120 Memories von CuthbertAllgood ================================================================================ Kapitel 1: 97. Regret – Reue ---------------------------- 97. Regret – Reue Er hatte es bereut. Oft, jeden Tag, im Grunde jeden Atemzug, auch wenn er sich nicht in Gedanken damit beschäftigte. Es war eine dieser Situationen, in denen man so ziemlich alles dafür geben würde, für einen Moment Zugang zu einer Zeitmaschine besitzen zu können. Alles ungeschehen zu machen. Eine dieser Sachen, die einen von innen heraus auffraß, langsam, dafür unaufhaltsam. Schmerzhaft. Nein, nein, so ganz stimmte das wohl nicht. Mittlerweile verfolgte es ihn nicht mehr jede Nacht in den Schlaf, in dem er alles erneut durchleben musste und schließlich schweißnass aus seinen Erinnerungen aufgeschreckt war, die mehr Alpträumen glichen als etwas, das er tatsächlich erlebt hatte. Nicht mehr in jedem fremden Gesicht ihre Züge gefunden, die so sanft und anklagend zugleich schienen. Nicht mehr auf jeden seiner Gedanken von ihrer Stimme die Antwort hören. Masaomi seufzte leise und legte den Kopf gegen die Wand hinter sich, sodass er ein wenig hoch zur Decke sah. Warum kamen ihm all diese Gedanken jetzt? Sollten sie nicht irgendwo tief hinten in seinem Bewusstsein vergraben sein, dort, wohin sich auch alles andere, was sie betraf, allmählich abschob. Sie schwand jeden Tag weiter aus seinem Sinn und er war sich nicht ganz sicher, ob er das schlecht finden sollte. Er wollte sie nicht vergessen, nein, das nicht. Das würde er wohl auch niemals können. Aber wäre es wirklich so tragisch, wenn sie ihn nicht mehr im Stillen beherrschte, mit nicht mehr als der verblassten Erinnerung an ein Lächeln? Ja. Ja, wäre es. Natürlich wäre es das. Das wäre das Schlimmste, was er ihr jemals antun könnte, noch viel schlimmer als alles, was bereits geschehen war, nicht zuletzt ja auch seinetwegen. Das hingegen… nun, es wäre ungefähr so, als hätte er ihr höchstselbst die Beine gebrochen und ihr Vertrauen erschüttert, nur hundertfach so schlimm. Und so ungern er es zugab, so musste er doch eingestehen, dass der Informant letztendlich Recht gehabt hatte. Mit vielem, nicht zuletzt aber mit der Bemerkung, dass Saki seine Göttin wäre. Dass sie ihn ohne Worte oder Gesten beherrschte. Ein leises Fluchen kam über seine Lippen, als er neben sich auf den Boden schlug und unwillkürlich die Beine etwas enger an den Körper zog. So war das nie geplant gewesen. Warum war das nur so furchtbar kompliziert? Wieso konnte man die Dinge nicht einfach rückgängig machen, von vorn anfangen? Und wenn das bedeuten würde, dass er sie nie kennen lernte… angesichts dessen, was sie leiden musste, wäre das vielleicht die beste Lösung. Vielleicht… Aber nur vielleicht gab es auch noch eine Hoffnung. Eine ganz kleine. Aber darauf wollte er sich nicht zu sicher verlassen. Reue war eine furchtbare Sache. Kapitel 2: 71. Obsession – Leidenschaft [Besessenheit] ------------------------------------------------------ 71. Obsession – Leidenschaft [Besessenheit] Hobbys zu haben, sollte ja ganz gesund sein. Sich für etwas faszinieren zu können, war ebenfalls eine gute Eigenschaft. Und Leidenschaften konnten ab und an sicherlich auch nicht schaden. Die beiden jedoch übertrieben es. Maßlos. Das war kein Hobby mehr, keine Faszination und keine Leidenschaft. Das war Besessenheit. Zwar war er selbst nicht sonderlich religiös, aber für so unwahrscheinlich hielt er es mittlerweile nicht mehr, dass irgendein kranker Dämon sich der beiden bemächtigt hatte und sie fortan kontrollierte. Eigentlich war er sich da sogar sehr sicher, dass es so war, konnte den Dämonen sogar benennen. Er hörte auf den Namen Manga und wurde mittlerweile von einer ganzen Menge Leute angebetet. Kadota war sich ebenfalls ziemlich sicher, dass, sofern das tatsächlich eine Religion oder ein Kult oder irgendwie so etwas sein sollte, dann hatte er mit Erika und Walker die Hohepriester davon vor sich. Kopfschüttelnd betrachtete er die beiden, die ein Stück vor ihm standen. Erika, die wild herumfuchtelte, sodass ihre Mütze immer wieder verrutschte. An und für sich eine recht hübsche junge Frau, die sich selbst dessen aber nicht bewusst zu sein schien – oder es war ihr schlichtweg egal. Sonst würde sie vielleicht mehr aus sich machen. Konnte allerdings auch sein, dass dieser nach außen hin so nachlässige Auftritt pure Absicht war. Ein wenig schuldbewusst wedelte er die Gedanken fort, die sich damit beschäftigten, wie Erika wohl aussehen würde, wenn sie sich etwas Mühe geben würde. Schließlich war sie nur eine Freundin. Kein Grund also, sich über so etwas den Kopf zu zerbrechen. Auf der anderen Seite hatte man dann noch Walker, aus dem er trotz den Jahren, die sie sich kannten, weitaus weniger schlau wurde als aus allen anderen Leuten, die er kannte – na ja gut, fast allen. Er wusste ja nicht einmal, welche Augenfarbe er hatte – oder ob er ihn je schon mal mit offenen Augen gesehen hatte. Vielleicht ein, zwei Mal. Der Typ musste einen Orientierungssinn wie eine Fledermaus haben. Wenn er genauer darüber nachdachte… wusste er über keinen von beiden sonderlich viel. Man sollte davon ausgehen, dass, wenn man seit Jahren mit jemandem zusammenarbeitete und auch befreundet war, man irgendetwas über diejenigen wusste. Aber die beiden blieben ein offenes Mysterium. Er war sich nicht einmal mehr sicher, wo sie arbeiteten, auch wenn er wusste, dass sie irgendwann mal etwas in der Art erwähnt hatten. Seltsam genug, wo sie kaum den Eindruck machten, einem Beruf nachzugehen. Was er allerdings ganz sicherlich wusste, war, dass beide ganz offensichtlich schon vor langer Zeit ihren Verstand verloren hatten. Wahrscheinlich in Zahlung gegeben, um weiter ihrer Leidenschaft zu frönen. Aber das war ja nicht sein Problem. Meistens jedenfalls nicht. Ein wenig Mitleid verspürte er ja schon mit dem armen Tropf, der so dumm gewesen war, nicht das sagen zu wollen, was sie von ihm wissen wollten und den sie nun zu weiterer Überzeugung den beiden Wahnsinnigen überlassen hatten. Aber das konnte man wohl ohne weiteres auch selbst Schuld nennen. Das würde er wohl auch sehr bald erfahren. War ja nicht so, als hätte man ihn nicht vor ihrer krankhaften Obsession gewarnt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)