Momentaufnahmen von Terrormopf ================================================================================ Kapitel 2: Des Nachts --------------------- Noch kurz vorneweg: Was wäre eine Geschichte über Fußballer ohne Nutella? xD _______________________________________________________________________________ War er nicht noch eine Viertelstunde früher todmüde gewesen? Nun jedenfalls lag Phillip hellwach auf seinem Rücken in seinem Bett. Er hatte nur Boxershorts und ein T-Shirt an, sich nicht zugedeckt und das Fenster aufgerissen. Er hatte vergessen die Jalousien runterzulassen, als er am Morgen das Haus verlassen hatte, und nun war es bullenheiß; auch nicht gerade zuträglich, wenn man eigentlich schlafen wollte. Er setzte sich auf. Neben seinem Bett stand wie gewöhnlich eine Flasche Wasser nach der er griff, doch er trank nicht mehr als einen Schluck, denn es war genauso warm geworden wie der Raum selbst und so ziemlich eklig. Eigentlich wollte er nicht über das nachdenken, was zuvor auf der Tribüne passiert war, aber je mehr er diese Gedanken verdrängen wollte, desto weniger ließen sie sich vertreiben. Wie war es nur noch mal zu diesem Kuss gekommen? Leon hatte seine Hand gehalten. Eigentlich ja nicht nur gehalten – Phillip sah sie an und spürte, wie das Blut in ihr pulsierte, als er sich an Leons Berührungen erinnerte. Und dann? Er hatte sich wieder hinlegen wollen, aber irgendwie war sein Kopf in Leons Schoß gelandet. Es war wirklich nicht beabsichtigt gewesen. Er konnte sich nicht daran erinnern, so nahe an Leon gerutscht zu sein. Oder war Leon ihm auch näher gekommen? Der Rest stand außer Frage. Naja, das wohl auch nicht ganz. Bisher hatte er sich von Männern noch nie wirklich angezogen gefühlt. Den ein oder anderen hatte er zwar als attraktiv empfunden, aber er hätte niemals einen angemacht, geschweige denn ihn geküsst. Warum also Leon? Vielleicht hatte er das Bedürfnis ihn zusätzlich unter seine Fittiche zu nehmen? Aber andererseits sah Leon so liebesbedürftig und so liebenswert aus, dass es kein Wunder war. Schon sein Blick war meist zum Dahinschmelzen. Wirklich Gedanken hatte er sich um seine Sexualität nie gemacht; er war Fußballer – und wie viele Fußballer waren denn schon schwul? Aber anscheinend war er es. Seltsamerweise regte es ihn selbst gar nicht auf. Wenn er es den Leuten in seiner Umgebung, seinen Eltern und allen beichten müsste, dann sähe die Sache wohl noch mal anders aus, aber es mit sich selbst auszumachen, das war kein Problem für ihn. Eigentlich hatte er gedacht, dass Schwule und Lesben immer erst einen Kampf mit sich selbst schlagen mussten und eine harte Zeit hatten, bis sie die Tatsachen akzeptierten. Aber er empfand sich selbst ohnehin als relativ unkompliziert… vielleicht auch, weil er nicht gerade der Schlauste war. Langsam erhob er sich und ging in der Küche an den Kühlschrank. Als er ihn öffnete, drang grässlich hell das Licht auf ihn ein, aber gleichzeitig kam ihm eine angenehme Kühle entgegen. Er griff nach der Milchtüte und stellte sie auf die Anrichte, dann holte er sich ein Glas. Gerade wollte er die Milch einschenken, da klopfte es an der Wohnungstür. Phillip starrte einen Moment lang ungläubig auf die Anzeige des Backofens, auf deren Uhr es schon viertel vor eins war. Wer zur Hölle kam um diese Zeit zu ihm? Und warum benutzte derjenige nicht die Klingel, sondern klopfte? Ein erneutes Klopfen. War das erste noch etwas zaghaft gewesen, so war es diesmal schon fester. Sich mit der Hand durch die Haare fahrend, begab er sich schließlich doch zur Tür und öffnete diese. Vor ihm stand kein Geringerer als Leon. „Was willst du denn um die Uhrzeit hier? Bist du bescheuert? Du solltest schon längst schlafen!“ „Ich hab Licht in der Küche gesehen. Darf ich reinkommen?“ Leon sprach leise und aus seinem Tonfall konnte Phillip keine Stimmung herauslesen. „Alter, geh nach Hause in dein Bett, wo du hingehörst, du bist noch nicht mal annährend achtzehn!“ „Darf ich?“, fragte Leon unbeirrt und sah Phillip aus unergründlichen Augen an. „Bevor du jetzt auf die Idee kommst 'nen Sitzstreik zu starten“, seufzte Phillip und machte den Weg in seine Wohnung frei. Leon ließ es unkommentiert stehen, sondern ging einfach ins Wohnzimmer. Phillip schloss die Tür und folgte ihm dann – die Milch war vergessen. Er lehnte sich in den Türrahmen und betrachtete Leon eine Zeit lang schweigend. Dann setzte er sich neben ihn und fragte: „Also? Was willst du um diese Uhrzeit hier? Ist irgendwas passiert?“ Leon legte ihm eine Hand auf den Oberschenkel, sah ihn an und antwortete: „Ich konnte nicht schlafen.“ „Willkommen im Club“, murmelte Phillip daraufhin, allerdings mehr an sich selbst gerichtet. Leon reagierte aber auch gar nicht darauf, sondern rutschte näher an Phillip heran und fragte: „Bin ich der erste Kerl, den du geküsst hast?“ Etwas perplex fiel dem Stürmer der Mund auf. Für die Frage war er nun hergekommen? Mitten in der Nacht? Theoretisch hätte er ihn aus dem Schlaf reißen können! „Sag schon!“, drängte er nun. Immer noch irritiert nickte Phillip. „Du bist nicht mein erster“, gluckste Leon. Irgendwie hatte sich Phillip das fast schon gedacht. „Aber du hast ziemlich schnell die Initiative ergriffen. Bist du sicher, dass ich der Erste war?“ Erneut konnte Phillip nur nicken. Diese Situation hatte irgendwie etwas Skurriles an sich. Und als sich Leon nun rittlings auf seinen Schoß setzte, da wurde es nur noch surrealer. „Wieso genau hast du mich eigentlich geküsst?“, fragte er nun, legte seine Hände in Phillips Nacken, streichelte ihn leicht mit den Daumen. Er konnte nur mit den Achseln zucken und war froh nun wenigstens ein paar Wörter wieder zu finden, als er antwortete: „Mir war halt irgendwie danach, keine Ahnung warum.“ Leon küsste ihn. Doch gerade als er es erwidern wollte, waren dessen Lippen auch schon wieder von seinen verschwunden. „Vielleicht weil du mich attraktiv findest? Oder weil ich so genial Fußball spiele? Oder weil mein Charakter so einzigartig ist?“ „Keine Ahnung, aber ich hab’s doch getan, ist der Rest nicht eigentlich egal?“ Nun lehnte sich Leon nach vorne, berührte Phillips Stirn mit seiner. Er schloss die Augen und antwortete: „Eigentlich schon, aber es interessiert mich trotzdem. Dich habe ich geküsst, weil du gut aussiehst, fast alle meine Vorlagen verwandelst und weil wir uns irgendwie gut verstehen.“ Er küsste ihn erneut, diesmal etwas länger. Seine Lippen blieben nicht einmal fünf Zentimeter von Phillips entfernt und der spürte den warmen Atem auf seiner Haut. Phillip fühlte sich unwohl. Er drückte sich so weit es ging in die Lehne des Sofas zurück und sagte dann, sich mit der Hand Luft zufächelnd: „Mir ist übelst warm… und du funktionierst wie 'ne Wärmflasche…“ Er kam nicht dazu auszureden, denn Leon küsste ihn erneut. Er ließ seine Hände über Phillips Brust streichen, schob sie dann unter sein T-Shirt und als er seinen Bauch berührte, zuckte dieser zusammen. Ihn überkam eine Gänsehaut. Eigentlich berührte der Jüngere ihn kaum, sondern streifte seine Haut lediglich. Doch genau das fühlte sich irgendwie seltsam gut an. An seinen Flanken ließ Leon seine Hände liegen, kniff leicht in die letzten kleinen Speckreserven und grinste in den Kuss hinein, als er merkte, dass Phillip erneut zusammengezuckt war. Der Ältere hingegen erwiderte den Kuss zwar, aber blieb sonst regungslos sitzen. „Bin ich dir eigentlich zu schnell?“, fragte Leon plötzlich, schmiegte seine Wange an Phillips. Der fuhr sich nur gähnend durch die Haare und entgegnete: „Überleg mal, Junge, es ist fast ein Uhr Nachts, was erwartest du von mir?“ „Aber du warst doch eh wach, oder?“ Es hörte sich etwas unsicher an, wie er das sagte. Der Stürmer ließ jedoch nur den Kopf in den Nacken fallen und bestätigte die Aussage durch ein Brummen. „Soll ich wieder gehen?“, fragte Leon nun, hatte immer noch Zweifel in der Stimme. „Was zu trinken?“, fragte Phillip nur und schob Leon von sich um aufzustehen. „Was hast du denn da?“ Der Jüngere hob fragend die Augenbrauen, streckte sich auf dem Sofa aus. „Wasser, Milch und Bier.“ „Wie immer nicht unbedingt die größte Auswahl“, murrte er, entschied sich dann allerdings für ein Glas Wasser. Phillip nickte zur Bestätigung und ging in die Küche. Zuerst schenkte er sich die zuvor stehen gelassene Milch in sein Glas, dann füllte er noch eines mit Leitungswasser. Müde fuhr er sich mit den Händen übers Gesicht. Was zur Hölle wollte der Junge um die Uhrzeit bei ihm? War er nur gekommen, um mit ihm rumzumachen? Ein komischer Kauz… Mit den beiden Gläsern in der Hand kam er zurück ins Wohnzimmer und fand Leon immer noch gemütlich auf dem Sofa ausgestreckt liegend vor. Er hielt ihm das Wasser kommentarlos hin und Leon leerte das Glas in einem Zug. Warum hatte er nichts gesagt, wenn er so durstig gewesen war? Irgendwie war es heiß und stickig in dem Raum. Er hatte natürlich mal wieder nicht daran gedacht die Türen und Fenster auch im Rest der Wohnung aufzumachen. Wieso war es auch plötzlich so schrecklich heiß geworden? Von einem Tag auf den anderen. Verfluchte Globale Erwärmung! „Mach mir mal Platz da“, murmelte er und Leon hob prompt seine Beine an, sodass Phillip sich auch noch auf das Sofa setzen konnte. Doch kaum saß er, landeten Leons Beine schon wieder auf seinem Schoß. „Sind wir jetzt eigentlich zusammen?“, fragte der plötzlich unverblümt und Phillip sah ihn einen Moment lang erstaunt an, bis er fragte: „Wie meinst du das denn jetzt?“ „Na ich hab dich ja im Auto gefragt, ob wir uns jetzt öfter küssen werden und du hast nicht verneint. Heißt das, dass wir jetzt zusammen sind? So ein richtiges Pärchen?“ Er lächelte spitzbübisch und Phillip musste schlucken. Was sollte er ihm darauf antworten? Darüber hatte er sich noch keine Gedanken gemacht. „Jetzt sag schon!“, drängte Leon, winkelte sein Bein etwas an, damit er ihm mit dem großen Zeh in den Bauch pieken konnte. „Keine Ahnung.“ Er hob die Schultern, sah seinen Mitspieler etwas hilflos an. „Also ich wäre ja dafür“, grinste der weiter, schien gar nicht müde zu sein, obwohl das Zimmer nur durch die entfernte Straßenlaterne erleuchtet wurde und ansonsten im Halbdunkel lag. Phillip fuhr sich erneut durch die Haare, fühlte sich etwas verlegen, als er antwortete: „Müssen wir es dann nicht allen sagen?“ Leon schüttelte den Kopf. „Wird es dann nicht zu stressig?“ Erneut schüttelte Leon den Kopf. „Du hast offensichtlich Erfahrung in solchen Dingen…“, stellte er resignierend fest, aber Leon schüttelte wieder den Kopf und grinste nur. „Aber ich dachte…“, setzte Phillip an, wurde jedoch von Leon unterbrochen: „Ich hab gesagt, dass du nicht der erste Typ warst, den ich geküsst habe, aber das muss noch lange nicht heißen, dass ich schon mal mit einem zusammen war.“ Da hatte er allerdings Recht. „Aber du musst dir klar machen, dass die anderen aus der Mannschaft wirklich nichts davon mitbekommen dürfen, sonst haben wir nämlich ein Problem und…“ Erneut ließ Leon ihn nicht ausreden, sondern setzte sich auf, küsste ihn sanft und flüsterte: „Lass doch mal dieses bescheuerte ‚Aber’. Sind wir zusammen oder nicht? Ja oder Nein. Aber gibt’s nicht!“ Einen Moment lang überlegte Phillip noch, dann nickte er schlussendlich. Was hatte er schon zu verlieren? Er mochte Leon und fühlte sich auch zu ihm hingezogen. Und wenn er ihm damit eine Freude bereiten sollte, dann war es auch nicht das Schlechteste „Mein erster Freund!“, lachte Leon glücklich, packte Phillip beim Kragen seines Shirts und zog ihn mit sich in die Horizontale, sodass er jetzt unter dem Schreiner lag. Er küsste ihn glücklich und ignorierte geflissentlich, dass Phillip das Blut in den Kopf schoss. Unbeirrt streichelte Leon ihm durchs Haar; küsste ihn immer wieder. Phillip hingegen fühlte sich dazu nicht wirklich imstande, sondern zwirbelte lieber Leons dunkle Locken, die in diesem Zwielicht mehr schwarz wirkten. „Und was sollen wir jetzt machen?“, fragte Leon nach einer Weile. Phillip zuckte mit den Schultern, entgegnete trocken: „Wie wär’s mit Schlafen gehen?“ „Gute Idee, ich bin auch schon ziemlich müde. Dein Bett ist ja groß genug für zwei, ne?“ Phillip hob die Augenbrauen. Das war jetzt nicht sein Ernst? „Jetzt laber nicht dumm rum, deine Eltern haben keine Ahnung wo du bist und kriegen wahrscheinlich 'nen Herzinfarkt, wenn sie dein Bettchen morgen leer auffinden. Geh lieber mal brav nach Hause.“ „Das passt schon, die sind das von mir gewöhnt, außerdem hab ich ihnen 'nen Zettel geschrieben“ Erneut sein spitzbübisches Lächeln. „Du spinnst doch.“ Er erhob sich endlich vom Libero, trank seine Milch aus und ging ins Schlafzimmer. Wenn er unbedingt wollte. Leon folgte ihm unbeirrt. Als sie im Schlafzimmer waren, ließ Phillip sich in sein Bett fallen und sah zu Leon. Der zog sich die kurze Hose und sein T-Shirt aus und stieg dann – nur in Boxershorts – zu ihm ins Bett. „Gute Nacht“, murmelte Phillip und schloss die Augen, öffnete sie allerdings sofort darauf wieder, als er Leons Lippen auf seinen spürte. Der Kuss wollte nicht abbrechen und so überwand er sich dazu ihn sanft zu erwidern. Dann hörte er auch Leon sagen: „Gute Nacht, schlaf gut“ und spürte, wie er sich an ihn kuschelte. Na da hatte er sich ja was eingefangen… Behutsam legte er seine Arme um Leon und legte sein Kinn auf dessen Haarschopf. Erst jetzt fiel ihm auf, wie gut seine Haare eigentlich rochen. Langsam und gleichmäßig spürte er Leons Atemzüge in seiner Umarmung, wurde dadurch selbst endlich schläfrig. Und kurz bevor er in den Schlaf abdriftete, gab er seinem Freund noch einen sanften Kuss auf den Haarschopf. Sein Wecker klingelte. Glücklicherweise verfiel er nur in den Snooze-Zustand, wenn man drauf schlug, denn genau das tat Phillip und drehte sich noch einmal um. Er wusste, dass Leon in seinem Bett lag, doch hatte er ihn wohl in der Nacht aus dem Griff verloren, denn nun hatte er keinen Libero in den Armen, der sich an ihn schmuste. Aber dafür spürte er jetzt, wie sich die Matratze bewegte, hörte das Laken rascheln. „Morgen“, murmelte Leon. Phillip drehte sich zu ihm um und sah gerade noch, wie er sich müde über die Augen rieb und gähnte. Er musste lächeln. Ja, da hatte er sich auf was eingelassen. Er erwiderte den Gruß. Am liebsten hätte er Leon einige verstrubbelte Haarsträhnen aus der Stirn gestrichen, aber soviel Vertrautheit widerstrebte ihm doch noch. Obwohl es wirklich sehr verlockend war. Leon jedoch kam ihm zuvor, indem er sich selbst mit der Hand durch die Haare fuhr. Er ließ sich auf den Rücken fallen – davor hatte er auf der Seite gelegen – setzte sich schließlich auf. Mit verschlafenen Augen blickte er sich um, schmatzte etwas. „Hast du eigentlich irgendwo hier 'ne Ersatzzahnbürste?“ Er sah sich weiter um, als vermutete er diese irgendwo im Zimmer. „Ja, im Bad, ich hol sie dir nachher.“ „Wie viel Uhr haben wir eigentlich?“ „Halb sieben.“ Phillip setzte sich ebenfalls auf, doch nun verdeckte der Libero das Gesicht mit den Händen und ließ sich schwerfällig zurück ins Bett fallen. Er stöhnte und Phillip meinte verstehen zu können: „Viel zu früh, ich will noch schlafen!“ „Los, jetzt steh schon auf.“ Er klatschte dem Jüngeren mit der flachen Hand auf den Bauch und der hob erschrocken Oberkörper und Beine. Zufrieden grinsend beobachtete Phillip, wie sich sein Handabdruck rot auf dem Bauch abzeichnete. Dann stellte er seinen Wecker ganz aus und schwang die Beine aus dem Bett, um ins Bad zu gehen. Er duschte schnell, machte sich die Haare und putzte sich die Zähne. Bevor er jedoch das Bad verließ, legte er noch die verpackte Ersatzzahnbürste und ein Handtuch für Leon heraus, dann ging er im Bademantel zurück ins Schlafzimmer, wo Leon noch immer im Bett lag und wieder eingeschlafen zu sein schien. Er schüttelte den Kopf, ließ ihn aber liegen, zog sich stattdessen frische Unterwäsche aus dem Schrank, zog sie sich an und fischte dann seine Arbeitsklamotten vom Stuhl, zog auch die noch über. Jetzt erst beugte er sich über Leon, fasste ihn an der Schulter, rüttelte ihn sanft. „Los, jetzt steh schon auf. Ich hab dir 'ne Zahnbürste und ein Handtuch im Bad rausgelegt. Jetzt komm, ich hab auch nicht ewig Zeit, ich muss bald los!“ Murrend erhob sich Leon, fuhr sich noch einmal durch die Haare – er machte das oft. Doch er zog nun Phillip zu sich und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen und sagte lächelnd: „Noch mal guten Morgen, mein Lieber.“ Abrupt ließ er den Stürmer wieder los und ging aus dem Schlafzimmer, wohl um ins Bad zu gehen. Phillip seufzte nur und folgte ihm. Er klopfte an die verschlossene Badezimmertür und rief hinein: „Willst du Cornflakes oder Toast?“ „Hast du Nutella?“ „Ja.“ „Dann Toast!“ Na wenn er meinte. Er selbst ging nun in die Küche, setzte Kaffee auf und deckte den kleinen Tisch, der in einer Ecke stand. Zwei Tassen, zwei Gläser, ein Teller, eine Schüssel, Besteck, Milch, Wasser, Nutella, Cornflakes und Toast. Anschließend schaltete er das Radio an und lauschte der tollen Musik, die ihm da entgegenschallte. Er entschloss sich es wieder auszuschalten, setzte sich also still an den Tisch und wartete. Leon brauchte gar nicht so lange, bis er zu ihm kam. Er streifte seine Schulter im Vorbeigehen mit seiner Hand, setzte sich ihm dann gegenüber. „Danke sehr, 'ne Dusche tat gut, du hast es doch ziemlich warm hier…“, stellte er fest, schob die ersten beiden Toasts in den Toaster, der ebenfalls auf dem Tisch stand. „Sorry, ich hab vergessen die Jalousien runterzulassen und die Fenster aufzumachen. Normalerweise hab ich’s nich so heiß, ich kann Hitze eh nicht ausstehen.“ Er füllte seine Schüssel mit Cornflakes, dann mit Milch und begann zu essen. Leon wartete noch. „Sag mal“, begann Phillip, schluckte den letzten Bissen runter. „Ist das wirklich nicht wahnsinnig nervig mit den Haaren? Die sind ja immer noch nicht trocken. Und beim Spielen?“ Nachdenklich fuhr Leon sich wieder durch die Haare, behielt seine Hand am Hinterkopf und verwuschelte die noch feuchte Haarmähne zusätzlich. Dann sagte er: „Nö, das passt schon, ich muss sie ja nich extra föhnen oder so, die sehen eh am besten aus, wenn ich sie lufttrocknen lasse. Und beim Spielen trag ich ja immer ein Haarband.“ „Also mich würde das verrückt machen“, erwiderte er und schob sich den nächsten Löffel Cornflakes in den Mund. „Ich meine mich erinnern zu können, dass wir das Thema schon mal hatten… Weißt du noch? Bei Deutschland gegen Russland. Und mich würden eher so kurze Haare verrückt machen, ich häng an meinen Locken“ Er grinste verschmitzt, beugte sich vor und fuhr Phillip über den Kopf. „Wie 'ne Fußmatte“, kommentierte er und sein Grinsen wurde noch breiter. Der Schreiner überhörte das geflissentlich und wies ihn nur freundlich darauf hin, dass sein Toast fertig sei. „Bist du jetzt beleidigt?“, fragte Leon, wirkte kein Stück schuldbewusst, wie er da saß und immer noch grinsend seinen Toast mit einer dicken Schicht Nutella überzog. „Wenn dich meine Haare stören, ist das dein Problem. Ich mag sie so.“ „Ich doch auch!“ Nun lachte er. „Hast du nachher Schule?“ Ein ziemlich abrupter Themenwechsel, aber er mochte Komplimente – und alle Dinge in der Art – nicht sehr, wusste nie genau wie er damit umgehen sollte. Mit vollem Mund nickte Leon und verzog das Gesicht um seinen Unwillen kund zu tun. Das Frühstück verlief nun schweigend und auch für den Rest des Morgens sprachen sie nicht viel miteinander. Phillip überflog irgendwann kurz die Artikel in der Zeitung, trank seinen Kaffee. Leon trank auch Kaffee, aber hatte so viel Milch und Zucker reingekippt, dass er unmöglich noch nach Kaffee schmecken konnte. Aber jeder wie es ihm passt, dachte sich Phillip, er trank ihn eben lieber schwarz. „Ich muss jetzt los, sonst komm ich zu spät. Dir wünsch ich viel Spaß in der Schule.“ Nun konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Haha“, kam es ihm etwas beleidigt entgegen und Leon knuffte ihn in die Seite. „Dann werd ich mich wohl auch mal auf den Weg machen, ich muss ja noch von daheim meine Schulsachen holen. Wir sehen uns.“ Er stand auf und erneut spürte Phillip Leons Lippen auf seinen. Irgendwie war ihm diese ganze Küsserei zu viel. Dennoch wuschelte er dem Schüler noch mal durch die Haare, bevor der das Haus verließ. Er ging ein letztes Mal ins Bad, um seine Frisur zu überprüfen. Eigentlich streifte sein Blick dabei nur beiläufig den Becher in dem seine Zahnbürste stand, doch er blieb daran hängen. Nun hatte sich eine zweite dazugesellt. Als er in sein Auto stieg und den Motor startete, wurde es ihm erst wirklich bewusst: Er war nun in einer Beziehung. Er hatte jetzt einen Freund. 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