Ein Wort [Vier Brüder] von ElliotAlderson ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ein Wort. Nur ein einziges Wort hämmerte in seinem Kopf. „Bobby.“ Jack rollte sich auf den Rücken. Schnee durchweichte seine Kleidung, Nässe und Kälte drang bis in seine Knochen vor, ließen seinen Körper beben. Der Schmerz pochte dumpf in seinen Beinen, seine Schulter brannte, unter seinem Rücken wurde es warm. „Bobby…“ Sein Atem hinterließ eine dunstige Wolke in der Luft und begleitete seine zittrige Stimme. Er hatte keine Kraft mehr zu schreien, doch Bobby würde ihn hören. Bobby würde kommen und ihn beschützen, er kam immer und beschützte ihn. Er brauchte nur noch ein wenig Zeit… Seine Sicht verschwamm allmählich, die Geräuschkulisse schraubte sich herunter, die Schüsse waren ein leises Echo ihrer selbst, bis er nur noch seinen eigenen schnellen Herzschlag in den Ohren pochen hörte. Sein unregelmäßiger Atem hob und senkte hektisch seinen Brustkorb, seine Augenlider flackerten. Bobby würde kommen. Es war heiß. Es war kalt. Sein Körper war taub und doch konnte er jede Faser spüren, die vor Schmerzen schrie. Er war müde, er war schwach, doch es durfte nicht so enden. „…Bobby.“ Es war nur noch ein Hauchen, leise und ungehört. Jack krampfte, sein Atem stockte und blieb ihm im Hals stecken, wie die warme Flüssigkeit in seinen Lungen. Sie kämpfte sich ihren Weg durch seine Luftröhre, machte es fast unmöglich zu atmen. Ein Gurgeln entkam seinen Lippen, konnte die Worte nicht mehr formen, an die er sich klammerte. An denen sein Leben hing. Warmer Stoff streifte seine Wange, sein Kopf wurde angehoben, seine Augen erblickten ein Gesicht. Das Gesicht, auf das er gewartet hatte. Bobby. ~ „Jack!“ Bobby schlitterte über den Weg, auf seinen Knien kam er abrupt zum Stehen, während seine Hände sich nach Jacks Gesicht ausstreckten. Er hob seinen Kopf an, starrte wie gebannt auf seine halb geschlossenen Lider. „Jack, sieh mich an!“ Blaue Augen blickten zu ihm auf, erschöpft und glasig. „Jack, alles klar? Halt durch…wir brauchen einen Krankenwagen!“ Er rief über seine Schulter, so laut er konnte. Sie brauchten Hilfe, Jack brauchte seine Hilfe. Bobbys Blick schnappte zurück zu seinem Bruder, hielt ihn fest, als sein Körper sich verkrampfte und seine Lider sich unter schmerzverzerrtem Gesicht wieder schlossen. „Jack! Jack!“ Er öffnete den Mund, ein paar kurze, schnelle Atemstöße streiften Bobbys Gesicht, Blut quoll aus seiner Kehle und rann über seine Lippen. „Jack?! Jack!“ Er rüttelte ihn, als ihm kein Atem mehr ins Gesicht schlug. Warme Flüssigkeit drang durch seinen Pullover, dort wo er Jack festhielt. Es war Jacks Blut, welches den weißen Schnee rot färbte. Der Kloß in seinem Hals schwoll an. „Jack, bitte. Komm schon, mann!“ Er flehte ihn an. Er durfte nicht sterben. Nicht hier, nicht so. Jack antwortete nicht, er sah ihn an, er sah ihn einfach nur an und Bobbys Eingeweide verkrampften sich schmerzhaft. Er wollte ihn beschützen, so wie er es immer getan hatte. All die Jahre lang. Wieso nicht auch jetzt? „Komm schon Jack, bitte, du musst atmen! Jetzt stirb’ mir bloß nicht, du kleine Schwuchtel!“ Auf Jacks Lippen schlich sich ein Lächeln, Blut lief seine Wange hinab, ehe sich seine Augen schlossen. „Jack?!“ Der Körper in seinen Händen krampfte erneut, erzitterte unter den aussetzenden Herzschlägen, ehe er den Kampf aufgab und erschlaffte. „…Jack…“ Sein Bruder blieb regungslos und Bobby zog langsam seine Hand zurück. Er hatte ihn nicht beschützen können. Er hatte seinen kleinen Bruder nicht beschützen können, als er ihn am Meisten gebraucht hatte. Er hatte versagt. Er hatte ihn sterben lassen. Seine Wangen brannten, als heiße Tränen sie benetzten, seine Kehle war wie zugeschnürt, seine Innereien zu Eis erstarrt. Er hatte ihn sterben lassen. Als er aufstand, hämmerte nur ein Wort in seinem Kopf. Ein einziges Wort. Jack. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)