Wolfsliebe von Scarla ================================================================================ Kapitel 29: Das Ende des Krieges -------------------------------- So endete der Krieg. Die vier, die zwischen den Welten standen, gingen ihren Weg zu Ende. Sie fanden einfach nur zu sich selbst. Sie wussten nun, was für sie am Wichtigsten war, in ihrem Leben und sie würden es nicht mehr verlieren. Sie waren am Ende angekommen und vor ihnen lag nichts anderes als Friede. Sie warteten einfach. Sie wussten, dass sie in demselben Moment, als sie verstanden hatten was ihnen am liebsten war, der Tag und die Nacht immer mehr ihrer Macht wiederbekommen hatten. Sie waren nicht hier, aber sie wussten alle, dass sie dennoch ihre Macht nutzten, um Gutes zu tun. Da hörten sie Hufgetrappel und nur Augenblicke später stürzten unzählige Reiter auf den Platz. Sie verteilten sich suchend, einige stürzten auch in den Turm, doch waren es nur jene, die das Wappen von Navarre trugen, einen Fennek vor einem roten Wüstenmond. Diejenigen, die den Raben und das Pferd im Wappen führten, hielten sich fern, kontrollierten stattdessen die Straßen. Die Zauberer beobachteten es ruhig, da kamen drei Pferde direkt auf sie zu galoppiert. Das vorderste war eine weiße Stute mit schwarzem Langhaar, flankiert wurde sie von einem Grauschimmel und einer braunen Stute mit hellem Langhaar. Und auf ihrem Rücken saßen Tariq, Nikolai und Nabao. »Lugh!«, rief der junge König und zügelte die temperamentvolle Stute und rutschte aus dem Sattel. »Tariq…« Der junge Zauberer hätte seinen Freund fast nicht wieder erkannt. Er sah so völlig anders aus, als noch vor einem Jahr. So viel erwachsener, wie ein König eben. Und der Ernst, die Sorgen, dabei jedoch auch die Erleichterung und die Freude ließen ihn viel älter erscheinen, als er eigentlich war. »Ihr lebt, wir waren noch rechtzeitig hier«, flüsterte auch Nabao und sackte auf dem Pferderücken regelrecht in sich zusammen, bevor auch er und Nikolai aus den Sätteln kletterten und auf sie zugingen, dabei sich um die Jahreszeiten nicht weiter kümmerten. »Der Kampf ist zu Ende, Rex wird nichts böses mehr tun«, erklärte der junge Zauberer, während sich die Welt um ihn zu drehen begann. Er spürte, dass die Wunde wieder heftig blutete, aber er wusste, dass es so wichtig war, dass er hier war, dass ihm nicht einmal der Gedanke kam, zu gehen. »Viel wichtiger ist, dass ihr noch lebt! Als wir hörten, dass sie die Verräter gefangen haben und sie heute hingerichtet werden sollten, haben wir angegriffen, doch wir fürchteten, schon zu spät zu kommen…« Nabao sprach zwar zu Lugh Akhtar, doch konnte er dabei seinen Blick nicht von Ice wenden. Der zögerte kurz, er hatte nicht vergessen, was Soul ihm erzählt hatte. Er wusste, dass es Zeit war, dass er sich einmal mit seinem Vater aussprach, doch es fiel ihm so schwer. »Unsere mächtigsten Verbündeten haben uns geholfen«, erklärte Nea leise und deutete einmal in die Runde. Da tauchten mit einem Mal Drafnar und Paivi auf, doch es waren nicht mehr jene Jammergestalten, als die sie sie kennen lernten. Die Nacht war nach wie vor tiefschwarz und von unzähligen weißen Leuchtflecken bedeckt, doch die Münzen verdeckten nicht mehr seine Augen, die ebenso hell leuchteten, wie der Mond. Er weinte auch keine blutigen Tränen mehr, stattdessen lächelte er glücklich. Und auch Paivi wurde nicht mehr von Feuermalen verunstaltet, sondern ihr Fell glänzte golden und seidig, ihre Feueraugen waren sanft und gütig und sie wirkte so edel und anmutig, wie ein Blatt im Wind. »Der sinnlose Krieg ist vorbei und wir werden keinen neuen zulassen. Es ist jetzt an euch, aus eurem Leben zu machen, was auch immer ihr daraus tun wollt, es steht euch nichts mehr im Weg«, lächelte sie. »Aber wir möchten euch danken. Es ist zwar nicht viel, aber das Einzige, was wir tun können. Und nutzt die Zeit, sie wird nicht von langer Dauer sein«, sprach die Nacht weiter. Dann verschwanden sie und im ersten Moment verstand niemand, was er eigentlich gemeint hatte, doch dann gewahren sie die Gestalten, die sich um sie herum materialisierten. Sie kannten die wenigsten, doch jeder von ihnen gewahr eine Gestalt, die er gekannt hatte. Im ersten Moment verstand Lugh Akhtar nicht einmal, was für Gestalten es waren. Erst, als er einen jungen Mann mit schwarzem Haar und braunen Augen gewahr, der sie warm anlächelte, da verstand er. Die Person stand da, so wie der junge Zauberer ihn in Erinnerung hatte. Ohne seine Nordlichtaugen, nicht in Wolfsgestalt, nicht als Wesen, dass er nicht verstand, sondern als sein Vater. »Kanoa?«, fragte er leise und voller Unglaube. Auch Soul und Cinder starrten ihn an. Obwohl sie ihn nicht als Mensch kennen gelernt hatten, hatten sie ihn dennoch sofort erkannt. »Fjodor, Cinder und Soul… meine Kinder«, lächelte Kanoa und brach damit den Bann. Wie auf ein Kommando hin stürzten sie sich alle drei in seine ausgebreiteten Arme, vergaßen dabei, wie schlecht es ihnen ging, wie verletzt und müde sie waren. »Wir haben dich so sehr vermisst«, schluchzte Cinder und vergrub ihr Gesicht in seiner Kleidung. »Ich weiß, aber weint nicht«, tröstete er sie, während er alle drei fest an sich drückte. »Der Tod ist nicht das Ende. Zumindest nicht dann, wenn die Zeit gekommen ist. Deswegen weint nicht um mich, es ist gut so, wie es ist.« »Aber das ist so grausam! Wieso bist du nur gegangen?«, weinte Soul und schaute ihn aus ihren ungleichen Augen an. »Ich bin nicht völlig fort, vergiss das nicht. Ich bin immer bei euch. Kein Wesen ist wirklich tot, wenn es noch irgendwen gibt, der sich seiner erinnert. Vergesst mich einfach nicht, dann lebe ich ewig. In euch, in allem, was ihr denkt, sagt oder tut«, flüsterte er und gab seinen Töchtern einen Kuss auf ihr Haar. »Bleib doch einfach hier, wir brauchen dich«, bat Cinder, doch er schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich bin nur hier, um mich zu verabschieden. Ein Abschied, bis wir uns wieder sehen, doch ich hoffe, dass das noch viele Jahre dauern wird«, erklärte er leise. »Versprichst du es uns? Dass wir uns wieder sehen werden?«, fragte Soul mit verweintem Gesicht. »Natürlich. Wenn die Zeit dafür gekommen ist. Doch solange vergesst mich nicht und lebt euer Leben, so gut es euch möglich ist«, flüsterte er ihnen zu. Dann deutete er auf zwei junge Mädchen, die etwas abseits standen und glücklich lächelten. »Doch auch von ihnen solltet ihr euch noch einmal verabschieden.« Die Schwestern schauten auf die Mädchen und verstanden, dass es Nalani und Laiya waren. Sie zögerten, doch natürlich hatte er recht. Sie drückten sich noch einmal fest an Kanoa, dann gingen sie zu ihren Freundinnen, die ihnen einst so viel bedeutet hatten. »Was geschieht hier nur?«, fragte Lugh Akhtar da leise und schaute sich um. Er sah, wie Nikolai eine junge Frau im Arm hielt und er wusste, dass es sein Schutzgeist war, die in ihrer Menschengestalt zu ihm gekommen war. Er gewahr eine wunderschöne Frau, die mit Ice und Nabao sprach, er erblickte den König von Lanta, der Tariq, der plötzlich wieder so jung und schutzlos wirkte, wie ein Hundewelpe, und er sah Sly, der ein kleines Mädchen so heftig an sich drückte, wie es nur möglich war. Nea stand daneben, weinte leise und versuchte ebenfalls das Mädchen an sich zu drücken, so gut es ging. »Das ist das Geschenk von Drafnar und Paivi. Ihr alle habt so unendlich viel für sie getan, wie man es kaum glauben mag, und ihr habt niemals etwas dafür verlangt. Und dafür wollen sie euch danken, indem sie euch die Möglichkeit geben, noch mal mit jenen zu sprechen, die fort sind, die euch aber so unendlich viel bedeutet haben. Nicht einmal sie können dem Tod gänzlich ins Gesicht lachen, aber sie können dies für euch tun. Und das wiederum bedeutet euch offensichtlich so viel, wie kaum etwas sonst auf der Welt«, erklärte Kanoa leise. »Ja. Kanoa, ich… ich will dir so viel erzählen, ich hab dir so viel zu sagen…« Lugh Akhtar schaute zu seinem Vater auf, die Tränen konnte er nicht mehr zurückhalten. Sie liefen nun auch ihm ungebremst über die Wangen. »Ich weiß, denn mir geht es ebenso. Die Zeit, die ich mit euch verbringen durfte war viel zu kurz, aber es war die schönste, die es in meinem Leben gab. Ich werde sie niemals vergessen. Solange ein Teil von mir irgendwo existiert, werde ich es nicht vergessen.« »Und ich werde dich nicht vergessen. Gemeinsam bis ans Ende der Welt«, flüsterte Lugh Akhtar leise die Worte, die ihm immer Kraft gaben, wenn er sie brauchte. Dann schloss er die Augen. Das Nächste, was er bewusst wahrnahm war, wie er im Schnee kniete und Blut erbrach. Er hörte aufgeregte Stimmen um sich herum, doch die Schwäche griff wieder nach seinen Gedanken. Er versuchte bei Bewusstsein zu bleiben, doch er wurde wieder ohnmächtig. Als er das nächste Mal erwachte, war er in dem Zimmer, das er während der Lehrzeit im Zaubererturm bewohnt hatte. Er erkannte es sofort, warum wusste er jedoch nicht. Es waren ein paar Stunden vergangen, das verriet ihm das rote Abendlicht, das er sehen konnte. Er gewahr eine junge Frau an seinem Bett, die er nicht kannte, doch die roten Haare wiesen sie als eine von Neas Schwestern aus. Sie sprach leise mit jemandem außerhalb seines Blickfeldes, bemerkte dann aber, dass er wach war. »Hallo, junger Zauberer. Ich bin Page, eine Schwester von Hope und Nea«, stellte sie sich leise vor und lächelte dabei beruhigend. Lugh Akhtar wollte darauf etwas antworten, doch konnte er nicht, es kam nur ein Krächzen über seine Lippen. »Versuch gar nicht erst, etwas zu tun. Du hast sehr viel Blut verloren, eigentlich ist es ein Wunder, dass du überhaupt noch einmal aufgewacht bist. Ruh dich aus und schlaf«, meinte sie und lächelte. Doch Lugh Akhtar wollte nicht schlafen, er wollte wissen, was geschehen war. Wie konnte er sich nur verständlich machen? Doch da griff schon wieder die Müdigkeit nach ihm. Er wusste nicht, wie viel Zeit nun vergangen war, doch als er erneut erwachte, saß Sly an seiner Seite und hielt gedankenverloren Leilani im Arm. Er summte leise ein Lied, das der junge Zauberer sehr gut kannte, denn seine Mutter, Channa, sie hatte es ihm immer leise vorgesungen. »Sly«, krächzte der junge Zauberer. Er fühlte sich zwar schwach, aber deutlich besser und nun war es ihm auch möglich zu sprechen, daraus schloss er, dass weit mehr Zeit vergangen war. Der Rotschopf dagegen zuckte zusammen und schaute dann erleichtert auf ihn hinab. »Na, wieder wach?«, fragte er leise. »Wie lange hab ich geschlafen?« Der junge Zauberer versuchte sich aufzurichten, doch das führte nur dazu, dass ein scharfer Schmerz durch seinen Rücken schoss, also ließ er es. »Zwei Wochen. Du hast sehr viel Blut verloren, eigentlich ist es schon erstaunlich, dass du das überhaupt geschafft hast, aber andererseits…« Sly zuckte die Schultern und lächelte. »Was… ist geschehen? Ist Rex… tot?« »Nein. Niemand hat ihm ein Haar gekrümmt und das wird auch niemand tun. Tag und Nacht haben ihm seine Kräfte genommen, er ist jetzt nur noch ein gewöhnlicher Mensch. Eher weniger als das, ich denke, er ist wahnsinnig geworden. Wer weiß, was er gesehen hat… Ansonsten… Soul hat ihre Tochter bekommen, Alexia heißt sie, aber ich denke, das hast du ihr schon am Turm angesehen, oder?« Jetzt, wo der junge Zauberer so darüber nachdachte, fiel es ihm auch auf. Damals nicht, aber da hatte er auch andere Dinge im Kopf. »Und sonst? Was geschah, nachdem ich ohnmächtig wurde?«, fragte er weiter. »Die… Toten, sie sind wieder gegangen.« Der Rotschopf wirkte nicht, als wäre er traurig darüber, denn er lächelte voller Freude. »Das Mädchen war Namida, oder?« »Ja. Sie alle sind wiedergekommen. Für einen kurzen Moment nur, aber sie alle waren wieder da. Und nachdem sie wieder gegangen sind, und wir dich hierher gebracht hatten, da hat… der Sommer mich wieder freigegeben. Er meinte, er könnte einen solchen Nichtsnutz wie mich nicht brauchen, aber… er war der erste, der es mit einem Augenzwinkern sagte.« Sly wirkte glücklich. »Du bist ja auch kein Nichtsnutz. Sly, du bist ebenso wichtig, wie alle anderen auch.« Darauf lächelte der Rotschopf verlegen, schüttelte aber den Kopf. »Tust du mir einen Gefallen?«, fragte er leise. »Kommt auf den Gefallen an.« »Nenn mich nicht mehr Sly. Sly ist der Durchtriebene, der Listige, der Schlaue. Der Verräter. Ich möchte aber kein Verräter mehr sein. Ich möchte jetzt nur noch Hope sein.« Lugh Akhtar lächelte und nickte leicht. »Dann Hope. Es passt auch viel besser zu dir«, erklärte er. »Danke… na ja, wo war ich? Ach ja, der Sommer hat mich freigegeben. Danach waren wir erst einmal in Sorge um dich, was du da auch schon wieder angestellt hast… aber als dann klar war, dass du es überleben würdest, da hat Tariq seine Verlobung mit Maya verkündet. Und Ice hat sich endlich mit seinem Vater ausgesprochen, dabei hat sich herausgestellt, dass alles eigentlich nur ein Missverständnis war. Sobald es dir wieder gut geht, wird Ice zum Kaiser gekrönt! Stell dir das mal vor, Ice und Soul werden die Herrscher von Navarre!« Das überraschte Lugh Akhtar wirklich. Damit hätte er nicht gerechnet, aber es freute ihn. So würde das Volk ein gutes Herrscherpaar bekommen, die gütig und gerecht herrschen werden, dessen war er sich sicher. »Und die anderen? Nikolai, Ikaika, Kinaya und Kenai? Und… Nea?« Er traute sich fast nicht zu fragen und hatte Angst vor der Antwort. »Kinaya ist wieder nach Wendel geritten, als klar war, dass es dir besser ging. Sie will deinen Zieheltern Bescheid geben und dann nach Hause gehen, wir sollen ihr die Neuigkeiten schreiben. Ikaika ist wieder über die Mauer zurückgegangen, er will erst Rose und ihre Kinder nach Hause bringen, und sich dann wieder dem Blutmondrudel anschließen. Er weiß jetzt, dass Tariq seine Aufgabe gut meistern wird, er hat ja gute Freunde, die ihm helfen, wenn es nötig sein sollte. Nikolai ist erst einmal wieder der Gildenmeister, aber er will sein Amt bald abgeben, es gibt auch schon einige Kandidaten zu seiner Nachfolge. Und Kenai und Nea… na ja, Kenai ist mit seiner Liebsten gegangen…« Hope wirkte angespannt. »Also ist Nea fort…?« Entsetzen griff nach Lugh Akhtars Herz und für einen Moment schaute ihn der Rotschopf so ernst an, dass er fast zu zittern begann, doch dann lächelte er. »Nein. Sie versucht sich abzulenken, indem sie das weiterführt, was deine Aufgabe ist: Cinder das Zaubern beibringen. Sie wird bei dir bleiben, Lugh. Sie liebt dich. Und sie erwartet ein Kind von dir, wenn das mal nicht bindend ist…« »Hope verdammt, musst du mich so erschrecken?«, fauchte der junge Zauberer, doch war es ihm so lieber, als wäre wahr, was sein Freund ihm sagte. »Entschuldige, aber das musste einfach sein… noch etwas, was du wissen willst?« »Nein, ich denke, das war so das Wichtigste… oder nein, mit welcher Liebsten ist Kenai denn dann gegangen?« »Mit dem Frühling«, antwortete der Rotschopf augenzwinkernd. »Dem… Frühling?« Das erstaunte den jungen Zauberer, doch dann nickte er. Warum auch nicht? Kenai hatte es durchaus verdient, dass auch er die Liebe fand. »Gut, wenn du nicht mehr wissen möchtest, dann sag ich kurz in der Küche bescheid, dass du wach bist, sonst verhungerst du noch.« Lugh Akhtar nickte nachdenklich, als es an der Tür klopfte. Ohne auf eine Antwort zu warten öffnete Nikolai und trat ein. Als er sah, dass sein ehemaliger Schüler wach war, schlich sich ein erleichtertes, warmes Lächeln auf seine Lippen. Hope ging an ihm vorbei und verließ den Raum. »Es freut mich, dich wach zu sehen, Makani«, erklärte er und setzte sich dorthin, wo zuvor Hope gesessen hatte. »Es geht mir auch schon erstaunlich gut… aber ich denke nicht, dass du deswegen hier bist…?« »Unter anderem schon, aber natürlich nicht nur. Ich möchte… dich fragen, ob du Interesse daran hättest, der neue Gildenmeister zu werden?« Wäre Lugh Akhtar nicht so verblüfft gewesen, hätte er vermutlich laut aufgelacht. Alleine die Idee war für ihn so seltsam und abwegig, dass er Nikolai für einige Sekunden nur anstarrte. »Ich?«, fragte er dann ungläubig. »Du bist jung, du bist begabt und du hast ein gerechtes Herz. Wenn nicht du, wer dann?« »Nein, ich würde das niemals freiwillig tun. Auch wenn ich gemerkt habe, dass Altena mir nicht so zuwider ist, wie ich dachte, würde ich dennoch nicht hier bleiben wollen. Ich werde zurück nach Forea gehen. Gemeinsam mit Nea, wenn sie denn will. Aber ich hab trotzdem jemanden für dich.« Lugh Akhtar lächelte und flüsterte Nikolai leise einen Namen zu. Der wirkte erstaunt, nickte dann aber nachdenklich. »Die Idee ist wirklich gut… Ich werde ihn fragen. Aber da wäre noch etwas…« Nikolai machte ein so ernstes Gesicht, dass Lugh Akhtar schon mit dem Schlimmsten rechnete. »Forea, so wie du es kanntest, existiert nicht mehr.« »Was? War das Rex?«, fuhr der junge Zauberer gleich auf, doch sein Schmerz brachte ihn schnell wieder zur gezwungenen Ruhe. »Nein. Weißt du, die Reiche von Forea und Irian haben einst derselben Familie unterstanden. Es wurde geteilt, weil sich die Brüder nicht einigen konnten, wer der rechtmäßige Lehnsherr sein sollte. Doch der eine Bruder starb kinderlos, der andere nicht. Jedoch war es so, dass das erste Kind verschwand, das Zweite in die Verbannung ging, und das Dritte ebenfalls verschwand und das vierte schon in jungen Jahren starb. Man nahm an, dass keiner der vier Geschwister nachfahren hätte, man hätte sonst von ihnen gehört, doch… jetzt hat sich herausgestellt, dass der zweite, der in die Verbannung ging, durchaus Kinder hatte. Und ihnen gehört das Reich nun«, erzählte Nikolai. »Und sie wollen nicht, dass ich dort weiterhin meine Dienste tue?«, mutmaßte Lugh Akhtar mit gerunzelter Stirn. »Nein. Die Schwestern haben auf ihr Recht verzichtet, nur der Sohn ist noch übrig. Ihm gehören die Länder Forea und Irian, es ist nur noch zu klären, ob er sie behalten will«, erklärte Nikolai. »Habt ihr ihn noch nicht gefragt?« »Nein. Bisher nicht. Also Fjodor von Winters-Midnight, möchtest du die Lehnsherrschaft von vereinten Reich von Forea und Irian haben?« Warum nur wollten ihn heute alle so unbedingt in die Irre führen? Eigentlich hätte es ihm klar sein müssen, es gab nicht viele große Zaubererfamilien im Norden. Und trotzdem kam diese Frage so unerwartet. Er überlegte kurz, dann lächelte er. »Das würde bedeuten, dass ich mit dem Reich tun kann, was ich möchte, oder?«, fragte er leise. »Ja«, bestätigte Nikolai. »Dann ja.« »Dann hat das Volk von Forea und Irian einen neuen Lehnsherrn. Es gehört damit nicht mehr zu Altena und du kannst tun und lassen, was du möchtest, es ist jetzt für mich nicht mehr weiter von belang, solange du deine Grenzen wahrst«, erklärte Nikolai und stand auf. »Das werde ich«, lächelte Lugh Akhtar zufrieden. »Was hast du vor?«, wollte sein ehemaliger Meister zögernd wissen. »Das wirst du sehen, wenn es so weit ist. Wann es soweit ist, weiß ich nicht, aber wenn, dann wirst du es sehen«, antwortete der. Dabei spürte er, wie langsam wieder die Müdigkeit nach seinen Gedanken griff. Diese Gespräche hatten ihn angestrengt. Er schloss die Augen und noch bevor Nikolai den Raum verlassen hatte, war er wieder eingeschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)