Die Sterne über Dalaran von Kyrethil (World of Warcraft-Fanfiction) ================================================================================ Kapitel 17: 4. Finderlohn ------------------------- Finderlohn Imenia sass nahe des Feuers in der Gaststube des Gasthauses in der Feste Wintergarde. Ihre Hände schlossen sich etwas enger um die Tasse, die ihr die freundliche Gastwirtin gegeben hatte. Sie war gefüllt mit einem heissen Getränk, dass sie nicht identifizieren konnte. Süss schmeckte es, und gleichzeitig stark. Es schien alle Sinne zu beleben, und sie von innen heraus zu wärmen. Sie hatten noch mindestens eine, wenn nicht sogar zwei Stunden damit verbracht, nach dem Griff, dem Spion oder – was noch viel schlimmer war – Ylaria zu suchen. Doch sie hatten nichts gefunden.Weder hatten sie sie lebendig angetroffen, noch ihre Leiche. Nur vereinzelte Blutspuren, von denen sie nicht genau bestimmen konnten, ob sie zu der Elfe gehörten oder zum toten Greifen. Der Schnee war zu aufgewühlt gewesen, um Spuren zu erkennen. Und dann mussten sie die Suche abbrechen. Gerade noch rechtzeitig hatten sie die Feste Wintergarde erreicht, bevor ein von den nördlichen Bergen ausgehender Sturm über sie hinweggefegt war. Sie seufzte. Müdigkeit, so schwer wie ein Brocken Mithrilerz, hatte sich über sie gelegt. Immer wieder musste sie dagegen ankämpfen, die Tasse wegzuschieben, den Kopf in die Arme zu legen, und einfach hier am Tisch einzuschlafen. Doch es war ihr nicht erlaubt, das hatte Tyballin klar gemacht. Sie rieb sich die Augen, als er sich sich zu ihr setzte, ihr gegenüber. „Connell ist versorgt, und alle sind zu Bett“, sagte er und deutete der Gastwirtin, sie solle sich entfernen. Die Feste Wintergarde hatte sowieso selten Besucher, und die waren um die späte Uhrzeit längst im Bett. Die Gastwirtin war auch froh, zu Bett gehen zu können, das sah man ihr an. Imenia blickte in die Tasse, und nahm noch einen Schluck des heissen Gebräus. „Gut“, murmelte sie und hob den Blick nicht. „Sieh mich an, wenn ich mit dir spreche“, kam es postwendend in eisigem Tonfall zurück. Imenia zuckte etwas zusammen. Sein Blick durchbohrte sie. Sie erwartete Wut zu sehen, aber eigentlich wirkte er nur enttäuscht. „Und nun erkläre mir, was geschehen ist. Ausführlich.“ Imenia seufzte. So schnell würde sie wohl nicht zu Schlaf kommen. „Wir bekamen deine Nachricht gestern Abend.“, fing sie an zu erzählen. „Lorethiel erreichte uns direkt nachdem ich und Silbersang von der Audienz bei den Drachen zurückgekommen sind.“ Tyballin nickte. „Fahr fort“. „Leireth war bei mir. Dämmerpfeil hat den Fehler gemacht, sie auch für vertrauenswürdig zu halten, und so erfuhr sie, dass er ein Spion war. Wir konnten nicht mehr überlegen, was wir tun sollten, denn sie hat ihn angegriffen.“ „Sie hat.. Was?“ „Gegen die Wand geschleudert. Wir konnten sie nur noch mit Mühe davon abhalten, noch weiteren Unsinn zu machen. Hammerschmied hat sie dann betäubt. Das war's dann mit der Heimlichkeit.“ Tyballin seufzte. „Ich entschloss mich für eine vorwärts gerichtete Taktik und liess sein Gepäck durchsuchen. Er hatte das Buch dabei, welches uns die Drachen nicht entleihen konnten, weil ein Sonnenhäscher schon dagewesen sei. Bereits bei der Nachricht war mir klargeworden, dass wir womöglich beobachtet wurden. Ich fand auch einen Kommunikator.“ „Das kann ich mir vorstellen.. Wo hattest du eigentlich deinen eigenen? Ich konnte dich nicht erreichen.“ Imenia trank noch einen Schluck. „Ich weiss es nicht. Ich habe ihn eingepackt, aber ich nehme an, der Spion hat ihn entfernt oder zerstört.“ „Gut möglich. Fahr bitte fort.“ „Als ich den Kommunikator benutzte, zeigte er mir ein zu festes Bild. Es war eine Täuschung. Ich zwang ihn also letzte Nacht, seine Hände darauf zu legen, und hatte auch tatsächlich Kontakt mit seinem Auftraggeber.“ Tyballin verengte die Augen. „Sag mir, wer es war!“, verlangte er. „Es war Magister Hathorel. Ich habe ihn sofort erkannt.“ Tyballin sprang auf und ballte eine Faust. „Der Bastard, ich hätte wissen müssen, dass..“ Imenia unterbrach ihm. „Ich habe ihm gedroht, und gesagt, wir würden den Spion töten, wenn er uns nicht in Ruhe nach Dalaran zurück kehren liesse. Aber dann wurde die Verbindung unterbrochen, denn der Spion biss Dämmerpfeil, und die Verbindung brach ab.“ „Ihr müsst mir nicht jedes Detail verraten“, schnaubte Tyballin. „Kommt zum Punkt.“ „Der Punkt?.. Nun.. ich entschied, dass wir am nächsten Tage aufbrechen würden.“ Imenia überlegte hin und her, ob sie Leireths erneuten Angriff oder zumindest den Versuch auch erwähnen sollte und entschied sich schliesslich dagegen. „Am nächsten Tag brachen wir auf und.. wie du gesehen hast, hatten wir einen unerfreulichen Zusammenstoss und dann.. den Rest weisst du.“ Tyballin setzte sich wieder und blickte sie an, verschränkte die Arme. „Ich wollte.. den Spion nicht im Tempel lassen, ich wusste nicht, ob er dort sicher verwahrt würde. Ausserdem dachte ich, er wäre möglicherweise ein Druckmittel, wenn Hathorel sich dazu entschliessen würde, uns 'entgegenzukommen' und ihr uns verpassen würdet.“ Imenia nahm den letzten Schluck, beliess die Hände aber immer noch um die Tasse. „Das war keine gute Idee“, schlussfolgerte sie. „Die Expedition verläuft gar nicht so, wie ich es wollte, aber das war eine bessere Idee als ihn dazu lassen, das muss ich zugeben. Aber..“ Tyballin erhob sich wieder etwas und stützte die Hände auf den Tisch, beugte sich leicht zu ihr herunter und starrte sie an. „Was bei den dreckigen Kanälen Sturmwinds hast du dir gedacht, dass du den Schwertgriff weggegeben hast?“ Er hatte sich so schnell in Rage geredet, dass ein kleiner Spuckefleck auf ihrer Wange landete. Sie schnaubte, und erhob sich, stützte die Hände ebenfalls auf den Tisch. Er fuhr fort, sie auszuschimpfen.„ Es war deine Aufgabe, und du hättest ihn nehmen müssen. Wie konntest du dieses wertvolle Relikt in Lorethiels Hände geben? Es hätte in deine Hände gehört und..“ „Hör auf, mir Dinge zu erzählen, die ich schon weiss, Arkanist Melodir Tyballin“, fuhr sie dazwischen. „Was denkst du denn, was passiert wäre, wenn ich den Griff verwahrt hätte? Die Sonnenhäscher hätten ihn sofort gefunden, wenn wir tatsächlich auf sie gestossen wären. Dämmerpfeil hatte den Auftrag, bei Feindkontakt sofort auszuscheren und zu fliehen. Sie hätten ihn ziemlich sicher nicht verfolgt!“ Tyballin starrte sie an, und sie starrte zurück, wich seinem Blick nicht aus. „Und es hätte auch funktioniert“, fuhr sie fort, „wenn uns dieser Wyrm nicht dazwischen gekommen wäre. Das weisst du genau.“ Tyballin entfuhr ein „Hmpff“, und er hob die Hände vom Tisch und setzte sich wieder, etwas seitlich von ihr abgewandt. Imenia setzte sich wieder und unterdrückte ein Lächeln. Dieses Argument war auf ihrer Seite, aber sie wollte sich nicht so siegessicher fühlen. „Warum hast du den Spion und Silbersang soweit hinten fliegen lassen?“, fuhr Tyballin sie schliesslich an, im beleidigten Tonfall des Verlierers einer Diskussion. Ylaria hob die Hände leicht abwehrend. „Ich weiss es nicht. Als ich zurück geschaut hatte, sah es so aus, als würde sie direkt bei Dämmerpfeil fliegen. Aber das ist keine Entschuldigung. Das war mein Fehler. Ich hätte die Gruppe zusammenhalten sollen.“ „Ja, das hättest du tun müssen“, giftete Tyballin, aber er klang schon nicht mehr so verärgert. „Du weisst so gut wie ich, dass dies Konsequenzen nach sich zieht.“ Imenia nickte nur. „Das ist mir klar“, sagte sie leise. Es war ihr auch egal. Jede Strafe war ihr Recht – sie selbst fühlte sich als Versagerin. Sie konnte nur hoffen, dass Ylaria oder der Griff noch gefunden werden würde, ansonsten hätte sie zwei Tote Silberbundler, einen verletzten Soldat sowie den Verlust von Relikt und dem Spion zu verantworten. „Ich akzeptiere alles, was du mir auferlegst“, fügte sie tonlos nach. Tyballin antwortete nicht sofort, sondern legte eine Hand auf ihre, die wieder die Tasse umklammert hatte. „Keine Sorge, Imenia. Du hast fast alles richtig gemacht. Der Frostwyrm und Leireth, das kann man dir nicht zu Last legen. Ich enthebe dich nur vorerst von der Leitung der Expedition. Wenn wir wieder in Dalaran sind, sehen wir weiter.“ Imenia nickte. Es war ihr alles Recht. Selbst wenn sie alles richtig gemacht hätte, wäre die Verantwortung über die Expedition mit seinem Eintreffen sowieso an Tyballin gefallen. „Und nun – geh zu Bett. Du siehst grauenhaft aus. Du brauchst Kraft für Morgen. Wir setzen die Suche weiter fort.“ „Danke“, brummelte Imenia. Sie zögerte nicht lange, erhob sich, nickte Tyballin mit einem kurzen Abschiedsgruss zu, und steig die Treppe des Gasthauses hoch zu ihrem zugewiesenen Zimmer, das sie mit Leireth teilen musste. Das raue Federbett, in das sie sank, fühlte sich an wie das Bett einer Königin. In der Schlucht Ein Wimmern weckte Dairean abrupt. Alarmiert schlug er die Augen auf, aber er konnte nichts Verdächtiges erkennen. Sein Herz klopfte dennoch. Brennender Hunger rumorte in seinem Magen, sein Kopf schmerzte und er fror. Er wusste nicht, wie viele Stunden vergangen waren, seit er weg genickt war, doch die Höhle war fast ganz schwarz. Kein Licht fiel mehr durch den kleinen Eingang. „Verfluchte Drachenfalkenpisse“, murmelte er, und rieb sich mit den Händen die Oberarme etwas – eine verzweifelte Bemühung, gegen die Kälte anzukämpfen, die auch in die Höhle eingedrungen war. Der nackte Felsen unter ihm fühlte sich an wie Eis. In der Ecke lag der Drachenfalke immer noch zusammengerollt da, doch bei Daireans Fluchwort fiepte das Tier leise. „Ist ja gut, Phönix. Ich bin hier“, sagte Dairean beruhigend. In weiser Voraussicht hatte er die eine Satteltasche nahe neben sich gelegt, so musste er nicht lange tasten, um sie zu erreichen. Erneut drang ein Wimmern an seine Ohren und dann ein leichtes Zähneklappern. < Ylaria! >, fuhr es ihm durch den Kopf und erneut fluchte er. Anstatt nach der Satteltasche zu greifen, seufzte er und rieb sich mit der Hand durch die Haare. Er konnte nur hoffen, dass sie noch etwas länger ohne Bewusstsein blieb. Was hatte er sich nur dabei gedacht, sie mit zu schleppen? Er hörte das Flattern von Flügeln, und schliesslich kam Phönix auf ihn zu geglitten. Das Fliegen fiel dem Tier etwas schwer in der Höhle, aber dennoch schaffte er es. Dairean wusste, dass sich Drachenfalken zu einem gewissen Teil auch der Magie bedienten, um sich fortzubewegen. Ein Flügel schmiegte sich um seinen Hals. „Ja, ich weiss, es ist kalt“, murmelte Dairean. „Aber ich kann es nicht ändern. Ich kann dir auch nichts zu fressen geben, tut mir leid.“ Das Wimmern Ylarias wurde konstanter, und schliesslich keuchte sie auf. Dairean legte ihr eine Hand auf die Stirn, während er mit der anderen den rechten Oberschenkel massierte, der unangenehm prickelte. In der ungewohnt sitzenden Position war nicht nur er eingeschlafen, sondern auch Teile seines Körpers. Er hasste dieses eklige Gefühl. „Ssscht“, flüsterte Dairean. Sie wachte auf. Ein erneutes Wimmern ging übergangslos in einen schmerzerfüllten Schrei auf, ehe die Elfe wohl endgültig erwachte und zusammenzuckte, versuchte den Kopf zu heben. Dairean wünschte sich, er hätte zumindest ein klein wenig Licht, um die Höhle für sie zu beleuchten, aber genauso, wie er nicht im Besitz der Kommunikationsscheibe war, die ihm Imenia genommen hatte, besass er auch keine Waffe mehr, kein Fleisch für Phönix, kein Holz für Feuer, keine Decken gegen die Kälte. „Ganz ruhig, Ylaria“, sagte er, und versuchte, ruhig zu klingen. „Ganz ruhig. Du bist verwundet. Beweg' dich nicht.“ Ylaria keuchte erneut, ihr Atem klang angestrengt und sie klapperte mit den Zähnen. Und natürlich bewegte sie sich. Dairean konnte nur ahnen, dass sie wohl versuchte, aufzustehen. Ein durchdringender Schmerzensschrei bestätigte seine Vermutung, und belehrte Ylaria. Sie sank aber nicht zurück mit dem Kopf auf seinen Oberschenkel, eher entnahm er dem Rascheln und Scharren auf dem felsigen Boden, dass sie sich versuchte von ihm zu entfernen. „Ich. . .was.. wo..“, stammelte sie, und blieb dann liegen. „Mein Bein.. Arrgh..“ „Ja, dein Bein“, versuchte Dairean wieder ganz leise und ruhig zu sagen. „Bitte, beruhige dich. Wir sind in einer Höhle. Es ist Nacht. Ganz ruhig, Ylaria.“ Ylaria schluchzte leise, ihr Atem ging immer noch schneller. Verdammt, das war gar nicht gut. Er musste kein Heiler sein, um zu wissen, dass sie nicht so schnell atmen durfte. Das erhöhte nur die Panik. „Ylaria, ganz ruhig, hör mir zu. Konzentriere dich. Ich habe kein Licht. Du bist Magierin. Konzentriere dich. Kannst du ein magisches Feuer herbei beschwören?“, versuchte er sie abzulenken. Sie schluchzte erneut, und gab keine Antwort, doch Daireans aufmerksame Ohren vernahmen, dass ihr Atem langsamer wurde. Das Klappern der Zähne blieb aber weiterhin aufrecht. Er streckte eine Hand aus, tastete ganz langsam nach ihr, doch fand sie nicht. Er nahm an, dass sie sich in eine sitzende Position aufgerichtet hatte. Er ächzte, als er seine Beine etwas bewegte und in ihre Richtung kroch. Er kam direkt hinter ihr zu knien, und legte ihr vorsichtig eine Hand auf die Schulter. „Ganz ruhig, Ylaria“, wiederholte er, in der Hoffnung, sie würde ihm zuhören. „Du bist hier sicher.“ „K.. k.. kalt“, murmelte Ylaria. „Ja, es ist kalt. Ich kann es nicht ändern. Aber du. Bitte“, drängte er sie, und legte die andere Hand auf die andere Schulter. Ylaria tat nichts, klapperte weiter mit den Zähnen. „Schm.. Schmerz.. au.. Ich..“, schluchzte sie, und keuchte erneut auf. Vermutlich hatte sie versucht, sich zu bewegen. Dairean murmelte einen leisen Fluch, und griff dann doch nach der Satteltasche. Nach einem kurzen Moment des Suchens zog er den kleinen Beutel aus der Tasche, die im Moment seinen wertvollsten Besitz beinhaltete. Blutdistelpulver hatte nicht die Fähigkeit, Verletzungen zu kurieren, oder Schlaf zu bringen. Aber es brachte Entspannung, und bis zu einem gewissen Grad betäubte es auch Schmerzen. Dies rief sich Dairean in den Kopf, als er das Säckchen öffnete, und einen Teil davon auf seine Hand schüttete. Das Säckchen war fast leer. Ylaria war erschöpft und müde. Er drückte ihr die Hand mit dem Pulver an die Nase, und schloss mit der anderen ihren Mund. Als sie durch die Nase nach Luft schnappte, und gezwungen war, das Pulver die Nase hochzuziehen, konnte er nur hoffen, dass es nicht nur ihre Schmerzen betäuben würde, sondern sie in ihrem Zustand auch etwas wegtreten liesse.. Er hielt sie davon ab, sich mit den Fingern in die Nasenlöcher zu fahren, um sich von dem scharfen und sicherlich auch brennenden Pulver zu befreien. Sie schluchzte, weinte, beschimpfte ihn mit unvollständigen Wortfetzen, doch dann wurde sie langsam ruhiger. Er schloss die Arme um sie, und drückte sie an seine Brust, um sich an ihr zu wärmen. Oder sie an ihm? < Wie bin ich bloss in diese Situation hineingeraten >, fragte er sich nicht zum ersten Mal an diesem Tag. Er sehnte den Morgen herbei. XXXX Am nächsten Tag Das erste, was Ylaria spürte, waren die Schmerzen, die stetig durch ihren Körper pulsierten. Dumpf und in wellen schlugen sie immer wieder hoch. Ylaria keuchte leise, öffnete die Augen und blickte an die Höhlendecke. Durch den Eingang der Höhe fiel Licht hinein. Sie drehte den Kopf ganz leicht in Richtung der Lichtquelle. Ihr Mund fühlte sich fürchterlich ausgetrocknet an. „Durst“, ächzte sie, ohne zu wissen, ob sie überhaupt jemand hören würde. Dann hörte sie ein Rascheln, und drehte den Kopf wieder. Irgendetwas lag unter ihrem Nacken, und nahm dem kargen Felsenboden etwas die Härte. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis, immer wieder unterbrochen durch die Schmerzen. Wo war sie? Was war passiert? Sie erhob sich, um aufrecht zu sitzen und wurde sofort von Schwindel und Schmerz begrüsst. Nicht nur ihr Bein pochte, ihr ganzer Körper fühlte sich grün und blau geschlagen an. Sie keuchte leise und kniff die Augen zusammen, versuchte langsam zu atmen und sich zu konzentrieren. Vor Anstrengung und Schmerzen wurden ihre Augen feucht, aber sie wollte nicht weinen. Ein Teil des Lichts verschwand für einen Augenblick, dann hörte sie Schritte auf dem Höhlenboden. „Ah, du bist wach“, drang eine ihr nur allzu bekannte Stimme in ihr Bewusstsein und sie stöhnte innerlich. Was machte der denn hier? Warum ausgerechnet.. Dairean? Sie antwortete nichts. Dairean liess sich ihr gegenüber auf den Knien nieder und blickte sie an. Seine Lippen waren blau, und er trug keinen Umhang. „Dairean?“, würgte sie hervor und blickte ihn an, wie sie hoffte feindselig. Warum bei allen Sonnen war sie mit ihm allein? Was war passiert? Warum hatte sie solche Schmerzen? Dairean rollte mit den Augen. „Leg dich lieber wieder hin. Du solltest dich nicht so sehr bewegen“, sagte er. „Was.. ist passiert?“, brachte sie hervor, und versuchte möglichst nicht panisch zu klingen. „Wir wurden von einem Frostwyrm angegriffen. Er hat dich erwischt.“ Ylaria legte sich wieder hin, bettet den Kopf auf die Unterlage. Dairean nickte und setzte sich neben sie. Sie blickte ihn nicht an. „Ich hab dich aufgesammelt und hergebracht.“ „Wo.. sind die anderen? Was ist.. Wo sind wir?“, fragte sie weiter. Langsam wurden ihre Gedanken klarer. „Keine Ahnung“, sagte er und blickte sie an. Sie erwiderte den Blick. „Wie.. keine Ahnung? Du musst doch etwas gesehen haben? Wie wurde ich verletzt? Verdammt nochmal, sag mir, was passiert ist.“ Erneut erhob sie sich, schneller, kam ins Sitzen und blickte sich um. Sie sah nichts, ausser den kargen Felswänden und Daireans Drachenfalke, zusammengerollt in einer Ecke. Sie wusste nicht, ob das Tier tot oder lebendig war, aber eigentlich war es ihr auch egal. Sie sah niemanden. Weder Verian, noch Leireth, noch Imenia, oder die zwei Menschen. „Wo sind die anderen?“, verlangte sie zu wissen, und nun drang die Panik wirklich in ihre Stimme. Dairean hob die Hände. „Ylaria, hör auf dich aufzuregen. Du bist schwer verwunden. Es hat eine Menge Mühe gekostet, dich hierher zu bringen. Ich hatte dir doch gesagt, es droht ein Sturm. Der ist auch gekommen.“ „Sag endlich die Wahrheit.. Wo sind die anderen?“, sagte sie lauter, ihre Stimme klang schrill. „Ich will weg von hier“, fügte sie sofort nach, noch bevor er etwas sagen konnte. „Ich will weg.. Bring mich zurück.. Nein.. Bleib hier. Folg' mir nicht.“ Sie drehte sich um, stützte sich auf die Hände, und versuchte wegzukommen von ihm, weg zu krabbeln, aber als sie das Knie des Beines, welches so sehr schmerzte, auf den Boden drückte, schrie sie auf und drehte sich wieder um, umklammerte mit beiden Händen das Knie, wagte nicht, weiter hinabzufahren.. Der Schmerz kochte hoch, loderte in ihr. Dairean seufzte. „Ich sagte, beweg' dich nicht“, fuhr er sie an. „Ich hatte nichts, um dein Bein zu fixieren, je mehr du dich bewegst, desto mehr machst du kaputt.“ Ylaria biss sich auf die Lippen, und unterdrückt ein Wimmern. Es tat so weh. Längst liefen ihr Tränen über die Wange, die eine warme Spur auf ihrer kühlen Haut hinterliessen. „Und jetzt hör mir mal zu“, fuhr Dairean weiter fort. „Ich hab wirklich keine Ahnung, was mit den anderen ist. Ich hab versucht, meinen Arsch zu retten. Und deinen auch. Sei froh dass du noch lebst.“ Ylaria blickte ihn an und dann zu Boden. „Du hättest nachschauen können“, sagte sie. „Ja, natürlich.“, entgegnete er ironisch. „Ich schlepp' mich halb kaputt zu der Stelle, an der ein riesig grosser Frostwyrm gegen fünf hoffnungslos unterlegene Menschen und Elfen kämpfen, die es zufälligerweise auch noch auf mich abgesehen haben. Ich bin doch nicht blöd“, schnaubte er. Ylaria starrte ihn wütend an. „Doch, das hättest du tun müssen, weil.. weil..“ „Weil was?“ Er zog eine Augenbraue hoch. „Ich weiss auch nicht“, murmelte sie, und rieb sich über das Gesicht, keuchte leise, als sie eine neue Welle Schmerz traf. Dairean seufzte und erhob sich. „Ich hab heute morgen nachgesehen - keine Chance von hier aus etwas zu sehen. Der Sturm hat alles mit einer frischen Schneedecke überzogen, und ich sehe gar nichts mehr. Allerdings auch keinen Frostwyrm“, sagte er, während er in der Satteltasche kramte, und dann zu ihr zurückkam und sich wieder neben sie setzte. Er hatte einen kleinen Beutel in der Hand. „Ich hab keine Medizin oder so, aber nimm das. Es nimmt dir einen Moment die Schmerzen.“ „Was ist das?“, fragte Ylaria misstrauisch. „Das willst du lieber nicht wissen“, sagte Dairean, und schüttete eine kleine Menge des Pulvers auf seinen Handrücken. „Sei froh, solange ich noch etwas davon habe. Es ist fast leer.“ Mit diesen Worten nahm er den Bändel, der den Beutel zusammenhielt, in den Mund, damit er eine Hand frei hatte, um ihren Kopf etwas hochzuheben. Fast schon zärtlich mutete die Berührung an, mit der er ihren Kopf etwas hochhob und ihr das Pulver auf dem Handrücken nahe an die Nase hielt. „Schnupf'“, befahl er. Sie zog die Luft durch die Nase ein, und wollte sofort husten. Das Pulver brannte in ihrer Nasenschleimhaut, verstopfte ihre Atemwege und lief in ihren Rachen. Sofort wollte sie es loswerden, schnäuzen, doch Dairean hielt sie ihr zu, unnachgiebig und unerbittlich. Erneut schossen ihr Tränen in die Augen und sie wimmerte. „Nicht.. au.. hör auf..“ „Glaub mir, 's ist besser so“, murmelte Dairean. Es kam Ylaria wie eine Ewigkeit vor, bis er ihren Kopf losliess. Sie schniefte, und er beugte sich über sie, wischte ihr mit einem Finger eine Träne weg. „Schlaf jetzt“, sagte er. Ylaria wollte etwas erwidern, doch ihr sanken die Lider zu. Irgendwo westlich der Front der Legion „Immer noch keine Spur, Arkanist“, erstattete einer der ihr fremden Elfen Tyballin Bericht. Sie waren aus geschwärmt, und hatten versucht, unter dem Neuschnee des Sturms die Spuren des gestrigen Kampfes wieder zu finden. Erfolglos. Nur per Zufall waren sie auf einen der Greifenkadaver gestossen, weil sie mit dem Stab in einem der kleineren Hügel herum gestochert hatte. Imenia nahm an, es war Lorethiels, doch sicher konnte sie sich nicht sein. Die Satteltaschen waren – wie am Vortag – noch immer leer. Sie blinzelte. Noch immer hielt sie die Müdigkeit und die Erschöpfung vom Vortage fest in ihren Krallen. Leireth und Verian bewegten sich agiler und flinker, gerade Verian schien aus einem unerschöpflichem Vorrat Energie zu schöpfen, und durchsucht eine Schneewehe nach der anderen. Seine Haare waren zerzaust, seine Schuhe und Hosen feucht vom Neuschnee. Er rief immer wieder Ylarias Namen, doch er bekam keine Antwort. Manchmal schmelzte er den Schnee mit einem Hauch Feuermagie weg. „Weitersuchen“, befahl Tyballin. „Versuchen wir zu rekonstruieren, wo der Frostwyrm entlang geflogen ist, so finden wir sie vielleicht. Fangen wir an bei der Front“ „Aye, Sire“, schallte es ihm entgegen. Imenia seufzte und bestieg ihren Greifen wieder. „Auf ein weiteres“, murmelte sie. Eigentlich wollte sie nur schlafen. Mittags in der Schlucht Daireans Blick ruhte auf Ylaria, die mit offenen Augen da lag, ein seliges Lächeln auf dem Gesicht. Die zweite Portion Blutdistelpulver hatte sie nicht lange schlafen geschickt, allerdings war ihr Aufwachen weitaus sanfter gewesen, als die vorherigen zwei Male. Sie schwebte wohl irgendwo zwischen Illusion und der Realität, in irgendwelchen Träumen und schmerzlos. Dairean seufzte und stand auf. Es waren erst wenige Minuten vergangen, seit er sich gesetzt hatte, aber die Kälte war bereits so sehr in seine Kleidung eingedrungen, dass er sie kaum aushielt. Er konnte in der Höhle nur ganz knapp stehen, und so nahm er seinen Pfad wieder aus. Er drehte eine Runde nach Runde in der Höhle, während er sich den Kopf über die ausweglose Situation zerbrach, in der er sich befand. Sie sich befanden. Phönix wimmerte aus der Ecke der Höhle, bewegte sich aber kein bisschen. Dairean blickte zu seinem treuen Flugtier und es gab ihm einen Stich ins Herzen. Er hatte nichts für sein treues Reittier, nicht einmal Wasser, geschweige denn von Nahrung. In der Nacht war Phönix ein oder zweimal zum Eingang gekrochen und hatte am Schnee geleckt. „Phönix.. Nicht einmal für uns habe ich zu essen.“ Er fluchte leise und rieb sich durch die Haare. Sein eigener gähnend leerer Magen und das brennende Gefühl in seiner Kehle erinnerten ihn, dass er selber kaum noch Nahrung hatte. Eine Ration war noch in der Satteltasche, doch Dairean wollte sie so lang wie möglich sparen. Er hielt in seinem Schritt inne und seufzte erneut. Er musste jetzt noch einmal raus aus der Höhle, um zu sehen, wo genau er sich befand, und ob es in der Nähe irgendwie Hilfe gab. Dairean schlüpfte aus dem Höhleneingang. Ein bisschen Schnee fiel ihm in den Nacken und sofort schlotterte er, ballte eine Faust und knurrte. Die Kälte verschaffte ihm einen Energieschub, und mit wenigen schritten erklomm er den Aufgang, und kam oben an der Schlucht zu stehen, mit schweren Atemzügen holte er tief Luft. Dann hob er den Blick. Vor ihm war nur weite, endlose weisse Wüste. Er konnte die Umrisse der Gebirgszüge ausmachen, er sah die Silhouette des Wyrmruhtempels, aber beide schienen so endlos weit weg. Kilometer um Kilometer unberechenbarer Neuschnee zwischen ihm und jeglicher Zivilisation. Er tat probeweise ein paar Schritte, und versank sofort bis zu den Knien im Schnee. Jeder Schritt kostete ihn grosse Mühe, und er schaffte kaum 10 Schritt, bevor er erschöpft innehalten musste. Er spürte neben der körperlichen Schwäche auch bereits, wie der Entzug ihn wieder langsam in seinen Griff bekam. Die Kopfschmerzen, das Zittern.. Der Entzug vom Pulver kam dieses Mal schneller, schlug härter ein, doch er verbot sich den Gedanken an die letzte Prise, die sich noch im Beutel befand. Sie war nicht für ihn. Und er war sich sicher, dass es sinnvoller wäre, sie Ylaria zu geben. Einer Frau beim Sterben zusehen war sicherlich noch unangenehmer, wenn sie dabei schreien würde wegen den Schmerzen. < Und sie wird sterben. Ich schaffe es niemals, mit ihr auf dem Rücken so weit zu gehen. >, dachte er. Er verkrampfte sich etwas, holte tief Luft. Seine Brust wurde ihm eng. Er wusste nicht einmal, ob er es allein schaffen würde, so weit durch den Schnee zu stapfen, geschweige denn, ob er sie einfach da liegen lassen könnte. „Natürlich kann ich das“, sagte er laut, doch es war eine Lüge. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber bereits in dem Moment, als er sie mitgenommen hatte, anstatt sich selber in Sicherheit zu bringen, war ihr Schicksal enger an seines geknüpft, als er es gewollt hatte. Erneut ballte er die Faust und blickte sich um. Ihre einzige Hoffnung war, dass sich jemand auf der Suche nach ihm oder ihr oder dem Griff in ihre Nähe bewegte. Doch selbst dann würde man sie unten in der Höhle nicht vermuten. Allerdings konnte er nicht ständig hier oben sitzen, er würde erfrieren. Sein Blick fiel auf einen alten, knorrigen Baum, der sich auf der anderen Seite der Schlucht, nur wenige Meter von ihm gegenüber befand. Nur noch wenige nackte kahle Äste zierten das Skelett des Baumes. Er musste längst tot sein. Das war ihre letzte Chance. Er musste irgendetwas an diesen Baum binden, dann.. würde man sie eher finden. Er stapfte die 10 Schritte wieder zurück, rutschte den Abhang hinunter und betrat die Höhle. Zuerst dachte er an den Umhang, dann entschied er sich anders, und griff nach Phönix Sattel, der nutzlos in einer Ecke lag. Der Umhang wärmte wenigstens. Den Sattel würde er kaum mehr brauchen. Er verliess die Höhle mitsamt seiner Last wieder. abends in der Feste Wintergarde Neben Verian liess sich jemand auf die Bank fallen. Ein warmer Arm legte sich um seine Schultern. Er blickte zur Seite. Leireth hatte sich neben ihn gesetzt. „Verian“, sagte sie leise und strich mit der anderen Hand über seine Wange. „Es gibt etwas zu essen und warmen Tee“, fügte sie hinzu. „Kommst du?“ Verian seufzte. „Ich will nicht.. Hab' keinen Hunger.“ „Nun komm schon. Du hast seit gestern Abend nichts mehr gegessen. Denk bloss nicht, das ist mir entgangen.“ „Ich.. bin nicht hungrig.“ „Ist es wegen Ylaria?“, fragte Leireth. „Ich bin sicher, es geht ihr gut.“ „Wie kannst du das sagen?“, fuhr Verian sie an und stand auf. Sie tat es ihm gleich und versuchte ihm die Hand auf den Arm zu legen. „Sie ist da draussen, und es hat gestürmt, und es gibt gar keine Unterschlupfmöglichkeiten, und.. Verflucht, Leireth, sie ist ganz allein!“ Er konnte es nicht verhindern, dass seine Stimme laut klang und die Schankstube füllte. Nur wenige Soldaten hockten nach Dienstende noch in einer Ecke, hielten sich von den Silberbundlern fern, die an einem Tisch in der Mitte sassen, während Verian die Bank beim Feuer vorgezogen hatte. „Ich weiss, Verian, es tut mir ja auch leid, aber .. es nützt niemandem etwas, wenn du nichts isst, oder?“ Verian seufzte erneut. „Na gut“, sagte er und trottete zum Tisch. Brionna blickte ihn mitfühlend an. „Das Licht ist bei Madame Silbersang, ich bin mir sicher“, versuchte sie ihn zu trösten. Arkanist Tyballin war nicht zugegen, wohl aber Imenia. Die fünf Silberbundler, die Tyballin mitgebracht hatte, sassen auch für sich am Tisch neben den Expeditionsmitgliedern, und verzehrten gerade ihr Abendessen. Sie hatten noch länger nach den Vermissten Ausschau gehalten. Auf dem Tisch standen Schüsseln, ein grosser Pott Suppe war in der Mitte aufgebaut, auf einer Platte befand sich Wurst und Speck. Verian liess sich etwas Suppe in die Schüssel schöpfen, und griff widerwillig nach dem Löffel. Leireth liess sich neben ihm nieder, und lehnte sich sofort etwas an ihn. „Connell geht es auch schon besser“, sagte Brionna und lächelte ihn an. „Das Licht ist gut und weise. Ich bin sicher, es wird auch über Madame Silbersang scheinen. Wir sollten ein Gebet sprechen.“ „Ich bin sicher, ihr meint es gut mit mir, Tallys“, entgegnete Verian. „Aber ich glaub nicht, dass mir das jetzt hilft. Meine beste Freundin ist da draussen, und ist wohl schon tot und ich kann nichts dagegen tun, ausser hier sitzen. Ich..“ „Das dürft ihr nicht denken, Himmelswispern“, fuhr ihn Imenia an. Er blickte sie an. Sie war bleich und gezeichnet von den Anstrengungen. „Das Licht bewahre, dass sie tot ist. Dann haben wir ein riesiges Problem.“ „Ach ja.. ein Problem..? Ist das die einzige Sorge, die ihr habt? Dass ihr eine weitere Leiche zu verbuchen habt?“, ätzte er. Er konnte sich nicht zurückhalten. Imenia hob die Hände. „Wie denkt ihr nur von mir? Natürlich nicht. Ich schätze Ylaria sehr, und das wisst ihr genau. Ich habe nur etwas mehr Vertrauen in ihre Fähigkeiten, als ihr es habt.“ „Ich habe auch Vertrauen in ihre Fähigkeiten, aber.. der Spion ist auch noch da draussen, und..“ Er beendete den Satz nicht, schüttelte nur den Kopf und legte den Löffel beiseite. Er musste nicht laut aussprechen, was er dachte, denn alle hatten denselben Gedanken. Imenia hatte durchblicken lassen, dass jemand Lorethiels Ableben etwas beschleunigt hatte. Was, wenn dieser Jemand das auch bei Ylaria getan hatte? „Verian, wir hätten ihre Leiche gefunden, wenn dieser dreckige Abschaum ihr etwas angetan hätte“, sagte Leireth, und strich ihm über den Oberschenkel. Es sollte wohl beruhigend wirken, aber er spürte die Berührung kaum. „Darf ich mich zurückziehen?“, fragte er in Imenias Richtung. „Natürlich. Geruhsamen Schlaf. Morgen suchen wir weiter.“ Verian nickte, salutierte und verliess die Gaststube dann. Leireth folgte ihm schweigend. Als er sein Zimmer betrat, schlüpfte sie ebenfalls durch die Tür, und umarmte ihn. Er wollte etwas sagen, doch sie legte ihm den Finger auf die Lippen. „Sschh“, murmelte sie und lächelte ihn an. < Noch vor wenigen Tagen wäre ich so glücklich gewesen, wenn ihr Lächeln auch nur einmal mir gegolten hatte, doch nun als es mir gilt, kann ich kaum denken vor Sorge >, dachte er, als sie ihn entkleidete und ihn dann mit sich auf das Bett zog. < Welche Ironie >, fuhr es ihm noch durch den Kopf, ehe er sich Leireth zu wandte, um in ihren Armen zumindest für ein paar Stunden zu vergessen, was ihn quälte. abends in der Schlucht „Verrate mir eines, Dairean.“ Ihre Stimme drang an seine Ohren, doch er öffnete die Augen nicht. Er war zu erschöpft. „Mmh?“, murmelte er. „Warum hast du mich gerettet?“ Einen Moment lang antwortete er nicht. Dann blickte er sie doch an, aus dunkel umrahmten Augen. „Ich..“, setzte er an. Dann schüttelte er den Kopf. „Was.. du hast dir also nichts dabei gedacht?“. Sie zog eine Augenbraue hoch. „Nein, natürlich nicht“, fuhr er sie an. „Also?“ „Ich weiss es nicht.“, murmelte er. „Wie du weisst es nicht? Willst du mich veralbern?“ „Nein, will ich nicht. Ich will es wirklich nicht.“ Von der Ecke, aus der Phönix lag, kam ein leichtes Kreischen. „Schhh Phönix“, murmelte Dairean. „Ich weiss es nicht.. Ich schätze, ich konnte dich einfach nicht so da liegen lassen“, sagte er dann. „Warum?“, wollte sie wissen. „Darum“, sagte Dairean. „Aber du musst doch eine Erklärung haben, dass du..“ Er fuhr ihr ins Wort. „Sei still und spar' dir deine Energie.“ „Sparen.. wofür denn.. Wir werden hier sterben..“ „Das werden wir nicht. Rettung wird kommen“, murmelte er. Seine Stimme klang erschöpft. „Natürlich“, fuhr sie ihn an. „Und ich bin ein Troll. “ Dairean schmunzelte. Seine Lippen waren ausgetrocknet und rissig. „Nein, wir werden sterben. Ich werd' hier sterben, und das letzte, was ich gesehen haben werde, wird ein blutelfischer Spion sein“, stöhnte sie. „Als ob das etwas Schlimmes wäre.. Zählt denn nur mein Volk?“ „Du bist ein Verräter, natürlich zählt das.“ Dairean seufzte. „Wollen wir wirklich darüber diskutieren?“, fragte er. „Nein.. nein. Nicht wirklich.“, musste sie zugeben. „Na dann denk nicht drüber nach, schlaf' einfach.“ „Schlaf du mal bei diesen Schmerzen“, murmelte sie und blickte ihn an. „Du hast nicht noch.. von dem.. Pulver?“ Dairean entgegnete den Blick und nickte. XXXX Irgendwann in der Nacht Ein wehleidiges, fast tonloses Kreischen weckte ihn aus seinem Halbschlaf. Es kam von Phönix. „Schh“, murmelte er, und rieb sich die Augen. Erneut jammerte das Tier, dann hörte Dairean nichts mehr. „Phönix?“, fragte er in die Stille. Es war ihm klar, was das bedeutete, aber er wollte es nicht akzeptieren. Er erhob sich von seiner sitzenden Position und kroch in die Ecke, in der der Drachenfalke gelegen hatte. „Phönix“, murmelte er. Er wollte mehr sagen, aber keine Worte kamen ihm in den Sinn. Für ihn war Phönix mehr gewesen als nur ein Tier. Treu und tapfer hatte er alles mitgemacht, was Dairean erlebt hatte. Nichts mehr war zu spüren. Der Drachenfalke lebte nicht mehr. Es war kein Wunder. Die Kälte war zu viel gewesen für einen an Sonne aus Quel'thalas gewöhnten Falken. Dairean strich einmal über den Leib des Drachenfalken. Er musste leer schlucken. „Dairean?“, drang Ylarias Stimme an sein Ohr, doch er antwortete nicht. Er kam sich lächerlich vor, dass Phönix' Tod ihn so mitnahm. Ein Drachenfalke hatte nur eine begrenzte Lebensspanne, irgendwann wäre es sowieso so weit gewesen. < Aber nicht so! >, ging es durch seine Gedanken, dann erhob er sich. In diesem Moment erfüllte ein Knistern die Luft, und ein hell flackerndes Licht erschien in Ylarias Händen. „Da.. Dai..rean?“, fragte sie erneut und ihre Stimme zitterte dabei. Sie bemühte sich wohl, dass er ihr Zähneklappern nicht auch vernahm. Dairean drehte sich zu ihr. „Verfluchte Expedition“, kam es ihm laut über die Lippen, und er stapfte wieder zurück zu dem Ort, wo Ylaria mittlerweile wieder sass. „Verfluchte, verdammte Expedition.“ Ylaria blickte ihn an. Ihre Lippen waren dunkel gefärbt, doch im Schein des magischen Feuers konnte er die genaue Farbe nicht ausmachen. Er vermutete, dass sie bläulich waren. Sie zitterte leicht. „Dein. F.. Falke?“ „Ja“, erwiderte er knapp. „Phönix ist tot. War zu erwarten.“ „T.. tut.. mir.. l.. leid..“ Jedes Wort aus ihrem Mund offenbarte er, wie sehr sie mittlerweile unter der Kälte litt. „Lösch' das Licht, das strengt dich nur an“, erwiderte er unwirsch und setzte sich neben sie. Sie gehorchte ihm nicht sofort, sondern blickte ihn an. „Schau mich nicht so an“, murmelte er, „D.. das t.. tue ich g..gar nicht“, empörte sie sich und abrupt erlosch das magische Feuer, sie sassen wieder im Dunkeln. Einige Momente lang herrschte Stille. „Du frierst“, stellte Dairean fest. „W.. wundert.. dich.. das?“, entgegnete sie. Sie versuchte jedes Wort klar und deutlich auszusprechen. Wie wenn es noch nötig gewesen wäre, ihm gegenüber Stärke zu zeigen. Wie wenn er nicht gewusst hätte, dass es eisigkalt war, und dass sie nahe dran war, zu erfrier.. Dairean dachte den Gedanken nicht zu Ende, sondern biss sich hart auf die Lippen. „Ich wärme dich“, entschied er. „Das.. ist.. nicht.. notwendig“, fuhr sie ihn an. Ein Rascheln kündete davon, dass sie sich wieder auf den Umhang gelegt hatte. „Sei nicht töricht.“ Dairean starrte an die Höhlenwand. Warum war sie bloss so stur? Er bekam keine Antwort, stattdessen hörte er ihre Zähne klappern. < Sture Hochelfe >, dachte er. Ihr Schweigen dauerte nur wenige Minuten. „Dai.. rean?“, fragte sie leise. „Ja?“ „M.. mir ist.. so.. kalt.. es schmerzt. K.. könntest du.. vielleicht..“ „Natürlich“, murmelte er. Üblicherweise hätte er jetzt einen Scherz gemacht, oder sie damit aufgezogen, wie schnell sie ihre Meinung änderte. Aber es war nicht üblicherweise. Die Satteltasche lag direkt neben ihm, und er zog sie mit sich, als er die kurze Distanz zu Ylaria rutschte. Ganz sachte hob er ihren Kopf hoch und zog sie dann unter den Schultern in eine halb aufrecht sitzende Position, lehnte sie an seine Brust. Den Umhang wandelte er zu einer Decke um, und legte ihn über sie und ihn. „Ich habe noch etwas Pulver.. nur wenig.. Es wird dich nicht schlafen schicken, aber dir etwas den Schmerz nehmen.“ Sie nickte nur, und liess es zu, dass er ihr etwas Pulver ins Zahnfleisch rieb. Die letzte Portion. Er warf das Säcken zur Seite. Draussen zog ein eisiger Wind durch die Schlucht, und fuhr irgendwo in der Höhle schaurig heulend durch eine Vertiefung, eine Senke oder ein Loch. Dairean legte die Hände auf ihren Bauch, und schloss die Augen wieder, lauschte ihrem Atem, der so flüchtig war, wie eine Schneeflocke an einem Sommertag. Frühmorgens, etwas südlich der Kristallschlucht „Los, beeilt euch“, befahl Magister Jorith Hathorel seinen Leuten. Er hatte ganze sieben Sonnenhäscher von ihren Posten abziehen können. Der Erzmagier war einverstanden gewesen mit seinen Plänen, und so waren sie nur einen halben Tag nach der Gruppe von Tyballin auf dem Landeplatz von Dalaran in die Lüfte gestiegen. Der schwere Sturm hatte sie einen Vierteltag gekostet. Nur dank der guten Schutzschilde, die sie gemeinsam errichtet hatten, waren ihre Zelte relativ unbeschädigt geblieben, und es gab keine Erfrierungen oder Verletzungen zu beklagen. Dennoch war er ungeduldig. Nach der Drohung, die er von Feuerblüte bekommen hatte, war ihm klar, dass Dairean wirklich enttarnt worden war. Die Nachricht würde also nicht erst durch Tyballin überbracht werden, den Hathorel bereits bei der Gruppe vermutete. Er rechnete jeden Moment mit einem Zusammentreffen, und so trieb er seine Leute zu noch mehr Eile an. „Beeilt euch“, wiederholte er sich. „Laut meinen Berechnungen könnten wir jederzeit auf sie stossen, es kann aber auch sein, dass sie einen anderen Weg genommen haben. Packt ein, wir müssen uns beeilen.“ „Ja Sire“, schallte es ihm von einer Ecke zusammen. Nur wenige Momente später waren auch die letzten Zelte zusammen geräumt, und die sieben Sonnenhäscher sassen auf ihren Windreitern. Sie hatten nicht genügend Drachenfalken gehabt, obwohl Hathorel diese Reittiere den stinkenden Fluglöwen der Orcs bei weitem bevorzugte. „Haltet die Augen offen!“, befahl er. „Abflug!“ Acht Windreiter erhoben sich mit diversen Brülllauten und mächtigen Sätzen in die Luft, und flatterten in die sonnenbeschienene Weite in der Drachenöde. Vormittag – Feste Wintergarde, auf dem Hof vor dem Gasthaus „Seid ihr bereit?“, fragte Tyballin die Quel'dorei, die vor ihm standen, ein jeder vor dem ihm zugewiesenen Greifen. Ein Vorteil der Feste war es, dass sie ihre Greife längst hatten eintauschen können, so dass sie ihre Suche am vorherigen und am heutigen Tage mit frischen, ausgeruhten Greifen starten konnten. „Ja, das sind wir“, antwortete Imenia stellvertretend für alle. „Gut. Dann setzt euch auf eure Greifen. Wir werden heute ein letztes Mal nach der Vermissten suchen.“ Imenia nickte und setzte sich auf ihren Greifen, Himmelsflamme und die zwei Silberbundler von seinem hergebrachten Trupp taten es ihr nach. „Himmelswispern, worauf wartet ihr?“, fragte er Verian, der ihn anstarrte, und keinerlei Anstalten machte, seinem Befehl folge zu leisten. „Sire“, sagte dieser, „verzeiht, aber ich glaube ich habe mich verhört. Sagtet ihr gerade 'ein letztes Mal'? Ich bin sicher, ich muss mich geirrt haben.“ Tyballin musterte den Magier in seiner für den Silberbund typischen Tracht, die nach der längeren Expedition nun schon etwas ramponiert wirkte. Sein Haar war zerzaust, und dicke, dunkle Ränder umrahmten seine Augen. „Wir müssen zurückkehren“, sagte Tyballin schlicht. „Sire, wir können doch nicht einfach die Suche abbrechen“, brauste Verian auf, und trat einen Schritt nach vorne, zog den Greifen somit an den Zügeln mit sich. „Und ob wir das könne.n Wir werden sie heute nämlich finden. Ansonsten hat das keinen Zweck mehr“, entgegnete Tyballin. „Und wenn ihr das nicht begreift, dann seid ihr töricht.“ „Ich bin nicht töricht!“, wagte der Narr ihm immer noch entgegenzusetzen. Tyballin zog eine Augenbraue hoch und stieg wieder vom Greif, baute sich vor Verian auf, obwohl der etwas grösser war als er. „Doch, das seid ihr, Himmelswispern. Und ihr seid nicht diszipliniert. Sollten wir Silbersang nicht finden, dann ist das bedauerlich, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass es eine Verschwendung wäre, weiter nach ihr zu suchen. Seht euch doch einmal um!“ Tyballin machte eine grosse Handgeste. „Ihr wisst so gut wie ich, dass diese eisige Wüste hier niemandem länger als einen Tag Überlebenschancen bietet, gerade ohne Vorräte oder Rückzugsort.“ „Sie.. könnte sich.. in den Tempel.. gerettet haben“, erwiderte Verian, wirkte aber schon deutlich eingeschüchterter. „Denkt ihr, ich würde das nicht kontrollieren? Drei der Silberbundler, die ich hergebracht habe, sind doch längst schon auf Kontrollflügen. Wir versuchen auch Informationen zu bekommen, ob sie es womöglich in eines der Hordenlager geschafft hat.“ „Horden.. lager?“ „Ja, falls es in euren grossen Kopf passt: Südlich dieses Gebirges befindet sich das Lager Gallgrimm, es gehört den Verlassenen.“ „Die hätten sie doch längst schon getötet.“ „Wenn sie klug ist, hat sie sich als Blutelfe ausgegeben, dann geschieht ihr nichts. Und nun hört auf, weiter zu diskutieren. Jede Sekunde, die ihr hier verschwendet, geht von der Suchzeit nach eurer Freundin um. Habt ihr das verstanden, Himmelswispern?“ Der Angesprochene starrte ihn immer noch an. Eine Hand war zur Faust geballt. „Verian“, sagte Himmelsflamme, die leise hinter ihn getreten war. „Komm schon.. Wir müssen sie jetzt suchen.“ Dabei zog sie an seiner Hand. Er gehorchte langsam, und liess sich von ihr zu seinem Greifen führen. Tyballin warf Imenia einen vernichtenden Blick zu. Sie schaute nur zu Boden. „Aufbruch“, befahl er. Sein Greif machte einen Satz, und erhob sich dann in die Lüfte. Er konnte die Sorgen des Elfen ja nachvollziehen, aber er musste Prioritäten setzen, schliesslich hatte er sich vor Windläufer zu verantworten. Und die würde überhaupt nicht erfreut sein vom Verlauf dieser Expedition. Bereits jetzt dauerte sie zu lange, und verschlang zu viele elfische Ressourcen, die eigentlich an anderen Orten viel dringender gebraucht wurden. Dabei war es nur eine Reise gewesen, um Informationen zu bekommen. Etwas, was eigentlich Routine sein sollte. Während er die Gruppe aus dem Gebirge und der Feste hinausführte, und sie gen Süden lenkte, verfluchte sich selber, dass er so verblendet gewesen war, und den Späher nicht besser geprüft hatte. Dann wäre es gar nie soweit gekommen. Mittags in der Schlucht „Dairean“, murmelte Ylaria. Die Sonne war längst schon aufgegangen, mutmasste sie, denn die Höhle war in einen schummrigen Lichtschimmer getaucht, gerade genug, um die Höhle etwas zu erhellen. Der Schnee liess nicht viel durch, aber noch war Dairean nicht aufgestanden, um den Zugang zu verbreiten. Sie war erst vor wenigen Minuten wieder aufgewacht, doch bereute es jetzt schon. Ihr Bein pochte und zerrte an ihr, ihr Magen knurrte, und in ihrer Kehle war es trocken. Wenigstens war ihr etwas wärmer, auch wenn sie tunlichst ausblendete, warum dem so war. „Dairean?“, fragte sie, etwas lauter. „Bin da“, kam die Antwort. „Hast du..“ Sie räusperte sich, und setzte noch einmal an. „Wir haben nichts zu essen, hm?“ Wenigstens klapperten ihre Zähne nicht mehr, als wäre sie ein Skelett. Die Frage war dennoch bescheuert. Natürlich hatten sie nichts zu essen. Die letzte kleine Ration Nüsse, die Dairean aus der Satteltasche gefischt hatte, hatte sie bereits verdrückt. Alles zusammen. Für ihn war nichts übrig geblieben. „Nein, haben wir nicht“, sagte er. Seine Stimme klang müde. Sie drehte den Kopf nicht, denn sie wusste, dass er es wohl sein musste. Irgendwann in der Nacht hatte er sie zu sich gezogen, damit sie es wärmer hatte. Sie hatte geschlafen. „Bist du müde?“, fragte sie, und erneut ärgerte sie sich. Auch diese Frage w2ar unsinnig. Ihr Kopf fühlte sich an, als würde kein Blut durch die Adern fliessen, sondern träger, dickflüssiger Honig. „Mmh.. Honig“, murmelte sie, bevor sie realisierte, dass sie es nicht nur gedacht hatte, sondern ausgesprochen.“ „Honig? Wie kommst du jetzt auf Honig?“ sie dachte ein leichtes Schmunzeln aus seinen Worten zu hören. „Ich.. habe nur gerade gedacht, was ich gerne essen würde.“ Ihr Gesicht färbte sich etwas rötlich. „Und was?“ „Ein.. dickes Stück Brot, mit frischer Butter und Honig“, flüsterte sie. Sie spürte, wie sein Daumen über ihren Bauch fuhr, doch wehrte sie sich. „Mh.. das klingt lecker“, antwortet er. Einen Moment lang schwiegen sie, doch Ylaria hielt die Stille nicht aus. Das hatte sie schon oft an sich beobachtet, zuletzt auch auf der Expedition. Manchmal verfluchte sie diese Eigenschaft von ihr. Schweigen war wie eine Leere, die sie füllen musste. Sie hielt Leere nicht aus. Sie machte ihr Angst. „Dairean?“, fragte sie leise. Er brummte nur. „Denkst du.. das wir.. hier sterben werden?“ „Du solltest nicht drüber nachdenken“, entgegnete er nach einigen Atemzügen. „Ich .. wie soll ich nicht darüber nachdenken? Weil.. es ist..“ Sie seufzte. Dairean hob eine Hand. „Möglich ist es“, sagte er dann nüchtern. „Wir kommen hier nicht weg.“ „Falsch“, murmelte sie. „Du kommst mit mir hier nicht weg.“ Erneut brummte er. „Du solltest ohne mich gehen“, sagte sie schliesslich. Sie drehte den Kopf an seiner Brust etwas, um zu ihm hochzuschauen. Sein Blick ging an die gegenüberliegende Wand. An seinem Kinn hatten sich einige Stoppeln gebildet, wohl dort, wo er den Bartwuchs einschränkte. Sie hob die Hand und strich darüber. „Ich mein's ernst. Du solltest ohne mich gehen. Dann überlebt wenigstens einer von uns.“ Sie war sich nicht sicher, ob sie es ernst meinte. Langsam blickte er zu ihr. „Nein“, sagte er dann schlicht. „Warum nicht?“, fragte sie. Ihr Atem hatte sich etwas beschleunigt und sie blickte wieder von ihm weg. Albern war sie, albern. Hier, im Angesicht des drohenden Todes, der Schmerzen, die sie erlitt, des Hungers, des Dursts.. Hier in diesem elenden Moment, weitab von jeder Zivilisation, gefangen in einer dreckigen Höhle mit einem Drachenfalkenkadaver in irgendeiner Ecke, mit zerschlissener Ausrüstung und der Ungewissheit, ob sie überhaupt überleben würde, und ob sie nicht ein Bein verlieren würde.. fragte sie sich tatsächlich, ob Dairean sie vielleicht doch mehr mochte, als er zugeben wollte. < Du bist eine verdammte Närrin >, schalt sie sich selbst und schloss die Augen. Sie hoffte, Dairean hätte ihre Frage überhört, für die sie am liebsten im Mahlstrom versunken wäre. Und tatsächlich antwortete Dairean eine Weile lang nicht. Sie spürte nur aufgrund des Daumens, der über ihren Bauch strich, dass er nicht wieder eingeschlafen war. „Wär doch sinnlos, wenn ich dich jetzt liegenlassen würd', wo ich dich doch schon her geschleppt hab“, sagte er schliesslich. „Ach, also muss es Sinn machen, mich liegenzulassen“, ätzte sie. Sie war wirklich albern, auf eine andere Antwort gehofft zu haben. „Nein, muss es nicht. Ich werde dich nämlich nicht liegenlassen“, sagte er, immer noch ruhig. „Wie gnädig“, murmelte sie. „Ich kann es nicht.“ „Du kannst es nicht?“ Ihre Stimme klang wieder normal, einigermassen überrascht. „Warum? Hast du dich auch verletzt?“ Dairean schmunzelte. „Nein, habe ich nicht. Ich kann es nur nicht.“ „Das verstehe ich nicht.. Warum kannst du es nicht?“ „Ich glaube nicht, dass wir im Angesicht des drohenden Todes über solche Dinge reden sollten“, wich er ihr aus. „Oh doch.. Gerade im Angesicht des drohenden Todes sollte man das. Auch wenn's mit einem.. Blutelf ist.“ „Tut mir leid, dass ich gerade keinen Ersatz für mich bieten kann“, sagte er trocken. „Ich kann dich auch wieder loslassen, wenn es dich so sehr ekelt, dass ich ein Sin'dorei bin.“ „Nein.. ich meine.. Es.. tut mir leid, ich hab das nicht so gemeint, ich meinte nur.. ich..“ Sie wurde erneut etwas rot. Er zog eine Augenbraue hoch. „Ach?“ „Ich.. hätte nur nie gerechnet.. mit.. einem Blutelfen.. ich weiss nicht..“ „Ylaria, vergiss nicht. Eigentlich sind wir dasselbe Volk.“ „Das weiss ich, nur seid ihr die Verräter.“ Ein leises Lachen liess sie ihren Mund verziehen. „Verräter?.. Oh je, müssen wir dies noch einmal durchkauen? Leireths Parolen am Lagerfeuer vor einigen Tagen haben mir eigentlich gereicht. Verräter sind nicht wir. Verräter war Marschall Garithos. Verräter waren die Menschen, die uns nicht zu Hilfe gekommen waren, als wir sie am nötigsten gebraucht hätten.“, ereiferte er sich. „Das ist nicht wahr. Garithos hat .. nur nicht geholfen, weil Kael'thas zu dem Zeitpunkt schon korrupt war..“ „Ach.. Erzählt man euch das?“, höhnte Dairean. „Und hinterfragst du nie das, was die Obrigkeit dir sagt?“ „Doch.. ich..“ Sie brach die Worte ab. Eigentlich hatte sie wirklich nie darüber nachgedacht. „Ich..“ „Du bist auch ein Elf. Du musst den Verlust des Sonnenbrunnens genauso gespürt haben. Du weisst, wie die Auswirkungen waren, wie schrecklich, wie verzehrend“, fuhr er fort. Sie nickte. Oh ja, sie erinnerte sich sehr gut daran. Es war kaum aushaltbar gewesen. „Kael'thas hat für uns gesorgt, er hat verzweifelt versucht, Verbündete zu suchen. Er ist in seinem Wesen natürlich auch ein Verräter gewesen, aber geboren aus Korruption, Verzweiflung. Er hätte uns das niemals absichtlich angetan. Und für eine Zeit waren wir ja auch von den Leiden befreit. Ihr haltet uns ständig vor, wir hätten wissen sollen, was geschieht, aber wie? Ihr wusstet es ja auch nicht. Und anstatt uns zu helfen und zu vergeben, zu sagen, 'Wegen unseren Fehlern seid ihr noch weiter abgedriftet, es tut uns leid', schlägt die Allianz weiter auf uns ein, und verdreht die Tatsachen.“ Daireans Stimme klang wütend, und Ylaria duckte sich unweigerlich etwa.s Sie hatte gar keine solche Diskussion lostreten wollen. „Ich.. es tut mir leid, ich wollte nicht..“ „Natürlich, du wolltest nicht. Aber das wollt ihr nie. Ihr beschuldigt nur gerne, ihr ach-so-sauberen Quel'dorei. Dabei ist es nur reiner Zufall, dass du nicht zu einer Blutelfe wurdest, Ylaria. Reiner Zufall. Wärst du in Silbermond gewesen, zu dem Zeitpunkt, hättest du auf unseren Prinzen gehört, auf unseren Lordregenten. Du wärst wie ich.. Uns würde kein unsinniger Graben trennen.“ Die letzten Worte aus seinem Mund klangen etwas ruhiger, und er zog eine Hand von ihrem Bauch weg, hob sie hoch, und strich ihr über die Wange. Die Berührung hatte etwas zärtlicheres an sich. Ylaria schweig. Sie konnte nichts darauf antworten, selbst wenn sie gewollt hätte. Noch nie hatte sie die Sache aus diesem Blickwinkel gesehen. Aber offensichtlich hatte Dairean mehr Zugang zu allen möglichen Informationen. Kein Wunder, wenn er in beiden Welten wandelte, selbst wenn die eine für ihn nur als Spion zugänglich war. „Dieser ganze Konflikt ist unsinnig“, murmelte er. Ihr Herz pochte schneller. Sein Wutausbruch war überraschend gekommen, doch dass es so schnell wieder abgeflaut war, liess sie noch verwirrter zurück. Sie seufzte etwas. „Ich wünschte.. ich.. hätte dich.. früher gekannt“, sagte sie leise, und schloss die Augen. „Das wünsche ich mir auch“, flüsterte er gegen ihr Ohr. Etwas später, einen halben Kilometer von der Schlucht entfernt. Tyballin seufzte. Natürlich hatten sie bisher nichts gefunden. Himmelswispern grub sich wie ein Besessener durch den Schnee, während Imenia und Himmelsflamme etwas systematischer vorgingen. Er selber blickte sich um. Die anderen zwei Silberbundler hatte er aus geschickt, um die Gegend von oben zu prüfen. Dort, wo sie jetzt standen, hatte es von oben nach einer etwas grösseren, unregelmässigen Schneewehe ausgesehen, also gruben sie jetzt. Es war lächerlich, das wussten alle ausser Himmelswispern. Sie gruben auf reine Vermutungen, die ziemlich sicher falsch waren. Und wofür? Um eine Leiche zu finden. Das glich einer Suche nach einer Silbermünze im goldenen Staatsschatz Silbermonds – es war genauso unsinnig. Dennoch wollte er Himmelswispern noch einige Zeit lassen. Er hoffte ja selbst, dass Silbersang noch auftauchen würde, oder die Leiche des Spions, oder.. womöglich sogar der Griff. Allerdings sagte ihm sein Verstand, der leider realistisch arbeitete, dass dies eine verlorene Hoffnung war. Er kletterte auf den Greifen, und wollte gerade Himmelswispern anweisen, als zwei Dinge passierten. „Da“, rief Leireth. Er wandte den Kopf zu ihr, doch sie zeigte nicht etwa auf den Boden, sondern in den Himmel im Norden. Er folgte ihrem Fingerzeig und stöhnte. Auch das noch.. Windreiter. Gleichzeitig landete einer der Elfen neben ihm auf dem Greifen. „Sire, Sire“, sagte er atemlos. „Ich habe etwas gefunden!“ Alle Augen wandten sich auf ihn. „Schnell, Aufsitzen. Wir müssen weg hier. Das sind die Sonnenhäscher“, befahl er den Anwesenden. „Die.. Sonnenhäscher?“ „Stellt keine Fragen. Sie sind es. Los, Methil, führ' uns hin“, herrschte er denjenigen an, der die Entdeckung gemacht hat. „Wir müssen zuerst da sein.“ Natürlich war er sich nicht sicher, ob sie es waren, aber es blieb kaum eine andere Möglichkeit. Trotz seiner Mahnung, Schnelligkeit walten zu lassen, dauerte es viel zu lange, bis Himmelswispern sich auf seinen Greifen gesetzt hatte. Sie waren nicht weit gekommen, als ihnen vier Windreiter den Flugraum absperrten, und sie notgedrungen landen mussten. „Es ist gleich hier, Sire“, raunte ihm sein Untergebener zu, und deutete in eine Richtung. Sie befanden sich nahe einer Schlucht, oder etwas ähnlichem. In einem abgestorbenen Baum an der gegenüberliegenden Klippe war etwas befestigt, golden, rot, glitzernd. Für ein Stück Stoff war es zu klein, es wirkte fast wie ein... „Ein Sattel“, sagte Feuerblüte, die neben ihm gelandet war. Die Sonnenhäscher hatten sich als Sonnenhäscher herausgestellt, und hatten sie kreisförmig umzingelt, waren von ihren Windreitern gestiegen. Tyballin musterte seine kleine Schar, die den anderen Elfen unterlegen war, und nahe am Klippenrand eingekesselt war. „So trifft man sich wieder, Melodir“, sagte dann eine ihm wohlbekannte Stimme. Ein Elf trat vor, und schlug die Kapuze zurück. Er war in den Farben der Sonnenhäscher gekleidet, und eine Fülle von hellblonden, glatten Haaren kam zum Vorschein. Er blickte Tyballin ernst an, was nichts daran änderte, dass dieser ihn sofort hasserfüllt anstarrte. „Hathorel“, zischte er. „So ist es. Und ich glaube, wir haben euch gerade rechtzeitig abgefangen, wenn es mich nicht täuscht.“ Tyballin verschränkte die Arme und starrte den anderen an. „Wenn ihr euren kleinen Spion retten wollt, der ist längst tot“, spie er den Sonnenhäschern entgegen. „So machen wir das mit allen Spionen, die wir erwischen.“ Hathorel verzog das Gesicht. „Lüg' mich nicht an, Tyballin. Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, wann du das tust.“ Sein Tonfall klang doch tatsächlich tadelnd. Tyballin starrte den anderen an, verschränkte die Arme. Schon allein der Anblick seines ehemaligen Freundes brachte ihn zur Weissglut. Verraten und betrogen hatte er ihn. Verraten, betrogen, und geblendet von den Elenden, die sich Sin'dorei nannten. „Siehe.. Irgendetwas sucht ihr hier. Und selbst wenn es nicht Sonnenhoffnung ist, dann ist es etwas anderes. Vielleicht einer eurer Leute?“ Hathorel blickte sich um, lächelte jeden einzeln an. < Ich glaube es nicht >, stöhnte Tyballin innerlich. Himmelswispern schaute betreten zu Boden. „Ah, so muss es sein“, grinste Hathorel. „Melodir, ich denke, wir sollten zusammenarbeiten.“ „Vergiss es“, spie Tyballin sofort aus. Dieser elende Taugenichts, er machte ihn wütend. Er wusste genau, dass Hathorel nur so überlegen und siegessicher war, weil sioe ihnen unterlegen waren. Es würde ganz anders aussehen, wenn die Situation anders herum wäre. Dann wäre Hathorel nämlich furchtbar nervös. Oder er bluffte auch nur. „Sei vernünftig. Ich schlage dir etwas vor.. Ich habe den Sattel da hinten am Baum nämlich auch schon entdeckt. Die Frage ist nur, wer die Beute für sich beschlagnahmen darf.“ „Das ist ganz klar – wir natürlich. Ihr habt hier nichts zu suchen.“ Leireth Himmelsflamme war vorgetreten und starrte Hathorel an. Sie war immerhin vernünftig genug, um nicht sofort anzugreifen. „Leireth, zurück“, zischte Feuerblüte. „Also..?“, grinste Hathorel. „Wisst ihr, ihr habt etwas, was wir wollen, nämlich ein Relikt. Und offrensichtlich ist da unten in der Schlucht irgendwo etwas, was ihr wollt.“ „Was wir wollen? Woher willst du wissen, was wir wollen, Jorith?“ Tyballin spie Hathorels Vornamen aus und starrte ihn an. „Mmh.. Ich nehme an, einer eurer Kämpfer.“, sagte Hathorel, erneut mit einem Seitenblick zu Verian, der zu Boden schaute. „Es könnte auch der Spion sein“, sagte Tyballin. „Oder beides zusammen. Was dann?“ Solange Hathorel noch dachte, der Griff sei in ihren Händen, hatte er einen Triumph auf der Seite. Er konnte Hathorel erpressen. Und wenn er es geschickt machte, kamen sie hier alle heil heraus. Sein ehemaliger Freund wiegte den Kopf hin und her, und strich sich über den Nasenflügel. Eine Hand hatte er an die Seite gelegt. Nähme in diesem Moment jemand Wetten an, hätte Tyballin seinen Monatssold darauf gesetzt, dass die Hand zitterte vor Aufregung und Nervosität. Er wurde etwas siegessicher und trat einen schritt vor, kam direkt vor Hathorel zu stehen. Dieser senkte die Stimme und sagte die folgenden Worte so leise, dass niemand der Umstehenden etwas davon hörte.„Wir wollen nur den Griff. Ein fairer Austausch für euren Mann.“ „Du beantwortest meine Frage nicht, Jorith.“ Erneut sagte er den Namen verächtlich, senkte aber ebenso die Stimme. Nicht alle mussten ihre Verhandlungen mitbekommen.. „Was ist mit eurem Spion Sonnenhoffnung?“ „Falls er sich da unten befindet.. dann... hm.. Betrachtet ihn als Finderlohn.“ Hathorel sprach in normaler Lautstärke weiter. „Finder.. lohn?“ Tyballin war so erstaunt, dass er das Wort lauter sagte, als beabsichtigt. Sowohl seine als auch Hathorels Leute blickten ihn an. Hathorel nickte. „Für den Griff haben wir mehr Verwendung als für ihn. Ihr könnt ihn haben. Was ist? Haben wir eine Einigung?“ Tyballin antwortete einen Atemzug nicht, um Hathorel das Gefühl zu geben, dass er um seine Fassung rang. Dann nickte er. „abgemacht.“ „Sehr gut“, sagte Hathorel. Drei Meter weiter unten drückte Dairean sich an die nackte Felswand. Die Worte waren zu ihm hinunter gedrungen, obwohl der Felsen über ihm leicht überhängend war. Aber seine Sinne waren übersensibel, und überreizt. ER hatte schon gedacht, er würde sich die Stimmen nur einbilden, als ein vages Echo zu ihnen in die Höhle nach unten gedrungen war. Trotz aller Freude, dass sie offensichtlich gefunden worden waren, hatte er sich vorsichtig hinausgeschlichen, eng an die Wand gedrückt, und war etwa fünfzehn Meter an der Felswand entlang gekrochen, bis er sich sicher sein konnte, dass er sich direkt unter den Sprechenden befand. Als er Hathorels Stimme erkannt hatte, fiel ihm ein riesig grosser Stein vom Herzen. Fast schon wollte er aufspringen, jubeln, aber er vernahm auch Tyballin, und war sich nicht sicher, was das bedeutete. Wer war stärker? Sollte er sich offenbaren? Nur wenige Momente später beglückwünschte er sich zu seiner Entscheidung, noch abgewartet zu haben. Er löste sich von der Wand, und schlich sich zurück, vorsichtig bemüht, kein Geräusch zu machen. < Finderlohn, Finderlohn, Finderlohn >, hallte es in seinem Kopf nach. Er verkrampfte die Faust, und biss die Zähne zusammen. Hathorel hatte ihn als Finderlohn offeriert! Finderlohn! Wie konnte er nur? Der Griff wäre mehr wert, hatte er gesagt. Tyballin hatte dem Handel zugestimmt, obwohl er den Griff nicht besass. Tyballin pokerte hoch, aber in diesem Moment empfand Dairean eine seltsame Verbundenheit mit dem Silberbundischen Arkanisten. < Nicht mit mir >, dachte Dairean, als er zurück in die Höhle schlüpfte. Ylaria blickte ihn erwartungsvoll an, doch er widmete sich ihr keine Sekunde. Stattdessen schnappte er sich die Satteltasche und zog den rechteckigen Behälter hervor, in dem sich der Griff befand. Er hatte nur noch wenige Minuten,dann würden sie die Höhle entdecken. Seine Fusspuren warne verräterisch genug. „Dairean? Was.. machst du?“ „Nicht mit mir“, knurrte er nur, und nahm den Griff in die eine Hand, den rechteckigen Kasten in den anderen. Er blickte nur kurz zu Ylaria. „Ich bin kein Finderlohn.“ Dann drang er tiefer in die Höhle ein, quetschte sich durch einen engen Spalt, den er bereits bei seinem letzten, erzwungene Aufenthalt in der Höhle entdeckt hatte. „Nicht mit mir“, murmelte er erneut. Der Spalt endete im Nirgendwo, das wusste er. Allerdings gab es da einen kleinen Riss, oben bei dem Spalt, der wohl durch Verschiebungen oder allgemeinem Druck entstanden war. Kaum auffindbar, kaum sichtbar. Er hatte damals gehofft, dass dort etwas Sonnenlicht durchfallen konnte, doch dem war nicht so. Jetzt war dies das beste Versteck, dass er sich denken konnte. Er klemmte den Griff in den dünnen Riss, und schob ihn mit viel Kraft hoch, so weit es ging. Dann bückte er sich, suchte nach einem Stein in Handtellergrösse, und schob ihn direkt hinterher. Er machte sich nicht die Mühe, sein Werk zu betrachten, sondern eilte sofort wieder in den Hauptraum der Höhle zurück, liess sich neben Ylaria fallen, ausser Atem. „Was.. hast du .. gemacht?“, fragte sie. „Etwas, was nötig ist.“, entgegnete er nur. „Rettung naht“, fügte er hinzu, noch bevor sie weitere Fragen stellen konnte. Wenige Momente später duckten sich sowohl Tyballin und Hathorel durch den Eingang hindurch. Beide hatten es sich offenbar nicht nehmen lassen, selber nachzuschauen. Dairean hatte sich neben Ylaria gesetzt, und die Augen geschlossen, tat so, als würde er schlafen. Er reagierte entsprechend überrascht, brach in Dankesbekundungen aus und schilderte, wie sie hierher geraten waren. Er schauspielerte gekonnt seine Freude und seine Überraschung, und machte den perfekten Eindruck eines Sin'dorei, der einfach nur erleichtert war. Ab und zu spürte er Ylarias Blick auf ihm, aber er mied es, sie anzuschauen. Natürlich wurde sein Gepäck durchsucht. Natürlich fand man nichts. Dairean grinste innerlich, als Tyballin anfing zu fluchen und Feuerblüte, die nach gekommen war, blass um die Nase wurde. Zumindest dachte er, das sie blass wurde. Sie hatte wohl bis zuletzt gehofft, den Griff bei ihm zu finden. „Wo ist er?“, fuhr sie ihn dann auch an. „Wo ist der Griff? Ich weiss, dass du ihn genommen hast, du elender Spion!“ Dairean setzte ein verstörtes Gesicht auf und blickte sie verständnislos an. „Was... wovon sprecht ihr?“ „Ihr habt den Griff genommen. Ihr wart auch bei Lorethiel und habt ihn getötet!“ Dairean lächelte innerlich. „Ich habe.. was?“, entgegnete er und spielte seinen Triumph aus. „Seid ihr noch bei Sinnen? Ich habe eure Kämpferin selbstlos gerettet, obwohl ich hätte abhauen können, und nun beschuldigt ihr mich, dass ich euren Lakaien umgebracht habe? Was für einen Sinn macht das bitteschön?“ In diesem Moment hoffte Dairean, dass Ylaria nichts sagen würde. Er spielte hoch, das musste er zugeben. Sie konnte seine Worte auch missverstehen, konnte denken, er hätte sie aus reiner Berechnung gerettet. Ylaria sagte nichts. Er spürte ihren Blick auf ihm, aber sie sagte nichts. Imenia schnaubte. „Feuerblüte, zurück“, sagte er, und funkelte sie an. Sie gehorchte. „Aber Melodir. Du hast unfair gespielt“, sagte Hathorel daraufhin, und trat vor den Arkanisten. „Du hättest mir sagen sollen, dass ihr den Griff nicht habt. Ich betrachte unsere Abmachung als erledigt“, teilte er ihm mit. „Was? Das wirst du nicht“, fuhr ihn Tyballin an. „Oh doch. Ihr nehmt eure Kämpferin, ich nehme meinen. Ihr kehrt in die Feste zurück, und startet erst morgen früh, wir kehren heute schon nach Dalaran zurück.“ „Das werden wir nicht“, begehrte Tyballin auf. Hathorel trat dich auf ihn zu. „Oh doch, das werden wir. Und dann werden wir diese ganze, unselige Geschichte vergessen, jetzt wo wir die Gelegenheit haben.“ Tyballin wollte wohl noch etwas entgegen, doch dann schloss er den Mund. Seine ganze Haltung kündete vom Aufgeben. Dairean lachte sich ins Fäustchen. < Nicht mit mir >, dachte er. < Und das gilt für beide von euch >. Fünfzehn Minuten später befand er sich auf einem Windreiter in der eisigen Luft über den Drachenhöhen. Das Ziel war Dalaran. Er blickte zurück, nur um zu sehen, wie mehrere Greifen ebenso abhoben, einen anderen Kurs aufnahmen. Sein Triumphgefühl verflog schlagartig. Als er wieder nach vorne blickte, auf den Rücken des Elfen, der mit ihm auf dem Windreiter sass, seufzte er, und zog den Umhang enger um sich, um sich vor der beissenden Kälte zu schützen. XXXX Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)