Hunted - Gejagt (Arbeitstitel) von Ithii ================================================================================ Prolog: Schulalltag (Chiara) ---------------------------- Es war ein schwüler Tag. Die unangenehm warme, feuchte Luft schlug mir ins Gesicht, als ich eine der beiden Flügeltüren, die auf den Hof führten, öffnete und hinaus trat. Ich seufzte gerade leise über die drückende Hitze, da zog mir jemand kurz und ruckartig hinten an meiner Jacke und ich drehte mich um. Einige der herausströmenden Schüler sahen mich missgelaunt an, weil ich mitten im Weg war. Moira, die hinter mir stand und scheinbar diejenige war, die an meiner Jacke gezogen hatte, starrte wie gebannt auf einen Punkt irgendwo schräg hinter mir. Ich folgte ihrem Blick und sah, dass sie eine Bank anstarrte. “Wa..war das eben... ein Affe?”, stammelte sie, eher verwirrt als ängstlich. “Wo? Ich sehe nichts.”, gab ich zur Antwort. “Chiara, ich schwör dir, da war eben ein kleines Totenkopfäffchen.” Moira drehte ihren Kopf langsam zu mir und sah mich mit großen, faszinierten Augen an. Alles was nur im entferntesten mit Affen, vor allem Totenkopf- und Löwenkopfäffchen, zu tun hatte, liebte und faszinierte sie. Sie war hin und weg von diesen kleinen Primaten. Ich konnte nicht anders, als grinsen und verdrehte kurz die Augen. Ich wusste sehr wohl, dass sie recht haben könnte. Jenen, denen wir noch immer den Weg versperrten, grummelten leise, andere lachten und fingen zu tuscheln an. Sie bewarfen uns mit teils giftigen, teils belustigten Blicken; sie hielten nicht viel von meiner Freundin und mir, denn wir waren in ihren Augen seltsam. Moira und ich gingen auf dieselbe Schule, eigentlich eine Gesamtschule, auf die man von der ersten bis zur zwölften Klasse gehen konnte. Aber irgendwann hatte die Rektorin scheinbar keine Lust mehr, immer neue Lehrer zu suchen, deshalb ging die Schule seit ein paar Jahren ab der fünften los. Wie viele Jahre das genau waren, wusste ich nicht, denn ich zog erst vor zwei Jahren hierher und da war es schon so. Moira und ich gingen nicht nur in dieselbe Schule, wir gingen auch zusammen in eine Klasse. Trotzdem gab es natürlich Kurse, die wir nicht gemeinsam hatten, wie Gesangsunterricht oder Sport. Moira hatte eine hinreisende Gesangsstimme. Ich hingegen war in gewissermaßen ein Ass in Sport und liebte es, meinen Körper beim Geräteturnen in die Luft zu katapultieren und die wildesten Pirouetten oder Saltos zu demonstrieren. Jedesmal landete ich dabei sanft wie eine Katze auf beiden Beinen, das lag mir wohl in den Genen. Man konnte sagen, Moira und ich waren trotz allem Freundinnen, auch wenn wir uns nur im Unterricht sahen. Dennoch passten wir so gar nicht in das übrige Bild dieser Schule. Die meisten hier kamen aus normalen Familien, sahen normal aus und machten normale Dinge. Nicht so wie Moira und meine Wenigkeit. Moira, die ständig irgendwelche grell bunten Klamotten trug, war das komplette Gegenteil von mir und auch von den übrigen Mitschülern, verbrachte ihre Freizeit meistens mit Gedichte schreiben, mit Zeichnen oder ging singend im Wald spazieren. Allein ihr Erscheinungsbild lies so Manchen kichern, mit dem Finger auf sie zeigen und leise über sie herziehen. Und ihre Faszination, kleinen Affen gegenüber, machte es in den Augen unserer Mitschüler nicht besser. Alles in allem war Moira eine recht träumerische Person, die sehr oft irgendwo in die Gegend starrte und ihren Gedanken nachhing, was ihr schon den ein oder anderen bösen Blick eines Lehrers einhandelte. Sie schien es aber nicht zu stören und die Lehrer haben es irgendwann aufgegeben, sie darauf anzusprechen. Denn Moira schrieb trotzdem gute Noten und arbeitete fleißig mit, wenn auch verzögert. Ich hingegen trug am liebsten dunkle, fast schwarze Klamotten. Ich mochte eben die Farbe, sie passte zu mir. Auch wenn ich nicht immer in dieser Stimmung war, die man der Farbe schwarz andichtete, was die meisten von mir dachten, sondern weil es eben zu meinem Wesen passte, zu meiner wahren Natur. Auserdem war ich ein recht fröhlicher Mensch. Ich war, genau wie Moira recht gut in der Schule, schrieb prima Noten und passte meistens auf, was die Lehrer sagten. Und wie es das Schicksal so will, sind solche, die im Unterricht immer aufpassen, Streber und somit sowieso Außenseiter. Aber mir war es egal, ich war sogar froh darüber, dass die Leute aus der Schule mich zum Großteil in Ruhe ließen, dadurch gab es keine eventuellen unangenehmen Fragen. Im Unterricht hörte ich manchmal, wie die “Schulschönheit” Kayli, über meinen Klamotten-geschmack lästerte. Sie sagte zum Beispiel des Öfteren, wenn ich gerade das Klassenzimmer betrat: “Oh, seht mal. Unser Grufti kommt.” Sie sah mich dabei immer mit einem fiesen Grinsen an und dachte wohl, dass es mich stören würde oder dass es mir peinlich wäre. Ich grinste in so einem Moment meistens böse zurück und sagte nur “Hallo Kayli, heute wieder in den Farbeimer gefallen?”, oder ähnliches, was mir den ein oder anderen Lacher einbrachte. Kayli hingegen fand es überhaupt nicht komisch und sah mich mit einem Blick an, der mich wohl töten sollte. Sie drehte sich hinterher immer zu ihren Freundinnen um, was dann meistens ein lautstarkes Lästern über meinen angeblich zu kurzen Rock oder meine zu plumpen Stiefel zur Folge hatte. Ich liebte meine Stiefel, sie waren praktisch und bequem, auch wenn das keiner glauben wollte. Die Stiefel gingen mir fast bis zu den Knien, waren zum schnüren und hatten in den Schuhspitzen Stahlkappen. Sie waren deswegen praktisch, weil man sich nicht wehtat, wenn man aus Wut irgendwo gegen trat, sich stieß oder einem etwas auf den Fuß fiel. Ich packte Moira am Arm und zog sie zu der Bank, an der sie das Äffchen gesehen hatte und lies mich darauf nieder. Moira hingegen setzte sich nicht, wie sonst, neben mich. Sie ging um die Bank herum und starrte suchend in das Gebüsch dahinter. Die feixenden Blicke und Kommentare, die unsere Mitschüler für sie übrig hatten, ignorierte sie gekonnt und fing an, den Busch genauer zu untersuchen, in der Hoffnung, das Äffchen oder eine Spur, die darauf hindeuten würde, zu finden. Mein Kopf, der mir wegen der schwülen Luft so schwer vorkam, ruhte auf der Rückenlehne der Bank und ich beobachtete sie dabei schmunzelnd. “Moira, ich glaub wirklich nicht, dass da ein Affe war. Und wenn doch, dann ist er bestimmt schon lange wieder weg.” “Glaub mir, Chia, da war wirklich einer. Der hat dich sogar angeschaut, fast schon gestarrt hatte er.” Ich rollte grinsend abermals mit den Augen und hob meinen Kopf, genau rechtzeitig um einem Ball, der angeflogen kam, auszuweichen. Moira, die mich kurz angesehen hatte und sich dann wieder dem Busch gewidmet hatte, sah den Ball nicht kommen und wurde an meiner statt am Hintern getroffen. Sie schreckte hoch, hielt sich ihr Gesäß mehr aus Schreck und wirbelte herum, blickte sich dabei suchend nach dem Übeltäter um. Da kam auch schon Mike, ein recht großer, braun gelockter Junge mit strahlend blauen Augen, der eine Klasse unter uns war, auf uns zu und grinste verlegen. Er hatte eine Hand hinter seinen Kopf gehoben und fuhr sich peinlich berührt über den Hinterkopf. “Tut mir leid, der ist mir dann wohl entwischt.”, entschuldigte er sich bei mir. “Sag das ihr, nicht mir. Mich hast du ja nicht erwischt.”, grinste ich und deutete auf Moira, die nach wie vor recht perplex hinter mir stand. Sie musterte Mike kurz, sich scheinbar nicht entscheiden könnend, ob sie ihm böse, oder doch belustigt über die Szenerie sein soll. Mike sah von mir zu Moira und lächelte entschuldigend. “Tut mir leid, Moira.” “Du solltest besser auf deine Bälle aufpassen, die scheinen auf mich zu fliegen, wie die Bienen auf Blumen. Ist schon der dritte diese Woche, der mich trifft.”, grinste Moira und schien sich damit dafür zu entscheiden, belustigt über das ganze zu sein. “Und heute ist erst Mittwoch.”, murmelte ich amüsiert. “Jaah, tut mir wirklich leid.”, sagte Mike noch einmal und lächelte Moira weiter entschuldigend an. Er hatte ein richtig knuffiges Lächeln, wenn ihm etwas peinlich war, das musste man ihm lassen. Moira hob den Ball auf und hielt ihn, über die Bank hinweg, Mike entgegen. Der streckte die Arme aus und nahm ihn an, berührte wie zufällig ihre Hände und ich musste mir ein leises kichern verkneifen. Moira, die leicht rot anlief, grinste Mike verlegen an und kam dann um die Bank herum um sich neben mich zu setzen. Mike winkte uns noch mal kurz zu, verabschiedete sich mit einem “Bis dann” und ging zu seinen Freunden zurück, die anfingen ihn zu ärgern. Ich sah ihm kurz nach, richtete meinen Blick dann auf Moira, die ihm lächelnd etwas länger hinterher starrte. “Da war der Affe wohl vergessen.”, neckte ich sie und kicherte jetzt doch. Sie drehte ihren Kopf zu mir und wurde schon wieder rot. “Du magst ihn. Nicht wahr?”, fragte ich sie jetzt ernster. Moira nickte nur. “Er scheint dich auch zu mögen. Wer schmeißt schon jeden Tag seinen Ball auf ein Mädchen?”, kicherte ich. “Nein, das glaub ich nicht. Er ist doch viel jünger als ich.”, gab Moira fast schon niedergeschlagen zur Antwort und sah auf ihre, im Schoß verschränkten Hände hinab. “Nur ein halbes Jahr, das ist nicht viel.”, verbesserte ich sie. “Vergiss nicht, dass er einmal sitzen geblieben ist.” Moira nickte und sah wieder auf, ihr Blick schweifte noch mal zu Mike und dann zu mir zurück. Sie lächelte mich unsicher an. “Du hast ja recht. Aber trotzdem...”, sie schien nicht so zuversichtlich. “Nichts trotzdem... Geh doch einfach hin und frag ihn, ob er nach der Schule mit dir ins Bistro geht.”, versuchte ich sie aufzumuntern. Das Bistro war ein kleines Restaurant in der Marktstraße, bei dem man nicht nur Pizza und Pasta bekam, sondern auch nett einfach nur etwas trinken konnte. “Nein... Da sind zu viele um ihn herum. Da trau ich mich das nicht.”, gab sie zur Antwort. “Oh,... Die selbstbewusste, vorlaute und nie um eine freche Antwort verlegene Moira wird schwach bei einem Jungen.", ich grinste breit. "Dann frag ich ihn eben.” Ich hatte mich schon halb erhoben, als Moira mich am Arm packte und wieder auf die Bank zog. Sie schüttelte leicht den Kopf. “Keine gute Idee.” “Dann frag ihn das nächste Mal, wenn er dir wieder den Ball an den Hintern wirft.”, ich schmunzelte Moira an. Sie nickte und ihr Blick schweifte schon wieder zu ihm. “Was aber... wenn er den Ball nicht mehr auf mich wirft?”, fragte Moira langsam. “Dann musst du über deinen Schatten hüpfen und zu ihm hingehen.”, lächelte ich sie an und versuchte sie weiter aufzumuntern. Moira sah weiterhin zu Mike, sie schien nachzudenken. Auch meine Gedanken schweiften etwas ab. Ich fragte mich, was der Affe hier auf dem Schulhof wollte. Normalerweise zeigte Monkey sich nicht so in der Öffentlichkeit. Ich nahm mir vor, sie nachher, wenn ich zuhause war, zur Rede zustellen. Wir durften schließlich nicht bemerkt werden. Ich grübelte gerade darüber nach, dass es ja eigentlich nicht ihre Art war, sich so zu “präsentieren”, als Moira mich an die Schulter stupste. “Er kommt her.”, sie flüsterte, klang leicht hysterisch und zog zweimal kurz an meinem Jackenärmel. “Wer?”, fragte ich und sah mich um. Fast im selben Moment sah ich Mike, wie er grinsend in unsere Richtung kam. Plötzlich wurde er von einem seiner Freunde geschubst, sodass er gleich aus seiner Bahn geworfen wurde. Er lachte und boxte seinem Kumpel mehrmals gegen den Oberarm. Dann sagte er etwas zu demjenigen, der daraufhin breit grinste und ihn kurz gegen die Schulter knuffte, und ging weiter in unsere Richtung. Mike blieb vor uns stehen und lächelte Moira an, die daraufhin abermals leicht rot wurde und zurück lächelte. “Moira? Willst du... heute Abend mit mir ins... Bistro gehen?”, fragte Mike langsam. Moira sah ihn überrascht an, hob eine Braue. “Ist das dein Ernst?”, fragte sie zurück. Mike nickte. “Natürlich. Wieso auch nicht?” “Na ja, weil...”, ich trat ihr unbemerkt auf den Fuß, ehe sie ausreden konnte. “Weil...?”, hackte Mike nach. Moira errötete etwas mehr und sah auf ihre Hände. “Ach schon gut. Ich würde gern mit dir ins Bistro gehen.” Sie sah auf zu ihm und lächelte ihn an. “Sehr gut. Wann hast du denn Zeit?”, fragte er. "Gegen sieben? Ist das okay?", stellte Moira eine Gegenfrage. Mike nickte lächelnd. "Dann bis heute Abend." Er winkte kurz, verabschiedete sich von mir mit einem weiteren "Bis dann" und verschwand wieder zu seinen Freunden. Ich sah ihm nach und drehte dann langsam, mit überrascht geöffnetem Mund, meinen Kopf zu Moira um, strahlte sie erfreut an. “Das ist so toll. Ich freu mich für dich.”, sagte ich. Moira selbst strahlte, als würde sie der Sonne Konkurrenz machen wollen, sie nickte leicht. “Ja, da hat sich das mit dem “über den Schatten springen” wohl erledigt.”, grinste sie. In dem Moment klingelte es zum Ende der Pause und der Hof leerte sich langsam. Moira und ich blieben noch sitzen, bis die meisten im Gebäude waren und machten uns dann ebenfalls auf den Weg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)