Monatsthemen von Karopapier (Eine Aktion der Schreibzieher) ================================================================================ Kapitel 1: Bären, Schäfchenwolken und viel Honig - Juli ------------------------------------------------------- Ich hatte Backen schon immer gehasst. Ich hatte kein besonderes Geschick dabei, ich hasste Hausarbeit und ich hasste Süßes. Zu viel Hass, um es freiwillig herauszufordern. Und doch hatte ich mich nicht davor drücken können, stand, als hätte ich nichts Besseres zu tun, in der Küche und machte, natürlich unglaublich sinnvoll zu dieser jahreszeit, Honigplätzchen. Sicher, das Mädchen war schwer krank, aber hätte es nichts anderes sein können? Und warum ausgerechnet ich, die sonst so wenig mit ihr zu tun hatte? "Schau mal!", wies sie mich auf ihr mit einem Messer traktiertes Teigstück hin. "Ein Bär!" Es sah aus wie ein Omnisbus mit zu vielen Armen. Ich nickte abwesend und stach weiter Herzen, Sterne und andere Eindeutigkeiten aus. Die Krankheit war schleppend verlaufen,war scheinbar verschwunden, tauchte wieder auf. Jetzt war alles, was an Chance blieb, eine Stammzellenspende. Nur, dass der Spender weiter auf sich warten ließ. Ein Zupfen am Ärmel. Eine neue Scheußlichkeit. "Schau mal, eine Blume!" Der fassungslose Blick und das etwas zu lange Zögern, bevor ich mit einem gezwungenen Lächeln "schön" sagte, verrieten wohl leider was ich von diesem mutierten Oktopus hielt. Er war abgesprungen, einfach so. Erst hatte man einen potentiellen Spender, einen Treffer, einen Sechser im Lotto, und dann sagte er ab. Wie kann ein Mensch absagen wenn er weiß, dass er damit ein Leben zerstört? Ich würde es nie verstehen können. "Schau doch, ein Schaf!", tönte es begeistert neben mir und ich konnte nicht mehr. Ich warf einen kurzen Blick auf das Etwas, schnitt einen willkürlich ausgewählten Teil ab, stach mit den Fingern zwei Augen in es und starrte die Kleine herausfordernd an. "Ein Mörderschaf mit einer Kettensäge", sagte ich. Es war gemein, es war unfair, es war nicht kindgerecht und komplett überzogen. Ich hatte erwartet dass sie zu kreischen anfing, zu weinen, alles. Nur das nicht: Dass sie mich anlächelte. Und dann sagte sie zu mir, stolz wie Oskar, ein kleines Kind das viel zu alt ist für seine Lebensspanne, etwas, das mich mir unglaublich klein vorkommen ließ. Nur einen Satz, nichts weiter. "Ich wusste, du kannst es auch." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)