Ausdauer!? von IchBinLiebe ================================================================================ Kapitel 49: Aha-Erlebnisse -------------------------- Verpflichten wir uns der Anerkennung des so überaus kostbaren Charakters jedes einzelnen Tages. (Dalei Lama) Wenn ich mit Problemen konfrontiert bin, versuche ich das große Ganze zu sehen (Dalei Lama) 9. Januar, Montagnachmittag „Was machen wir denn jetzt?“, war es Yukiko, die ihren Mann stark verunsichert ansprach. Wie sie saß auch er immer noch im Wartebereich der psychiatrischen Abteilung. „Gute Frage.“ Yusaku seufzte. Er war ebenso betroffen. „Was wollen Sie nur von uns?“ Nüchtern, seinen Kopf an die Wand hinter sich gelehnt, ließ Yusaku seinen Körper auf dem Stuhl etwas nach unten rutschen. Nachdenklich auf die Wand ihm gegenüber schauend, äußerte er was er für am Wahrscheinlichsten hielt: „Den Fragebogen durchgehen, denke ich mal.“ Er fühlte sich wie zu einem Bewerbungsgespräch geladen ohne dabei zu wissen für welchen Job er überhaupt vorsprach oder wie zur Schulzeit. Als wenn man zum Direktor gebeten würde. Es war wirklich ein mehr als unangenehmes Gefühl. Für Beide! Beide hatte sie gleichermaßen das Gefühl beschlichen mehr als versagt zu haben als Eltern. „Aber…“, Shinichis Mutter schaute betrübt zu Boden. Es dauerte bis sie den Mut fasste weiter zu sprechen, um ihre Frage auszuformulieren, die sie in ihrem Kopf so quälte: „Was sollen wir sagen!?“, suchte sie verzweifelten Rat. Ihm neben ihr ging es nicht besser. Auch ihm wurde schlecht bei dem Gedanken daran. Mit so etwas hatte er beim besten Willen nicht gerechnet. Er wusste auch nicht was jetzt das Richtige war. Geschweige denn hatte er nicht wirklich eine Idee was sie sagen sollten. Sie waren einfach im Regen stehen gelassen. Wäre er nicht ebenso besorgt gewesen und unsicher sich möglicherweise falsch zu verhalten, dann hätte er anderes reagiert. Das wusste Yusaku wohl. Wütend war er, aber so… unter diesen speziellen Umständen… Ja, wie sollten sie sich rausreden? Sollten sie sich rausreden? Und was noch viel bedrückender war: Er und Yukiko wussten immer noch nicht um was es im Einzelnen überhaupt ging. Auch das würde ihnen wohl erst präsentiert werden, wenn sie zum Gespräch gebeten würden. Und das konnte sowohl schon in wenigen Sekunden oder auch erst weitere Minuten später der Fall sein. „Was sollen wir nur sagen?“, hörte er aus seinen eigenen dunklen Gedanken herausgeholt die Stimme seiner Frau neben sich, welche sich erneut an ihn gewendet hatte. Er war zu sehr in sich selbst vertieft gewesen, um zu bemerken, dass sie sich ganz vertrauensvoll an ihm orientieren wollte. Egal was er in diesem Moment entschieden hätte, Yukiko hätte es ohne wenn und aber befolgt. Wieder gab er zunächst nur ein Seufzten als Antwort. Ehe er doch erwiderte: „Das werden wir wohl erst wissen, wenn wir hinein gebeten werden. Ich denke nicht das wir uns groß darauf vorbereiten können.“ Er seufzte ein weiteres Mal: „Überlass das Reden mir. Ich lasse mir etwas einfallen.“ Irgendetwas…, dachte er still bei sich. Sein Blick fiel auf das Fenster. „Wo gehst du hin!?“, fragte Yukiko entgeistert, als er aufstand. Er konnte sie doch nicht einfach so alleine lassen? Nicht ausgerechnet jetzt!?“ Blanke Panik stieg in ihr hoch. „Telefonieren“, meinte er nur sachlich und ging. Während sie niedergeschlagen zurück blieb und ihm nachsah, fühlte er sich von Kopfschmerzen geplagt. Er musste hier aus. Er brauchte frische Luft! Außerdem konnte er vor der Tür wohl auch besser telefonieren, als in der Gebäudeanlage selbst. Er hatte den Aufzug genommen. Den Eingangsbereich durchschritten trat auf den vorderen Außenbereich des Krankenhauses. Außer einem Raucher mittleren Alters war dem winterlichen Wetter geschuldet niemand außer ihm dort. Gehustet hatte er die Nummer durch die Rückwahltaste gedrückt und hielt sich das Handy ans Ohr. „Kommen Sie: Nehmen Sie schon ab!“, murmelte er angespannt. Zu seinem Bedauern hatte er wieder kein Glück. Es ging nach einigem Warten nur die Mailbox dran: „Herr Hinsage. Hier spricht Kudo, Yusaku. Ich rufe an, weil ich dringend ihre Hilfe benötige. Es geht um meinen Sohn. Bitte melden Sie sich! Schnellstmöglich.“, setze er noch hinten an. Jetzt hieß es abwarten. Das wusste Yusaku und Daumen drücken, dass den Chefarzt seine Mitteilung rechtzeitig erreichte. Bitte, hoffte er inständig ein Stoßgebet gen Himmel geschickt. Innerlich rastlos überlegte er fieberhaft, wie er sich für den Fall der Fälle selbst aus dieser brenzligen Situation herausholen sollte. Er wollte eigentlich direkt zu Yukiko zurückkehren. Entschied sich dann jedoch dagegen. Weiter tatenlos herumzusitzen war nicht sein Ding. Er brauchte einen klaren Kopf. Um den zubekommen entschloss er sich auf dem Klinikgelände spazieren zu gehen. Seiner Frau schrieb er eine kurze SMS: „Bin nachdenken. Melde dich, wenn es soweit ist!“ Er wollte wenn er ehrlich war wirklich gerne tatsächlich die Wahrheit erzählen. So konnte Shinichi vielleicht wirklich geholfen werden? Nur… Shinichi!?... War eben Shinichi! Yusaku hatte ihn ja, wenn auch nur sehr kurz, vorhin gesehen. Er war sich sicher: Shinichi würde kein Wort sagen und ebenso wenig wusste er würde er nachgeben, geschweige denn sich von ihm dazu drängen lassen zu kooperieren. Da war Yusaku sich verdammt sicher: Shinichi würde alles abstreiten und wenn er selbst noch so die Wahrheit sagte. Es würde, dass war ihm bedauerlicherweise klar, Aussage gegen Aussage stehen. Und wie sollte Yusaku seine Geschichte von einer „geheimnisumwobenen, gänzlich unbekannten schwarzen Organisation“ glaubhaft schildern. Und dann die Konsequenzen, die damit verbunden waren… Er war sauer auf seinen Sohn. In letzter Zeit konnte er Shinichi nicht mal einen Tag alleine lassen. Auch wenn es ihm andererseits auch gleich wieder leid tat. Ihm war klar, das Shinichi „was auch immer“ mit Sicherheit nicht absichtlich gemacht hatte. Wobei…? Wer weiß… grummelte er etwas mürrisch vor sich hin, bevor er sich wegen seines Beines auf eine Bank setzen musste. Verdammt!, dachte er auf dieses schauend. Er hatte ja keine anderen Sorgen, als Shinichi vor dem Psychiater zu retten. Was sie wohl mit ihm angestellt hatten? Sicher, das stimmte ihn irgendwie erleichtert, hatte sein Sohn sich genauso bockig wie sonst verhalten und kein Wort ausgeplaudert von alle dem was seit den Männern in Schwarz passiert war. Was Shinichis Lage auf der anderen Seite, aber nun auch wieder nicht besser machte. Reden? Sich ausschweigen? Konnte man es überhaupt richtig machen? Yukiko zuckte zusammen, als sie den Klingelton ihres mobilen Telefons vernahm. Sich sehr alleine fühlend, steckte sie es, nachdem sie die Mitteilung gelesen hatte, wieder in ihre Handtasche zurück. Sie seufzte. Ihr blieb nichts anderes als abzuwarten, auf ihren Mann, den Arzt. Je nachdem… Gerne wäre auch sie gegangen, aber das bleibt mir wohl nun verwehrt, dachte sie trübsinnig. Sie seufzte ein weiteres Mal schwer. Wie auch er dachte sie an ihren Sohn. Hoffentlich war das Problem zu lösen… Sie wollte Shinichi wieder bei sich haben. Mein armer kleiner Schatz, murmelte sie traurig. Letztlich half alles nichts. Grübeln brachte ihn auch nicht weiter. Zu dieser Erkenntnis gekommen rappelte er sich mühsam wieder auf. Einfach improvisieren, wählte der ehemalige Detektiv seine Strategie. Ihm war klar geworden, dass die Wahrheit zu sagen für ihn nicht in Frage kam. Wie auch sein Sohn wollte er keine weiteren Personen da hineinziehen. Wie auch er fand er, dass es bereits genug Menschen gab, die dadurch möglicherweise einer, wenn auch zurzeit sehr wagen, Gefahr ausgesetzt waren. Auch ihm hatte es Shiho durchaus geschafft zu verdeutlichen was auf dem Spiel stand. Also halte ich weiterhin meinen Mund, kochte er vor Wut innerlich über diese Tatsache. Wenn es sich um Polizeibeamte handeln würde, dann… ja dann… wär es vielleicht etwas anderes gewesen. Aber hier das waren Zivilpersonen. Das ging wirklich auf gar keinen Fall. Unmöglich! Es war schon schlimm genug, dass er es überhaupt jemandem erzählt hatte und jetzt auch noch darauf hoffte durch Vitamin B errettet zu werden! Irgendwie war das mehr als armselig. Ihn plagte ein schlechtes Gewissen. Aber er hatte nach wie vor keine Lösung. Bisher war ihm nie auf diese intensivste Weise klar gewesen was die Schweigerei für eine Bürde war. Das einem so dermaßen die Hände gebunden waren… Yusaku war bedrückt, als ihm bei dieser Gelegenheit bitter veranschaulicht wurde, wie groß die Last tatsächlich war. Wie machtlos er war. Wie machtlos Shinichi war. In diesem Moment verstand er aus eigener gegenwärtiger Erfahrung heraus tatsächlich wie schwer die Last auf den Schultern seines Sohnes wirklich lastete. Armer Shinichi, dachte er. Die Verärgerung die er gegenüber ihm empfunden hatte, weil er ihn in diese missliche Lage gebracht hatte, war nun gänzlich verflogen. Das er ihn irgendwie anderweitig unterstützen musste war ihm klar. Auch wenn er noch nicht wusste wie. Yusaku war fest entschlossen seinen Sohn weder zu verraten noch ihn im Stich zu lassen. Auch wenn er nicht den geringsten Schimmer hatte, wie er ihn da wieder heraus bekommen sollte. Und noch einen weiteren Grund gab es, der Yusaku dazu bewog eine Lüge vorzuziehen. Es war Antipathie. Er konnte diesen Psychiater nicht ausstehen. Und wenn der der letzte Mensch auf der Welt wäre,… dachte er mit entschiedenem Kopfschütteln. Und noch eine Sache beschloss er: Er entschied sich dazu Shiratori näher ins Auge zu fassen. Sollte er sich tatsächlich als vertrauenswürdig erweisen, so würde er ihn, auch abgesehen davon was Shiho anging, definitiv einweihen. Eventuell würde er auch Megure darauf ansprechen. Egal was Shinichi davon hielt. Er musste es vielleicht auch überhaupt nicht erfahren. Shinichi würde sich niemandem anvertrauen, dass wusste er. Sein Sohn besaß dazu einfach zu viel verhängnisvollen Heldenmut. Lieber würde er selbst zu Grunde gehen, als andere zu belasten. Allerwahrscheinlichkeit, so schlussfolgerte Yusaku weiter, dass dies ihn wohl auch dazu bewogen haben musste Ran zu verlassen. Er vermute auch noch andere Motive, aber das musste der ausschlaggebende Faktor gewesen sein. Es war Shinichis, wenn auch sehr unbeholfener Versuch, sie zu schützen. Auch wenn er dabei verlor. Er nahm sich vor zu versuchen Shinichi umzustimmen. Auch wenn er sich nicht wirklich Chancen ausrechnete etwas zu erreichen. Ich sollte mich wohl auch bei Heiji entschuldigen, dachte er. Yusaku fühlte sich müde und zermürbt. Seine Knochen schmerzten. Noch auf dem Rückweg erreichte ihn Yukikos Nachricht. Also doch so, dachte er den Aufzug erneut betreten. Das letzte Stück des Flures humpelnd zurück gelegt sah er den Psychiater bereits, welcher neben seiner Frau stand und zu seinem Leidwesen war es der von vorhin. Erwartungsvoll sahen sich die beiden Männer an. Sie wiederum schaute jenen immer noch entschuldigend an…, sowie auch ihren Mann. Nervös wechselte sie ihre Blicke zwischen ihnen hin und her. Einander begrüßt, bat Dr. Takano die Eltern ihn in sein Sprechzimmer zu begleiten. Später Nachmittag Ran wartete, mit ausgestreckten Beinen auf ihrem Bett liegend, auf Kazuha. Mehr oder weniger schaffte sie es geduldig zu bleiben. Die meiste Zeit gelang es ihr sich in ihren Manga zu vertiefen. Zumal sie diesen nicht uninteressant fand. Nur ab und an erhaschte sie einen Blick auf Uhr ihres Handys. Wie sinnlos es ist, wenn keiner anrief oder schrieb, dachte sie kurz die Lippen zusammengepresst. Schnell entscheid sie der Verstimmung keinen Raum zu geben. Noch etwa eine Dreiviertelstunde, dachte sie, das vierte Kapitel gerade beendet. Ob sie schon mal anfangen sollte? Vielleicht ihre Vorgehensweise Yusaku gegenüber nach grünem Licht zu überprüfen? Hm… Sie zögerte kurz, dann legte sie den Comic beiseite. Akamaru schlief noch immer neben ihr. Sie wusste er würde bald aufwachen, um sein Abendessen zu bekommen. Ob Mama wohl pünktlich Feierabend macht? Wenn nicht auch nicht schlimm, wog sie ab. Ein Fläschchen zu machen war kein sonderlicher Aufwand. Lächelnd einen liebevollen Blick auf ihn geworfen, richtete sie sich auf. Entschlossen ging sie zu ihrer Schreibtischschublade, um sich ihr Tarot heraus zu holen. Sie hatte es sich vor kurzem erst gekauft. Yusaku hatte ihr bei der Auswahl geholfen. Es war seinem relativ ähnlich, aber nicht das Selbe. So musste sie sich, zurück auf dem Bett, erst etwas einfinden. In der Anleitung nachgeschlagen hatte sie aber schnell rausgefunden welches Legesystem sie für diesen Zweck benötigte. Sie war nervös… Sie wusste, dass sie es schaffen musste die Sache von außen neutral zu betrachten, um ein richtiges Ergebnis zu erzielen. „Also gut“, sprach Kickchens Mutter sich selbst Mut zu, nachdem sie sich für einen Moment gesammelt hatte: „Los geht’s“, zog sie spontan, nachdem sie ihre Frage formuliert hatte: „Funktioniert mein Plan mich an Yusaku heran zuspielen, um ihn wegen Shin-chan zu überreden?“, ohne nachzudenken die Karten aus dem zuvor gemischten Kartenstapel heraus. Jene zunächst verdeckt abgelegt an der entsprechenden jeweiligen Position des für die einzelnen Karten bestimmten Ablageortes drehte Ran tief durchatmend, ihre Nervosität zügelnd, eine nach der anderen um. Schnell hatte sie wieder das beigefügte Anleitungsbuch mit auch den passenden Beschreibungen der Karten zur Hand. Eine Aussage nach der anderen las sie sich gründlich durch. Bei der ersten Karte handelte es sich um ihre eigene Position: Sie wissen was sie wollen, legen dem Partner offen ihr Herz zu Füßen, hoffen, dass auch er sich eindeutig zu Ihnen bekennt. Nun Yusaku, dachte sie angespannt: Er hat sie von Herzen gern, fühlt sich innig mit ihnen verbunden. Solange sie aufrichtig sind steht er zu ihnen. Oh gut. Ran fiel zum einen ein Stein vom Herzen, weil sie bestätigt bekam, dass er sie immer noch gern hatte. Zum anderen verpasste ihr der zweite Teil aber auch einen Dämpfer. Es war also nicht so, dass es funktionieren würde. Sie sollte ehrlich sein. Also nicht mogeln. Das war zwar schade, weil sie ihre Idee hinten rum clever gefunden hatte, aber wenn sie es lassen sollte, okay. Ehrlich sein, werde ich wohl noch hinbekommen, überlegte sie gleich wieder entspannter. Musste sie eben doch den direkten Weg nehmen. Gut, dass sie nachgefragt hatte, fand sie. Nun betrachtete sie die dritte Aussage: Darauf kam es also an: Mehr Vertrauen in die eigenen Gefühle und die des anderen gewinnen, optimistisch zu sein, unbefangen aufeinander zugehen. „Okay“, sagte sie leise zu sich selbst, dass war zu machen. Jedenfalls von ihrer Seite aus. Zu guter Letzt erhaschte sie durch die vierte Karte noch eine Zukunftsprognose: Hitzige Diskussion, aber auch Einigung und Lebensfreude pur. Hurra, dachte sie erleichtert und hocherfreut. Ran fiel ein weiterer Brocken von der Schulter. Das war das Ergebnis, das sie erhofft hatte. Perfekt! Ja gut. Sie würde sich durchsetzen müssen. Aber nun gut. Ran war entschlossen und das es eine Einigung geben sollte stimmte sie munter. Sie würde demnach also ihr Ziel erreichen können und das kleine Katerchen glücklich in ihre Arme schließen. Sie konnte es kaum erwarten Yusaku ihr Anliegen vorzutragen. Wo er wohl gerade war? Ran nahm den Manga wieder zu Hand. Sie seufzte. Auf die Zeit gesehen musste es noch etwa eine Viertelstunde sein, bis Kazuha ins Zimmer kam. Ob sie wohl Erfolg gehabt hatte? Sie hatte ihr erzählt, dass sie heute noch einmal versuchen wollte im Laufe des Tages mit Heiji zu reden. Ran überlegte, ob sie für Kazuha legen sollte, aber nein. Das war keine gute Idee. Sie sollte sie überhaupt erstmal fragen, ob ihre Freundin das überhaupt generell wollte. Noch ob sie die eventuelle Antwort, wie sie auch immer ausfiel, überhaupt wissen wollte. Was sie selbst betraf: Wollte sie wirklich wissen, wie es um ihre Beziehung mit Shinichi stand? Gab es noch eine Chance oder machte sie sich womöglich doch um sonst Hoffnungen? Ran fühlte wie die Angst deswegen in ihr hochstieg. Schwer geschluckt verstärkte ein Tritt von Kickchen ihr flaues Gefühl noch mehr. Sie entschied sich dagegen. Sie wollte es nicht wissen! Sie wusste nicht wie sie mit einer möglichen negativ ausfallenden Wahrheit umgehen sollte. Selbst wenn sie sich einer Illusion hingab, die war immerhin schöner als vielleicht die bittere Realität. Solange man nicht nachfragte, konnte man sich gut was vormachen. Ja, und das würde sie jetzt tun. Solange sie die Antwort nicht kannte, konnte sie sich definitiv einbilden, dass es noch Hoffnung gab. Kazuha schloss unten die Haustüre auf. Ran hörte wie die Tür ins Schloss fiel. Kazuha wusste, dass um diese Zeit keiner hier sein würde. Die Eltern ihrer Freundin waren beide arbeiten. Yusaku war ihr egal. Conan ebenso und naja… Heiji… sie wusste, dass auch er nicht vor ihr nachhause gekommen war. Ihr war immer noch zum heulen. Den ganzen Heimweg, den sie zügigen Schrittes zurückgelegt hatte, hatte sie schon geweint. Sie wollte nur noch die Zimmertür hinter sich zuschlagen. Heijis grobe so bis aufs Äußerste ablehnende Haltung hatte sie tief getroffen und schwer in ihren ohnehin schon instabil emotionalen Gefühlen verletzt. Sie hatte ja keine Ahnung, dass es ihrem Freund, der sie gleichfalls wollte und liebte, aufs schmerzlichste ebenso vermisste, fast noch schlimmer ging. Im Gegensatz zu ihrer immerhin auch mittlerweile verschwindend geringen Hoffnung auf eine Versöhnung, hatte er überhaupt keine mehr noch einmal mit ihr zusammen zukommen. Ganz im Gegenteil. Er hatte aufgegeben. Er fügte sich seinen Überzeugungen nach in sein unausweichliches Schicksal, dass nun mal auf Grund der nicht zu leugnenden Tatsachen der schwarzen Organisation wegen nicht an eine Weiterführung ihrer Beziehung zu denken war. Kazuha hatte ja nicht die geringste Ahnung wie es in ihm aussah! Was er gerade als einziges Glück empfand. Verhinderte das doch, dass sie noch mehr versuchte ihn umzustimmen. Ihr noch öfter das unausweichliche Nein an den Kopf zu werfen war einfach nicht mehr zu ertragen. „Kazuha!?“, schaute Ran, immer noch auf ihrem Bett sitzend, auf. Sie sah ihre Freundin betroffen an. Verheult lief jene, erneut in Tränen ausbrechend, auf sie zu. Ran musste etwas aufpassen, dass sie nicht hintenüber fiel, als sie sie ohne weiteres sofort in die Arme nahm. „War es so schlimm?“, fragte sie behutsam nach einer Weile, als sie vermutete, dass Kazuha wieder sprechen konnte und die erste Welle des aufgelösten Weinens allmählich abebbte. „Er hasst mich“, schluchze Kazuha immer noch unter Tränen. „Das glaub ich nicht“, versuchte Ran sie zu beruhigen. „Doch das tut er!“ drückte sie sich etwas von ihrer Freundin ab, um sie verzweifelt anzusehen. „Das glaub ich nicht. Er hasst dich bestimmt nicht. Dazu mag er dich doch viel zu sehr“, wollte Ran ihrer Freundin Mut zusprechen: „Wie kommst du denn darauf? Hat er denn etwa sowas wirklich zu dir gesagt?“, erkundigte sie sich vorsichtig und verwirrt. „Ja!“, Kazuha brach erneut in Tränen aus: „Genau das hat er! Er hasst mich und will nie wieder etwas mit mir zu tun haben“, begann sie zu erzählen was vorgefallen war. Ran hörte aufmerksam zu. Beruhigend strich sie ihr über den Arm. Kazuha war dankbar, dass sie sich an Rans starker Schulter ihrem Herzschmerz hingeben könnte: „… Er- er“, schluchze sie, dann sprach sie aufgelöst weiter: „… hat mir gesagt, dass er es bereut mit mir hier nach Tokio gekommen zu sein und das wenn es nach ihm ginge er nichts dagegen hat, wenn ich sofort zurück nach Osaka verschwinden würde.“ „Das glaube ich nicht, dass er sowas gemeines zu dir gesagt hat“, konnte Ran sich fassungslos nur wiederholen. Das stimmte absolut nicht mit ihrer Beobachtung von Heijis Blick, den sie aufgeschnappt hatte, überein. Der hatte was ganz anderes erzählt. Ran war eher nach wie vor davon überzeugt, dass er einen triftigen Beweggrund für sein Verhalten haben musste. Heiji hatte keine Ahnung, dass die Mädchen über ihn sprachen. Er hatte sich nach der Szene kurz vor Feierabend nicht so einfach aus dem Staub machen können wie sie. Er hatte sich die Standpauke von den drei Beamten anhören müssen, bevor er das Präsidium jetzt erst verlassen durfte. Allen voran Shiratori, der den eigenen Verlust kennend, darauf aus war ihm aufs energischste den Kopf zu waschen. Aber auch Takagi und Chiba konnten dem nur beipflichten. Und Yumi erst! Sie war die Schlimmste. Schlimmer als drei Männer zusammen! Wenn er sie weiter so behandeln würde, so waren sie sicher, würde er sie endgültig verlieren! Er ärgerte sich maßlos über diese unangebrachte Einmischung von außen. Sie hatten im Grunde dasselbe zu ihm gesagt wie Yusaku mehrere Male bereits zuvor und genauso, aus seiner Sicht, verletzend. Die sind doch so dämlich!, dachte er bitter den Platz verlassen. Wenn sie doch nur begreifen würden, dass ich genau das erreichen will, dachte er schwer frustriert. Wenn er sie schützen wollte, dann war es für sie langfristig besser soweit wie möglich von ihm entfernt zu sein und dass sie keinen nachweislichen Kontakt zu ihm hatte. Kazuha sah Ran wütend an: „Aber wenn ich es dir doch sage, Ran!“ Aus ihrer Stimme war herauszuhören, dass sie von ihrer Freundin schwer enttäuscht war. Von ihr hatte sie ehrlichen Beistand erwartet. „Jetzt werd doch bitte nicht gleich sauer auf mich“, ruderte Ran schnell zurück: „So mein ich das doch gar nicht. Bitte versteh mich nicht falsch. Ich bin nur verwirrt das ist alles.“ „Was bitte verwirrt dich denn daran?“, wollte Heijis Ex-Freundin aufgebracht wissen: „Wie ich es dir gesagt habe ist es doch völlig eindeutig!“, war sie sehr wütend geworden. „Bitte“, hob Ran beschwichtigend die Hände: „Ich meine ja nur“, begann sie zögerlich. Sie verstummte. Kazuha wartete. Sie schaute ungeduldig in das Gesicht ihrer Freundin. Diese sah nachdenklich aus. Zuerst unsicher, dann entschlossen: „Also… neulich…“, begann sie, wenn auch noch etwas sehr zurückhaltend: „Ich habe mitbekommen wie Heiji dir nachgesehen hat. Du konntest es nicht sehen, weil du ja mit dem Rücken zu ihm weggegangen bist, aber ich-“, Ran stockte zögerlich noch einmal kurz. Ehe sie sich ein Herz fasste: „Er- er dachte er wäre unbeobachtet. Kazuha du weißt gar nicht wie entsetzlich traurig er ausgesehen hat. Wirklich: Ich dachte er weint gleich“, beteuerte sie. „Was!?“, Kazuha glaubte sich verhört zuhaben: „Ran!? Wieso sagst du mir das erst jetzt!?“, brauste sie erneut auf. Shinichis Ex-Freundin schaute sie verlegen und entschuldigend an: „Tut mir leid“, war sie ehrlich: „Ich war mir unschlüssig, ob ich mich einmischen sollte oder nicht. Er hat es verborgen bis er sicher war, dass du seine Reaktion nicht mehr mitbekommen konntest. Erst dann hat er seine Maske abgelegt. Er wollte nicht, dass du weißt, wie er wirklich fühlt. Kazuha, wirklich! Ich bin mir sicher. Es war so eindeutig. Bitte du musst mir das einfach glauben. Ich wusste nicht, ob es richtig wäre es dir zu erzählen. Bitte entschuldige. Kannst du das verstehen?“, fragte sie, sich nochmals aufrichtig bei ihrer Freundin entschuldigend, besorgt nach. „Aber!?“, jetzt war Kazuha es, die verwirrt war: „Warum!?“, sprach sie aus was ihr durch den Kopf ging: „Warum? Ich meine…“, sie schluckte. Hoffnung keimte plötzlich in ihr auf: „Wieso? ... Warum sollte Heiji sich verstellen?“ Das war doch noch nie seine Art gewesen. Ganz im Gegenteil Heiji war doch immer total direkt!? „Das weiß ich leider auch nicht“, gab die werdende Mami bedauernd zu: „Ich glaube irgendeinen Grund muss es geben. Ich glaube mittlerweile wirklich nicht mehr, dass sie uns absichtlich weh tun wollen. Ganz im Gegenteil“, überlegte Ran nun laut: „Irgendetwas muss vorgefallen sein, dass sie dazu gebracht hat sich von uns zu trennen. Aber ich weiß leider nicht was. Ehrlich. Ich wüsste zu gern…“, Ran schwieg plötzlich. Sie sah selbst auf einmal sehr traurig aus: „Ich wünschte Shinichi hätte mich hinter meinem Rücken einmal so angesehen. Heijis Augen schrien gerade zu: Ich liebe dich, Kazuha!“, sie seufzte frustriert: „Irgendwas muss gewesen sein!“, war sie jetzt auf einmal selbst von sich überrascht, wie sicher sie sich diesbezüglich war. Obwohl es ihr an einem aussagekräftigen Beweis fehlte. Tatsächlich… bemerkte Ran es an sich selbst. Shinichi hatte wirklich recht: Es war tatsächlich wie er immer zu sagen pflegte: „Wenn man alles was nicht in Frage kommt ausschließt, dann muss das was übrig bleibt die Wahrheit sein“, hörte sie die Worte durch den Klang seiner Stimme in ihrem Kopf, als sie sich selbst diese zitierte. Der Geistesblitz war so real, da hätte er es ihr auch in diesem Augenblick von Angesicht zu Angesicht persönlich sagen können: „Ganz gleich wie unwahrscheinlich es ist“, sprach sie den letzen Teil der Aussage laut aus. Dann war sie von der Erkenntnis sprachlos. „Was ist los?“, fragte Kazuha sie aus einer Mischung aus Besorgnis, Hoffnung und auch Neugier, als sie in das förmlich erleuchtete Gesicht ihrer Freundin schaute und keine weitere Reaktion bekam. Ihre Freundin saß nur da und sie mit ihr. Es dauerte einen langen Moment. Erst dann war Ran wieder ganz in der Realität. „Ich weiß auch nicht, aber ich glaube, dass ich etwas Entscheidendes verstanden habe.“ Sie war so verblüfft, dass sie ganz perplex war. „Was hast du verstanden?“, fragte die Schülerin aus Osaka wissbegierig. Sie wollte es unbedingt auch wissen. Ran wiederholte ihren Gedankengang laut. Jetzt verstand auch sie es. Heiji hingegen fühlte sich von seinem gesamten Umfeld komplett unverstanden. Im Gegensatz zu Kazuha hatte er niemanden zum von der Seele reden. Shinichi, so glaubte er zumindest, war der Einzige der ihn 100 prozentig verstehen konnte, weil nur er in der gleichen, kaum auszuhaltenden Situation war. Hatte er Shinichi gegenüber zunächst über dessen heftige Ablehnungsreaktionen noch ein gewisses Maß an Unverständnis empfunden, so war es jetzt komplett verschwunden. Wie als wenn sie Zwillinge wären konnte er mit jeder Faser seines Herzens diesen kaum auszuhaltenden, vernichtenden Schmerz spüren. Diesen mit seinem Verstand begreifen, verstehen und nun beinahe vollständig erfassen: Es fühlte sich tatsächlich wie der persönliche Weltuntergang an. Korrektur: Es war der persönliche Weltuntergang. Überfordernder Zorn und erneute Bitterkeit erfassten ihn: Das ganze Leben war verpfuscht worden durch diese schwarzen Verbrecher! Sie würden beide nie wieder eine Beziehung führen, sie würden niemals heiraten oder eine Familien gründen können. Aus Angst der anderen Person diese Gefahr, die allezeit wie ein Damokles Schwert über ihnen schwebte, auszusetzen. Was sie alle Beide nicht verantworten wollten. Wie Shinichi selbst, bereute er es jetzt zutiefst so neugierig gewesen zu sein. Wäre er doch nie Detektiv geworden! Er wurde nicht Vater. Wenigstens das nicht, dachte Heiji auf gewisse Weise erleichtert. Er konnte nur erahnen was das für ein weiterer Schlag für seinen Freund sein musste- nie bei seiner Tochter sein zu können. Er würde niemals ihr Vater sein. Allerhöchstens so etwas wie Cousin Conan. Bittere Ironie, dachte Heiji. Dann wieder traurig: Er durfte es nicht ausleben. Heiji war es jetzt auf einmal schlagartig ein Rätsel wie Shinichi damit überhaupt klarkommen sollte. Er war so deprimiert, dass es ihm nichts ausgemacht hätte, hätte man auch ihn geschrumpft. Für seine nicht existierende Beziehung mit Kazuha spielte das keine Rolle. Im Grunde war ihm mitterlweile alles egal. „Kazuha?“, begann Ran zögerlich. „Ja?“, wurde diese in Anbetracht des fragenden Klangs hellhörig. „Also“, begann sie es gerade heraus direkt: „Ich habe vorhin wegen den Katzenbabys Karten gelegt. Also- demnach sieht es so aus, als wenn wir wirklich eine Chance hätten sie zu bekommen. Demnach vertragen Yusaku und ich uns wieder.“ „Oh, das ist gut“, fand Kazuha. Sie freute sich für ihre Freundin und natürlich auch für sich selbst. Denn sie wollte schließlich auch ein ganz bestimmtes der Kleinen haben. „Nun“, fuhr Ran weiter fort: „In diesem Zusammenhang habe ich überlegt, ob ich deine Beziehung legen soll, aber ich dachte dass ich dich auf jeden Fall erst fragen sollte.“ „Du meinst du kannst das?“ „Ich weiß nicht. Ich könnte es zumindest mal versuchen. Ich bin ja nicht direkt betroffen was Heiji angeht.“ Kazuha war hellauf begeistert: „Mach das!“, forderte sie sie sofort auf ohne groß darüber nachzudenken. Weshalb Ran sich noch einmal eindringlich bei ihr vergewisserte: „Bist du dir wirklich sicher?“ Sie nickte eifrig. „Also gut“, Ran atmete tief durch. Ihr war mulmig zu Mute. Dann bewegte sie sich. Sie holte das Deck hervor. Dann sammelte sie sich erneut. Um sich besser auf ihre Frage konzentrieren zu können und sich nicht von Kazuhas hoffungsvollen, erwartungsvollen Blicken beeinflussen zu lassen schloss sie fest die Augen. Dann konzentrierte sie sich. Noch einmal seufzte sie, wobei sie alle ihre eigenen Emotionen beiseite ließ. Sie hatte die neutrale Haltung eingenommen, hatte sich nach außen gestellt. Wie wenn man die Situation von oben betrachtet und aus dieser Distanz heraus begann sie, immer noch mit geschlossenen Augen, zu mischen. Kazuha schaute ihr angespannt dabei zu. Für sie hatte es gefühlt eine Ewigkeit gedauert, bis wieder leben in Ran gekommen war. „Sag, wenn du meinst stop“, wurde sie aufgefordert. „Stop.“ „Okay“, Ran hatte die Augen wieder geöffnet: „Dann musst du jetzt vier Karten ziehen. Am besten nach Gefühl und ohne dabei nachzudenken.“ Kazuha sah sie unsicher an. Durch Rans Blick bestärkt brachte sie es schnell hinter sich. Sie schaute zu wie ihre Freundin die vier Karten an ihren jeweiligen Platz legte. „Und jetzt?“, fragte Kazuha unsicher. „Jetzt“, erklärte Ran ihr: „Müssen wir die Karten der Reihe nach aufdecken. Angefangen bei dieser hier“, zeigte sie: „und nachlesen was sie zu bedeuten haben.“ „Ich hab Angst“, gab die Oberschülerin aus Osaka zu. „Sollen wir es doch lieber sein lassen?“, vergewisserte Shinichis Freundin sich noch einmal verständnisvoll. Wenn Kazuha es doch nicht wollte, dann konnte sie sie verstehen. Ran hatte sich längst entschieden es respektieren. Abwartend schauten sich die beiden Freundinnen an. Dann nickte Kazuha plötzlich. Sie wollte wissen woran sie war: „Nein“, sagte sie. Ihre Stimme war fest. Mutig, dachte Ran anerkennend die erste Karte aufdeckend. „Und?“, wurde sie von Kazuha sofort ängstlich angesehen. Schnell blätterte Ran, dann las sie ihr vor. Und wenn schon, hatte Heiji, Tränen unterdrückend, seinen unausweichlichen Weg in das Haus, indem er noch vorerst immer noch lebte, weiter gehend gedacht. Auf halbem Weg machte er plötzlich ruckartig kehrt. Er wollte… Nein: Er musste zu Shinichi! Er brauchte seinen Halt, brauchte seinen Trost. Und auch irgendwie vor allem seinen Rat, wie er mit seinem Leibeskummer umgehen sollte. Sicher würde sein Freund ihn verstehen. Er wusste, dass Shinichi Verständnis haben würde. Sein Wissen darüber seine Gefühle zu kennen und nachvollziehen zu können, erleichterte ihn ungemein. Sicher würde es ihm augenblicklich besser gehen, wenn er sich ihm anvertraut hatte. Er brauchte so dringend Jemanden zum reden. Und Shinichi würde es sicher auch besser gehen. Vielleicht ging es ihnen nach einer Aussprache beiden besser und er konnte zumindest ihre Freundschaft zueinander bewahren. Heiji selbst wollte es wieder gut machen, dass er ihn, wie er jetzt im Nachhinein glaubte, nicht genügend unterstützt hatte. Er bereute es ihn im Stich gelassen zu haben und es tat ihm unendlich leid, dass Shinichi sich auch von ihm so zurückgezogen hatte. Aber er war schlichtweg blind für sein Leid gewesen. Er hatte die Augen davor fest verschlossen. Er hatte es schlichtweg hinter seiner gefühlsabwehrenden Mauer verschanzt nicht gemerkt. Zu sehr hatte dieser emotionale Schutzwal bestehend aus Gelichgültigkeit ihn für den Schmerz seines Freundes zu weit entfernt. Heiji wollte sich nicht nur bei Shinichi ausheulen, sondern sich auch vor allem aufrichtig bei ihm entschuldigen! Es tat ihm so schrecklich leid, dass er nicht besser für ihn da gewesen war. Er hoffte, dass das zum jetzigen Zeitpunkt noch möglich war. Wenn er daran dachte wie lange er gebraucht hatte, bekam er es mit der Angst zu tun. Was war wenn ihm Shinichi so sehr zerbrochen war, dass er das ihn zu bedrohende schwarze Loch nicht mehr aufhalten konnte? Er hatte Kazuha bereits unwiederbringlich verloren. Jetzt auch noch seinen engsten, allerbesten Freund zu verlieren war für ihn schlimmer, als er sich je hätte vorstellen können. Er wollte ihn nicht verlieren! Auf gar keinen Fall! Das letzte Drittel des Weges zum Krankenhaus war er ununterbrochen durch den Nieselregen gerannt. In der Hoffnung wenigstens diesen Teil seines Lebens noch in Ordnung bringen zu können. „Also“, setzte Ran an laut vorzulesen. Kazuha spitze augenblicklich die Ohren. „Deine Gefühle ihm gegenüber: Sie wissen was sie wollen, legen dem Partner offen ihr Herz zu Füßen, hoffen, dass auch er sich eindeutig zu seinen Gefühlen bekennt“, dann fuhr sie fort und kam somit zu dem für Kazuha interessanten Teil: „Was Heiji für dich fühlt“, hing sie förmlich an Rans Lippen: „Sie lassen sein Herz höher schlagen und wecken seine sein Bedürfnis eine Familie zu gründen. Sie sind sein absoluter Volltreffer!“ Noch mehr als Ran atmete Kazuha erleichtert auf. Sie wiederholte den letzten Satz im Geiste noch einmal. Sie war sein absoluter Volltreffer!? Oh bitte, wünschte sie sich sehnlichst, dass das stimmte. Hoffentlich hast du recht, dachte sie Ran ansehend. Sie schöpfte große Hoffnung. Ungeduldig ließ sie Ran weiter vorlesen: „Woran ihr arbeiten müsst“, kam diese sachlich zum nächsten Punkt: „Offen über Probleme und Gefühle sprechen, die Wünsche des anderen berücksichtigen, weder Druck auszuüben noch Ängste schüren.“ Wieder sahen sich Beide an. Es klang auf der einen Seite sehr einfach, auf der anderen sehr schwer. „Die Zukunft erfordert mehr Verständnis für die Andersartigkeit des Partners, mehr Toleranz und Eigenständigkeit, wenn sie glücklich werden wollen“, endete Ran. Kazuha hatte ihr gut zugehört. Nachdenklich saß sie nun da und überlegte mit Ran wie sie das eben gehörte für sich selbst sortieren und auf die Situation jetzt übertragen sollte. Eigentlich war es recht eindeutig. Sollte Ran es richtig gemacht haben, dann schien ihre Theorie Heiji betreffend zu stimmen. Er empfand noch etwas für sie, Kazuha hoffte es innständig. Und auch Ran wünschte ihrer Freundin zuliebe, dass es stimmte, was sie da gelegt hatte. Früher Abend Heiji hingegen war zum aktuellen Zeitpunkt schier verzweifelt und vollkommen aus der Puste, als er den Krankenhauseingang erreicht hatte. Keuchend rang er, sich auf eine Bank gesetzt, nach Luft. Seine Atmung war mehrere Minuten damit beschäftigt sich zu normalisieren. Währenddessen nutze er die Zeit um sich zu sammeln. So gut er konnte riss er sich zusammen, als er aufstand um das große medizinische Gebäude zu betreten. Er musste suchen. Er hatte Yusaku nie gefragt auf welche Station man Conan gelegt hatte. Geschweige denn kannte er die Zimmernummer. Er wollte kein Aufsehen erregen. So versuchte er es ohne am Empfang zu fragen. Er versuchte es mit dem Logischsten: Der Kinderstation. Doch dort war er nicht! So versuchte Heiji es noch auf der Internistischen. Er wusste das seine Eltern seine Organe, seinen Kreislauf und sein Blut, sowie Stoffwechsel und nach möglichen Tumoren hin untersuchen lassen wollten. Als er ihn auch hier nicht gefunden hatte, hatte er die Kardiologie abgesucht. Allmählich wurde er unruhig. Wo konnte er noch suchen? Hatte man etwa etwas gefunden und ihn auf die Onkologie verlegt!? Heiji hatte es plötzlich wieder sehr eilig. Anstelle des Aufzuges nahm er die Treppen. Er lief schneller als mit der vorgeschriebenen Schrittgeschwindigkeit über die Gänge und Flure. Ungeachtet der unverständlichen Blicke die Patienten wie Besucher ihm zu warfen. Die Regel: „Nicht rennen!“, die ihm von einer Frauenstimme nachgerufen worden war befolgte er nur so lange, bis er um die nächste Ecke gebogen war. Um dann sofort sein Tempo wieder zu beschleunigen. Heiji hatte sich nicht nach der Stimme umgedreht. Er hatte jetzt wirklich Angst um Shinichi. Er konnte es kaum erwarten ihn zu finden und zu fragen was um alles in der Welt los war. „Okay“, fasste Ran es, nachdem sie es Beide sacken gelassen hatten, noch einmal für Kazuha zusammen: „Er liebt dich noch.“ „Scheinbar“, räumte Kazuha ein. Sie hatte entsetzliche Angst sich falsche Hoffnungen zu machen. Doch drängte sie diese bis weit in den hintersten Winkel ihres Inneren zurück. Wenn es tatsächlich stimmen sollte, was Ran ihr da gelegt hatte, dann musste einfach Hoffnung bestehen. Oh, bitte, bitte!, flehte sie innerlich: Lass es stimmen: Sie sind sein absoluter Volltreffer. Sie genoss es sich diesen Gedanken als real vorzustellen. Kazuhas Herz quoll während sie das tat förmlich über vor Zuversicht: „Aber wie soll ich offen mit ihm reden, wenn er mich immer abweist?“, überlegte sie nun doch wieder auf den Boden der Realität zurückgekommen. „Vielleicht musst du den richtigen Zeitpunkt abwarten“, mutmaßte Ran: „Das Kartenbild reicht ungefähr für die nächsten drei Monate“, fügte sie erklärend hinzu: „Wichtig ist denke ich wirklich, dass du ihn nicht unter Druck setzt. Versuch ihm Zeit zugeben. Vielleicht verändert er seine Haltung und du kannst dann besser mit ihm reden. Versuch Verständnis zu haben. Mach es wie ich sag dir, wenn du ungeduldig wirst, immer wieder: Lass ihm Zeit. Respektier seine Entscheidung. Ich weiß, dass das schwer ist, aber mir hat das bisher wirklich geholfen.“ „Du hast wohl recht.“ Kazuha seufzte. Es stimmte wohl, musste sie Ran ernüchtert recht geben. Auch wenn es gut aussah und das ihr nach wie vor Hoffnung machte durfte sie wohl nichts überstürzen und musste sich vorerst zumindest wohl noch gedulden. Was ihr sehr schwer fiel, dass zu akzeptieren. Sie hatte wenn sie insgeheim ehrlich war auf eine zeitnahe Aussprache gehofft und das am liebsten heute noch statt morgen. Aber sie sah ein, dass es wohl sehr unklug war die Sache übers Knie zu brechen. Mittlerweile hatte Heiji alles durch. Langsam wusste er nicht mehr weiter. Er hatte bereits alle erdenklichen Stationen auf denen er seinen kleinen Freund vermuten konnte abgesucht. Notgedrungen hatte er es letztlich in Kauf genommen sich auf diesen nach „Conan Kudo“ oder wahlweise auch „Conan Edogawa“- auch wenn er Zweiteres für sehr unwahrscheinlich gehalten hatte- zu erkundigen. Zu seinem Bedauern konnte keiner des Personals ihm Auskunft geben. Seine letzte Hoffnung war es noch am Empfang des riesigen Krankenhauses nachzufragen. So sah er sich doch gezwungen noch einmal bis ganz unten in die Eingangshalle zu laufen. Der Detektiv nahm es ohne zu zögern in Kauf. Er musste ihn unbedingt finden. War er denn vielleicht schon entlassen worden?, fragte er sich eine weitere Treppe runter: Oder wo hätte man ihn noch hin verlegen können?, überlegte er weiter, beinahe rennend, fieberhaft. Er kam nicht umhin auch an das Allerschlimmste zu denken: Was war wenn man ihn vorzeitig entlassen hatte, weil es keine Heilung mehr für ihn gab? Anders war es leider sehr unwahrscheinlich. Waren den alle Untersuchungen schon abgeschlossen gewesen? In Heiji stieg die Panik immer höher. Doch auch an der Auskunft erreichte er nichts. „Ja, wie heißt er den nun?“, war er an der äußert peniblen, misstrauischen Empfangsdame gescheitert. Weil er sich zu Beginn mit der Wahl unsicher gewesen war, hatte er gleich von vorne herein bei ihr verspielt. Sie hatte ihm jegliche Auskunft verweigert und ihm vorgeworfen er solle sich doch erst einmal darüber klar werden, welchen Freund er den nun genau suche. Heiji war stocksauer auf sie, als er kleinlaut von dannen zog. Normalerweise hätte er seinerseits lautstark zurück gebrüllt und sie zur Schnecke gemacht. Doch heute fehlte ihm der nötige Biss dazu. So klein mit Hut, hatte sie über ihn triumphiert. Er war einfach fertig. Inständig hoffte er ratlos auf dem Heimweg, dass Shinichis bereits zuhause war und es ihm gut ging. „Was ist mit dir, Ran?“, fragte Kazuha sie: „Hast du für dich auch gelegt?“ „Nein“, gestand sie: „Ich habe mich nicht getraut.“ „Verstehe, du hast Angst vor der Antwort.“ Ran nickte. Doch dann veränderte sich ihre Mimik. Sie überlegte. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, dann hatte Kazuha sich wohl richtig entschieden. Wahrscheinlich war es besser die Wahrheit zu kennen und wenn sie noch so hart sein mochte, als sich falsche Hoffnungen zu machen, die irgendwann ohnehin zerstört würden. Sie wollte auch mutig sein. Schwer geschluckt zügelte sie ihre aufkommende Panik. Sie riss sich zusammen. Schließlich, so sagte sie sich, sah es für Kazuha doch ganz gut aus. Warum sollte es bei ihr und Shinichi keine Chance auf ein Happy End geben? „Okay“, kniff sie die Augen fest zusammen: Kazuha mischt du für mich?“ „Ja gut“, war diese sofort bereit ihr behilflich zu sein. „Während du mischt musst du die Frage stellen. Versuch neutral zu bleiben, dass ist am allerwichtigsten. Misch so, als wenn du mit der Sache nichts zu tun hättest. Und benutz eine positive Formulierung. Das ist auch wichtig“, legte sie ihr nahe. „Wie meinst du das genau?“, fragte Kazuha etwas verunsichert nach. „Wenn du z.B. fragen würdest mit Worten wie nicht oder kein, dann verdreht sich das zum Beispiel“, Ran überlegte kurz: .“Hast du das verstanden!?“ „Äh, ja!“ „Okay“, legte Ran vertrauensvoll ihr Schicksal in ihre Hände. Kazuha mischte, nachdem sie die Frage gestellt hatte. Ran merkte wie ihr immer mulmiger wurde. Unter größter Anstrengung gelang es ihr die Ruhe zu bewahren, stop zu sagen und die vier Karten zu ziehen. Das geschafft stieg ihre Anspannung ins unermessliche, als sie die vier alles entscheidenden Karten noch verdeckt vor sich liegen sah: „Deck du sie bitte auf“, sagte sie mit zitternder, aber fest entschlossener Stimme. Kazuha tat ihr den Gefallen. Da lagen sie also: Die Karten, die zu denen sie sich jetzt den Text ansehen musste. Auf den ersten Blick sah die erste Karte nicht freundlich aus. Ihre Angst an die Seite schiebend schluckte sie. Sie hatte einen Klos im Hals. Sie spürte wie die Anspannung Übelkeit in ihr auslöste, ihre Magengegend sich aufs unangenehmste zusammenzog. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie Kazuha vorlesen ließ: „Sie werden plötzlich mit der Schattenseite des Partners konfrontiert, sind sehr erschrocken und enttäuscht. Totale Gefühlsblockade.“ Ran schluckte. Sie hatte es geahnt. Das war keine nette Karte gewesen. Sie spürte auf einmal ihre große Verunsicherung: Also doch! Es gab einen Grund für das ablehnende Verhalten und dem nach musste es etwas sehr schlimmes sein. Schlimmer als sie sich vorstellen konnte! Sehr beklommen fragte sie sich, was es nur sein konnte. Kazuha schaute sie mitfühlend und betroffen an. Ran nickte. „Shinichis Gefühle: Sie lassen sein Herz höher schlagen, wecken sein Bedürfnis eine Familie zu gründen. Sie sind sein absoluter Volltreffer!“ Als Kazuha das vorgelesen hatte, stießen Ran Tränen in die Augen. Gott sei Dank, fiel es ihr schwer wie Blei vom Herzen. Hätte sie gestanden, wären ihre die Beine weggesackt. Schwindelig vor Aufregung schlug sie sich die Hand vor den Mund: „Oh, Danke, danke!“ Auch ihr Herz machte bei diesen Worten einen Sprung und ließ es höher schlagen. Schnell riss sie sich wieder zusammen und wischte sich die Tränen mit den Fingerspitzen aus den Augenwinkeln. Sie hatten beide die gleiche Karte war ihnen aufgefallen. Vielsagend sahen sie einander an. „Okay“, signalisierte die werdende Mami kurz darauf schließlich, dass sie bereit war sich den Rest anzuhören. Tief Luft geholt, hörte sie zu. „Woran ihr arbeiten müsst“, begann Kazuha sogleich: „Sie dürfen sich nicht auf ihrem Glück ausruhen oder gar erwarten, dass es ohne ihr Bemühen größer wird. Keiner darf in Abhängigkeiten geraten.“ „Okay“, ließ sie diese Information sacken. Das müsste zu schaffen sein, dachte sie, jedenfalls was mich betrifft, fügte sie für sich im Stillen hinzu. „Die Zukunft: Kann sie Beide trennen, wenn keiner breit ist Abstriche zu machen, grundlegende Verhaltensänderungen vorzunehmen und offen mit dem anderen zu reden“, beendete Kazuha den letzten Satz. Erneut bekam Ran es mit der Angst zu tun. Ihre schlimmste Befürchtung war wirklich eingetroffen. Sie wünschte sich, dass sie sich verhört hatte, aber da lag es vor ihr: Schwarz auf Weiß musste sie der Wahrheit ungeschönt ins Gesicht blicken: Ich will mich nicht von ihm trennen und ich will auch nicht das er sich von mir trennt. War sie sofort bereit alles zu tun, was in ihrer Macht stand, um dieses Ende abzuwenden. Sie konnte nur Beten, dass Shinichi letztendlich ebenfalls zu allem bereit war. Die vernichtende Unsicherheit, ob er ebenfalls um ihre Beziehung kämpfen würde, schnürte ihr die Kehle zu. Heiji hatte ebenso große Angst, wenn auch aus einem anderen Grund. Auch sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er zögerlich den Schlüssel ins Schloss steckte. Queen wie auch Holmes bellten laut auf der anderen Seite der Tür. Seinen Mut zusammen genommen öffnete er. Kaum drinnen hatte er es von einer Sekunde auf die andere wieder sehr eilig. Noch ohne sich die Schuhe auszuziehen rannte er schnell die zwei Treppen hoch. Die Tür seines Zimmers flog auf, als er rein stürmte: „Shinichi?“, schaute er sich erneut außer Atem hastig um. Wie er befürchtet hatte: Sein Freund war nicht da. Sofort drehte er auf dem Absatz um, um den zu fragen, der wissen musste wo er sich aufhielt. Sein Vater! Ohne groß anzuklopfen platze er auch hier ins Zimmer. „Verdammt noch mal! Ich möchte nicht gestört werden! Was ist denn!?“, wurde er noch, bevor er ganz drinnen war, von Yusaku angeschnauzt. Welcher aus seiner liegenden Position auf dem Sofa aufgeschreckt hochgefahren war. „Was ist los? Du siehst beschissener aus, als ich mich fühle“, hatte er sich widerstrebend mühselig aufgesetzt und es, den Freund seines Sohnes gesehen, auf den Punkt gebracht. „Ich suche Shinichi“, rang Heiji schwer noch nach Luft. „Er ist nicht hier“, stellte dessen Vater, mit den Zähnen knirschend, fest. „Das weiß ich. Ich muss ihn sprechen. Ich war im Krankenhaus wo ich ihn nicht gefunden habe“, strömte es emotional aufgelöst geradezu aus ihm heraus. Was Yusaku seinen Groll vergessen ließ. „Ich mach mir Sorgen um ihn. Wo ist er? Was ist passiert?“, schossen die Fragen nur so aus ihm heraus. Yusaku seufzte, wie schon so oft an diesem Tag, schwer. Er fühlte sich immer noch elendig. Ihm tat alles weh. Er wollte einfach nur endlich seine Ruhe und schlafen. So redete er nicht erst drum herum, sondern kam gleich auf den Punkt: „Er hat lauthals mitten in der Nacht: „Sie werden mich umbringen“ geschrien. Wobei er wild um sich geschlagen, sich selbst und eine Schwester verletzt hat. Er ist auf der psychiatrischen Abteilung.“ „Was!?“, konnte Heiji nicht glauben was er gehört hatte: „Shinichi? Er würde doch nie!?...“, brach er mitten im Satz geschockt ab. Yusaku rieb sich den schmerzenden Kopf: „Ich habe ihm ja auch nicht unterstellt, dass er das mit Absicht gemacht hat“, er knurrte frustriert. Diesmal an den Arzt gedacht. Wieder stieg die Wut über diesen ihm hoch: „Es wird ein Versehen gewesen sein. Aber dieser Fachidiot von Psychiater glaubt uns immer noch nicht wirklich“, grollte er. „Was!?“, Heiji war noch entsetzter: „Sie haben doch nicht etwa die Organisation erwähnt!?“ „Nein“, sah Yusaku jetzt ihn böse an: „Wir haben versucht uns rauszureden. Aber…“, seine Stimme wurde allmählich ruhiger: „gebracht hat es nichts. Nur Herr Hinsage haben wir es zu verdanken, dass nicht wir die Angezeigten waren. Trotzdem… konnte auch er ihn nicht vollständig überzeugen. Er konnte lediglich für uns aushandeln, dass Shinichi zu den Untersuchungsergebnissen übermorgen voraussichtlich wieder von der geschlossenen runter darf. Bis dahin will der Psychiater ihn dortbehalten um eigene weitere Untersuchungen und Tests mit ihm durchzuführen.“ Heiji sah dem Vater seines Freundes an, dass es diesem missfiel Shinichi als ein Versuchskaninchen zu sehen. „Und wie geht es ihm jetzt?“, wandte er sich besorgt an ihn. Yusaku legte sich wieder hin: „Dank Psychopharmaka recht gut“, todmüde schloss er die Augen: „Wenn du, da du es jetzt weißt, bitte gehen würdest. Ich möchte alleine sein.“ Yusaku erinnerte sich an die Entschuldigung. Aber der Tag war zu anstrengend gewesen. Die Entschuldigung musste warten. Ihm fielen sofort wieder die Augen zu. Zurück in sein Zimmer gegangen legte Heiji sich aufgewühlt ohne Jacke oder Schuhe ausgezogen zu haben aufs Bett. Während er so stundenlang da lag, schlief Yusaku sofort wieder. 10. Januar, Dienstag Den ganzen Tag konnte Heiji sich zu nichts aufraffen. Teilnahmslos erledigte er seine Arbeit. Nur um dann am Abend genauso deprimiert und besorgt wieder in sein Bett zu fallen. Was war nur mit Shinichi? Hatte er sich immer wieder den ganzen Tag über gefragt. Über etwas anderes nachzudenken war ihm einfach nicht möglich gewesen. Hoffentlich fielen die Ergebnisse gut aus und er durfte wieder von der Abteilung runter. Auch dessen Eltern war es nicht anderes ergangen. Auch sie machten sich einen Kopf. Mehr als ihnen selbst lieb war. Selbst Yusaku gelang es nicht sich abzulenken. Wenn auch in den wenigen Stunden in denen er überhaupt wach war. Dreiviertel des Tages hatte er erschöpft verschlafen. Yukiko hingegen fand die ganzen 24 Stunden weder körperliche noch mentale Ruhe. Immer wieder schwankte sie zwischen unruhig auf und ab im Zimmer hin und her tigern und gequält von ihren erdrückenden Sorgen um Shinichi, mit umschlungenen Beinen auf ihrer Seite des großen Ehebettes sitzend, bewegungslos da zu kauern. Auch Ran und Kazuha blieb die den ganzen Tag über andauernde angespannte Atmosphäre nicht verborgen. Nur ein flüchtiger Kontakt mit Yusaku hatte genügt, um ihr klar zu machen, dass heute ganz sicher noch nicht der Tag ihrer Versöhnung gekommen war. Kazuha hatte am Morgen in Heijis Gesicht sofort verstanden das Ansprechen aufs äußerste verboten war. 11. Januar, Mittwochmorgen Ran wollte auf dem Absatz schon wieder kehrt machen, als sie ihn sah. Doch dann riss sie sich zusammen. Tief Luft geholt kam sie ein paar Schritte in die Küche herein auf ihn zu: „Hi. Na, du Schlafmütze?“, bemühte sie sich ungezwungen scherzhaft rüber zukommen. Angesprochener schaute gedankenverloren zu ihr auf. Er saß am Tisch. Eine Tasse Kaffee befand sich zwischen seinen Händen: „Ich bin keine Schlafmütze!“, antwortete er etwas grimmig: „Ich habe eine Männererkältung“, er merkte ihr an ihrem Gesicht an, dass es zu grimmig gewesen war. Ran war eingeschüchtert. Doch sie entschied sich möglichst unbefangen weiter auf ihn zuzugehen. Sie grinste ein schiefes Lächeln: „Du meinst du stirbst dran?“, scherzte sie. „Fühlt sich so an. Ja.“, gab er zurück. Ah, deshalb… wahrscheinlich ist er deswegen so schlecht gelaunt gewesen“, dachte sie erleichtert. Noch bevor er was anderes sagen oder weggehen konnte fasste Ran sich ein Herz. Yusaku sah wie sie verlegen von einem Fuß auf den anderen trat. „Was ist?“, schaute er sie fragend an. „Du… also ich“, begann sie zögerlich. Doch dann brachte sie es in einem Rutsch mit fester Stimme über die Lippen: „Ich wollte mich bei dir entschuldigen.“ „Weswegen?“, fragte er kurz stirnrunzelnd nach. Er ahnte weswegen. „Dafür, dass ich dich die Tage so genervt habe“, schaute sie ihn kleinlaut an: „Ich hätte nicht immer wieder damit anfangen sollen“, meinte sie. Sie biss abwartend auf ihre Unterlippe. „Ich entschuldige mich auch.“ „Dann können wir uns wieder vertragen?“, fragte sie ihn vorsichtig. „Klar“, meinte er. Er versuchte ebenfalls zu lächeln. Doch es verschwand so als gleich wieder. Ran hörte heraus, dass er müde war. Yusaku machte einen abgespannten und mitgenommenen Eindruck. Er sah plötzlich traurig aus, als sie sich zurückhaltend neben ihn gesetzt hatte. Gerne wollte sie ihn ansprechen und fragen weswegen. Doch sie verkniff es sich. Zunächst saß sie ihm einfach nur schweigend gegenüber. Er sah wirklich bedrückt aus. „Also“, fasste sie sich erneut zaghaft ein Herz: „Bitte werd jetzt nicht gleich wieder sauer auf mich. Ich verlange nicht, dass du mir erzählst was los ist. Ich will nur das du weißt, dass du es mir sagen könntest, wenn du es wolltest, okay? Ich möchte es dir nur anbieten“, beendete sie rausch ihren Satz, um es zu vermeiden, dass er sie unterbrach. Yusaku hatte sich ihr zugewandt. Etwas überrascht sah er sie an. „Danke“, versuchte er ein Lächeln. Er meinte es ehrlich. Doch dann wollte er eine Zigarettenschachtel hervorgeholt aufstehen. Irritiert sah Ran zu wie er das tat. „Ich weiß was du jetzt sagen willst!“, meinte er: „Aber ich brauche das jetzt“, gab Shinichis Vater zu. Er wirkte auch irgendwie nervös und das war er auch wirklich mehr, als er nach außen hin erahnen ließ. „Ist“, winkte sie schnell ab: „ist Okay. Du kannst ruhig hier bleiben. Du musst nicht extra in den Regen gehen“, wollte sie ihn nicht vertreiben: „Ich lüfte nachher einfach gründlich durch. Mama wird nichts merken.“ Er war verwundert. Er hatte damit gerechnet wieder Tadel wegen ihrer überfürsorglichen Art einzustecken. Das diese ausblieb wusste er sehr zu schätzen: „Wenn es dir nichts ausmacht?“, vergewisserte er sich bei ihr. Sie lächelte ihn an: „Nein. Das ist schon in Ordnung. Eine oder zwei Zigaretten werden mir und Kickchen schon nicht schaden.“ „Wenn du meinst?“, vergewisserte er sich noch einmal bei ihr, bevor er sich wieder neben sie setzte. Eigentlich wäre es wirklich! nicht seine Art gewesen. Er war wirklich neben der Spur! Doch heute… Es tat gut nicht alleine zu sein. Seine Sorgen zermürbten ihn. „Es ist wegen Shinichi“, sprach er plötzlich, nachdem er eine Weile rauchend einfach nur da gesessen hatte. „Shinichi?“, Ran spitze sofort hellhörig die Ohren. „Ich muss heute zu einem Termin wegen ihm. Und ich habe Angst.“ Er klopfte Asche ab während er das sagte. Diese beim Fallen in die Tasse, die er als Aschenbecher benutzte, beobachtend. Ran ihrerseits verheimlichte ihre Sorgen: „Hat er sich irgendwie in Schwierigkeiten gebracht?“, versuchte sie sich ihre Emotionen nicht anmerken zu lassen. „Kann man so sagen“, antwortete er betrübt. Sie stellte ihm keine weiteren Fragen dazu. Nur: „Es wird sicher gut ausgehen“, hatte sie ihm eine Hand auf den Arm gelegt: „Hab einfach vertrauen“, wollte sie ihm Mut machen: „Du schaffst es schon ihm irgendwie zu helfen.“ Dankbar schaute er sie erneut an. Das Vertrauen, dass sie in ihn setzte tat tatsächlich gut. Auch wenn Yusaku sich da weiterhin nicht sicher war. Auf die tickende Wanduhr gesehen wusste er, dass es noch eine Stunde dauerte, bis sie endlich aufbrechen konnten. Wie ihm ging es auch Yukiko. Im Gegensatz zu ihrem Mann hatte sie gar nicht geschlafen. Im Vergleich zu ihr hatte er noch Glück gehabt erst um 5 Uhr ruhelos aufgewacht zu sein. Sie waren beide total nervös und angespannt. Ihnen kam es beiden vor, als schlichen die Zeiger. Grausam langsam vergingen Shinichis Eltern die Sekunden und Minuten. Gegen 11 Uhr heute Vormittag war es endlich so weit: Shinichis Ergebnisse. Sie wie auch er schwankten immer wieder hin und her zwischen der Hoffnung, dass ihr Sohn gesund war und der Ungewissheit, dass er es nicht war. Beide wussten sie nicht wie sie mit diesem an ihnen nagenden Zweifel umgehen sollten. Ihr Sohn war vielleicht doch schwerer krank, als sie dachten? Was wenn das tatsächlich der Fall war? Wie sollten sie damit umgehen? Shinichi selbst würde nicht bei der Besprechung dabei sein. Wie sollten sie ihrem Sohn die eventuellen schlechten Nachrichten überbringen? Wie würde er, da er ohne hin schon psychisch angeschlagen war, darauf reagieren? Das wollten sich weder Yusaku noch Yukiko weiter ausmalen, als sie es bisher eh schon getan hatten. Das machte seine Eltern warnsinnig. Es wird gut gehen. Alles wird gut!, versuchten sich beide immer wieder selbst gut zuzureden. So wie jetzt auch. Mit leider nur mittelmäßigem Erfolg. Während Yukiko in Bewegungsunfähigkeit erstarrt war, war ihrem Mann nichts anderes eingefallen, als das was er da gerade immer noch neben Ran sitzend weiterhin machte. Er kompensierte seine innerliche Getriebenheit mit rauchen. Auch die Zweite geraucht riss er sich schließlich zusammen und verabschiedete sich von ihr: „Ich muss los“, sagte er. „Ist gut“, ließ Ran ihn gehen. Es stimmte zwar nicht, aber hielt er es nicht mehr aus. Er humpelte die Treppe hoch. Oben angekommen klopfte er an die Schlafzimmertür. Yukiko sprang sofort aufgeschreckt auf. Es dauerte keine 15 Sekunden, da hatte sie ihm bereits geöffnet. „Können wir los?“, fragte er ungeduldig. Sofort nickte sie. Schell hatte sie wie er Jacke und Schuhe angezogen. Nebeneinander her gehend liefen sie schweigend die Straßen entlang. Ran hatte sie vom Fenster aus beobachtet, bis sie außer Sichtweite gekommen waren. Oh, Yukiko geht auch?, hatte sie festgestellt. Dann musste es ja wirklich etwas überaus ernstes sein. Was es nur war? quälte nun auch sie die Ungewissheit. Sie hatte überlegt, ob sie ihnen heimlich folgen sollte. Doch entschied sie sich letztlich dagegen. Sie wollte ihrem Freund vertrauen. „Viel Glück“, wünschte sie ihnen. Ich drücke euch die Daumen, dachte sie: Bei was auch immer… Wie zu erwarten waren Shinichis Eltern viel zu früh. Ungeduldig sahen die Beiden immer wieder auf die große Wanduhr des Flures ein paar Meter von ihnen entfernt. Yusaku seufzte erneut. 15 bis 25 Minuten musste er mit ihr voraussichtlich noch warten. Vielleicht auch 30. Dr. Hiroshige hatte sich ein Zeitfenster bewusst offen lassen wollen, da es immer zu Verzögerungen kommen konnte wie er, sich eher wage gehalten, erklärend geäußert hatte. Yukiko saß neben ihm. Sie hatte Angst. Ebenso wie er. Beklommen schwieg sie auf ihrem Stuhl zusammengekauert und schaute zu Boden. Sie schaute auch nicht auf, als er es im Gegensatz zu ihr nicht mehr leiden könnte auf seinem Stuhl still zu bleiben. Während sie das Gefühl hatte sich nicht rühren zu können, brach sich in ihm der Drang an die Oberfläche seine innere Unruhe zu kanalisieren. Zunächst war er nur aufgestanden. Doch jetzt lief er zum Teil auch auf und ab über den ganzen Gang bis hin zum Flurausgang, um jeweils für ein paar Sekunden nach dem Mediziner Ausschau zu halten. Jedoch nie ging er sonderlich lange, wie Yukiko ihn aus den Augenwinkeln heraus beobachtet hatte. Es lag an seinem Bein. Es schmerzte. Jedoch gerade weil er so unruhig war und er ihr als ihr ruhiger Gegenpol fehlte fiel es ihr umso schwerer ihre eigene unterschwellige Panik zu unterdrücken. Die immer aufs Neue in ihr hoch kam, wenn sie wieder an ihr krankes Kind dachte. Es war schwer sich nicht verrückt zu machen. Ihm ging es genauso wieder zu den Stühlen zurückgekommen. Er war gereizt. Sie sah es in seinem Gesicht. Diesmal seufzte er laut los. Auch er machte sich wegen Shinichi seine Gedanken. Auch er hatte sich grübelnd ganz in sich selbst zurückgezogen. Kurz mischte sich über seine Sorge um ihn auch Zorn, als er daran dachte, warum sie in dieser ganzen verzwickten Situation waren. Doch dann legte sich seine Wut auch wieder so rasch fast, wie sie über ihn gekommen war. Was brachte es anderen die Schuld daran zu geben? Schwarze Organisation hin oder her. Er hatte ihnen das doch längst vergeben, oder? kam bei der Erinnerung daran eine Erleichterung in ihm auf. Es war dasselbe warme und wohlige Gefühl wie als er unter dem Baum im kalten Wind draußen im Graten gesessen hatte. Die Augen geschlossen hatte er seinen Hinterkopf an die Wand hinter ihm gebetet. Und irgendwie... Er wusste selbst nicht genau wo die Zuversicht so plötzlich herkam. War sie da. Er atmete entspannt tief durch. Innerlich spürte er die Gewissheit, dass wie es auch immer sich entwickeln würde. Es doch seine Richtigkeit hatte. Man bekam immer das was man brauchte. Ob man es nun wollte oder nicht. Warum sollte es jetzt anderes sein? Letztlich war es egal wie die Sache gleich aus ging. Es kam nur darauf an wie sie damit dann umgingen. Ganz gleich, ob es gute oder schlechte Nachrichten waren. Shinichi muss seinen eigenen Weg gehen und seine eigenen Lösungen finden. Er als Vater konnte nur seinerseits die Hand zur Hilfestellung ausstrecken. Annehmen konnte nur er sie. Das wusste er. Und irgendwie musste er zugeben, dass es für ihn so in Ordnung war. Yukiko schaute sehr irritiert auf, als sie plötzlich einen leichten Druck auf ihrem Knie spürte. Yusaku war es gewesen. Sein Blick war freundlich. Er hatte es gedrückt wie zuvor bereits das Knie ihres Sohnes. Sie verstand, dass es als Aufmunterung gemeint war. Wie auch Shinichi seiner Zeit bedeutete auch ihr diese kleine Geste viel. Auch wenn sie es wie er nicht gerne offen zu geben wollte. Sie spürte wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Sie erwiderte schüchtern sein Lächeln. Doch dann schaute sie wieder zu Boden. Sie wollte nicht, dass er sah dass sie rot wurde. Seine Nähe machte sie immer nervös. Ganz besonderes, wenn sie sich wie jetzt so nah bei ihm befand. Auch er behielt seinen Gedanken für sich. Er dachte, dass sie schön aussah. Er bezog die Röte allerdings nicht auf sich. Jedoch fand er, dass sie ihr sehr gut stand. Es erhellte ihr sonst eher sehr blasses Gesicht. Die beiden schwiegen weiterhin. Doch nun fühlte auch sie sich besser. Allein direkt nebeneinander, warteten sie nun doch gemeinsam weiter. Auch wenn die Minuten weiter nur langsam dahin schlichen. War es jetzt nicht mehr ganz so schlimm. Unbewusst übertrug sich Yusakus Gelassenheit auf Yukiko. Doch dann war es mit ihrer Ruhe vorbei. Von jetzt auf gleich standen die Beiden auf. Sie hatten den Mann, auf den sie so lange gewartet hatten, auf sich zukommen sehen. „Guten Tag, Herr Kudo“, sprach dieser das Ehepaar an: „Frau Kudo?“, begrüßte er auch sie, die halb verdeckt wieder schüchtern hinter ihrem Mann stand. „Wie geht es Ihnen?“, machte er nun wieder Yusaku zugewannt einen gut gelaunten Eindruck. „Danke. Gut.“ „Und Ihnen?“, fragte er auch sie. „Auch“, antwortete Yukiko schüchtern. Sie war erneut rot geworden. Hiroshige bemerkte es. Der ältere Herr zog einen anderen Schluss als ihr Mann. Sagte jedoch nichts weiter. Yusaku selbst hatte es nicht gesehen. Seine Aufmerksamkeit war auf sein direktes Gegenüber gerichtet. Ihn beide ebenfalls begrüßt folgten sie der einladenden Geste des Chefarztes, nachdem dieser sein Büro aufgeschlossen hatte: „Kommen Sie“, lud er die Eltern seines Patienten ein. Yukiko nahm dicht gefolgt hinter Yusaku kurz nach ihm Platz. Der Mediziner setzte sich auf seinen Schreibtischstuhl. Sich so gegenübersitzend beobachteten sie wie jener einen dicken Aktenstapel aus der untersten Schreibtischschublade auspackte und vor sich wie vor ihnen auf der gesamten Fläche des Tisches ausbreitete. Was einiges an logistischem zurechtrücken, sowie schieben erforderte, um jedes Stück auf der Oberfläche unterzubringen. Bis zum zerreißen gespannt saßen Yukiko und Yusaku da. Erneut spürte sie kurz wie er diesmal ihre Hand drückte. Sie erwiderte seinen Druck. Hiroshige war fertig. Bevor er sprach räusperte er sich. Bei dem Geräusch die Beiden zusammenzuckten. Sie sahen aus wie alle Eltern, die nicht wussten was ihr Kind hatte und es unbedingt wissen wollten. So spannte er sie nicht lange auf die Folter. Kurz selbst überlegt wo er in Anbetracht der Aktenvielfalt anfangen sollte, begann er zunächst mit einer Erläuterung des großen Blutbildes: „Wir haben Entzündungsmarker im Blut ihres Sohnes gefunden“, zeigte er mit dem Kugelschreiber für die Eltern näher ersichtlich darauf, welche er ihnen näher erklärte. Dann erläuterte er näher das MRT und CT in Kombination mit den Röntgenbildern und orthopädischen Befunden. Exemplarisch an einem Gelenk und einem Muskel erklärte er ihnen, mit einem Kugelschreiber genauer die betreffenden Stellen umkreisend, Shinichis schwerstwiegende physiologische Probleme genau: „Wie Sie hier sehen befinden sich im Körper ihres Sohnes seine gesamte Skelettstruktur betreffend überall, wenn auch sehr kleine, Entzündungsherde an allen Strukturen. Jeder zeigt kleinste Risse auf. Weiterhin auch die Sehnen und Bänder. Ebenso sind, wie sie hier sehen können, auch die Gelenkkapseln entzündet. Was der Grund dafür ist, dass ihr Sohn so vehement jegliche Form der Bewegung ablehnt.“ Seine Eltern hatten gut zugehört. „Er hat also starke Schmerzen“, fasste Yusaku es sehr rational zusammen. Sein Gegenüber nickte bestätigend. Yukiko dagegen reagierte überaus emotional: „Oh, nein. Wie lange dauert es bis es ihm besser geht? Er wird doch wieder gesund, oder?“, wollte sie sehr besorgt wissen. Ihre Stimme hatte sich Überschalgen. Der Mediziner unterstutzte seine Antwort mit einem zuversichtlichen Nicken: „Ja, aber es wird einige Monate dauern, bis alles vollständig verheilt ist“, wurden Yukikos aber auch Yusakus Hoffnungen auf eine schnelle Genesung gedämpft. „Bis dahin verordne ich ihm Schmerzmittel. Zudem gemäßigte Bewegung im Allgemeinen und Physiotherapie. Wozu Sie ihn mindestens zweimal in der Woche dringend überreden müssen. Operieren lässt es sich nicht. Es muss von selbst heilen“, schilderte er den Eltern sachlich: „Zudem“, kam eine weitere Einschränkung hinzu: „Mangelt es ihm an Kochendichte. Was für Shinichi zur Folge hat“, er sprach seinen kleinen Patienten mit richtigem Namen an: „das er auf passen muss das er sich nicht versehendlich Knochen bricht. Ihre Struktur ist zurzeit instabil. Was bedeutet, dass wir die Knochenmasse wieder aufbauen müssen durch entsprechende Medikamente. Allgemein zeigte sich, dass sein Nährstoffmangel sich bereits verbessert hat. Auch an Gewicht hat er etwas zu genommen. Auch an diesen Stellen müssen wir ansetzen. Wie hat ihr Sohn die hochkalorische Kost angenommen?“, erkundigte sich der Mediziner nun: „Bevorzugt er eine bestimmte Geschmacksrichtung?“ Yusaku und Yukiko sahen sich kurz an. „Er war von allen gleich wenig angetan“, antwortet Yusaku nach kurzem Überlegen schließlich. „Nun, das ist Pech. Denn die wird ihn ebenfalls noch eine Weile begleiten. Jetzt aber zu den guten Nachrichten. Zwar wurden an jedem seiner Organe kleinste Vernarbungen gefunden. Auch weisen vor allem Herz, Lunge, Leber und Nieren Insuffizienzen auf. Jedoch sind diese minimal, sodass wir diesen keine weitere Beachtung schenken müssen. Von einer Profisportlerkariere müsste ich zwar abraten, aber davon abgesehen wir ihr Sohn was das betrifft aller Voraussicht nach ein ganz normales Leben führen können. Tumore konnten wir in keinsterweise aufspüren. Was bedeutet das ihr Sohn aller Wahrscheinlichkeit nach Krebsfrei ist. Jedoch empfehle ich ihn in regelmäßigen Intervallen- das nächste in frühestens drei bis spätestens in sechs Monaten- durchführen zu lassen, um auszuschließen dass bösartige Neubildungen eventuell noch zu klein waren, um zum gegenwärtigen Zeitpunkt gefunden zu werden.“ Trotz das ihnen keine hundertprozentige Garantie gegeben werden konnte, waren sowohl Yusaku wie auch Yukiko über alle Maßen erleichtert, dass sich zumindest ihre schlimmste Sorge nicht bewahrheitet zu haben schien. „Wie wahrscheinlich ist es, dass zu einem späteren Zeitpunkt noch etwas gefunden wird?“, wollte Yusaku versuchen es genauer herauszubekommen. Wahrheitsgemäß gab ihm der Arzt seines Sohnes Auskunft: „In Anbetracht des speziellen Umstandes des unbekannten Zellgiftes kann ich Ihnen das nicht sagen.“ Yusaku hatte im Gegensatz zu seiner stillen Frau noch weitere Fragen. Geduldig nahm sich der Mann die Zeit ihm zu erklären, was er ihm erklären konnte. Erst als er merkte, dass Yusakus Wissensdurst abebbte und sein sich rein auf die körperliche Ebene beziehenden Teil durch war, kam er auf dem Mediziner selbst noch wichtiges Thema zu sprechen: „Was den emotionalen Zustand ihres Sohnes anbelangt“, fuhr er in sehr höflichem Tonfall und erst zurückhaltend fort, dann bestimmter: „Sehe ich deutlichen Handlungsbedarf. Ich habe mich noch einmal ausführlich mit Dr. Takano unterhalten. Wie auch er vertrete ich die Ansicht, dass es sich Allerwahrscheinlichkeit nach um eine Posttraumatische Belastungsstörung handeln dürfte. Das Sie daran schuld sind konnte ich ihm glücklicherweise ganz ausreden. Er hat sich bereit erklärt auf meinen Wunsch hin einen weiteren Fachkollegen hinzuzuziehen. Mit diesem bin ich persönlich befreundet. Allerdings kommt er aus Osaka und wird daher erst frühestens morgen Abend, aller Wahrscheinlichkeit aber erst Freitagabend für ein Konsil in privatem Rahmen vor Ort zur Verfügung stehen. Er ist sehr bewandert auf seinem Gebiet, weshalb ich Ihnen wärmstens empfehlen kann offen, soweit Sie es für sich verantworten können, mit ihm zu sprechen. Seihen Sie darauf gefasst“, er schaute den Vater seines kleinen Patienten dabei direkt an: „Er ist von meinem Schlag. Also stellen sie sich darauf ein, dass er äußert direkt ist. Ihr Geheimnis wäre bei ihm sicherlich sicher. Überlegen sie es sich.“ Mit diesen Worten stand er auf und beendete das Gespräch. Der Chefarzt war bereits gegangen, als Yusaku und Yukiko nun wieder im Wartebereich standen. Wie er musste auch sie das eben Gehörte erst verdauen. Zunächst waren beide mehr als perplex über das ihnen gemachte Angebot. Sie noch weniger als er konnte es überhaupt nicht fassen. Aber noch viel wichtiger war und das sprachen sie auch zusammen, einander zugewandt, fast gleichzeitig laut aus: „Shinichi ist gesund! Es ist kein Krebs.“ Sie war nur ein paar Sekunden schneller gewesen. Beide waren sie maßlos erleichtert. Überglücklich trafen sich ihre Blicke. Plötzlich, noch ehe Yusaku sich versah, hatte Yukiko sich bereits auf die Zehenspitzen gestellt und ihn aus ihrem ganzen Gesicht heraus strahlend umarmt. Völlig überrascht aber ebenso glücklich war er keineswegs abgeneigt. Er erwiderte ihre Umarmung und für eine kleine Weile genossen sie so in dieser Bewegung verharrend das schier unbeschreibliche Glück- aller Voraussicht nach- einen weitestgehend gesunden Sohn zu haben. Erst als sie sich wieder voneinander lösten passierte das für Yusaku in diesem Moment absolut unerwartete. Sein Blick hatte ihren nur für einen kurzen Moment erneut getroffen. Denn es ging alles so überaus schnell, dass Yusaku gar nicht wusste wie ihm geschah. Er hatte nicht die Möglichkeit in irgendeiner Weise zu begreifen oder zu reagieren. Er stand einfach nur wie vom Blitz getroffen da während Yukiko ihn überschwänglich küsste…. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)