Office Mein von elfogadunk (Im Büro) ================================================================================ Kapitel 9: Sandkastenliebe und Kostenkalkulation ------------------------------------------------ Als Anjali kurz vor Mitternacht von ihrem Treffen mit Mili nach Hause kam, ließ sie sich als erstes seufzend auf ihre Couch fallen und war heilfroh, erst einmal Wochenende zu haben. Sie brauchte unbedingt etwas Abstand zu ihrem plötzlich so chaotischen Berufsleben und entschied sich deswegen dafür, sich am nächsten Tag mit einem guten Buch in den Hyde Park zu legen und alle Fünfe gerade sein zu lassen. Nach diesem Entschluss schleppte Anjali sich noch mühevoll unter die Dusche und ließ sich anschließend erschöpft in ihr Bett fallen, wo sie beinahe auf der Stelle in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel. Das Wetter am nächsten Tag war denn auch perfekt für ihr Vorhaben. Die Sonne strahlte und die Temperaturen waren wunderbar angenehm für einen Frühsommertag. Mit einer Decke und ihrem Buch machte Anjali sich kurz nach dem Mittagessen auf den Weg, suchte sich ein schattiges Plätzchen im Park und war bald darauf auch schon in die Welt ihres Buches vertieft. „Ähm... Anjali...? Anjali Sharma?“, waren nach einiger Zeit die Worte, die sie wieder in die Realität zurückholten. Verärgert über die Störung grummelte Anjali kurz vor sich hin, bevor sie ihren Kopf hob, um zu sehen, wer der Störenfried war. Als sie ihn (1) jedoch erkannte, war ihre schlechte Stimmung auf der Stelle wieder verflogen. „Arre, Harish?!“ rief sie ungläubig aus und setzte sich auf. „Ich fasse es ja nicht! Was machst du denn hier?!“ Fröhlich umarmte sie ihn und musterte ihn voll freudiger Erwartung, während er sich zu ihr auf die Decke setzte. „Ich bin seit ein paar Wochen für ein halbjähriges Auslandspraktikum in der Stadt.“, erklärte er mit dem breiten Punjab-Akzent, den Anjali so sehr liebte. „Ich habe die ganze Zeit gehofft, dass ich dich zufällig irgendwo treffen würde, aber dass das tatsächlich klappen würde, hätte ich nie für möglich gehalten. Erzähl doch mal, wie geht’s dir so?“ Harish und Anjali war Sandkastenfreunde und er war ihr erster heimlicher Schwarm gewesen. Nachdem Anjali vor sieben Jahren allerdings den Punjab verlassen hatte, um in London zu studieren und zu arbeiten, hatte sich ihr Kontakt leider mit der Zeit verloren. Umso glücklicher war sie jetzt jedoch, dass sie ihn so unvermittelt wieder getroffen hatte. Und sie musste zugeben, dass er ihr noch immer so gut gefiel wie früher. Sie mochte sein hübsches Gesicht und sein lausbubenhaftes Wesen, mit dem er es immer wieder schaffte, sie zum Lachen zu bringen. Die beiden hatten sich so viel zu erzählen, dass die Zeit wie im Fluge vorüber ging und sie sich ausmachten, dass sie sich unbedingt bald wieder treffen mussten. Bevor sie sich am späten Abend schließlich voneinander verabschiedeten, tauschten sie noch ihre Nummern aus und freuten sich auf ihr nächstes Wiedersehen. Den gesamten Heimweg über hatte Anjali ein verträumtes Lächeln auf den Lippen. Es musste ein Wink des Schicksals sein, dass sie Harish wieder getroffen hatte, denn sie wurde das Gefühl nicht los, dass ihre damals einseitige Liebe mittlerweile gar nicht mehr ganz so einseitig war. Er hatte sie auf eine Weise angesehen, wie er es früher nie getan hätte und die vielen Komplimente, die er ihr gemacht hatte, sprachen auch für sich. Doch sie beschloss erst einmal, ihr nächstes Treffen abzuwarten und Ruhe zu bewahren, denn es konnte schließlich immer noch sein, dass sie sich in der ersten Euphorie des Wiedersehens bloß alles eingebildet hatte. Das gute und kribbelnde Gefühl in ihrer Magengegend konnte sie allerdings trotzdem nicht abschütteln. Ihre gute Laune vom Wochenende war sofort wieder verflogen, als Anjali am Montagmorgen ins Büro kam und Rahul bereits auf ihrem Schreibtisch sitzend auf sie wartete. „Einen wunderschönen guten Morgen wünsche ich. Hast du dich wieder beruhigt?“, meinte er als er aufstand und ihr zum Gruß die Hand entgegenstreckte. Anjali ignorierte seine Geste und grummelte kaum hörbar vor sich hin: „Ich bin erst beruhigt, wenn du impotent geworden bist...“ „Wie bitte?“, fragte Rahul nach, doch sie winkte daraufhin nur ab. Nicht weiter darauf eingehend hielt er ihr schließlich zwei Hefter hin und meinte: „Diese Kostenkalkulationen müssen bis heute Nachmittag noch einmal durchgegangen werden. Ich werde jetzt noch ein paar Geschäftsgänge erledigen und gegen Mittag wieder zurück sein.“ Damit nahm er seine Aktentasche und verließ das Büro. Anjali blieb noch einen Moment stehen und blätterte grob die beiden Hefter durch, um sich einen Überblick zu verschaffen. Sie war mit den Gedanken bereits bei der Arbeit als sie spürte, dass plötzlich jemand dicht hinter ihr stand und die Hand um ihre Hüfte legte. „Nicht umdrehen.“, hörte sie Rahul flüstern. Seinen Worten folgte das Geräusch tiefen Einatmens. „... Pfirsich-Shampoo. Ich wusste es.“, meinte er schließlich und brachte Anjali somit dazu, aufgebracht herumzuwirbeln. Mit bitterbösem Blick und drohend erhobenem Zeigefinger schaute sie ihn an. „Wagen Sie sich das noch einmal und Sie werden es ganz furchtbar bereuen!“, knurrte sie und musste sich zusammenreißen, ihm ob seiner Dreistigkeit nicht schon wieder eine Ohrfeige zu verpassen. „Oh, das werde ich mir mit Sicherheit noch öfter wagen.“, erwiderte Rahul daraufhin augenzwinkernd und lehnte sich näher zu ihr herunter. „Ich liebe Pfirsichduft...“, hauchte er, während er sich langsam wieder aufrichtete und dabei mit der Spitze seiner markanten Nase an ihrer Wange entlang fuhr. Das plötzliche Herzklopfen und die Röte, die ihr daraufhin ins Gesicht stieg, machten es Anjali unmöglich, auf diese erneute Dreistigkeit schnell genug zu reagieren. Mit einem überlegenen Lächeln auf den Lippen verließ Rahul schließlich endgültig das Büro. Erst als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, war Anjali wieder fähig sich zu bewegen und warf ihm daraufhin die beiden Hefter, die sie noch immer in den Händen hielt, hinterher. Wütend schnaufend starrte sie auf die verschlossene Tür und die vielen losen Blätter, die durch die Luft flogen und langsam auf den Boden fielen. „Dieser arrogante Mistkerl...!“, schimpfte sie vor sich hin, während sie begann, den verstreuten Inhalt der Hefter wieder aufzusammeln. Noch immer hämmerte ihr Herz wie wild ihn ihrer Brust und sie ärgerte sich fürchterlich darüber, dass sie ihm seine billige Anmache durchgehen lassen hatte. Sie schwor sich, ihn ganz sicher nicht noch einmal soweit kommen zu lassen und wenn nötig sogar den Spieß umzudrehen. Nachdem sie sich soweit wieder beruhigt hatte, machte sie sich schließlich daran, die Kostenkalkulationen zu überprüfen. Es dauerte nicht lange bis ihr der erste Fehler auffiel und somit der komplette Rest ebenfalls falsch war. Stöhnend warf sie die Hände vors Gesicht und atmete tief durch. Diese Rechnungen hatte Rahul gemacht und er hatte dabei anscheinend mehrere wichtige Posten außer Acht gelassen. Die Arbeit der letzten beiden Wochen war also völlig umsonst gewesen – und das obwohl nur noch ein knapper Monat bis zur Abgabe des Projektes blieb. Das bedeutete dann wohl Überstunden – und zwar nicht zu knapp. (1) http://i824.photobucket.com/albums/zz170/elfogadunk/FF%20pics/harish2.jpg Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)