Whats On My Mind von _t_e_m_a_ ================================================================================ Kapitel 5: Eis -------------- Heute war kein guter Tag, um in den Zoo zu gehen. Der Himmel war wolkenverhangen, andauert nieselte es und der schräge Wind machte einen Regenschirm fast unnütz. Und heute war noch viel weniger ein guter Tag, um Eis zu verkaufen. Bisher war es immer sommerlich warm bis heiß gewesen, da stach dieser kühle Tag heraus und nahm allen jegliche Lust, Eis zu essen. So stand ich also da. Im Zoo, theoretisch eisverkaufend. Praktisch schützte mich der am Eiswagen montierte Sonnenschirm vor dem Nieselregen, während die wenigen Zoobesucher an mir vorbeihasteten. Nicht mal Tiere konnte ich beobachten, die hatten sich in die Innengehege verzogen. Auch die Menschen hielten sich lieber im Tierhaus neben mir auf. Wenn sie raus kamen, war die unwillkürliche Reaktion den Reißverschluss der Jacke schnell hochzuziehen oder den Regenschirm hektisch aufzuspannen. Nein, Eis wollte heute keiner. Naja, was macht man so als Eisverkäufer wenn nichts los ist? Man ist Eis. Mittlerweile hatte ich alle Eissorten aus meinem Sortiment probiert, muss ja schließlich wissen was ich da verkaufe. Meistens war viel los an meinem Eisstand, ansonsten wäre mein Job wohl auch nicht so lohnend, aber Tage wie heute gehörten halt irgendwie dazu. Also gönnte ich mir gerade ein Eis in der Waffel, als ein quengeliges Kind ihre Oma überzeugte, dass sie ein Eis wollte. Ach Schicksal, genau dann wenn ich selbst gerade eins mampfte! Also stellte ich mein Eis außer ihrem Sichtfeld und bediente meine Kundschaft. Das mollige Mädchen hatte wohl andere Vorstellung, während die Oma bei mir eine Kugel Schokolade bestellt. Wow. Wenn das mein heutiger Umsatz ist, werde ich wohl tatsächlich noch reich. Ich gab der kleinen eine ordentliche Kugel, dann spricht zwar meine Kasse nicht über Kundschaft, aber die Eistruhe. Die Zeit verging schleppend. Irgendwie war es schon lustig, in einem Zoo zu arbeiten. Besonders, weil ich jeden Tag in den Genuss kam, die Tiere zu sehen. Die Besucher waren jetzt nicht unbedingt so reizend, meistens Eltern oder Großeltern mit überwiegend Kleinkindern, die lieber auf dem Spielplatz turnten als Tiere anzuschauen. Wer will‘s ihnen verübeln. Natürlich sah ich auch die anderen Angestellten. Ich dachte immer, dass Tierpfleger eher nicht so hübsche Menschen seien, aber Himmel wurde dieser Vorurteil hier Lügen gestraft. Ob die Arbeit mit der Zeit eintönig wird? Ist sicherlich ziemlich anstrengend, Elefantenkacke durch die Gegend zu fahren. Das verliert bestimmt auch an Charme. Dann doch lieber Eisverkäufer. Mein Eis hatte ich längst gegessen. Okay, ich hatte mehr als nur ein Eis gegessen. So stand ich mir die Füße in den Bauch. Bis schließlich wieder ein menschliches Wesen in mein Blickfeld kam, der gutaussehende Tierpfleger. Statt wie sonst grußlos (wie gesagt: normalerweise ist an meinem Eisstand auch was los) vorbeizugehen, hielt er diesmal mit seiner Schubkarre auf mich zu. „Hey“, begrüßte er mich mit einem Grinsen in dem Gesicht. „Heute nichts los?“ Tja, ihm musste ich das wohl nicht erklären. „Nö, bei dem Wetter will keiner ein Eis.“ „Kann ich eins haben?“ Normalerweise sollte ein Eisverkäufer über diese Frage nicht stolpern, aber mir war ganz bewusst, was er damit implizieren wollte. Aha, kostenlos Eis abstauben. Na gut, er arbeitet hier, ist mir sympathisch und ich stopf mir sowieso ganze Zeit gratis Eis rein. Da fällt das auch nicht mehr auf. „Was darf’s denn sein?“, fragte ich galant zurück. Muss ja den Verkäufer-Charme spielen lassen. Schließlich hat er fünf Kugeln gewählt. Fünf Kugeln! Der spannt meine Großzügigkeit aber auf einen Bogen. Jedoch ziemlich putzig, wie er sich über den Eisberg hermachte. „Mann, ich hatte echt ewig kein Eis mehr!“, meinte er schwärmerisch. Seine Figur war durchtrainiert, was wohl bei einer körperlich anstrengenden Arbeit auch von Vorteil ist. Die Haare waren dunkelbraun, ein paar Zentimeter lang und leicht gegelt. Und sein Gesicht! Er war wirklich hübsch. „Und, du machst das hier als Ferienjob?“, fragte er. „Ja, genau, nächstes Schuljahr steht Abi an“, erklärte ich, in den Smalltalk einsteigend. „So jung siehst du gar nicht aus“, antwortete er verschmitzt grinsend. Während er an seinem Eis leckt. Ohje. Verdammt heiß. „Och, ich bin mal ein Jahr sitzen geblieben und daher immer der Älteste in der Klasse.“ „Mh, ich hab frisch meine Lehre beendet“. „Gefällts dir?“ „Ist natürlich nicht alles super, aber rundum betrachtet gefällts mir sehr gut. Und deiner Freundin? Die freut sich bestimmt, dass sie immer gratis im Zoo Eis essen kann.“ Sein letzter Satz brachte mich völlig aus dem Konzept. Was?! Hatte ich mich gerade verhört? Das klang eher, als würde er Bist-Du-Noch-Zu-Haben Informationen aus mir locken wollen, statt normaler Smalltalk. Oder bildete ich mir das schon ein? „Hä, nein, ich hab keine Freundin. Hab auch nicht unbedingt vor, eine zu haben“, antwortete ich daher offen mit einem kleinen Wink. Oder versuchte ich jedenfalls. Klang das jetzt bescheuert? Ich musste dringend ablenken! „Huh, deine Hände! Die frieren bestimmt bald ab!“ Er hielt immer noch sein Eis in den Händen. War ja eine Mordsportion. Er hob seine eine Hand von dem Becher weg, als würde er mir zeigen, dass er sie noch bewegen kann. Ich streckte unwillkürlich meine Hand nach ihr aus und umschloss seine Finger. Erst eine Sekunde später wurde mir bewusst, was ich da gerade tat, doch ich zog meine Hand nicht gleich wieder weg. Er schaute mich nur kurz verdutzt an, beließ es aber dabei während meine Hand seine Finger umschloss. Sie waren wirklich kühl, meine waren aber nicht viel wärmer. „Und deine Freundin? Die freut sich bestimmt über gratis Eintritt in den Zoo?“, fragte ich von der seltsamen Situation ablenkend, ohne seine Finger los zu lassen. Warum auch immer. „Ich habe keine Freundin. Und ich habe auch nicht vor, eine zu haben“, entgegnete er und verschränkte seine Finger mit meinen. Wir sahen uns einfach nur an. Es war, als würden unsere Augen das weitere Gespräch führen. Und sie konnten es viel besser, als Worte. „Ich muss weiter, das Laub bei den Kamelen zusammen rechen“, sagte er nach einer gefühlten Ewigkeit und entzog mir seine Hand. „Danke für das Eis.“ Eine Mischung aus Verwirrung und Enttäuschung machte sich in mir breit, während er seinen Schubkarren wieder anhob. „Hättest du vielleicht Lust“, begann er aber dann, „nach der Arbeit mit mir einen Kaffee trinken zu gehen?“ Schlich sich da eine leichte röte auf seine Wangen? „Klar!“, antworte ich hastig, „Ein warmes Getränk wäre heute super. Bis nachher!“ Mein Herz schlug spürbar in der Brust. Hallo? War ich im Märchen gelandet? Kommt doch glatt der heiße Tierpfleger zu mir und isst Eis und… ja, was war denn das nun? Sehr seltsames Flirten? Hab ich jetzt ein Date? Die wirbelnden Gedanken beschäftigten mich die restliche Zeit sehr gut. „Hallo, Sie sind heute aber doch Eis los geworden!“, meinte später mein Chef, als er die leerer gewordenen Töpfe betrachtete. Zum Glück konnte mich die mit Wechselgeld gefüllte Kasse nicht verpetzen. „Trotz des Wetters! Sehr gut. Dann können Sie jetzt Feierabend machen.“ Darauf hatte ich nur gewartet. Trotz des Wirrwarrs in meinem Kopf und der Surrealität der Begegnung mit dem unbekannten Tierpfleger. Ehrlich, ich wusste immer noch nicht, wie er hieß! Aber seine Signale waren doch eindeutig gewesen, oder? Ein Gribbeln erfüllte mich. Was machte ich mir so viele Gedanken! - Kaffee und ein süßer Tierpfleger, ich komme! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)