Traumland. von Deryan (in den Hauptrollen: Rose & Scorpius) ================================================================================ Kapitel 6: G e w i t t e r z a u b e r -------------------------------------- ... & beide erlagen dem Z a u b e r. Hier, in Paris. Der Gentleman in dem pechschwarzen Smoking erkannte sie auf den ersten Blick. Regungslos verharrte er, starrte sie für Herzklänge einfach nur an. Sie war traumhaft schön. Eigentlich wie immer. Bemalte Lippen berührten das Weinglas, nippten an der süßen Köstlichkeit und hinterließen einen verräterischen Farbtupfer, bestehend aus einem verblassten Rotton ihres Lippenstifts. Das rabenschwarze Cocktailkleid mit dem Herzausschnitt und der roten Schleife um die Taille machten sie zur puren Versuchung. Und doch saß das Fräulein mit den kurzen Locken, ohne Begleitung eines Gentleman, auf einem gepolsterten Hocker in einer fast menschenleeren Bar und hörte der unbekannten Jazzband zu, die das nächste Lied einstimmte. Rose Weasley bemerkte jenen Gentleman nicht, der sich galant neben sie setzte; nur Zentimeter von einer hauchfeinen Berührung entfernt – typisch sie. Und untypisch er, dass er reglos dasaß, sie nicht an der nackten Schulter berührte und stattdessen einfach das wunderbare Gefühl ihrer Nähe genoss. Es war wundervoll. Irgendwann, da verstummten die Instrumente gänzlich, hinterließen jedoch eine Magie in der Luft; verursacht durch das raffinierte Spiel der Musiker. Die pure Verführung widmete sich wieder, mit einem träumerischen Lächeln auf den roten Lippen und mit leuchtenden Augen, ihrer Elfenschorle zu. Sie sah ihn nicht, bemerkte ihn einfach nicht. Es war frustrierend und verärgerte ihn, aber nur ein wenig, ein klitzekleines bisschen, vielleicht. Nun, wahrheitsgemäß kratzte die Tatsache gewaltig an seinem übermäßigen Ego. Schätze: 1 zu 0 für sie. Der Gentleman räusperte sich und seine dunkle Stimme besaß einen eitlen Klang: »Es sind jetzt genau 15. Minuten, in denen du meine Anwesenheit noch immer nicht bemerkt hast. Irgendetwas muss sich in den letzten Monaten an meiner Ausstrahlung verändert haben.« Rose Weasley erschrak augenblicklich, was ihm keines Falls entging. Ihre braun-grünen Augen wandten sich überrascht und verwirrt und erschreckt zur Seite, direkt in sein gespielt beleidigtes Gesicht. Und das dumme, dumme Herz begann bei der Erkenntnis über die wahre Identität des vermeintlich Fremden eine Melodie voller Freude und Glück zu spielen. »Scorpius.« Die Stimme klang hauchdünn. »Deine Haare sind kurz.«, war sein knapper Kommentar gewesen. Es stand ihr gut. Seine Hand erhob sich, signalisierte dem schlaksigen Barkeeper, dass er etwas bestellen wollte – einen feuerroten Salamander. Rose lächelte, aber zaghaft. Es erweckte beinahe den Eindruck von Schüchternheit. »Ich dachte, dass es endlich Zeit für eine Veränderung wäre.«, gestand sie nach einigen Herzklängen und fasste sich unwillkürlich an die kurzen Locken. »Und was ist Ihre Ausrede, Mister Malfoy? Ich könnte meinen, dass Ihre Haare letzten Sommer kürzer waren.« Und doch stand es ihm gut. »Was soll ich sagen?« Seine silbergrauen Augen wandten sich ihr zu und Rose stockte der Atem. »Es war Zeit für eine Veränderung.« Und seine Hand berührte das Glas. Bevor seine Lippen jedoch die feurige Flüssigkeit schmecken konnten, prostete er ihr zu. Rose erwiderte die stumme Geste mit einem Kribbeln im Bauch und nippte darauf an ihrer halbvollen Elfenschorle. Mist, Mist, Mist. Mist. Es waren die selben verräterischen Symptome wie vor Monaten zuvor. Die selben scheußlichen Gefühlsausbrüche wie Herzklopfen, Nervosität und eine starke Zuneigung mit denen Rose Weasley fortan zu kämpfen hatte – selbstverständlich im Stillen und nichts weiter und nichts mehr. Und wie erschütternd es doch für Mister Malfoy sein musste, niemals, wirklich niemals, die wahren Gefühle seiner einst Herzallerliebsten zu erfahren. Nicht zu wissen, dass alleine seine Gegenwart Rose auf einen innerlichen Höhenflug brachte oder dass seine Augen die reine Seelenfreude für die junge Frau bedeuteten oder dass ihr Herz, selbst nach all der verstrichenen Zeit, im lieblichen Rhythmus tanzte und nur für ihn. Wie erschütternd und missbilligend das Bekenntnis, um ihrer romantischen Gefühle, doch für Miss Weasley sein musste. Und trotzdem: Es war Liebe. Glühende und aufrichtige Liebe. Noch immer. Rose biss sich auf die bemalte Unterlippe. Sie hatte damals den falschen Bräutigam erwählt, eindeutig. Und Scorpius hatte sie aufgegeben, die unumstrittene Tatsache realisiert und akzeptiert, dass ihre Wahl nicht er, sondern ein Lord mit all den Ambitionen eines Lords war. Einfach ausgedrückt: ein reicher und verzogener Dandy mit dem Hang zum Theatralischem. Demnach ihrer unwürdig, aber was scherte schon die Meinung eines Verflossenen? Scorpius hatte Rose verloren, obwohl er sie nie wirklich sein nennen konnte. »Bist du glücklich?«, fragte er irgendwann mit Ausdruckslosigkeit in der Stimme und den stumpfen Augen, die schier geradeaus blickten. Scorpius trank den letzten, großzügigen Schluck seines feuerroten Salamanders. Verursacht durch den Alkohol, brannte seine Kehle für verwerfliche Sekunden, jedoch ignorierte er den bekannten Schmerz, konzentrierte sich stattdessen ganz auf Rose, die bei seiner gestellten Frage leicht aufzuckte. Wie unfair von ihm. Da stellte er doch tatsächlich die selbe Frage wie vor Monaten zuvor. Und auch dieses Mal zerriss es Rose beinahe das Herz, wenn sie an die klägliche Antwort dachte, die auf ihrer Zunge lag. Natürlich war sie unglücklich. Wie sollte sie auch auf die pure Glückseligkeit treffen, wenn die Einzige in diesen traumhaften Augenblick neben ihr saß und es Rose den bloßen Schicksalsfäden zu verdanken hatte, dass sie sich in einem fremden Land, hier in einer fremden Stadt namens Paris wieder trafen? »Ich denke schon.« Rose war ein Dummkopf und die Antwort verdiente eine schallende Ohrfeige. Die Tatsache war der Dame in Schwarz durchaus bewusst, jedoch nicht ihm, der sich nie mit der scheußlichen Realität anfreunden konnte, dass Rose Weasley im puren Glück badete – ohne, dass er Teil darin haben durfte. »Was ist mit dir? Bist du glücklich?« Nein und Du bist der Grund dafür. Aber was scherte Rose die wahrheitsgetreue Antwort, die in seinem Kopf kreiste? Er hatte ihr das Kostbarste geschenkt, was er besaß, nämlich sein vernarbtes Herz. Und Rose Weasley konnte der süßen Versuchung einfach nicht widerstehen und gravierte mit der Spitze eines Dolchs noch tiefere Narben hinein. Welch Ironie. Über Scorpius' Lippen kam keine Antwort. Vielleicht lag es an der plötzlichen Überrumpelung, dem er zu Teil wurde? Die schlanken Arme der vermeidlich fremden Wohlgestalt schmiegten sich viel zu besitzergreifend um seinen Hals, raubten Scorpius beinahe den Atem und sorgten gleichzeitig für das pure Entsetzten in Rose. »Darling, ich habe dich schon überall gesucht!« Die melodische Stimme klang leicht verärgert und doch gewährten die rot bemalten Lippen das betörende Lächeln, welches schon unzählige Kavaliere auf rosarote Wolken geleitet hatte. Eingeschüchtert von dem dargebotenen Anblick, schluckte Rose und sah sich im selben Augenblick mit einem nagenden Gedanken konfrontiert, der sich fragte, ob die Wohlgestalt eines seiner unbedeutenden Liebchen war oder aber die Eine, die sein Herz fest in beiden Händen hielt. Rose wusste nicht, welcher der beiden Möglichkeiten unbehaglicher war; []ein Liebchen oder gar die Eine. Und doch bildeten sie den einen wichtigen Grund, der letztlich Rose zu der Einsicht führte, dass sie ein abgeschriebenes Herzblatt, eine alte Flamme in seinem Leben war und nichts anderes. Das Gefühl, verursacht durch dieses Wissen, beherbergte tiefen Schmerz, aber auch Kränkung und Wut über ihn und seine wunderhübsche Begleitung. »Du wolltest mit mir tanzen.« Die Dame in dem grasgrünen Kleid und dem langen, goldenen Haar lockerte nur widerstrebend die einseitige Umarmung. Dabei streiften ihre blauen Augen, die an Saphire erinnerten, flüchtig Rose. Die abschätzige Musterung bedurfte bloße Sekunden, dann schenkte sie ihre Aufmerksamkeit, die ohnehin niemals verloren gegangen war, wieder Scorpius. Ihre Hände verharrten dabei demonstrativ auf seinen Schultern – ein stummer Besitzanspruch, der Rose bedauerlicherweise nicht gleichgültig war. Verdammt. Mit wild klopfendem Herzen musste Rose feststellen, dass ihr das Verhältnis der beiden von äußerster Wichtigkeit war. Um Himmelswillen. Sie wollte mit Dringlichkeit erfahren, ob Scorpius die Schönheit mit gleicher Leidenschaft küsste wie sie vor langer, langer Zeit oder ob er ihr sein Herz öffnete oder ob er sie wie eine Seltenheit behandelte. Verdammt, verdammt, verdammt. Verdammt. Rose Weasley war eifersüchtig. Himmel, sie war wirklich eifersüchtig und gönnte Scorpius das bisschen Glück nicht. »Und du siehst doch, dass ich mich gerade unterhalte.« Schroffer und feindseliger konnte die Antwort von Scorpius Hyperion Malfoy einfach nicht sein, zeigte es doch einmal mehr, die typische Scorpius' Etikette: der unnahbare und gereizte, schwarze Ritter von Welt. »Aber du hast es mir versprochen!«, erinnerte ihn die Wohlgestalt aufgebracht. Ihre Fingerspitzen krallten sich in seinen teuren Anzug und rüttelten kräftig daran – wie ein verzogenes Kind, das um ihren Lolli flehte. Scorpius unterdrückte ein Stöhnen. Nach einigen Herzklängen nahm er ihre Hände in seine und antwortete in einem eisigen Tonfall: »Du kannst schon mal vorausgehen. Ich komme gleich nach.« Danach ließ er die zarte Haut endgültig los und widmete sich wieder Rose zu, dessen einzige Rolle in der Kontroverse darauf beruhte, lediglich ein stummer Beobachter zu sein. Bedauernd stellte der Malfoy fest, dass sie ihrer Köstlichkeit mehr Beachtung schenkte, als ihm. Genauso bedauernswert war aber auch die Erkenntnis seiner bildhübschen Begleitung, dass ihr Begleiter der unbekannten Dame mehr Beachtung gewährte, als ihr selbst. Mit beleidigtem Antlitz rauschte sie an Scorpius und Rose vorbei. Welch Ungeheuerlichkeit, welch Schuft er doch war! Obwohl Scorpius Rose seine ganze Aufmerksamkeit schenkte, fiel ihm es nicht auf. Er hätte es sehen müssen, war es doch so erkennbar, so offensichtlich. Der Malfoy-Spross entpuppte sich jedoch als ein blinder Narr, der nicht sehen wollte, und Rose als Dummkopf, weil sie die Güte einer Aufklärung nicht besaß. »Du solltest ihr nachgehen.«, riet sie ihm irgendwann, zwischen Nachdenken und Grübelei, gereizt, »Ansonsten läufst du noch Gefahr, dass dich deine Begleitung stehen lässt.« Einen Augenblick lang verharrte Scorpius, ehe seine Lippen ein hauchfeines Schmunzeln gewährten. »Etwa eifersüchtig auf mein Rendezvous, Weaselbee?« Da war diese vertraute Arroganz und die Überheblichkeit in seiner Stimme, die Rose geradezu herausforderten – genauso wie früher. Die junge Hexe lachte kalt auf. »Träum weiter, Malfoy.« Rose erhob die rechte Hand, um ein neues Gläschen Elfenschorle zu ordern. Und dann bemerkte Scorpius es. Es stach ihm förmlich ins Auge, machte ihn für Herzklänge sprachlos. Er blinzelte einmal, dann ein zweites Mal ungläubig und noch ein drittes Mal, bevor er Rose unerwartet und unsanft zugleich am rechten Handgelenk packte. Seine Augen starrten fassungslos auf ihre Finger. Kein Ehering – irgendwo in ihm sang es. »Wieso trägst du keinen Ehering?« Seine Augen schienen ihre zu durchbohren. Rose stockte augenblicklich der Atem und das Herz, es tobte, vergleichbar mit einem Orkan. »Ich-« Da war dieser eine Moment, diese eine lächerliche Sekunde, in der Rose ihm jenen Grund zu flüstern, ihm aus tiefstem Herzen die Wahrheit beichten wollte, jedoch verpulverte der Drang ganz plötzlich, als die nunmehr bekannte Stimme von vorhin ertönte und Rose wieder in dem Glauben gefangen war, dass sie für Scorpius lediglich ein abgeschriebenes Herzblatt war. Mit jedem weiteren Herzschlag wich Rose' Mut – die junge Hexe macht einen Rückzieher. Sie war ein Feigling. »Du solltest endlich zu deinem Liebchen gehen.« Jener Hasenherz entriss sich aus dem Griff und erhob sich vom Stuhl. Scorpius tat es ihr gleich, stellte sich uncharmant vor sie, so dass eine Flucht vor ihm unmöglich war. »Du hast meine Frage nicht beantwortet. Wieso trägst du keinen Ehering?« »Kann dir doch egal sein!«, antwortete Rose schroff und machte einen schnellen Schritt nach rechts, um an ihm vorbeimarschieren zu können. Geschickt trat Scorpius' einen nach links. Rose entwich ein Grummeln. »Würdest du die Güte besitzen und mich vorbeilassen?« »Erst, wenn du mir verrätst, wieso du keinen Ring an deinem Finger trägst.« Typisch er, der niemals für seine Geduld bekannt war und typisch sie, die es verstand ihn in Qual zu versetzen in dem sie ihm das Gewünschte verweigerte. Keine Frage: es machte ihn rasend. Keine Frage: ihr Schweigen verärgerte ihn zutiefst. Keine Frage: jene Unwissenheit war Grund für das Ballen seiner Hände zu Fäuste, aber auch nur für einen kläglichen Gedankengang. Die Fäuste erschlafften wider und das Antlitz veränderte sich schlagartig, ähnelte wieder jenem jungen Mann, der für seine Kaltherzigkeit berühmt war. Scorpius hasste sich aus tiefster Seele dafür und doch konnte er die folgenden Worte nicht kontrollieren: »Lass mich raten, Möpschen: Dein Tölpel von Verlobter hat dich endlich durchschaut und ist, wie jeder klardenkende Zauberer, vor dir weggelaufen?!« Rose, die es strikt vermied ihn bis dahin anzusehen, schleuderte fassungslos ihre braun-grünen Augen hoch, direkt in sein arrogantes Gesicht. »Du bist schrecklich!« Zu leugnen, dass ihre Fingerspitzen verräterisch kribbelten, um ihm eine Ohrfeige zu verpassen, wäre undenklich gewesen. »Und du bist fett.« Gelogen, Monsieur. Aber das wusste er doch. »Scorpius!« Da war sie wieder – diese nervige Stimme der blonden Schönheit in Grün. Rose blickte zur Seite und erkannte die junge Frau am Rande der Tanzfläche wartend und mit wütendem Antlitz. »Deine Begleitung scheint schon vor Wut zu Glühen.«, meinte Rose nebensächlich, »Du solltest zu ihr gehen und mich endlich in Ruhe lassen.« Jedoch wurde sie, zu ihrem Bedauern, schlicht von Scorpius ignoriert. Gab es doch Wesentlicheres, viel mehr Wichtigeres zu besprechen, als der Gemütszustand einer Verflossenen, welche er an diesem Abend zufällig traf. »Wiesel, Wiesel«, tadelte er nach einem raschen Blick zur blonden Wohlgestalt, »Sei doch froh, dass dir überhaupt ein Mann Aufmerksamkeit schenkt. Wie uns doch beiden bekannt ist, hält es niemand auch nur drei Wochen in deiner Gegenwart aus.« Rose schnappte daraufhin aufgebracht nach Luft. Ach ja: 1 zu 1 – der Ausgleich. »Wenn du es unbedingt wissen willst, Malfoy« Eine kurze Pause, die Stimme triefte vor Verachtung und das Adrenalin pulsierte in ihrem Körper, »ich war es, die ihn verlassen hat und nicht umgekehrt.« Das wusste er doch, aber anders, als mit unfreundlichen Worten, wusste er sich nicht zu helfen. Er war ein Narr und das Offenbaren von Gefühlen fiel ihm schwer – noch immer. »Warum?«, fragte er ohne verräterische Emotionen zu offenbaren. »Seit wann sind die dir meine Beweggründe so wichtig? Ich war dir doch schon immer egal.« Das Fräulein in dem pechschwarzen Kleid biss sich auf die bemalte Unterlippe und die Augen füllten sich mit Tränen. Dies war der Grund, weshalb Rose ihren Blick senkte. Scorpius entging es nicht. Ihm entging es auch nicht, als sie einen weiteren Schritt ansetzte, wohlgemerkt es war der klägliche Versuch die Flucht vor ihm zu ergreifen, jedoch schlug dieser Fehl, da sich seine Finger, dieses Mal jedoch mit bedachter Sanftheit, um ihren nackten Arm schlangen. Es war eine stumme Bitte bei ihm zu bleiben, die Rose kraftlos gewährte. »Das stimmt doch nicht.«, flüsterte er beinahe und ignorierte dabei die lange, weißblonde Strähne, die ungeniert auf sein Gesicht fiel. Seine freie Hand berührte federleicht Rose' gerötete Wange. Himmel, er liebte diese Frau so unsagbar innig. Rose schloss die Lider und erlaubte sich, seine hauchfeine Berührung zu genießen, aber nur dieses eine Mal und auch nur für einige Herzklänge, bis sie wieder die Kraft fand, um sich der Intimität zu entziehen. Es war ein schweres Unterfangen, da auch das zarte Herz bei Scorpius' gehauchter Beichte zu Karamell zerschmolz. Und dann vergingen die Sekunden, fühlten sich wie eine stumme Ewigkeit an, bis die Unendlichkeit eine unerfreuliche Bekanntschaft mit der Wirklichkeit machte. Es verbreitete sich wie ein Lauffeuer, der Rose gnadenlos erkennen ließ, welchen Status sie neben ihm genoss – das abgeschriebene Herzblatt. Rose befreite sich rasch von der wahr gewordenen Versuchung. Nur widerstrebend ließ es Scorpius zu. »Scorpius Hyperion Malfoy!« Da war wieder der blonde Engel in Grün, der mit stampfenden Schritten und unakzeptablen Manieren, die darauf zurückführten, dass sie Scorpius' Namen förmlich kreischte und somit die Aufmerksamkeit von fremden Augenpaaren ergatterte, auf beide zukam. Einen halben Meter vor ihm blieb sie stehen und streckte demonstrativ ihren Zeigefinger aus. »Was fällt dir ein mich, Lisa Ekdahl, wie deinen verdammten Fußabtreter zu behandeln?! « Miss Lisa Ekdahl, angesehene Primadonna Frankreichs, war erregt, keine Frage, aber auch wütend und gedemütigt und doch schien das Interesse von Scorpius Hyperion Malfoy damit nicht erweckt. Nein. Er ignorierte sie schlicht, was durchaus zu seinen offenkundigen Talenten gehörte, und beglückte dafür Rose mit seiner ganzen Aufmerksamkeit. »Warum hast du Ascot nicht geheiratet?«, drängte er wieder zu wissen. »Scorpius!« »Verrate es mir, Rose.« »Ich warne dich. Behandle mich nicht wie Luft!« Und Rose Weasley rutschte dummerweise die Antwort aller Antworten heraus, nämlich die Wahrheit: »Wegen dir!« Und selbstverständlich war das Bereuen ihrer Worte groß, aber erst nach ein, zwei, drei Herzklänge, die sie zum Realisieren ihrer Dummheit benötigte. Rose' Augen weiteten sich augenblicklich und ihre mit Rouge geschminkten Wangen färbten sich Erdbeerrot, verdeutlichten die pure Fassungslosigkeit einmal mehr, die in ihr herrschte. »Was hast du gesagt?«, krächzte er atemlos hervor. Was interessierte ihn schon der Klang seiner Stimme, die stets gefasst und sachlich und sicher war, in diesem unglaublichen Augenblick, wenn die Seele in purer Freude badete und irgendwo in ihm ein Orchester zu spielen begann? In Scorpius herrschte pures Entzücken, was man von Rose nicht behaupten konnte. Die junge Dame von Welt fühlte sich elend und verletzlich und sie wünschte sich an einem anderen Ort zu sein – irgendwo, nur nicht in seiner Nähe, die gefühlsmäßig ihr Untergang bedeutete. Mit wild klopfendem Herzen und roten Wangen, straffte sie ihre Schultern und versuchte einen emotionslosen Gesichtsausdruck aufzusetzen, welches gnadenlos misslang, weil Rose Weasley schon immer zu den schlechtesten Bühnenkünstler gehörte, die jemals das Zauberland erreichten. »Vergiss, was ich eben gesagt habe!«, platzte Rose noch verzweifelt heraus, bevor sie eilig an ihm vorbei lief, ohne, dass Scorpius' Finger sie ein weiteres Mal aufhielten. Sein Zögern bedurfte lediglich ein paar Atemzüge. Ein paar Atemzüge, in denen seine silbergrauen Augen Rose folgten, sahen, wie sie in der plötzlichen Menschenmenge verschwand und dann folgte er ihr instinktiv – verließ Lisa Ekdahl, die bezaubernde Primadonna, und Albus Severus Potter, der irgendwo an einem Tisch saß und sein Elend in Alkohol ertränkte, und er verließ Richard Zabini, dem ungewollten Seelentröster in dieser Herbstnacht. Seine Füße trieben ihn aus der Bar, direkt in die erleuchteten Straßen von Paris. Scorpius' Augen huschten hin und her, suchten hartnäckig nach der vertrauten Gestalt und fanden sie auf den zweiten Blick die Seitenstraße hinaufgehen. Er rannte Rose nach, ignorierte dabei die ersten, kalten Regentropfen, die auf sein Gesicht fielen. Rose stolperte und fluchte nicht gerade damenhaft. Ein weiterer nicht damenhafter Fluch entwich ihrer Kehle, als sie an die Blamage in der Bar zurückdachte. Nun kannte Scorpius endgültig ihre Gefühlswelt. Wusste, wie sie empfand, welcher Mann in ihrem Herzen verweilte – verdammt, verdammt, verdammt! Rose schloss die Augen und schaute gen Nachthimmel. Regentropfen fielen auf ihre Haut. »Rose Weasley, du bist ein Feigling.« Ihre Augen öffneten sich abrupt und der Körper erstarrte, als sie Scorpius' Stimme erkannte. Der Himmel schenkte dem Land einen Donner. Gleich darauf verwandelte sich der Nieselregen in ein Unwetter. Es interessierte Rose nicht. Es interessierte Scorpius nicht. Widerstrebend drehte sie sich um. Da stand er, vielleicht drei Meter von ihr entfernt. Regungslos und triefnass, genauso wie sie. Ihr armes Herz machte einen heftigen Sprung. »Besser ein Feigling zu sein, als ein Narr.«, antwortete sie ihm und zuckte kurz zusammen, als der bedeckte Himmel ein weiteres Krachen offenbarte. »Aber Feiglinge leben nicht wirklich, weil sie nicht den Mut finden ihre Ängste zu überwinden. Ganz anders, als Narren.« Rose erwiderte nichts, weil sie einfach nicht konnte, weil der Verstand aussetzte und die Zunge wie gelähmt war. Er hatte ja recht. Der Regen fiel auf sie herab, verwischte den Lidschatten und ruinierte die Lockenpracht auf ihrem Haupt. Sie wies bestimmt große Ähnlichkeit mit einer Schreckschraube auf und doch war sie in Scorpius' Augen seine wundervolle Schreckschraube. Er lächelte. »Sei kein Feigling mehr, Rose, und stell dich endlich den Tatsachen!« Scorpius ging auf sie zu, blieb einen halben Meter von ihr entfernt stehen. »Du liebst mich. Nur mich und-« Er zögerte, aber nur für den Hauch einer Sekunde. Scorpius schluckte seinen Speichel herunter, bevor er ihr das erste Mal die Worte aller Worte beichtete. »ich liebe dich auch.« Und so wurden die letzten Schritte überwunden und Scorpius fand Rose in seinen Armen wider. Seine Lippen streiften ihre, der Regen perlte weiter auf sie herab in dieser wundervollen Nacht. . . Das Leben ist ein Märchen – es erzählt die Geschichte zweier Narren. E N D E Nachwort: An dieser Stelle möchte ich mich für eure Reviews und das Favorisieren bedanken! ♥ Dieses Projekt sollte einfach ein Märchen von zwei Narren erzählen, die sich zwar unsagbar innig liebten, jedoch den Mut nicht fanden zu dieser Liebe zu stehen. Ich hoffe, dass ich es verdeutlichen konnte mit den wenigen One-Shots/Kapiteln – besonders hier möchte ich noch einmal erwähnen, dass keine chronologische Ordnung vorliegt und zwischen den Kapiteln, vielleicht mehrere Zeitspannen liegen. Ich weiß gar nicht, was ich noch schreiben könnte, außer vielleicht, dass dieses Projekt eine kleine Freude war, die mir half, eine etwas andere Schreibart auszuprobieren. Am Rande noch erwähnt: der Name des Charakters Lisa Ekdahl entspringt der Wirklichkeit. Alles liebe Deryan Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)