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Does it feel like we've ever been alive?

Does it feel like we've ever been alive?
von

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Titel: Does it feel like we've ever been alive?

Genre: Drama, Love, (Death)

Hauptpersonen: Jared, Shannon, Tomo, Emma, (Susan)

Bands: 30 Seconds to Mars

Eigene Charaktere: Susan, Lili, Callie, Charly, Alex, Jack

Disclaimer: Die Band 30 Seconds to Mars gehört nicht mir, genauso wenig wie der Titel der Story, die ich aus ihrem Lied R-Evolve genommen habe!
 

Ein ganz großes Dankeschön an meine tolle Beta Blacki *dich ganz feste drück*
 


 

Kapitel 1
 

Tropf...tropf...tropf...tropf...
 

Jeder neue Tropfen vergrößerte die Pfütze. Mit jedem neuen Tropfen floss mehr Leben aus ihm und mit jedem weiteren Tropfen kam die Kälte näher und krallte sich in sein Innerstes, das sich ausbreitete wie Gift.
 

Tropf...tropf...tropf...tropf...
 

Aber es floss nicht so schnell, wie er es gerne hätte, aber diese roten und so wunderschönen Tropfen des Lebenselixiers faszinierten ihn und so schaute er ihnen weiter zu, wie sie auf den Boden tropften und ihr Todeslied spielten....
 

Tropf....tropf...tropf...tropf...
 

Wie lange es wohl dauert bis man das Bewusstsein verliert?
 

Tropf...tropf...tropf...tropf...
 

Sterben ist gar nicht einfach, aber zu Leben ist so viel schwerer...
 

Tropf... tropf...tropf...tropf...
 

Wie lange es wohl dauern wird bis mich jemand findet?

Aber bis dahin ist es vollbracht...
 

Tropf...tropf...tropf..
 

Wie sie sich wohl gefühlt haben mag, als sie diesen Schritt gegangen war...

Hatte sie sich die Schnitte tiefer gesetzt?

Oder hatte sie genauso wie ich zu geschaut, wie das Blut wie rote Tränen den Fingern umschmeichelten und dann zu Boden tropften?
 

Tropf...tropf...tropf...
 

Was tue ich hier eigentlich?

Ist es richtig was ich hier getan habe?

Aber dieser Schmerz, dieser grausame Schmerz als sie von mir gegangen war und mich alleine lies, er ist so schlimm...
 

Tropf...tropf...tropf...
 

Wieso hatte sie mir das angetan?

Warum hatte sie mich verlassen und ist an einen Ort gegangen wo ich sie nicht erreichen kann?
 

Tropf...tropf...
 

Aber bald, bald bin ich bei ihr.

Es wird immer kälter.
 

Tropf...tropf...
 

So kalt, so schrecklich kalt und dennoch schön...
 

Tropf...tropf...
 

Ich hoffe er verzeiht mir...
 

Tropf...
 

Shannon, verzeih mir das ich nun diesen Schritt gewagt habe und dir den gleichen, wenn nicht sogar schlimmeren Schmerz, zufügen werde...
 

Tropf...
 

Verzeih mir....

Kapitel 2
 

Piep...piep...piep...piep...piep...
 

„Shannon, du solltest dich mal ausruhen und schlafen. Wir können hier nichts tun, Jared ist in guten Händen.“

Schon oft hatte Tomo versucht Shannon dazu zu bewegen sich hinzulegen, aber ohne Erfolg. Er fühlte selber, dass er kaum noch Kraft hatte, wach zu bleiben. Dunkle Ringe zierten bei beiden die Augen.

Sie sahen nicht viel besser aus als Jared, der blass im Krankenhausbett lag und um sein Leben kämpfte. Zumindest hofften sie, er würde es tun, denn trotz der Bluttransplantation vor drei Tagen, war er immer noch in einem tiefen Schlaf.

Noch wollte keiner das Wort „Koma“ hören.

Aber mit jedem weiteren Tag verstrich die Hoffnung, dass er aufwachen würde. Sekunden wurden zu Minuten und Minuten zu Stunden.

Sie hatten jegliches Zeitgefühl verloren.

„Ich kann jetzt nicht gehen. Wenn er aufwacht, wer ist dann bei ihm? Ich bleibe. Er braucht mich.“

Immer der gleiche Satz, wie ein Gebet.

„Aber du kannst dich ruhig etwas hinlegen, du musst nicht hier mitwarten.“

Müde schaute Shannon Tomo an.

„Nein, ich bleibe.“
 

Jeder hing seinen Gedanken nach. Beide versuchten zu verstehen warum es so kam, wie es kam. Warum hatte sich Jared das Leben nehmen wollen? Sie dachten er würde den Schmerz überstehen. Nie ließen sie ihn alleine. Bis auf diesen einen Abend.

Jared sagte ihnen, dass Emma mit ihnen was besprechen wolle, aber nicht übers Telefon. Zuerst waren Tomo und Shannon skeptisch, aber Jared versicherte ihnen, er könne ein paar Stunden alleine sein, er würde schon nichts anstellen und er bräuchte einfach mal etwas Zeit für sich.

Dabei lächelte er sie so überzeugend an, dass sie gingen.

Keiner wusste wie es in ihm aussah. Seine Seele war ein Scherbenhaufen und die Scherben schnitten weitere tiefere Wunden.

Er spielte jedem was vor.
 

Als Shannon und Tomo eine Stunden später bei Emma ankamen, wunderte sie sich, sie zu sehen.

“Ich hab nichts mit euch zu besprechen. Wie kommt ihr denn darauf?“ fragte sie, als Tomo ihr erklärte, warum sie hier waren.

„Aber...“ Shannon wurde mit einem Mal ganz blass.

„Scheiße, wir müssen zu Jared. Emma ruf schnell einen Krankenwagen. Ich ahne Schlimmes.“
 

Als sie endlich wieder bei sich zu Hause waren, wartete eine Nachbarin ganz aufgelöst auf sie. Unter Schluchzen erzählte sie, das sie Jared mitgenommen haben.

Im Krankenhaus der nächste Schock.

„Sie sind der Bruder?“ fragte ihn ein Arzt.

Shannon konnte nur nicken. Er wollte zu ihm, zu seinem Bruder.

„Ich will zu ihm! Wie geht es ihm?“ fragte er verzweifelt, nachdem der Arzt immer noch geschwiegen hatte.

„Ich will ehrlich sein. Es geht ihm nicht gut. Die nächsten Stunden werden kritisch. Sie wissen was ihr Bruder getan hat?“

„Nein? Was...“

„Es tut mir Leid Ihnen sagen zu müssen, dass Herr Leto sich die Pulsadern an den Handgelenken aufgeritzt hat. Er hat viel Blut verloren und als die Sanitäter da waren, konnten sie kaum noch den Puls fühlen. Es tut mir sehr Leid. Wir tun unser Bestes.“

„Kann...kann ich zu ihm?“ Shannon versagte die Stimme.

„Ja, sie dürfen.“

Tomo stütze Shannon, als dieser seinen Bruder, der an so viele Maschinen angeschlossen war, im Bett liegen sah.

„Jared...“

Er strich seinem Bruder über die Wange.

„Er ist so kalt...“

Tomo holte eine Stuhl für Shannon und sich. Vorsichtig legte er einen Arm um Shannon und führte ihn zum Stuhl.

„Setz dich bevor du mir hier zusammenklappst.“

Widerwillig setzte sich Shannon neben Jared ans Bett. Er streckte eine Hand nach Jareds und hielt sie.

„Tomo...“

„Ja?“

„Er ist so kalt... als ob kein Leben mehr in ihm wäre...“

„Sag so was nicht. Gib ihm Zeit.“

Erste Tränen flossen über Shannons Wangen.

Mit einemmal sah Shannon so zerbrechlich aus. Er hoffte, dass Jared bald aufwachen würde.
 

Das war vor drei Tagen. Drei lange Tage des Wartens.

Und es sollten noch zwei weitere folgen.
 

Die Müdigkeit hatte endlich gesiegt. Emma hatte sie nach Hause gefahren. Shannon willigte erst dann zum Gehen ein, als Emma sagte sie würde so lange bei Jared bleiben.

Keiner von beiden wollte alleine sein und so schliefen sie gemeinsam in Tomos Bett. Eng aneinander geschmiegt, suchten sie Halt bei dem jeweils anderen. Und kaum dass sie lagen, schliefen sie ein.

Lange schliefen sie nicht. Keiner fand wirklich Ruhe und so fuhren sich bald wieder ins Krankenhaus.

Als ihnen Emma entgegenlief machten sie sich auf das Schlimmste gefasst, aber als sie näher kam, sahen sie ein glückliches Lächeln auf ihren Lippen.

„Er ist aufgewacht“

Kapitel 3
 

„Er ist wach?“

Sie konnten es kaum glauben. Shannon wollte gleich zu ihm, doch Emma hielt ihn auf.

„Ein Arzt ist gerade bei ihm.“

„Ich kann es noch gar nicht richtig glauben.“ sagte Tomo und sprach dabei das aus, was auch Shannon durch den Kopf ging.

So vieles schwirrte ihm im Kopf. Er wollte Antworten auf seine Fragen.

Warum hatte er es getan? Hatte er auch an die anderen gedacht, als er sich zu diesem Schritt entschieden hatte? Wieso konnte es nur so weit kommen?

Aber bevor er seinen Gedanken noch weiter nachhängen konnte, kam der Arzt aus dem Zimmer. Als er sie sah, nickte er ihnen zu und ging weiter. Er wollte später mit ihnen reden wie es weiter gehen sollte.

Das Gefühl der Erleichterung, machte dem alt-bekannten Gefühl der Angst platz.

Jared saß aufrecht in seinem Bett.

Als er sie eintreten sah, schaute er sie nur teilnahmslos an. Genauso lies er auch die Umarmungen von ihnen über sich ergehen.

Keine Reaktion, ob er sich freute sie zu sehen. Nichts. Einfach Nichts.

Keiner wusste was man sagen sollte. Unangenehmes Schweigen entstand und es herrschte eine Spannung im Raum, die das Ganze nur verschlimmerte. Schließlich ergriff Shannon das Wort.

„Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein, hörst du?“

Er meinte es nur gut, aber die Reaktion die von Jared kam, damit hatte keiner gerechnet.

„Warum lebe ich noch? Wieso konntet ihr mich nicht gehen lassen? Wieso?“

Das letzte Wort schrie er ihnen entgegen. Trauer, Schmerz, Verzweiflung und Wut spiegelten sich in Jareds Augen.

„Du willst wissen wieso?“ schrie Tomo mehr als dass er es sagte.

„Du willst allen ernstes wissen wieso? Schau uns an, schau Shannon an! Hast du an ihn gedacht, als du diese Scheiße gemacht hast? Wahrscheinlich nicht, sonst wäre es nie soweit gekommen. Was hast du damals gefühlt, als du Susan fandest? Hm? Es muss sich angefühlt haben, als würde man innerlich zerreisen. Es ist schlimm und schrecklich was du durchmachen musstest, aber du hast nie mit uns darüber geredet. Lieber wolltest du mit deinem Kummer und Schmerz alleine sein. Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Irgendwann muss der Punkt kommen, an dem man nicht mehr kann. Wieso kamst du nicht zu uns? Wieso?“

Tomo erwartete keine Antwort, er bekam auch keine. Jared hatte seine Knie an sich gezogen und seine Arme darum geschlungen. Ein leichtes Zittern hatte seinen Körper erfasst. Er starrte stur geradeaus auf die Wand und tat so, als würde er sie nicht wahrnehmen.

Shannon hatte das Gefühl, seine Beine würden gleich unter ihm nachgeben und so setzte er sich wie die Tage zuvor auf den Stuhl.

Emma konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und so flossen sie über ihre Wangen. Die Arme hatte sie um ihren Körper gelegt, als wolle sie sich so Halt geben.

So hatte sie sich das Wiedersehen nicht vorgestellt.

Tomo erging es nicht anders. Er war wütend auf ihn. Auch er zitterte am ganzen Körper.

„Raus, ich muss hier raus. Brauch frische Luft...“

Kaum dass er es sagte, stürmte er aus dem Zimmer und schmiss die Türe mit einem lauten Knall zu.

Emma zuckte zusammen und Shannon legte seine Hände vors Gesicht.

„Das darf nicht wahr sein. Das ist alles nur ein schlechter Scherz oder ich schlaf noch. Ja das ist es, ich träum das alles nur.“

Nur war das leider kein Traum, es war die Realität, so grausam sie auch sein mag. Jared hatte sich hingelegt, den Rücken den beiden zugekehrt und die Beine eng an sich gezogen, schaute er jetzt aus dem Fenster.

Es regnete, es schien als würde selbst der Himmel trauern.
 

Jareds Sicht:
 

Schlaftrunken öffnete Jared langsam seine Augen.

Verwirrt schaute er sich um und merkte dann, dass er im Krankenhaus lag.

„Was ist mit mir passiert, wieso bin ich im Krankenhaus?“

Das Licht war ihm viel zu hell und schmerzten in seinen Augen. Er schloss sie wieder und langsam kehrte seine Erinnerung zurück.

„Ich lebe, aber wieso?“

Er versuchte sich zu erinnern wie er ins Krankenhaus kam, doch vergebens.

Er hörte wie sich eine Tür öffnete und gleich darauf wieder schloss.

„Shannon?“

Er wollte seine Augen öffnen, doch er war so müde. Er wollte wieder zurück in die Dunkelheit. Einfach schlafen und vergessen.

„Mr. Leto? Nicht einschlafen, öffnen sie bitte die Augen.“

Eine freundliche Stimme forderte ihn immer wieder auf, er solle wach bleiben und nicht das Bewusstsein verlieren, es sei wichtig.

Aber wieso? fragte er sich. Wieso soll ich wach bleiben? Ich will schlafen und nie wieder aufwachen, einfach nur schlafen....

Doch die Stimme blieb hartnäckig und so öffnete er wieder seine Augen.

Es viel ihm so unendlich schwer. Immer wieder verschwamm die Person vor ihm, es war alles so verschwommen.

„Mr. Leto, es ist wichtig dass sie jetzt wach bleiben. Können sie mich sehen?“

Wieder schloss er die Augen. Es strengte ihn viel zu sehr an.

„Jared, bitte bleib wach!“

Er kannte diese Stimme, doch konnte er sie keiner Person zuordnen.

„Susan?“

„Ich bin es, Emma. Bitte schlaf nicht wieder ein! Hörst du? Jared!“

Geht, lasst mich in Ruhe. Immer wieder dachte er das.

Aber als eine warme Hand sanft seine Wange berührte, dachte er wieder, es wäre Susan.

Sie hatte es früher immer gemacht, wenn er morgens noch geschlafen hatte und sie vor ihm wach war, um ihn so sanft aufzuwecken.

Ein Teil von ihm wusste, dass es unmöglich seine Susan sein konnte, aber ein kleiner verzweifelter Teil glaubte daran. Und dieser Glaube reichte, dass er die Augen öffnete.

Diesmal klärte sich die Sicht und er sah Emma über sich gebeugt.

„Hey... schön dass du wieder unter uns bist...“

Am liebsten hätte er die Augen wieder geschlossen, als er sah, dass es Emma war und nicht Susan. Doch er wusste, sie würden keine Ruhe geben.

Er blickte sich im Zimmer um. Es waren noch eine Krankenschwester und ein Arzt im Raum.

Die Krankenschwester machte an den Maschinen, an denen er angeschlossen war, rum. Was sie tat konnte er nicht sehen, es war ihm auch egal.

Alles war ihm egal.

„Sie hatten großes Glück, dass sie noch leben.“ fing der Arzt an zu reden.

Glück, dass ich nicht lache. Das ist kein Glück, nicht für mich.

Stumm schaute er den Arzt an. Was sollte er auch dazu sagen? Wage bekam er mit, dass Emma ihm jetzt durch die Haare fuhr. Er wollte, dass sie aufhörte, weil es ihn zu sehr an sie erinnerte. Aber auf eine Art und Weise beruhigten ihn diese Berührungen auch.

„Sie haben versucht sich das Leben zu nehmen. Wir haben erfahren, dass ihre Freundin sich nicht vor all zu langer Zeit auf gleiche Weise das Leben nahm...“

Was soll das ganze Gerede. Warum versteht keiner, dass ich alleine sein will. Alleine mit meiner Trauer und dem Schmerz.

Er hörte dem Arzt nicht zu, erst als er ansprach, dass er professionelle Hilfe bräuchte, blickte er ihn wieder an.

„Ich brauch keine Hilfe, ich will keine. Ich möchte doch nur zu meiner Susan. Ist das denn zu viel verlangt?“

„Jared, nicht...“ Emma versuchte ihn zu beruhigen, schaffte es aber nicht.

„Sie wollen mich in so eine Anstallt für Suizidgefährdete stecken, nicht wahr? Sie war auch in so einer Klinik. Es war nicht ihr erster Selbstmordversuch.“

„Es tut mir Leid, das ihrer Freundin nicht geholfen werden konnte. Aber...“

„Was aber? Es gibt kein aber. Sie konnten ihr nicht helfen, wie kommen sie darauf, dass sie dann also mir helfen können? Wissen sie wie sie mir hätten helfen können? In dem sie mich sterben lassen hätten!“

Während Emma um ihre Fassung rang, blieb der Arzt ruhig. Er hatte schon öfter solche Sachen erlebt. Was Jared jetzt brauchte war Zeit zum Nachdenken und Ruhe.

„Ich schaue später noch mal bei ihnen vorbei. Könnte ich kurz mit ihnen reden?“

Er schaute Emma an, die nickte. Aber bevor sie ihm vor die Türe folgte, sagte sich noch zu Jared, dass sie gleich wieder da wäre.
 

Leise schloss sie die Türe hinter sich.

„Es ist so schrecklich...“ Sie wollte so viel sagen, aber sie hatte keine Worte für das, was sie gerade erlebt hatte.

„Mr. Leto braucht jetzt vor allem Ruhe und Zeit. Er ist gerade aufgewacht und knapp dem Tod entkommen. Es ist nur verständlich, dass er so reagiert hat. Wichtig ist, dass er versteht, dass er nicht alleine mit seinem Kummer und Schmerz ist.“

„Aber Shannon und Tomo und andere Freunde waren immer für ihn da, in dieser schweren Zeit. Und wie man sieht hat es nichts gebracht.“

„Es gibt Menschen, denen es schwer fällt über ihre Gefühle zu reden. Sie wollen alles lieber mit sich selbst ausmachen. Was daraus folgen kann, haben sie ja gesehen. Es ist und wird nicht leicht sein, ihm klar zu machen, dass er darüber reden muss.“

Emma hoffte, dass Jared über seine Gefühle und Kummer reden würde.

„Wenn sie mich entschuldigen, ich muss nochmals kurz rein und dann können sie zu ihm.“

Kaum dass der Arzt die Türe hinter sich geschlossen hatte, kamen Shannon und Tomo aus dem Aufzug.

Emma holte noch einmal tief Luft und lief ihnen mit einem Lächeln entgegen.
 

Jared versuchte sich aufrecht hinzusetzen, als der Arzt wieder reinkam.

„Warten sie, ich helfe Ihnen.“

Am liebsten hätte er gesagt, er bräuchte keine Hilfe. Aber er merkte selbst wie schwach er noch war. Als er bequem im Bett saß, entfernte sich der Arzt wieder.

Er hoffte, dass er jetzt endlich seine Ruhe hatte, aber dem war nicht so.

Denn gleich darauf wurde wieder die Türe geöffnet, in der Shannon und Tomo standen. Er sah ihnen ihre Erleichterung an und auch dass sie wohl müde waren. Aber es war ihm egal.

Auch als Shannon und gleich darauf Tomo ihn umarmten. Er sollte sich doch freuen, dass er sie wieder sehen konnte, aber er fühlte nichts. Es schien als wäre sein Innerstes zu Eis erstarrt.

Unangenehme Stille herrschte im Raum. Die Blicke von ihnen waren ihm unangenehm. Er wünschte, sie würden wieder gehen.

„Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein, hörst du?“

Gerade als er meinte, es wäre ihm alles egal und er würde nichts mehr fühlen, flammten nach Shannons Worten, Wut, Frust und Trauer in ihm hoch:

„Warum lebe ich noch? Wieso konntet ihr mich nicht gehen lassen? Wieso?“

„Du willst wissen wieso?“ schrie Tomo mehr als dass er es sagte.

Er wollte es nicht wissen, er wollte seine Ruhe, aber kein Laut verließ seine Lippen.

„Schau uns an, schau Shannon an. Hast du an ihn gedacht als du diese Scheiße gemacht hast? Wahrscheinlich nicht.“

Oh doch, er hatte an ihn gedacht und er hatte gehofft er müsse den Schmerz und die Angst, die Shannon um ihn hatte, nicht sehen.

„...Was hast du damals gefühlt, als du Susan fandest? Hm?...“

Hör auf! Hör auf mir das zu sagen! Aber wieder verließ kein Wort Jareds Lippen und so merkte keiner, wie er litt. Bilder kamen wieder hoch. Er sah Susan in der Badewanne liegen, das Wasser rot von ihrem Blut. Ein Lächeln war auf ihren Lippen, als wäre sie froh nicht mehr all die schrecklichen Gefühle zu durchleben.

„...Aber du hast nie mit uns darüber geredet. Lieber wolltest du mit deinem Kummer und Schmerz alleine sein...“

Das ist nicht wahr! Ich wollte darüber reden, wirklich. Aber nur der Gedanke daran, trieb mich fast in den Wahnsinn.

Wieder blieb er stumm. Er merkte nicht mal das Zittern, dass seinen Körper erfasst hatte.

Keiner von ihnen merkte seine Qualen, denn äußerlich war er wie eine Statue, ohne Gefühle, ohne Gewissen.

„...Wieso kamst du nicht zu uns? Wieso?...“

Ich wollte euch nicht mit meinem Gejammer nerven. Und niemand soll erfahren warum sie sich das Leben nahm. Ich habe es ihr doch versprochen. Es soll unser Geheimnis bleiben.

„Raus, ich muss hier raus. Brauch frische Luft...“

Es tut mir so Leid, bitte verzeiht mir. Aber ich kann nicht anders.

„Das darf nicht wahr sein. Das ist alles nur ein schlechter Scherz oder ich schlaf noch. Ja das ist es, ich träum das alles nur.“

Shannon... ich kann ihm nicht mal in die Augen sehen. Wie viel Leid und Schmerz müssen er und die anderen wegen mir ertragen?

Das haben sie nicht verdient. Keiner verdient so was, außer mir...

Ich bin so müde... ewiger Schlaf, in ihren Armen... doch jetzt ist sie mir so fern wie noch nie...

Er legte sich auf die Seite, ihnen den Rücken zugekehrt.
 

Eine einzige Träne fand den Weg und umschmeichelte seine Wange, als wollte sie ihn trösten.

Er bekam noch mit wie Shannon ihm sie vorsichtig wegwischte und ihm dann einen Kuss auf die Stirn hauchte, bevor er in einen unruhigen Schlaf fiel.

„Schlaf...“

Kapitel 4

Kapitel 4
 

„Wann darf ich die Augen öffnen?“

„Gleich, wehe du schaust.“ hörte er Susan neben sich.

Sie hielt seine Hand und führte ihn vorsichtig nach draußen auf die Terrasse.

„Jetzt darfst du die Augen öffnen.“

Als er die Augen öffnete verschlug es ihm glatt die Sprache.

Sie hatte mit Teelichtern ein Herz auf die Terrasse gelegt, verziert mit weißen und roten Rosenblättern.

Nachdem Jared immer noch nichts gesagt hatte, wurde sie unruhig.

„Ich weiß du magst keinen Kitsch, aber...“

Jared verschloss ihre Lippen mit seinen.

„Es ist wunderschön.“

Ein leichter rot Ton färbte ihre Wangen.

„Wir sind seit heute 2 Jahre zusammen. Ich habe dir so viel zu verdanken. Ich liebe dich.“

„Ich liebe dich auch. Und ich hab es nicht vergessen, dass heute unser Tag ist.“

Damit zog er aus seiner Jackentasche ein Kästchen hervor. Mit leicht zittrigen Fingern öffnete er es.

„Jared, das kann ich nicht annehmen. Das muss ein Vermögen gekostet haben. Ich...“

„Nichts ist mir zu teuer für dich.“

Er nahm das Medaillon vorsichtig aus dem Kästchen und legte es ihr um den Hals. Die roten Steinen die in die Rose verarbeitet waren, schimmerten im Kerzenlicht.

„Mach es auf!“ er hauchte ihr einen Kuss in den Nacken, während sie die Kette öffnete.

Darin war ein Bild von ihnen beiden, das Shannon gemacht hatte. Beide strahlten sie glücklich in die Kamera.

„Und auf der anderen Seite ist Platz für ein weiteres Bild.“

Er schlang seine Arme um ihren Bauch.

„Ich liebe dich Jared!“

Sei drehte sich in seinen Armen um und küsste ihn voller Verlangen.
 

Unruhig wälzte sich Jared im Bett. Immer wieder vernahmen Shannon und Tomo, ihren Namen. Sie konnten ihn nicht wecken, zu sehr hatten die Klauen seines Alptraums ihn in seiner Gewalt. Und so konnten sie nur hilflos mitansehen, wie er litt.
 

„Susan? Bist du zu Hause?“ Er kannte diese Stille. Genauso wie er diesen Traum kannte. Fast jede Nacht träumte er davon. Er wusste, dass sie nicht antworten würde. Dennoch rief er wieder ihren Namen und wieder blieb es still. Er suchte jeden Raum ab, bis er die Treppen hoch lief, ins Badezimmer. Er wusste was ihn erwarten würde, er wollte diesen Raum nicht betreten. Aber seine Hand drückte die Türklinge runter und langsam öffnete sich die Türe. Es war dunkel im Raum und kalt. Er erwartete, dass sie wieder blutend und mit offenen Handgelenken in der Badewanne lag. Aber diesmal war es anders.

Plötzlich spürte er einen kalten Hauch im Nacken und erschrocken drehte er sich um.

Vor ihm stand sie. Sie war nass und das Blut floss aus ihren Handgelenken, die sie um ihren Bauch geschlungen hatte.

„Es tut mir Leid, verzeih mir.... Jared bitte, verzeih mir... ich hab sie nicht gesehen. Oh Gott wie zerbrechlich sie war... ich habe sie nicht gesehen...“ Tränen flossen in Strömen über ihr Gesicht.

Er wollte sie in den Arm nehmen, aber sie wich ihm aus.

„Du verzeihst mir nicht, ich kann mir selber nicht verzeihen. Aber der Schmerz war so groß... ich hab ihre jungen Leben genommen.... Jared, es war so schrecklich... ich wollte das nicht...“

„Susan, ich verzeihe dir, bitte komm zu mir.... sag doch nicht so was... was passiert ist, können wir nicht mehr rückgängig machen...“

„NEIN! Du verstehst nicht... diese Schmerzen im Bauch, und dann dieser kleine zerbrechliche Körper... Keiner versteht mich.... ich konnte nicht länger mit dieser Schuld leben...“

Plötzlich hielt sie inne in ihrem Wahn und starrte entsetzt auf Jareds Handgelenke.

„Was hast du getan...“ Zuerst flüsterte sie die Worte und dann schrie sie sie!

„Warum hast du das getan...?“

Erst jetzt merkte Jared den brennenden Schmerz und das warme Blut das aus seinen Handgelenken floss...

„WARUM?...“
 

Mit einem Schrei wachte Jared auf, schweißgebadet und am ganzen Körper zitternd, saß er im Bett. Er merkte gar nicht, dass Shannon und Tomo da waren.

„Jared es ist alles ok. Bitte beruhige dich.“

Jareds Atem ging stoßweise und es schien nicht, dass er sich beruhigen würde.

„Susan...“

„Jared, sie ist nicht da.“

Vorsichtig setzte sich Shannon auf Jareds Bett und nahm ihn in denn Arm.

„Sie kann sich nicht selber verzeihen... sie glaubt ich kann ihr nicht verzeihen...“

Immer wieder sagte er diese Worte.

„Beruhige dich, es war ein Alptraum.“

Tomo hatte sich auf die andere Seite des Bettes gesetzt und strich nun beruhigend über Jareds Rücken.

„Ich halte das nicht mehr aus, ich kann nicht mehr.“ Flüsterte Jared so, dass es die beiden kaum verstanden.

„Ich finde nicht mal im Schlaf Ruhe, immer wieder sehe ich sie. Sehe wie sie in der Badewanne liegt...“

Shannon wurde es immer elendiger zu Mute, je mehr Jared redete. Selbst Tomo wurde ganz blass. Sie wussten nicht, was sie sagen sollten. Egal was sie gesagt hätten, es käme nicht an Jared an.

Langsam beruhigte sich Jared. Er war müde und wollte schlafen, aber die Angst sie wieder zu sehen war groß.

„Versuch zu schlafen, wir bleiben hier.“

Shannon drückte Jared wieder ins Bett und zog ihm die Decke bis an Kinn.

„Bleibt bei mir...“

Er versuchte gegen den Schlaf anzukämpfen, aber ohne Erfolg. Er griff noch nach Tomos Hand und schlief dann ein.
 

Es war eine Stunde vergangen, als Emma wieder zurückkam und Shannon einen Kaffee überreichte.

„Wie geht es ihm?“ Fragte sie, da sie kurz weg musste und erst spät wieder kommen konnte.

„Er hatte gerade einen Alptraum gehabt. Ich hoffe er findet jetzt etwas Schlaf.“ sagte Shannon, als Tomo nicht antwortete. Als er jedoch zu ihm rüber sah, musste er lächeln. Tomo hielt immer noch Jareds Hand und lag selber fast halb auf dem Bett und schlief.

„Ich habe Angst, Emma. Ich habe Angst ihn zu verlieren. Was können wir bloß tun?“

„Die haben wir alle. Wir können für ihn da sein.“

„Wir waren die ganze Zeit für ihn da, aber es war wohl nicht genug.“ seufzte Shannon. Auch er war müde, aber er wollte jetzt nicht von Jareds Seite weichen. Jetzt wo er ihn doch so sehr brauchte.

„Er muss reden, Shannon. Er frisst alles in sich rein und in eine Klinik will er nicht. Du kennst ihn, er ist so stur.“

„Ja das ist er.“

„Wir müssen warten wie es ihm die nächsten Tagen geht. Gib ihm Zeit.“

„Ich gebe ihm alle Zeit der Welt.“

„Ich werde dann mal gehen. Ich komm morgen wieder.“

Sie war schon an der Türe als Shannon sie nochmals zurück hielt.

„Emma?“

„Ja?“

„Danke, für deine Hilfe!“

„Dafür brauchst du dich nicht zu bedanken, ist doch klar, dass ich helfe. Schlaf ein wenig.“

Und dann ging sie.
 

Am nächsten Morgen wachte Jared früh auf. Es dämmerte noch draußen. Es war das erste Mal seit langem, dass er ein paar Stunden Ruhe gefunden hatte. Als er seinen rechten Arm heben wollte, merkte er, dass er noch mit dem von Tomo verschlungen war und dass Tomo halb im Bett lag. Auf der anderen Seite saß Shannon im Stuhl mit einer Decke und schlief.

Vorsichtig um Tomo nicht zu wecken, befreite er seinen Arm. Er sah erst jetzt seine verbundenen Handgelenke.

Wieso? Ihre Worte hallten noch immer in seinem Kopf. Für ihn war die Antwort klar, weil er zu ihr wollte. Aber hätte sie das gewollt? Hätte sie gewollt, dass er ihr folgte?

Sicherlich nicht, aber der Verlust hatte ihn keinen klaren Gedanken fassen können. Er sah wegen all dem Schmerz die Angst, die seinen Freunde wegen ihm ausgestanden hatten, nicht.

Erst jetzt wurde ihm das Ausmaß klar, was er getan hatte.

„Du bist wach?“

Erschrocken schaute er zu Tomo, der sich gerade aufrichtete und sich verschlafen durch die Haare fuhr.

Jared wusste nicht, was er sagen sollte und so nickte er.

„Wie geht es dir?“

Aber ehe er antworten konnte, redete Tomo gleich weiter.

„Blöde Frage, entschuldige.“

„Nein, es ist keine blöde Frage.“

Verwundert, dass er doch noch eine Antwort bekam, starrte er ihn sprachlos an.

„Tomo?“

„Ja?“ Kam es mit kurzen zögern.

„Versprichst du mir was?“

Tomo schwieg. Es viel ihm schwer Jareds flehendem Blick standzuhalten.

„Versprich mir, dass sie mich nicht in so eine Klinik stecken. Bitte.“

In Jareds Stimme lag so viel Verzweiflung, dass es Tomo kalt den Rücken runterlief. Dennoch versuchte er ihn umzustimmen.

„Aber es ist doch nur zu deinem Besten. Wir haben versucht dir zu helfen, aber wir haben versagt.“

Er konnte Jared nicht länger in die Augen schauen und so schaute er zu Boden.

„Ihr habt nicht versagt, aber ich hab gesehen wie schlecht es ihr dort ergangen war und letzten Endes konnte ihr keiner helfen. Lasst mich jetzt nicht allein. Bitte!“

Es hatte ihn viel Kraft gekostet, das alles zu sagen und nur mit viel Mühe konnte er die Tränen zurückhalten. Er hatte schon zu viel geweint und fühlte sich so leer und müde.

„Wir werden dich nicht alleine lassen, aber lass dir helfen. Schlag die Hilfe nicht aus. Du musst darüber reden. Es ist sicherlich nicht leicht, aber du wirst es schaffen, hörst du.“

„Ich weiß nicht, es ist so schwer.“

„Seit wann gibst du so schnell auf? Hm? Du hast früher doch so sehr gekämpft, warum jetzt nicht?“

„Ich... ich kann einfach nicht ohne sie leben.“

Er hatte den Kampf gegen die Tränen verloren.

„Tomo ich will, dass der Schmerz aufhört.“

„Ich weiß.“

„Kannst, kannst du mich in den Arm nehmen?“

Bittend sah Jared Tomo an und Tomo nahm ihn in den Arm und sogleich klammerte sich Jared verzweifelt an ihn.

Als Tomo über Jareds Schulter blickte, sah er, dass Shannon wach war. Dunkle Augenringe zierten seine Augen und er war blass. Auch er weinte. Sie waren jetzt schon am Ende ihrer Kräfte, dabei fing erst alles richtig an.

Sie wussten beide, dass sie ihre ganze Kraft brauchten um für Jared da zu sein. Denn keiner konnte seinen Wunsch abschlagen, ihn nicht in die Klinik zu schicken.

Kaptil 5

Kapitel 5
 

Eine Woche war vergangen, als Jared aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Obwohl der Arzt dringend darauf hingewiesen hatte, das er professionelle Hilfe bräuchte, blieb Jared stur.

Er verbachte die meiste Zeit des Tages in seinem Zimmer und spielte traurige Lieder auf seiner Gitarre. Etwas, was er vor seinem Selbstmordversuch nicht getan hatte. Er wollte nichts mehr mit der Musik zu tun haben, denn auch mit Musik verarbeitet man Gefühle. Shannon und Tomo waren erleichtert, dass er wenigstens wieder zur Musik gefunden hatte, denn mit ihnen konnte er immer noch nicht darüber reden. Die meiste Zeit schwieg er und kam nur dann aus dem Zimmer, wenn es was zu Essen gab. Aber auch das war nicht leicht, denn wer isst, der entscheidet sich fürs Leben.

Die ersten drei Tage, stocherte er nur im Essen und aß kaum etwas, dazu kaum Bewegung. Die Folge war Kreislaufprobleme.

Als sie es sich abends auf der Couch gemütlich gemacht hatten, und Jared nach einiger Zeit aufstehen wollte, drehte sich alles um ihn und er klappte zusammen. Shannon konnte ihn gerade noch fangen, bevor er sich am Wohnzimmertisch verletzte.

Sogleich brachte ihn Shannon in sein Zimmer und legte ihn aufs Bett, wo er wieder zu sich kam.

„Geht’s wieder?“ fragte Shannon besorgt.

„Was ist denn passiert?“ verwundert darüber, dass er plötzlich in seinem Bett lag. Die besorgten Blicke der anderen, sah er nicht.

„So kann es nicht weitergehen. Du musst was essen, du hast die letzten Tage kaum was zu dir genommen.“ fuhr Tomo ihn an. Er war gereizt, das merkte selbst Jared.

„Es tut mir Leid, ich bereite euch immer mehr Sorgen und Kummer. Aber ich bekomm nichts runter.“

„Es tut dir Leid. Immer tut es dir Leid und weißt du was? Ich kann es nicht mehr hören. Verdammt noch mal Jared, wie lange soll das so weitergehen?“

„Tomo bleib ruhig.“

Tomo holte einmal tief Luft, bevor er weiterredete.

„Es ist nur, ich hab verdammt große Angst, dass du dir wieder das Leben nehmen könntest und wir dich diesmal nicht rechtzeitig finden. Kannst du das verstehen?“

Jared konnte die Angst in seiner Stimme hören und er bräuchte nur zur Seite sehen und wüsste das Shannon die gleiche Angst um ihn hatte.

Es schnürte ihm die Kehle zu, da er ihnen solch eine Angst zumuten musste. Er nahm sich jeden verdammten Tag vor, darüber zu reden. Aber jeden morgen verließ ihn der Mut und er verkroch sich in sein Zimmer. Er wusste, er musste irgendwann den ersten Schritt machen.

„Sie wollte, sie wollte doch nur zu ihrer Freundin fahren! Wäre sie bloß nicht gefahren. Dann wäre das alles nicht passiert.“

Jareds Haltung war angespannt, es kostete ihn viel Kraft diesen einen Schritt zu wagen. Shannon und Tomo wussten zwar, was an diesem verhängnisvollen Sommertag passiert war, aber sie unterbrachen ihn nicht. Es war das erste Mal, dass er so anfing.

„Sie sah den Ball nicht und das Kind... dieses kleine unschuldige Kind, es lief auf die Straße ohne darauf zu achten, ob ein Auto kommt... so sagte sie es mir. Immer wieder sagte sie, sie hätte die Kleine nicht gesehen und es ging alles so entsetzlich schnell. Und dann das Lenkrad, Susan krachte mit volle Wucht darauf, als sie versuchte zu bremsen, aber es war zu spät. Zu spät für die Kleine und zu spät für ....“

Verzweifelt sah er sie an. Allein der Gedanke es auszusprechen tat ihm in der Seele weh, denn keiner von beiden wusste davon und er hatte die Kraft nicht, es ihnen jetzt zu erzählen.

„Ich kann nicht.“

Er hatte gar nicht gemerkt, dass ihm die Tränen wieder die Wangen entlang liefen, erst als Tomo sich neben ihn setzte und sie sanft wegwischte, bemerkte er es.

Shannon hatte eine wage Vermutung, was Susan noch wiederfahren war, aber es waren nur Vermutungen und so schwieg er.

„Es war ein Anfang, Jared.“ sagte Tomo leise.

Ja, es war ein Anfang, aber es stand ihm noch viel bevor.

„Wir sollten schlafen. Morgen ist ein weiterer Tag und wenn du dich breit fühlst darüber zu reden, wir hören dir zu, ok?“ sagte Shannon, drückte seinen Bruder aufs Bett und legte die Decke um den leicht bebenden Körper. Shannon hoffte so sehr, dass es wieder so wie früher werden würde, aber er wusste, dass es nie mehr so werden würde.

„Soll einer von uns bei dir bleiben?“ fragte ihn Tomo.

„Nein, ich möchte gern alleine sein.“

Nur ungern lies Tomo ihn alleine, aber er folgte Shannon aus dem Zimmer.

Leise schloss dieser die Türe und lehnte sich dann erschöpft daran.

„Jared verheimlicht uns was. Genau wie Susan damals. Du weißt es oder?“ fragend sah Tomo ihn an, aber Shannon schwieg und ging in sein Zimmer. Tomo folgte ihm.

„Shannon!“

Shannon hatte ihm den Rücken zugekehrt und drehte sich nun langsam zu Tomo um.

„Ich hab nur eine Vermutung. Keine Ahnung, ob sie stimmt, aber kannst du dich noch daran erinnern, als Jared den Anruf von Susan bekam?“

„Ja, wieso?“

„Jared war danach so anders. Ich hab ihn noch nie so glücklich erlebt.“

„Du meinst...“ entsetzt schaute ihn Tomo an.

„Ja, ich denke Susan war schwanger.“

„Aber wieso haben sie uns nie was erzählt?“

„Ich weiß es nicht, aber was ich weiß ist, dass es Jared fertig macht, sie und das ungeborene Kind verloren zu haben.“

„Ich hoffe er redet darüber.“

„Das hoffe ich auch. Er hat heute versucht darüber zu reden, es ist sicherlich nicht leicht.“

„Hoffentlich kann er jetzt schlafen...“
 

Jared schlief zwar schnell ein, aber Alpträume plagten ihn.

„Jared, dein Handy klingelt.“ rief Shannon ihm aus der Küche entgegen.

„Dann lass es klingeln.“ kam es genervt von Jared aus dem Wohnzimmer.

„Derjenige scheint aber hartnäckig zu sein.“

„Wo ist das Teil?“ gereizt kam Jared in die Küche, als ihm Shannon das Handy reichte.

„Es ist Charly.“ Er nahm ab.

Shannon konnte förmlich zusehen, wie Jared blass wurde.

„Ich bin schon unterwegs.“

Schon war er aus der Küche und schnappte sich seine Autoschlüssel.

„Hey, was ist denn passiert? Du bist ganz blass!“ besorgt trat Shannon neben Jared.

„Susan hatte einen Unfall und liegt im Krankenhaus.“

„Ich fahre!“

„Was?“

„Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich dich so fahren lasse. Los komm.“
 

Im Krankenhaus angekommen, stürmte Jared gleich in Susans Zimmer. Sie war wach und außer ein paar Schrammen, sah er keine ernsthafteren Verletzungen. Als sie jedoch zu ihm sah, blieb ihm fast das Herz stehen. Ihre Augen waren leer, als ob sie schon längst gestorben wäre und nur noch ihre Hülle da wäre.

„Jared...“ Sie hauchte seinen Namen, denn zu mehr hatte sie keine Kraft.

„Was ist passiert?“ kam es stockend von Jared.

„Ich hab nicht aufgepasst. Ich hab Lili erwischt. Oh Gott Jared, ich hab sie mit dem Auto erwischt. Ich hab sie nicht gesehen. Es ging so entsetzlich schnell! Ich hab versucht zu bremsen, das musst du mir glauben. Callie war hier, sie sagte sie hat es nicht überlebt.

Sie selber kam und sagte mir, dass ich ihre Tochter umgerbacht habe. Sie war so voller Hass.“

„Was?“

Jared konnte nicht glauben, was Susan ihm da erzählte und es ging weiter. Sie konnte gar nicht aufhören zu reden, sie war wie in einem Wahn.

„Du hast meine Tochter auf dem Gewissen, so sagte sie es mir.“ plötzlich schlang sie ihre Hände um den Bauch, als hätte sie entsetzliche Schmerzen. Sofort war Jared an ihrer Seite.

„Was ist los? Ich hol einen Arzt!“ Panik wollte nach ihm greifen, aber Susan packte ihn mit unerwartet viel Kraft am Arm.

„Nicht. Keiner kann mehr helfen. Jared, unser Kind... unser ungeborenes Kind, es hat nicht überlebt.“ Ihre Stimme zitterte.

Jared fühlte sich, als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggerissen. Als wäre es nicht schon schrecklich, dass Lili den Unfall nicht überlebt hatte, jetzt auch noch ihr Kind, auf das sie sich so sehr gefreut hatten.

„Es darf niemand wissen, hörst du?“

Nur schwer konnte Jared ihr folgen und so fragte er sie verwirrt:

„Aber wieso?“

„Ich bin eine Mörderin, ich habe zwei Leben auf dem Gewissen. Niemand soll wissen, dass ich auch noch unser eigenes ungeborenes Kind umgebracht habe.“

Jared schwirrte der Kopf, er wollte ihren Worten einfach nicht glauben. Das kann nicht sein, das darf nicht sein, dachte er immer wieder. Aber Susan redete weiter.

„Oh Gott, es war so schrecklich, dieser kleine zerbrechliche Körper und all das Blut das aus ihrem Körper floss...“

„Susan beruhige dich!“

Ihr Atem ging immer hektischer und ihre Augen waren weit aufgerissen. Jared rannte zur Türe, vor der Shannon wartete. Als dieser den panikerfüllten Blick seines Bruders sah, handelte er sofort.

„Ich hol einen Arzt, bleib du bei Susan.“

Schnell ging Jared wieder zu Susan.

Sie konnte sich einfach nicht beruhigen, es machte Jared Angst und wieder fing sie an zu reden.

„Versprich mir, dass es unser Geheimnis bleibt...“

„Susan, bitte beruhige dich.“ verzweifelt schaute er zur Türe.

„Versprich es mir! Niemand soll erfahren, dass ich eine Mörderin am eigenen Kind bin...“

„Du bist keine Mörderin! Verdammt noch mal Susan atme, du musst ruhig atmen.“

Aber sie nahm ihn nicht war.

„Versprich es mir...“

„Ich verspreche es, aber bitte beruhige dich wieder.“

Aber sie beruhigte sich einfach nicht und endlich kam der Arzt ins Zimmer gestürmt.

Sofort wurde Jarde raus gebracht, aber immer wieder rief sie:

„Versprich es mir...“

Als die Türe vor Jared geschlossen würde, war da nicht mehr der Krankenhausflur, sondern er stand im Flur von ihrem Haus. Auch die Türe vor ihm, hatte sich verändert und er kannte sie.

Es war die Badezimmertüre!

Grauen packte ihn. Er wollte weg, aber er konnte nicht. Plötzlich hörte er Kinderlachen, aber nirgends konnte er ein Kind sehen. Es machte ihn fast wahnsinnig und so schrie er:

„Sei still, hör auf!“ Doch das Lachen hörte nicht auf und dazu kam, dass sich die Türe vor ihm öffnete. Er wollte es nicht sehen, er wollte sie nicht wieder so sehen. Aber unbarmherzig öffnete sich die Türe weiter und gab das Grauen frei.

Jared schrie, schrie all seinen Schmerz und Kummer raus und leise war das Kinderlachen zu hören.
 

Es war mitten in der Nacht als Tomo aufwachte. Er glaubte etwas gehört zu haben, war sich aber nicht sicher und so stand er auf um nach Jared zusehen. Auf dem Weg dahin schaute er kurz in Shannons Zimmer, aber dieser schlief tief und fest.

Als er bei Jared ankam, konnte er schon hören, dass Jared unruhig schlief. Leise öffnete er die Tür und sah Jared im Bett umherwälzen. Die Decke lag auf dem Boden, so wie ein Kissen und immer wieder murmelte Jared die Worte: „Sei still... ich will nicht... ich verspreche es...“

Tomo tat es im Herzen weh zu sehen, dass Jared wieder so sehr litt. Er setzte sich auf Jareds Bett und versuchte den Schlafenden zu wecken.

„Jared, wach auf. Du Träumst!“ Immer wieder fuhr er ihm durch die Haare und langsam beruhigte sich Jared. Als Tomo schon meinte er sei in einen ruhigeren Schlaf gefallen, öffnete Jared die Augen. Es brauchte einen Moment, bis er sich bewusst wurde, dass er im Bett lag und Tomo neben ihn saß.

„Was machst du hier?“ Es war ihm unangenehm, dass Tomo hier war. Er setzt sich aufrecht hin und fuhr sich durch seine Haare.

„Du hattest wieder einen Alptraum.“

„Du hättest nicht kommen brauchen, ich wäre irgendwann eh aufgewacht.“

Ein Seufzen von Tomo folgte.

„Rutsch mal!“ war alles was Tomo darauf sagte.

„Bitte was?“ verwundert schaute Jared ihn an.

„Du hast schon richtig gehört, rutsch mal. Außerdem wird es langsam kalt.“

Er holte das Kissen und die Decke vom Boden und legte es wieder aufs Bett. Nachdem Jared etwas Platz gemacht hatte, legte sich Tomo neben Jared.

„Vielleicht kannst du ja jetzt besser schlafen, wenn ich bei dir bin. Ich weck dich, wenn ich merke, dass du einen Alptraum hast, ok?“

Aber Jared sagte darauf nichts und schaute Tomo einfach nur an. Tomo hätte weiß Gott was dafür gegeben zu wissen, was Jared gerade dachte. Doch Jared legte sich einfach nur neben ihn hin und versuchte zu schlafen. Auch Tomo versuchte zu schlafen und als er kurz davor war, hörte er noch Jared „Danke“ sagen.
 

Es war Still ihm Haus, als Shannon früh am Morgen erwachte. Sein erster Gedanke war Jared. Er hoffte sehr er hatte etwas schlafen können, denn er hatte in dieser Nacht mal sehr gut geschlafen. Verwundert nahm er wahr, dass er deswegen ein schlechtes Gewissen hatte. Er versuchte das Gefühl zu ignorieren, aber so wirklich gelang es ihm nicht. Um nicht weiter darüber nachzudenken, stand er auf und ging zu Jareds Zimmer und öffnete leise die Türe. Er wusste nicht, dass Stunden vorher Tomo das Gleiche getan hatte und war überrascht diesen mit Jared im Bett liegen zu sehen. Ein Lächeln schlich sich aufs Shannons Gesicht. Jared sah so friedlich aus. Im Schlaf hatte er sich eng an Tomo geschmiegt und dieser hatte beschützend einen Arm um ihn gelegt. Es wäre ein schöner Moment gewesen, wenn der Anblick nicht gleichzeitig auch traurig wäre, denn wie es aussah, hatte Jared schlecht geschlafen und Tomo hatte es mitbekommen. Er hoffte, dass Tomo näher an Jared rankam und dieser sich vielleicht Tomo anvertraute, denn mit jedem weiteren Tag schwanden auch ihre Kräfte um für Jared da zu sein. Aber selbst wenn er am Ende seiner Kräfte wäre, Shannon würde immer für Jared da sein. Er konnte nicht anders. Leise schloss er wieder die Türe und lies die Beiden allein.

Kapitel 6
 

Am nächsten Morgen wachte Jared durch eine sanfte Berührung am Rücken auf. Ein Gefühl des Wohlseins ergriff seinen Körper und er schmiegte sich enger an Tomo, ohne es wirklich wahrzunehmen. Tomo war schon einige Zeit wach und hatte Jared beim Schlafen beobachtet. Zwei mal noch wollten Alpträume Jared den Schlaf rauben, aber Tomo hatte es, ohne ihn zu wecken, geschafft ihn aus den Alpträumen zu reißen, indem er ruhig auf ihn einsprach und beruhigend über den Rücken strich. Jetzt kam langsam Leben in Jared. Er schmiegte sich an Tomo und dieser nahm es mit einem Lächeln hin. Jared brauchte gerade jemanden der ihm Halt gab und Tomo wollte ihm diesen jetzt geben.

Langsam öffnete Jared die Augen, die Berührungen auf seinem Rücken kamen kurz ins Stocken, fuhren dann aber weiter fort. Er genoss den Moment. Es wusste, dass das Gefühl von Wohl- und Geborgensein nur von kurzer Dauer sein würde und die Realität ihn wieder holen würde. Ein kurzer Moment des Flüchtens vor dem, was ihm noch bevor stand. Er schloss wieder die Augen. Am liebsten würde er immer so liegen bleiben und einfach nicht mehr aufstehen.

Die Hand die zuvor noch seinen Rücken gestreichelt hatte, fuhr weiter nach unten und legte sich auf seine Hüfte, wo sie zum Liegen kam. Keiner von beiden sprach, Worte hätten die Stille nur zerstört.

Vorsichtig um Tomo nicht zu verletzen, stütze sich Jared mit einem Arm ab und schaute Tomo an.

Etwas hatte sich zwischen ihnen verändert, sie konnten aber nicht sagen was. War es weil Tomo diese Nacht für ihn da war? Aber wäre das nicht Shannon auch gewesen, wenn er ihn gehört hätte? Hätte sich dann was zwischen ihnen verändert? Warum ausgerechnet jetzt? Warum bei Tomo? Die Situation überforderte Jared und er hatte das Gefühl, er müsse Abstand zu Tomo halten. Tomo schien zu ahnen was in ihm vorging. Wahrscheinlich erging es ihm nicht besser, denn er hielt ihn nicht auf, als Jared ohne ein Wort zu sagen, das Bett verließ. Er schnappte sich ein paar Klamotten und verließ dann das Schlafzimmer. Zurück blieb Tomo, allein im Bett, mit seinen Gedanken und wirren Gefühlen.
 

Tomos Sicht:
 

Seine Gedanken waren das reinste Chaos, so wie seine Gefühle. Mit einem Mal fühlte er sich noch müder und ausgelaugter als die Tage davor.

„Das darf doch nicht wahr sein.“ seufzend fuhr er sich mit den Händen durchs Gesicht. Immer wieder ging er die Nacht durch. Was war anders als die Nächte und Tage zuvor? Es war nicht das erste Mal, dass er und Jared gemeinsam in einem Bett geschlafen hatten. War es, dass Jared so hilflos und verloren auf ihn gewirkt hatte? „Das ist Schwachsinn!“ wütend über sich und seine Gedanken, schmiss er ein Kissen gegen die Wand. Wie sollte es nun weiter gehen? „Aaaaargh, so wie immer!“ beantwortete er seinen eigene Frage. Er versuchte einen klaren Kopf zu bekommen und verdrängte jegliche Gedanken und Gefühle. Langsam stand er vom Bett auf, es würde nicht besser werden, wenn er weiter hier im Bett liegen würde.

Als er das Zimmer verließ, konnte er Shannon in der Küche hören. Er schleppte sich die Treppe runter und ging dann in die Küche. Shannon hatte alles für ein Frühstück hergerichtet und saß schon am Tisch. Als er Tomo sah, musste er erstmal schlucken. Tomo sah schrecklich aus und das schlechte Gewissen meldete sich mit voller Wucht wieder bei Shannon.

Er stand auf und führte Tomo zu Tisch. Ein dankender Blick von Tomo und Shannon setzte sich neben ihn.

„Danke, dass du letzte Nacht für Jared da warst. Ich hab es nicht mal mitbekommen, dass er wieder einen Alptraum hatte. Ich hab so tief geschlafen, ich...“

Tomo sah das schlechte Gewissen, das Shannon plagte.

„Hey, mach dir doch deswegen keinen Kopf. Du warst einfach müde und dein Körper hat sich das geholt, was er brauchte. Wenigstens einer von uns sollte bei Kräften sein.“ Er wusste selber, dass Shannon alles andere als bei Kräften war, aber er wollte ihn beruhigen.

„Aber es bringt keinem von uns was, wenn du vor Erschöpfung zusammenbrichst. Du legst dich nachher etwas hin. Ich geh später mit Jared etwas spazieren. Es wird Zeit, dass er etwas an die frische Luft kommt. Vielleicht wird es ihm ja ganz gut tun. Ein Versuch ist es wert.“ Zum Ende hin wurde Shannon immer leiser. Er glaubte selber nicht an das, was er sagte.
 

Jared Sicht:
 

Jared war im Bad und schaute sich das erste Mal seit er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, richtig an. Er war dünn, zu dünn. Es sah schon nicht mehr gesund aus. Dunkle Augenringe zierten seine Augen und das Blau seiner Augen, die früher immer so voller Leben waren, war jetzt nur noch ein stumpfer Glanz. Die Wunden an seinen Handgelenken verheilten gut und bald würde man nur noch dünne Narben sehen. In Gedanken versunken fuhr er mit der rechten Hand vorsichtig über die Schnitte vom linken Handgelenk.

„Was war das gerade eben?“ murmelte er leise. Seine Gefühle gegenüber Tomo verwirrten ihn, aber schon machten sie Platz für seine alten Gefühle. Er versuchte dagegen anzukämpfen, doch so wirklich gelang es ihm nicht. Er kämpfte auch nicht wirklich dagegen an.

„Es hat nichts zu bedeuten...“

Er zog seine Schlafklamotten aus und stieg unter die Dusche. Er liebte das Gefühl, wenn das Wasser über seinen Körper floss. Sie hatte es auch geliebt. Unweigerlich waren seine Gedanken wieder bei ihr gelandet. So vieles erinnerte ihn an sie, was es nicht gerade leichter machte, über sie hinweg zukommen. Er versuchte an etwas anderes zu denken, doch seine Gedanken versetzten ihn zurück an einen heißen Sommertag:
 

Es war der heißeste Tag des bisherigen Sommers. Jared und Susan hatten es sich auf der Terrasse gemütlich gemacht. Obwohl sie im Schatten lagen, war die Hitze unerträglich.

„Mir ist so heiß, selbst das Wasser im Pool ist zu warm.“ Susan versuchte sich mit einer Zeitschrift etwas Kühlung zu verschaffen, allerdings mit geringem Erfolg.

„Lass uns eine kalte Duschen nehmen!“ grinsend sah sie zu Jared, der sie über seine Sonnenbrille hinweg ansah. Auch er musste Grinsen, er konnte sich schon denken was Susan vor hatte. Er stand von seiner Liege auf und beugte sich zu ihr runter um ihr einen sinnlichen Kuss zu geben. Sie legte ihre Arme um seinen Nacken, obwohl ihr heiß war, zog sie Jared auf sich. Sie wollte mehr, sie wollte ihn. In ihren Augen konnte er ihre Lust sehen und ohne ein weiteres Wort, zog er sie von der Liege zu sich und küsste sie nochmals, ehe er sie hoch zu ihrem Badezimmer zog. Auf dem Weg dorthin küssten sie sich immer wieder und zogen sich die wenigen Klamotten die sie anhatten aus. Jared fragte sich schon, ob sie es bis unter die Dusche schaffen würden. Dort angekommen, stellten sie das Wasser auf Kalt. Susans Hände fuhren über Jareds Oberkörper, reizten seine Brustwarzen und entlockte ihm so ein heißeres Seufzen. Auch Jared blieb nicht untätig. Eine Hand lag auf ihrem Rücken, während die andere ihr rechtes Bein streichelte. Als er sich ihrer Mitte näherte ging ihr Atem schneller, aber Jared zog seine Hand wieder zurück und schaute sie nur verlangend an. Susans Hand fuhr währenddessen weiter runter. Wie als wäre es nur ein Versehen, berührte sie seine Erektion und brachte Jared wieder zum Stöhnen. Jared schloss die Augen, als sie wieder zugriff und ihn so verwöhnte. Immer wieder fuhr ihre Hand über seine Länge, reizte seine Spitze, bis er das Gefühl hatte gleich zu kommen. Gerade als er ihre Hand wegnehmen wollte, hauchte sie ihm mit verführerischer Stimme ins Ohr: “Ich will dich jetzt sofort tief in mir spüren! Ich will dich stöhnen hören...“ Er küsste sie nochmals leidenschaftlich und wollte sie an der Hüfte packen, als ein stechender Schmerz seinen Linken Arm hochfuhr....
 

Er wollte das alles nicht wieder erleben, all die glücklichen Momente. Warm floss das Blut über seine Hand und vermischte sich mit dem Wasser. Er hatte sich mit der rechten Hand kräftig über die Schnitte seines linken Handgelenks gekratzt und der Schmerz hatte ihn aus seinen Gedanken gerissen.

„Ich bin so erbärmlich schwach.“

Mit wackeligen Beinen stieg er aus der Dusche und trocknete sich ab, passte aber auf, dass kein Blut auf das Handtuch kam. Er holte sich Verbandszeug, setzte sich auf den Rand der Badewanne und verband sein Handgelenk so gut es ging. Die Kratzer waren nicht allzu tief, wie er dachte. Aber Shannon und Tomo würden es dennoch merken. Er hoffte sie würden keine Fragen stellen.

Und er hatte Glück. Als er fertig angezogen in die Küche kam, sagten sie nichts zu seinem verbundenen Handgelenk. Er setzte sich zu ihnen an den Tisch, beachtete das Essen aber nicht.

„Jared!“ kam es da nur von Shannon und Jared wusste worauf Shannon hinauswollte.

„Ich hab keinen Hunger.“ kam es nur leise von ihm. Ihm wurde allein vom sehen der Lebensmittel schlecht.

Plötzlich stand Tomo auf, verließ die Küche und kurz darauf hörten sie seine Zimmertüre zu knallen. Jared zuckte zusammen. Er wusste er musste etwas essen, wohin es ihn brachte, hatte er ja gestern Abend erlebt. Er sackte auf seinem Stuhl in sich zusammen.

Besorgt sah Shannon ihn an. Gestern hatte er noch gedacht, sie wären einen kleinen Schritt weiter gekommen und jetzt kam es ihm so vor, als wären sie weitere Schritte zurück gegangen. Allein der neue Verband an Jareds Hand, zeigten ihm, dass es noch ein sehr langer Weg war.

„Trink wenigstens etwas, wenn du schon nichts essen willst. Soll ich dir einen Tee kochen?“

fragend blickte Shannon ihn an, doch Jared schüttelte nur den Kopf.

Er sah so blass aus.

Ein Seufzen von Shannon. Er konnte ihn ja schlecht zum Essen und Trinken zwingen, aber vielleicht konnte er ihn auf andere Gedanken bringen. Somit stand er auf und zog sich im Flur seine Jacke und Schal an und nahm noch Jareds Jacke und ging damit wieder in die Küche. Jared sah erst dann zu ihm auf, als Shannon ihm die Jacke auf seinen Schoß geschmissen hatte.

„Was...?“ verwundert schaute er seinen Bruder an.

„Zieh bitte deine Jacke an, wir gehen etwas spazieren. Das wird dir gut tun und keine Widerrede.“

Jared wollte sich schon wieder weigern, aber als er Shannons entschlossenen Blick sah, zog er sich nur seine Jacke an, schnappte sich im Flur noch seinen Schal und seine Handschuhe und zog sich noch seine Schuhe an. Shannon hielt ihm die Türe auf und schloss diese dann hinter sich als, sie draußen standen.

Kapitel 7

Kapitel 7
 

Es ging ein kalter Wind, als sie losliefen und dunkle Wolken hingen am Himmel. Shannon hoffte, dass es nicht regnen würde, denn schon nach wenigen Metern sah er, dass es Jared gut tat. Die kränkliche Blässe war gewichen und hatte Platz für eine gesündere Farbe gemacht.

Schweigend liefen sie nebeneinander her. Immer wieder schaute Shannon zu seinem Bruder. Er hatte Angst, dass sein Kreislauf nicht mitmachen würde. Aber alles schien in Ordnung zu sein, zumindest äußerlich. Nach einer Weile kamen sie bei einem Park an. Kaum einer war unterwegs und so waren sie ungestört. Der Wind wirbelte die Blätter vom Boden auf und es schien als würden die sie tanzen. Es war schön anzusehen und vor allem, als ein Teil der Blätter, die noch an den Bäumen hingen, von den Ästen fielen und sich mit den anderen vermischten. Man merkte, dass der Winter immer näher rückte und die Temperaturen sanken.

„Lass uns hier hinsetzen Shan, ich kann nicht mehr.“ sagte Jared.

Besorgt sah Shannon ihn an. Die Blässe war wieder zurückgekehrt.

Er führte Jared zu einer Bank, die in der Nähe stand.

„Das war wohl zu viel...“ fing Shannon an.

„Nein, es geht schon wieder.“ Jared versuchte zu lächeln, aber es misslang.

„Ruh dich etwas aus, sag mir bescheid, wenn es dir schlechter gehen sollte.“

Jared nickte nur und beugte sich dann vor, sodass sein Kopf auf den Knien lag. Er konzentrierte sich auf die Atmung und langsam merkte er wie es ihm besser ging.

Er schloss die Augen und lauschte dem Wind und dem Rascheln der Blätter und für einen kurzen Moment konnte er alles vergessen. Es gab nur ihn, den Wind und das Rascheln der Blätter. So bekam er nicht mit, dass ein kleiner Ball auf ihn zu rollte. Erst als er an seinem Bein anstieß, blickte Jared auf. Verwundert schaute er den Ball an, als auch schon der Besitzer angerannt kam. Ein kleiner Junge, nicht älter als 7, sah ihn schüchtern an. Er traute sich nicht den Ball zu holen. Als Jared keine Anstalten machte ihm den Ball zu geben, bückte sich Shannon danach und reichte ihn dem Jungen. Dieser nahm ihn dankend an und rannte dann zu seiner Mutter, die schon lächelnd auf ihn wartete. Sie drückte ihn kurz an sich, nickte Jared und Shannon noch kurz zu, bevor sie weiter gingen.

Als Shannon sich zu seinem Bruder wandte, starrte dieser den beiden immer noch nach. Shannon seufze. Er musste ihn jetzt einfach darauf ansprechen, egal welche Konsequenzen daraus auch folgen würden:

„Susan war schwanger! Habe ich Recht?“ Shannon hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit dieser Reaktion.

„Ja das war sie.“ er sagte es ganz normal. Es wunderte ihn nicht, dass Shannon es wusste. Er konnte seinem Bruder so gut wie nichts verheimlichen und er hatte damals schon Andeutungen gemacht, war aber nie darauf eingegangen.

„Warum habt ihr nie was gesagt?“

„Wir wollten warten.“ Shannon sah ihn an, dass es ihm schwer viel darüber zu reden.

„Was ist passiert?“

„Ich kann nicht darüber reden...“ Jared wollte damit das Thema beenden, aber Shannon lies nicht locker.

„Und wieso nicht?“

„Shannon es geht nicht! Kannst du das nicht verstehen?“ Jared sah seinen Bruder an.

„Ich habe es ihr versprochen und ein Versprechen bricht man nicht...“ Shannon konnte sehen, dass es Jared quälte.

„Jared, bitte!“

„Nein...“

„Wie lange willst du das Geheimnis noch mit dir rumtragen? Es macht dich fertig.“

„Ich weiß...“ er sah auf seine Hände.

„Dann rede!“

Aber das war zu viel für Jared. Er fühlte sich in die Ecke gedrängt, stand von der Bank auf und schrie Shannon an:

„Ihr wollt immer dass ich rede. „Rede über deinen Schmerz, rede darüber, was dir passiert ist...“ immer nur reden, reden, reden. Ihr habt doch keine Ahnung.“

Shannon lies das Geschrei ruhig über sich ergehen, er wusste sobald sein Bruder sich in Rage reden würde, kämen Sachen zu Tage, worüber er sonst nicht reden würde.

„Ihr habt sie nicht gesehen. Sie war nicht mehr sie selbst. Ich habe sie kaum wiedererkannt, als ich sie im Krankenhaus sah. Sie flehte, ja sie bettelte mich förmlich an, ich solle niemanden sagen, dass sie eine Mörderin am eigenen Kind wäre. Immer wieder hat sie mich angefleht. Und selbst als ich es ihr versprach, hat sie sich nicht beruhigt. Der Gedanke trieb sie in den Wahnsinn! Erst Lili und dann noch das ungeborene Kind.“

Ganz langsam wurde Jared klar, was er da gerade gesagt hatte. Entsetzt sah er Shannon an, er fühlte sich als wäre eine schwere Last von seinen Schultern genommen. Langsam stand Shannon von der Bank auf und ging auf Jared zu.

„Was habe ich getan?“

„Du hast das gesagt, was dich so lange belastet hat.“

Er nahm Jared in seine Arme und dieser schlang sogleich seine Arme um ihn.

Immer wieder wiederholt er die Worte „Was habe ich getan?“

„Jared beruhige dich.“

Er schob seinen Bruder etwas von sich um ihm ins Gesicht zu sehen.

„Es ist ok!“

Und langsam beruhigte Jared sich.

„Wie fühlst du dich jetzt?“ fragend sah Shannon ihn an.

„Ich weiß nicht.“ kam es ehrlich von Jared.

„Es fühlt sich an, als wäre eine Last von meinen Schultern gefallen, aber das ist nicht richtig...“ Ehe er weiterreden konnte, unterbrach Shannon ihn.

„Oh doch, es ist richtig. Stell nicht alles in Frage, ok?“

Ein unsicheres Nicken von Jared.

„Lass uns wieder gehen, du zitterst schon vor Kälte.“

Er legte Jared einen Arm um den Rücken und so gingen sie wieder zurück.
 

Als sie das Haus betraten empfing sie Stille. Tomo schien noch zu schlafen und als sie bei ihm im Zimmer nachsahen, schlief dieser noch tief und fest.

„Shannon?“

„Ja?“

„Ich habe Hunger, machst du uns was zu essen? Ich schätz mal wenn Tomo auf wacht, möchte er auch was essen.“

Shannon viel ein Stein vom Herzen.

„Klar, mach ich. Aber du hilfst mit.“

Gemeinsam gingen sie in die Küche und bereiteten ein Mittagessen vor. Lächelnd beobachtete Shannon wie Jared das Gemüse klein schnitt und dann in die Pfanne warf.

Tomo staunte nicht schlecht, als er in die Küche ging und Jared am Herd stehen sah.

„Was...“ er war viel zu perplex um den Satz zu vollenden.

Als Shannon ihn sah, ging er auf ihn zu und führte ihn zum Tisch, der schon gedeckt war.

„Essen ist gleich fertig. Ich erzähle dir später was passiert ist.“

Tomo konnte nur nicken. Er musste nicht lange warten und das Essen stand auf dem Tisch. Er staunte nicht schlecht, als er sah, dass Jared gut zugriff. Was immer beim Spaziergang der beiden passiert war, er war froh darüber. Das Essen verlief schweigend, denn jeder hing seinen Gedanken nach. Als sie fertig waren klingelte das Telefon. Shannon entschuldigte sich und ging in den Flur, wo das Telefon war.

Währenddessen räumten Tomo und Jared ab. Immer wieder schaute Tomo zu Jared. Äußerlich sah er keinen Unterschied, er sah immer noch so blass aus und dunkle Augenringe zierten seine Augen, aber dennoch schien er etwas verändert und das nicht zum Negativen. Tomo traute sich kaum zu hoffen, dass es ihm besser gehen sollte. Er hatte schon mal geglaubt jetzt würde es nur besser werden und wurde dann doch noch eines Besseren belehrt.

Als sie fertig mit Aufräumen waren, telefonierte Shannon noch immer. Jared zog sich in sein Zimmer zurück und kurze Zeit später konnte Tomo hören, dass Jared Gitarre spielte.

Obwohl er so lange geschlafen hatte, fühlte er sich dennoch müde und ausgelaugt. Er wollte gerade ins Wohnzimmer gehen, als es an der Türe klingelte. Als er sie öffnete stand Emma davor.

„Hey!“

„Hey! Komm rein. Gehen wir ins Wohnzimmer.“

Sie hängte ihre Jacke auf, zog ihre nassen Schuhe aus und folgte ihm dann.

„Möchtest du was trinken?“ fragte Tomo.

„Wenn du mir einen Tee machen könntest...“

„Klar, welche Sorte?“

„Egal.“

Sie setzte sich auf die Couch und kurze Zeit später kam er mit einer Tasse Tee zurück und reichte sie ihr. Dankend nahm sie sie entgegen.

„Du siehst müde aus und Shannon sieht nicht viel besser aus. Ich mache mir Sorgen um euch.“

Tomo setzte sich neben sie.

„Wir kommen klar.“

„Wie geht es Jared?“

Ein Seufzen von Tomo.

„Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Er scheint immer wieder Momente zu haben, in denen es ihm gut geht und dann wiederum haben wir Angst er könnte wieder...“

Er beendete den Satz nicht, aber Emma wusste worauf er hinaus wollte.

„Ihr wisst ja, ich bin jederzeit für euch da!“

„Danke, das wissen wir.“ Ein leichtes Lächeln von Tomo

„Hallo Emma.“ Shannon war fertig mit telefonieren und setzte sich ihnen gegenüber in einen Sessel.

„Sarah und Alex riefen gerade an und haben sich nach Jared erkundigt.“

Es riefen immer wieder Freunde an um sich nach ihnen zu erkundigen und um ihnen ihre Hilfe anzubieten, was sie sehr zu schätzen wussten.

„Gut dass du hier bist Emma. Ich war vorhin mit Jared spazieren und er hat mir was erzählt.“

Er holte kurz tief Luft, bevor er weiter redete.

„Eigentlich wollte er es mir nicht sagen, aber er hat sich in Rage geredet und dabei sagte er mir, dass Susan schwanger war und das ungeborene Kind dabei ums Leben kam. Sie wollte nicht, dass es jemand erfährt. Jared sagte mir, dass sie wohl der Meinung war eine Mörderin am eigenen Kind zu sein. Jared versprach ihr, niemanden was davon zu erzählen.“

Entsetzt sahen die beiden Shannon an.

„Oh Gott, und er hatte es so lange mit sich selber ausgemacht.“ Emma lief es kalt den Rücken runter.

„Und wir hatten keine Ahnung davon.“ sagte Tomo.

„Woher hätten wir es denn wissen sollen?“ meinte Emma dann.

„Wer weiß was er noch alles verschweigt.“

„Das glaub ich weniger. Er war zwar sehr entsetzt darüber, dass er es gesagt hat, aber einerseits war er auch erleichtert.“

„Ich hoffe du hast Recht.“

Leise konnten sie eine traurige Melodie hören.

Kapitel 8

Das Ende rückt auch immer näher.

Falls ich es noch nicht erwähnt haben soll, es wird zwei Enden geben. Also für jeden was dabei!^^
 

Kapitel 8
 

Emma blieb noch bis abends da, aber sie sah Jared nicht mehr, denn dieser kam nicht mehr aus seinem Zimmer.

Als Shannon und Tomo das Abendessen vorbereitet hatten, sah Shannon nach ihm.

Jared lag auf dem Bett, die Gitarre neben ihm und schlief. Der Tag war anstrengend für ihn gewesen. Shannon wollte ihn deswegen auch nicht wecken und deckte ihn vorsichtig zu, nachdem er die Gitarre beiseite gelegt hatte.

Leise schloss er die Türe hinter sich und ging dann zu Tomo in die Küche.

„Er schläft. Der Tag war anstrengend gewesen.“

Er setzte sich zu Tisch.

„Meinst du es ist wieder nur ein kurzer Moment indem es Jared gut geht um bloß darauf wieder in ein tiefes Loch zu fallen?“ Tomo musste einfach darüber reden.

„Ich weiß es nicht.“ kam die ehrliche Antwort von Shannon.

Tomo wollte noch weiter darüber reden, aber er sah dass Shannon mit seinen Gedanken ganz wo anders war und lies ihn in Ruhe.

Es war still im Haus, es war eine Ruhe die trügerisch war. Tomo hoffte, das der Alptraum bald ein Ende hätte.
 

Mitten in der Nacht
 

Tomo wachte durch lauten Krach, der von draußen kam auf. Es stürmte und regnete stärker, als am Tag. Er legte sich anders hin und war gerade dabei wieder einzuschlafen, als er wieder was hörte, aber diesmal kam das Geräusch vom Wohnzimmer. Tomo nahm an, dass Shannon noch wach war, aber ein Blick auf die Uhr lies ihn dann doch die Stirn runzeln. Es war kurz vor vier Uhr morgens. Zur Sicherheit wollte er dennoch einmal nachsehen. Als er sein Zimmer verließ, sah er, dass das Licht im Wohnzimmer an war. Also doch Shannon, dachte sich Tomo, aber als er an Shannons Zimmer vorbei ging, dessen Tür einen Spalt offen stand, sah er das Shannon schlafend im Bett lag.

Tomos Herzschlag beschleunigte sich. Wenn Shannon im Bett lag, konnte das nur Jared sein. Aber was sucht er um diese Zeit im Wohnzimmer? Schlimmes ahnend ging Tomo ins Wohnzimmer und erlebte eine Überraschung. Das Zimmer war leer. Gerade als er schon anfing an seinem Verstand zu zweifeln, sah er den nassen Boden vor der Türe, die zur Terrasse führte.

Durch das Licht konnte er nicht sehen, ob jemand draußen war. Langsam ging er zur Türe und öffnete sie. Da saß er, nur mit einem kurzen T-Shirt und in Shorts auf einem der Stühle und war klatschnass. Er Schien Tomo noch gar nicht bemerkt zu haben. Er hielt etwas in den Händen, aber was genau es war, konnte Tomo nicht erkennen. Erst als Jared es aufklappte, wusste er was er in den Händen hielt. Susans Medaillon.

Ein Lächeln zierte Jareds Gesicht. Es schien als denke er an schöne Erinnerungen. Und für einen kurzen Moment, dachte Tomo, vor ihm säße der alte Jared. Der selbstbewusste, lebenslustige Mensch. Aber die Illusion zerbrach, als Jared das Medaillon schloss und ihn ansah. Es schien ihn nicht zu verwundern, dass er da war.

Keiner sagte ein Wort, es schien als würden sie sich auch ohne Worte verstehen. Als Jared aufstand und auf ihn zukam und sie sich fast berührten, schlug Tomos Herz wieder schneller. Aber diesmal nicht vor Sorge oder Angst...

Und als Jared ihm eine Strähne hinters Ohr strich, kribbelte es in ihm.

Er schaute Jared in die blauen Augen. Er konnte sehen, dass Jared verwirrt war. Fühlte er etwa das Gleiche?

„Was ist los mit uns?“ Es war mehr ein Flüstern von Tomo, aber Jared hatte ihn verstanden.

„Ich weiß es nicht!“ kam Jareds Antwort ebenso leise.

„Aber es verwirrt mich. Diese neuen Gefühle dir gegenüber. Es liegt wohl daran, dass du dich gerade so stark um mich kümmerst. Das darf nicht sein.“ kam es bestimmt von Jared.

„Was darf nicht sein?“ Tomo fühlte sich mit jedem weiterem Wort von Jared schlechter.

„Du kümmerst dich rund um die Uhr um mich, aber was ist mit dir? Wann warst du das letzte mal draußen? Oder hast dich mit Freunden getroffen? Wenn wir nicht weiter so eng aufeinander hocken, gehen die Gefühle wieder weg.“

Darauf wusste Tomo erst nichts zu sagen. Er wollte einfach nicht glauben, was Jared da gerade sagte. Aber warum traf es ihn so sehr? Ihre Freundschaft war mit den letzten Tagen enger geworden, aber liebte er Jared? Mehr als einen Freund? Wollte er mehr von ihm als nur Freundschaft?

„Du hast Recht.“ sagte Tomo, obwohl er ganz anderer Meinung war, aber so lange er sich nicht seiner Gefühle für Jared sicher war, blieb es dabei.
 

Was sie nicht wussten war, dass Shannon ihr Gespräch mitbekommen hatte. Er hatte bemerkt, dass Tomo wach war und war dann auch aufgestanden um zu sehen, was los war. Als er dann hörte was sein Bruder zu Tomo sagte, hätte er ihn am Liebsten genommen und kräftig durchgeschüttelt, aber so wie er seinen Bruder kannte, war es nur ein Schutz. Ein Schutz davor, die Gefühle noch weiter zu zulassen. Als die beiden Anstalten machten wieder hochzugehen, ging Shannon in sein Zimmer und legte sich wieder hin.

Er hoffte die beiden würden das klären.
 

Als Jared am Morgen aufwachte, brummte ihm der Schädel und sein Hals tat weh.

Dazu kam die Erinnerung an das Gespräch mit Tomo. Er hatte sich den Rest der Nacht den Kopf zerbrochen, ob es das Richtige war, was er zu Tomo gesagt hatte. Als er es zu ihm gesagt hatte, war er sich sicher, es wäre das Beste, aber jetzt kamen erste Zweifel. Und die wurden nicht besser, denn Tomo betrat sein Zimmer.

Sofort schlug sein Herz schneller. Er sagte nichts, sondern schaute Tomo einfach nur an. Dieser stand noch in der Türe und wusste nicht wirklich, was er machen sollte. Er hatte damit gerechnet, dass Jared noch schlief.

„Ich wollt nur mal kurz nach dir sehen...“ meinte er und wollte dann gehen.

„Geh nicht.“ kam es krächzend von Jared.

Besorgt trat Tomo an sein Bett und befühlte gleich darauf seine Stirn.

„Du hast Fieber.“

„Hmm...“ war alles war Jared darauf antwortete. Das Reden schmerzte viel zu sehr.

„Ich mach dir einen Tee.“ wieder wollte Tomo das Zimmer verlassen und wieder hielt Jared ihn auf. „Nein, bleib...“ Ein Hustenanfall verhinderte ihn daran weiterzureden. Als er wieder zu Atem gekommen war, saß Tomo neben ihn auf dem Bett und hielt ihm ein Glas Wasser hin.

Dankend nahm Jared einen Schluck und reichte das Glas wieder an Tomo, der es neben sich auf das Nachtschränkchen stellte.

„Kannst du ein bisschen bei mir bleiben?“ fragend sah Jared Tomo an.

„Jared, wir sollten Abstand halten...“

„Ja ich weiß, aber ich brauch dich jetzt. Lass mich nicht alleine, bitte.“ mit einen Seufzen legte sich Tomo neben ihn.

„Versuch zu schlafen.“ meinte Tomo dann.

„Wo ist Shannon?“

„Er musste was erledigen, er meinte es kann spät werden.“

„Aha...“ kam es schläfrig von Jared und dann schlief er ein.
 

Er lag gemeinsam mit Susan auf der Couch. Es war Winter und sie hatten sich in eine Decke gekuschelt und schauten gemeinsam einen Film an. Susan hatte ihren Kopf auf seine Schulter gelegt und genoss die Zärtlichkeiten von Jared. Als der Film zu Ende war, stellte Susan ihm eine Frage: “Was würdest du machen wenn ich z.B. sterbe und du tot unglücklich darüber wärst, nein lass mich ausreden. Was würdest du machen wenn du dich neu verlieben würdest? Und das dazu in deinen besten Freund?“ ernst sah sie ihn an.

„Wie kommst du denn nun auf diese Frage? Und wieso ausgerechnet in meinen besten Freund?“ kam es verwirrt von Jared.

„Ich will es nur wissen!“ sie gab ihm einen Kuss.

„Ich weiß nicht. Ich wäre wohl ziemlich verwirrt, ich meine, allein der Gedanke, dass du stirbst... ich weiß nicht.“

„Aber du musst es doch wissen?“

„Wieso sollte ich das wissen?“ kam es noch verwirrter von Jared.

„Weil du in solch einer Situation bist.“

„Bitte was?“

„Ich kenne die Antwort. Du würdest von deinen Gefühlen davonrennen. Die Schuldgefühle mir gegenüber wären zu groß. Du glaubst du würdest mich betrügen. Aber was wäre, wenn mein sehnlichster Wunsch wäre, dass du glücklich wärst?“

„Was redest du da?“

„Jared, wie lange willst du noch um mich trauern? Du musst loslassen. Es ist schwer, aber wenn du nicht bald dein eigenes Leben lebst ohne gleich an den Gedanken an mich daran zu zerbrechen...“

„Hör auf so ein Zeug daherzureden. Du lebst und wir sind glücklich zusammen. Wieso redest du die ganze Zeit davon du wärst tot? Ich liebe dich über alles. Wie könnte ich da jemand anderen lieben?“

„Jared, bitte.“

Mit einem Mal wurde es eiskalt. Susan war blass und zitterte.

Voller Schrecken packte er Susan, die kraftlos in sich zusammen sackte, an den Schultern.

„Jared bitte, du musst los lassen. Ich werde dich auf immer lieben...“

Kalte Lippen berührten seine.

Und dann hörte er es.

Tropf... tropf...

Er kannte dieses Geräusch.

„Susan?“ er schüttelte sie an den Schultern und dann sah er es. Ihr Arme waren aufgeschnitten und das Blut tropfte auf den Boden.

„Susan? Wach auf! Bitte!“ verzweifelt klammerte er sich an Susan und drückte sie an sich...

Tropf... tropf... tropf...

Kapitel 9

Kapitel 9
 

Tropf... tropf.. tropf...
 

Ein kalter Schauer lief über Jareds Körper und als er die Augen aufschlug hörte er es noch immer.
 

Tropf... tropf... tropf...
 

Langsam setzte er sich auf und hielt sich gleich drauf den Kopf, der heftig pochte. Er suchte nach der Ursache dieses Geräusches, fand sie aber nicht.

„Ich bin doch wach? Wieso höre ich es noch immer?“
 

Tropf... tropf...
 

Er hielt sich die Ohren zu um es nicht mehr zu hören.
 

Tropf... tropf... tropf..
 

Er zog seine Beine eng an sich und wiegte langsam seinen Körper vor und zurück.
 

„Du musst loslassen...“
 

Er konnte diese Worte nicht vergessen.

„Ich kann nicht. Ich kann dich nicht gehen lassen.“ ein leises Schluchzen.
 

Tropf... tropf... tropf.. tropf.
 

Im Wohnzimmer
 

Es war später Nachmittag und Shannon war wieder da. Gemeinsam mit Tomo saß er auf der Couch und stellte nun eine Frage, auf die Tomo keine Antwort hatte.

„Liebst du ihn?“

Tomo wusste wen er meinte. Er hatte ihm schon gesagt, dass er ihr Gespräch letzte Nacht mitbekommen hatte. Shannon befürchtete eine neue Katastrophe. Jared war über Susans Tod noch nicht hinweg und jetzt kamen die neuen Gefühle. Er befürchtete einen neuen Zusammenbruch. Was sie beide nicht wussten, Jared war im Moment sehr nahe dran und bräuchte sie jetzt dringend. Aber keiner von beiden konnte ahnen, was gerade in seinem Zimmer geschah, nahmen sie doch an er schliefe.

Nach Minuten des Schweigens, holte Tomo tief Luft und schaute Shannon an.

„Ich weiß es nicht, Shannon. Ich...“ er fuhr sich mit den Händen durch die Haare.

„Es sind Gefühle für ihn da, aber ob es Liebe ist? Ich weiß es nicht. Es ist so viel passiert in letzter Zeit. Vielleicht legt sich das Ganze wieder wenn hier Ruhe einkehrt.“

„Jared fühlt für dich auch etwas und er leidet darunter. Wir müssen aufpassen, dass er sich nicht wieder zurückzieht. Sei vor allem so wie immer zu ihm...“

Er wollte noch mehr sagen, doch plötzlich hörten sie Jared schreien.

Schnell rannten sie in sein Zimmer.

Er wiegte sich noch immer vor und zurück, schien aber jetzt wie ihm Wahn. Seine Augen glänzten vom Fieber und ein leichter Schweißfilm war auf seiner Stirn zu sehen.

„Ich kann es nicht mehr hören, ich will das nicht mehr.“

Er schien sie gar nicht zu bemerken.

„Jared? Hey, sieh mich an!“

Shannon fasste seinen Bruder an den Schultern und zwang ihn so dazu ihn anzusehen.

„Bitte, mach, dass es aufhört!“

„Was soll aufhören?“ fragte Tomo ihn, aber er erhielt keine Antwort.

„Dieses Geräusch...“

Und nun hörten sie es auch.

Tropf... tropf... tropf....

„Jared, das ist vom Regen.“ Shannon versuchte seinen Bruder zu beruhigen, aber ohne Erfolg. So langsam wurde ihm ganz bange zu Mute.

„Nein, das ist kein Regen. Es ist ihr Blut... ihr Blut, dass aus ihren Armen tropft...“

Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Jareds Zustand hatte sich wieder sehr verschlechtert.

Immer wieder redete Shannon auf Jared ein, aber er kam einfach nicht an ihn ran.

Shannon wurde immer verzweifelter und kam sich so hilflos vor. Sie mussten doch irgendwie an Jared rankommen.

Sanft drückte Tomo Shannon beiseite und setzte sich neben Jared auf das Bett. Dieser schaute ihn mit seinen blauen Augen an. Er wiegte sich nicht mehr vor und zurück, er starrte ihn einfach nur an.

Und langsam beugte sich Tomo zu ihm, legte ihm eine Hand in den Nacken und zog ihn näher zu sich. Shannon wollte schon eingreifen, als er sah was Tomo vor hatte, aber als er sah wie Jared die Augen schloss und sich dem Kuss hingab, lies er es.

Der Kuss kam Tomo ewig vor. Als er sich von ihm löste, hatte er immer noch das Gefühl von Jareds Lippen auf seinen. Lange sahen sie sich in die Augen und er konnte sehen, dass sich Jared wieder beruhigt hatte. Dieser biss sich nun verlegen auf die Lippen und schaute auf seine Hände. Er wusste selber nicht was mit ihm los war. Er konnte dieses Geräusch, das sich als Regen rausstellte, nicht ertragen. Er hatte zwar mitbekommen, dass Shannon versucht hatte ihn aus diesen Wahn zu reißen, aber es kam ihm alles so verzerrt vor. Shannons Worte hatten für ihn keinen Sinn ergeben. Erst als Tomo zu ihm kam und er plötzlich seine Lippen auf seinen spürte, kam es ihm vor, als würde er aus einem Schlaf erwachen.

Ein Seufzen von Shannon, lies ihn zu seinem Bruder sehen. Ein Schrecken durchfuhr ihn. Shannon schien um Jahre gealtert. Das Ganze hatte ihn sehr mitgenommen. Er hatte gehofft, das alles besser werden würde. Er war den Tränen nahe. Er hatte keine Kraft mehr. Sein Leben lang hatte er sich um seinen kleinen Bruder gekümmert, war immer für ihn da und jetzt konnte er ihm nicht mehr helfen und das machte ihn fertig.

Traurig sah Jared zu seinem Bruder. Wieder hatte er ihm Kummer bereitet. Langsam rückte er zu Shannon und legte seine Arme um ihn. Zuerst schien es, als wolle Shannon ihn von sich schieben, aber dann schlang er auch seine Arme um ihn. Und endlich überwältigten ihn die ganzen Gefühle und er weinte all seinen Schmerz und die Ängste ihn zu verlieren aus. Tomo zog sich aus dem Zimmer zurück und lies die beiden alleine.

Es dauerte eine Weile bis sich Shannon wieder beruhigt hatte.

„Sorry...“ meinte er dann nach ein paar Minuten und wischte sich die letzten Tränen weg.

„Es wurde mir gerade alles zu viel.“

„Schon wieder habe ich euch Kummer und Sorgen bereitet. Shannon?“

„Ja?“

„Ich hab wieder von ihr geträumt. Es war diesmal ganz anders. Wahrscheinlich hab ich gerade die letzte Situation mit Tomo verarbeitet, aber...“ Er biss sich auf die Unterlippe. Es viel ihm schwer darüber zu reden. Wie würde sein Bruder wohl reagieren, wenn er ihm sagen würde, dass er mehr als nur Freundschaft für Tomo empfand?

„Sie sagte ich solle loslassen... Aber ich kann nicht... und sie meinte ich würde vor meinen Gefühlen davon rennen... und hätte Schuldgefühle...“

„Weshalb solltest du Schuldgefühle haben?“ Obwohl Shannon es sich denken konnte, wollte er es dennoch von Jared hören. Dieser nagte wieder an seiner Unterlippe.

„Ich... ich glaub ich... ich kann das nicht...“

„Ist es wegen Tomo?“

Erschrocken sah ihn Jared an.

„Woher...?“

„Woher ich das weiß?“

Ein Nicken von Jared.

„Ich habe euch letzte Nacht gehört. Du kannst nicht vor deinen Gefühlen davon rennen und du brauchst vor allem keine Schuldgefühle zu haben. Sie wollte sicherlich nicht, dass du Schuldgefühle ihr gegenüber hast.“

Aber was wäre, wenn mein sehnlichster Wunsch wäre, dass du glücklich wärst?

„Warum ist loslassen so schwer?“ fragend sah Jared seinen Bruder an.

„Ich weiß es nicht, aber was ich weiß, ist, wenn du loslässt, dann fängt ein neues Leben für dich an.“

„Danke, Shannon!“

„Aber werde zuerst gesund. Was hast du vor?“ skeptisch sah er seinen kranken Bruder an.

„Ich leg mich unten auf die Couch. Hier bekommt man nur das Gefühl, dass die Wände einen einengen.“

„Warte ich helfe dir.“ er wollte Jared stützen, aber dieser lehnte ab.

„Ich bin krank, aber so krank nun auch wieder nicht.“

Langsam gingen sie runter ins Wohnzimmer wo Tomo in einem Sessel saß.

Als er Jared sah, schaute er auf den Boden. Er konnte ihm jetzt nicht in die Augen sehen. Sie wollten Abstand halten, aber er konnte es nicht. Er hatte das Gefühl, dass seine Gefühle für Jared nach dem Kuss stärker geworden waren.

Als sich Jared auf die Couch legte und sich in die Decke kuschelte, konnte er Tomos Blicke förmlich auf sich spüren. Jared wollte sicherlich darüber reden, aber Tomo konnte es nicht. Er stand auf und verließ das Zimmer um in sein eigenes zu gehen.

Er musste mit jemanden reden, aber nicht mit Shannon und vor allem nicht mit Jared. Er überlegte nicht lange und wählte schnell die Nummer eines Freundes.

„Hey, hier ist Tomo“

„Hi, ist was passiert?“ kam es beunruhigt zurück.

„Nein, es ist nichts passiert.“ ein erleichtertes Aufatmen.

„Hast du Zeit? Ich hab das Gefühl mir fällt die Decke gleich auf den Kopf.“

„Klar, in einer Stunde bei mir?“

„Ok, bis gleich!“

Er legte auf und machte sich gleich darauf fertig.

Als er in den Flur ging und seine Autoschlüssel nahm, sah er Shannon lehnend am Türrahmen der Küche stehen.

„Du gehst weg?“

„Ja. Ich fahr kurz zu Alex. Kann spät werden.“

„Ok.“ War alles was Shannon dazu sagte.

Er konnte es Tomo nicht übel nehmen, dass er ging. Vielleicht war es ganz gut, wenn sich Jared und Tomo eine Weile aus dem Weg gingen.
 

Jared verbrachte den Rest des Tages schlafend. Als Shannon ihm gesagt hatte, dass Tomo zu Alex gegangen war, bekam er als einzige Reaktion nur ein Nicken.

Als es Nacht wurde, war Tomo immer noch nicht zurück. Sorgen machte sich keiner von ihnen. Erst als er am nächsten Tag immer noch nicht da war und nicht an sein Handy ging, wurden sie unruhig.

Kapitel 10

Kapitel 10
 

Bei Alex
 

Tomo hatte ihm alles erzählt, wie es Jared gerade ging, seine Hochs und Tiefs, selbst die Gefühle, die er für ihn hatte. Er konnte es einfach nicht länger für sich behalten. Gut, er konnte mit Shannon darüber reden, aber mit jemand anderen , der nicht bei alldem dabei war, was er erlebt hatte, war das etwas anderes.

Als Tomo mit seinen Erzählungen fertig war, war es schon spät in der Nacht und Alex schwirrte der Kopf.

„Wie kann ein Mensch so viel durchmachen? Ich mein, da dreht man doch irgendwann mal durch?“ skeptisch sah er Tomo an.

Ein kleines Lächeln zierte Tomos Lippen.

„Wir haben den Punkt zum Durchdrehen schon längst überschritten, da müsste man schon ein neues Wort für erfinden.“

„Wie wär's mit Wahnsinn?“

„Wer ist des Wahnsinns?“ Alex Freund betrat den Raum. Er arbeitete in einem Club und kam erst spät nachts nach Hause. Stürmisch begrüßte Alex ihn. Sie waren schon seit 5 Jahren ein Paar. Dass sie homosexuell waren, war nie ein Problem.

„Mensch Tomo, du sahst echt schon mal besser aus.“ ein Seitenhieb von Alex lies ihn sich gleich darauf entschuldigen.

„Schon gut, ich weiß, dass ich nicht gerade toll aussehe.“

„Ist aber auch kein Wunder, bei dem was ihr gerade alle durchmacht. Ich hab immer so ein schlechtes Gewissen. Ich würde euch so gerne helfen...“ sagte Jack und setze sich neben Tomo auf die Couch. Sein Freund saß kurz darauf auf seinem Schoß und Jack legte sogleich seine Arme um ihn. Ein glückliches Lächeln zierte sein Gesicht.

Das Leben konnte so ungerecht sein. Auf der einen Seite, litt ein Mensch, weil er eine geliebte Person verloren hatte und auf der anderen Seite war das Glück, das Leben, die Freude.

„Es ist spät, ich werde dann mal gehen. Danke fürs Zuhören.“

„Wie du willst schon gehen?“ fragte Jack ihn, jedoch hatte er nicht mit Alex gerechnet.

„Nix da, du bleibst heute Nacht hier. Ich lass dich doch jetzt nicht Auto fahren. Es könnte weiß Gott was passieren. Denk doch nur mal an Susan.... Autsch!“

Sein Freund hatte ihm einen Schlag auf den Hinterkopf verpasst.

„Sorry..“ nuschelte Alex dann. Sanft schob Jack seinen Freund von seinem Schoß und sah Tomo eindringlich an.

„Wie Alex schon sagte, du bleibst heute Nacht hier. Ich könnt kein Auge zu machen, wenn ich wüsste dass du in deinem Zustand Auto fahren würdest.“

„Und dann können wir morgen weiter reden.“ strahlte Alex. Er war einfach eine Frohnatur.

„Wie? Was weiterreden?“ verwirrt sah Jack seinen Geliebten an.

„Das erkläre ich dir später. Aber nun lass uns die Couch hier ausziehen. Ich bin müde und Tomo erst recht. Es ist doch okay wenn ich Jack einweihe oder?“

Ein Nicken von Tomo. Er war schrecklich müde. Dass er sich mal bei Shannon oder Jared melden könnte, kam ihm in dem Moment gar nicht in den Sinn.

Keine 10 min. später hatten Jack und Alex ein kleines, aber gemütliches Nachtlager für ihn vorbereitet.

„Versuch etwas zu schlafen. Morgen ist ein neuer Tag und dann wird alles ganz anders aussehen.“ grinste Alex.

„Gute Nacht.“ meinte dann auch Jack. Alex gab Tomo noch schnell ein Küsschen auf die Wange und ging dann mit seinem Freund in ihr Schlafzimmer um sich dann auch bettfertig zu machen, aber gleich darauf kam Alex wieder zurück ins Wohnzimmer und reichte Tomo ein T-Shirt für die Nacht.

„Hier, hab ich total vergessen. Also gute Nacht.“

Schmunzelnd sah Tomo ihm hinterher. Er war froh solch tolle Freunde zu haben. Er legte sich auf das sogenannte Bett und schlief kurz darauf gleich ein.
 

Als Tomo am Morgen aufstand und in die Küche ging, saßen Alex und Jack am Tisch und frühstückten.

„Sorry, dass wir schon angefangen haben, aber wir wussten nicht wann du aufstehst und ich hab morgens doch immer so nen großen Hunger!“ versuchte Alex mit vollem Mund zu reden.

„Alex...“ Jack sah seinen Freund genervt an.

Schnell schluckte dieser runter und holte dann Geschirr für Tomo.

„Gut geschlafen?“ fragte Jack ihn, als sich Tomo ihm gegenüber hingesetzt hatte.

„Geht so.“ kam es ehrlich von Tomo zurück.

„Siehst auch immer noch ziemlich beschissen aus.“

„Alex, Klappe!“

„Was denn?“

„Ach nichts. Also, Alex hat mir gestern Nacht noch alles erzählt. Ganz ehrlich, so kann das nicht weitergehen. Ihr müsst reden.“

„Reden...wir führen ständig Gespräche.“

„Das mag zwar sein, aber dann redet ihr entweder aneinander vorbei, hört euch nicht richtig zu oder ihr sagt Sachen dir ihr gar nicht wollt!“

„Hm...“

„Hast du mit Jared darüber geredet? Ich mein die Sache zwischen euch?“

Oh ja, und es hat uns kein bisschen geholfen, dachte sich Tomo.

„Ja haben wir.“

„Und?“

„Was und?“

„Habt ihr es geklärt?“

„Naja... geklärt kann man nicht sagen...“ druckste Tomo rum.

„Sondern?“ fragte jetzt Alex.

„Wir haben ausgemacht, dass wir Abstand zueinander halten, solange bis sich das mit den Gefühlen gelegt hat.“

„Hat es geholfen?“

„Nein, im Gegenteil. Kurz bevor ich dich anrief, hab ich ihn geküsst.“ Zum Ende des Satzes wurde er immer leiser.

„Dann liebst du ihn doch?“ Alex strahlte Tomo an.

„Nein, ja... keine Ahnung... er war so verwirrt, er hatte wohl wieder einen Alptraum. Shannon kam einfach nicht an ihn ran. Jared konnte sich nicht beruhigen und dann küsste ich ihn einfach und es half ihm.“

„Und kribbelte es in dir als würden hunderte von Schmetterlinge in dir fliegen und deine Lippen, konntest du seine noch fühlen, obwohl ihr euch nicht mehr geküsst habt? Wolltest du ihn wieder küssen? Ihn berühren? Schmecken? Ihn...“

„Verdammt Alex...“

„Bin ja schon ruhig!“ grinste Alex.

„Wir können miteinander reden, aber die Entscheidung, ob du mit Jared zusammen sein willst, die kannst nur du allein fällen, Tomo.“ ernst sah in Jack an.

„Es wird bestimmt nicht leicht werden. Es wird Fans geben, die sich von euch abwenden, solltet ihr an die Öffentlichkeit gehen. Aber bis es mal so weit ist, habt ihr noch einen langen Weg vor euch. Rede nochmal mit ihm und sei dabei ehrlich zum ihm und vor allem aber ehrlich zu dir selber. Du frühstückst jetzt zu Ende und dann fahren wir dich zurück. Okay?“

Er wartete keine Antwort von Tomo ab, sondern stand auf und zog Alex mit sich und ging dann mit ihm zusammen ins Bad.

Jack hat Recht, dachte Tomo. Ich darf mir nichts vormachen, die Gefühle für Jared sind da und vor ihnen weg zu rennen macht alles nur schlimmer. Aber alles geht so schnell und dennoch sehne ich mich nach ihm.
 

Bei Shannon und Jared
 

Es war schon Mittag und noch immer hatte sich Tomo nicht gemeldet. Unruhig lief Jared im Wohnzimmer auf und ab. Hin und wieder versuchte er Tomo auf dem Handy zu erreichen. Seine Kopfschmerzen waren immer noch nicht weg, genauso wie seine Halsschmerzen und der Husten. Shannon war schon von Jareds Hin- und Hergelaufe gereizt, aber er konnte Jared ja verstehen. Ihm selber erging es nicht besser.

Als Shannon Jared zum wiederholten Male beim Eintippen der Nummer von Tomo sah, klingelte es an der Tür. So schnell wie Jared an der Türe war, konnte Shannon gar nicht reagieren.

„Wieso kommst du so spät? Wir haben uns Sorgen gemacht!“ Platzte es aus Jared heraus, als er Tomo vor sich stehen sah. Dass Alex und Jack mit dabei waren, nahm er gar nicht wahr, genauso wenig wie ihre entsetzten Blicke.

Alex ergriff Jacks Hand und schaute seinen Freund an. Jack blickte zu Alex und drückte seine Hand. Er fühlte wahrscheinlich das Gleiche wie er. Sie kannten Jared seit Jahren, sie sahen ihn auch schon in Situationen in denen es ihm mal schlecht ging, aber das, was sie jetzt sahen, machte sie sprachlos. Jack musste erst mal tief Luft holen und Alex kämpfte mit den Tränen.

Jared war nur noch ein Schatten seiner selbst.

Ein Schluchzen von Alex, brachte die Aufmerksamkeit von Jared auf sie.

„Jared...“ Alex stürmte zu Jared und umarmte ihn, bevor dieser überhaupt was sagen konnte. Kopfschüttelnd sah Jack seinen Freund an.

„Gott, Jared du Dummkopf. Wie du aussiehst, du bestehst ja nur noch aus Haut und Knochen und dann noch diese dunklen Augenringe. Was ist bloß aus dir geworden?“ Er schob Jared ein Stück von sich um ihn noch genauer zu betrachten.

„Und dann das...“

Alle hielten den Atem an, als Alex eine von Jareds Händen nahm und vorsichtig über den Verband strich.

„Susan muss eine Frau sein, die du über alles geliebt hast, nein, die du noch immer liebst.“

Er schaute Jared in die Augen und als dieser etwas sagen wollte, legte ihm Alex einen Finger an den Mund.

„Hör mir zu, ich weiß was passiert ist, und ich weiß das mit dir und Tomo.“

Erschrocken schaute Jared zu Tomo. Dieser biss sich auf die Lippen.

Shannon und Jack schauten diesem seltsamen Schauspiel zu und hofften nur Alex würde das Richtige sagen.

„Das Leben kann so schrecklich unfair sein und wenn man glaubt es gibt keinen Ausweg mehr, welchen Weg gehen die Menschen? Sie gehen den einfachen Weg. Sie flüchten! Man kann für einen Moment vor all dem Schrecklichen, was einem widerfahren ist, flüchten, aber dann sollte man kämpfen. Wahrscheinlich haben dir das Shannon und Tomo schon sehr oft gesagt, aber die Worte kamen nie bei dir an, du wolltest es nicht wirklich. Denn wenn du es wirklich willst, würdest du nicht vor deinen Gefühlen zu Tomo davonlaufen, habe ich Recht?“

Er ließ Jared los und ging zu Jack, der ihn sogleich bei der Hand nahm.

Es herrschte eine angespannte Stimmung.
 

Was würde Jared dazu sagen? Hätten sie endlich die Kraft sich einzugestehen, dass sie sich liebten? Oder würden sie weiter vor ihren Gefühlen davonrennen?
 

„Ich liebe dich...“

Kapitel 11

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 11/2

Hier das zweite Ende und so mit letzte Kapitel!
 

3 Monate später
 

Es war früh am Morgen und Shannon saß alleine in der Küche. Gedankenverloren rührte er in seiner Tasse Kaffee. 3 Monate waren vergangen und es hatte sich einiges getan. All seine Befürchtungen waren nicht geschehen. Er war Alex unendlich dankbar, als er damals da war. Jared erging es seit dem langsam immer besser. Schritt für Schritt fand er den Weg zurück ins Leben. Obwohl Shannon geglaubt hatte, Jared würde wieder einen Rückfall erleiden, kämpfte dieser nun. Shannon war glücklich, dass sein Bruder wieder fast der Alte war. Er wusste, dass er niemals so wie früher werden würde, dafür war zu viel passiert. Sie alle hatten sich verändert und es würde für immer ein Schatten auf ihren Seelen bleiben, aber jemand der nicht wusste, was sie durchgemacht hatten, für den gab es keinen Unterschied. Nur Emmas trauriges Lächeln lies erahnen was sie durch leben mussten.

Ein kleines Lächeln schlich sich auf Shannons Gesicht, als er an Tomo und Jared dachte.

Und mit einem Lächeln betraten auch Tomo und Jared die Küche.

Tomo war noch nicht wirklich wach und setzte sich erst mal an den Tisch um sogleich seinen Kopf auf den Tisch zu legen und weiter vor sich hin zu dösen.

Liebevoll strich Jared ihm durch die verstrubbelten Haare und schenkte ihm dann eine Tasse Kaffee ein. Aber selbst das half nicht, denn Tomo schlief weiter.

„Warum bist du überhaupt aufgestanden, wenn du noch so müde bist?“ fragte Shannon ihn amüsiert.

„Dein Bruder wollte unbedingt aufstehen und ich sollte mit...“ kam eine genuschelte Antwort zurück.

Shannon hob nur eine Augenbraue und schaute dann zu Jared, der grinsend im Türrahmen stand.

„Ich bin kurz draußen auf der Terrasse.“

Wie fast jeden Morgen, ging Jared für eine Weile nach draußen. Er brauchte ein paar Minuten für sich und genoss die Ruhe. Die Sonne schien und spendete Jared etwas Wärme, als dieser auf die Terrasse trat. Er schloss die Augen und genoss das Gefühl von Wärme und lauschte den Geräuschen der Natur, die langsam zum Leben erwachte. Die Vögel zwitscherten, ein Nachbarshund bellte worauf gleich eine Katze fauchte und Kinderlachen.

Kinderlachen? Er kannte es, aber woher? Verwirrt öffnete er seine Augen und was er sah, lies ihn den Atem stocken. Susan stand gemeinsam mit Lili im Garten und Susan schaute ihn direkt an, während Lili von einer roten Rose im Garten begeistert war.

„Susan...“ Es war nur ein Flüstern, aber es schien als hätte sie ihn gehört, denn ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Es war ein glückliches und friedliches Lächeln. Sie nickte ihm kurz zu, bevor sie Lili, die sie anstrahlte, an die Hand nahm und dann kurz zu Jared schaute und ihm mit einem kindlichen Lächeln zuwinkte. Dann drehten sie ihm den Rücken zu und verblassten vor seinen Augen.

Jared starrte noch Minuten lang auf die Stelle, wo die beiden zuvor gestanden waren. Erst als sich zwei Arme um ihn schlangen und ein kleiner Kuss auf seinen Hals gehaucht wurde, erwachte er aus seiner Starre.

„Geht es dir nicht gut? Du warst so angespannt und du bist so blass!“ besorgt schaute Tomo ihn an.

„Du weinst ja...“ vorsichtig wischte Tomo ihm eine Träne von der Wange.

„Ich... ich bin gerade einfach so glücklich...“ Jared konnte nicht weiterreden, er musste es auch nicht, denn Tomo verschloss seine Lippen mit seinen und küsste ihn liebevoll.

Er war glücklich, die Worte kamen aus tiefsten Herzen. Er hatte endlich seinen Frieden gefunden, genauso wie Susan und Lili.
 

Ende



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von: abgemeldet
2010-12-17T12:19:26+00:00 17.12.2010 13:19
es stört mich gerade dass du noch keine kommis für die story hast, deswegen mach ich dir jetzt einen.

ich bin ja ein riesen-fan von 30 seconds to mars, deswegen war ich so glücklich als ich eine story darüber gefunden habe.

ich find sie einfach toll.
*daumen hoch*

jetzt meine frage... ist das mit der susan wirklich so passiert oder ist das wirklich nur fiktion?

das mit jared und tomo is süüß.


lg und keks da lass
saani


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