Diary of Melina von IgelCheen (anything but ordinary) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Eine weise Frau in Brasilien sagte mir einmal: Manchmal geht das Schicksal Pfade, die mit dem Verstand nicht zu verstehen, gar zu erkennen sind. Und doch, wenn man genau hinhört, vermag man die Worte des Windes, der gewiss um das Schicksal weiß, zu erahnen. Kapitel 1: the rest is memories. -------------------------------- Es sind winzige Augenblicke die unser Leben komplett aus den Fugen werfen. Von jetzt auf gleich ist alles anders. Wir sind immernoch dieselben, zurückgelassen in einem Scherbenhaufen aus Erinnerungen. Und egal wie sehr wir versuchen die Scherben wieder zusammenzusetzen, sie passen plötzlich nicht mehr und schneiden uns wenn wir uns zu sehr mit ihnen befassen. Müde sah ich von meinen Hausaufgaben auf. Ich bearbeitete den Haufen jetzt schon seit knapp 3 Stunden, doch er schien nicht kleiner zu werden. Ich lehnte mich im Stuhl zurück und schloss die Augen. Aus den Augenwinkeln sah ich auf die Uhr. Beinahe halb 10. Mein Leben hatte seit dem Umzug rasante Formen angenommen. Zumindest schien es mir so. Es war alles ganz plötzlich gekommen. Eines Tages wurde mir eröffnet, dass wir das Land verlassen würden. Ich hatte viel zurücklassen müssen. Meine Freunde. Meine Schule. Mein Leben. Denn theoretisch gab es mich nicht mehr. Spätestens als wir unsere Namen ändern mussten, wusste ich, dass irgendein krummes Ding meines Vaters schief gelaufen war. Es war ja nicht das erste Mal. Doch ich hatte nach dem letzten Umzug wirklich gedacht, mein Leben würde sich normalisieren. Ich hatte sogar einen Freund gehabt. Doch das alles war nun Vergangenheit. Ich war nicht mehr Rosalie. Meine besten Freundinnen waren nicht länger Beth,Cherry und Alisha. Und mein Freund war auch nicht länger Seth. Ich sah aus dem Fenster, erfasste die immer dunkler werdenen Reihenhäuser von London. Sah in der Ferne den Big Ben. Eigentlich konnte ich mich glücklich schätzen, es hätte wirklich viel schlimmer kommen können. Ein missglücktes Miauen ließ mich herumfahren. Mein Kater sprang aufs Bett und stieß erneut ein Krächzen aus. "Na was denn ?", lächelte ich ihn an. Ich stand auf, krallte ihn mir und machte mich auf in die Küche. Während Scally genüsslich sein Sheba wegputzte, erinnerte ich mich freudig daran, dass ohnehin bald Ferien waren. In dieser Zeit würde ich mich schon einleben. Gedankenverloren ging ich zurück in mein Zimmer. Doch schon als ich den Stapel von Hausaufgaben sah, verging mir die Lust mich wieder hinzusetzen. Also griff ich nach meinem Designertrenchcoat und trat vor die Tür. Ich atmete tief durch. Denn ehrlich gesagt war ich seit zwei Wochen lediglich morgends zur Schule vor die Tür gegangen. Ich schlenderte durch die Straßen, vorbei an den vielen Kaufhäusern hinunter zum Park. Der Park war so ziemlich der einzige Ort den ich schon kannte. Es war jedoch kein großer Park, keine Sehenswürdigkeit. Nein, dieser war extra für Hundehalter. Ich setzte mich auf eine Bank. Es war noch hell draußen, würde es auch noch lange sein. Wieder rief ich mir die bevorstehenden Sommerferien ins Gedächtnis und lächelte. In Texas war alles so anders gewesen. Vor kurzem noch lebte ich auf dem Land, auf einem großen Hof. Mein Vater hatte ihn gekauft und dort Pferde gezüchtet. Es versetzte mir einen Stich in meinen Erinnerungen zu wühlen. Denn mehr waren sie nicht mehr. Erinnerungen. Ich seufzte laut auf, da bemerkte ich erst den jungen Mann, der ziemlich zügig in meine Richtung kam. Er sah so aufgewühlt und wütend aus. Trotzdem, oder vielleicht gerade wegen der Wut in seinem Gesicht war er attraktiv. Das ließ sich nicht leugnen. Seine Haare waren dunkel. Er war groß, athletisch und er hatte sehr markante Gesichtszüge. Plötzlich fing er meinen Blick auf und ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie in solch schwarze Augen geblickt. Er wurde immer langsamer bis er schließlich vor meiner Bank stehen blieb. Erst jetzt fiel mir auf das ich ihn noch immer anstarrte. Vermutlich war sogar mein Mund offen. Ich erfasste ihn und - ja. Er war offen. "Hey du ". Hatte er mich gemeint ? Ich lugte aus meinen Augenwinkeln, konnte aber sonst niemandem ausmachen. Langsam hob ich meinen Blick. War er näher gekommen ? "Es ist gefährlich für eine Dame, sich allein im Park aufzuhalten ", tadelte er mich verschmitzt und suchte meinen Blick. Leider fiel mir auf seine Mahnung nichts Schlagfertiges ein. "Es ist doch noch hell". Mum wäre stolz auf meinen scharfen Sinn für meine Umgebung. "Das sehe ich auch", er lächelte zum Sterben schön. Schien unschlüssig ob er weitergehen sollte. "Hör mal ich hab ein schlechtes Gefühl dich hier alleinzulassen", er kratzte sich am Kopf, wirkte verlegen. Süß. "Nein ich wollte eh grade gehen ", log ich, denn eigentlich hatte ich vor mich länger vor meinen Aufgaben zu drücken. "Okay ", noch immer sah er unschlüssig aus, lugte immer wieder in die Richtung aus der er kam. "Kann ich dich nach Hause bringen ?", fragte er dann, den nervösen Blick immernoch in dieselbe Richtung. "Hör zu ich wollte hier nochwas sitzen bleiben weil daheim ein Stapel Papier auf mich wartet. Also bitte lass mich hier einfach sitzen, ich verspreche dir das mir nichts passieren wird", sagte ich nun bestimmend und sah ihm direkt in die unverschämt dunklen Augen. Langsam machte dieser Typ mich nervös, er starrte immerwieder in die Richtung aus der er kam, dann wieder auf mich.Was wollte er ? Er schien zu überlegen. Dann schaute er, als hätte er für irgendwas die perfekte Lösung gefunden. "Ich lad dich ein, zum Abendessen ", meine Güte, ließ dieser Typ denn garnicht locker. Langsam tat er mir leid. Ich musste mich daran erinnern wie ich in einem ganz frühen Leben, damals in Brasilien, nur aus Mitleid mit einem Jungen "zusammen" war. Na gut, er war sieben und ich sechs, aber das spielt keine Rolle. Wichtig ist nur das es in einem Disaster endete und ich heilfroh war wegziehen zu dürfen. "Was ist nun ?", riss seine tiefe Stimme mich aus meinen Erinnerungen. Verwirrt sah ich ihn an "Hör mal warum willst du unbedingt ausgerechnet mich ausführen ?",lächelte ich gequält,"ich bin erst neu hierhergezogen und habe wirklich keinen Kopf dafür". Die ehrliche Verwunderung in seinem Gesicht ließ mich verstummen. Langsam sah ich wie seine Verwunderung erst in Arroganz und dann in... Wut umschlug ? Sein Blick ließ mir erneut das Blut gefrieren. "Ich will nicht unbedingt mit dir ausgehen, mir ist nur jeder Weg recht dich hier wegzubringen ", blaffte er mich an und ich zuckte unvermittelt zusammen. Ehe ich etwas stammeln konnte, legte er von Neuem los. " Ich versuche nur dir zu helfen und du nimmst direkt an das sich mein gesamtes Universum nur um dich dreht !? Ich muss dich enttäuschen, aber so ist es nicht ! Weiß Gott nicht !", er machte mir Angst. Unvorstellbare Angst. Doch plötzlich spührte ich neben der Angst noch etwas anderes in mir. Wut. Unvorstellbare Wut. Er wartete auf meine Antwort. Auch wenn seine Augen mir sagten das er mit keiner rechnete. Also entschied ich mich gegen die Angst und für die Wut. "Tut mir unendlich leid das ich bei dir den Eindruck erweckt habe, ein völlig von sich selbst eingenommenes Prinzesschen zu sein, das sein unermessliches Selbstvertrauen nur dadurch nähren kann, von irgendwelchen Fremden zum "Abendessen" eingeladen zu werden " fuhr ich ihn an und stand aprupt von der Bank auf, meine Augen glühten ihn nur an "denn das bin ich weiß Gott genauso wenig wie der Mittelpunkt deines Universums", endete ich ein wenig leiser und sah ihn immernoch todernst an. In seinem Gesicht stand die reine Verblüffung, was mich in diesem Moment selbstsicher machte. Ich schenkte ihm noch einen wütenden Blick, dann marschierte ich an ihm vorbei und ließ ihn stehen. Kapitel 2: confessions of an empty heart. ----------------------------------------- Ich war schon eine ganze Weile weitergangen, da hörte ich Schritte. Als ich über die Schulter sah, entdeckte ich ihn. Er ging ein paar Meter hinter mir und blieb nun auch stehen. In seinem Gesicht war keinerlei Wut mehr. Nur ernste Bestürzung, dass er aufgeflogen war. Erst machte ich Anstalten einfach weiterzugehen, doch dann kroch erneut leise Wut in mir hoch. "Dafür das ich nicht der Mittelpunkt deines bescheidenen Universums bin, stellst du mir ganz schön nach ", schnappte ich und drehte mich komplett zu ihm herum. Spielte da ein leichtes Lächeln um seine Lippen? Ich stutzte. "Dafür, dass du so unschuldig aussiehst, hast du ne´ ganz schön große Klappe ", erwiderte er locker und trat näher. Ich runzelte nervös die Stirn "Nein! Komm nicht näher, lass mich einfach in Ruhe!", dieser beschränkte Ausruf, bei dem ich auch noch drohend meinen Zeigefinger hob-wie um ein kleines Kind einzuschüchtern- war das Ergebnis meiner puren Verzweiflung. Er blieb tatsächlich stehen, sah jedoch keinesfalls eingeschüchtert aus. Er lächelte mich an. " Hast du Angst?", wie um mich zu provozieren trat er noch einen kleinen Schritt näher, in seinem Gesicht ein selbstgefälliges Grinsen. Automatisch trat ich einen Schritt zurück und funkelte ihn wütend an. "Ich sagte du sollst da stehen bleiben. Ich hab Pfefferspray! ", log ich. Offensichtlich schlecht, denn er machte noch einen Schritt auf mich zu. Mir musste die Angst im Gesicht stehen, denn dann blieb er stehen. "Ich will dir nichts tun ", lachte (?!) er," ich möchte wirklich nur sicherstellen, dass du heil zu Hause ankommst ", er sah plötzlich gen´ Himmel, " denn jetzt wird es dunkel ", ich sah ihn empört an, wollte er mich tatsächlich auch noch mit meinen eigenen Argumenten schlagen?. Langsam begann ich mich lächerlich zu fühlen, vorallem in Anbetracht dessen, was ich gleich sagen würde. "Okay, dann begleite mich eben. Aber du bleibst auf Abstand. So wie jetzt ", sagte ich bestimmend und ging weiter. "Ist das ein Befehl ?", hörte ich es hinter mir, irgendetwas in mir wurde warm als ich hörte, dass er mir folgte. "Nein das ist ein Kompromiss ", hörte ich mich kühler sagen als ich es meinte. Das leise Lachen hinter mir jagte mir sanfte Schauer über den Rücken und zwang mich zu grinsen. Eine Weile gingen wir so, hatten den Park schon verlassen, da räusperte er sich "Weißt du es gibt eine Menge Mädchen, die mein Essensangebot nicht hätten ausschlagen können ", seine Stimme klang gespielt selbstgefällig, beinahe protzig. Ich lächelte leise in meinen Kragen. "Ich schon ", sagte ich nur und lauschte seiner Stimme. "Wie kommt´s ?", hakte er nach. Was sollte ich darauf antworten ?. "Mir wurde beigebracht, nachts nicht mit Fremden mitzugehen ", sagte ich voller Sarkasmus. Erneut suchten mich kleine Schauer heim als er lachte. Danach schwieg ich und auch er sagte nichts mehr. Wir gingen stumm durch die ungewöhnlich leeren Straßen des Stadtteils, bis ich von weitem mein neues Zuhause sah. "Okay, da wären wir", sagte ich und drehte mich zu ihm um. Er sah den noblen Altbau hoch und pfiff anerkennend. Es entstand eine unangenehme Pause, in der weder er, noch ich etwas sagten. Gerade als er sich ein Herz zu fassen schien, klingelte plötzlich sein Handy und ich sah wie seine Miene sich kurz verfinsterte. "Willst du nicht drangehen?", fragte ich, während ich meinen Schlüssel hervorkramte. "Nein ", sagte er so kurz angebunden, dass ich ihn ansah. "Okay dann... bis bald... danke für´s Heimbringen ", sagte ich betont höflich und steckte den Schlüssel ins Schloss. Aus meinen Augenwinkeln sah ich ihn nicken. Er sagte nichts mehr, drehte sich lautlos um und ging davon. Als ich ihn so davongehen sah überfiel mich flüchtige Traurigkeit, die ich mir jedoch nicht erklären konnte. Enttäuscht von mir selbst schüttelte ich den Kopf und drehte den Schlüssel im Schloss. Drinnen ging schon das Licht an und ich sah meine Mutter, ihre Augen sahen finster auf mich hinab. Tief durchatmend wappnete ich mich für die Standpauke, die diesem Blick meist folgte. Ihre Wut ignorierend ging ich an ihr vorbei und hängte meinen Trenchcoat an unserem Garderobenständer auf. "Was hast du so spät draußen noch gemacht?", schnappte meine Mutter und ich wusste, dass sie nur wütend war, weil sie sich gesorgt hatte. "Ich war nur spazieren ", murmelte ich-ohne sie anzusehen-obwohl ich sicher war, dass sie ihn sowieso gesehen hatte. Das verriet das Grinsen, das ich aus den Augenwinkeln aufblitzen sah. "Und wer war der gutaussehende junge Mann, der dich nach Hause gebracht hat ?", fragte sie mit besagtem Grinsen. Endlich schaute ich sie an, einen genervten Gesichtsausdruck im Gesicht. Plötzlich fiel mir auf das ich seinen Namen garnicht wusste. "Ich hab keine ahnung "nuschelte ich und ging ins Wohnzimmer. "Hi Dad", mein Vater saß auf unserem Sofa und sah sich grad Football an. Er grüßte mich zurück und vertiefte sich wieder in das Spiel. "Wie, du weißt seinen Namen nicht?", rauschte meine Mutter mir hinterher."Meine Güte Mum, er hat mich im Park aufgegabelt und nach Hause gebracht, weil er der Ansicht war, dass es für mich gefährlich wäre dort allein auf einer Bank zu sitzen ", rief ich genervt aus und verschwand in der Küche. Mein Vater wandte den Blick kurz vom Fernseher ab "Wie schön, dass du hier so schnell Freunde findest, Schätzchen ", rief er von seinem Platz aus. Ich verdrehte die Augen über seine schwachsinnige Bemerkung, die überhaupt nicht zu dieser Situation passte. Aber er konnte ja auch nicht wissen, dass ich in der Schule nur eine "Freundin" hatte. Nicht das sie freiwillig neben mir saß oder mit mir redete, aber es war ihr von unserem Lehrer aufgetragen worden mir zu helfen. Also behandelte sie mich so nett sie konnte, doch im Grunde wusste ich, was sie in mir sah. Ein reiches, verzogenes, eingebildetes Miststück, das sich obendrein auch noch für etwas besseres hielt. Ich lächelte, wusste ich doch selbst, dass ich so wirken konnte. Aber das eigentlich nur, bis ich den Mund aufmachte. Doch von alledem wusste mein Dad nichts, selbst wenn, wäre es ihm höchstwahrscheinlich egal. Er kümmerte sich nur oberflächlich um uns. Im selben Moment schämte ich mich das auch nur gedacht zu haben. Er hatte es schließlich auch nicht leicht. Hatte genauso viel zurücklassen müssen wie jeder von uns.Ich nahm mir einen Joghurt und löffelte ihn gedankenversunken. Wir lebten sehr gut in diesem Haus. Hatten eine ganze Etage für uns. Ich hatte ein großes Zimmer, meine Schwester auch. Außerdem gab es eine große Küche, Wohn-, und Esszimmer, sowie zwei große Bäder. Unser Kontobetrag lag im sechsstelligen Bereich, da Dad viele "krumme Dinger" machte. Und meistens liefen sie ja sogar gut. Doch das konnte mir meine Eltern nicht ersetzen. Mein Vater war fast nie daheim und meine Mutter lebte ihr furchtbares Hausfrauendasein ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt. Kurz. Mein Leben war lange nicht so schön wie es von außen aussah. Weder Designermöbel, noch Designerklamotten, noch Designerschmuck konnten die Sehnsüchte eines Herzens füllen. Ich warf den Joghurt weg und blieb im Türrahmen stehen.Da meine Mutter keine Anstalten machte, mich weiter mit Fragen zu löchern, ging ich dann auf mein Zimmer. Auf dem Tisch lag der Papierkram, den ich so gut verdrängt hatte - bis gerade. Ich seufzte kraftlos und machte mich an die Arbeit. Kapitel 3: fire is desire and danger at the same time. ------------------------------------------------------ "Miefau",krächzte mein Kater und stupste mich liebevoll mit der Nase. Ich schreckte hoch und schaute mich um. Scally saß vor mir und leckte sich die Tatzen. Benommen sah ich auf die Uhr, es war weit nach Mitternacht. "Neeeein", jammerte ich, als ich kapierte, dass ich eingenickt war. Ich klatschte mir mit beiden Händen auf die Wangen, um wach zu werden. Dann überblickte ich das Chaos vor mir. Okay. Sozialkunde,Mathe und Geschichte waren fertig. Nur noch Deutsch stand an. "Ein Essay ?", wiederholte ich meine Notiz ungläubig. Ein Leuchten trat in meine Augen, als ich sah, dass dieser erst nächste Woche fällig war. Heilfroh machte ich das Licht aus und kroch mit dem wohligen Gewissen ins Bett, dass morgen Wochenende war und ich somit ausschlafen konnte. Okay. Aus letzterem wurde leider nichts , da meine Mutter scheinbar befand, dass neun Uhr morgends die absolut perfekte Zeit für die tägliche Hausarbeit war. Ich wurde also liebevoll von dem geräuschvollen Surren des Staubsaugers geweckt. Blinzelnd stieg ich aus meinem Bett und trat in den Flur. "Morgen Melina, schon wach? Kaffee und Brötchen sind in der Küche", rief meine Mutter über den Lärm hinweg. Wieder wurde mir schmerzlich bewusst, dass sie mich meinte. Dass das mein Name war. Melina. Während meine Gedanken um meinen neuen Namen kreisten sah ich schmunzelnd wie die Spitze des Staubsaugers gegen Kate´s Tür stieß, um auch wirklich den letzten Staubfitzel zu erwischen. Ich begann langsam von Zehn herunterzuzählen. 10, ich schlenderte in die Küche und roch den Duft von gut gebrühtem Kaffee.9, ich nahm mir seelenruhig eine Tasse aus dem Schrank und die Milch aus dem Kühlschrank. 8, das wundervolle Aroma des Kaffees bewusst tief einatmend schüttete ich meine Tasse bis zur Hälfte voll. 7, den Rest stockte ich mit Milch auf und suchte dann nach einem kleinen Löffel. 6, ich verührte meinen Morgentrunk und schlurfte mit einem Bagel an den Tisch. 5, leise Vorfreude machte sich in Anbetracht der Szene, die sich mir gleich bieten würde, breit. 4, wow, Kate war heute ein sehr geduldiges Mädchen. 3, "Waaaaah!", das Geschrei im Flur klang ganz nach meiner Schwester. Ich hörte eine Tür knallen und konnte es mir nicht verkneifen vom Tisch aufzustehen und- um die Ecke lugend- dem Geschehen zuzusehen. "Kate, Schätzchen, du bist ja auch schon wach", frohlockte meine Mum und schien echt nicht zu schnallen, dass der Staubsauger für unser seltsames Verhalten verantwortlich war. "Scheisse, ich schwöre dir, wenn du mich noch einmal Daheim mit Kate ansprichst, jage ich mir ne´ verdammte Kugel durch meinen Scheiss Kopf", keifte Kate- die eigentlich Abby hieß- und trat geräuschvoll gegen den Staubsauger. Ohja, sie war eine ganz typische Fünfzehnjährige, mit ihren Ecken und Kanten, wie meine Mutter beschönigend sagen würde. Tatsache war jedoch, das Abbs ein ausgefuchstes Luder war. Das Wort Respekt fehlte in ihrem Vokabular, ebenso wie die Worte Anstand und Liebenswürdigkeit. Es fehlten sicher noch mehr Worte, doch ich machte mir nicht die Mühe. "Scheisse!",fluchte sie immerwieder. Dass der Staubsauger härter war, hatte sie nicht bedacht. "Was grinst du denn so blöd ?!", ihre Augen glühten mich an. Doch statt zu antworten lächelte ich zuckersüß und wandte mich von ihr ab. Ich hörte, dass sie noch etwas höchst Unfreundliches murmelte, doch das ignorierte ich gekonnt. Sie war nunmal fünfzehn. Und hey, wenn es mich schon belastete dauernd umzuziehen, wie schlimm musste es dann erst für Abbs sein?. Ich stopfte mir den letzten Bissen Bagel in den Mund und spühlte ihn mit dem Kaffee hinunter. Ich saß da und hatte keinen blassen Schimmer was ich mit dem Tag anfangen sollte. Gedankenversunken räumte ich das Geschirr weg und ging in Kates Zimmer. "Was machst du heute ?",fragte ich sie. Sie stand vor ihrem abstrus großen Spiegel und werkelte gerade mit der Wimpernzange herum. "Was geht dich das an ?", gab sie überheblich zurück und räumte die Zange weg. "Ich dachte, wir könnten zusammen shoppen gehen ", ich ignorierte ihren verabscheuungswürdigen Tonfall und lächelte aufmunternd. "Weißt du Rose", sie betonte meinen Namen geringschätzig," ich werde heute etwas mit meinen Freunden unternehmen. Solltest du auch mal tun. Oops", sie schaute mich gespielt schuldbewusst an, ehe sie lächelte", du hast ja garkeine". In diesem Moment empfand ich keine Wut. Ich war...traurig. Traurig, weil ich sie bemitleidete. Sie war das überhebliche Stück, das ich niemals hatte werden wollen. Ich seufzte ehrlich mitfühlend, was sie aufhorchen ließ "Weißt du Abbs. Es gab früher Tage, an denen ich stolz war deine Schwester zu sein. Wenn du zu Ballettwettbewerben gingst, war ich immer dabei und wenn mich jemand fragte wer das Mädchen ist, das da so grazil über die Bühne schwebt, sagte ich immer voller Stolz: Das da ist meine Schwester", ihr Blick schien zu glühen, doch ich war noch nicht fertig. "Aber du warst nicht nur talentiert. Du warst auch lieb. Und süß. Du hast zu mir gestanden, selbst, wenn mich alle für verrückt hielten", ich musste lächeln. "Was ist heute davon übrig? Du umgibst dich mit Leuten, von denen du weißt, dass sie dich für einen viertel Dollar verkaufen würden. Du hast keinerlei Anstand und Respekt. Manchmal glaub ich nichteinmal, dass du ein Herz hast", sie ging bereits an mir vorbei und hielt mir die Tür auf, als überdeutliches Zeichen jetzt zu verschwinden, doch im Türrahmen blieb ich nochmals stehen. "Muss ein tolles Leben sein", sagte ich bedauernd und suchte nach irgendeiner Regung in ihrem Blick. Doch ihre blauen Augen blieben eiskalt. Kaum war ich aus der Tür, knallte sie sie zu. "Meine Güte Melina, was hast du ihr jetzt schon wieder getan ?!",versetzte meine Mutter hysterisch und ging an mir vorbei in die Küche. Ich war versucht etwas Bitteres zu erwidern, doch ich konnte nicht. Ich hatte das alles auch so schon genug satt. Ich wollte wenigstens meine Seele nicht mit irgendwelchen bösartigen Gedanken verschmutzen. Ich seufzte erneut. "Ich bin mal weg", rief ich und suchte nach meinem Schlüssel. "Hey, warte !", entgegnete meine Mutter, dann war es kurz still. Für einen kurzen Moment dachte ich, sie würde sich für eben entschuldigen, dann jedoch kam sie mit einem Einkaufszettel aus der Küche und stopfte ihn mir unsachte in die Hosentasche. "Soll ich singen, oder gibst du mir Geld mit ?", ich versuchte die Stimmung aufzubessern, doch sie fasste meinen Kommentar falsch auf. "Werd nicht frech. Wofür hast du deine Kreditkarte ?". Stirnrunzelnd zog ich meine Platin-card aus der Hosentasche. "Seit wann gehen wir denn mit der Kreditkarte in den Supermarkt?", rief ich meiner Mum hinterher, doch sie antwortete nicht, also knallte ich frustriert die Türe hinter mir zu und atmete draußen tief durch. Ich zwang mich ein Lächeln aufzusetzen und ging durch die Straßen. Auf halbem Weg beschloss ich, Halt im Eiscafé zu machen. Ich brauchte nicht lange zu suchen, da es in London wirklich an jeder Ecke ein Café gab. Der Himmel sah zwar sehr verhangen aus, aber das Café war trotzdem gut besucht. Ich setzte mich ans Fenster und beobachtete die Leute draußen. Mein Blick fiel auf ein Mädchen. Sie saß auf einer Bank und schrieb. Oder zeichnete. Von meinem Platz aus war es nicht zu erkennen. Sie trug diesen modernen Hippie look und war außergewöhnlich schön. Ihre langen blonden Haare umschmeichelten ihre Wangen. Durch ihren Mittelscheitel war ihr Gesicht besonders hervorgehoben. "Hast du dich schon entschieden ?", die Stimme der Bedienung riss mich aus meinen Gedanken und ich sah sie an. "Ja, ich nehme einen Vanille Milchshake ", lächelte ich freundlich. Die Bedienung nickte und verschwand schnell zur Bar. Als ich wieder zu der Bank hinübersah, war sie weg. Ich durchsuchte mein gesamtes Blickfeld, doch sie war weg. Einfach weg. Ich musste nicht lange auf meinen Shake warten. Ich trank ihn in langen Zügen und bezahlte. Als ich gerade die Bar verließ, sah ich ihn. Den bekannten Fremden von gestern. Er schien mich nicht zu bemerken. Unauffällig bewegte ich mich zwischen ein paar Passanten an ihm vorbei. Ich hatte keine Angst vor ihm. Er brachte mir nur nichts. Mein Körper hatte selbst auf sein Lachen reagiert. Ich ertappte mich dabei wie ich mich fragte, wie es wohl war, von ihm berührt zu werden. Nein. Ich hatte das mit Seth noch nicht verarbeitet. Es würde nicht besser werden. Wir würden nicht lange in London bleiben. Es war nur eine Frage der Zeit, wann mal wieder ein "krummes Ding" schief laufen würde. Es machte also keinen Sinn sich zu verlieben. Und da ich kein Typ für One Night Stands war, beendete ich den Gedankengang. "Hey ", allein seine Stimme jagte mir Schauer über die Haut. Moment. Seine Stimme?. Ich drehte mich um. Lächelnd stand er vor mir und wartete auf meine Erwiederung. Leider versagte mein Sprachzentrum. "Hi ", sagte ich also nur und sah ihn an. Er schien- wie gestern auch- nervös. Und doch nicht genauso wie gestern. "Das ist mir etwas peinlich, aber" er grinste charmant," ich hab mich gestern garnicht vorgestellt. Es war also ganz gut, dass du nicht mit mir Essen gegangen bist", ich wusste darauf nichts zu sagen. Musste ich aber auch nicht wissen, denn er lächelte wieder. "James !", rief plötzlich eine junge Frau, die sich nun durch die Menge schob und neben ihm stehen blieb. Ihre Augen musterten mich abschätzig, dann hakte sie sich bei ihm ein. "Willst du mich nicht vorstellen?", sie zog empört die Brauen hoch als sie das sagte. James bedachte sie mit einem genervten Seitenblick "Ich kam nichtmal dazu mich vorzustellen", murmelte er und sah sie dann tadelnd an. "James ", wiederholte ich und beide sahen mich an, als wäre ich gestört. "Richtig ", sagte sie verwirrt und warf James dann einen neckenden Blick zu. "Wow, deine Puppen werden immer intelligenter. Bald schleppst du noch welche an, die in ganzen Sätzen reden", sie grinste mich nun ironisch an. "Stace. Das ist ", er wartete, dass ich ihm meinen Namen sagte. "Rosa", ich stockte und biss mir auf die Zunge," Melina", stieß ich hervor und wurde wieder skeptisch beäugt. Stace musterte mich und ich wusste, dass sie mich genau in diesem Moment in eine Schublade mit Paris Hilton steckte. "That´s hot", dachte ich ironisch. "Das ist Melina. Das Mädchen, das ich gestern nach Hause gebracht hab", sagte er vielsagend und plötzlich veränderte sich Stace´s Blick dramatisch. Sie sah überrascht aus. "Das ist ja interessant ", meinte sie dann und schien mich wieder aus der Paris Schublade rausziehen. Ich hörte nicht auf die Stimme in meinem Kopf, die lauthals fragte, warum zum Teufel er von mir erzählt hatte. Selbst die vernünftige Stimme, die mich vor ihm warnte, schlug ich in den Wind. Stattdessen lächelte ich und schüttelte ihre Hand "Freut mich, dich kennenzulernen, Stace", ihre Augen sahen mich neutral an. Weder abgeneigt noch offen. "Stacy ", verbesserte sich mich, doch sie lächelte freundlich. Ihre walnussbraunen Haare umrahmten ihr elfengleiches Gesicht, ihr schwarzes Nietenkleid ihre perfekte Figur. Sie war sicher das, was die meisten Typen als "scharfes Gestell" oder auch als "guten Fick" bezeichneten. Ich hasste diese Beleidigungen, wusste aber gleichzeitig, dass es genug minderbemittelte, praepubertäre Exemplare der Gattung Mann gab, die genau diese Ausdrücke mächtig cool fanden. Als ich die beiden vor mir sah, konnte ich nicht glauben, dass sie kein Paar waren. Ich musste mir ein Lächeln verkneifen. Wahrscheinlich hatte James es bei ihr versucht, war aber auf Granit gestoßen. "Ist die immer so sprachgewandt?", fragte Stacy an James gewandt, so, als wäre ich überhaupt nicht da. Ich sah James an, dass ihm das Verhalten seiner Freundin peinlich war, trotzdem grinste er schief. "Nein ganz im Gegenteil, gestern noch war sie richtig vorlaut. Beinahe schlagfertig", ich wusste genau, dass er versuchte mich aus der Reserve zu locken. Und er wusste sicherlich genau, dass sein Plan aufging. "Oh nein, eigentlich bin ich genauso dumm wie die anderen Puppen. Er verkraftet nur nicht, dass ihm selbst ein dummes Mädchen eine Abfuhr erteilt hat", ich lächelte ihn zuckersüß an und Stacy brach in schallendes Gelächter aus. James jedoch sah mich beleidigt an, seine Mundwinkel zuckten. "Ja. Sowas bin ich sonst nur von den schlauen Mädchen gewohnt", gab er gespielt betroffen zu. Stacy zog mittlerweile mit ihrer unmenschlich lauten Lache alle Blicke auf uns. "James ich nehms zurück, die gefällt mir", sie wischte sich bereits kleine Lachtränchen aus den Augen und fügte dann wieder mit völlig normaler Stimme hinzu," Hey, ich glaube die haben da hinten einen Ausverkauf bei Macy´s. Wir sehen uns nachher. Melina", Sie sah mich an und verließ uns so schnell wie sie gekommen war. Uns? Ich meinte natürlich ihn und mich. "Also nicht uns", ermahnte ich mich und wollte mich gerade verabschieden, da kam er mir zuvor. "Hey wir kennen uns jetzt", stellte er verschwörerisch fest. Als ich daraufhin nichts sagte, fügte er leise hinzu "Du darfst also nun mit mir Essen gehen ", er klang dabei so selbstsicher, dass es mir schlicht die Sprache verschlug. "Ich fasse dein Schweigen als ein zu-überweltigt-und-glücklich-um-zu-anworten Schweigen auf. Heute Abend um acht. Bei mir. Ich hol dich ab. Wo du wohnst, weiß ich ja", er zwinkerte mir schnalzend zu und folgte Stacy. In meinem Kopf spielten sämtliche Leitungen verrückt. "Na ganz toll Rose. Ein Abendessen. Bei ihm", wiederholte ich vielsagend und konnte das Krümelchen Freude tief in mir drin doch nicht ersticken. Kapitel 4: not the guy next door. --------------------------------- Mutlos saß ich vor meinem Schminktisch, der ganz dem Barockstil nachempfunden war. Ich mochte die Teile sobald ich diesen Marie Antoinette Film gesehen hatte. Die Neuverfilmung mit Kirsten Dunst. Toller Film. Skeptisch beäugte ich meine langen, kastanienbraunen Haare, die wellig mein Gesicht umrahmten. Gerade hatte ich mich entschlossen meine Haare zu locken, da hörte ich ein Stupsen gegen die Türe. "Miefau !",meldete Scally sich empört und sprang blitzschnell auf den Schminktisch. "Was ist, Schatz ?", fragte ich liebevoll und strich ihm über das schwarze Fell. Erneut maunzte er mich an und ich hörte einen gewissen Vorwurf aus seiner Stimme. "Denkst du, ich weiß nicht, dass das eine beschissene Idee ist ?", antwortete ich auf seine nicht gestellte Frage und lockte die erste Strähne. Es war wirklich dumm gewesen, das Angebot von James anzunehmen. Auch, wenn ich das genau genommen garnicht getan hatte. Er hatte mir schlichtweg keine Wahl gelassen. Und er würde wahrscheinlich um Punkt 8 Uhr bei uns auf der Matte stehen. Ich schielte auf die Digitaluhr neben meinem Bett und seufzte gequält. Ich hatte noch ungefähr eine Stunde Zeit. Nachdem meine Haare als Lockenpracht erstrahlten, zog ich mich aus und trat gedankenversunken in meinem begehbaren Kleiderschrank. Als mein Blick auf ein schwarzes Cocktailkleid fiel, musste ich unwillkürlich an mein erstes Date mit Seth denken. Er hatte mich ins Kino ausgeführt. Ich bin sicher, er hatte sich diesen Abend sehr romantisch vorgestellt. Wir waren in irgendeinen Horrorfilm gegangen. Wahrscheinlich hatte er erwartet, dass ich mich hilfesuchend an ihn schmiegen würde, doch ich verkroch mich stattdessen so gut es ging im Kinositz und hielt schützend die Popcorntüte vor mich. Verständlicherweise hatten wir uns erst beim nächsten Date geküsst. Die Atmosphäre damals im Kinosaal war einfach nur... Plötzlich spührte ich eine Träne sanft mein Schlüsselbein hinabperlen. Ich blinzelte und war überrascht, wie traurig mich diese Erinnerungen machten. Verwirrt wischte ich mir über die Augen und blieb skeptisch vor meinem Kleiderschrank stehen. Was zog man zu einem Date an, wenn man besagtem Date die Schärfe nehmen wollte?. Rot? Auf keinen Fall. Dann würde ich sicher schneller in seinem Bett landen als ich kein-Flittchen! sagen konnte. Schwarz? Nein, selbst das konnte nach Femme Fatale aussehen. Letztenendes zog ich ein dunkelblaues Cocktailkleid aus dem Schrank, auf das Straßmusterakzente draufgestickt waren. Dazu kramte ich schwarze Pumps hervor und ging wieder in mein Zimmer. Vor meinem Spiegel legte ich Make up auf und betonte meine Augen mit ein wenig silbernem Lidschatten und Smokey Eyes. Als ich das Ergebnis im Spiegel sah, war mir natürlich bewusst, wie sexy das Outfit dann doch war. Plötzlich klingelte es. Ich spielte einen kurzen Moment damit, mich komplett abzuschminken und mir einen Kartoffelsack überzuwerfen. Einfach irgendetwas, dass ihn abturnen würde. Da stand er in meinem Zimmer. Wer hatte ihn reingelassen?. Kate. Sie stand im Flur, die Kinnlade unnatürlich weit unten. Ich musste lächeln. "Wow, du siehst wunderschön aus", lächelte er und ließ seinen Blick einige Male über meinen Körper schweifen. Dann trat er auf mich zu und umarmte mich. Ich fühlte meine Beine weich werden und erwiderte seine kurze Umarmung, die jedoch eindeutig zu leidenschaftlich war für ein erstes Date. "Du weißt, dass wir nur zu mir fahren ?",hauchte er heiß gegen meinen Hals und raubte mir so jeglichen Verstand. Die Sache mit meinem Sprachzentrum schien chronisch zu werden, wenn er bei mir war. "Melina ?", Kates zuckersüße Stimme riss mich aus meinen Gedanken, sodass ich mich von ihm löste. Sie stand lasziv im Türrahmen und verränkte sich so, dass jeder Blinde ihre Kurven sehen konnte. Ihr Blick sagte dabei sowas wie : Hier bin ich und DU willst mich. "Willst du mich nicht vorstellen ?", sagte sie und ihre Stimme kam mir erwachsener vor. "Klar, ähm, James, das ist Kate, meine 15 lährige Schwester", lächelte ich erst ihn und dann sie an. Natürlich hatte ich nicht vergessen, ihr Alter zu betonen. Die Quittung dafür fand ich in ihrem bitteren Blick. "Freut mich dich kennenzulernen, Kate", fügte er sehr reif hinzu und ich merkte, dass er somit zeigte, das sie zu jung für ihn war. Ich ertappte mich dabei, wie ich ihn mit diesem bestimmten Blick ansah, den er glühend erwiderte. Unvermittelt schaute ich wieder weg und sah zu Kate. " Sag Mum und Dad das ich spätestens um 12 wieder daheim bin", ich trat auf sie zu und blieb im Türrahmen neben ihr stehen. "Und geh nicht so spät ins Bett", fügte ich noch hinzu und erntete erneut einen tödlichen Blick. Lächelnd ging ich an ihr vorbei und blieb im Türrahmen stehen. Als ich einen Blick über meine Schulter warf, war es mir, als störte ich einen intimen Moment. Denn der Blick, mit dem er sie kurz bedachte, hatte nichts mehr von der erwachsenen Art, die die beiden trennte. Er trat auf mich zu und senkte seine Lippen wieder an mein Ohr. "Auf das hier freue ich mich schon den ganzen Tag", hauchte er und schickte millionen kleine Schauer über meinen Körper. Ich spührte ein Kribbeln zwischen meinen Beinen und wollte doch nicht wahrhaben wie sehr er mich anzog. Ich musste unbedingt einen kühlen Kopf behalten. Ich wand mich aus seiner benebelnden Aura und ging voraus. Ich hörte die Türe ins Schloss fallen und war plötzlich ganz befangen. Aus irgendeinem Grund beunruhigte er mich ebenso wie er mich berauschte. Der Abend war noch jung, die Sonne erhellte schwach die Häuser um uns rum. "Das da ist meiner ", er deutete auf einen schwarzen Chevy Impala. Ich seufzte. Ne Aufreißerkarre wie sie im Buche stand. Er hielt mir die Beifahrertür auf und konnte nicht verbergen, wie stolz er war, so ein sündhaft teures Auto zu besitzen. Ich lächelte und stieg ein. Ich sah ihn mir noch einmal genauer an, als er vor dem Auto herging. Keine Frage. Er war ein Frauentyp. Und die Szene mit Kate hatte mich verstört. Aber das allein gab mir noch nicht das Recht ihn auch als Ladykiller abzustempeln. Also setzte ich mein untrügliches Lächeln auf und sah ihn an, als er das Auto startete. "Wie gefällt sie dir?", er grinste schief und ich sah die Gänsehaut auf seinem Arm, als der Motor aufsurrte. "Ehm, das Auto ?", fragte ich doof, als ob mir das nicht klar wäre. Er nickte und ich lächelte herausfordernd "Sie ist das, was ich als Aufreißerkarre bezeichnen würde", sagte ich ehrlicherweise. Er sah mich kurz verblüfft an, dann lachte er laut. Mein Körper war der reinste Spielplatz für Schauer. "Ich vergesse immer wieder, dass du keins von den sonstigen Mädchen bist", er biss sich auf die Lippe und schielte mich aus den Augenwinkeln an. Ich zog die Brauen hoch "Die sonstigen Mädchen ?", ich konnte den kleinen Ärger, der in mir hochkroch nicht unterdrücken. "Ich halt besser die Klappe", sagte er unbetrübt und fuhr an. Ich schüttelte lächelnd den Kopf. Normalerweise wäre ich bei diesem Satz ausgestiegen. Ich begab mich selten auf gefährliches Terraint. Also beschloss ich, ersteinmal ruhig zu bleiben und mich vorallem nicht verführen zu lassen. Denn er könnte es, würde es sicherlich schaffen. Und das machte mir Angst. Kapitel 5: between choices. --------------------------- Schweigsam fuhren wir durch die immer dunkler werdenen Alleen, vorbei an Parks und etlichen Einkaufszentren. Wir befanden uns im teuren Teil Londons, das erkannte ich an den beeindruckenden Wolkenkratzern. Ich konnte mir die atemberaubenden Zimmer im Inneren nur erträumen. Obwohl. Das war gelogen. Ich konnte natürlich rein materialistisch gesehen in jedes dieser Penthäuser einziehen. Dennoch war ich bislang in keinem gewesen. Wir versuchten uns so unscheinbar wie möglich zu bewegen. Von Land. Zu Land. Zu Land. "Du bist so still ", sagte er plötzlich und riss mich aus meiner Gedankenschleife heraus. "Ich denke nach", sagte ich. Das war meine Standardantwort, wenn ich auffällig still war. Meistens stimmte es ja auch. Er wandte den Kopf zu mir und grinste schief "Ich hoffe doch du überlegst nicht mich loszuwerden?". Ich musste lächeln. "Ich spiele mit dem Gedanken ", gestand ich naserümpfend und sah ihn herablassend an. Er lachte. Wieder. Und unbeschreiblich schön. "Du wirst noch einmal der Grund, dass ich mich von den dummen Mädchen komplett abwende ", dramatisierte er gequält und bog kurz darauf einen Weg ein, der zu einem Privatparkplatz gehörte. Ganz nebenbei war es der Parkplatz des Claridge´s. Und obwohl ich hier erst seit kurzem wohnte, wusste ich eines aus dem Schulunterricht in Texas. Das Claridge´s gehörte zu den weltweit teuersten Hotels und war das Teuerste in ganz London. Ich schluckte hart, obwohl auch dieses Gebäude dem Glanz meiner Platincard weichen würde. "Da wären wir ", er grinste schief und stieg aus. Doch ich brauchte einen kleinen Moment um zu begreifen wie verdammt reich James sein musste. Dann fiel es mir ein. Hatte Stacy nicht auch gesagt sie wollte zu MACY´S ? Shoppen?. "Wenn du nur kurz aussteigen würdest. Den Weg zum Hotel kann ich dich auch tragen", James stand neben mir und hielt die Türe auf. Ich blinzelte und lächelte ihn dann bittersüß an. "Danke James, aber ich denke, ich kann alleine gehen", vorsichtig -wegen des Kleides- stieg ich aus und sah mich um. In Anbetracht dessen, welcher Luxus mich erwartete, schlug mein Herz ein wenig schneller. Plötzlich spührte ich ihn. Er hatte seine Hand ganz flüchtig um meine gelegt und ging seelenruhig weiter. Einerseits überfordert von den heftigen Gefühlen die mich überkamen, andererseits auch missmutig, entschloss ich, ihn machen zu lassen. Wir betraten die große Eingangshalle des Claridge´s und gingen direkt vor zur Rezeption. Während ich mich völlig einnehmen ließ von der Pracht, die sich mir erbot, kam langsam ein älterer Mann an die Theke und lächelte breit als er uns sah. "Ah, Mr. Devino ", er kramte direkt nach dem Zimmerschlüssel," und wer ist die reizende Dame, wenn ich fragen darf ?", nun sah er mich an und ich lächelte unschuldig. Das hatte ich echt drauf. Aus meinen Augenwinkeln erkannte ich abermals die Nervosität in James Blick. "Melinda Everwood, Sir ", ich wollte ihm meine Hand hinhalten und fiel beinahe aus allen Wolken, als James sie auf halbem Weg abfing und an seine Wange schmiegte. "Ich nehme an, Zimmer 201? Erdbeeren und Champagner wie immer?", der Mann lächelte James herzensgut an. Aha. Nun kam auch mir die Erleuchtung. Darum war James also so nervös. Wieso überraschte es mich nicht wirklich?. "Nein, Joseph, nein. Wir nehmen mein Zimmer", er rieb sich über die Stirn als hätte er Migräne. Ich dagegen war der Auffassung, dass der Abend nur noch besser werden konnte. Gleichzeitig fragte ich mich, ob es sich wirklich lohnte mit einem Aufreißer mitzugehen. Als Joseph uns endlich den Schlüssel gegeben hatte, stiegen wir in den Aufzug. Nr 173. Ich hatte auf den Bund geschielt. "Erdbeeren und Champagner", sagte ich stirnrunzelnd in den Raum und konnte mir ein überraschtes Auflachen nicht verkneifen. James sah mich entschuldigend an. "Es ist mir tatsächlich ein wenig peinlich, dass du das gehört hast. Und da du schlau bist, nehme ich an das du weißt welchen Nutzen Zimmer 201 hat", murmelte er beiläufig, doch seine Worte wirkten bei weitem nicht so sicher. "James ", ich riss mich am Riemen," es ist mir völlig egal was du mit irgendwelchen Mädchen auf irgendwelchen Zimmern machst. Ich werde niemals dazugehören", betonte ich und warf ihm einen überlegenen Blick zu. "Der Abend ist noch jung", erwiderte er nun wieder selbstsicher und ließ seinen Blick abermals über meinen Körper gleiten. "Du vergisst schon wieder, dass ich nicht dumm bin", nuschelte ich gespielt genervt und sah ihn herausfordernd an. Doch er tat nichts, er lachte nur wieder leise und ehe ich mich versah, ging die Türe auf. "Ladies first ", grinste er schief und ließ mir den Vortritt. Vor Zimmer 173 blieben wir stehen. Mit einer geschickten Handbewegung schloss er auf und ließ mir abermals den Vortritt. Wie nah Gentleman und Aufreißer doch beieinanderliegen konnten. Die Suite war komplett im viktorianischen Stil, sehr edel und sehr teuer. Er bot mir an ,mich umzusehen. Er selbst wollte etwas "Bequemeres" anziehen. Ich rollte mit den Augen. Die Suite beherbergte eine große Küche, ein Schlafzimmer, ein großes Bad, einen Salon und ein Wohnzimmer. Schick. Ich stellte mich hinter die Küchentheke und wartete auf ihn. "So, das ist besser", lächelnd kam er durch den Türbogen und trat neben mich. Er trug eine lässige Jeans und ein teures Designerhemd. Keine Ahnung, welche Marke. "Ich dachte, du bekochst mich", gab ich gespielt geknickt von mir und sah ihn mit engelsgleichen Augen an. Er trat näher zu mir. Seine Augen ruhten warm auf meinen. Hatte ich mit meinem Blick eventuelle Signale ausgestrahlt? Ich spührte seinen Arm meinen Rücken leicht stützen und seinen Oberkörper auf meinem. Immernoch sah ich ihn an und ich weigerte mich strikt, die Augen zu schließen. Doch statt mich zu küssen, griff er in eine Schublade hinter mir und zog ein Holzbrett heraus. An seinem Blick erkannte ich, dass er mich hatte kriegen wollen. Und es war ihm gelungen. Mist. "Oh das werde ich auch. Das lasse ich mir nicht nehmen ", baute er sich vor mir auf und kam mir erneut gefährlich nahe. "Ich dachte, wir kochen zusammen",fügte er verwschwöhrerisch hinzu. Ich lächelte ihn gefährlich an. "Oder kurz: Du kannst nicht kochen ", grinste ich selbstsicher, als mein Blick seinem begegnete. So intensiv hatte mich -glaub ich- noch nie irgendwer angesehen. "Nein, aber ich hab gehört, dass kluge Mädchen darauf stehen", wütend bemerkte ich die Gänsehaut auf meinem Arm, die er ganz sicher auch gesehen hatte. Sein sicheres Grinsen verriet ihn. "Ja, aber übernimm dich nicht. Das bist du von den dummen Mädchen garnicht gewohnt ", versuchte ich ihn vergebens aus der Reserve zu locken. Aus irgendeinem Grund hatte er diesen Abend momentan im Griff. Naja. Genau genommen wusste ich ganz genau, wie ich ihn kriegen konnte, doch ich war weder naiv noch dumm genug, um ihn herauszufordern. Außerdem hatte ich nicht vor, mit ihm anzubandeln. Meine bisherigen Eindrücke von ihm vervollständigten das Bild des gnadenlosen Aufreißers. Doch aus irgendeinem Grund stand ich nun hier. Und würde mit ihm kochen. Plötzlich stülpte er mir die Kopföffnung einer Schürze über den Kopf und fuhr dann ganz langsam mit den Händen seitlich zu meinen Schultern, ein Stück weiter hinunter, seine Hände tasteten sich nah an meinen Brüsten entlang und strichen die Schürze an meinem Bauch glatt, ehe er sie mir hinten zuband. Krampfhaft versuchte ich meinen Atem ruhig zu halten. Ich spührte das Prickeln an den Stellen, an denen er mich berührt hatte. Und doch weigerte ich mich schlichtweg, empfindsam zu werden. Ich wollte ihn nicht begehren. Das brachte mir rein garnichts. "Ich dachte wir machen Pizza", sagte er und suchte in meinem Blick nach Zustimmung. Als er das so locker sagte, wurde mir bewusst, dass ihm Berührungen wie diese rein garnichts bedeuteten. Mir schon. Er hatte eine Grenze überschritten, die für mich mehr als Flirten war. "Ja, ja. Pizza ist gut", nickte ich schnell und nahm mir vor ihm genau das zu vermitteln. Wir kannten uns nicht. Und er hatte mir einen gewissen Respekt entgegenzubringen. Mir war dieser Abstand sehr wichtig. Und bis eben noch hatte er diese Grenze zwischen uns eingehalten. "Woran denkst du?", hörte ich ihn plötzlich sagen und fühlte mich unglaublich ertappt. Er stand so dicht neben mir, als wolle er meine Gedanken mithören. Ich drehte ihm mein Gesicht zu. "Ich denke an dich", meinte ich nur ironisch und nahm mir einen Klumpen Teig. Wir arbeiteten relativ still vor uns hin. Als die Pizza soweit fertig war, schob er sie in den Ofen und nahm eine Flasche Wein aus dem Kühlschrank. Lässig trat er die Tür zu und bedeutete mir dann, mich an den Tisch zu setzen. "Weißt du was mich interessiert ?", begann er nachdenklich das Gespräch und obwohl er mir gegenüber saß, sah er mich nicht an. "Nein ?", lächelte ich ehrlicherweise und stütze mein Kinn auf meine beiden Handflächen. Nun sah er mich an. "Wieso warst du gestern mutterseelenallein in dem Park?". Diese Frage überraschte mich. Das war erst gestern gewesen und trotzdem schien dieses Ereignis in weiter Ferne zu liegen. "Ich brauchte frische Luft. Ich hatte furchtbar viele Hausaufgaben und musste einfach mal raus", als ich das sagte verblassten die Sorgenfalten auf seiner Stirn und er sah mich wieder warm an. Sein Blick brannte sich in meinen und ließ mich plötzlich eine Hitze verspühren, die ich so nicht kannte. Alles was ich war sehnte sich einzig und allein danach, so nah wie es nur ging bei ihm zu sein. Das schien sogar mir selbst abstrus. Er war ganz sicher nicht die Sorte Typ, der man vertrauen sollte- und konnte. "Du denkst viel nach", stellte er fest, sein Blick ruhte noch immer warm auf mir. Ich sah ihn nur an. Aus irgendeinem Grund fühlte ich leise Wut in mir. Es machte mich wütend. Er machte mich wütend. Denn er war offensichtlich ein Ladykiller, soviel hatte ich jetzt begriffen. Und doch berührte er etwas in mir. Weil er das wollte. Weil er mich heute Abend hierhaben wollte. Und das alles verstand ich nicht. "Warum tust du das hier?", fragte ich geradeheraus und sah überrascht, wie er mich beinahe amüsiert betrachtete. "Weil du mich interessierst", antwortete er und sah mich nun ernster an. Ich lachte leise auf, sah ihn ungläubig an. "Du glaubst mir nicht", las er aus meinem Blick und ich konnte aus seinem lesen das ihn das ärgerte. Und dahinter war noch etwas, dass beinahe wie Betroffenheit wirkte. Sie kam auch bei mir an. Direkt in meinem Herz. Ich kam mir verloren vor. In meinem eigenen Körper. Herz und Körper wollten ihn. Wollten ihm glauben. Doch mein Verstand wusste es besser. James köpfte die Weinflasche und goss unsere Gläser zur Hälfte voll. "Und mit Interesse meine ich nicht nur körperliches Interesse ", nun grinste er breit," auch wenn ich nicht leugnen kann, dass ich dich mehr als nur anziehend finde". Ich spührte mich bei diesen Worten rot werden und ärgerte mich bodenlos darüber. Aber da war noch etwas. Im hintersten Teil meines Kopfes freute sich irgendwer über diese plumpe Anmache. Nicht zu fassen. "Auf uns", sagte er nun sanft, jedoch bestimmend und hielt mir sein Glas entgegen. "Auf diesen Abend", korrigierte ich ebenso bestimmend, jedoch weniger sanft und stieß mit ihm an. Er trank nicht, als ich an meinem Glas nippte. Eiswein. Ich liebte ihn. "Du hast nicht vor dich nach diesem Abend nochmal mit mir zu treffen ?", fragte er, doch er schien meine Antwort bereits zu kennen. Seine Stimme war tonlos. "Nein ich denke nicht", erwiderte ich, doch meine Stimme war nicht so entschieden, wie sie klingen sollte. Aber ich war mir sicher. Ich wollte mir nicht weh tun, und ich wollte ihm keinen Schmerz bereiten. Er nickte nur, als wäre ihm das von vorneherein klar gewesen. "Naja ", plötzlich lächelte er mich wieder warm an," dann sorge ich dafür das du diesen Abend nicht vergisst. Damit du es wenigstens später bereust", der Sarkasmus in seinem Tonfall traf mich nur leicht. Es war sein Recht angepisst zu sein. Also lächelte ich. Plötzlich piepste es. Die Pizza. Überrascht bemerkte ich wie mein Magen sich meldete. Ich wollte das beste daraus machen. Für ihn. Und für mich. Kapitel 6: ambivalented me. --------------------------- Leise schloss ich unsere Wohnung auf und trat ein. Es war schon dunkel. Sicher schliefen schon alle. Plötzlich erkannte ich die schemenhaften Umrisse meiner Mutter, sie saß wartend in unserem Salon. Selbst von hier aus konnte ich sehen, dass sie wütend war. Ich seufzte leise. "Wo zum Teufel warst du ?!",herrschte sie mich im Flüsterton an. Das Licht ging an und schien auf mich gerichtet zu sein. Stirnrunzelnd sah ich sie an "Ich hab Kate doch gesagt, dass ich bei James bin", murmelte ich und dachte kurz nach. Doch. Ich war mir sicher, ihr Bescheid gegeben zu haben. "Kate weiß von keinem James", meine Mutter sah mich missbilligend an," sie sagt, du wärst einfach aus der Türe raus". Hatte ich bereits erwähnt, dass Kate ein durchtriebenes Miststück war ?. Ich musste ironisch lächeln. Das würde sie wiederkriegen. "Dann hat Kate gelogen, ich habe es ihr gesagt. Außerdem war sie dabei, als James mich abgeholt hat", verteidigte ich mich. Zu Recht. Erst jetzt schien meine Mutter mir richtig zugehört zu haben. "Und wer zum Teufel ist James ?", sie betonte den Namen mysteriös und mit einer Spur Sarkasmus. "Der gutaussehende, junge Mann, der mich gestern nach Hause gebracht hat ", wiederholte ich ihre eigenen Worte und sah sie herausfordernd an. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte ich gewonnen. Hah. Ohne noch etwas zu sagen, ließ sie mich vorbei in mein Zimmer, wo ich sofort die Tür schloss und das Licht anmachte. Ich atmete durch. Als ich wenig später in meinem Bett lag, musste ich James wohl oder übel Recht geben. Irgendetwas in mir bereute die eben gesagten Worte jetzt schon. Ich verdrängte die immer lauter protestierenden Stimmen und drehte mich rum. Ich hatte das richtige getan. Punkt. Doch auch am nächsten Morgen, ein schöner, warmer Sonntag, waren die Gedanken immer noch da. Sie hämmerten wie Trommeln in meinem Kopf, als Strafe für meine Entscheidung. Oder waren das doch die Spuren des Weins, der gestern Abend in Strömen geflossen war. Wenn ich mich recht entsinne vorallem in mein Glas. Am Frühstückstisch herrschte ne Bombenstimmung. Meine Mutter war wegen gestern Abend wütend. Kate auch. Jedoch aus anderem Grund. Und mein Vater- naja- war wie immer. Es war unangenehm still. "Mum ",zwitscherte Kate plötzlich mit ihrer Ich-will-etwas Stimme, die ich so sehr hasste," heute Abend ist ne´Party bei George. Da gehen echt alle hin. Obwohl ", sie sah mich zuckersüß an," fast alle. Jedenfalls bin ich auch eingeladen, aber Morgen ist ja Schule, als wollte ich erst noch einmal nachfragen", endete sie und ich hätte sie Schlagen können. Für das puppenhafte Lächeln. Das Augenklimpern. Und den Seitenhieb eben. "Hast du alle deine Hausaufgaben gemacht ?", fragte meine Mutter streng und Kate nickte wie eine läufige Hündin. Ich rollte mit den Augen. Dann erhellte ein Blitz das innere meines Kopfes. "Ehm Abbs, du hast doch Mr. Savash in Sozialkunde, oder ?", sagte ich ganz beiläufig, schaute nichtmal von meinen Cornflakes auf. Kate zögerte. Suchte meine Worte nach einer Falle ab. Scheinbar vergebens. "Ja, hab ich", erwiderte sie dennoch vorsichtig und ich konnte ihre siedenen Blicke auf mir spühren. "Naja, ich hab ihn ja in Geschichte. Und er hat uns am Freitag gesagt, dass er am Montag einen Test schreiben will. In einer Sekundarstufe. Hat er da nicht nur euch ?", ich sah sie aus den Augenwinkeln überlegen an. Kate wurde etwas blasser, als sie begriff was mein Plan war. "Nein, ich glaub er hat da auch noch andere Klassen, Rosalie", lachte sie überspielend, doch sie sagte meinen Namen mit warnendem Unterton. Als ich aufsah, sah ich das Gesicht unserer Mutter. Der besserwisserische Gesichtsausdruck in ihrem Gesicht war vielversprechend. "Nein Abby, Rosalie hat Recht. Ich erinnere mich. Beim letzten Sprechtag hat er noch geschwärmt, wie erleichtert er sei, nur eine Sekundarstufe dieses Jahr zu unterrichten". Und zum ersten Mal in meinem Leben war ich froh, dass meine Mutter sich jeden Scheiss im Gedächtnis behielt. " Aber Mum ! Da geht echt jeder hin !", protestierte Abby und mir fiel auf wie jung sie wieder war in solchen Momenten. "Abby mach dir nichts draus, ich geh ja auch nicht hin", sagte ich ganz warm und konzentrierte mich dann wieder auf mein Frühstück. Das war zuviel. Abby sprang vom Tisch auf und sah uns alle vernichtend an. "Ich hasse dich Rosalie!",schrie sie mich an und legte dann einen oscarreifen Abgang hin. Mein Vater hatte nur kurz von seiner Zeitung aufgesehen, Wutausbrüche lagen bei Abby ohnehin an der Tagesordnung. "Irgendwann wird sie es dir danken, Rosalie. Sie meint das sicherlich nicht so ", sagte meine Mutter mitfühlend und legte ihre Hand auf meine. Ich sah auf. Es war durchaus bedenklich, wie sehr das Hirn meiner Mutter bei ihrem traurigen Dasein als Hausfrau abgestumpft war. Also erwiderte ich ihren Blick liebevoll und tätschelte ihre Hand. "Mach dir keine Sorgen Mum, mir geht das nicht so nah, wie du denkst", sagte ich und stand ebenfalls vom Tisch auf. Später saß ich an meinem Schreibtisch und schrieb den Essay, für den mir noch viel Zeit blieb. Doch auch dabei, schaffte ich es nicht, James aus meinen Gedanken auszuschließen. Plötzlich piepste mein Handy. Mein erster, völlig absurder, jedoch freudiger Gedanke war, dass die Sms von Beth, meiner damaligen besten Freundin war. Ich vermisste sie am meisten. Doch als ich den Text las, wurde mir warm und kalt zugleich. Warm, weil er es war. Kalt, weil ich nicht wusste, wie er es sein konnte. "Und, bereust du es schon ?". Ich las diese eine Zeile immer wieder durch. James. Das konnte nur James sein. Ein wenig wütend und sicherlich überstürzt, wählte ich die Nummer des Absenders auf meinem Display und ließ ihn anklingeln. "Ich wusste, du würdest mich anrufen ", seine Stimme verursachte eine Gänsehaut auf meinem Arm, die ich wütend übersah. "Sehr witzig. Woher hast du meine Nummer ?", fragte ich gereizt. Am anderen Ende war es still. "Nun sag schon", drängte ich wütend und tippte ungeduldig mit den Fingern auf dem Holz meines Schreibtisches. "Ich hab sie mir geholt, als du im Bad warst", ich konnte heraushören, dass er lächelte. Um mich zu beruhigen, zählte ich von 10 herunter, ehe ich meine Stimme sammelte. "Ich habe gesagt ich treffe mich nicht noch einmal mit dir, James ! Akzeptier das bitte ! Ich bin nicht der verschissene Mittelpunkt deines Universums, schon vergessen?!", fuhr ich ihn gefährlich an und legte dann eiskalt auf. Ich atmete tief durch, strich die aufgerichteten Härchen auf meinem Arm glatt und schloss die Augen. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Plötzlich hörte ich Ellie Goulding den Anfang von starry eyed trällern und sah hinüber zu meinem Handy. James Nummer erschien auf dem Display und ich war drauf und dran mein Handy gegen die Wand zu schmeissen. Dann entschied ich mich doch dagegen. "Was ist noch ?", fragte ich aufgebracht und horchte aufmerksam. "Nichts. Ich denke nur das du es schon bereust. Und ich wette du denkst andauernd an mich", dramatisierte er, doch seine Stimme wirkte selbstsicher. Ich musste überrascht auflachen. "James, ich denke du solltest einen Arzt aufsuchen. Deine Selbstverliebtheit ist krankhaft. Ich glaube, es ist das beste, du bleibst bei den dummen Mädchen, denn die schlauen Mädchen finden dein Benehmen äußerst kindisch", sagte ich überlegen und lauschte seinem Lachen. Es war leise. Doch es hallte in meinem Kopf wider, wie tausend Trommeln. "Überleg es dir nochmal, Mel", sagte er dann liebevoll und legte auf. Irritiert starrte ich auf den Display und war mir nicht sicher, was ich nun von ihm halten sollte. Ob ich ihn idiotisch oder süß finden sollte. Ich musste kopfschüttelnd lächeln, kramte mein momentaniges Buch heraus, und beschloss zum Regents Park zu spazieren. Ich liebte diesen Ort. Wann immer ich aufgewühlt oder unruhig war, ging ich dorthin. Mit einem guten Buch. Es gab kein Problem, dass man dort nicht vergessen konnte. Also schnappte ich meine Schlüssel, trat nach draußen und machte mich auf den Weg. Den ganzen Weg über sah ich sein Gesicht vor meinen Augen, sobald ich sie schloss. Es war, als suchte er mich heim. Ich freute mich auf den Herbst. Das war der zweite Gedanke, der durch meinen Kopf spukte. Ich konnte es kaum erwarten den Regents Park im Herbst zu erleben. In Broschüren waren Bilder gewesen. Und die hatten mich schon überweltigt. Gestern Nacht hatte ich außerdem nicht nur an James gedacht. Ich hatte auch festgestellt, wie sehr ich London bereits jetzt mochte. Und das ich es nicht ertragen würde, erneut unterzutauchen und unter einem neuen Namen aufzuerstehen. Also hatte ich daraus meine Konsequenz gezogen. Ich würde noch diesen Winter 18 werden. Und ich würde einfach hierbleiben, wenn meine Familie weiterzog. Abby würde ich anbieten bei mir zu bleiben. Egal was für ein Miststück sie war, sie war meine Schwester und ich liebte sie. Punkt. Ich befreite mich aus meinen Gedankengängen, um zu sehen wo ich war. Vor mir erstreckte sich der Fluss, der durch den Park verlief. Ich sah vereinzelte Brücken, die zu kleinen Inseln führten. Plötzlich blies mir ein unsanfter Wind in den Nacken und ich konnte förmlich spühren, wie das Wetter umschlug. Als ich zum Himmel aufsah befiehl mich ein ungutes Gefühl. Kleinere Wolkentürme wurden vor meinen Augen immer größer. Der Wind fegte durch meine Haare und wirbelte sie auf, ich spührte die Aufladung des Himmels und die Energie, die auf meiner Haut prickelte. Mein Gefühl bedeutete mir zu gehen. Jedoch nicht in die Richtung, aus der ich kam. Ich sollte geradeaus gehen. Tiefer in den Park. Auch wenn ich mich mit allem was ich hatte wehrte, das Gefühl zog mich weiter. Je weiter ich ging, desto blasser wurde das unwohle Gefühl. Dafür prickelte meine Haut immer stärker. Es war ein Gefühl ähnlich wie Gänsehaut. Und doch nicht genau so. Plötzlich sah ich ihn um die Ecke rennen. Mein Herz tat einen Sprung und alles was ich war wollte sich ihm um den Hals werfen. Doch statt all diesen Empfindungen freien Lauf zu lassen, brachte ich nur ein weniger erfreuliches "James", zustande, als er vor mir stehen blieb. Er atmete schwer, bedeutete mir mit einer Hand kurz zu warten, bis er imstande war zu sprechen. Ich rollte mit den Augen - und bemerkte, das dass drängende Gefühl von eben verpufft war. "Melina ", sagte er überrascht und immernoch ein wenig außer Atem. Ich nickte bittersüß lächelnd und verschränkte die Arme. Mein Augen sahen ihn anklagend an. "So langsam machst du mir Angst, James. Oder willst du mir sagen, dass es Zufall ist, dass du ausgerechnet heute hier herjoggst", ich sah ihn von oben bis unten an," noch dazu in völlig unpassender Kleidung ". Er lachte. Ich schmolz dahin. Nun baute er sich zu voller Größe vor mir auf und wiegte den Kopf zur einen Seite "Naja dasselbe könnte ich auch behaupten ", er grinste schief und ich wurde langsam ungeduldig. "Ja könnte man. Wenn ich dir nicht vor einer knappen Stunde noch gesagt hätte, dass ich dich nicht sehen will", korrigierte ich zuckersüß und versuchte die Schmetterlinge in meinem Bauch zu ersticken. Er lachte erneut und sah kurz hinter sich. Wieder mit diesem hektischen Blick. Langsam machte er auch mich nervös. " Hör zu Mel. Mag sein, dass ich ein unverbesserlicher Aufreißer bin. Aber ich empfinde etwas, wenn ich dich sehe. Und wenn ich sage, dass ich mich für dich interessiere, dann meine ich das auch so", seine Stimme war ungewohnt ernst. Das beunruhigte mich, wenn ich ehrlich war. Ich sah ihn sehr lange an. Ich wusste das er eine Antwort auf eine Frage wollte, die er noch nicht gestellt hatte. Tief in mir drinne, wollte ich ihm glauben. Ich kannte die Anzeichen. Ich meine, ich dachte fast ununterbrochen an ihn. Es schien so , als hätte mein Herz sich bereits entschieden ihm eine Chance zu geben. Und ich konnte dagegen nichts tun. Leider. Kapitel 7: fall in love with a lie. ----------------------------------- James musste wohl erkannt haben, dass meine Gesichtszüge immer weicher und nachgebender wurden, denn er grinste schief und griff nach meiner Hand. "Okay, also kommst du mit zu mir, ich dusche schnell und dann überlegen wir was wir machen ?", eigentlich war das eine Frage, doch sie hörte sich nicht danach an, so wie er es sagte. Es war mehr eine Einladung, die man nicht abschlagen konnte. Ich nickte also widerwillig. Und doch lächelte ich. Ein ehrliches Lächeln. Nicht das, was er sonst bekam. "Wir könnten doch auch noch eine Runde durch den Park gehen, das Wetter ist zu schön um drinne zu hocken", sagte ich leichthin. "Nein!", sagte James eine Spur zu schnell und eine Spur zu aggressiv. Das musste er auch in meinem Gesicht gelesen haben, denn sofort lächelte er wieder und drückte meine Hand "Nein. Ich bin schon mindestens ne Stunde gelaufen, ich schaff keine 10 Meter mehr", gab er grinsend zu und zog mich bereits in die Richtung aus der ich kam. Ich sah ihn von der Seite an. Er verbarg etwas vor mir. Das konnte ich ihm ansehen. Aber vorallem gefiel mir nicht die Leichtigkeit, mit der er mich belog. Wir waren gerade aus dem Park draußen, da kramte James die Schlüssel seiner Aufreißerkarre heraus und schloss sie auf. Eine Gänsehaut bedeckte meine Arme. Ich war mir hundertprozentig sicher, dass das Auto hier nicht gestanden hatte, als ich gekommen war. Wenn er aber schon eine Stunde gejoggt war, dann passte das nicht. "Du kannst auch hinterherlaufen, Mel", zog er mich auf, er saß bereits im Chevy und lehnte sich auf den Beifahrersitz, um mir die Tür aufzustoßen. Ich lächelte, behielt den Gedanken jedoch im Hinterkopf. Die ganze Fahrt über wurde ich das unwohle Gefühl nicht los, dass James weitaus mehr war, als dass, was er von sich preisgab. "Du denkst nach", stellte er fest und bog ab, in Richtung Claridge´s. "Und du hast ein gutes Gedächtnis", erwiderte ich lächelnd und sah ihn an. Sein Blick wurde unendlich warm und es dauerte lange, bis er wieder auf die Straße sah. Es gab manchmal Menschen, mit denen es gut tat, zu schweigen. Ein entspanntes, friedliches Schweigen. Kein unangenehmes Schweigen. James war einer dieser Menschen, mit denen man wunderbar schweigen konnte. Wir redeten den Rest der Fahrt nicht, ehe wir auf dem Parkplatz hielten. Wir gingen durch den Eingang durch die Empfangshalle, in den Aufzug. "Ich bin enttäuscht von dir", durchbrach er unsere Stille und sah mich an. "Warum? ", fragte ich ehrlich und sah seine Augen belustigt aufblitzen. "Ich dachte, du würdest dich bereit erklären, mit mir zusammen zu duschieren", wieder einmal wanderte sein Blick über meinen Körper, der jedoch heute weitaus bedeckter war. Und es auch bleiben würde. " Träum weiter ", lachte ich und stieg aus, als die Türen des Aufzugs aufgingen. Ich konnte sein Grinsen praktisch in meinem Rücken spühren. Vor seiner Zimmertür drehte ich mich rum und wartete, dass er aufschloss. Drinnen warf er seine Jacke auf das Sofa und legte sein Handy auf den Tisch. "Du kannst dich überall umschauen. Auch im Bad", er grinste erneut," nein im Ernst, machs dir gemütlich", er verschwand durch eine Tür und ich hörte kurz darauf Wasser plätschern. Amüsiert lächelnd schaltete ich den Fernseher an und zappte durch das Programm. Plötzlich piepste es. Ich sah hinter mich auf den Tisch und sah James Handy blinken. Eigentlich bin ich ein sehr seriöser, geheimnisliebender Mensch, doch ich kam nicht umhin, die Sms zu lesen. "James. Du solltest sie wegbringen, nicht ausführen. Wir hätten dich echt brauchen können ! xoxo Stace" Meine Finger wurden feucht, als ich las. Ich verstand das alles nicht. Was hatte James wirklich mit mir vor? Wer brauchte ihn ? Wer war wir ? Und was hatte Stacy mit all dem zu tun. Ich wusste, dass James mir nichts sagen würde. Stacy würde keine Antwort erwarten. Es würde also nicht auffallen, wenn ich die Sms löschte. "Du guckst Gossip girl ", er stand plötzlich hinter mir, nur eine Jogginghose an. Und ein Handtuch um seine Schultern. Ich musste grinsen. "Ja, ich mag die Serie", lächelte ich und machte ihm neben mir Platz. "Okay, wie wäre es, wenn wir uns Pizza kommen lassen und ein paar DvD´s gucken?", schlug er vor und ich nickte begeistert "Gute Idee. Ich hab furchtbaren Hunger", gestand ich theatralisch und beugte mich über ihn, um nach dem Telefon zu greifen. Als ich mich zurücklehnte, hielt er mich fest. Ich wandte ihm mein Gesicht zu und fand in seinem eine Sanftheit, die ihm beinahe eine Blöße gab. Sein Blick zwang mich ihn anzusehen. Ich rief mir die Sms zurück ins Gedächtnis und wand mich aus dem Bann, der uns umgab. Er überging mein Verhalten und kramte ein Prospekt hervor. Ich gab ihm das Telefon und ließ ihn bestellen. Er bedeutete mir mit einem Blick, in der Schublade neben dem Fernseher nach einer DvD zu suchen. Man würde nicht übertreiben, wenn man sagte, dass er ein ganzes Archiv besaß. Die Schublade war voll von den Klassikern und Geheimtipps der letzten Jahre. Ich durchwühlte das Fach, bis "Pride and Prejudice", in meinen Händen lag. "Den hier", ich drehte mich zu James und wedelte mit der DvD. Ich stand auf und hielt sie ihm hin. "Auja, ich liebe Schnulzen", gab er gespielt begeistert von sich, grinste dennoch und bereitete den Film vor.Ich nahm eine Decke, kuschelte mich hinein und zog meine Beine an. Dann setzte er sich neben mich und legte den Arm um mich. Ich wollte meinen Kopf an ihn lehnen, mich an ihn schmiegen. Nur für ein paar Stunden all meine Zweifel vergessen und mich dieser unbedeutenden Sache hingeben. "Du hast was in mir verändert", sagte er plötzlich und drückte mich an sich. "Wenn wir hier so liegen dann habe ich das Gefühl das es so sein könnte. Das es zu mir passt". Ich dachte kurz über seine Worte nach und war wie zerissen. Ich wusste, dass er log. Und ich wollte ihm das hier doch glauben. Vielleicht war es genau die Lüge, die ich in diesem Moment brauchte. Lächelnd legte ich meinen Kopf auf seine Schulter und zog die Decke mit meiner Hand über seine Brust. Kapitel 8: back to reality. --------------------------- Benommen öffnete ich meine Augen und versuchte mich blinzelnd an die Sonnenstrahlen zu gewöhnen. "Auch mal wach ?", vernahm ich plötzlich und sah mich um. Moment mal, ich war nicht daheim. Auf einmal fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich saß auf James Couch in James Penthouse. Fein. "Ich hab Kaffee gekocht ", ich sah ihn hinter der Theke stehen, er hatte dasselbe an wie gestern. " Bitte sag mir, dass ich nicht die Nacht bei dir verbracht habe ", ich warf mich wieder hin und schloss die Augen, in der Hoffnung ich würde beim nächsten Mal in meinem Zimmer erwachen. "Du weißt, ich erfülle dir jeden Wunsch, Mel ", meinte er nur unschuldig. Also war es wahr. Ich, Melina Everwood, hatte bei James Devino genächtigt. Bravo, Mel. Langsam wehte ein aromatischer Duft zu mir und ich spührte Wärme vor meinem Gesicht. Als ich die Augen öffnete, hockte James vor mir und wedelte mit der Hand den Kaffeeduft zu mir rüber. Langsam richtete ich mich auf und rieb mir die Augen. "Wie spät ist es ?", murmelte ich und nahm dankbar die Tasse Kaffee. "Es ist genau 8 Uhr, wenn du dich beeilst schaffst du es noch zur zweiten Stunde", lächelte er warm und ich verschluckte mich augenblicklich an meinem Kaffee. Verdammt. Heute war Montag. "Ich glaubs nicht", jammerte ich, sprang auf und huschte, den Kaffee in der Hand, ins Bad. "Du kannst gerne mein Bad benutzen ", hörte ich James noch rufen, ehe ich die Tür zumachte und abschloss. "Hätte ich an deiner Stelle auch gemacht ", lachte er amüsiert und verschwand wohl in der Küche. Ich wäre beinahe in die riesige Badewanne gefallen, so erschrak ich, als es klingelte. Aus irgenteinem Grund wurde ich panisch, obwohl die Badezimmertür verriegelt war. Ich hörte James die Türe aufmachen. "James verdammt. Erst verschwindest du einfach und dann meldest du dich nichtmal ", schimpfte eine Frauenstimme, die ich sofort erkannte. Stacy schien aufgebracht. Plötzlich verstummte sie mitten in ihrem anklagenden Tonfall und ich strengte mich an hinzuhören. "Sie ist... hier?", flüsterte sie ungläubig und verstummte sofort wieder. Hastig vollzog ich die Morgenhygiene und kämmte mein Haar. Ich entschied mich, James die ungeschminkte Wahrheit zu offenbaren, die immernoch besser aussah als die geschminkte- jedoch leider verschmierte Wahrheit. Als ich die Küche betrat, sah ich Stacy mit dem Rücken zu mir am Tisch sitzen. Neben ihr James. "Ah, da ist sie", er lächelte mich frech an und bedeutete mir mich zu setzen. "Melina ich bin enttäuscht. Ich dachte du wärst intelligent ", scherzte Stacy und warf mir einen neckenden Blick zu. "Sie ist nur auf meiner Couch eingeschlafen. Auch wenn ich wünschte behaupten zu können, dass da mehr gelaufen ist", er grinste mir zu und ich rollte mit den Augen. Stacy lachte und nippte an ihrer Tasse Kaffee. "Ich glaube, ich verschwinde jetzt. Meine Mutter dreht bestimmt schon am Rad. Ich hab mein Handy nicht mal mit. Mist, Mist, Mist", jammerte ich und fing einen amüsierten Blick von James auf. "Das ist nicht witzig!", fuhr ich ihn halbherzig an, warf Stacy noch einen letzten Blick zu und rauschte davon. Es dauerte nur fünf Sekunden, bis ich wieder vor James Tür stand und Sturm klopfte. "Du vermisst mich schon ?", grinste er selbstsicher und entlockte mir ein Lachen. "Ich brauche einen Fahrer", plötzlich zwängte sich Stacy an James vorbei und zog mich mit sich "Ich wollte eh los, ich nehm dich mit", rief sie und schenkte James einen siegessicheren Blick. Ich warf ihm einen Fragenden zu und ließ mich mitziehen. Wir hetzten aus dem Claridge´s auf den Parkplatz. Von weitem schloss sie ihren schwarzen Fiat 500 auf und warf sich geradezu auf den Fahrersitz. "Ich will dir keine Umstände machen", sagte ich höflich, als sie mit quietschenden Reifen anfuhr. Ein lachender Blick von ihr genügte, sodass auch ich grinste. Die ganze Fahrt über fragte ich mich, wie es möglich war, so rasant zu fahren, ohne uns umzubringen. "Die Sache mit James und dir wird ernst, kleine M", lächelte Stacy und warf mir einen verschwöhrerischen Blick zu. "Was meinst du ?", fragte ich sie. James und sie steckten unter einer Decke, also ging ich davon aus, dass auch sie etwas verbarg. "Ich meine, ich kann mich nicht erinnern, dass irgentwanneinmal ein Mädchen bei James geschlafen hat, ohne, du weißt schon", sie grinste wieder," Knick knack ", ich musste lachen. "Knick knack", wiederholte ich und wurde sogleich ernster. "Keine Ahnung, Stacy ", sagte ich und sah aus dem Fenster. " Ich seh ihm an, dass ihm an dir etwas liegt. In dieser Hinsicht wärest du die erste", sagte sie nach einiger Zeit. Als ich sie ansah, war ihr Blick stur auf die Fahrbahn geheftet. "Worauf willst du hinaus ?", fragte ich vorsichtig und versuchte ihrer Mimik etwas zu entlocken. "Ich will nur, dass du daran denkst, bevor du ihm das Herz brichst", nun warf sie mir einen ernsten Blick zu, der voller Sorge war. Ich glaube, in diesem Moment verstand ich die Beziehung zwischen Stacy und James um einiges besser. Tief in meinem Inneren wusste ich, dass sie ihn liebte. Auf eine Art, wie nur wenige empfinden konnten. Mehr als freundschaftlich, und doch keinesfalls körperlich. Es war als liebte man eine Seele. Sie sah schnell weg, als sie meinen Blick sah, der sie entblößte und ihre Gefühle nur allzu deutlich erkannte. " Ich werde daran denken", sagte ich ehrlich und erkannte die Straße, in der ich wohnte. "Danke, dass du mich gerettet hast", lächelte ich wenig später, als ich ausstieg und die Tür zudrückte. Sie zwinkerte mir zu und fuhr mit quietschenden Reifen an. Ich rannte zur Haustür und schloss sie schnell auf. In Windeseile stürmte ich unsere Wohnung und wäre beinahe mit meiner Mutter zusammengestoßen. "Rosalie Marie Piercon. Wo zum Teufel kommst du her !?", fuhr sie mich an und schüttelte mich. Ich befreite mich ungestüm aus ihrer Umklammerung und trat einen Schritt zurück "Mum. Es tut mir furchtbar leid, ich bin bereit dir alles genau zu erklären- wenn ich aus der Schule komme ", damit ließ ich sie stehen, schnappte mir meine Schultasche und rauschte aus der Wohnung. Gerade rannte ich um die Ecke, da sah ich den Bus noch wegfahren. Natürlich. Genervt verlangsamte ich meine Schritte, bis ich geradezu schlenderte. Einen kurzen Augenblick lang dachte ich daran, einfach einmal nicht zur Schule zu gehen und den Morgen im Starbucks oder noch besser bei James zu verbringen. Nein. Wütend schob ich den Gedanken an ihn beiseite und ohrfeigte mich mental, indem ich Bilder von Seth heraufbeschwor. "Selbst Schuld", schalte ich mich und ging wieder um einiges zügiger. Als ich von weitem das große, geradezu einschüchternde Gebäude der Stratmen´s Highschool sah, sank mein Mut um einiges. Ich war, glaube ich noch nie zu spät zum Unterricht gekommen, da ich meine Eltern unter keinen Umständen mit Schukram belasten wollte. Meine Noten waren immer vorbildlich gewesen. Ich hatte natürlich auch nur die besten Privatlehrer gehabt, aber es lag auch an meinem eigenen Willen, dass ich dort war, wo ich war. Unauffällig huschte ich über den Schulhof durch die große Eingangstür und rief mir meinen Stundenplan ins Gedächtnis. Geschichte. Ich wartete die Glocke ab und visierte dann meinen Klassenraum an. Innerlich aufatmend bemerkte ich, dass der Lehrer der ersten Stunde schon gegangen war, sodass ich mich einfach auf meinen Platz setzen konnte, ohne mich erklären zu müssen. "Auch schon da, Everwood ?", theatralisch wandte sich Mayla mir zu und sah mich herablassend an. Ich hatte keine Lust mit ihr zu streiten und packte einfach meine Bücher aus. "Wusste garnicht, dass für dich andere Vorschriften gelten ", ich sah sie aus den Augenwinkeln lächelnd mit den Wimpern klimpern und wandte mich ihr aprupt zu. "Natürlich nicht, Fairwell, ich habe mit meiner riesigen Limousine einfach keinen Parkplatz gefunden. Du solltest das Problem bestens kennen. ", schnappte ich sarkastisch. Mayla Fairwell war eines dieser Mädchen, die niemandem etwas gönnten. Obwohl ihre Eltern vermögend waren und ebenfalls zu der Upper Class gehörten, liebte sie die Einsamkeit an der Spitze und duldete keine Teilherrschaft. Nicht, dass ich an ihrer Clique teilhaben wollte. Zu diesem Punkt sage ich nur eins. Kate gehörte zu ihren engsten Freundinnen. Nicht, dass sie tatsächlich Freundinnen wären, ich würde sie eher als Nutzgemeinschaft bezeichnen. "Witzig, Everwood", kommentierte sie nur bittersüß und richtete ihren Blick zu Mr. Savash, der gerade hereinkam. Ich seufzte. Der Punkt schien an mich zu gehen. Ich fragte mich, wer allen ernstes Spaß an diesem Klassenkrieg hatte, und widmete dann ebenfalls all meine Aufmerksamkeit Mr. Savash. Kapitel 9: High school queen ist the upper class dream. ------------------------------------------------------- In der Pause musste ich an den Spint, um meine Bücher auszuwechseln. Gerade knallte ich die Spinttür zu, da erfasste ich Andrew Hallward, der plötzlich neben mir stand. Erschrocken fuhr ich zusammen und atmete tief durch. Andrew lachte. "Wobei habe ich dich ertappt, Everwood ?", lächelnd hob er die Bücher auf, die mir heruntergefallen waren und gab sie mir. "Mein Gott, Hallward, musst du mich so erschrecken ?!", fuhr ich ihn grinsend an und stopfte die Bücher in meine Umhängetasche. Andrew war einer der wenigen Freunde, die ich hier gefunden hatte. Er gehörte auch zur Upper Class, soweit ich wusste, gehörte seinen Eltern eine große Hotelkette. Ich glaube, ich war sogar schonmal in einem seiner Hotels. "Wieder in Gedanken, M ?", er sah mich von der Seite an und ich sah wie er von Mayla´s Blicken geradezu ausgezogen wurde. Das gefiel mir auch an ihm. Er ignorierte sie gekonnt. Ich hakte mich bei ihm ein und senkte meine Lippen an sein Ohr " Mayla wird noch depressiv, wenn du sie weiterhin wie Luft behandelst", Andrew lachte und ich sah wie Mayla vor Wut beinahe platzte. Überlegen lächelte ich sie an. " Ja sehr witzig, M", er sah mich bittersüß an und warf dann einen Blick auf die Uhr," ich habe gleich Sport. Ich muss los. Bye, M", ich umarmte ihn innig und begegnete dann Maylas eiskaltem Blick. Umso wärmer erwiderte ich ihn und machte mich auf zu meiner nächsten Stunde. Nach Unterrichtsende sah ich Kate allein vor der Schule stehen, also lief ich zu ihr. "Fahren wir zusammen nach Hause ?", fragte ich gut gelaunt und hakte mich bei ihr ein. Wütend entriss sie sich und sah mich vernichtend an "Lass mich in Ruhe, du Schlampe ! Mayla kam völlig fertig zu mir und hat mir erzählt, was du mit Andrew machst. Hast du es echt nötig, mit ihm rumzumachen, obwohl du nichts von ihm willst, nur um Mayla fertig zu machen ?! Erzähl mir nie wieder etwas von Anstand oder Benehmen !". Ich konnte darauf nichts sagen. Ich sah sie einfach nur schockiert an bis plötzlich Mayla um die Ecke kam. Als sie Kate sah, wurde ihr Blick traurig und sie setzte ihr am Boden zerstörtes Gesicht auf. Nun wurde ich wütend. Mich vor meiner kleinen Schwester als Schlampe darzustellen war erbärmlich. "Kate, können wir bitte hier weg, ich will sie nicht sehen ", nun stand Mayla neben uns und würdigte mich keines Blickes. "Nein Kate, du gehst allein. Ich hab was mit Mayla zu klären !", unterbrach ich sie barsch und warf Mayla einen warnenden Blick zu. "Schon okay, Kate. Geh. Ich komme klar. Ich will keinen Streit mit deiner Schwester", sagte sie kleinlaut und ich war wieder einmal überrascht von ihren schauspielerischen Fähigkeiten. Scheinbar ging ihr Plan, meine Schwester auf mich zu hetzen, auf. "Ja, leider ist sie das", meinte Kate noch kalt an mich gewandt und ging. Mayla wartete bis sie außer Hörweite war und lächelte mich dann diabolisch an. "Leg dich nicht mit mir an, Everwood", schnappte sie lächelnd und ich erwiderte ihren Blick glühend. "Das ist also dein Plan? Meine Schwester gegen mich aufzuhetzen? Sogar dir hätte ich mehr Stil zugetraut, Fairwell", gab ich bitter zurück, doch sie trat näher an mich, ihre Augen durchbohrten mich glühend. "Das war erst der Anfang. Wenn du Andrew nicht in Ruhe lässt, mache ich dich fertig, du Schlampe", fauchte sie und sah mich geringschätzig an. "Schlampe? Das ist ein gutes Stichwort, Fairwell. Den Titel hast du ja schon. Willst du auch noch den, der entthronten Königin ?", lächelte ich herausfordernd. Sie lachte kalt. "Wer nennt mich Schlampe ?". Ich sah sie zuckersüß an. "Ehm ich würde sagen, auf jeden Fall Ted Newton, Zach Anderson und", ich sah sie überlegen an," Andrew Hallward". An ihrem Blick sah ich, dass ich sie getroffen hatte. "Wobei", fügte ich lächelnd hinzu," mit Andrew hattest du ja noch keinen Sex. Und ich denke, das bleibt auch so". Mayla sah durch mich hindurch. Plötzlich joggte Andrew um die Ecke und blieb bei uns stehen. Ihm war Maylas Gesicht nicht entgangen. "Melina. Du bist noch da", er lächelte mich warm an. "Fairwell", er bedachte Mayla mit einem höflichen Blick. In diesem Moment wurde mir unwohl. Ich fühlte mich in die Vergangenheit zurückversetzt. War es in Texas nicht genauso gewesen? Und hatte ich den ewigen Tussistreit nicht hinter mir gelassen? Mit einem Mal fühlte ich mich ganz elend. Nicht weil mir Mayla leidtat. Nein. Weil ich spührte, wie ich langsam wieder zu einem Miststück wurde. "Gehen wir zusammen nach Hause, Melina ?", riss Andrew mich aus meinen Gedanken. Ich sah ihn neutral an. "Klar ", lächelte ich und wir gingen. Ich sah nicht hinter mich. Wahrscheinlich weil ich Angst hatte. Denn Mayla würde zurückschlagen. Ich kannte sie. Sie war wie ich. Vor meinem Zuhause kramte ich nach meinen Schlüsseln. Andrew war bereits gegangen, also musste ich nicht weiterhin auf gut gelaunt machen. Die Erkenntnis von eben hallte noch immer in meinem Kopf nach und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als mit Beth reden zu können. Sie würde mich runterputzen wegen meinem Verhalten und hätte mir sicherlich gesagt , dass ich einfach hätte darüberstehen müssen, als zum Gegenschlag auszuholen. Seufzend warf ich mich auf mein Bett und vergrub mein Gesicht in den Kissen. Als ich mich umdrehte, sah ich Kate in der Tür stehen. Ihr Blick glich dem boshaften von Malya. Er brach mir das Herz. "Ich will nur, dass du eins weißt, Rosalie", ich sah sie abwartend ab," wenn es zu einem Streit kommt, rechne nicht mit mir. Du wirst alleine dastehen", sagte sie ernst und ging sogleich wieder. Ich stand wütend auf und knallte meine Türe zu. Es überraschte mich allen ernstes, dass Kate nicht zu mir hielt. Und es tat weh. Wie von selbst griff ich nach meinem Handy und wählte James Nummer. Ich ließ 8 mal anklingeln. Dann legte ich auf und seufzte enttäuscht. Nach kurzem Überlegen betrat ich meinen Kleiderschrank und zog ein Kleid mit buntem Blumenmuster hervor, zu dem ich schwarze Ballerinas anzog. Vielleicht würden mir die Sonnenstrahlen gut tun. Schon nach ein paar Minuten an der frischen Luft fühlte ich mich ein wenig besser und ich beschloss Shoppen zu gehen. Das Positive am Luxus war, dass es durchaus machbar war, Frustshoppen zu gehen, ohne Rücksicht auf Verluste nehmen zu müssen. Obwohl die Sonne schien, fühlte sich mein Inneres winterlich an. Meine Sinne schienen wie eingefroren, zu verletzt um zu arbeiten. Ich hatte nicht mit solch einem Schmerz gerechnet. Kate hatte mich auch davor nicht ausstehen können. Doch es war noch einmal etwas ganz anderes, wenn sie sich mit jemandem gegen mich verbündete. Ich seufzte. Mit einem Mal bemerkte ich, wie allein ich war. Jetzt gerade. In diesem Moment. Und daran würde auch kein James etwas ändern können. Und keine Beth. Nur ich. Nur ich konnte etwas tun, damit ich mich besser fühlte. Ich hob meinen Blick, das Macy´s Schild blinkte mich verführerisch an, ich zückte meine Platincard und trat ein. Bereit meinen Schmerz zu stillen. Koste es, was es wolle. Kapitel 10: the window to my blue soul. --------------------------------------- "Und das noch", lächelte die übertrieben nette Macy-Verkäuferin, während sie den letzten Preis in die Kasse eingab. Ich schielte zu dem nicht unbedächtigen Berg meiner Errungenschaften, zu denen vorallem Armbänder und Ketten gehörten. "Und Sie sind sich sicher, dass sie sich das alles leisten können?", fragte die ältere Dame höflich und erntete mein unschuldigstes Lächeln. Langsam, und ohne meinen Blick von ihrem abzuwenden, zog ich meine Platincard heraus und legte sie - mein edles Svarovski Armband aufblitzen lassend - auf den Tisch. "Ja ", lächelte ich noch immer," ich denke, ich kann". Immernoch das übertriebene Lächeln auf den Lippen, jedoch sichtlich überrascht, packte sie all meine Schätze in wunderschöne Tüten. Es waren 8 an der Zahl. Natürlich wusste ich, dass ich ausnahmslos übertrieben hatte und natürlich war ich mir auch der Konsequenzen bewusst, die spätestens mit der nächsten Rechnung hereinschneien würden, doch es war mir schlichtweg egal. Denn ich fühlte mich besser. Mit einem zufriedenen Lächeln verließ ich das Macy´s und schielte bereits zu einer Desigerboutique, als plötzlich meine Tasche vibrierte. Mich ausbalancierend fischte ich mein Handy hervor und klappte es auf. Eine neue Nachricht. Von James. Mein kleines, dummes Herz tat einen Sprung, als ich sie genervt öffnete. "Hey M. Ich bin die Woche nicht in der Stadt. Ich erzähl dir alles, wenn ich wieder da bin. Vielleicht bei einem Restaurantbesuch ?" Irgendwo in mir begann Wut bitter aufzusteigen und ich machte mir erst garnicht die Mühe, sie davon abzuhalten. Ich hatte zwar nicht das Recht, wütend zu sein, doch das hielt mich nicht davon ab. Ich wusste zwar, dass er mir keinerlei Rechenschaft schuldig war, geschweige denn für mich da sein musste, doch tief in meinem Inneren musste ich mir eingestehen, dass ich das wollte. Plötzlich befiel mich eine ungeheure Müdigkeit und als ich auf die Taschen hinabsah, keimte nur ein kleiner Funke Freude in mir auf. Ich wusste, dass es kindisch war, doch in diesem Moment gab ich James dafür die Schuld. Ich hoffte inständig, dass meine Eltern fort waren und war umso enttäuschter, als ich sie gewissermaßen wartend in unserer Wohnung fand. " Hast du auch noch etwas für die anderen Kunden übrig gelassen, Melina ?", schnappte meine Mutter sarkastisch, als sie meine Tüten sah. Ich ging einfach an meinem Vater und ihr vorbei und stellte meine Trostpflaster in meinem Kleiderschrank ab. "Deine Mutter hat dich etwas gefragt, junge Dame ", mein Vater sah mich durchdringend an und ich fragte mich immer mehr, was sie nun eigentlich wollten. Noch 5 Sätze und sie würden ihren High score knacken. So gesprächig waren sie lange nicht mehr gewesen. "Dad, tu´ nicht so, als würde ich uns in den Ruin treiben. Solche Angelegenheiten überlasse ich getrost dir", gab ich zurück und bereute meine Worte sofort. Er sah mich nur sichtlich gekränkt an und ließ meiner Mutter den Vortritt. " Wir machen uns Sorgen, Melina. Kate hat erzählt, du eckst an in der Schule", allein an ihrer Gestik erkannte ich, dass Kate ihr irgendeinen Müll gesteckt hatte. "Nein Mutter, es ist alles bestens. Ich verstehe mich nur nicht so gut mit den Upper Class Leuten", sagte ich ruhig und zwang mir ein unschuldiges Lächeln auf. "Ja, aber um die geht es doch, Schätzchen. Wer redet von irgendwelchen anderen Leuten ?", meine Mutter lachte mich amüsiert an. Ich hätte mich ohrfeigen können. Wie konnte ich nur vergessen, dass es nur die Upper Class war, die meine Mutter interessierte? "Weißt du, Spätzchen, es wäre doch zu schade, all das hier aufgeben zu müssen, nur weil irgendwelche Upper Class Mitglieder uns hinterherschnüffeln, weil du dich unpassend verhälst", philosophierte meine Mutter und spannte mich ganz in ihr Gedankennetz ein. Ich konnte praktisch sehen, wie ich meinen Namen wieder ändern müsste. Wie ich wegziehen würde. Und ganz unvermittelt tauchte James vor meinem inneren Auge auf. Ich stöhnte genervt. Wie weit hatte sich dieser Typ eigentlich schon in mein Herz gefressen? "Hast du mir zugehört, Melina?". Ich sah sie einfach nur an und suchte inständig nach der liebenden Mutter, die sie einmal gewesen war. "Hach Melina. Wieso kannst du nicht ein bisschen netter zu den Leuten sein", ich konnte schon erahnen, was jetzt kommen würde," so wie Kate", ich musste lachen. Leise. Und doch schrill. Ich konnte einfach nicht glauben, was ich hörte. Oder eher, dass ich es schon wieder hörte. "Ich bin aber nicht Kate, Mum. Und solange ich in meinem Leben noch irgendetwas selbst entscheiden kann, suche ich mir auch selbst meine Freunde aus", mit diesen Worten machte ich die Tür vor der Nase meiner Mutter zu. Ich seufzte und setzte mich auf mein Bett. War es tatsächlich möglich, dass diese locker dahergesagten Worte mich immernoch so sehr trafen? Wie oft hatte ich sie schon gehört?War man nicht irgendwann immun? Ich seufzte nochmals und ließ mich zurück auf mein Bett fallen. Mitten in der Nacht wurde ich wach. Ich versuchte etwas im Dunkel meines Zimmers zu erkennen, hatte ich wirklich so lange geschlafen? Vorsichtig setzte ich mich auf und sah auf die Digitaluhr an meinem Bett. Kurz nach 2. Müde tappte ich ins Bett und zog mein Nachtkleid an. Am Spiegel machte ich Halt. Der Anblick verblüffte mich ebenso sehr, wie er weh tat. Meine Finger fuhren behutsam die Schlieren entlang, die meine Tränen hinterlassen hatten. Ich sah mich lange an und dachte darüber nach, warum ich im Schlaf geweint hatte. Als ich wenig später wieder in meinem Bett lag, war meine Müdigkeit wie weggewischt. Nervös sah ich auf mein Handy und überlegte, ob ich ihn anrufen sollte. Ich hatte zwar überhaupt keine Ahnung, was ich sagen sollte, aber ich wollte ihn einfach nur hören. Ich kannte diesen Mann erst wenige Tage und bereits jetzt fehlte er mir. Das gefiel mir nicht. Hatte ich mir nicht vorgenommen, ihn zu vergessen? Es würde sicherlich leichter sein, wenn er erstmal fort war. Wenn auch nur für eine Woche. Am nächsten Morgen weckte mich Ellie Goulding unsanft aus meinen Träumen und katapultierte mich in die Gegenwart. Ich wusste garnicht, was ich zuerst wahrnehmen sollte. Mein Handy? Meine Digitaluhr, die bereits halb 8 anzeigte? Oder doch lieber die Rufe vor meinem Fenster? Der Anruf kam von Andrew, die Rufe von unten auch. Hektisch stürzte ich an mein Fenster. "Guten Morgen, Dornrösschen ", rief er lachend zu mir herauf," nichts ist so betörend wie dein morgendlicher Anblick !", ich schnitt ihm eine Grimasse, vollzog rasch meine Morgenhygiene und schlüpfte in Jeans und T Shirt, ehe ich völlig außer Puste unten ankam. "Rekordzeit, Everwood", Andrew pfiff anerkennend und sah mich liebevoll an. "Ich dachte mir schon, dass du verschlafen hast ", gab er zu und hielt mir eine Tüte hin. " Vanillecrossaint gefällig?", auf meinen Lippen breitete sich ein überglückliches Lächeln aus und ich tat direkt einen Bissen. Als er mir auch noch einen Kaffee hinhielt, hätte ich beinahe vor Dankbarkeit laut aufgeschrien. "Du bist ein Gott, Hallward!", lächelte ich hörig und er lachte. Im Ernst. Ich war geradezu willenlos, wenn man mir Vanille Crossaints und Kaffee spendierte. Wir gingen ein Stück und ich spührte, dass ihm etwas auf der Seele brannte. "Was war eigentlich gestern mit dir und Fairwell ?", er versuchte beiläufig zu klingen, doch ich wusste, dass er ziemlich neugierig war. Ich überlegte nur den Bruchteil einer Sekunde ihn anzulügen, ehe ich mich entschloss, es nicht zu tun. "Es ging um dich", sagte ich und sah ihn vielsagend an. Er lächelte leichthin "Ich freue mich immer, wenn zwei Mädchen sich um mich streiten", er schickte einen Kuss in meine Richtung. Ich schnitt eine Grimasse. "Nein Andrew, nicht so, wie du es vielleicht willst", lachte ich und wurde dann ein wenig ernster," ich will mich da nicht einmischen, Andrew. Sie ist eifersüchtig auf mich, weil wir so oft zusammen sind", sagte ich und sah ihn an. Er wirkte nachdenklich. "Aber, wo solltest du dich einmischen, da ist nichts zwischen Mayla und mir. Gott bewahre!", er schickte es wie ein Gebet zum Himmel, ehe er wieder lächelte. "Ernsthaft Melina, mach dir keinen Kopf", er schubste mich spielerisch und ich schubste ihn mit voller Kraft zurück. Er lachte lauthals. "Ich mach mir keinen Kopf, Hallward. Sie ist deine kranke Stalkerin!", schnappte ich überlegen und richtete theatralisch meine Haare. Von einer Frisur war an diesem Morgen nämlich nicht die Rede. "Apropos Stalker, Everwoods. Wie geht es deinem?", er schielte mich von der Seite an und merkte sofort, dass er einen gewissermaßen wunden Punkt gefunden hatte. "Tut mir leid, hab ich was falsches gesagt?", fragte er sofort sanft und legte eine Hand auf meine Schulter. "Nein. Nein, hast du nicht. Ehrlich gesagt", ich dachte an James Sms," hab´ich keine Ahnung, was ist. Er ist weg", ich sagte es leichthin, mit der Hoffnung, dass Andrew es dabei belassen würde. Irrtum. "Weg?", fragte er mit hochgezogenen Brauen," er ist einfach verschwunden?", ohne es zu merken, pulte er in meiner Wunde herum. Autsch. "Nein, nur für eine Woche. Danach gehen die Flitterwochen sofort weiter", seuselte ich gespielt verträumt und faltete meine Hände-wie zum Beten- vor der Brust. "Everwood?", sagte er überheblich. "Am Apparat", antwortete ich mit den Augen klimpernd. "Bei dir ist echt alle Hoffnung verloren", sagte er ernst und ein wenig beleidigt, weil ich offensichtlich nicht über meine Gefühle sprechen würde. Ich lächelte ihn an, meine Augen reichten bis auf die Tiefen meiner Seele hinab und ich betete, er würde es verstehen. Er sah mich immernoch beleidigt an, dann lächelte er mitfühlend und warm zugleich und schaffte es von einer Sekunde auf die nächste, dass ich mich verstanden fühlte ohne etwas gesagt zu haben. Kapitel 11: secrets and fine wine. ---------------------------------- Auch in Geschichte hielt mein kleines Hochgefühl an. Ich fühlte mich noch immer von Andrew beflügelt. Warum, wusste ich eigentlich garnicht, denn er hatte nicht ein Wort des Trostes gesagt. In der Pause war ich gerade auf dem Weg zu meinem Spint, da tauchte Andrew neben mir auf. "Nur noch vier Stunden, Everwood ", freute er sich und schenkte mir ein strahlendes Lächeln. Ich grinste zurück ,hielt aprupt vor meinem Spint und traute meinen Augen nicht. "Wer macht denn so einen Scheiss?!", Andrew war ganz außer sich, als er den Zettel, auf dem in dicken Buchstaben das Wort : Schlampe prangerte, abriss und zerknüllte. Ich konnte mir ein bitteres Lächeln nicht verkneifen und drehte mich um. Wie erwartet stand Mayla nicht weit entfernt. Ein Lächeln von ihr genügte. "Das kann ich dir sagen", murmelte ich bloß, riss Andrew den Papierklumpen aus der Hand und ging geradewegs auf Mayla und ihre Schar von Abziehbildchen zu. Es versetzte mir einen Stich, Kate dicht neben ihr stehen zu sehen, denn in ihrem Blick stand die gleiche Abscheu, wie in Maylas. "Ich nehme an, der ist von dir?", sagte ich bedrohlich und lachte in mich hinein, als Andrew neben mir auftauchte und Mayla schockiert anstarrte. Doch diese lachte nur leise und trat einen Schritt auf mich zu. "Die Idee hätte glatt von mir kommen können, Everwood, das stimmt. Aber weit gefehlt, es war Kates Idee," schockiert starrte ich zu meiner Schwester und spührte meine eiserne, unnahbare Maske zerbröseln. "Kate, du?!", rief Andrew ebenfalls schockiert aus und ballte die Fäuste, als sie feierlich und geradezu diabolisch nickte. Ich war nicht einmal ansatzweise imstande zu sprechen. "Ihr seit erbärmlich", Andrews Stimme war hart und so kalt, wie ich sie noch nie gehört hatte, als er mich mit sich zog. Ich ließ mich von ihm führen, vorbei an etlichen Schülern, die den Zettel gesehen hatten und mich nun argwöhnisch musterten. Andrew zog mich grob hinter sich her, sodass ich laufen musste. "Andrew, warte !", rief ich aus und entriss mich ihm als wir bereits auf dem Schulhof waren. "Warte ", sagte ich nochmals nachdrücklich und rieb mein Handgelenk. Ein rötlicher Abdruck wurde immer deutlicher. "Tut mir leid, Melina", sagte er, doch seine raue Stimme passte nicht zu dem entschuldigenden Blick in seinen Augen. "Nimm es dir nicht so zu Herzen, was die sagen. DAS sind Schlampen", seine Handknochen traten weiß hervor, sodass ich nur erahnen konnte, wie wütend er wirklich war. "Der Zettel ist mir egal, Andrew. Aber dass er von Kate ist, dass", ich brach ab und wischte ein paar Tränen weg, die sich unbemerkt aus meinen Augen gestohlen hatten. Er kramte ein Tempo aus seiner Hosentasche und hielt es mir hin. "Aber es ist gelogen. Das weißt du ", versuchte er mich zu trösten und warf jedem, der uns ansah, vernichtende Blicke zu. "Dass du wie ein Schläger guckst, bringt sie nicht unbedingt dazu, wegzusehen ", fügte ich schluchzend hinzu und musste lächeln, als er mich irritiert ansah. "Wie gucke ich denn ?", fragte er stirnrunzelnd und brachte mich so zum Lachen. "Ungefähr so, als ob du sie abschlachten und ausbluten lassen willst", lachte ich und sah amüsiert zu, wie er einfach weitermachte. Die Klingel ließ mein Lachen verstummen. "Ich will da nicht wieder rein. Ich sitze den ganzen, restlichen Tag neben Mayla", murmelte ich und ließ ihn aufhorchen. "Wenn du nicht reingehst, hat sie gewonnen", belehrte er mich und drückte mich - wie zum Anstoß- in Richtung Schulgebäude. Ich wehrte mich nicht und ging ohne ein weiteres Wort hinein. Bevor Andrew zu seinem Klassenraum abbog, strich er mir über die Schulter und ich muss sagen, dass mich das in diesem Moment aufbaute. Ich riss mich zusammen und marschierte geradezu in meine Klasse. Dort saß Mayla wie erwartet und sah mich bereits provokant an. Ich schloss noch einmal die Augen, dann war ich wieder da. Und ich wollte Mayla weh tun. So unendlich weh tun. "War ja echt ein dramatischer Abgang eben, beinahe oscarreif", lachte sie herablassend und klatschte zweimal in die Hände. Ich setzte mich hin und lächelte sie bloß an. Ihr Blick wurde stechend. "Was grinst du so blöd?", schnappte sie bösartig. Ich legte einen verträumten Blick auf. "Durch deinen kleinen,gemeinen Seitenhieb kamen Andrew und ich uns um einiges näher", ich lächelte sie verzückt an," danke, Mayla". Sie starrte mich bloß an. Eine halbe Ewigkeit. "Was soll das heißen?", ich hörte, dass ihre Stimme zitterte und genoss ihren Schmerz in vollen Zügen. Ich wandte ihr mein Gesicht zu schenkte ihr einen glücklichen Blick. "Er hat mich geküsst". Ich sah den Treffer. Ihr Gesicht verschloss sich und ihre eiserne Maske fiel krachend zu Boden. Mayla sagte die ganze Stunde kein Wort mehr und ich triumphierte. Auch, wenn ich gleichzeitig überlegte, wie ich meine Lüge möglichst klein halten konnte, ohne sie auffliegen zu lassen. Das wäre peinlich. Ich konnte nur auf Andrews Unterstützung hoffen. Nach der Schule wartete er am Tor auf mich. Ich zog ihn hinter die Schulmauer und trat nah an ihn heran. "Du musst mir helfen. Ich hab Mayla eins ausgewischt. Spiel mit", mehr konnte ich nicht sagen, da sah ich auch schon Mayla durch den Torbogen kommen. Schnell schlang ich meine Arme um Andrews Hals und lachte unbeschwert, so als hätte er einen guten Witz gerissen. Mayla sah kurz zu uns hinüber, dann ging sie schnellen Schrittes davon und ich ließ langsam von Andrew ab. "Was zum ...", murmelte er und sah mich dann eindringlich an. "Was sollte das ?", zischte er und sah Mayla hinterher. "Ich wollte ihr eins auswischen. Sie hat mich so genervt und da hab ich erzählt, dass du mich geküsst hast", ich zog die Worte wie Kaugummi und merkte schon als ich sie sagte, wie idiotisch und kindisch sie waren. Ich schämte mich in Grund und Boden. "Du machst Witze, oder ?", egal wie sehr ich ihm eben noch leid getan hatte, jetzt war er wirklich sauer. Er hasste Lügen. Ich auch- eigentlich. "Was ist bloß in dich gefahren? Merkst du eigentlich, dass du immer mehr wie sie wirst? Ich hab dich gern, weil du anders bist. Vergiss das nicht", sagte er hart und ließ mich stehen. Ich hatte es verdient. Es war erbärmlich von mir, ihn in meine Lüge mit hineinzuziehen. Es gab manchmal Momente, in denen ich mich richtig ätzend fand. Das hier war so ein Moment. Ich hatte keine Lust, nach Hause zu gehen. Dort würde Kate sicherlich schon warten. Ich seufzte niedergeschlagen und wünschte mir einmal mehr James herbei. Vergebens. Er erschien nicht auf einem weißen Pferd vor mir. Schade. Ich schlenderte durch die Straßen, es kam mir vor wie eine halbe Ewigkeit, ehe ich aufsah und das Starbucks erkannte. Ich musste lächeln. Aber nicht wegen dem blinkenden Schild, sondern wegen der Person, die drinne saß und seelenruhig ihren Cappuccino schlürfte. Schnellen Schrittes betrat ich den Coffeeshop und ging geradewegs auf den Tisch zu, an dem Stacy saß. Lächelnd nahm ich ihr gegenüber Platz "Hey", lächelte ich sie an. "Melina ", sagte sie überrascht und bestellte mir sofort einen weißen Cappuccino. "Danke", grinste ich und sah sie abwartend an. "Was machst du hier ?", fragte ich in die unangenehme Stille und versuchte, locker zu klingen. "Ich sitze hier nur so rum", lächelte sie endlich und stützte ihren Kopf mit ihrer Hand ab. "Was hast du denn gemacht ?", fragte ich besorgt und berührte sanft den dunkelblau verfärbten Abdruck an ihrem Handgelenk. "Oh, da? Weiß ich garnicht ", sie schob ihre Hand schnell unter den Tisch und lächelte mich überlegen an. "Aber das kann doch nicht...", begann ich, als sich plötzlich jemand neben mich setzte. "Hey, du bist Melina, richtig ? Ich heiße Anna", lächelte sie mich herzlich an und ich traute meinen Augen nicht. Das war das blonde Mädchen, dass ich vor einigen Tagen vor dem Café gesehen hatte. Von nahem schien sie mir noch schöner. "Ja, das stimmt", lächelte ich freundlich und machte ihr noch etwas Platz. Ab dem Zeitpunkt, als Anna sich zu uns gesetzt hatte, begann ein langes, ausgelassenes Gespräch, in dem selbst Stacy langsam auftaute. Später verließen wir das Starbucks und endeten schließlich in einer angesagten Bar, in der sich sonst nur die Upper Class tummelte. Wir ernteten feindselige Blicke, da weder Stacy noch Anna noch ich passend angezogen waren. Nach ein paar Drinks störten wir uns jedoch nicht mehr dran. Als ich mein Handy hervorkramte um die Uhrzeit zu erfahren, sah ich, dass ich eine neue Nachricht hatte. "Du hast mir nicht zurückgeschrieben, daher nehme ich an, dass du beleidigt bist. Das ist okay. Du hast ja noch ein paar Tage, um dich wieder zu beruhigen. Und dann wirst du dich freuen, mich wiederzusehen" Als ich das las, dachte ich mir, dass ich mich bereits jetzt eingekriegt hatte und mich auf ihn freute. Aber den Triumph gönnte ich ihm nicht. "Mhm, Liebesgrüße von James", lachte Stacy und schnappte sich mein Handy. "Den hast du sowas von an der Angel", brabbelte Anna zwischen zwei Drinks vor sich hin und bestellte bereits die nächste Runde. "Ohja, klar hab ich das. Aber wenn er denkt, er kann einfach wiederkommen un´so tun´, als wäre nisch´ gewesen, hat er sich geschnitten", lallte ich und setzte wieder mein Glas an den Mund. "Ganz genau, so geht das, kleine M, ich sag es ja immer wieder. Männer sind wie Wein. Erst wenn man sie lange stehen gelassen hat, sind sie gut", damit stießen wir erneut an, bestimmt zum 10. Mal an diesem Abend. Zwischen zwei Cocktails hielt mir Anna einen Talisman hin, als Antwort auf meinen Bericht von den nächsten Klausuren. "Hier, nimm ihn. Der beschützt dich. Bestimmt auch vor schlechten Noten ", lächelte sie heiter und machte mir die Kette im Nacken zu. Ich sah mir den Stein garnicht genauer an, ich hätte ihn wahrscheinlich sowieso doppelt gesehen. Und so ließen wir den Abend feucht-fröhlich ausklingen. Kapitel 12: how to drive me evil, part one. ------------------------------------------- Ziemlich lieblos weckte mich der Wecker, den ich mir nachts zuvor unter großem Willensaufwand für 6 Uhr gestellt hatte. Bereits als ich daran dachte, das Licht anzumachen, hämmerte mein Kopf so extrem, dass ich mich urplötzlich gegen das Licht entschied und mein Glück in der Dunkelheit versuchte. Wann war ich eigentlich hierher gekommen ? Auf jeden Fall hatte ich meiner Mutter geschrieben, dass ich bei einer nichtvorhandenen Freundin übernachten würde. Ich hätte natürlich auch sagen können, dass ich bei Andrew übernachten würde, aber ich wollte den Wunschgedanken meiner Mutter, in dem Andrew mir gerade den Ring an den Finger steckte, um mich dann herzzereißend romantisch zu küssen, nicht noch anstacheln. Schlimm genug, dass er existierte. Ich meine hey, nichts gegen Andrew. Er ist perfekt. Das Problem ist nur, ich bin es nicht. So hatte ich es ihr auch erklärt. Aber jetzt den Grund für ihre Fantasie auszubreiten, der irgendwie etwas mit dem Theaterstück zu tun haben könnte, in dem ich unfreiwilligerweise die Juliet gespielt hatte, während er den Romeo miemte, wäre zu weit ausgeholt und völlig unpassend in Anbetracht der Trommeln, die in meinem Kopf um die Wette zu schlagen schienen. Wackelig ging ich ins Bad und begutachtete mich im Spiegel. Ich war noch immer der Ansicht, dass Stace´s Idee, mich in James leerer Wohnung übernachten zu lassen, von grundauf dämlich war, allerdings hatte meine Idee, mich einfach leise um halb 3 Uhr nachts in meine Wohnung zu schleichen, "an Selbstmord gegrenzt", wie Stace es so zutreffend geäußert hatte. Da stand ich also nun. Vor James ungewöhnlich großem Spiegel. In James ungewöhnlich teurem Penthouse. Nur in James ungewöhnlich schicker Boxershort und einen BH gekleidet. Okay. Letzteres war mir wirklich peinlich, also schaute ich schnell wieder in den Spiegel. Kein besonders schöner Anblick. Besonders furchtbar war für mich die Tatsache, dass ich keinerlei Schminkzeug mitgenommen hatte, wesshalb die Restauration für mich ausfiel. Super. Ich durchwühlte ungeniert James Sachen und fand allen ernstes eine Salbe, die EXTRA, ich betone, EXTRA für die Augenpartien waren. Ich zitiere: Einfach die Salbe auf die zu behandelnden Stellen auftupfen. Sie werden überrascht sein, wie schnell sämtliche Spuren der letzten Nacht verschwinden. Okay, damit würde ich James definitiv aufziehen, wenn er wieder da war. Genau. Wenn er wieder da war. Ich spührte einen Kloß in meinem Hals in anbetracht dessen, dass er noch ein paar Tage fehlen würde. Im selben Moment wollte ich mich ohrfeigen. In seiner Wohnung zu übernachten, führte nich unbedingt dazu, dass ich ihn vergaß. Geplagt von unermesslichen Kopfschmerzen, die eventuell von dem in Mengen geflossenen Alkohol letzter Nacht herrührten, schlurfte ich in die Designerküche und machte mir einen extra starken Kaffee. Mir wurde allein von dem Geruch so übel, dass es mich an meine selbst erdachte Abhilfe gegen einen Kater erinnerte. Mutig suchte ich nach dem Essig und verschwand mit der Flasche und einem Löffel im Bad. Bereits nach 5 Minuten kam ich wieder heraus und fühlte mich um einiges besser. Der Kaffee würde sicherlich sowohl den bitteren Geruch es Essigs, als auch den kotzigen Geruch meiner Kotze überdecken, wenn ich danach nur gründlich die Zähne putzte. Viel zu früh brach ich zur Schule auf. Auf dem Weg dorthin fielen mir die beiden Kursarbeiten auf, die ich morgen und übermorgen schreiben würde und an die ich in den letzten Tagen nicht einen Gedanken verschwendet hatte. Seufzend setzte ich meinen Weg fort und hatte Glück, dass ein scheinbar geisteskranker Angestellter bereits im Vero Moda umherhuschte. Als ich näherkam, erkannte ich Bridget, die mich schon sehr oft bedient hatte und schalte mich für den bissigen Gedanken zuvor. Scheinbar liebte Gott mich doch, dass er ausgerechnet meine Bridget so früh da sein ließ. Lächelnd klopfte ich an die Scheiben des Geschäfts und war froh, dass mir sofort Einlass gewährt wurde. "Melina", grinste sie und sah unverschähmterweise kein bisschen müde aus zu so früher Stunde," dich habe ich hier ja schon mindestens eine Woche nicht gesehen. Ich dachte du wärst gestorben", grinste sie gespielt besorgt. Ja, sie machte sich öfter über meine finanzielle Lage lustig. Und ja, ich liebte sie dafür. "Bridget", erwiderte ich grinsend und küsste sie beidwangig. Stirnrunzelnd begutachtete mich die kleine Blondine. "Du siehst... echt scheisse aus". Ja, das liebte ich auch an ihr. Ihre unverschämte Ehrlichkeit. "Ganz genau, und da kommst du ins Spiel, Bridget", lächelte ich verschwöhrerisch. Meine Freundin verstand sofort und zog mich mit sich. Minuten später stand ich vor einem Spiegel und wurde von Bridget angepinselt, um wenigstens das zu retten, was zu retten war. Wieder etwas später hielt sie mir ein Outfit hin, dass ich grinsend bezahlte, sie erneut küsste und ihr noch im Gehen zurief, wieviel ich ihr schuldig war. Ja. Es zahlte sich immer aus, mit einer angehenden Designerin befreundet zu sein. Wenn sie dann auch noch in einem Modegeschäft arbeitete, umso besser. Glücklich schlenderte ich zur Stratmens High, als es plötzlich an meinen Haaren ziepte, und ich automatisch mit der Hand über sie fuhr. Dabei blieb ich an einem Band hängen, was mich sofort an den bildschönen Onyx erinnerte, der noch immer um meinen Hals hing, und den ich seit heute morgen wohl zu meinem neuen Glücksbringer benennen würde. Lächelnd hob ich den Stein an und beäugte ihn genauer. Er war fein gearbeitet und wunderbar glatt. Kurzum: Er war zu schön, um ihn je wieder abzulegen. Vor meiner Schule blieb ich stehen und bemerkte ein verzweifeltes Klopfen in meiner Magengrube, als ich Andrew sah, der mir nur kurz einen geringschätzenden Blick zukommen ließ, ehe er sich wieder seinen Freunden zuwandte. Es tat unendlich weh, von ihm missachtet zu werden. Und die Tatsache, dass ich mir dabei selbst nicht leid tat, machte es nicht besser. Um genau zu sein, hasste ich mich für die dumme Lüge, die nun zwischen uns stand und ihn dazu veranlasste, sich so zu benehmen , wie er es nun tat. Gleichgültig. Am liebsten hätte ich es herausgeschrien, wie sehr ich George Bernard Shaw Recht gab, in Anbetracht seiner These zur Unmenschlichkeit. Es gab tatsächlich nichts unmenschlicheres als seinen Mitmenschen gegenüber gleichgültig zu sein. Ich seufzte erschlagen und trottete an ihm vorbei, in der Hoffnung sein Mitleid zu erregen. Fehlanzeige. Das einzige, was mir meine Mitleidnummer brachte, war Mayla. Scheinbar hasste Gott mich doch. "Mein Gott, Everwood. Mag sein, dass du an meine Schönheit niemals rankommen wirst, aber das ist doch kein Grund sich SO gehen zu lassen", sie trat nun noch näher an mich und gab hier und da einen angeekelten Laut von sich, als sie mich näher betrachtete. Als sie eine meiner Locken anhob, wurde es mir zu bunt. "Finger weg!", schnappte ich und schlug ihre Hand weg. Plötzlich spührte ich eine Energie in meiner Hand und sah wie Mayla sich ihre rieb. "Du hast mir eine gezockt, du dämliche Kuh. Wenn du es noch einmal wagst, Hand an mich zu legen, reiß ich dir jede deiner verkommenen Locken einzeln aus!", fuhr sie mich an, doch ich starrte noch immer auf meine Hand, völlig überrascht von dem heftigen Prickeln in ihr. Schweigend ging ich einfach an ihr vorbei, geradewegs auf meinen Spint zu. Mayla wandte sich wieder in meine Richtung "Everwood, ich rede mit dir, hörst du !". Nein, genau genommen hörte ich garnichts, denn ihre Stimme kam als ein einziges Trommeln in meinem Kopf an. Gott, ich hasste es so sehr, einen Kater zu haben, dass es beinahe weh tat. Wortwörtlich. Auch nach der Schule waren meine Kopfschmerzen kein bisschen besser, und ich zuckte zusammen, als mein Handy vibrierte. Ich war zwar auf keinen Fall imstande, dieses Ding an mein Ohr zu halten, ohne dass mein Kopf platzen würde, aber ich ging trotzdem dran. Weil es meine Mum war. "Alles okay Schätzchen?", hörte ich ihre besorgte Stimme und kam mir sogleich schlecht vor, weil ich durch die Stadt lief, anstatt mich daheim sehen zu lassen. "Ja, ja alles okay. Ich komme gleich nach Hause", beruhigte ich sie. Ich hatte keine Lust mich weiter mit ihr auseinanderzusetzen, also legte ich auf und sah zum Himmel. Ich hatte nicht im geringsten Lust nach Hause zu gehen, wo mich neben meiner neugierigen Mutter auch noch Geschichte und Englisch erwarten würden. Seufzend drehte ich mich dennoch um und schlug den nach Hause Weg ein. Plötzlich kam mir wieder James Augencreme in den Sinn und ich konnte nicht wiederstehen. Grinsend zückte ich mein Handy und schrieb eine Nachricht: "Hey Beauty Queen, ich hab heute Morgen deine Augencreme benutzt und heute Nacht in deiner Boxershort in deinem Penthouse in deinem Bett geschlafen. Ohne Dich. Du siehst, du verpasst eine ganze Menge, wenn du nicht da bist. Und nein, die Geschichte wie es dazukam, erzähle ich nicht. Warum ? Weil ich sauer auf dich bin und erst damit aufhöre, wenn du mir was gekocht hast. Ganz alleine. Ohne meine Hilfe". Noch immer lächelnd schickte ich die Nachricht ab und freute mich innerlich auf seine Antwort. Besagte erfolgte nur wenige Augenblicke später: "Prinzessin, ich weiß nicht was du da benutzt hast, aber von einer Augencreme wüsste ich sicher. Zum Glück habe ich in meinem Penthouse Kameras anbringen lassen. Wäre doch schade, wenn irgendetwas abhanden kommt, solange ich weg bin. Aber gut. Jetzt habe ich etwas, worauf ich mich freuen kann, wenn ich nach Hause komme. Nur eine Frage: NUR meine Boxershort? Bitte antworte, das ist mir sehr wichtig!". Ich verschluckte mich an meiner eigenen Spucke. Ja, das geht. Ich betete, dass er bluffte, aber ich war mir sicher, dass er nicht log. Ich musste schnell antworten. Etwas geniales, dass meine Gedanken genau zur Geltung brachte: "Arschloch! ... Und die Kamera werde ich suchen und finden!". Wenige Sekunden später kam dann auch schon seine Antwort, die mich dazu veranlasste, mein Handy wütend wegzupacken: "Viel Glück :)" Ohja James, ich würde sie suchen und finden. Ich musste. Doch davor musste ich nach Hause und wie eine Irre Geschichte lernen, das ging vor. Auch wenn ich das nicht gerne einsah. Als ich dann daheim an meinem Schreibtisch saß und wie besagte Irre paukte, gelang mir dies nur halbherzig, da sich meine Gedanken um eine Kameraaufnahme drehten, die verheerend für mein Image werden konnte. Nach anderthalb Stunden trat ich das erste Mal wieder vor mein Zimmer, ging in die Küche und machte mir einen Kaffee. Während ich ihn im Esszimmer trank, erzählte meine Mutter von Gott und der Welt. "Bla bla die Watsons geben einen großen Ball und haben uns eingeladen...bla bla bla du musst auch dahin...bla bla bla bla Eugene Watson hat ein Auge auf Kate geworfen... bla bla bla bla bla ein Kleid kaufen". Ab dem Moment hörte ich zu. "Tschuldige Mum, das letzte konnte ich akustisch nicht verstehen", lächelte ich engelsgleich. "Deiner Mutter hat gesagt, du sollst mit Kate Kleider kaufen gehen für den Ball!", rief mein Vater brummig aus und hoffte womöglich, dass wir nun still sein würden. Im Fernsehen lief immerhin eine Partie Football. Noch ein Grund, warum auch mein Vater wollte, dass Andrew in unsere Familie reinheiratete. Er war Käptn´ des Football Teams der Stratmens Highschool und generell ein aufsteigender Stern am Football Himmel. Ich sage dazu nur eins: Hust. "Hm Mum, ich würde ja liebend gern mit Kate ein Kleid kaufen, aber ", ich faltete ganz geschäftsmäßig meine Hände und legte mein Kinn darauf ab," Kate würde sicherlich lieber mit dem ekligsten, verpickeltesten Junge der Welt ein Kleid kaufen gehen, als mit mir", endete ich und sah sie abwartend an. Meine Mutter runzelte die Stirn "Willst du damit sagen, dass Kate einen Freund hat?", fragte sie verständnislos und ich wollte mir am liebsten ein dickes, massives Holzbrett vor den Kopf schlagen. "Nein Mum, vergiss es. Klar, ich kaufe ein Kleid mit ihr", in Anbetracht der mangelnden Intelligenz meiner Mutter gab ich mich geschlagen und verließ den Tisch. Ich schnappte mir meine Schlüssel, rief Kate noch schnell zu, dass wir demnächst Kleider kaufen gehen würden und verließ die Wohnung. Noch als ich die Treppen runterhüpfte, hörte ich Kates allzu lauten Widerspruch und lachte lauthals. Grinsend rief ich mir ein Taxi und ließ mich zum Claridges fahren. Dort angekommen gab ich dem Taxifahrer gut gelaunt ein dickes Trinkgeld und verschwand in dem riesigen Hotel. Ich atmete erleichtert auf, als ich Joseph vorfand, den guten alten Joseph. "Ah. Mrs Everwood, wie schön Sie zu sehen", lächelte er mich gutmütig an und küsste, ganz der alte Gentleman, meine Hand. "Es freut mich auch Sie zu sehen, Joseph", lächelte ich mein strahlendestes Lächeln und beugte mich dann etwas näher. "Könnten Sie mir einen Gefallen tun, Joseph? In den nächsten Tagen kommt Mr. Devino ja zurück und... nunja ich würde ihn gerne überraschen. Sie wissen schon", ich zwinkerte ihm spielerisch zu und war dann ganz irritiert von seinem Lachen. "Tut mir sehr Leid, Mrs Everwood, aber ich fürchte, ich muss passen. Mr. Devino hat mich noch vor wenigen Minuten angerufen und mich vor ihnen gewarnt. Er hat gesagt, er möchte keinen neuen Anstrich in seiner Wohnung. Tur mir sehr leid", der alte Mann sah nun wirklich betrübt aus und ich konnte einfach nicht wütend auf ihn sein. Umso besser jedoch richtete sich meine Wut gegen James. Das würde er wiederkriegen. "Oh, schade. Ich dachte wirklich, er würde sich freuen. Trotzdem Danke, Joseph", lächelte ich gezwungen und trat kochend nach Draußen. Ich konnte nicht anders, als dort einen ohrenbetäubenden Schrei loszulassen, den ich jedoch sofort bereute, als mein Kopf zu explodieren drohte. Wie von Sinnen tippte ich seine Nummer und wartete ungeduldig, wobei jeder Piep-Ton meine Wut nur puschte. "Ich hatte so eine Ahnung, dass du anrufen würdest, mein Schatz", hörte ich ihn lächeln und drohte vor rasender Wut zu zerbersten, ungefähr so wie Rumpelstilzchen, als die Königin seinen Namen sagt. "Denk ja nicht, dass du damit durchkommst, du dämlicher...Argh, komm du erstmal nach Hause!", schrie ich und legte auf. Ich brauchte sehr lange um mich wieder einigermaßen zu beruhigen und dann langsam nach Hause zu gehen. Ich hoffte komplett abgekühlt zu sein, ehe ich daheim eintraf. Kapitel 13: How to drive me evil, part two. ------------------------------------------- Dank der Ferien komme ich jetzt schneller zum Schreiben :) Und dieses Kapitel möchte ich Valanya widmen, einer guten Freundin und treuen Leserin :) Ich weiß, dass die Zeit die wunden nicht heilen kann, aber sie kann sie betäuben... Ich hoffe, dass du schon bald Besitzerin zweier süßer Katzen bist :) Dafür drücke ich dir beide Daumen :* Kurz vor meiner Haustür gelang es mir dann doch, mich zu beruhigen, auch wenn ich, hätte ich es gewollt, immernoch tausend Bäume hätte ausreißen können. Richtig große, schwere, um sie krachend auf James zu werfen. Ich wischte diesen verführerischen Gedanken beiseite und steckte den Schlüssel ins Schloss. Anscheinend war niemand daheim. Vater war womöglich bei einem seiner "Geschäfte" und Mutter vielleicht shoppen? Ich seufzte angesichts der ruhigen Atmosphäre und ging direkt in mein Zimmer. Ich hatte zwar überhaupt keine Lust, aber ich würde Englisch lernen, um Morgen eine eins zu schreiben. Meistens schlitterte ich jedoch an ihr vorbei und landete auf einer gutgemeinten zwei- die mir nie genügte. Lächelnd machte ich mich über Englisch her und vergaß dabei ganz die Zeit. Erst als ich beinahe an meinem eigenen Gähnen erstickte, sah ich auf die Uhr und stellte überrascht fest, dass es weit nach acht Uhr war. Noch immer keiner zu Hause. Seufzend griff ich nach meinem Handy und wählte Mums Handynummer. "Hey Melina, was gibt´s ?", fragte sie gut gelaunt, was darauf schließen ließ, dass sie shoppen war. "Wo bist du? Keiner ist daheim", stellte ich, nicht ohne einen vorwurfsvollen Ton, fest und versuchte im Hintergrund etwas zu hören. Gerade gab meine Mutter jemandem eine schnippische Erwiderung. Wahrscheinlich tyrannisierte sie wieder einmal eine hilflose Angestellte. "Mel? Bist du noch dran?", fragte sie nach einer Weile."Ja, also, wo bist du?", wiederholte ich ungeduldig und tippte mit den Fingern auf dem Schreibtisch. "Ich bin mit Kate ein Kleid besorgen. Sie wollte tatsächlich nicht mit dir losziehen", lachte meine Mutter. Es verletzte mich nur ein bisschen, ein flüchtiger Stich, nichts im Vergleich zu Andrews gleichgültigem Blick. "Okay, bis nachher", sagte ich und beendete das Gespräch. Ich hatte keine Lust, auf die beiden zu warten, machte mir etwas zu essen und ging danach duschen. Noch mit feuchten Haaren legte ich mich ins Bett, so verdammt müde war ich. Am nächsten Morgen beeilte ich mich, schnell in die Schule zu kommen, ich wollte endlich mit Andrew reden. Es tat zu sehr weh, ihn nicht andauernd um mich zu haben, als dass ich damit leben konnte. Als ich ihn mit ein paar seiner Kollegen vom Football vor seinem Spint stehen sah, fasste ich neuen Mut. Er würde mir verzeihen. Ich fand ohnehin, dass er ein wenig übertrieb. Ich wäre bei weitem nicht so wütend gewesen, hätte er das getan, was ich getan hatte. Oder? Ich hätte es womöglich kindisch gefunden, aber ich wäre doch nicht so beleidigt? Oder vielleicht doch? Ich ging geradewegs auf ihn zu, mein Blick schien so eindeutig, dass sich Stephan, Jule und Cole sofort verzogen. Andrew verzog genervt das Gesicht, als er kapierte, dass ich ihn ansprechen würde. Was dachte er sich eigentlich? Demonstrativ wandte er sich seinem Spint zu und stand nun mit dem Rücken zu mir. Er hatte ja keine Ahnung, wie sehr das meine Wut anstachelte. Ich rauschte geradezu neben ihn und schlug mit aller Wucht seine Spinttür zu. "Wir klären das jetzt, Hallward!", sagte ich bestimmend und sah ihn mit festem Blick an. Er erwiderte ihn hochnäsig und ging einfach an mir vorbei. Das war zu viel. Ich überholte ihn im Laufschritt und versperrte ihm den Weg. "Sei nicht so ein Dickkopf!", fuhr ich ihn an und suchte nach einer Regung in seinem Gesicht. Nichts geschah, er sah mich einfach nur an. "Du bist nicht fair", flüsterte ich tonlos und spührte, wie meine Panzerweste von mir abfiel. Nun stand nur ich vor ihm. Ein kleines Häufchen Melina, das um Vergebung bat. "Ich bin nicht fair, Melina? ICH?", rief er kühl lachend aus und schüttelte dann verständnislos den Kopf. Erneut flammte meine Wut auf. "Ja, DU, Andrew", ich sprach ihn ebenso betont beim Vornamen an," du warst lange genug wütend, es reicht jetzt. Du übertreibst!", spie ich aus und funkelte ihn gefährlich an. Seine Wut fiel von ihm ab und eine mir unbekannte Ernsthaftigkeit schlich über seine Gesichtszüge. Neben ihm musste ich nun wie ein trotziges Kind wirken. "Du hast eine Grenze überschritten, die ich bei dir niemals überschreiten würde. Aus Respekt. Du hast übertrieben, Mel. Und ich sage wann ich wieder bereit bin, mit dir zu sprechen", sagte er fest und es fühlte sich an, als bohrte er riesige, rostige Nägel durch mich. Mit seiner Wut konnte ich umgehen. Aber nicht mit dieser entgültigen Ernsthaftigkeit, die mich erahnen ließ, wie lange er mich ignorieren würde. Als ich daraufhin nichts mehr sagte, ging er an mir vorbei und betrat den Klassenraum, in dem wir schreiben würden. Und ich wusste bereits jetzt, dass ich die Arbeit versauen würde, da meine Gedanken nun völlig zerstreut waren und nur um ihn kreisten. Nach der Schule wollte ich bloß ins Bett, die Decke über mich ziehen und erst dann wieder herauskriechen, wenn Andrew mir verziehen hatte und ich James Kamera in den Händen hielt. Daheim war ich dann der Ansicht, dass der Tag heute tatsächlich gelaufen war und ich somit ins Bett gehen sollte. Als mein Blick am nächsten Morgen den Wecker strich, musste ich panisch feststellen, dass es schon kurz vor acht war. Im selben Moment peinigte mich der Gedanke, dass ich nicht verschlafen hätte, wenn ich keinen Streit mit Andrew gehabt hätte, da dieser mich sicherlich geweckt hätte. Im Eiltempo zog ich mich an und bemerkte erst vor der Tür, dass ich meinen Onyx gestern nach dem Duschen nicht wieder angezogen hatte. Einen kurzen Moment zögerte ich komischerweise, dann beschloss ich, dass es auch ohne in klappen musste und hastete zum nächsten Taxi. Die Arbeit an sich verlief gut, es war zwar nur der Grundkurs, aber mit Geschichte sammelte ich immer meine Punkte auf dem Zeugnis. Während der Pause rief mich Anna überraschenderweise an und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, wieder mit Stacy und ihr um die Häuser zu ziehen. Ich sagte zu, da ich geradezu nach Ablenkung lächzte und mir sicher war, spätestens nach dem dritten Martini nicht mehr einen Gedanken an irgendetwas zu verschwenden. In den letzten beiden Stunden hatte ich Sport gehabt und kam gerade aus der Turnhalle, als ich unsere Mannschaft auf dem Sportplatz ausmachte. Sie trainierten heute ungewöhnlich früh. Es war immernoch heiß draußen. Unbemerkt schlich ich mich durch das Gatter und setzte mich auf einen weniger sichtbaren Platz auf der Tribüne. Ich weiß nicht, ob ich mich selbst quälen wollte, aber ich wollte ihn spielen sehen. Irgendwie vermisste ich es, ihn so zu sehen, wie ich ihn kannte. Er war in den letzten Tagen so anders zu mir gewesen und ich stellte in diesem Moment fest, wie sehr mir das zu schaffen machte. Er war mein einziger, richtiger Freund an der Schule und ich hätte meine Seele verkauft, um ihn zu halten. Ich hatte solche Angst, von ihm verlassen zu werden, dass es mich selbst schockierte. Als ich ihn in seinem-meiner Meinung nach- komischen, engen Outfit laufen sah, konnte ich dennoch verstehen, was die meisten Mädchen an ihm fanden. Seine brauen Haare hüpften auf eine süße Art und Weiße umher, sein Gesicht war fein strukturiert und trotzdem maskulin. Er hatte breite Schultern, die einen beschützen konnten, wenn man Angst hatte. Und doch besaß er auch diese sanften Hände, die zum lieben gemacht schienen und den Eindruck erweckten, nichts zerstören zu können. Ja, ich musste zugeben, dass er wunderschön war. Und in diesem Moment begann ich, ihn mit anderen Augen zu sehen. Nicht nur als den wunderbarsten Freund, den ich je hatte, sondern auch als einen durchaus begehrenswerten, jungen Mann, der mir soeben klargemacht hatte, was er wollte und was er nicht wollte. Ich musste lächeln über diese Erkenntnis. Zwar fühlte ich mich immernoch schlecht, aber ich war so hingerissen von seiner Art, sich zu bewegen, wie er kraftvoll lossprintete um allen anderen davonzujagen, dass ich alles um mich herum vergaß. "Oh, oh kleine M. Zwei Typen auf einmal geht aber nicht", vernahm ich urplötzlich Stace´s Stimme und sah erschrocken neben mich. Ich war nicht imstande etwas zu sagen. "Naja, eigentlich würde ich dir raten, an jedem Finger mindestens 10 Typen zu haben, aber da einer von denen James ist, sage ich dir, dass du das nicht darfst", lächelte sie und ich tat es ebenfalls. "Er ist mein Freund", sagte ich so gefühlvoll, dass sie nicht fragen musste, was für ein Freund. Freund oder Freund Freund. Gebannt sah ich wieder zu Andrew, wie er sich jubelnd auf die Brust klopfte und dann jeweils einen Klopfer von seinen Kollegen bekam. "Wow, ohne James zu nahe treten zu wollen, aber... der ist heiß", grinste Stacy und ehe ich etwas erwidern konnte, pfiff sie ihm anerkennend zu und warf einem der Typen einen so verführerischen Handkuss zu,dass ich mich wunderte warum er kein Nasenbluten bekam. Andrew sah zu uns und sein Lachen erlosch augenblicklich, als er mich ausmachte. Ich wollte laut aufschreien. Ich fühlte mich wie eine Löwin, der die Beute davongelaufen war. Denn von meinem Andrew fehlte wieder jede Spur. "Meinst du, du könntest uns bekanntmachen, M?", Stacy holte mich aus meinen Gedanken und stand bereits auf. "Nur, wenn du auf der Suche nach einer ernsthaften Beziehung, oder noch besser, der wahren Liebe bist", erwiderte ich entschieden und stand auf, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. Sie schnaubte verächtlich. "Okay, kannst du mir jemanden zum Spielen vorstellen?", ich war überrascht von ihrer Ehrlichkeit und grinste verschwöhrerisch "Irgentwelche Kriterien?", fragte ich und ließ meinen Blick bereits über die Truppe gut aussehender Kerle schweifen. "Hm, ein gut gebauter Körper und ein Knackarsch wären nicht schlecht. Aber bitte keinen Vollidioten", betonte sie trocken und ich sah jeden einzelnen Sportler an. "Ah, wie wäre es mit dem?", ich zeigte auf einen dunkelhaarigen, hübschen Typ, der uns augenblicklich keck zuzwinkerte. "Lecker", seufzte Stacy und sah mich mit aufblitzenden Augen an. "Cole Blancford. Starquaterback der Mannschaft und- wie dir sicherlich nicht entfallen ist- ein Bild von einem Mann", informierte ich sie schmunzelnd und zog sie bereits mit mir. "Gekauft", lächelte Stacy und überholte mich. Als ich die beiden bereits nach wenigen Minuten zusammen lachen sah, ging mir das Herz auf- auch wenn ich mir sicher war, dass sie sie sich nicht sonderlich lange mit dem "Kennenlernen" aufhalten würden. Ich fing aus den Augenwinkeln Andrews Blick auf und sah ihn so warm es ging an. Er hatte schon öfters in meine Seele geblickt. Ich hoffte, er würde es wieder. Doch statt meine Gedanken zu erforschen, wandte er sich ab und ging als erster in die Kabine. Niedergeschmettert sah ich ihm hinterher, und bemerkte garnicht wie sich Eugene Watson, seinerseits unglaublich idiotischer, aufgeblasener Vogel, neben mich gesellte. "Ich hab gehört, deine Schwester und du, ihr kommt auch zu unserem Ball", er hatte eine angenehme Stimme, und doch widerte er mich auf eine seltsame Weise an. "Das stimmt", gab ich höflich, jedoch distanziert zurück und verschwendete keinen Blick an ihn. "Hat Kate mal etwas über mich gesagt?", fragte er nun und wurde langsam aufdringlich. Ich brachte einen größeren Abstand zwischen uns. "Nein. Und selbst wenn sie eine Meinung von dir hätte, wüsste ich nichts davon", erwiderte ich und entschuldigte mich, damit ich endlich verschwinden konnte. Er nickte, wenn auch sichtlich beleidigt, und ich lief zu Stacy hinüber. "Okay, dann rufst du mich an", sagte sie unschuldig und sah ihn dennoch so anzüglich an, dass es mir schier die Röte ins Gesicht trieb. Sie verabschiedete sich rasch von ihm und schlenderte dann neben mir her. "Ich wünschte, ich wäre nur halb so eine Verführerin, wie du", gestand ich grinsend und sie sah mich komisch an. "Das könnte ich auch zu dir sagen. Oder wer von uns beiden hat James rumbekommen?", lachte sie offen und ich schnitt ihr eine Grimasse. "Soll ich dich zu Hause absetzen, du willst dich sicher noch umziehen",fragte Stacy und ich nickte dankbar. Vor meinem Haus kam sie mit quietschenden Reifen zu stehen. "Wie oft wechselst du deine Reifen?", fragte ich unvermittelt und hatte ein Grinsen im Gesicht. "Ich muss sie verdammt oft wechseln", grinste sie zurück und ihr Blick sagte mir, dass sie genau wusste, dass das von ihrem unmenschlichen Anfahren und Bremsen herrührte. Lachend stieg ich aus und winkte ihr hinterher, als sie geräuschvoll anfuhr und ziemlich schnell verschwunden war. Ich gab dem Auto höchstens noch 2 Jahre. Gut gelaunt betrat ich unsere Wohnung und machte mich sofort fertig, da wir uns um 8 Uhr treffen wollten. Und da ich noch das Training angeschaut hatte, waren es bereits 6 Uhr. Wir wollten uns am Stix treffen, einer angesagten Sportbar, rein zufällig das Stammlokal unserer Football Mannschaft. Stacy war nicht nur heiß, sondern auch noch unglaublich ausgefuchst. Ich mochte sie. Ich beschloss, mich richtig herauszuputzen. Und wenn ich richtig sage, dann meine ich richtig. Das volle Programm. Ich drehte meine Locken auf, schminkte mich, betonte meine Augen mit Smokey Eyes und zog ein kurzes, schwarzes Cocktailkleid an, zu dem ich hochhackige Pumps anzog. Als ich pünktlich das Haus verließ war ich mehr als zufrieden mit meinem Aussehen und schlug gut gelaunt den Weg zum Six ein. Meine Gedanken kreisten um einige Dinge. Um die Sache mit der Kamera und wie ich es schaffen konnte, dass James mich vorerst nicht in Unterwäsche sah. Um meine neue Sicht auf Andrew und der Frage, ob sie auch meine Gefühlswelt verändern würde. Um einen Ball, für den ich kein Kleid besaß. Um den tiefen Drang in mir, hier links abzubiegen und zum Park zu gehen. Moment. Ich blieb stehen und horchte in mich. Plötzlich prickelte meine Haut und es war, als führte jemand ein breites Tuch um mich und zog daran. Alles was ich war, zog es zum Park. Ich war dort noch nie gewesen. Es war ein kleiner Park, mit einem Spielplatz für Kinder. Vorsichtig streckte ich meine Hand in die Richtung, in die es mich zog und spührte einen mächtigen Schauer, der mich durchflutete und Besitz von mir zu ergreifen suchte. Und urplötzlich fühlte ich eine Rastlosigkeit in mir, eine Unsicherheit und ich fragte mich unsinnigerweise, wo ich war. Diese Gefühle machten mir Angst und zwangen mich, zum Park zu gehen. Schritt für Schritt verlor ich mich und gab irgendwann dem Verlangen nach, überließ mich. Und plötzlich schien es als driftete ich vom Weg ab, alles verschwamm und war unwirklich. Vor mir ging jemand. Ein Mädchen. Ich versuchte näher zu ihr zu kommen, um sie zu fragen, wo ich war. Als ich näher kam, schrie ich auf und brachte doch keinen Ton heraus. Das vor mir war ich. Und ich war... Wer war ich? Unsicherheit angesichts dieser Frage machte sich in mir breit und ich folgte dem Mädchen. Sie wusste sicherlich den Weg. Mitten im Park blieb sie stehen und drehte sich langsam zu mir um. Ich erschrak. Ihre Augen waren seelenlos, kein Schimmer war in ihnen zu erkennen. Plötzlich wurde ich von einer Wucht nach vorne gerissen und krachte frontal in das Mädchen. Und dann war da nichts. Nur Schwarz. Doch ich fühlte mich wieder. Ich hatte Augenlieder. Ich musste sie aufmachen, um zu sehen. Ich war im Park. Wie war ich dort hingekommen ?. Nervös stand ich auf und strich mein Kleid glatt, richtete meine Locken. War es kälter geworden? Ich sah bestürzt auf die Uhr und erkannte, dass ich bereits Verspätung hatte. Mist. Gerade wollte ich losgehen, da weckte ein Zischen unmittelbar neben mir meine Aufmerksamkeit. Ich drehte mich und erschrak. Ein Schreien wollte mir entrinnen, doch ich zwang mich, leise zu sein. Nicht weit von mir lag leblos eine Person- und über ihr gebeugt eine zweite. Ich wusste zwar, dass ich ein ziemlicher Pechvogel sein konnte, aber bitte. Einen Mord zu beobachten, war nicht nur pech. Plötzlich sah die zweite Person zu mir und ich erschrak. Ihre Augen waren pechschwarz und ausdruckslos. Urplötzlich stürzte sie auf mich zu und warf mich zu Boden. Ich schnappte nach Luft, als sie ihren Mund aufmachte und Reihen kleiner, spitzer Zähne entblößte. Dann-endlich- fand ich meine Stimme wieder und schrie gellend laut, versuchte es mit all meiner Kraft wegzudrücken. Doch es bewegte sich keinen Milimeter, seine Fäuste und Krallen gruben sich scheinbar meterweit in meinen Körper. Der Schmerz überkam mich so plötzlich, dass ich nachgab um zu Schreien. Gerade senkte es seinen Mund an meinen Hals, da riss ihn jemand weg, und ich konnte endlich atmen. Krächzend wand ich mich und versuchte aufzustehen, doch jemand hielt mich sanft am Boden. Obwohl mein Blick langsam verschwand, erkannte ich ihre blonden, glatten Haare. "Anna, hilf mir gefälligst. Verdammt, warum kann James nicht allein verreisen?", fluchte Stacy weiter weg von uns und schoss das Wesen mit einigen Kugeln nieder. Meine Gefühle streckten mich mit solch einer Wucht nieder, dass es sich anfühlte, als bohrte ich mich in den Boden und ich begann zu weinen. Ich fühlte die Löcher, die Stacy´s Kugeln im Körper des Wesen hinterlassen hatten und schrie ob der stechenden Schmerzen. "Du weißt ganz genau, dass er Damien dafür braucht, Stace", rief Anna ruhig zurück, streute weißen Sand um meinen Körper und lief zu Stacy. Diese stand vor dem leblosen Körper und trat einen Stein weg. "Beeil dich, er wacht gleich wieder auf. Ich hab´ die falschen Kugeln benutzt", rief Stacy genervt und schien über ihr schmutziges Kleid zu fluchen. Auch sie hatte sich scheinbar aufgebrezelt. Mein Kopf pochte furchtbar, doch ich weigerte mich, meine Augen zu schließen. Ich konnte nur verschwommen sehen, wie Anna weiße Kristalle aus ihrer Tasche kramte und sie um den Körper des Wesens plazierte. Gerade rechtzeitig. Denn sofort sprang es auf und warf sich gegen eine elektrische Barriere, die es sofort zurückwarf. Knurrend wand es sich am Boden und ich fühlte seine Wut. Diese unkontrollierte Wut, die sein Antrieb war, die ihn am Leben hielt. Dann plötzlich wurde ich taub und konnte nur noch halb meine Augen offen halten. Ich erkannte am Gesicht des Wesens, dass eine der beiden mit ihm redete und sah, wie es verhasst den Kopf schüttelte und dann, ehe ich etwas realisieren konnte, schlossen sich meine Augen und ich gab nach. Ließ mich fallen. Kapitel 14: Whispering darkness. -------------------------------- Zuerst war es nur eine Ahnung. Ein Piepsen. Unwirklich, und doch wusste ich instinktiv, dass ich mich nicht täuschte. Ich wurde mir meines Körpers bewusst und zuckte leicht mit den Zehen. Meine Gesichtsmuskel zuckten, als ich den Schmerz spührte. Schwach. Nur die Idee eines Pochens in meinem Kopf, mein Körper fühlte sich steif und gerädert an. Ich traute mich nicht, die Augen zu öffnen, aus Angst tot zu sein. Als ich roch, breiteten sich Freude und Angst zugleich in mir aus. Es roch nach Krankenhaus. Steril und ein wenig süßlich. Das musste bedeuten, dass ich lebte. Langsam öffnete ich meine Augen und wurde sogleich von den Sonnenstrahlen geblendet. Dem Stand der Sonne nach, schätzte ich, dass es ungefähr kurz nach Mittag war. Auch mein Bauch, der lautstark nach Essen verlangte, ließ mich darauf schließen. Ich sah mich um. Mein Bett war das Einzige in diesem Raum, der privatpatientenmäßig eingerichtet war. Ich seufzte. Gut. Das hieß, meine Eltern wussten Bescheid. Aber Moment. Was war gestern gewesen? Warum lag ich hier? Ich schlug die Decke weg, wobei meine Arme, heftig schmerzten, und sah an mir herunter. Mir blieb die Luft weg. Mein Körper war übersäät von blauen Flecken, gelben Flecken, und Schürfwunden. Mein Puls beschleunigte sich. Was zum Teufel war gestern mit mir passiert? Der Monitor neben mir begann immer schneller zu piepsen, was mich nur noch mehr puschte. Ich kriegte kaum Luft, hyperventilierte. Plötzlich rauschte eine Krankenschwester in mein Zimmer, dicht gefolgt von Stacy, die sofort neben mir war, meine Hand fasste und gebannt auf die Spritze starrte, die mir geradezu in den Arm gejagt wurde. Sofort danach stülpte mir die grimmig dreinschauende Frau eine Tüte über den Mund und wollte mich so zwingen, meine Atmung zu regullieren. Wütend schlug ich ihren Arm weg und begann reflexartig zu schreien. Ich wollte, dass irgendwer kam. Mum, Dad, ja sogar Abby. Nur nicht diese dämliche Krankenschwester, die mir ununterlässlich die Tüte auf den Mund stülpte. Gerade wollte ich sie wieder wegschlagen, da umfasste jemand mit einem geradezu eisigen Griff mein Handgelenk. Ich drehte ruckartig meinen Kopf. Stacy. Sie sah mir bestimmend und tief in die Augen und ich starrte zurück, mein Blick sagte ihr deutlich, dass die Hand einer jungen Frau unmöglich so feste zudrücken konnte. Ihr Griff glich einem zu fest angelegten Druckverband, der mir meine Venen schmerzhaft abdrückte. Gezwungenermaßen entspannte ich meine Hand und atmete stoßartig aus, als ihr Griff sich lockerte. Nun war er immernoch fest, doch er war angemessen für eine junge Frau. Ich sah sie noch immer an, mein Blick war ein stummes Versprechen, dass ich das nicht vergessen würde, dass sie mir einiges erklären musste. Sie sah nun weg und räusperte sich. "Wie konnte das passieren ?", fragte sie ein wenig atemlos, so als hatte sie sich gesorgt. Das nahm ich ihr jedoch nicht ab. "Ich schätze, sie steht unter Schock. Besser, wir lassen sie jetzt in Ruhe. Sie dürfte sowieso gleich wegdriften", murmelte die schwarzhaarige Frau und verließ das Zimmer, als Stacy sich hinsetzte, wie um zu verdeutlichen, dass sie noch bleiben würde. Kaum hatte sie das Zimmer verlassen, fiel alle Anspannung von Stacy ab, und ich begriff, dass ihre Sorge tatsächlich nicht echt gewesen war. Sie überschlug ihre Beine und sah mich geradezu unbekümmert an. "Du hast uns allen nen´ echten Schrecken eingejagt, kleine M", ein Lächeln schlich über ihre feinen Gesichtszüge und kam doch nicht bei ihren Augen an. "Was ist passiert?", fragte ich und meine Stimme hörte sich seltsam an. Nicht wie meine Stimme. Sie klang gebrochen und ängstlich. " Ich hab dich gefunden, als ich auf dem Weg zum Stix war. Du lagst reglos in einer Seitenstraße, die ich als Abkürzung benutzen wollte", nun wurden ihre Gesichtszüge wieder bekümmert und ich fragte mich, ob das echt war, oder auch nur geschauspielert. "Ich dachte erst, du wärst tot. Aber du hattest noch Puls, warst nur ohnmächtig. Ich hab sofort den Notarzt gerufen und dann kamst du hierher", sie sagte das mit sehr viel Gefühl und sah mir die ganze Zeit in die Augen. "Und was ist passiert?", fragte ich erneut und forschte in ihren unschuldigen Rehaugen. "Die Polizei glaubt, du wurdest überfallen. Dein Geldbeutel ist weg und du wurdest nicht...", sie brach ab, lächelte sanft und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. "Ich wurde was nicht ?", hakte ich nach. Ich konnte momentan keine Rätsel oder halbe Informationen ertragen. "Vergewaltigt. Du wurdest nicht vergewaltigt", sprach sie es aus und mir wurde ganz schlecht. Daran hatte ich garnicht gedacht. Nach und nach verflog mein Hungergefühl. Es wich blankem Ekel. Dann, plötzlich, erhellte ein Blitz meinen Kopf. "Ich weiß noch, dass ich zum Park gegangen bin. Ja, ich war im Park", als ich es laut sagte, hörte es sich wahr an. Ich wusste, dass ich da gewesen war. "Nein, das kann nicht sein. Du warst nichtmal in der Nähe von irgendeinem Park. Die Ärzte sagen du hast ein Schädeltrauma und stehst unter Schock, daher..." "Nein!", rief ich ihr dazwischen und meine Stimme zitterte wie die einer Wahnsinnigen," Nein, Stacy. Ich war im Park. Ich war da. Ich weiß es!", sagte ich nachdrücklich und bemerkte, wie mich der Schlaf heimsuchte. Stacy sah mich an und ich sah lauter Fragen in ihren Augen, ihr gingen unwahrscheinlich viele Gedanken durch den Kopf. Kurz darauf hatte sie sich jedoch wieder gefasst und sah mich tadelnd an. "Schlaf jetzt. Du bist ja ganz durcheinander. Ich weiß, du glaubst zu wissen, was passiert ist", sie lächelte mich von oben herab an, ich fühlte mich klein und hilflos unter ihr," aber dein Gedächtnis spielt dir einen Streich. Keine Sorge, du wirst bestimmt bald einsehen, dass ich Recht hab", sie strich mir über die Hand und verließ das Zimmer. Noch als ich ihr zusah, wie sie rausging, fielen meine Augen zu und ich wurde hinabgezogen. Dunkelheit umschmeichelte mich und rief mich zu sich, warf mich in einen ruhelosen Traum, der meine Gedanken nur noch mehr verwirbelte. Als ich wieder aufwachte, saß meine Mutter neben mir. Mein Vater stand am Fenster und starrte in die Ferne. "Spencer, sie ist wach", lächelte meine Mutter und drückte mir sogleich einen Kuss auf die Stirn. Ich kam nicht drumrum, mich zu wundern, denn das hatte sie schon lange nicht mehr getan. "Wie fühlst du dich ?", mein Vater stand neben mir, unsere Hände berührten einander beinahe, doch er ergriff sie nicht. Wie immer. "Gut, denke ich. Aber meine Erinnerungen sind verschwommen", ich brachte ein Lächeln zustande und lauschte dem Knurren meines Bauches. "Du musst ganz hungrig sein", meine Mutter drückte übertrieben oft auf den Schalter an meinem Bett, der eine Krankenschwester herbeiklingelte. "Wo ist Kate ?", mein Magen zog sich zusammen, denn eigentlich konnte ich mir denken, warum sie nicht mitgekommen war. Trotzdem wollte ich es nicht wahrhaben. " Sie lernt für die Schule. Scheinbar schreibt sie morgen einen Test", meine Mutter war eine ebenso schlechte Lügnerin wie ich, und doch sagte ich nichts; ich wollte die Lüge glauben. Wenige Augenblicke später kam eine Krankenschwester mit einem Essenswagen hereingeplatzt und bot mir eine Vielfalt kulinarischer Variationen an. Jetzt war ich mir sicher: Ich war hundertprozentig Privatpatientin. "Danke, lassen Sie ruhig alles hier stehen, ich hab richtig viel Hunger", lächelte ich und schnappte mir sogleich das erste Tablett. Einen Krabbensalat an Limettensaft. Ich seufzte. Der würde mich sicherlich über Kate´s Abwesenheit hinwegtrösten. Kurz darauf machten sich meine Eltern auch davon. Irgendwie erleichterte es mich. Man hatte ihrem Besuch zu sehr angemerkt, dass sie zu tun hatten und dass ihnen mein ungeplanter Aufenthalt hier nicht in den Zeitplan passte. Ich aß für drei Tage- mindestens. Nach dem Krabbensalat hatte ich die Kürbissuppe, das Cordon Bleu, die Creme Brulee und zum Schluss die in Schokosoße getunkten Erdbeeren verschlungen. Bei letzterem war Anna dann hereingekommen. Ich freute mich so sehr, sie zu sehen, dass mir eine Erdbeere quer stecken blieb. "Trink etwas", lächelte Anna und ich erkannte-während ich trank- defintiv echte Besorgnis und Bekümmerung in ihren azurblauen Augen. "Wie fühlst du dich?", sie setzte sich neben mich und knöpfte ihren Trenchcoat auf, unter dem sie ein braunes Kleid trug. "Ganz ehrlich?", sie nickte," ziemlich beschissen", gestand ich und schob die Erdbeeren von mir weg. Vielleicht lags´ auch an denen. "Du siehst schlimm aus", sagte sie mit einem Blick auf meine Arme, die geradezu blau waren. "Danke", sagte ich trocken und begegnete ihrem schmerzlichen Blick. "Nein, nicht so. Ich meine schlimm, weil du so viele Wunden hast. Das macht mich traurig", ihre Stimme war so ehrlich, dass ich ihr ab diesem Moment vollends vertraute. Ich wusste irgendwie, dass ich das ruhig konnte. Dass sie mir glauben würde. "Stacy hat gesagt, sie hat mich in einer Gasse gefunden. Aber ich weiß, dass ich im Park war", ich sah ihr tief in die Augen und bemerkte die Regung in ihrem Gesicht. Eine Frage, die ihr durch den Kopf geisterte, wie Stacy zuvor. "Was weißt du?", hakte ich nach," Stacy und du, ihr verschweigt mir etwas und ich will es wissen. Ich muss es wissen", bekräftigte ich und griff nach ihrer Hand. Sie sah mich nicht an. Und ich wusste, dass ich Recht hatte. Nach einer Weile hob sie den Blick und sah mich liebevoll an. "James kommt morgen extra wegen dir zurück", ehe ich etwas sagen konnte, redete sie weiter," Stacy hat ihm gesagt, was passiert ist und er kommt morgen", sagte sie bestimmt und etwas in ihrer Stimme hielt mich davon ab, weiter nachzufragen. Ich nickte stumm und brachte ein Lächeln zustande. "Anna, ich denke, ich will noch etwas schlafen. Ich fühle mich..." "Natürlich, ich denke, es wird dir helfen, wieder gesund zu werden. Und dann erinnerst du dich auch sicher", sie lächelte mir zu, klopfte noch zweimal sanft auf meine Hand und verließ den Raum. Viele Gedanken wirbelten durch meinen Kopf. Warum wollte, oder vielmehr konnte Anna mir nicht sagen, was passiert war? Stacy und sie verschwiegen mir etwas, aber warum? War es zu schlimm? War es vielleicht besser, Gras darüber wachsen zu lassen? All diese Fragen machten mich schläfrig und ich schloss die Augen, um in einen unruhigen Schlaf hinabzusacken. Mein Körper verformte sich, wurde leicht, bis er eins wurde mit der Schwärze der Nacht. Erhaben flog ich über die Dächer, lachte lauthals und ließ mir den Wind durch die Haare wehen. Weit unter mir sah ich ein Mädchen durch die Straßen laufen. Sie sah mir sehr ähnlich. Kastanienbraune Locken hüpften beim Gehen. Aber sie sah komisch aus. Unwirklich. Unbelebt. Sie ging komisch. Es fiel mir kinderleicht, ihr zu folgen. Sie ging in einen Park. Mein Blut gefror in den Adern, als ich sah, wie sie plötzlich umfiel. Wie von Geisterhand. Schnell versuchte ich, näher heran zu fliegen, doch etwas hielt mich zurück. Wie sanfte Hände, die meinen Körper umschmeichelten und mich zurückzogen. Zu meiner Erleichterung erhob sich das Mädchen wieder, schien nun aber verwirrt und orientierungslos. Plötzlich erregte ein Zucken neben ihr meine Aufmerksamkeit. Nicht weit weg von ihr kauerten zwei Gestalten. Die eine schien bereits tot zu sein. Die andere jedoch sah nun zu dem Mädchen hinüber und knurrte es bedrohlich an. Ehe ich etwas unternehmen konnte, griff es sie an und schmiss es zu Boden. Ich wollte schreien, wollte hinunterfliegen und ihr helfen, doch die Nacht umwaberte mich und machte es mir unmöglich näher ran zu fliegen. Plötzlich tackelte eine brünette, junge Frau den Kerl mit unmenschlicher Kraft meterweit weg. Ich erkannte sie. Es war Stacy. Oder? Plötzlich war ich mir unsicher, ob ich sie kannte. Aber Stacy war der erste Impuls gewesen, den ich bekommen hatte. Hinter ihr ging ein blondes Mädchen, Anna. Wieder war ich überrascht, dass ich den Namen wusste. Langsam ließen die Schlingen von mir ab und ich trieb langsam tiefer. Nun konnte ich genau hören, wer sprach. "Bleib liegen", hörte ich Anna zu dem Mädchen sagen und ich wollte noch näher heran. Wollte sehen, wer das bemitleidenswerte Geschöpf war, dass wohl sterben würde. "Anna, hilf mir gefälligst. Verdammt, warum kann James nicht alleine verreisen?!", hörte ich plötzlich Stacy verärgert ausrufen, und ich verharrte in der Luft. James. James. James. Ich kannte ihn. Ich- doch plötzlich hörte ich Schüsse aus einer Waffe, die Stacy in der Hand hielt. Ohne mit der Wimper zu zucken, streckte sie den Kerl nieder. "Du weißt ganz genau, dass er Damien dafür braucht", erwiderte Anna wesentlich ruhiger und trat neben Stacy. Wer war Damien? Der Name sagte mir nichts, also beschloss ich, endlich tiefer zu fliegen. Leicht landete ich neben dem Mädchen und betrachtete sie. Und plötzlich, während ich sie musterte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Irritiert sah ich zu Stacy und Anna. Ja. Ja. Dann fiel mir alles wieder ein. Ich wollte zum Stix, als ich plötzlich die Energien spührte und zum Park ging. Ich hatte Recht, ich wusste es. Plötzlich wurde ich immer unruhiger, etwas zog mich wieder hinauf in die dunkle Nacht und ließ mich mit ihr verschmelzen, ich wollte mich wehren, doch zwei Hände umgriffen fest meine Handgelenke und zogen mich weg. "Melina, Melina wach auf! Wach auf, es ist nur ein Traum! Du träumst, wach auf!", hörte ich plötzlich eine aufgebrachte Frauenstimme und riss die Augen auf. Stacy hing über mir gebeugt und ließ meine Handgelenke los. Sofort richtete ich mich auf, ehe die Schmerzen mich geradezu erdolchten und niederfahren ließen. "Du hast gelogen, du hast mich mit allem angelogen, Stacy !", schrie ich aufgebracht und wand mich unter ihr, doch sie fixierte mich mühelos. Ihre Augen sahen fest auf mich hinab. "Wovon zum Teufel redest du überhaupt ?!", ihre Stimme war eiskalt, ohne jede Liebe oder Mitleid. "Das weißt du ganz genau!", schrie ich und riss mich los," ich weiß wieder alles. Ich hab Anna und dich im Park gesehen, und den Typ und", meine Stimme erstickte, als Stacy erneut meine Handgelenke quetschte. "Einen Scheiss weißt du! Du hast überhaupt keine Ahnung! Überhaupt nicht, du", plötzlich riss sie jemand von mir herunter und schubste sie gegen die Wand. Augenblicklich wich der harte Blick aus ihrem Gesicht und... sie sah beschähmt aus. "Was ist hier los ?", James Stimme schnitt eiskalt durch den Raum, sein Blick ruhte kühl auf Stacy. Unter seinem Blick wurde Stace wieder zu dem kleinen Mädchen, dass sie einmal gewesen war "James, ich", stotterte sie, ihr Blick huschte anklagend zu mir, dann schwang sie sich von der Wand und verließ wortlos das Zimmer. Ich sah ihr mitleidig hinterher. James Wut musste ihr sehr weh tun. "Ist alles okay bei dir ?", seine Stimme schlug schlagartig um, als er mich mit einem liebevollen Blick bedachte und neben mich trat. Sein Blick streifte meine Handgelenke und verdunkelte sich. " Mir gehts gut, ich" "War sie das?", er schien sich zu bemühen, ruhig zu bleiben und ich lächelte "Oh, das? Nein, dass hab ich von dem Typ". Ich wusste, wie schlecht ich log. Und ich sah in seinem Gesicht, dass er sich stark beherrschen musste. "Ich kläre das mit ihr", sagte er ruhig und ich hätte mich dennoch nicht mit ihm anlegen wollen. Wir schwiegen eine Weile. Er saß bloß neben mir und schien sich Gedanken zu machen. "Was ist los? Gehts dir gut?", ich legte meine Hand auf seine und suchte seinen Blick, der ins Leere ging. Er lachte leise auf, doch es war nicht das unbeschwerte Lachen, dass beinahe an Ignoranz grenzte, sondern vielmehr ein freudloses Lachen. "Du liegst hier, übersäät mit Wunden und fragst mich, wie ich mich fühle?", er sah übermüdet aus, hatte - wenn ich ihn länger besah- nicht viel mit dem James, den ich sonst kannte, gemein. "Irgendetwas bedrückt dich aber", hakte ich ernst nach und ließ sein falsches Lachen so verstummen. "Stimmt, da gibt es etwas. Ich muss dir eine Frage stellen. Sie ist im grundenommen ganz einfach", ich sah ihn abwartend an und folgte seinem Blick, als er sich näher zu mir lehnte." Du wolltest vor kurzem noch nichts mit mir zu tun haben. Jetzt war ich eine Woche weg und habe mich gefragt, ob sich das geändert hat. Ich habe dir schon gesagt, dass ich etwas für dich empfinde. Und so langsam wüsste ich gerne, was du für mich empfindest", ich hörte heraus, wie bedächtig er seine Worte gewählt hatte und sah ihn genau an. Die markanten Gesichtszüge. Seine klaren, ein wenig böse dreinschauenden Augen. Als wir uns das erste Mal sahen, hatte ich gesagt, dass diese Augen schwarz waren. Als ich sie jetzt genau musterte, waren sie dunkelbraun. Die Wärme in ihnen war unverkennbar. Das Feuer. Ich stütze mich schwerfällig auf, unsere Gesichter trennten Milimeter. Worte. "Ich hab´dich vermisst, ja. Und ich...", doch weitersprechen konnte ich nicht, da er sich vorgebeugt hatte und seine Lippen sanft auf meine legte. Ich sog scharf die Luft ein, legte meinen Kopf auf dem Kissen ab und zog James näher an mich. Scheinbar ohne jede Anstrengung stützte er sich ab, um mich nicht zu berühren. Er drückte seine Lippen sanft auf die meinen, beinahe so, als könnte ich zerbrechen. Angst vor dem Verlust lag in seinem Kuss, aber auch Erleichterung. Ich verlor jedes Zeitgefühl, vergaß meine Schmerzen und legte all meine Empfindungen in diese erste Berührung. Plötzlich piepste sein Handy, er löste sich ruckartig von mir und schwang sich, ohne mich zu streifen, vom Bett. Das Gepräch war kurz, ebenso wie seine Antworten. Als er mich wieder ansah, wurde die Wärme seines Blickes von dem Feuer überdeckt, sein ganzer Körper war angespannt vor Zurückhaltung. Mir wurde wieder klar, wie sehr er mich faszinierte - und misstrauisch machte. "Der Job", lächelte er, doch das Lächeln reichte nicht bis zu seinen Augen. "Geh nur", sagte ich und war mir sicher, dass er mein Kolibriherz hören konnte. Er lehnte sich nochmal über mich und sah mich intensiv an. "Also willst du mich wiedersehen?", seine Lippen kamen den meinen wieder bedrohlich nahe und es quälte mich, dass er eine Antwort verlangte, statt mich einfach ein letztes Mal zu küssen. "Ja, das will ich", flüsterte ich und wollte ihn erneut zu mir herunterziehen, als er sich sanft, jedoch bestimmt, losmachte. "Tut mir leid, ich muss wirklich los", er küsste mich auf die Stirn und rauschte aus dem Zimmer. Ich hielt die Luft an, umgab mich mit Stille. Ich wollte mir Vorwürfe machen, weil er mich so leicht wieder um den Finger gewickelt hatte, doch ich ließ es sein. Morgen war auch noch ein Tag, um zu bereuen. Fürs erste, würde ich mit seinem Kuss auf den Lippen einschlafen. Ich stand in einem Raum. Es gab eine Tür, die Wände waren weiß. Unbehaglich weiß. Plötzlich hörte ich ein Flüstern. Sanft. Es beruhigte mich und leitete mich zu der Tür. Ich atmete tief durch, dann stieß ich sie auf. Nebel umwirbelte mich und verwischte den Raum, den Türbogen. Wie ein Geist umspielte er mich, ehe er sich legte und ich an dem Ort des Geschehens war. Der Park. Es machte mir Angst, am Boden zu sein, da ich wusste, was passieren würde. Kaum hatte ich den Gedanken gedacht, hob ich sanft ab. Ruhe durchflutete mich und die Stimme sprach mir Mut zu und machte mir klar, dass es wichtig war, dass ich wusste, was geschehen war. Ich nickte und suchte den Park nach mir ab. Ich fand mich in der Nähe von Bäumen stehend. Neben mir kauerte dieses furchtbare Kreatur, die sogleich auf mich zustürzte. Anna und Stacy kamen beinahe unmittelbar danach. Ich schwebte näher heran, sah die Gestalt in ihrem Käfig aus Licht. Unerklärliches Mitleid ereilte mich und ließ mich am Boden, direkt neben dem Käfig, landen. "Verdammt ich hab die falschen Kugeln dabei", hörte ich Stacy neben mir ausrufen, genervt trat sie einen Stein weg. Anna gesellte sich neben uns. "Schon wieder ein Seelenfresser. Das ist schon der zweite diese Woche", ihre Stimme war beinahe monoton. Ohne jene Wärme, die sie sonst erfüllte. Stacy fluchte weiterhin neben uns, klopfte sich den Schmutz vom teuren Cocktailkleid. "Wer bist du ?", Anna starrte geradzu ungerührt auf das Wesen hinab, eine helle Aura umgab sie, auch wenn ihr Gesicht düster war. Das Wesen schwieg. Azariel. Der Name schoss mir wie ein Blitz durch den Kopf. Das war sein Name. Azariel. " Wer schickt dich, Seelenfresser ?", ich hatte nie so viel Verachtung in ihrer Stimme gehört und es verschreckte mich, dass sie überhaupt so sprechen konnte. Wieder schwieg das Wesen, fauchte sie nur wild an. "Dann besiegelst du dein Schicksal", sagte sie entschieden und streckte einen Arm voraus. Ich sah fasziniert zu, wie sie anmutig ihre Hand austreckte und dabei alls Finger, bis auf den Zeige,- und Mittelfinger anwinkelte. Ihr Blick wurde schärfer, bis ich sah, wie sich das Wesen auf den Boden warf und versuchte, nach Luft zu schnappen. Irgendetwas in mir schien dann zu erwachen. "Nein!", schrie ich, "Nein, Anna, nicht! Er heißt Azariel! Azariel!", Dunkelheit umschlang mich sengend heiß und das letzte was ich sah, war, wie Licht aus Augen und Mund des Wesens schossen, ehe es leblos umfiel und liegen blieb. Ich schrie noch während ich aufwachte und sah schweißgebadet an mir herunter. "Es tut mir leid", ich erschrak und sah neben mich. Anna kauerte unbehaglich auf ihrem Stuhl und ich war überrascht, wie anders sie nun wieder aussah. "Du hast ihn getötet", hauchte ich angsterfüllt und das Mitleid, dass ich gegenüber diesem Wesem empfand, schnürrte mir die Kehle zu. "Ich weiß, dass du empfindsam bist", sagte Anna sanft und ergriff meine Hand. "Ich weiß, dass du ihren Schmerz fühlst. Hätte ich es gewusst, als ich ihn tötete, hätte ich das niemals getan. Das musst du mir glauben", ihre Hand drückte meine, doch ich war viel zu betäubt von all dem neuen Wissen, als das ich hätte antworten können. " Ich verstehe das alles nicht", war das einzige, was ich geradezu panisch immer wieder wiederholte. "Ich weiß. Aber du wirst es verstehen. Ich habe mich James widersetzt, indem ich dir diesen Traum sandte. Er will dich da raushalten. Aber ich will, dass du weißt, worauf du dich einlässt. Sowohl bei ihm, als auch bei uns", ihre Stimme war leise. Ängstlich. Beinahe dieselbe Verlustangst wie bei James gestern. "Ich verzeihe dir", die Worte kamen selbstverständlich über meine Lippen. Ich mochte Anna und wollte sie nicht verlieren. Sie half mir, ruhig zu bleiben, während wir so dasaßen und still vor uns hindachten. Ich glaubte, dass diese Ruhe sie umgab. Wie eine Aura, die auf jeden, der Zeit mir ihr verbrachte, übergriff "Sag das nicht. Noch nicht. Nicht, bevor wir mit dir geredet haben", sie stand auf und in ihrem Blick lagen Selbstvorwürfe und Zweifel. Es tat mir weh, sie so zu sehen. "Ich werde dir verzeihen", sagte ich, als sie beinahe die Tür raus war. Sie drehte sich nochmals um, ein trauriges Lächeln umspielte ihre Lippen. Dann ging sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)