Die drei Fragezeichen von Miyabi (oder Wie alles begann) ================================================================================ Kapitel 1: Der Schrottplatz --------------------------- "Los doch, beweg dich Fettsack!" Eine Hand versetzte seiner Schulter einen groben Stoß. Justus biss vor Wut die Zähne zusammen und stolperte nach Vorne. Er konnte sich gerade noch an der Tür des Schulbusses festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. "Mach schon! Sonst stehen wir hier Morgen noch rum, Dicker!" Die älteren Jungs kicherten abfällig. Warum konnten sie nicht damit aufhören? Justus schloss kurz die Augen und atmete tief ein. Dann stieg er die Stufen nach oben und suchte sich einen Sitzplatz. Jeden Morgen die gleiche Prozedur. Er hasste es! Schnell sah er sich nach einem Platz um. Da entdeckte er Robert Andrews, der auf einem Fensterplatz saß. Er kannte den Jungen aus der Parallelklasse nur flüchtig, aber es reichte, um zu wissen, dass er nichts dagegen hatte, wenn er sich neben ihn setzte. "Guten Morgen,.. darf ich?" fragte Justus höflich und setzte sich, als Robert kurz nickte. Er wirkte abwesend und nachdenklich. Mit seinen dicken Brillengläsern, sah er immer aus wie ein Bibliothekar, fand Justus. Dennoch mochte er ihn. Er war immer freundlich und eher von der stilleren Sorte. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander. Dann gab sich der Blonde einen Ruck. "Was hast du in der ersten Stunde?" fragte er interessiert und sah weiter aus dem Fenster. "Ähm..Mathe." Justus war es nicht gewohnt überhaupt angesprochen zu werden. "Weisst du schon, in welche Klasse du kommst?" fragte dieser nun weiter. "Ja, in die von Mr. Hill!" antwortete Justus, dann rang er sich zu einer Gegenfrage durch: "Und du?" "Ich auch!" Der Blonde schenkte ihm ein süßes Lächeln. "Dann können wir uns ja nebeneinander setzen!" Justus hob erstaunt die Augenbrauen. "Echt?...Ok, wenn du das möchtest, Robert!" er schenkte ihm ein unsicheres Lächeln. "Sag einfach Bob ^^" "Ok!" Jetzt rang sich auch Justus ein Lächeln ab. Normalerweise saß er immer allein und ganz weit vorne. Die Lehrerin schickte ihn zusätzlich in ein paar Kurse für Hochbegabte, was ihm den Spott der anderen Klassenkameraden einbrachte. Sie triezten ihn sowieso schon, weil sie ihn für einen Besserwisser hielten, daher verzichtete Justus darauf auch noch dafür bekannt zu werden, ein paar Klassen übersprungen zu haben. Der Bus hielt vor dem Eingang der High School. Vielleicht würde jetzt endlich alles anders werden, dachte Justus, als er mit den anderen aus dem Bus trat. Sie versammelten sich alle in der Aula, um auf dem schwarzen Brett nach der Nummer ihres Klassenzimmers Ausschau zu halten. "Yeah! Wir müssen in den ersten Stock, Mädels!" ertönte eine helle Stimme, in der Mitte der Menge. Ein Junge in ihrem Alter zog alle Aufmerksamkeit auf sich. Er überragte die meisten Schüler und hatte ein umwerfendes Lächeln. "Das ist der Kapitän der Schulfußballmannschaft!" wisperte Bob, Justus ins Ohr. "Die Mädchen fliegen auf ihn." "Das sieht man!" erwiderte Justus grinsend. Die Schulglocke erklang zum ersten Mal, das Zeichen, dass sie in ihre Klassenzimmer gehen mussten. Nachdem die beiden Jungs sich einen Platz am Fenster gesucht hatten, begann auch schon die morgendliche Begrüßung durch den Klassenlehrer Mr. Hill. Justus sah sich im Klassenzimmer um. Unter einigen bekannten Gesichtern, hatten sich nun auch Schüler der damaligen Parallelklasse dazu gesellt. Leider waren die, eher unangenehmen Schüler auch noch in seiner Klasse. Seufzend sah er wieder nach vorne an die Tafel. Der Tag verging, wie im Flug. Bob stellte sich als sehr angenehmen Sitznachbarn heraus. Sie stellten sehr schnell fest, das sie einiges gemeinsam hatten. Beide waren nicht besonders sportlich, auch kamen sie nicht ganz so gut, bei den Mädchen an, wie zum Beispiel der Hübsche aus dem Fußballverein, der jede Woche mit einer Anderen zusammen zu sein schien. Doch das war nicht alles. Sie interessierten sich beide für Bücher und Geschichte, auch war Bob nicht gerade auf den Kopf gefallen und war ein cleveres Bürschchen. Was Bob nicht wusste, ergänzte Justus und umgekehrt. Es dauerte nicht lange und Justus lud Bob, an einem freien Wochenende, zu sich nach Hause ein. Nervös war er den ganzen Tag damit beschäftigt gewesen, allerhand Plunder für seinen Onkel Titus hin und her zu schleppen. Er wollte nicht riskieren, dass seine Tante auf den Gedanken kam, ihn und womöglich noch seinen neuen Freund, zum arbeiten einzuteilen. Wenn er so darüber nachdachte, war Bob der erste richtige Freund, den er zu sich einlud. Gegen 15:00 Uhr erschien der Blonde, wie verabredet am Eingang des Schrottplatzes. Bob kannte den Schrottplatz. Seine Tante interessierte sich für Trödel aller Art und hatte dort schon einiges gekauft. Doch das Justus dort tatsächlich wohnte, kam ihn etwas merkwürdig vor. Nach wenigen Minuten entdeckte er ihn auch schon. Er schien sich mit einer Dame mittleren Alters zu streiten. "Justus, ich möchte doch nur wissen, wie er aussieht. Vielleicht kenne ich ja seine Eltern." "Bitte Tante Mathilda, er hat sicher keine Lust, ausgefragt zu werden!" "Dann geb ihm wenigstens ein Stück von dem Kirschkuchen ab. Ich hab ihn extra für euch gebacken." Lächelnd beobachtete Bob die Szene. `Daher hat er also seine Figur..` ging es ihm durch den Kopf. Seine Tante schien eine Leidenschaft für`s Backen zu haben. In unmittelbarer Nähe ertönte jetzt das Schrillen einer Kreissäge, sodass er nichts mehr verstehen konnte. Unverwandt ging Bob auf Justus zu. "Hallo Just!" der Angesprochene drehte sich herum und grüßte freundlich zurück. "Hallo Bob, entschuldige, dass du das mit ansehen musstest!" "Ach, das ist also der berühmte Robert Andrews!" Die Dame strahlte und er reichte ihr höflich die Hand. "Bob, reicht völlig!" entgegnete er. "Freut mich Bob! Ich bin Justu`s Tante. Aber Mathilda reicht völlig und das da drüben," sie wirbelte herum und deutete auf einen kräftig gebauten Mann, der an der Kreissäge stand, "Das ist Titus Jonas, mein Mann!" Sie lächelte auf ihre gewohnt herzliche Art. "Hallo! ..Was hab ich da von einem Kirschkuchen gehört?" schmunzelnd klopfte er Justus auf die Schulter. "Ohja, ich werde ihn gleich holen, wartet hier!" "Entschuldige, sie ist immer etwas anstrengend!" Justus sah seiner Tante etwas verlegen nach. "Also ich finde sie ganz toll!" meinte Bob grinsend. Als Mathilda Jonas, den Tisch auf der Veranda gedeckt hatte, rief sie ihren Mann und die Jungs zum Kaffee. "So Bob, nun erzähl doch mal, was macht denn dein Vater?" Justus verzog leicht das Gesicht. `Typisch Tante Mathilda!` Jedoch schwieg er, da er selbst gerne etwas mehr über Bob erfahren wollte. "Er arbeitet bei der Zeitung. Er ist Journalist!" "Ah, verstehe. Und du, was willst du einmal werden?" "Mh..das weiss ich noch nicht..vielleicht Redakteur, oder Musikproduzent!" er lächelte verträumt. "Und du Justus?" "Präsident der Vereinigten Staaten, ganz sicher nicht.." Alle lachten. Nachdem sie alle gegessen hatten, begann Mrs. Jonas den Tisch abzuräumen. "Na dann wollen wir euch mal nicht länger stören!" Titus breitete eine Zeitung aus und begann zu lesen. Er hatte für heute schon genug geschuftet. Bob und Justus erhoben sich. "Komm mal mit Bob, ich muss dir was zeigen!" Der Kleinere nickte, rückte sich seine Brille zurecht und folgte ihm queer über den Schrottplatz. "Sind nett die Beiden!" sagte Bob fröhlich. "Ja, wenn sie mal keine Arbeit zu verteilen haben!" konterte der Dickere mürrisch. "Wohin gehen wir?" "Abwarten! Wir sind gleich da!" Neugierig hielt er Ausschau, ob er irgendwo etwas besonderes auf dem Schrottplatz entdecken konnte, aber da war nichts. Es gab nur altes Gerümpel und ein paar verschrottete Autos, an denen schon das ein oder andere Rad fehlte. "So, da sind wir!" Bob wäre fast in Justus gelaufen, als dieser so aprubt stehen geblieben war. "Was? Was genau meinst du?" Er folgte seinem Blick. Das konnte er doch nicht gemeint haben? Was er sah war ein alter schrottreifer, weisser Wohnwagen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)