Der Büchergeist von Veroko (Eine Aktion der Schreibzieher) ================================================================================ Ein schauriger Bewohner ----------------------- Der Junge war starr von dem Schock. Direkt vor ihm war ohne jegliche Vorwarnung eine neblige Gestalt aus dem Boden gewachsen. Diese Burg war definitiv alt und schaurig, doch hatte er eigentlich gedacht, alt genug zu sein für irgendwelchen Gespenster-Hokuspokus. Der weiße Nebel vor ihm nahm langsam Form an. Aus scheinbar sinnlos herumwaberndem Rauch bildete sich eine Gestalt, eine Frau, die ein altertümliches Kleid trug und ein Buch in der Hand hielt. "Ww... Wer... Wer bist du?", stammelte der Junge, als er halbwegs seine Stimme wiedergefunden hatte. Als Antwort erklang von irgendwoher ein langgezogenes Heulen und die Frau wirbelte herum und schwebe davon. Ein wenig sauer rief er dem Rauch hinterher: "So machst du dir aber keine Freunde. Selbstmitleid ist was für Jammertanten!" Was bildete die sich überhaupt ein? Schoss so mir nichts, dir nichts aus dem Boden und überlegt es sich dann doch anders. Jetzt hatte er keine Angst mehr vor der komischen Tante mit Buch. Dachte er, denn als er ein erneutes Heulen vernahm wirbelte er herum und sah sich ein weiteres Mal im Angesicht mit dem Geist. "Also hör mal, wenn du mich noch einmal so erschrickst, dann... verwandele ich dein Buch in Rauch!" "Huhuuu", sie heulte ein weiteres Mal. "Kannst du noch was anderes sagen als 'huhuuu'? Von wem hast du denn deine Manieren?" Eine Weile sagte niemand was. "Hast du denn keine Angst?" "Doch habe ich schon, aber was erwartest du denn, wenn jemand urplötzlich vor dir aus dem Boden kommt?" Die Frau ließ den Kopf hängen. "Bitte verzeih." "Was tust du hier überhaupt?" "Vor vielen, vielen Jahren lebte ich auf dieser Burg. Ich hielt mich gerne hier in der Bibliothek auf, doch eines Tages, ich las gerade dort drüben am Kamin ein Buch, wurde ich von etwas am Kopf getroffen und seitdem wandre ich hier herum." "Das dachte ich mir schon, du wirkst ein wenig blass. Warum trägst du auch so helle Kleidung? Dadurch wird deine Haut ganz weiß." "Oh... das ist mir noch gar nicht aufgefallen." "Ich muss jetzt gehen, meine Eltern suchen mich. Ich würde dir dringendst empfehlen, was farbigeres anzuziehen, deine Hautfarbe wirkt ungesund." Der Geist schaute ein wenig ratlos. "Das nächste Mal, wenn ich komme, erschrick mich nicht so. Ich dachte schon, ich sterbe." "Das ist gar nicht so schlimm..." "Ach, was liest du da überhaupt für ein Buch?" Verblüfft schaute die Frau auf das Buch, was sie in den Händen hielt, als würde ihr jetzt erst bewusst, dass es da war. "Der Schatten des Windes", las sie, "Ich habe keine Ahnung, was es ist, ich schlug es seit hundert Jahren nicht mehr auf..." "Dann wird es aber höchste Zeit! Ein unbeendetes Buch ist wie ein unbeendeter Gedanke." Also setzte sich das Gespenst in den Sessel vor den Kamin und begann zu lesen. Und als es fertig war, wurde es von einem unendlichen Frieden erfüllt. Glücklich lächelnd wurde die Gestalt immer blasser, bis sie sich schließlich ganz auflöste und nicht mehr zurückkam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)