Wings 2 von Tyra-Leonar ================================================================================ Kapitel 6: Nackte Tatsachen --------------------------- Vielleicht lag es daran, dass ich bereits mit einem Blick süchtig nach einem Mann war und nicht darüber hinweg kam. Es könnte aber auch sein, dass die Ausarbeitung der Legende meinen Geist so in Beschlag nahm, dass ich an nichts anderes denken konnte. Egal was es war, das Folgende sollte den Rest meines Lebens, der noch normal geblieben war, auch noch endgültig auf den Kopf stellen. „Oh Mist!“ Ich sah in den Spiegel zu der Toilettentür, hinter der Lilli saß. „Hat vielleicht jemand einen Tampon? Mir sind sie ausgegangen.“ Ein Hilferuf einer Freundin! Lasst uns zur Tat schreiten. Ich kramte in meiner Tasche, zückte das begehrte Stück und ging dann zu der geschlossen Tür um Lilli das Tampon darunter hindurch zu reichen. Es durchfuhr mich wie ein Blitz. „Danke schön!“ sagte Lilli und schaute nach einer Weile verdutzt auf meine Hand, die ich immer noch nicht weggezogen hatte. „Ähm… danke.“ Sagte sie noch einmal, diesmal bestimmter. „Yara? Was ist?“ Evelyn trat zu mir. Meine kalkweiße Haut machte ihr sichtbar Angst. „Hey, Yara“ brachte sie mit einem gequälten Lacheln hervor. „Sonst bist du es, die immer nach Tampons fragt.“ Ihr Witz landete nicht. Quälend langsam sah ich zu ihr auf. „Yara?“ fragte sie noch einmal, dieses Mal noch besorgter. Ich hörte die Spülung und das Türschloss, welches herumgedreht wurde. Lilli kam heraus und sah mich ebenfalls an. Corinne blieb am Waschbecken und musterte mich. „Yara… bitte sag nicht…“ begann sie. Man merkte, dass sie ruhig hatte sprechen wollen. Doch es ging einfach nicht. Ich setzte mich auf die kalten Fliesen und kümmerte mich nicht um den Dreck. Scheiße, scheiße, scheiße! „Scheiße! Scheiße! Scheiße!“ „Du wiederholst dich! Bleib endlich ruhig.“ „Wie soll ich ruhig bleiben, Lilli? 3 Schwangerschaftstest! 3!!“ Es kümmerte mich nicht, dass man uns von allen Seiten mit Blicken musterte. Momentan interessierte mich gar nichts, außer meine eigenen Probleme. Lilli, die ihren Kopf leicht nach unten gesenkt hatte, warf immer wieder ihre Augen hin und her um die anderen Leute aus den Augenwinkeln zu sehen. Sie war genervt, am Meisten wohl von mir. Wir saßen jetzt schon über eine Stunde in dem überfüllten Wartezimmer. Wäre ich nur wirklich ruhig geblieben, dann hätte ich nach kurzem nachdenken begriffen, dass sie sich nur Sorgen um mich machte und mit der Situation genauso überfordert war, wie ich. Als ich endlich aufgerufen wurde, sah sie mir sehnsüchtig hinterher. Am liebsten wäre sie wohl mitgekommen, doch das musste ich alleine durchstehen. Die quälenden Minuten vergingen nur sehr langsam. Dann stand ich wieder in der Tür. „Lilli.“ Meine leiste Stimme, war ungewohnt weich. Kurz darauf waren wir wieder draußen auf der Straße. Sie hatte es bis dahin nicht gewagt auch nur einen Ton von sich zu geben. Vorsichtig griff ich nach ihrer Hand und hielt sie fest, als wäre sie eine Rettungsboje weit draußen auf dem Meer. Jetzt endlich war es soweit. Die Tränen strömten mir übers Gesicht und verwischten meine Schminke. Ich weinte, ich weinte so sehr, wie ich noch nie geweint hatte. Den ganzen Weg zurück zu meiner Wohnung konnte ich keine Sekunde lang aufhören. Eingepfercht in meiner kleinen Welt, bemerkte ich nicht einmal, dass wir plötzlich wieder in meiner Wohnung waren. Alles um mich herum schien unwirklich und nicht real. Lilli, die mich seitdem ich auf der Couch saß, dauerhaft in einer festen Umarmung gehalten hatte, stand kurz auf, als es an der Tür geklingelt hatte. Als sie wieder kam, hatte sie Evelyn und Corinne im Schlepptau. Wäre die Situation nicht ganz so brisant gewesen, dann hätte ich mich bestimmt gefragt, wie sie es immer wieder schaffen, so schnell hier gebündelt aufzutauchen. „Und, was soll ich jetzt machen?“ mein Kopf fühlte sich so leer an. All die Tränen waren versiegt. Es kam mir vor, als wäre ich vollends ausgetrocknet. „Nun ja, es gibt die bekannten drei Möglichkeiten.“ Evelyns ruhige Stimme passte ganz und gar nicht zu ihren nervösen Händen, mit denen sie ununterbrochen rang. Möglichkeit 1: Die Abtreibung. Früher hatte ich gedacht, dass das wohl die beste Möglichkeit wäre. Aber nun, da ich mitten drin steckte, konnte ich die jungen Mütter verstehen, die sich lieber für das Kind entschieden. All meine Vorurteile ihnen gegenüber, waren wie weggeblasen. Möglichkeit 2: Das Kind bekommen. Möglichkeit 3: Das Kind danach abgeben. „Ich kann das nicht allein entscheiden.“ Energisch schüttelte ich den Kopf. Doch als ich die anderen ansah und ihre gequälten Gesichter sah, wusste ich, dass ich es doch allein entscheiden musste. Die Entscheidung lag ganz bei mir. Sie würden sich sicherlich auch nicht gut dabei fühlen, mit dafür verantwortlich zu sein, was geschehen würde. „Okay!“ Corinne rutschte von der Couch herunter und setzte sich auf den Boden. Ihre Füße hatte sie unter den Tisch gelegt. „Machen wir es anonym.“ Soweit so gut. Stift und Zettel waren auch kein großes Problem. Während ich die Kästchen auf die Papiere malte und dahinter schrieb was man ankreuzte, konnte ich jedoch sehen, wie Evelyn, Lilli und Corinne schon jetzt Panik bekamen. Dann reichte ich Zettel und Stift an Corinne weiter und stand auf. Geschlossen folgte man mir zur Küchenzeile. Nach einander gingen wir zurück, dies nahm wohlgemerkt mehr als eine halbe Stunde in Anspruch. Ich konnte es keinem verübeln. Ich war die Letzte, die ihr Kreuzchen setzten musste. Während mein Blick abschweifte, dachte ich an die Legende. Ich konnte die Priesterin vor meinem inneren Auge sehen, die für ein ganzes Volk gekämpft hatte und die Generationen vor ihr, ein eher ruhiges Leben geführt hatten. Zurück in meiner Wohnung sah ich zu meinen Freundinnen. Dann setzte ich mein Kreuz. Während ich die Schnipsel nahm und mischte wurde mir langsam mulmig zumute. Meine Freundinnen, die um mich herum saßen, sahen meinen zittrigen Händen dabei zu, wie sie ein Papier nach dem anderen auseinander falteten und in eine Reihe legten. Der erste Zettel. Abtreibung. Der zweite Zettel. Kind abgeben. Der dritte Zettel. Kind behalten. Das war dann wohl meiner, dachte ich im Stillen. Jetzt hatten wir für alles eine Stimme. Während ich so überlegte, ob die Abtreibung wohl von Lilli kam und der zweite Zettel von Evelyn, faltete ich den vierten und letzten Zettel auseinander. Corinne holte erschrocken Luft. Der vierte Zettel…. Kind behalten. Ruhig lief ich die Treppen hinunter, die zu Herrn Won führten. Meine Arbeit konnte sich sehen lassen, immerhin war sie 50 Seiten dick. „Wollen Sie mich veralbern? Ich warne Sie, wenn ich auch nur eine Seite finde, auf der lediglich zwei Zeilen stehen, dann können Sie ihren Kram nehmen und aus meinen Vorlesungen verschwinden!“ „Ist gut“ gab ich selbstbewusst zurück. Herr Won grummelte irgendetwas hinter mir, während ich wieder hinauf zu meinem Platz ging. Dann wies er uns an, etwas im Buch nachzulesen, während er meine Arbeit durchsah. Es war nicht verwunderlich, dass so gut wie niemand in sein Buch sah. Von oben sah ich unserem Dozenten zu, wie er erst jede Zeile auf dem ersten Blatt anfing zu lesen, irgendwann auf die nächste Seite blätterte um schließlich ziemlich hektisch die Seiten umzuschlagen, wahllos inne zu halten und sich schließlich zerstreut mit einer Hand durch die wenigen Haare fuhr, die er noch besaß. Er sah zu mir herauf, als hätte er gewusst, dass ich ihn beobachte. Ein zaghaftes Lächeln zuckte über seine Lippen, ehe sein Gesicht wieder ernst wurde. „Nun denn, Yasmn. Ich bin beeindruckt.“ Und ich erst. Ein Lob vor allen Leuten? Oder waren sie hier womöglich alle samt bestochen? Ich genoss für einen flüchtigen Moment diese bedeutsame Stille, die nur mir galt. „Vielen Dank, Herr Won. Aber ich heiße Yara und ich hätte eine Bitte an Sie, die meine Arbeit noch um ein großes Stück bereichern würde.“ Verdutzt bemerkte er meine Unverschämtheit wohl nicht. „Um was geht es?“ „Also, wissen Sie, ich hätte da ein Buch.“ Ein weiteres Mal verflog die Zeit wie im Flug. Erst als mein Nacken von dem ständigen heruntersehen schmerzte, könnte ich mir eine kurze Pause. „Das ist wirklich sagenhaft.“ Herr Won benutzte seit Stunden nur diesen einen Satz während er das Buch las, welches ich aus der Landesbibliothek gestohlen hatte. „Wo haben Sie das nur her?“ „Ähm… zufällig entdeckt.“ Mein schiefes Lächeln irritierte ihn nicht weiter, zu meinem Glück. Während Herr Won vorgelesen hatte, hatte ich jedes Wort in den PC getippt. Wir waren noch lange nicht fertig, aber zum Glück war das Buch nicht sehr dick und die Schriftzeichen relativ groß. Leider gönnte der Mann niemandem eine Pause, nicht einmal sich selbst. Er sprach schon weiter, ehe ich es richtig begriffen hatte. Schnell legte ich meine Finger wieder auf die Tasten und bemühte mich hinterher zu kommen. Doch er hielt jäh wieder inne. „Was ist los?“ fragte ich, als ich mich über den Stuhl gelehnt hatte. Seine Augen starrten auf einen Punkt in dem Buch. „Hier steht…. Hier steht dein Name, Yara.“ Sein Blick traf meinen, während seine Worte langsam in mein Hirn einsickerten. Nach einigen Tagen waren wir fertig, nicht nur mit dem Buch. Wir hatten alles ausgedruckt, was ich geschrieben hatte. Auch wenn Herr Won mir nur ungern die Seiten überlassen hatte, so hatte er immer noch den PC und das Buch. „Du bist der Nordoststern.“ Ich zeigte auf Evelyn. „Du bist Südost.“ Mein Finger wanderte weiter zu Corinne. Ohne aufzusehen zeigte ich auf Lilli, während ich weiter auf mein Blatt Papier sah. „Und du bist der Nordstern.“ Den kurzen Moment des Schweigens bemerkte ich gar nicht. „Yara? Ich weiß, dass dir das alles momentan zu schaffen macht und die japanische Tollwut scheint auch einzusetzen. Aber ich bitte dich, wer glaubt das?“ „Ich!“ gab ich kurzerhand von mir. „Hier, lest selbst!“ Ich reichte jeder einen ausgewählten Stapel Papier und sah zu, wie ihre skeptischen Blicke über die Zeilen wanderten und immer größer wurden. „Yara! Das ist nicht witzig! Hier stehen Sachen, die du doch auch weißt.“ „Schon, aber nicht alles. Gib auf, Corinne, ich habe bereits bewiesen, dass wir Teil der Legende sind.“ Nachdem Herr Won und ich auf meinen Namen gestoßen waren, folgten bald weitere, sehr bekannte. In kurzen Auszügen standen die nennenswerten Ereignisse jeder Person, in diesem Raum, sprich meinem Wohnzimmer, chronologisch hübsch geordnet auf diesen Haufen von weißem Druckerpapier. „In Ordnung. Nehmen wir einmal an, dass das alles wahr ist“ begann Lilli und ich nickte begeistert. „Dann bist du also ein Nachkomme der Priesterinnen und Priester, die damals nur für den Fall aller Fälle gelebt haben um Japan zu beschützen. Des Weiteren sollen wir drei der fünf Leibwächter sein. Wo sind bitte die andere beiden?“ „Die Eine ist tot.“ Mein Tonfall war wohl doch eine Spur zu fröhlich gewählt. Die Blicke meiner Freundinnen trafen mich mit vollem Entsetzen. „Da lest weiter.“ Ich reichte ein paar Zettel weiter, die Evelyn sofort ergriff und laut vorlas, nachdem sie gefunden hatte, was sie suchte. „Susan Bringston, der Nordweststern, erlag ihren Verletzungen im Jahre 1993.“ Evelyns Stimme war immer leiser geworden. „Deine Ziehmutter.“ Stellte sie dann fest, ihre Stimme war nicht mehr als ein Hauch. „Nur mal so nebenbei. Bedeutet das dann auch, dass wir nur bei dir sind, weil wir als deine Leibwächter wieder geboren wurden?“ Während Lillis Gedanke so durch den Raum flatterte, sah ich von einer zur anderen und musterte ihre Gesichter. Es war nicht undenkbar, der Gedanke war mir immerhin auch schon gekommen. Ich sah zu, wie Corinne Lilli in die Seite knuffte. „Das glaube ich nicht!“ Somit war das Thema schon einmal geklärt. Als ich wieder allein war, legte ich mit zusammen mit einem Teller Spaghetti und den restlichen Blättern auf die Couch und bedankte mich bei Gott, dass mir nicht, wie so vielen Frauen, andauernd schlecht wurde. Nachdem ich noch einmal gelesen hatte, was für meine Ziehmutter vorhergesagt wurde, las ich für den letzten Teil des Sternes weiter. Nach einer Weile hatte ich den Namen und einen ungefähren Aufenthaltsort. Helga Schneider, die Frau ist wohl schon eine Oma, dachte ich mir und legte die Zettel beiseite. Morgen würde ich mich darum kümmern sie ausfindig machen zu müssen. Mein Blick schweifte gedankenverloren über die Stapel von Büchern, die überall im Wohnzimmer verstreut herum lagen. Mit jedem Buch kamen die Erinnerungen hoch, die ich an die Legende hatte. Von Anfang an, war sie mir so bekannt vorgekommen. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, aber diese Aufgabe hatte mir einen wahnsinnigen Schub nach vorne gegeben. Es füllte mich und mein Sein komplett aus. Unwillkürlich wanderte meine Hand zu meinem Bauch. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass ich schwanger war. Angeblich würden Frauen doch so etwas spüren, doch ich spürte gar nichts. Ich hatte nur mehr Hunger als sonst. Allerdings hatte ich verschiedene andere Symptome einer Schwangerschaft ja auch nicht. Während meine Gedanken weiter schweiften, dachte ich plötzlich an Tian. Sofort war ich auf den Beinen. Unruhig trug ich den leeren Teller zur Spüle und ging dann zu einem Fenster, von dem aus ich die Straße vor der Eingangstür sehen konnte. Von hier oben konnte ich die Mülltonnen von damals nur erahnen, aber es erschien mir immer noch wie gestern. So langsam fiel mir auch der Zussamenhang mit mir auf. Immerhin war ich auch ohne Vater groß geworden. Über meine Mutter war auch nichts bekannt. Solange ich denken konnte, war meine Ziehmutter für mich da gewesen. Ich hatte sie oft gefragt, wie ich denn zu ihr gekommen sei, doch ich hatte nie eine Antwort auf meine Frage erhalten. Schließlich war sie bei einem schweren Autounfall tödlich verunglückt. Susan war eine Tochter aus reichem Hause gewesen. Sie widersetzte sich damals der Tradition und zog von zu Hause aus, ohne den Wohlwollen ihrer Eltern. Natürlich für einen Mann, offensichtlicher geht es gar nicht mehr. Doch dieser verleugnete sie, als sie bei ihm vor der Tür stand und ihm sagte, dass sie nichts mehr mit ihrer Familie zu tun haben wolle. Diese waren generell gegen eine andere als ihre geplante Heirat gewesen, also sah Susan keine andere Möglichkeit. Leider hatte sie sich geirrt, der Mann ihrer Träume, knallte ihr die Tür vor der Nase zu. Ohne Geld war sie für ihn nichts weiter als eine billige Nutte. Vor die Tür gesetzt konnte sie nirgendwo anders hin. Auch zurück zu gehen war undenkbar. Niemand wollte sie jetzt mehr. Als Aufsässige und Nutte abgestempelt, begann sie ihr Leben allein zu leben. Sie lies keine Männer an sich heran, egal wer, sie wollte mit diesem Geschlecht nichts mehr zu tun haben. Sie hatte damals nicht mit ihrem „Traummann“ geschlafen und dennoch hatte er sie beschimpft. Wie gemein konnten Männer also noch sein? Susan war nicht verrückt genug um das herausfinden zu wollen. Meine Ziehmutter hatte mir ihre Geschichte erzählt um mich vor allen Männern zu warnen, egal ob klein oder groß. Anfangs glaubte ich ihr, doch irgendwann begann ich sie als Grieskram zu sehen, der sich lieber nicht mit Problemen beschäftigte. Als sie gestorben war, wollte ich endgültig diese Art von ihr los werden, die sie versucht hatte in mir zu pflanzen. Und hier stehe ich nun, schwanger und verlassen. „Susan hatte Recht…“ murmelte ich traurig. Dann sah ich etwas. Ich presste meine Hände an die Scheibe und sah genauer hin. Mein Blick suchte den Gehweg gegenüber ab, doch es war nur ein ganz normaler Schatten im Hauseingang. Für einen kurzen Moment hatte ich gedacht, dass Tian dort unten stehen und zu mir hoch sehen würde. „Närrin!“ schallt ich mich laut selbst. Kopfschüttelnd ging ich zurück zum Sofa und fiel beinahe, als ich über einen Stapel Bücher stolperte. Noch mehr Unordnung würde hier gar nicht auffallen, doch mein Blick blieb an einem Buch hängen. Ich bückte mich um es aufzuheben und las mir noch einmal den Titel auf dem Buchrücken durch. „Wings.“ Ich hatte gar nicht bemerkt, wie ich laut geredet hatte. Das war das Buch, welches ich erst gar nicht hatte mitnehmen wollen. Nun gut, wenn ich es schon einmal in der Hand hatte, dann wollte ich wenigstens anfangen es zu lesen. Immerhin musste es seine Überziehungsgebühr ja wert sein. Ich setzte mich wieder auf die Couch und schlug die erste Seite auf. Es war ein Roman. Die ersten paar Seiten interessierten mich nicht so richtig. Das Buch erzählte von einem Jungen, Sky und einer Prinzessin, Mikan deFlourite. Sky, der als kleiner junge bereits Leibwächter der etwas jüngeren Hoheit wurde, war als Findelkind von Mönchen aufgezogen worden um schließlich in den Dienst des Königs zu treten. Es klang nicht wirklich interessant, doch dann las ich etwas weiter und entdeckte, dass sich hinter dem anfänglichen Aufbau, eine bezaubernde Geschichte versteckte, die von Treue, Freundschaft und am Ende sogar von der Liebe erzählte. Später kam noch ein Konkurrent hinzu, der Mikans Herz zusätzlich verwirrte. Sogar als ich schon im Bett lag, konnte ich das Buch nicht weglegen. Ich wollte wissen, wie es weiterging. Im Laufe der Seiten erfuhr ich, dass es Geflügelte gab, die schon früher dem König und der Königin zu Augen gekommen waren. Später erfuhr ich, dass auch Sky ein solcher Geflügelter und die Wiedergeburt des vorherigen war. All die Jahre hatte er seine wahre Identität nicht gezeigt, aber als Kind schon mit einer erstaunlichen Reife überrascht. Mikan, die sich letztendlich für Sky entschied, der sie gerettet hatte, als sie von einem Turm der Burg gefallen war, musste am Ende zusehen, wie Sky unter großem Gestein begraben wurde. Ihr junger Leibwächter, der mittlerweile kein Kind mehr war, hatte sie und Skys Konkurrenten vor den Steinmassen gerettet, die durch den Angriff einer feindlichen Armee herunter gestürzt waren. Sky starb. Ich sah auf, als ich die letzten Worte gelesen hatte. Es war schon 3 Uhr Nachts! Schnell schaltete ich das Licht aus und versuchte zu schlafen. Kurz blieb ich liegen, dann rollte ich mich herum, nur damit ich kurz darauf weiter bewegte. An Schlaf war nicht zu denken. Wie auch? Sky war tot, dabei hatte ich ihn so sehr gemocht. „Es gibt echt blöde Autoren!“ murmelte ich ins Kissen. Irgendwann schlief ich doch ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)