Desert Rose - Die Wüstenrose von UniverseHeart (Ich fand dich, als ich sterben wollte) ================================================================================ Prolog: Mein Herz ist eine Wüste geworden ----------------------------------------- Ich spüre den trockenen Wind, der mit meinen langen Haaren spielt und blicke in den Sonnenuntergang, der sich vor meinen Augen abspielt; die gelbe Glut der Sonne, die faul zu sein scheint, denn ihre Strahlen selbst scheinen müde auf mich mit ihrer nachlassenden Wärme. Der Tag ist heiß, doch die Nächte eiskalt, und es ist fast so, als würde es mich immerzu daran erinnern wollen, was ich einst gewesen bin, nur in einem Zeitraffer, im Tagesablauf selbst. Ich weiß, einst war ich warm und gutmütig, doch dann wurde ich immer kälter, nur um irgendwann so kalt wie die Nacht selbst zu werden, ohne Hoffnung auf einen neuen Tag. Vielleicht gibt es noch etwas für mich? Nein, welch absurder Gedanke. Ich habe so viel Schuld auf mich geladen, dass es nichts geben kann, was mich von ihr wieder befreit, noch nicht einmal der Tod selbst ist genug. Ich fühle meine schwere Mundharmonika um meinen Hals baumeln, als ich nach ihr greife, und sie zu meinen Lippen führe, um hineinzublasen und der Musik in mir freien Lauf zu lassen. Sanfte Töne erheben sich in den Wind, während ich die Gelegenheit zum abermaligen Nachdenken nutze. Als ob es etwas anderes für mich gäbe außer Nachzudenken. Doch warum bin ich so? Ich war schon immer jemand gewesen, der von einem Extrem ins Nächste gependelt ist und anscheinend gibt es keinen Ausgleich für mich – ich kann immer nur das eine oder das andere sein, entweder tot oder lebendig, voller Lebensmut oder mit dem Wunsch erneut zu sterben. Ich erinnere mich an fröhlichere Tage, an denen ich noch unbeschwert gewesen war, bevor die Dunkelheit sich in mein Herz senkte nur um nie wieder daraus zu verschwinden. Im Gegenteil, sie blieb, und wurde immer stärker, und auch jetzt noch spüre ich ihren eisigen Griff um mein Herz. Und ich frage mich leise durch meine Lippen hindurch, durch die ich meinen Atem schicke, wird es jemals einen Ausweg für mich geben? Gibt es jemanden auf dieser Welt, der genauso fühlt wie ich? Gibt es jemanden, der diese Musik hören kann und fähig ist, sie zu deuten, zu verstehen was sie veranlasst hat? Gibt es jemanden der mich versteht? Wie viel haben Crow, Jack und Yusei von mir begriffen? Wie viel hat sie von mir letzten Endes verstanden, wie viel haben wir wirklich gemeinsam gehabt? Wehmut durchzieht mich, wenn ich an die einzigen Menschen zurückdenke, die mir jemals etwas bedeutet haben, und ich habe sie ALLE nur wegen eines Missverständnisses unendliche Qualen leiden lassen, und kann darüber hinaus auch keine Buße dafür tun. Doch nein, es hätte schlimmer kommen können, sage ich mir, doch die Stimme in meinem Kopf erwidert, dass es meine Fehler auf keinen Fall entschuldigt. Doch vielleicht hätte ich mit euch allen sprechen sollen? Aber nein, wozu, wenn ich weiß, dass ihr mir nicht verzeihen könnt. Ganz besonders du, Yusei, der du alles für mich gegeben hast, sogar dein Leben riskiert hast, nur um mich zu retten – und dich habe ich auch noch gehasst, nur weil ich nicht verstehen wollte? Deine Güte habe ich nicht verdient! Und du Aki, die du mir so ähnlich zu sein scheinst. Es genügte oft nur ein Blick, und wir verstanden sofort, was wir einander damit zu sagen hatten. Wir hatten, so unglaublich es auch klingen mag, ähnliche Erfahrungen gemacht, und wünschen uns dasselbe: einen Ort für uns, irgendwo auf dieser verrotteten Welt. Ist es denn so falsch, wenn ich, nun da ich eingesehen habe, dass es sich nicht lohnt, hier noch weiter nach diesem Platz suchen.. ist es da so falsch, wenn ich einfach nicht mehr sein will? Ist die Hoffnung nicht berechtigt, dass es im Tod vielleicht einen besseren Ort gibt, einen, der mir Erlösung verspricht? Oder, selbst wenn ich zur ewigen Verdammnis verurteilt sein sollte, es wäre mir egal, da es nur gerecht wäre. Glaubst du, dass ich diese neue Todessehnsucht nur habe, weil ich einst ein DarkSigner war? Kann es denn sein, dass ich wieder diesen Zustand erleben will, diesen „Beinahe-Tod“? Empfindest du auch genauso wie ich, willst du wieder genauso untot sein wie zuvor? Ich blicke auf, nur um zu bemerken, dass mich meine Schritte unbewusst getragen haben. Ich blicke auf die Häuser in der Ferne vor mir, und auf das verblasste Schild am Eingang. „Welcome to Crash Town!“, steht in nicht mehr ganz so schwarzen Lettern daran, und das Schild weht sachte im Wind. Ich blicke zurück in den Sonnenuntergang, hinter meinen nun trüben Augen. Wie war ich hierher gekommen, wieso habe ich mich entschieden vorerst hier zu bleiben? Es hatte alles in Japan begonnen und mit meiner Entscheidung, die Welt zu erkunden, und irgendwohin zu verreisen, wo auch es mich hin verschlug. Ich weiß nicht, ob es eine Art Fluchtreaktion war, oder einfach nur aus meiner Freude heraus, nun wirklich frei zu sein, denn „frei“ hatte ich mich wirklich gefühlt. Der Fluch der DarkSigner lastete nicht mehr auf mir, ich war wieder am Leben und der Marker auf meinem Gesicht, welcher mich als wertlos brandmarkt, war kein Hindernis mehr, sondern lediglich eine dumpfe Erinnerung an so schmerzliche Dinge, die ich im Moment der puren Freude erfolgreich verdrängen konnte. „Hey, warte Kiryu!“ Das Mädchen mit den purpurnen Haaren kam zu mir gerannt, nachdem sie mir zugewunken hatte und schamlos sprang sie mich an, so heftig, dass es uns fast beide zu Boden gerissen hatte. „Wah, Aki, nicht so stürmisch!“, lachte ich und blickte sie verliebt an bevor wir einen kurzen Kuss tauschten. Dann blickten wir uns lange in die Augen, während sie elegant meine Hand in ihre nahm, und mich einfach mitschleppte. „H-hey, warte! Wo willst du mich mitnehmen?“, stieß ich hervor, doch sie kicherte nur leicht. „Ich habe dich ewig nicht mehr gesehen, und so leicht kommst du mir jetzt nicht mehr davon!“ „Ah, also ist es dir egal, was ich gerade vorhatte?“, fragte ich sie, und sie nickte nur bevor sie zurückgab: „Was könnte es denn so Wichtiges sein? Einkaufen kannst du schon einmal nicht, weil du kein Geld hast. Verabredet sein kannst du auch nicht, weil du nicht so viele Leute kennst. Also, was solltest du außer diesen Dingen denn wohl sonst noch vorhaben?“ „Vielleicht irgendetwas für Jack oder Yusei besorgen??“ Ich pausierte, als ich merkte, dass das eine echt faule Ausrede war. Und Aki wusste das ebenfalls ganz genau. Ich fragte mich, wieso sie so spitzfindig war, aber dann wiederum wunderte es mich nicht weiter, denn sie war einfach so. Als sie mein Seufzen hörte, wusste sie, dass sie schon längst gewonnen hatte. „Ah Komm schon, Kiryu!“, sagte sie,“nun hab dich doch nicht so!“ „Ich habe ja nicht nein gesagt. Zumindest nicht komplett.“ „Warum wehrst du dich dann so?“ „Weil es so mehr Spaß macht??“ „Ah du, alles nur, damit du zu deinem „Satisfaction“ kommst! Es macht dir nie Spaß, wenn du nicht auf etwas Gegenwehr triffst, was?“, schnaubte sie gespielt, als sie mich weiter mit sich zog. Und als sie merkte, dass ich nachgab, schlang sie auch schon ihre Arme um meinen linken Arm, um sich an mich zu drücken. Die plötzliche Wärme war etwas, das ich so nicht erwartet hatte, und es überlief mich wie ein schauriges Gefühl. Vielleicht war es die Erinnerung daran, wie sie diese Wärme verloren hatte?? Das es gänzlich meine Schuld gewesen war? Und darüber hinaus quälte mich noch etwas anderes. Ich wusste nicht, wie ich es ihr beibringen sollte, wie ich ihr sagen sollte, was ich vorhatte. Denn ich wollte nicht mehr länger hier bleiben, wollte meine neu gewonnene Freiheit nutzen. Ich blieb stehen, und sie ebenfalls, nur um verwundert in mein Gesicht zu blicken. „Kiryu, was ist los?“ „Aki, ich muss dir etwas wichtiges sagen. Ich... werde nicht mehr lange hier bleiben...“ Was wollte ich ihr in Wahrheit mit diesen Worten sagen?? Dass ich weg von ihr wollte, nur um andere Orte auf dieser Welt zu sehen, oder dass ich in Wahrheit weggehen wollte, um in den Tod zu gehen? Denn nun bin ich hier, in einer herunter gekommenen Stadt namens Crash Town, von der gesagt wird, dass nur Menschen hierher kommen, die mit sich abgeschlossen haben und die letzte Ruhe zu finden wünschen. Wäre sie deswegen sauer auf mich? Ich weiß, dass sie das Leben liebt, und sie ist der Inbegriff des Lebens selbst. Blumen, Pflanzen, sie sprießen immerzu und erstehen wieder auf, können gar keine letzte Ruhe finden. Doch auch ist das Leben für sie nur ein Auf und Ab. Und ich weiß für mich, dass ich das nicht mehr will. Ich möchte meine Ruhe finden, oder zumindest dafür bezahlen, was ich unschuldigen Menschen angetan habe; denn es ist das eine, sich selbst sein Schicksal zu erwählen, aber das andere, einem anderen Menschen sein Schicksal aufzuzwingen, wie es bei so vielen getan habe. Und ich habe das auch bei dir getan, Aki. Genauso wie Yusei. Ihr habt meinetwegen gelitten, und ihr sollt es nicht mehr tun. Es reicht. Es reicht. Und wenn es denn sein muss, dann entziehe ich mich euch komplett. Um euch vor mir selbst zu beschützen, denn ich kann nie wissen, wann das nächste Mal kommen wird, an dem ich euch verletze. Und wenn dieser Augenblick kommt, wird es dann sein weil ich wieder mal einen mentalen Anfall habe? Oder wird es sein, weil ich mich einfach nicht für einen Lebenstil entscheiden kann, oder weil ich etwas aus meiner Vergangenheit für unverzeihlich halte und es nicht vergessen kann? Yusei, du bist wie der Sternenhimmel über mir. Du hältst alle Menschen um dich herum für heilig, und du liebst sie aus vollstem Herzen. Du sagst, dass die Verbindung zwischen den Menschen das ist, was dich am meisten berührt, sagst, dass kein Mensch auf der Welt unnötig ist, dass sie alle einen Platz haben. Doch in dem letzten Punkt kann ich dir nicht zustimmen. Denn ich glaube daran, es wäre besser, wenn es manche Menschen niemals geben würde. Sag, findest du nicht auch, dass es besser wäre, wenn es manche Diktatoren oder Herrscher, die ihre Bevölkerung terrorisiert haben, niemals gegeben hätte? Und wenn es keine Verbrecher mehr geben würde, findest du nicht auch, dass wir dann endlich alle in Frieden leben könnten? Warum stimmst du mir dann nicht zu, wenn ich sagen würde, dass ich mich selbst zu diesen Menschen zähle? Menschen die unnötig sind, so wie auch ich unnötig bin. Denn siehe, bin gerade ich denn nicht auch jemand, der andere durch seine Verbrechen in Mitleidenschaft gezogen hat? Und doch ahne ich, du wirst es niemals verstehen, und du wirst immer alles tun, um mich zu retten, egal was kommt. Ich ahne bereits, dass ich dich vielleicht nicht zum letzten Mal gesehen habe. Das mag vielleicht ein Grund mehr sein, wieso ich in diese Stadt gekommen bin, weit weg von dir – damit du mir nicht helfen kannst, weil ich keine Hilfe brauche und sie auch nicht verdient habe. Bitte lasst mich hier sterben und ein Ende finden! Mein Herz ist eine Wüste geworden. Der Sternenhimmel ist verschwunden als er durch den Dunst der heißen Mittagssonne ersetzt wurde, und die Blumen zu meinen Füßen haben aufgehört zu wachsen, als man ihnen das Wasser entzogen hatte. Ja, hier ist der Ort an dem ich sterben möchte. „Kiryu!“ Ich höre eine Stimme nach mir rufen, eine mir bekannte Stimme. Dazu das ferne Geräusch laufender Motoren. Motorräder? Ja, es ist Ramon, der mich zu sich ruft. Gleichgültig wende ich mich ihm zu, doch als ich das tue, spüre ich schon seine Hand auf meiner Schulter. „Kiryu-sama, wir wollten noch auf einen Drink in die Bar, kommst du mit?“ Ich antworte nicht, sondern folge einfach nur bereitwillig; denn wenn es mir egal ist, was ich nun tue, dann fällt es auch leichter, wenn ich es tue, ohne viel darüber nachzudenken. Denn wenn ich darüber nachdenke... dann fühle ich nur Schmerz und eine unerklärliche Sehnsucht tief in mir. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)