Office Mein von elfogadunk (Im Büro) ================================================================================ Kapitel 18: Anjalis Freund -------------------------- Anjali lag die halbe Nacht wach, um ein wenig Ordnung in ihre völlig verworrenen Gedanken und Gefühle zu bringen. Ihr kam es vor, als ob nach diesem Abend – und vor allem nach Rahuls Kuss im Restaurant – plötzlich alles Kopf stand. Sie mochte Rahul immer noch nicht, aber wenn sie daran dachte, wie sanft und gleichzeitig fordernd seine Lippen ihre bedeckt hatten, spürte sie dasselbe Kribbeln wie sie es zuvor bei Harish empfunden hatte. Und die einzige Erklärung, die sie dafür fand, war, dass es ihr gefiel, wenn er sie küsste. Sie hasste es, sich das eingestehen zu müssen, doch es hatte keinen Sinn, es weiterhin zu leugnen. Was sie mit dieser Erkenntnis nun allerdings anfangen sollte, wusste sie auch nicht. Im Gegenteil: Sie machte alles nur noch komplizierter. Seufzend warf Anjali sich von einer Seite des Bettes auf die andere. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was sie jetzt tun und wie es weitergehen sollte. Ihr würde wohl oder übel nichts anderes übrig bleiben, als abzuwarten und alles auf sich zukommen zu lassen. Der nächste Tag begann damit, dass Anjali eine Notiz auf ihrem Schreibtisch fand, dass Rahul bis zum späten Nachmittag unterwegs sein würde. Sie war erleichtert, denn so hatte sie wenigstens noch ein wenig Zeit, um in Ruhe an dem Projekt weiterzuarbeiten, ohne sich über Rahul Gedanken machen zu müssen. Die Stunden vergingen allerdings wie im Fluge und so war Rahul auch schneller wieder da, als Anjali gehofft hatte. Zu ihrer Überraschung begrüßte er sie jedoch nur kurz angebunden und setzte sich anschließend ohne ein weiteres Wort zu ihr an den Tisch, um ebenfalls seine Arbeit wieder aufzunehmen. Es dauerte eine halbe Stunde – in der Anjali das Gefühl hatte, mit jeder Minute angespannter und unkonzentrierter zu werden – bis Rahul ein Gespräch begann. „Willst du wissen, worüber ich mir heute den ganzen Tag Gedanken gemacht habe?“, fragte er eher rhetorisch. „Nur, wenn es um das Projekt geht.“, entgegnete Anjali uninteressiert und schaute nicht einmal von dem Ordner auf, den die gerade durcharbeitete. „Ich habe mich gefragt, wie wohl unsere Hochzeit sein wird.“, erzählte er und ignorierte ihre Antwort dabei völlig. „Nur wir zwei und unsere engsten Verwandte und Freunde oder eine riesige Feier mit hunderten von Gästen...? Was meinst du?“ Anjali hob den Kopf und schaute ihn völlig entgeistert an. „Bitte... Bitte was??!“ brachte sie mit halb offenem Mund hervor. „Ich denke, eine große Feier wäre angebrachter. Ich bin schließlich der Manager eines riesigen Hotels.“, stellte er fest und redete weiter ohne Anjali auch nur die geringste Beachtung zu schenken. „Und mit dir als meine Braut ist es doch selbstverständlich, dass ich der ganzen Welt zeige, dass ich heirate...“ Ein Lächeln umspielte seine Lippen und sein in die Ferne schweifender Blick zeigte, dass er sich die ganze Szenerie wohl gerade ganz genau ausmalte. „Mister Khanna! Wovon reden Sie da bitte?! Das...“, begann sie und konnte dabei nicht verhindern, dass ihr die Röte ins Gesicht schoss. Was war denn nun plötzlich in ihn gefahren? „Nicht doch. Du musst doch nicht rot werden. Spar dir das lieber für unsere Hochzeitsnacht auf...“, meinte er daraufhin mit einem schelmischen Grinsen und brachte Anjali damit zum Platzen. „Ich weiß nicht, was das nun schon wieder für ein dummer Scherz sein soll, aber ich finde das wirklich überhaupt nicht komisch!“, fuhr sie ihn an und stand mit einem Ruck auf. „Scherz? Das ist kein Scherz.“, entgegnete Rahul und schaute sie verwundert an. „Du meintest gestern Abend zu mir, dass du Angst hast, dass ich dir nur rumkriegen will. Und um dir zu beweisen, dass ich es ernst meine...“ „... reden Sie von Heirat?!“, fiel sie ihm aufgebracht ins Wort. „Das ist eine verdammt große Sache, mit der man nicht solche dummen Späße treiben sollte. Immer wenn ich denke, Sie können nicht noch schlimmer sein, beweisen Sie mir das Gegenteil. Sie sind wirklich unglaublich!“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging festen Schrittes Richtung Tür. Rahul folgte ihr. „Anjali, ich verstehe dich nicht. Ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht und ich bin mir wirklich sicher, dass...“ „... Sie mich heiraten wollen?! Dass ich nicht lache.“, entgegnete sie spitz und machte mit einem heftigen Ruck die Tür auf. Und mit einem Mal stand plötzlich Harish vor ihr. „Hi!“, meinte Harish lächelnd, während Anjali versuchte, ihre Gesichtszüge vor Überraschung nicht entgleiten zu lassen. „Hi! ... Was… Was machst du denn hier?“, brachte sie schließlich in dem Bestreben heraus, möglichst ungezwungen zu klingen. „Ich wollte dich überraschen. Deine Freundin an der Rezeption meinte, ich kann einfach durchgehen. Ich hoffe, ich störe nicht...?“, antwortete er und warf eine fragenden Blick zwischen ihr und Rahul hin und her. „Nein, nein, keine Angst. Ich wollte sowieso gerade gehen.“, meinte sie daraufhin hastig und machte einen Schritt nach vorn, sodass sie neben ihm stand. „Ähm... Das hier ist übrigens mein Chef. Mister Khanna.“, stellte sie Rahul anstandshalber vor und deutete mit einer kurzen Geste in seine Richtung. Die beiden Männer gaben sich daraufhin die Hand. „Und das ist Harish. Er ist...“, begann sie an Rahul gewandt, doch Harish unterbrach sie. „Ich bin ihr Freund.“, meinte er lächelnd und ließ damit unbewusst den bisher so überlegenen Ausdruck in Rahuls Augen verschwinden. Auch Anjali war für einen kurzen Augenblick perplex. Hatte er gerade wirklich gesagt, dass er ihr Freund war? Und meinte er es vor allem so, wie es klang? Schnell warf sie einen Blick auf Rahul und konnte sofort sehen, wie es in ihm brodelte. Harish schien das jedoch nicht aufzufallen, denn er drehte sich zu Anjali um und fragte: „Wollen wir uns dann auf den Weg machen? Ich habe ein indisches Geschäft entdeckt, dass diese Ladoos verkauft, die du so liebst.“ Anjali zögerte Rahul ansehend einen kurzen Moment, willigte dann jedoch ein und verließ nach einer flüchtigen Verabschiedung mit Harish das Büro. Rahul stand jedoch da wie versteinert. Dieser Bursche war tatsächlich ihr Freund? Er konnte es nicht fassen. Was fand Anjali nur an ihm? Er hatte einen furchtbaren indischen Dialekt und sein jugendliches Gesicht ließ ihn viel jünger wirken, als er in Wirklichkeit wahrscheinlich war. Anjali konnte doch nicht allen Ernstes einen so schlechten Geschmack haben. Wenn Rahul nur daran dachte, dass dieser Kerl – im Gegensatz zu ihm selbst – sie berühren und küssen durfte ohne sofort eine Ohrfeige zu kassieren, hätte er an die Decke gehen können. Doch so einfach wollte er sich nicht geschlagen geben. Anjali war in seinen Augen perfekt für ihn und so einfach und kampflos würde er sie keinem anderen überlassen. Schnaufend drehte er sich um und ging zurück in sein Büro. Er brauchte Ablenkung, denn die Vorstellung, wie Anjali und Harish sich verliebt anschauten und dabei gegenseitig mit Ladoos fütterten, brachte ihn beinahe um den Verstand. „Hast du das vorhin wirklich ernst gemeint? Also die Sache, dass du mein Freund bist und...“, wollte Anjali vorsichtig wissen, als sie sich mit Harish und den frisch gekauften Ladoos auf einer Parkbank niederließ. „Ji. Ich hoffe, das war in Ordnung... Ich meine, ich dachte, dass wir beide nach unserem letzten Treffen...“, versuchte er, sich zu erklären und wirkte dabei plötzlich etwas verlegen. Anjali lächelte und legte ihm ihren Zeigefinger über die Lippen. „Ja, das war in Ordnung.“, meinte sie und rutschte nach kurzem Zögern näher an ihn heran, um ihn zu umarmen. Glücklich schloss er die Augen, während er ebenfalls seine Arme um sie legte und den angenehmen Pfirsichduft ihres Haares einsog. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)