A Thief´s Life von TiniChan ================================================================================ Kapitel 15: Forscherdrang ------------------------- Kronos war sehr erfreut über diesen Erfolg. „Ich habe keine Minute an dir gezweifelt. Nun schau dir das Prachtstück an!“, meinte er grinsend. „Und diesmal sind die Steine echt! Mein Kunde wird einen Luftsprung machen.“ Er gab Demian einen prall mit Münzen gefüllten Beutel in die Hand. „Hier dein Anteil. Hab doch gesagt, es wird sich lohnen.“ „Ja. Und immerhin hat er uns beide nicht über den Tisch gezogen.“ Der Hehler lachte. „Die Kunden werden sich hüten, nachdem du dem feinen Lord diesen Streich gespielt hast. Die wissen jetzt genau, dass du dich nicht damit abfindest, rein gelegt zu werden.“ Zufrieden mit sich und der Bezahlung verbrachte Demian den Rest der Nacht schlafend. In den nächsten Tagen achtete er aufmerksam auf den Klatsch und Tratsch der Stadt. So erfuhr er, dass man zwar den betäubten Wachmann im Anwesen des Barons entdeckt hatte und einen Einbruch vermutete. Aber das schien nicht wirklich von Bedeutung zu sein, denn der Betrug war trotzdem nicht aufgedeckt worden. Keiner der Gäste des Festes hatte bemerkt, dass er eine Fälschung bewunderte. Deshalb glaubte man, es wurde zwar versucht, aber weil der Dieb nicht gewusst hatte, wie man das Sicherheitssystem umging, war er deshalb unverrichteter Dinge – mit Ausnahme des Geldbeutels, den Demian dem Hausverwalter gestohlen hatte – wieder verschwunden. War ihm nur recht so, dass der Verdacht nicht speziell gegen ihn ging. Einige Leute meinten zwar, dass es der Meisterdieb gewesen sein konnte, aber andere wiederum hielten dagegen, dass dieser ja so gut war, dass er die Alarmanlage leicht hätte umgehen oder lahmlegen können. Als Demian das hörte, fühlte er sich geradezu geschmeichelt. Es gab jedenfalls nicht den geringsten Beweis, wer genau dahinter steckte. Auch an den Docks trieb er sich herum, weil er in Erinnerung an den Mordanschlag vielleicht etwas aufschnappte, wer und was dahinter steckte. In der Tat hörte er häufig den Namen „Schlange“. Dieser Bordellbesitzer musste den Reden nach zu urteilen ein widerlicher Mensch sein. Seine Wachen behandelte er schon nicht besonders gut. Aber was die Frauen in den Häusern wohl erst erdulden mussten? Die Geschäftspartner, welche die Bordelle leiteten konnten mit ihnen tun was sie wollten, ohne dass er einschritt. Gerüchte machten die Runde, dass für Fluchtversuche grausame Bestrafungen üblich waren. Demian schüttelte den Kopf. Diese armen Frauen taten ihm einfach nur leid. Sollte er sich doch jemals entschließen dort als Kunde zu verkehren, würde er sie wenigstens wie Menschen behandeln. Irgendeinen direkten Zusammenhang mit seinem feurigen Erlebnis sah er indessen nicht. Zumindest in Einem hatte sein ehemaliger Auftraggeber recht. Würde sich jemand um die „Schlange“ kümmern, würde ihm mit Sicherheit niemand eine Träne nachweinen. Da Kronos zur Zeit keine weiteren Aufträge hatte, wusste Demian bald nicht mehr so recht, was er jetzt mit seiner „Freizeit“ anstellen sollte. Bis er sich an etwas erinnerte und seine Neugier wuchs, je mehr er darüber nachdachte. Als er durch die Abwasserkanäle gegangen war, um einen Weg in die Kathedrale zu finden, war er doch auf diesen unterirdischen Fluss gestoßen und hatte auch einen kleinen Weg an dessen Ufer entlang gesehen. Was sprach dagegen, sich das mal genauer anzusehen? Wurde er eben zur Abwechslung zum Forscher. Mal sehen was er fand. Also suchte er sich seine Ausrüstung zusammen, Bogen und Pfeile, seinen Dolch, weil er ja keinerlei Ahnung hatte, wohin ihn der Weg führen würde. Alsbald ging er diesen schmalen Trampelpfad entlang, gehüllt in das gelb-grüne Licht eines Leuchtstabes. Und er lauschte aufmerksam. Wer wusste schon was für Tiere oder Kreaturen hier lauerten. Der Weg schien endlos zu gehen, neben sich hörte er das Rauschen des Flusses. Dann ging es plötzlich nicht mehr weiter. Geröll und große Felsen versperrten den Weg. Demian ging nahe heran um im Schein seines Stabes hoffentlich einen anderen Durchgang zu finden, ansonsten konnte er wahrscheinlich gleich umkehren. Und da fiel ihm etwas ungewöhnliches auf. Einige Steine wiesen Verzierungen auf und sahen aus, als wären sie einst Teile von Mauern gewesen. Verbogenes Metall, das an große Fackelhalterungen oder gar Lampen erinnerte. Und als er den Kopf drehte erkannte er, dass er wirklich neben einer Mauer oder etwas ähnlichem stehen musste, denn es waren behauene Steine, versetzt und mit Mörtel aufeinander geschichtet. Ein Teil war eingestürzt und es klaffte ein Loch, groß genug, dass er hindurch passte. Jetzt war er erst recht neugierig. Auf der anderen Seite angekommen erkannte er zuerst nicht viel, aber beim nächsten Schritt hörte er ein summendes Geräusch und es war plötzlich alles hell erleuchtet. Er stand in einem Zimmer aus Stein. Das gelb-bläuliche Licht stammte aus einer runden blauen Lampe, die offensichtlich auf Bewegungen reagierte. Wandverzierungen wie auf den Trümmern von vorhin, es gab einen Tisch, darauf standen sogar noch Becher, Teller und Krüge, dazu Stühle, Regale und ein Schrank. Aus Holz und Stein, angefressen vom Zahn der Zeit. Der Dieb ging durch die Tür aus massivem Holz und mit Eisenbeschlägen, die noch gut erhalten war. Draußen blieb ihm glatt die Sprache weg und er sah sich mit offenem Mund um. Um ihn herum lauter Ruinen von Häusern, teilweise noch mit Fensterläden und Türen, verzierte Bänke standen an jeder Hauswand. Leere Blumenkästen. Die Wege waren staubig, aber befestigt und alles war in dämmriges Licht getaucht durch große Straßenlampen, die zwar völlig anders aussahen wie die, die er kannte, aber noch funktionierten. Er lief staunend umher, es gab sogar Schilder mit Straßennamen und wenn er in eines der alten Gebäude hinein schaute oder sofern möglich auch ging, leuchteten automatisch wieder diese blauen Lampen und er erkannte Tische, Stühle, Betten, Truhen und all die bekannten Alltagsgegenstände. Es war aber ziemlich stickig und heiß hier und er merkte schnell, warum. Er hörte ein Rauschen, anders als bei Wasser und blubbern, aus einigen Häusern, die tief in die Erde eingesunken waren stiegen Dampfwolken aus. Er spähte durch die Fenster und sah, dass da drinnen Lava brodelte. „Ich fasse es nicht!“, stieß er hervor, als er noch weiter ging und sich dann auf einem weiten Platz wiederfand. Das musste ein Marktplatz gewesen sein. In der Mitte ein uralter Springbrunnen, Reste von Karren, Fässern, Kisten, sogar Marktständen, ein paar Gerippe von abgestorbenen Bäumen und eine große Statue, aber sie war wohl nicht dem Schöpfergott geweiht. Dessen Statuen zeigten immer einen bärtigen Mann in Rüstung und Umhang, mit Schwert in der rechten und einem Setzling irgendeiner Pflanze in der linken Hand. Der Dieb ging näher heran und es stellte sich heraus, dass es nicht nur eine Figur war, sondern eine ganze Gruppe. Ein Mann in Tunika und Kapuzenumhang und einem Stab in der linken Hand, vielleicht so etwas wie ein Zauberstab. Der rechte Arm lag auf dem Boden, hätte man ihn wieder angebracht, wäre es ein Mann mit Zauberstab und dem rechten Arm samt Hand zum Gruße erhoben gewesen. Daneben standen nur noch zwei Beine in ein langes Gewand gehüllt. Die Trümmer zeigten, dass es ehemals die Figur einer Frau gewesen war, deutlich war der Kopf zu erkennen, mit fein gearbeiteten Zügen und kunstvoller Flechtfrisur. Vollendet war diese Skulptur mit Tierfiguren, zum Teil auch völlig zerfallen oder mit abgeplatzten Fragmenten. Welche Tiere es sein sollten, konnte er nicht recht deuten. Sie erinnerten an Hunde oder Wölfe, konnten aber genauso gut irgendwelche Fabelwesen sein. Und dieser Platz, auf dem er nun herum ging, war von den Ruinen der Häuser umgeben, an denen manchmal Schilder hingen, die zeigten, dass es einst Läden gewesen waren. Ein Schuhladen, ein Bäcker, sogar eine Kneipe. Ein Stück von ihm entfernt führten noch mehrere Straßen nach links, rechts und geradeaus. Treppen meinte er ganz im Hintergrund zu erkennen. Und auch hier einige mit Lava gefüllte Krater, so dass er aufpassen musste, wo er hin trat. Hinter der Kneipe sogar ein richtiger Lavafluss, der Haus- und Felswand trennte. Nun stand er an diesem alten Brunnen und dachte nach. Auf dieser Erkundungstour hatte er in einigen Ecken und Häusern noch etwas entdeckt. Knochen von Tieren und augenscheinlich auch Menschen. Demian wurde klar, wo er sich befand. Dies hier waren die Überreste einer uralten, versunkenen und längst vergessenen Stadt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)