich lang und ließen den Dämon noch dürrer erscheinen. Die Finger endeten in langen Klauen, die im goldenen Licht der Katze bedrohlich funkelten. Er taxierte Kataya mit seinen roten Augen und zeigte die langen spitzen Zähne. Ängstlich wich sie zurück, während sich die Katze fauchend zwischen den Dämon und ihren Schützling stellte. Hellgoldenes Licht schien von ihrem Fell auszugehen und das Schattenwesen wich tatsächlich vor diesem Licht zurück, ließ jedoch weiterhin den gierigen Blick auf Kataya ruhen. Blitzschnell sprang Sola auf das Monster zu und verpasste ihm einen raschen Hieb mit der Pfote, ehe sie sich mit einem weiteren Satz aus der Gefahrenzone brachte. Ihr Gegner gab ein unwilliges Grollen von sich und ließ endlich von dem Mädchen ab, um sich der Katze entgegenzustellen. Sein Blick glitt suchend umher, doch die Samtpfote war schon längst wieder fort. Elegant umrundete sie ihren Gegner und stieß zu wie eine Natter, wenn er sie aus den Augen verlor. Seine Beine waren mittlerweile voller Striemen, aus denen eine dunkle Flüssigkeit quoll. Dann war Sola plötzlich verschwunden. Der helle Schimmer, der von ihrem Fell ausging und der Kataya immer sagte, wo genau sich ihre Freundin im Moment aufhielt, war nirgends auszumachen. Auch der Dämon sah sich suchend nach seinem Gegner um. Er warf den Kopf hin und her, wobei er unablässig brüllte. Das Mädchen trat vorsichtshalber noch einige Schritte zurück. Es war nur ein kurzes Rascheln zu hören, dann sprang die Katze von den Ästen eines nahen Baumes auf den Kopf der Kreatur. Noch während Sola im Sprung war, wandte sich der Dämon zu ihr um. Ihre schlitzartigen Pupillen weiteten sich vor Überraschung. Mit einem kräftigen Hieb seiner Klauen schleuderte er die Angreiferin von sich und ließ sie mit einem grässlichen Knacken gegen den Baum prallen. Sola gab ein schwaches Mauzen von sich, ehe sie kraftlos an der Rinde gen Erdboden sank, wo sie reglos liegen blieb. Quer über die Brust war ein langer Schnitt zu sehen, aus dem sanft eine goldene Flüssigkeit auf den Boden floss. Ein Hinterlauf war seltsam verdreht. Wie in Trance sah Kataya zu ihrer Freundin. Das konnte nicht sein. Wie war das möglich? Normalerweise ergriffen Dämonen schon die Flucht, wenn sie das Licht der Sonnenkatze spüren konnten. Wenn sie besonders hartnäckig waren, kämpften sie auch mal mit ihr, doch sie hielten es nie lang in Solas Nähe aus. Dass es einer schaffte, sie überhaupt anzufassen, war Kataya ein Rätsel. Doch nun kam er auf sie zu, die langen Zähne gebleckt. "Dich will er haben", sagte der Dämon mit rauer Stimme. Noch immer wich Kataya zurück. Was meinte er damit? Wollte er sie etwa gar nicht verschlingen? Aber was wollte er dann von ihr? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass das, was er mit ihr vorhatte, viel angenehmer war, als verschlungen zu werden. Sie gab ein drohendes Knurren von sich, während sie mit noch immer weichen Knien zurückwich. Der Dämon beachtete es nicht. Sein höhnisches Grinsen machte ihr Angst. Wieder mit einem lauten Brüllen sprang er auf sie zu und Kataya spürte, wie sich die Welt um sie zu drehen begann. Dann sah sie nur noch schwarz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)