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Neubeginn

von

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1. Kapitel

Eine Woche nachdem Colt ihr gemeinsames Leben ohne Worte verlassen hatte, stand Robin mit rot geweinten Augen blass und übernächtigt vor dem Rest des Ramrod Teams.

Sie hatte seit ihrer letzten Auseinandersetzung nichts mehr von ihrem Verlobten gehört und so sehr sie auch gewartet hatte, er war nicht zurück gekehrt. In den letzten Tagen und Nächten hatte sie viel Zeit zum Nachdenken gehabt und eingesehen, dass auch sie Fehler in ihrer Beziehung begangen hatte.

Nun wollte sie mit ihm reden und versuchen, ihre Probleme zu lösen. Vor allem jedoch wollte sie sich bei ihm entschuldigen.

Inzwischen hatte auch Josh sein Schweigen gebrochen und Robin alles gebeichtet. Robin war fassungslos und entsetzt gewesen, dass ihr Bruder zu solchen Mitteln gegriffen hatte, nur weil sie nicht bereit gewesen war, ihm oder Colt zuzuhören oder die Meinung beider auch nur ansatzweise in Betracht zu ziehen. Ihr ganzes Weltbild war auf den Kopf gestellt und sie hatte diese Tage gebraucht, um über ihr eigenes Verhalten und ihre Entscheidungen nachzudenken. Colt hatte in vielem Recht gehabt und sie gab sich die Hauptschuld an ihrem Zerwürfnis. Allerdings gehörten zum Scheitern einer Beziehung auch immer zwei und vielleicht hatten sie es beide falsch angefangen.

Robin hoffte auf ein klärendes Gespräch und vielleicht gab es ja noch eine Chance für einen Neuanfang für sie beide, denn sie liebte ihn nach wie vor.
 

Nun sah sie bange von den beiden Männern zu April und wieder zurück.

„Kann ich bitte mit Colt sprechen?“, fragte sie leise.

„Er ist nicht da.“ Aprils Stimme klang zornig und besorgt zugleich.

Die Blondine musterte Robin so finster, dass diese unwillkürlich einen Schritt zurück trat. Saber seufzte, dann trat er zur jungen Lehrerin, nahm sie erstaunlich sanft am Arm und führte sie zum Tisch in Ramrods Bordküche.

„Wir sollten uns alle beruhigen und miteinander reden.“, schlug er diplomatisch wie immer vor. „Colt ist wirklich nicht da, Robin, und wir wissen auch nicht wo er abgeblieben sein könnte.“

Angesichts dieser Aussage musste Robin sich setzen, denn nun zitterten ihr die Knie. Sie hatte so gehofft, alles klären und erklären zu können und mit Sabers Satz wurden all ihre Hoffnungen mit einem Schlag zunichte gemacht.

Saber wartete bis sie saß, ehe er noch eine Tasse mit heißem Tee vor sie stellte, dann setzte er sich ebenfalls und Fireball, sowie April folgten seinem Beispiel.

Der Rennfahrer hatte bisher noch keinen Ton gesagt, sein Gesichtsausdruck war auch nicht so zornig wie der von April, er musterte Robin eher mit einer Mischung aus Besorgnis und Mitleid.

„Was ist zwischen euch passiert, Robin?“, fragte Saber Rider behutsam. „Colt tauchte vor einer Woche völlig fertig hier auf, murmelte irgendwas davon, dass ihr euch getrennt habt und ab da war mit ihm kein Reden mehr.“

„Stimmt nicht ganz Saber.“, ergänzte April finster. „Er meinte noch, es hätte Probleme mit Josh gegeben, aber dass du die Sache allein regeln würdest, er hätte sowieso kein Mitspracherecht.“ Sie war wütend und sie hatte sich diesen Satz nicht verkneifen können. Für April war der Cowboy wie ein Bruder und so niedergeschlagen wie vor einigen Tagen hatte sie ihn noch nie erlebt. Sie wusste, dass Robin und Colt bezüglich Joshs Erziehung einige Differenzen hatte und sie wusste auch, dass es der Lehrerin gar nicht gefiel, dass ihr Bruder andere Vorstellungen von seiner Zukunft hatte, als sie. Dennoch waren sie alle davon ausgegangen, dass sich diese Probleme früher oder später klären würden und dass Robin und Colt glücklich miteinander werden würden.

Sie hatten Colt noch nie so glücklich erlebt wie gemeinsam mit Robin und trotz der Probleme hatte Colt nie seine Liebe zu ihr angezweifelt. Und dann dieser Schock, ein niedergeschlagener Cowboy völlig am Ende mit sich und der Welt.

April gab Robin die Hauptschuld an dem Zerwürfnis und machte ihrem Herzen auch Luft. Fireball legte der Blondine beruhigend die Hand auf den Arm.

„Wir sollten Robin reden lassen. Zu so was gehören immer Zwei.“, sagte er leise und zu Robins Erstaunen nickte April nach kurzem Zögern und lehnte sich dann mit verschränkten Armen zurück.

„Es stimmt, was Colt gesagt hat.“, begann Robin leise und schluckte die aufsteigenden Tränen herunter. Dann erzählte sie, immer wieder von kurzen Schniefen unterbrochen, den Starsheriffs die ganze Geschichte und auch, was Josh ihr inzwischen gebeichtet hatte.

April gab nach und nach ihre feindselige Haltung auf und hörte Robin genauso ernst zu, wie Saber und Fireball.

Nachdem Colts Verlobte geendet hatte, schwiegen alle für einige Augenblicke nachdenklich.

„Wow, was für eine Geschichte, damit hatte ich ja nun nicht gerechnet.“, meinte Fireball und April nickte zustimmend.

„Entschuldige Robin, aber du hast Colt nicht erlebt und er war so verletzt und traurig.“, sagte sie nun. „Er hat uns so leid getan und du hast dich total von uns allen zurückgezogen gehabt. Ich war so sauer, dass du ihn so verletzt hast und dass du nicht mit dir hast reden lassen. Es hätte nie so weit kommen müssen.“

„Ich weiß April, leider kam die Erkenntnis ein bisschen zu spät.“ Robin begann wieder zu weinen und April rutschte zu ihr rüber und nahm sie tröstend in den Arm. „Ich will doch nur mit ihm reden, vielleicht kann ich meine Fehler wieder gut machen. Ich werde mich auch bemühen, auch seine und Joshs Haltung mit zu beachten, immerhin sind wir doch eine Familie.“, schluchzte sie.

Die Star Sheriffs ließen sie weinen und warfen sich über ihren Kopf hinweg besorgte Blicke zu.

„Wenn ihr mir sagt, wo er ist, dann versuche ich mit ihm zu sprechen.“, meinte Robin heiser, nachdem sie sich wieder beruhigt hatte.
 

Saber seufzte und rieb sich mit der rechten Hand über die Stirn.

„Robin, ich weiß nicht genau, wie ich es anders formulieren soll als gerade und direkt heraus.“ Robin hielt bei seinen Worten die Luft an und sah erschreckt zu ihm. Irgendetwas Schlimmes war passiert, das spürte sie.

„Colt war bis vor drei Tagen hier und hat sich seinem Elend ergeben. Dann hat er eine Nachricht über Com bekommen und ist für einige Stunden mit dem Broncobuster weg. Als er wiederkam hat er ohne Umschweife den Dienst bei Commander Eagle quittiert und ist verschwunden. Er hat sich weder bei uns noch einmal gemeldet, noch irgendwem gesagt, wo er hin ist.“

„Nein!“ Robin hatte mit vielem gerechnet, nur damit, dass Colt weg sein würde nicht.

„Doch Robin.“, bestätigte nun auch April und Fireball nickte besorgt.

„Wir versuchen seit drei Tagen ihn zu finden, April löchert ohne Unterlass ihren Vater, dass dieser ihr sagt, wo Colt auf seinem Kurzausflug war, ohne Erfolg. Der Commander sagt, er weiß es nicht und es gibt keine Spur, der wir nachgehen können. Wenn Colt sich nicht von selbst meldet, dann wird ihn keiner finden, denn das hat er als Kopfgeldjäger schnell gelernt. Spuren lesen und Spuren verwischen.“

Robin saß wie erstarrt und hatte Saber Rider zugehört. Nach und nach begriff sie auch den Sinn seiner Worte.

Sie hatte sich bei Colt entschuldigen wollen, mit ihm reden und ihre Beziehung retten, aber die Aussicht darauf war gleich Null, solange Colt verschwunden blieb und sich nicht meldete. Sie konnte nichts tun außer Warten.

Sie brach erneut in Tränen aus und dieses Mal konnte sie keiner trösten.

Saber, Fireball und April waren genauso hilflos wie sie selbst. Colt war gegangen und ihnen blieb nichts weiter, als darauf zu warten, dass er zurückkehren würde.

Aber der Cowboy blieb verschwunden.

2. Kapitel

5 Jahre später
 

Heute war der Tag der feierlichen Eröffnung des neuen Militärmuseums im Herzen von Yuma City. Prunkstück der Ausstellung war Ramrod.

Der Friedenswächter, der im Krieg gegen die Outrider die Menschen des Neuen Grenzlandes wieder und wieder vor den Übergriffen der Phantomwesen beschützt hatte, stand auf Hochglanz poliert in der Mitte einer riesigen Halle. Am Fuß der geöffneten Rampe standen die beiden Robotpferde Nova und Steed, sowie Fireballs Red Fury Racer.

Eine Stunde, bevor die Eröffnungszeremonie beginnen sollte, traten die drei Star Sheriffs begleitet von Commander Eagle die Halle. Noch waren nur wenige Gäste anwesend, aber es würde nicht mehr lange dauern, bis die Halle voller Menschen wäre.

April warf einen sehnsüchtigen Blick zu Ramrod, dann streiften ihre Augen über die Pferde und den Rennwagen, bevor sie wie erstarrt stehenblieb.

Fireball, der sich gerade noch bei Saber über seine Krawatte beschwert hatte, lief voll in sie hinein und beide wären gefallen, wenn Saber Rider nicht eingegriffen hätte.

„Was ist los Süße?“, fragte der Turbofreak verwirrt, bevor er mit dem Kopf in die gleiche Richtung sah, wo April immer noch hinstarrte. Auch Saber folgte seinem Blick und rissen die Augen auf. Einzig Commander Eagle war nicht überrascht.

Neben dem Red Fury Racer stand der Bronco Buster, blitzblank poliert und genau an dem Platz, wo er hingehörte.

„Daddy, wo kommt der her?“, fragte April ihren Vater heiser und packte seinen Arm.

„Colt hat ihn gebracht.“, erwiderte dieser ruhig und wartete in Ruhe ab, bis die Überraschung und der Schock angesichts dieser Neuigkeit sich gelegt hatten.

„Soll das heißen, er ist hier?“, fand Fireball als Erster seine Stimme wieder und sah sich unwillkürlich suchend um.

Eagle nickte. „Ja Colt ist auf Yuma und er wird heute hier sein. Allerdings ist er noch nicht da, es müssen noch einige kleinere Formalitäten erledigt werden. Und bevor ihr mich jetzt weiterlöchert…“ abwehrend hob er die Hände, als April und Fireball gleichzeitig sprechen wollten. „Er wird euch erklären wo er war und was in der Zwischenzeit geschehen ist. Es tut mir leid Kinder, aber ich werde ihm da nicht vorgreifen, das ist Colts Angelegenheit.“

Mit diesen Worten drehte er sich herum und ging schnellen Schrittes zum Podium, wo er General White Hawke entdeckt hatte. Zurück ließ er drei vollends verwirrte Star Sheriffs.
 

Eine Stunde später sah Saber angespannt auf seine Uhr, dann wanderte sein Blick wieder in Richtung Eingang, wo ein Strom von Menschen in die Festhalle kam. Er wurde zusehends nervöser, denn Colt, auf den sie alle warteten war bisher noch nicht darunter gewesen. Wahrscheinlich würde er wirklich erst glauben, dass der Cowboy wirklich kam, wenn dieser durch die Tür trat.

Sincia, die neben ihm stand, legte beruhigend eine Hand auf seinen Arm und er sah seine Frau dankbar an.

„Mach dir keine Gedanken. Er wird da sein und alles wird gut gehen.“, sagte sie leise. „Es sind mehr als fünf Jahre vergangen und was auch immer damals geschehen ist, Commander Eagle sagte Colt, dass Colt an der Feier teilnehmen wird und er wird kommen. Der Rest wird sich finden und werdet Antworten auf alle Fragen bekommen.“

Saber nickte. „Ich mache mir weniger Sorgen um mich oder Fireball und April, als um Robins Reaktion.“, sprach er seine Befürchtungen aus. „Sie hat damals so sehr gelitten, als Colt ohne ein Wort verschwunden ist, noch mehr als wir.“

„Sie schafft das.“, beruhigte ihn Sincia. „Es ist so viel Zeit vergangen und ihr Leben ging genauso weiter, wie deines oder das von April und Fireball.“

„Aber sie hat Colt nie ganz vergessen können.“, widersprach der Highlander seiner Frau.

In diesem Moment traten April und der Rennfahrer zu dem Ehepaar.

„Er ist immer noch nicht da und in ein paar Minuten beginnt die Feier.“, meinte Fireball und starrte genauso angespannt in Richtung Tür. „Was wenn…?“

„Daddy hat gesagt Colt wird hierher kommen, dass er noch nicht da ist liegt bestimmt nur an diesen Formalitäten.“, mischte sich April mit mehr Bangen als Zuversicht in der Stimme ein. „Ihr wisst doch, wie zäh die Bürokratie ist.“

„Dein Vater erstaunt mich immer wieder, Schatz.“, stellte Fireball fest. „Fünf Jahre lang weiß keiner von uns, was aus dem Cowboy geworden ist und auf einmal kommt er mit der Neuigkeit daher, dass Colt heute hier sein großes Comeback gibt. Ich frage mich, wie er Colt gefunden hat und vor allem, was passiert ist.“

„Er wird es euch schon erklären.“, sagte Sincia zum zweiten Mal in wenigen Minuten.
 

„Hallo! Und seit ihr schon aufgeregt? Immerhin dreht sich der Abend ja mehr oder weniger um euch und eure Verdienste.“, unterbrach eine weibliche Stimme das Gespräch und sie verstummten, als Robin und Josh sich zu ihnen gesellten.

Der Junge war inzwischen zu einem stattlichen jungen Mann heran gewachsen, der seine Schwester um einen Kopf überragte und dem die Uniform des Kavallerieoberkommandos ausnehmend gut stand. Sein Wunsch war wahr geworden und bis vor kurzem hatte er das Internat des Kavallerie Oberkommandos besucht und die Schule mit Auszeichnung abgeschlossen. Robin hatte von Commander Eagle eine Stelle als Lehrerin auf Yuma vermittelt bekommen. Für sie war nach Colts Verschwinden eine Welt zusammen gebrochen und sie hatte lange gebraucht, um den Verlust einigermaßen zu überwinden. Aber sie hatte auch viel nachgedacht und einige ihrer Einsichten revidiert. Die Star Sheriffs hatten ihr zu gut es ging versucht zu helfen und mittlerweile zählten die Lehrerin und ihr kleiner Bruder zur Familie, genau wie seinerzeit Colt. Sie und Josh verließen Tranquility und Robin zog in die Nähe des Internates, um nicht zu weit von ihrem kleinen Bruder getrennt zu sein. Josh dagegen hatte die Wochenenden bei ihr verbringen können und so war in der damaligen Situation ihnen allen geholfen gewesen.

„Die Aufregung darüber hält sich in Grenzen, Robin.“, fand Fireball als Erster seine Stimme wieder und wechselte schnell das Thema. „Und Josh, schon aufgeregt weil du in drei Tagen offiziell deine Ausbildung bei Oberkommando anfängst?“, fragte er und der junge Mann grinste.

„Nicht wirklich, ich freue mich wahnsinnig darauf.“, erwiderte er. „Aber meine Schwester macht mich noch wahnsinnig. Sie ist den ganzen Tag am Überlegen, was ich im Ausbildungslager noch brauchen könnte und versucht dauernd, mir gute Ratschläge und Benimmregeln in den Kopf zu trichtern.“

„Tja, manche Dinge kann ich mir einfach nicht abgewöhnen.“ Robin wurde verlegen rot und alle mussten lachen.

„Sei doch froh, dass sie sich solche Gedanken um dich macht.“, lächelte April.

„Ja, ich will ja auch nicht undankbar erscheinen, aber ich bin kein kleines Kind mehr.“, grinste er und verdrehte gespielt genervt die Augen, bevor er sich zu seiner Schwester herabbeugte und ihr einen herzhaften Kuss auf die Wange gab.
 

Da erregte eine Bewegung am Eingang Fireballs Aufmerksamkeit. Vergessen war das Gespräch, er starrte wie gebannt auf die Person, welche im Moment von Commander Eagle persönlich begrüßt wurde.

Saber und April, denen das Mienenspiel ihres Kollegen aufgefallen war, wandten sich ebenfalls um und in diesem Moment trat der Commander ein Stück zur Seite und gab den Blick auf den Mann frei, den sie seit fünf Jahren nicht mehr gesehen hatten und auf den sie seit damals warteten.

Robin und Josh folgten ihrem Blick, die Lehrerin wurde blass und hielt sich unwillkürlich am Arm ihres Bruders fest, der beschützend die Rechte um sie schlang, damit sie sich an ihn anlehnen konnte.

„Ach nein, pünktlich zum Held spielen ist er wieder da.“, murmelte der Junge mit finster zusammengezogenen Brauen, aber keiner beachtete seine Reaktion.

Sie alle beobachteten Colt, welcher locker mit dem Commander redete. Was er sagte konnten sie aus dieser Entfernung nicht verstehen, aber unabhängig voneinander stellten sie fest, dass er sich in den letzten Jahren kaum verändert hatte. Der Cowboy trug ein weißes Hemd und entgegen aller Erwartungen war er ohne Hut unterwegs. Die braunen kurzen Locken waren vielleicht ein wenig länger als früher, aber die Augen blitzen immer noch übermütig im braungebrannten Gesicht. Er sah gesund und munter aus und vor allem Robin und April atmeten erleichtert auf.

In diesem Moment sah Colt sich neugierig um und entdeckte seine ehemaligen Kollegen. Er sagte noch etwas zum Commander, der daraufhin nickte, dann begann er sich durch die vielen Leute einen Weg in ihre Richtung zu bahnen.

„Bitte entschuldigt mich.“, murmelte Robin erstickt und eilte davon, Josh folgte ihr eilig. Sie sahen ihr besorgt nach, aber das Wiedersehen mit ihrem Kollegen nach all der Zeit hielt sie davon ab, der Lehrerin ebenfalls nachzugehen. Hin und Her gerissen zwischen der Besorgnis um Robin und dem Wiedersehen überwogen bei den Star Sheriffs schließlich die Neugier und die Freude. Sie konnten es kaum erwarten, mit ihm zu sprechen und endlich Antworten zu bekommen.
 

Colt war inzwischen nur noch wenige Meter entfernt und sie gingen ihm das letzte Stück entgegen. Die wenigen Menschen, die noch zwischen ihnen standen, traten zur Seite und erst nun sahen sie, dass ihr Teamkollege nicht allein gekommen war. An seiner Hand ging ein etwa sechs oder sieben Jahre altes Mädchen in einer blauen Jeans, einem weißen T-Shirt und einer Jeansweste. Die kleine hatte lange, braune Locken, welche sich um ihre Schultern ringelten, am auffälligsten jedoch waren ihre Augen, aus denen sie jetzt neugierig zu den vier Erwachsenen vor sich aufsah.

Es waren Colts Augen, das Mädchen war ohne jeden Zweifel seine Tochter.

Erstaunt, verwirrt, ungläubig und verständnislos musterten April, Fireball, Saber und Sincia die kleine Erscheinung und im ersten Moment brachte keiner von ihnen ein Wort heraus.

Ein kurzes Schweigen entstand, bis das Kind ihren Vater an der Hand zog und so Colts Aufmerksamkeit von seinen ehemaligen Kollegen auf sich lenkte.

„Sind das die Star Sheriffs?“, wollte sie wissen und Colt nickte. „Du Daddy, die sehen genauso aus, wie auf dem Bild Zuhause.“, stellte sie dann fest.

„Nun ja, vielleicht haben sie ein paar Falten mehr und ein paar graue Haare, aber ansonsten war es ja nicht anders zu erwarten, oder?“, antwortete der ihr mit belegter Stimme und die Kleine kicherte auf. „So wie du von mir graue Haare hast?“, grinste sie schelmisch nach oben.

Colt lachte leise, zersauste ihr die Locken und das Eis war gebrochen.

„Hallo Cowboy, schön dass du da bist.“, machte April den Anfang, bevor sie sich nicht mehr beherrschen konnte und Colt mit Tränen in den Augen um den Hals fiel. „Wo hast du bloß gesteckt, wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht.“, brach es aus ihr heraus.

„Es tut auch gut dich wieder zu sehen, Prinzessin.“, erwiderte Colt rau und umarmte sie fest mit seiner freien Hand. „Es tut mir leid, dass ihr euch Sorgen gemacht habt und ich werde später auf alle Fragen antworten, einverstanden? Das ist eine lange Geschichte und jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.“ Er deutete mit dem Kopf auf das Kind an seiner Seite und die anderen verstanden, dass er vor der Kleinen nicht reden wollte. Außerdem fing die Feier gleich an.

April löste sich von Colt und gab nun auch dem Rennfahrer und dem Ehepaar Rider Gelegenheit, den Cowboy zu begrüßen. Colt gratulierte Saber und Sincia nachträglich zur Hochzeit, doch bevor diese fragen konnten, woher der Cowboy davon wusste, wurde seine Tochter ungeduldig und zupfte ihren Vater erneut energisch an der Hand. Colt lachte und hob sie auf den Arm.

„Entschuldige Schatz, dich hätte ich schon nicht vergessen.“, grinste er. „Diese junge, ein wenig ungeduldige Dame hier ist Emma- Sophie, meine Tochter.“, stellte er die Kleine vor.

„Bei der Ähnlichkeit kannst du dass ja auch kaum abstreiten.“, kommentierte Fireball trocken und Colt nickte stolz.

„In ein paar Monaten werde ich sieben Jahre alt und ihr dürft ruhig Emmy zu mir sagen.“, verkündete die Kleine.

„Na dann, hallo Emmy, wir freuen uns sehr, so eine entzückende junge Lady wie dich kennen zu lernen.“ Saber nahm galant die kleine Hand und Emma strahlte ihn freudig an. April und Sincia waren hingerissen von diesem strahlenden Lächeln und Fireball grinste.

„Deine Star Sheriffs sind nett.“, meinte sie und Colt stimmte ihr zu. Dann richtete das Mädchen seine Aufmerksamkeit auf das große Schiff, welches im Mittelpunkt des Raumes von etlichen Halogenscheinwerfen angestrahlt wurde.

„Da ist ja der Bronco und ist das Ramrod? Was sind das für Pferde und das Auto gefällt mir.“, verarbeitete sie ihre Eindrücke in zwei Sätzen und alle lachten.

„Ja das ist Ramrod und den Bronco habe ich gestern Abend hergebracht, als du schon friedlich in deinem Bett schliefst und Dooley auf dich aufgepasst hat.“ Colt betrachtete den Friedenswächter und einige Wehmut überkam ihn, als er an seine Zeit als Star Sheriff zurückdachte und all die Abenteuer, die er gemeinsam mit seinen Teamkollegen erlebt hatte. Seit nun mehr fünf Jahren hatte er dies alles nicht mehr gesehen und wann immer er von Erinnerungen gepackt wurde, hatte er sich energisch zusammengerissen und sich auf seine Aufgabe konzentriert.

„Der ist ja noch viel größer als du gesagt hast.“, staunte die Kleine. „Können wir uns ein bisschen darin umgucken?“

„Gleich meine Süße. Zuerst hören wir uns die Eröffnungsrede an.“, antwortete Colt seiner Tochter.

„Ja, und diese wird auch gleich beginnen. Wir sollten nach vorn gehen.“, nahm Saber Rider nach einem Blick auf seine Uhr das Stichwort auf. Colt stellte Emma wieder auf ihre Füße und nahm sie fest an die Hand, bevor sie alle gemeinsam in Richtung Ramrod gingen, wo eine kleine Tribüne mit Rednerpult aufgebaut war. Emma fasste zu aller Überraschung mit dem anderen Arm nach Sabers Hand, der sie lächelnd ergriff und dann hopste sie fröhlich zwischen den Erwachsenen mit.

„Sag mal Cowboy, die Kleine ist süß und war schon eine Überraschung, aber wo hast du die Mutter dazu versteckt?“, raunte Fireball ihm leise zu.

„Die einzige Frau in meinem Leben ist Emma.“, erwiderte Colt rätselhaft und schüttelte dann den Kopf. „Später Turbofreak, hier stehen kleine Ofentüren offen und alles ist noch nicht für ihre Ohren bestimmt. Aber ich verspreche, ich werde euch alles erzählen.“

Der Rennfahrer nickte zustimmend, aber ihm war deutlich anzusehen, dass er jede Menge Fragen hatte und das er seine Neugier nur schwer bezwingen konnte.

3. Kapitel

Einige Stunden später brachte Colt seine völlig übermüdete, aber glückliche Tochter in ihre Hälfte des Doppelzimmers im Schlafzimmer des Hotels, wo sie während ihres Aufenthaltes auf Yuma wohnten.

Er hatte eigentlich ein Appartement mit zwei Schlafzimmern mieten wollen, aber durch die Feierlichkeiten waren fast alle Hotels ausgebucht gewesen. Wenn er es sich richtig überlegte, fand er diese Lösung sowieso besser.

Er gab Emma, die schlief sobald ihr Kopf das Kissen berührt hatte, noch einen liebevollen Kuss auf die Stirn, bevor er das Zimmer verließ und ins angrenzende Wohnzimmer ging, wo Saber, Sincia, Fireball und April sich auf die verschiedenen Sitzgelegenheiten rund um den Couchtisch verteilt hatten und auf ihn warteten.

Der Cowboy ließ sich neben April auf die Couch fallen und wusste nicht so richtig, wie er beginnen sollte. „Das ist zwar nicht Ramrods Küche, aber es ist fast wie in alten Zeiten.“, meinte er unbeholfen.

„Deine Tochter ist reizend.“, half Sincia ihm, das Schweigen zu unterbrechen und lächelte ihn an.

„Danke, sie mein ganzer Stolz, mein ein und alles.“, erwiderte er.

„Das merkt man Kumpel. Die Fragen sind nun, wo sie herkommt, wo die Mutter ist und weswegen du einfach so verschwunden bist. Es ist offensichtlich, dass sie noch während unserer Zeit als Star Sheriffs gezeugt wurde, oder?“, fragte Saber direkt und sprach damit aus, was allen auf der Zunge lag.
 

Colt nickte und lehnte sich auf der Couch zurück, die Augen auf die Wand gegenüber gerichtet.

„Ich habe euch ja versprochen, dass ich euch auf alle Fragen eine Antwort geben würde.“, begann er. „Ab jetzt der Reihe nach, damals haben sich die Ereignisse dann überschlagen. Emma ist das Ergebnis einiger weniger unvergesslicher Wochen, die ich mit ihrer Mutter Sophia verbrachte. Sie war unglaublich lebenslustig, hat viel gelacht und ihre ganze Art hat mich tief beeindruckt. Wir hatten Urlaub und ich lernte Sophia in einer Bar kennen, wo sie gerade den Lokalmatador im Billard fertig gemacht hat. Wir kamen ins Gespräch und den Rest könnt ihr euch denken. Wir waren drei Wochen unzertrennlich, aber wir beide wussten, dass unsere Zeit begrenzt war. Jeder hatte sein eigenes Leben und zwischen uns gab es jede Menge Leidenschaft und freundschaftliche Gefühle, aber es war keine Liebe im Spiel. Nach diesem Urlaub kehrte ich zu den Star Sheriffs zurück und habe sie nie wieder gesehen oder etwas von ihr gehört.“

„Aber was war mit Emma?“, unterbrach ihn April. „Ich meine, ihr müsst doch… Und wieso hast du uns nichts von ihr erzählt?“

„Ich wusste selbst nichts von der Kleinen.“, gestand Colt und beobachtete die verwirrten Gesichter seiner Freunde. „Sophia hat sich nie mit mir in Verbindung gesetzt, um mir zu sagen, dass sie schwanger ist. Sie wollte nicht, dass ich mich verantwortlich für sie fühle oder am Ende aus Pflichtgefühl ihr gegenüber vielleicht sogar meinen Job an den Nagel hänge. Sie wusste, was dieser mir bedeutet hat und wie wichtig unser Kampf gegen die Outrider war. Und sie hat dies unterstützen wollen, indem sie nichts gesagt hat.“ Colt schwieg eine Weile.

„Was ist dann passiert?“, fragte Saber schließlich vorsichtig.

„Nach dem Ende meiner Beziehung mit Robin fiel meine Welt in Trümmern zusammen. Alles was ich mir erträumt hatte, hatte ich verloren. Und gerade in der Zeit, als ich irgendwann mal allein an Bord von Ramrod war, kam eine Hypercom Verbindung rein. Es war ein Arzt von Sophias Heimatplaneten und er teilte mir mit, dass sie als seine Patientin im Krankenhaus liege. Sie wollte mit mir sprechen und hatte ihm außerdem die Erlaubnis erteilt, seine ärztliche Schweigepflicht zu brechen. An jenem Abend erfuhr ich, dass sie ihm Sterben lag, dass sie an einer seltenen Blutkrankheit litt und keine Möglichkeit mehr gab, sie zu heilen. Ihr Wunsch war es gewesen, dass er mich findet und bittet, zu ihr zu kommen, sie müsse vor ihrem Tod unbedingt mit mir reden. Ich konnte diese Bitte nicht abschlagen, also bin ich los. Vielleicht hätte ich Bescheid sagen müssen, aber ihr wusstet nichts von ihr und ich wollte keine langen Erklärungen abliefern, ehe ich nicht wusste, was sie wollte.“

Bei der Erinnerung an dieses Gespräch schloss er die Augen und April streichelte tröstend seinen Arm, während sie und die anderen den Cowboy entsetzt und mitleidig ansahen.

„Ich traf noch am selben Abend im Krankenhaus ein und ging sofort zu ihr. Sie war schon zu schwach, um noch aufstehen zu können, sah blass aus und so zart, dass ein Windhauch sie hätte umpusten können. Aber sie war immer noch wunderschön und in ihren Augen spiegelte sich noch so viel Kraft, ich weiß nicht, wo sie die noch hergeholt hat. Wir haben ein langes Gespräch geführt und sie hat mir von meiner Tochter erzählt, die in dieser Zeit bei Freunden von Sophia war. Außerdem hat sie mich gebeten, mich nach ihrem Tod um Emma zu kümmern und dafür zu sorgen, dass sie sicher und behütet aufwachsen kann. Ein Kind bräuchte die Liebe seiner Eltern und auch wenn nur ein Elternteil für sie da sein kann, dann solle es eben so sein. Das waren ihre genauen Worte, ich habe sie nie vergessen.

Und ich habe ihr dieses Versprechen gegeben.

Danach bin ich in ein Hotel und habe mich dort in der Bar besinnungslos betrunken, während ich mir meine Möglichkeiten überlegt habe. In jener Nacht hat sich mein ganzes Leben schon wieder geändert gehabt und ich musste einige Entscheidungen treffen. Als ich am nächsten Tag wieder einigermaßen nüchtern war, bin ich zu Commander Eagle gegangen und habe gekündigt. Gleichzeitig habe ich ihm mitgeteilt, dass er im absoluten Notfall über Dooley Kontakt mit mir bekommen kann, danach habe ich Yuma verlassen.

Ich bin wieder zu Sophia ins Krankenhaus und habe sie gebeten, oder besser überredet, meine Frau zu werden.“

„Du lieber Himmel Colt, und was war mit Robin? Oder mit uns? Wieso hast du nicht mit uns gesprochen?“ April musste diese Fragen einfach dazwischen werfen, als der Cowboy eine kurze Pause machte und tief Luft holte.

Colt sah sie bedrückt an. „Versteht mich nicht falsch. Ich liebe Robin, aber unsere Beziehung war nicht mehr. Und damals konnte ich mir nicht vorstellen, dass sich daran noch etwas ändern würde. Was euch angeht, ich habe hin und her überlegt, ob ich euch einweihen sollte, aber mich dagegen entschieden. In meinem Kopf war alles durcheinander und ich wollte keine Ratschläge oder Vorhaltungen, dass ich einfach so ein Kind gezeugt hatte und nun mit den Folgen leben müsste. Alles war auch so schon schwer genug und ich hatte meine Entscheidung getroffen und wollte nicht, dass mir dort irgendjemand reinreden konnte, auch ihr nicht.

Ihr habt Sophia dort in diesem Krankenhaus nicht liegen sehen. Sie war die Mutter meiner Tochter, hatte nicht mehr viel Zeit zu Leben und ich konnte mich nicht einfach rumdrehen und gehen. Ich konnte nicht darauf warten, dass irgendein Anwalt mich anruft, mir von ihrem Tod berichtet und mir sagt, wo ich mein Kind abholen solle.

Ich war damals überzeugt, das Richtige getan zu haben und ich bin es auch heute noch, auch wenn ich euch einfach so zurückgelassen habe.

Ich bin bei Sophia geblieben und wir haben noch im Krankenhaus geheiratet. Ich habe von meinen Ersparnissen eine kleine, aber gut gehende Pferderanch gekauft und meine Frau und mein Kind nach Hause geholt. Die Ärzte im Krankenhaus haben uns klar gemacht, dass sie nichts mehr tun konnten und Sophia war glücklich, dass sie ihre letzten Wochen nicht in einer Klinik lag und mit unserer Tochter verbringen durfte. Drei Monate später ist sie gestorben und ich war plötzlich allein erziehender Vater eines kleinen Mädchens, welches noch dabei war, sich an mich zu gewöhnen und nebenbei die Welt für sich entdeckte. Anfangs lief alles noch ein wenig holprig und wir hatten unsere Schwierigkeiten miteinander, aber ich habe eine Haushälterin eingestellt und Emma hat unsere Herzen im Sturm erobert. Sie ist so ein Engel. Ein Lächeln von ihr und ich versuche, ihr die Welt zu Füßen zu legen.“

Colt hielt inne und ließ seinen Freunden Zeit, das Gehörte zu verarbeiten.
 

„Deine Handlungsweise ist nachvollziehbar.“, begann Saber schließlich und sowohl seine Frau, als auch Fireball und April nickten bestätigend.

„Was ich nicht verstehe, „ fuhr April fort. „ist, warum hast du dich nicht nach Sophias Tod gemeldet? Ich meine, wir hätten dir doch helfen können und wären für euch da gewesen. Wir alle haben uns große Sorgen gemacht und Robin hat unendlich gelitten, als du einfach so verschwunden bist. Oh wie ich meinem Vater übel nehme, dass er uns nichts gesagt hat, obwohl er mehr wusste.“

Colt schüttelte den Kopf. „Dein Vater hatte keine Ahnung, wo er mich finden konnte. Er hatte nur Dooley als Anhaltspunkt. Von Sophia, Emma oder der Hochzeit hat er auch nichts gewusst.“, stellte er klar. „Ich konnte nichts sagen und ich konnte nicht zurückkommen. Das ich euch verletzt habe, war mir klar. Das Robin verletzt war, war mir auch bewusst, aber wir waren getrennt. Wir haben beide zu viele Fehler gemacht und ich war nicht mehr überzeugt davon, dass wir das wieder hinbekommen würden. Dafür war zu viel passiert.

Denkt ihr, mir ist es leicht gefallen, all das hier einfach zurück zu lassen? Aber was sollte ich denn machen.

Auf einmal war ich Vater, die Mutter schwer krank und ich konnte nicht zurück. Ich hatte die Verantwortung für beide übernommen und in dieser Situation weiter als Star Sheriff arbeiten ging auch nicht.

Ich konnte keine Mission mehr mitfliegen, aber ich wollte auch nicht durch euch damit konfrontiert werden, was ich alles aufgegeben hatte. So war es einfacher für mich. Ich wurde rund um die Uhr gebraucht. Wenn ich nicht gerade Sophia gepflegt habe, war ich damit beschäftigt, Emma kennenzulernen und rauszufinden, was sie mag und nicht mag, was ihr gefällt, was sie gern isst und glaubt mir, Möhren gehören nicht dazu.“

Colt erlaubte sich ein schwaches Grinsen. „Sie hat mich etliche Nerven gekostet und noch mehr Maschinen Wäsche, aber ich würde keine Minute dieser Zeit eintauschen wollen. Ich war kein Star Sheriff mehr, sondern nur noch Krankenpfleger, Hausmann und Vater. In den ersten Monaten hatte ich gar keine Zeit, mich meiner Trauer und den Gedanken über das Ende der Beziehung mit Robin hinzugeben und danach, als sich alles einigermaßen eingerenkt hatte, habe ich mich immer wieder abgelenkt. Sicher, ich habe schon darüber nachgedacht, aber es gab da Emma und die war einfach wichtiger.

Ein kleiner Dreikäsehoch, der seine Mummy nur noch im Bett liegend gesehen hat, sie vermisste und sich nur langsam an mich gewöhnte, genauso wie ich Zeit brauchte, um viele Dinge zu lernen und mich mit der neuen Situation abzufinden. Sophia und ich waren nur Freunde, zwischen uns ist nichts gelaufen, aber auf freundschaftliche Art habe ich meine Frau geliebt und Sophia wusste das, ihr ging es nicht anders. Sie hat nie gefragt, ob es in meinem Leben eine Frau gegeben hat und ich habe ihr nie von Robin erzählt. Das alles gehörte seit dem Anruf aus dem Krankenhaus zur Vergangenheit. Sophias Wohl kam an erster Stelle und sie hat immer wieder gesagt, dass sie glücklich ist, dass ich Emma anerkenne und das sie weiß, dass das Kind sehr glücklich aufwachsen wird. Und sie war in den letzten Wochen nicht allein, ich hab sie in dieser Nacht im Arm gehalten, während Dooley auf Emma aufgepasst hat. Ihr Tod war schlimm für uns beide und ohne Dooleys Hilfe hätte ich nicht gewusst, wie es weitergeht.“ Colt hielt einen Moment inne. „Das war es, Ende der Geschichte. Seitdem habe ich Pferde gezüchtet und meine Tochter großgezogen. Außerdem habe ich nie versucht zurückzublicken. Dooley hat mich grob auf dem Laufenden gehalten und mir unter anderem auch von eurer Hochzeit erzählt, Saber. Ich hoffe, euer Geschenk hat euch gefallen.“

Er begegnete dem überraschten Blick der Eheleute mit einem listigen Grinsen.

„Der Whiskey und der Sattel für Sincia. Das einzige Geschenk ohne Absender, wir wussten nie, bei wem wir uns bedanken sollten.“, entfuhr es Saber und Colt nickte.

„Dooley hatte was von Reitstunden erzählt und ich dachte, die Idee wäre nicht schlecht.“, erwiderte er.

„Oh Colt danke.“ Sincia war gerührt. „Das Geschenk war wundervoll und den Sattel habe ich noch, ich reite so oft es geht.“

„Gern geschehen.“ Colt senkte peinlich berührt den Kopf, so hatte er sich nicht ins rechte Licht rücken wollen war ihm dann doch unangenehm. „Ich sehe mal kurz nach Emma. Manchmal schläft sie unruhig und strampelt die Decke beiseite. Und ich hab keine Lust auf Schnupfen, Husten und Halsweh, nur weil ich nicht aufgepasst habe.“

Er stand auf und ging schnell ins angrenzende Schlafzimmer.
 

Zurück ließ er erstaunte, berührte und nachdenkliche Menschen. Dieser ernste, verantwortungsbewusste und liebevolle Vater war ungewohnt, seine Geschichte hatte sie gerührt und jeder versuchte für sich das Ganze zu verarbeiten.

Sie alle hatten sich in den letzten Jahren verändert und weiterentwickelt, aber Colt hatte sich einer Verantwortung gestellt und Dinge getan, die keiner von ihnen ihm jemals zugetraut hatte.

Als der Cowboy zurückkam, hatten sie sich wieder gefasst.

„Deine Kleine ist ein richtiger Schatz.“, lächelte April ihn liebevoll an. „Wehe du verdrückst dich jetzt wieder für die nächsten Jahre, dann komm ich persönlich vorbei und dann kannst du was erleben.“, drohte sie scherzhaft. „Ich glaube, ich bin gerne Tante April.“

Colt sah sie verdutzt an, dann lachte er befreit auf und zog sie in die Arme.

„Keine Sorge Prinzessin, es reicht schon, wenn Emma mir dauernd Feuer gibt, bei ihr hab ich nur den Vorteil, dass ich der Daddy bin und sie das Kind. Vor dir dagegen…“ Er verzog bedeutungsvoll das Gesicht. „Ich erinnere mich noch gut an gelegentliche Knuffe und Tritte, wenn ich mich mal wieder daneben benommen habe.“

Nun lachten sie alle.
 

Auf einmal sah Colt jedoch wieder ernst und ein bisschen nervös aus.

„Ähm sagt mal…“ Er räusperte sich. „Kann es sein, dass ich auf der Feier heute Robin gesehen habe oder war da der Wunsch Vater des Gedankens?“

„Ja, sie war da, gemeinsam mit Josh.“, antwortete Saber. „Aber kaum hat sie dich gesehen, hat sie fluchtartig den Raum verlassen.“

„Das war ja zu erwarten.“, meinte Colt niedergeschlagen. „Ich hätte ja auch nicht damit gerechnet, dass sie mir freudig um den Hals fällt, aber dass nicht mal Hallo sagt ist wirklich schade.“

„Na ja Colt, ein bisschen verstehen kann ich sie ja.“, meinte April. „Damals kam sie zu uns, kurz nachdem du verschwunden warst und hat dich gesucht. Sie wollte mit dir reden und dir erklären, wieso Josh sich so verhalten hat. Außerdem hatte sie wohl viel Zeit zum Nachdenken und hat ihre Fehler eingesehen, zumindest einen Teil davon. Robin wollte von vorn anfangen.“ Schnell erzählte die Blondine ihm die Kurzversion der Ereignisse nach Colts Weggang und der Cowboy wurde sichtlich blass unter der Sonnenbräune.

„Das wusste ich nicht.“, sagte er schließlich betroffen, nachdem er auf dem aktuellen Stand war. „Meine arme Robin… Aber schön, dass Josh sich so gut entwickelt hat.“ Dass Robin die Probleme mit ihrem Bruder in den Griff bekommen hatte, freute ihn aufrichtig.

„Robin hat wirklich lange gebraucht, bis sie verwunden hat, dass du nicht mehr zurückkommst und dich auch nicht melden wirst.“, meinte Fireball in die entstehende Stille herein. „Sie hat monatelang gelitten und Eagle wieder und wieder gebeten, ihr doch zu sagen was er weiß. Irgendwann hat sie aufgehört, ihn zu fragen und ihr Leben weitergelebt.“

„Und ich nehme mal an, sie jemand anderen gefunden?“, wollte Colt wissen, aber der Rennfahrer schüttelte den Kopf.

„Nein, sie hatte zwar Chancen und viele Männer haben versucht, sich mit ihr zu verabreden, aber sie hat alle Einladungen abgelehnt.“, sagte nun wieder April und der Cowboy atmete verstohlen auf.

„Colt, kann es sein das du immer noch viel für sie empfindest?“, fragte sie dann direkt nach, denn seine Reaktion war niemandem der anwesenden entgangen.

„Schuldig im Sinne der Anklage.“, erwiderte Colt mit einem müden Lächeln. „Es hat seit ihr nie eine andere für mich gegeben. Warum auch, Robin ist die Frau meines Lebens. Oder richtiger, sie war es. Denn das sie mit mir nichts mehr zu tun haben will, war offensichtlich.“

Saber schüttelte den Kopf.

„Kinder, Kinder, was für eine verfahrene Situation.“, fasste der Highlander zusammen. „Aber dennoch, es ist fast zwei Uhr nachts und ich denke, wir alle brauchen ein wenig Ruhe und Zeit, um über alles nachzudenken. Wie lange bleibt ihr auf Yuma Colt?“

„Ein paar Tage. Ich habe Emma versprochen, ihr alles zu zeigen und Commander Eagle wurde von ihr ebenfalls um den kleinen Finger gewickelt. Er gibt ihr morgen eine Privatführung durch das Oberkommando. So schnell konnte ich gar nicht gucken, wie sie ihm das Versprechen abgehandelt hatte und im Gegenzug will sie mit ihm eine Runde ausreiten, wenn er uns mal besucht.“

April lachte laut auf, die anderen grinsten breit. „Vor deiner Tochter muss man sich also in Acht nehmen, sie ist genau so ein Schlitzohr wie ihr Papa, was?“, lächelte.

„Eine Frage hätte ich noch Cowboy.“, meinte Fireball. „Wie kommt es überhaupt, dass ihr heute hierher gekommen seid? Ich meine, fünf Jahre Funkstille und dann back to Beginnings oder wie?“

„Nicht ganz.“ Colt grinste. „Dooley hatte mir die Einladung nach Hause hinterher geschickt und Emma geht inzwischen zur Schule. Ich habe vergessen, das Kuvert wegzupacken, mein ach so schlaues Kind hat den Brief gefunden, entziffert und ab dann gab’s kein Halten mehr. Sie wollte unbedingt hierher und im Moment sind Ferien, also sind mir irgendwann die Argumente gegen ihren wirklich überzeugenden Dickschädel ausgegangen.“

Wieder gab es Gelächter und Fireball boxte den Cowboy gegen die Schulter.

„Noch was, was sie offensichtlich von dir hat, oder? Wir sind ihr auf jeden Fall dankbar dafür. Aber nun gebe ich Saber Recht, wir sollten losmachen und dich schlafen lassen.“ Er gähnte und erhob sich dann wie die anderen auch.

Sie verabschiedeten sich an der Tür und verabredeten sich für den nächsten Morgen um neun im Hotelrestaurant zum Frühstück.

Sie alle waren froh, dass Colt wieder da war und wollten so viel Zeit wie möglich gemeinsam verbringen. Dass so eine Geschichte hinter seinem Verschwinden stecken würde, damit hatte keiner gerechnet, aber seine Tochter war wirklich entzückend.
 

Wenig später legte sich Colt müde neben seine schlafende Tochter ins Doppelbett, wo Emma sich auch gleich an ihn kuschelte. Er nahm sie fest in den Arm und beobachtete das kleine Mädchen noch einige Minuten im sanften Licht der Straßenbeleuchtung, welches durchs Fenster schien und das Zimmer ein wenig erhellte.

„Du warst all das wert meine Kleine.“, murmelte er liebevoll, strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schloss dann auch die Augen. Beim Einschlafen waren seine Gedanken bei Robin.

4. Kapitel

Am nächsten Morgen weckte ein tatendurstiges, kleines Mädchen ihren Vater erbarmungslos um sieben Uhr. Sie sprang so lange auf ihm herum und redete auf ihn ein, bist Colt sich grummelnd erhob und unter die Dusche sprang.

Wenig später waren beide auf den Weg in den Yuma- City Park zum Joggen. Dies hatte Colt sich auf der Farm angewöhnt und seit ungefähr einem Jahr wollte Emma ihren Vater dabei begleiten. Colt ließ sie gerne am Morgensport teilhaben, er genoss die Stunde, die sie gemeinsam und in Ruhe verbrachten, ehe für beide der Tag begann.

Während Emma sich staunend umsah, betrachtete Colt die ihm immer noch vertraute Umgebung von Yuma. Es schien sich nicht viel verändert zu haben und doch war alles anders.

Auf dem Rückweg joggten sie an einem Appartementkomplex vorbei und sein Blick fiel auf ein kleines, rotes Auto. Er erkannte es sofort und sein Herz schlug einige Takte schneller. Entweder hatte Robin den Wagen verkauft oder aber sie wohnte hier. Der Cowboy beschloss, dies so schnell wie möglich herauszufinden, nun jedoch war es erstmal Zeit, ins Hotel zurückzukehren und sich zum Frühstück mit seinen Freunden anzuziehen.
 

Fünfundvierzig Minuten betraten sie geduscht und umgezogen das Hotelrestaurant, wo die anderen schon auf sie warteten.

Colt hob Emma auf einen Stuhl, setzte sich dann neben sie und bemächtigte sich Fireballs Kaffee, den er mit einem genießerischen Seufzen mit beinahe einem Zug herunterstürzte, noch ehe der Rennfahrer Einspruch erheben konnte.

„Zwerg, sieben Uhr, ausgeschlafen.“, meinte er dann nur erklärend und der Rennfahrer verzieh ihm grinsend.

„Vater sein ist eben kein einfaches Los.“, spottete Saber gelassen und faltete die Serviette auf seinem Schoss.

„Tja Amigo, du wirst es ja bald nachvollziehen können nicht wahr?“, erwiderte Colt ironisch und sämtliche Blicke wandten sich ihm zu.

„Woher weißt du das?“ Saber war sich sicher, dass sie am Vortag mit keiner Silbe erwähnt hatten, das Sincia ein Kind erwartete und außer Fireball und April wussten es bisher nur seine Eltern.

Colt schnalzte mit der Zunge. „Ich züchte Pferde Superschwert und ohne Sincia hier beleidigen zu wollen, den Blick kenne ich. Meinen Glückwunsch zum baldigen Nachwuchs übrigens.“

„Du vergleichst mich mit einem Pferd?“ Sincia zog empört die Augenbrauen hoch, aber nicht lange, dann begann sie zu lachen und schüttelte den Kopf. „Du bist echt unglaublich Colt. Danke übrigens, du wirst zur Babyparty eingeladen.“ Die anderen stimmten in ihr Lachen mit ein und Emma, die zwar nicht genau wusste, worum es gerade gegangen war, grinste fröhlich von einem zum anderen.

„So Prinzessin, was möchtest du denn futtern?“, fragte Colt und fing an, die Frühstückskarte zu studieren.

„Eier mit Speck.“, meinte April auch prompt, woraufhin der Cowboy sie verwirrt ansah, Fireball dagegen erneut anfing mit lachen.

„Ich meinte eigentlich meine Tochter.“, stellte Colt richtig und April grinste frech. „Ich weiß, aber dich aus dem Trott zu bringen ist immer noch zu witzig.“

„Was heißt das, Daddy?“, mischte sich Emma ein.

„Das April mich kirre macht.“, erwiderte ihr Vater, grinste aber schon wieder.

„Was heißt das, Daddy?“, fragte die Kleine erneut, da sie den Sinn noch nicht begriff.

„Öhm… Das bedeutet, das April deinen alten Herrn gern ein bisschen ärgert.“, versuchte er es erneut zu erklären und die Kleine nickte verständig. „Genau wie ich, also mach ich dich auch kirre ja?“ Fragend sah sie ihn an und Colt zerzauste ihr in gespielter Verzweiflung die Haare, während die anderen wieder in Gelächter ausbrachen.

Nachdem sich alle ein wenig beruhigt hatten, konnten sie auch endlich ihr Frühstück bestellen. Emma entschied sich für das gleiche wie April, die Blondine gefiel ihr immer besser und sie beide machten ihren Daddy kirre, also hatte sie eine Gemeinsamkeit entdeckt.

Der Kellner nahm ihre Bestellung entgegen und wenig später machten sich alle außer Sincia über das reichliche Frühstücksangebot des Hotels her. Sabers Frau begnügte sich mit trockenem Toast und Tee, während sie kundtat, dass diese Phase der Schwangerschaft hoffentlich bald vorüber war.

„Und was haben wir heute vor?“, fragte Fireball wenig später gesättigt und schon seinen Teller beiseite. „Ich meine, keiner von uns muss heute arbeiten und nach all der Zeit können wir uns ruhig eine Weile auf den Geist gehen.“

„Einkaufen?“, schlug April auch schon vor und drei Männer schüttelten stöhnend die Köpfe.

„Daran haben also auch die letzten Jahre nichts geändert.“, grinste Colt. „Ich bringe Emma dann zu deinem Vater ins Oberkommando, April. Er schien das mit der Privatführung wirklich ernst gemeint zu haben, denn er rief vorhin über Hypercom an und fragte, ob elf Uhr in Ordnung ist. Er wollte sie dann über den Mittag da behalten und Emma ist schon ganz aufgeregt, oder Maus?“

Die Kleine nickte mit vollem Mund, denn sie war immer noch mit ihrem Rührei beschäftigt, welches wesentlich besser schmeckte, nachdem ihr Vater ihr die dummen Speckstreifen weg gegessen hatte.

„Er ist lieb.“, stellte sie fest und setzte gleich noch einen drauf. „Daddy sagt, er ist ein wichtiger Mann und dass es eine Ehre ist, wenn er sich soviel Zeit nimmt. Also bin ich jetzt ein VIP.“

„Wo hast du das Wort denn her?“, fragte Colt nicht wenig erstaunt und sie zeigte auf Fireball. „Hat er gestern auf der Feier gesagt, wir wären die VIPs und extrem wichtig.“

„Ui Kleine, in deiner Gegenwart muss man sich jedes Wort wirklich überlegen.“, staunte der Rennfahrer und Colt nickte. „Vielleicht kannst du jetzt nachvollziehen, wieso ich gestern gewartete habe. Sie hört alles, sie sieht alles und sie merkt sich immer genau das, was sie nicht soll und plappert es dann meist bei passender Gelegenheit wieder aus.“

Colt sagte dies mit deutlich väterlichem Stolz in der Stimme.

„Übrigens, ich habe heute beim Joggen ein Auto gesehen, was mir bekannt vorkam- klein, rot, schnell. Ist es ihres?“

Die Frage war an alle gerichtet und Saber nickte. „Ja, sie wohnt hier und unterrichtet die Kinder der Unterstufen im Kavallerieoberkommando.“

„Wer denn Daddy?“, fragte Emma neugierig nach und Colt sah sie etwas hilflos an.

April sprang für ihn ein. „Eine alte Freundin deines Daddys aus der Zeit, wo er noch hier auf Yuma gelebt hat, bevor ihr die Farm hattet.“, erklärte sie, erntete einen dankbaren Blick von Colt und gleich darauf wechselte dieser auch das Thema, bevor Emma weiterfragen konnte. Er lenkte sie ab, indem ihr vorschlug, April und den anderen doch von ihrem Pferd und Zuhause zu erzählen und bis zum Ende des Frühstücks lauschten sie alle Emmas Geplapper über Pferde, Mitschüler und den Hund, den sie sich wünschte.
 

Pünktlich um elf Uhr lieferte Colt seine Tochter dann bei Commander Eagle ab, der sie schon erwartet hatte.

Der Commander teilte ihm noch einmal persönlich mit, wie froh er war, das Colt der Einladung gefolgt sei und obwohl er neugierig war, wie es dem ehemaligen Star Sheriff in den letzten Jahren ergangen war, hielt er sich zurück und widmete sich ganz seinem kleinen Gast.

Die Freunde ließen Emma beruhigt in seiner Obhut zurück und April und Sincia überredeten Fireball und Saber, mit ihnen doch einen kleinen Einkaufsbummel zu wagen, vorzugsweise zu Babyausstattern.

Colt nutzte die Gelegenheit und schob eine Verabredung vor, die ihn ungefähr zwei Stunden lang beschäftigen würde, also trennten sie sich und wollten sich später zum Mittagessen wieder im Oberkommando treffen

5. Kapitel

Unsicher trat Colt zwanzig Minuten später vor dem Reihenhaus, wo er am Morgen Robins Auto entdeckt hatte, von einem Fuß auf den anderen. Er hatte ihren Namen auf dem Klingelschild gelesen und ohne Frage, sie wohnte hier. Nun zögerte er, den kleinen Knopf zu drücken auch wenn er sich andererseits nichts sehnlicher wünschte.

Das Auto war weg, vermutlich war sie gar nicht Zuhause.

Zumindest konnte er sich dann nicht vorwerfen, es nicht wenigstens versucht zu haben.

Entschlossen klingelte er und eine kleine Ewigkeit lang passierte gar nichts. Colt wollte schon kehrtmachen und zum Oberkommando zurückkehren, da öffnete sich die Tür und ein junger Mann in Jeans und T-Shirt stand vor ihm.

Colt musste nur eine Sekunde überlegen.

„Josh?“, rief er erstaunt aus. „Meine Güte, wo bist du denn hingewachsen?“

Während Colt sich über das Wiedersehen freute, zog Josh finster die Augen zusammen.

„Das hat ja nicht lange gedauert.“, knurrte er und machte keine Anstalten, die Tür weiter zu öffnen. „Sie ist nicht da und im Übrigen will sie dich auch nicht sehen.“

Colt sah ihn betroffen an.

„Und du offenbar genauso wenig.“, stellte er dann fest. „Lässt du mich trotzdem rein?“

Josh rang mit sich, dann öffnete er zögerlich die Tür und ließ Colt ins Wohnzimmer. „Sag was du zu sagen hast, aber mach’s kurz ich hab nicht viel Zeit. Robin wird erst gegen Abend da sein, aber jetzt wo du weißt, dass sie dich nicht sehen will, wirst du wohl hoffentlich nicht noch mal hier auftauchen.“, grollte er.

Colt war betroffen von Joshs Worte, aber er ließ es sich nicht anmerken und sah sich stattdessen in dem geschmackvoll eingerichteten Raum um.

„Ich habe dir nie was getan Josh.“, stellte er dann fest und sah sein feindseliges, junges Gegenüber an, bis dieser den Blick senkte. „Warum hasst du mich so? Früher waren wir mal Freunde.“

„Du bist weggegangen ohne ein Wort zu sagen. Und dann hast du Yuma ganz verlassen und Robin war monatelang völlig fertig. Und nun tauchst du fünf Jahre später wieder hier auf und willst da weitermachen, wo du aufgehört hast.“, warf der Teenager ihm vor.

„Bestimmt nicht.“, erwiderte Colt mit leiser Stimme. „Inzwischen ist viel geschehen und man kann nach so langer Zeit nicht einfach da anknüpfen, wo der Faden gerissen ist. Alles was ich wollte ist, euch sehen und hallo sagen. Mich freut es aber, dass du auf der Schule des Oberkommandos so tolle Leistungen erzielt hast und nun als Kadett weitermachen kannst.“

Josh sah ihn überrascht und betroffen an. „Woher weißt du das?“

„Zum einen, weil Saber es gestern Abend erzählt hat, zum anderen weil Dooley in unregelmäßigen Abständen mal nachgehorcht hat, was du und deine Schwester so treiben.“

„Warum nicht du selbst?“ Die Worte des Exfreundes seiner Schwester überraschten Josh völlig und er wusste nicht, was er davon halten sollte. Seine Aggressionen wichen zunehmender Neugier.

„Es ging einfach nicht Josh.“, erwiderte Colt rätselhaft. „Es ist zuviel passiert.“

„War es meinetwegen?“ Die Frage war heraus, noch bevor Josh sie zu Ende gedacht hatte und entsetzt sah er den Cowboy an. Das hatte er nicht sagen wollen, Colt hatte nicht merken sollen, dass diese Frage ihn seitdem beschäftigte und er sich schuldig fühlte.

„Was meinst du damit?“, fragte Colt entgeistert zurück.

Nun gab es kein zurück mehr und wenn Josh ehrlich mit sich selbst war, dann brauchte er diese Antworten, sonst würde er nie Ruhe finden.

„Colt, ich habe euren letzten Streit gehört, jedes Wort. Ich bin an diesem Tag nicht in mein Zimmer gegangen, sondern habe auf der Treppe gelauscht. Ich habe mich damals mit Absicht so daneben benommen, weil ich gehofft hatte, dass Robin mich dann ins Internat des Oberkommandos schickt, denn das war es, was ich wollte. Das die Situation so eskalierte habe ich nicht gewollt. Ist es meine Schuld, dass du gegangen bist?“

Colt erkannte, dass Joshs Wut nur seiner Unsicherheit und der Angst entsprang, dass er dieses Zerwürfnis herbeigeführt haben könnte.

„Setzen wir uns!“, schlug er vor und Josh folgte ihm bereitwillig zum Esstisch.

„Josh, egal was damals passiert ist, du warst nie schuld daran, dass ich weggegangen bin.“, erklärte der Cowboy ruhig, nachdem sie sich gegenüber saßen. „Vielleicht haben diese ganzen Streitereien wegen deines Verhaltens die Dinge ein wenig beschleunigt, aber deine Schuld war es nicht, egal was du an jenem Abend gehört hast.

Hör mal, du warst ein zwölfjähriger Junge, der keinen anderen Weg mehr gesehen hat, um mit uns zu reden. Hätten wir eher auf dein Verhalten geachtet oder hätte ich eher mit Robin über deine Wünsche gesprochen oder wäre am Ball geblieben, anstatt vom ersten Streit an Klein bei zu geben, dann wären viele Dinge vielleicht anders gekommen und deine Wünsche wären eher erfüllt gewesen.

Aber Robin hatte sich so lange allein um dich gekümmert und die richtigen Entscheidungen getroffen, dass ich mich ehrlich gesagt schuldig gefühlt habe, ihr überhaupt zu widersprechen. Andererseits habe ich so viel Zeit mit dir verbracht gehabt, dass ich irgendwie auch der Meinung war, ich hätte nicht ganz Unrecht, indem ich ihr reingeredet habe. Und es gab noch andere Dinge, die mich zunehmend gestört haben, allerdings habe ich um des lieben Friedens willen lieber meine Klappe gehalten, obwohl ich es mich innerlich beschäftigt und zerfressen hat. Robin und ich waren beide nicht ganz ehrlich und aufrichtig zueinander und selbst wenn du dich tadellos und mustergültig verhalten hättest, wären wir irgendwann richtig aneinander geraten. Wie gesagt, nachdem ich gegangen bin, hatte ich viel Zeit zum Nachdenken und um meine Fehler einzusehen. Ich hätte mir gewünscht, noch einmal mit Robin zu reden und vielleicht hätten wir es noch einmal versuchen können, aber dann sind noch jede Menge anderer Sachen passiert, die mit dir und deiner Schwester gar nichts zu tun hatten und wo ich euch nach allem nicht auch noch hineinziehen wollte, also bin ich weg geblieben und habe über Dooley mitverfolgt, wie erfolgreich du deinen Weg gegangen bist.“

Joshs Miene wurde immer erstaunter, je länger Colt gesprochen hatte.

„Meinst du das wirklich ernst?“, fragte er dann heiser und Colt nickte ernst. „Jedes Wort.“

Das saß und Josh brauchte einige Minuten, um das alles zu verarbeiten. Colt ließ ihn in Ruhe nachdenken.

„Ich hab dich so sehr vermisst Colt.“, gestand Josh dann schließlich rau. „Du warst mein bester Freund und wir hatten so viel Spaß zusammen. Du warst Vater und großer Bruder zugleich.“

„Ich weiß Amigo und wenn ich je einen Sohn haben sollte, dann würde ich mir wünschen, er wäre wie du.“ Colt blinzelte und auch Josh hatte einigermaßen Mühe, die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten.

Aber Männer heulten nicht, schon gar nicht voreinander und nachdem jeder für sich eine kurze Weile in die entgegengesetzte Richtung geblinzelt hatte, hatten sie sich wieder gefangen.

„Und nun?“, fragte Josh schließlich und Colt zuckte die Achseln.

„Ich bin nur hier, weil ich gehofft hatte, mit Robin reden zu können, ihr einige Dinge zu erklären. Gestern Abend war sie so schnell verschwunden und der Zeitpunkt war auch denkbar ungünstig.“

Josh nickte. „Sie wird in ein paar Stunden Zuhause sein.“ Er hatte seine Meinung über Colt grundlegend revidiert und befürwortete ein Treffen der beiden inzwischen, da er wusste, wie sehr seine Schwester immer noch an ihrem Cowboy hing. „Du kannst gern warten.“, bot er an, aber Colt schüttelte den Kopf.

„Sorry Partner, aber ich habe leider nicht so viel Zeit. Aber ich würde gern wiederkommen.“, meinte er. „Vielleicht kann ich es ja morgen Abend einrichten.“

„Bleibst du jetzt auf Yuma?“, fragte Josh und sah den Cowboy hoffnungsvoll an.

Erneut verneinte Colt. „Ich lebe jetzt in den Durango Hills und züchte Pferde.“, antwortete er. „Du kannst uns aber gern mal besuchen kommen, wenn du möchtest.“, bot er an.

„Ernsthaft?“

„Klaro, ich hoffe du reitest immer noch so gerne wie früher.“ Das Leuchten in Joshs Augen verriet Colt, dass sich daran nichts geändert hatte. Dann erhob er sich und Josh brachte ihn zur Tür.

„Danke Colt, das Gespräch war längst überfällig.“, meinte Josh. „Sorry, dass ich dich vorhin so angemotzt habe.“

„Verständlich, vergessen wir’s.“, grinste der Cowboy. „Falls wir uns nicht mehr sehen, frag Saber oder einen der anderen, wie du zu uns kommst, dann schwing dich in einen Gleiter und komm vorbei.“, sagte er noch einmal, bevor er sich umdrehte und zurück zum Mietwagen ging, welchen das Oberkommando ihm zur Verfügung gestellt hatte.

Robins Bruder sah ihm nach und erst nun ging ihm durch den Sinn, das Colt seine Einladung in der Mehrzahl ausgesprochen hatte. Also lebte er nicht allein, bestimmt war er verheiratet. Seine Hoffnungen, dass Robin und Colt wieder zueinander finden würden, sanken auf unter Null.

6. Kapitel

Emma hüpfte fröhlich neben Commander Eagle in den Speisesaal des Oberkommandos. Die letzten Stunden waren aufregend für das kleine Mädchen gewesen. Der Commander hatte ihr mit viel Geduld alles gezeigt, was sie interessierte und sie war sich ungeheuer wichtig vorgekommen, da alle vor dem Kommandanten und demzufolge auch vor ihr salutierten. Außerdem hatte sie ihm helfen können.

Ein Captain hatte dem Commander wichtige Papiere zur Unterschrift gegeben und da er beide Hände brauchte, hatte er sie gebeten, eine Mappe mit Unterlagen zu halten. Diese hatte sie dann auch nicht wieder her gegeben, als der Captain mit den Dokumenten schon lange weiter gegangen war und Eagle hatte dem kleinen Mädchen seine wichtige Aufgabe gelassen.

Nun hatte sie Hunger und ihr neuer großer Freund bestellte für sie beide lecker aussehende Nudeln, während sie den Nachtisch aussuchen durfte.

Dann suchten sie sich einen ruhigen Tisch im allgemeinen Mittagsgetümmel. Sie saßen gerade, als Emma feststellte, dass sie die Löffel zum Schokoladenpudding vergessen hatte und schnell hopste sie noch einmal los, immer unter den wachsamen Augen von Aprils Vater, der aber wusste, dass ihr hier inmitten der Offiziere und Angestellten nichts passieren konnte.

Da sah er Robin, welche mit einem Tablett in den Händen suchend nach einem Tisch Ausschau hielt.

Er rief sie und mit erleichtertem Lächeln kam sie zu ihm und setzte sich ihm Gegenüber.

„Hallo Commander Eagle.“, begrüßte sie ihn.

„Robin, schön Sie zu sehen.“, erwiderte er. „Wie läuft es in der Schule?“

„Alles prima, das Schuljahr ist beinahe vorbei und die letzten Zensuren sind schon fast vergeben.“ Robin musterte neugierig den zweiten Teller. „Störe ich möglicherweise?“, fragte sie höflich.

„Nein ganz und gar nicht.“, erwiderte er. „Die junge Dame in meiner Gesellschaft hat bestimmt nichts dagegen, dass Sie mit uns essen.“ Er lächelte verhalten und blickte dann über Robins Schultern. „Ah, da bist du ja wieder. Hast du die Löffel?“

Robin drehte sich um und sah in Colts Augen im Gesicht eines Kindes, dessen Kopf mit ihrem fast auf Augenhöhe war. Die junge Lehrerin wurde blass, während die Kleine sie fragend und neugierig musterte.

„Ja.“, nickte sie dann und setzte sich wieder. „Hi!“

Robin brachte noch immer kein Wort hervor, sondern starrte sie nur an. Emma sah unbehaglich zum Commander, aber der lächelte nur. „Emmy, das ist Robin, eine Freundin von deinem Vater und Lehrerin hier im Oberkommando. Ich habe dir ja erzählt, dass wir unsere eigene Schule hier haben für die Kinder, deren Eltern hier arbeiten.“

Das Kind nickte, dann sah sie wieder Robin an. „Mein Name ist Emma- Sophie Wilcox.“, stellte sie sich selbst vor und Robin nickte mechanisch.

„Du siehst deinem Vater zum verwechseln ähnlich.“, waren die ersten Worte, die sie herausbrachte, zu groß war der Schock.

Nicht nur das Colt auf einmal wieder da war, nein, er hatte auch noch ein Kind und Robin schätzte es anhand ihres Aussehens auf älter als fünf Jahre. Sie rechnete schnell und kam zu dem Schluss, dass Colt dieses Mädchen schon vor ihrer Zeit gezeugt haben musste. Verletzt fragte sie sich, weswegen er ihr nie von seiner Tochter erzählt hatte und ihr fiel gleichzeitig wieder ein, dass sie ihm in ihrem letzten Streit vorgeworfen hatte, keine Ahnung von Kindererziehung gehabt zu haben.

„Du kennst meinen Daddy?“ Emmas neugierige Frage riss sie aus ihren Gedanken und sie nickte, während sie dem Commander einen hilfesuchenden Blick zuwarf. Dieser verstand, dass Robin bisher nichts von der Existenz des Mädchens gewusst hatte und sprang hilfreich ein. „Dein Daddy war früher oft im ganzen Grenzland unterwegs und da haben Robin und er sich getroffen und angefreundet.“, erklärte er in einfachen Worten.

Emma nickte, schob sich eine Gabel Nudeln in den Mund und man sah ihr an, dass sie nachdachte. Robin konnte den Blick nicht von ihr wenden. Die Kleine war bildhübsch und Colt wie aus dem Gesicht geschnitten. So hätte ihr Kind aussehen können, wenn sie sich damals nicht überworfen hätten. Sie wurde sehr wehmütig und hatte auch keinen Hunger mehr.

„Daddy hatte viele Freunde.“, stellte Emma fest. „Die Star Sheriffs sind wirklich lustig, sie ärgern ihn ständig. Ich mag sie.“

„Du kennst also die Star Sheriffs?“, fragte Robin nach und stellte schon Vermutungen an, warum sie ihr verschwiegen hatten, dass Colt ein Kind hatte.

„Ja seit gestern.“, bestätigte die Kleine und Robin war verwirrt. Gerade hatte sie noch überlegt, wieso die Drei Geheimnisse vor ihr hatten, da warf die Kleine mit einem Satz all diese Überlegungen wieder über den Haufen. „Die haben genauso geguckt wie du, als sie mich gesehen haben.“

Robin sah sie verdutzt an und Emma lächelte strahlend, während der Commander leise lachte.

„Sie hat nicht nur das Aussehen ihres Vaters, sondern auch viel von seinem vorlauten Wesen.“, stellte er belustigt fest. Robin konnte nur nicken, in fast jeder Geste und jedem Wort erkannte sie etwas von Colt wieder.

„Mir gefällt es auf Yuma.“, stellte Emma fest, nachdem sie noch einige Gabeln Nudeln gegessen hatte. „Hoffentlich kommen wir jetzt öfter her.“

„Da bin ich recht zuversichtlich.“, meinte Commander Eagle.

„Was heißt das?“, wollte sie wissen.

„Das bedeutet, dass Commander Eagle keine Bedenken oder Zweifel daran hat, dass du und deine Eltern jetzt öfter hierher nach Yuma kommen.“, erklärte Robin unwillkürlich und zuckte innerlich bei dem Gedanken zusammen, dass Colt mit seiner Tochter und seiner Frau nun vermutlich wirklich öfter herkommen würde. Wieso hätte er sonst nach all den Jahren zurückkehren sollen, wenn er nicht den Kontakt zu seinen Freunden wieder suchte?

„Nur Daddy und ich.“, stellte Emma richtig und die beiden Erwachsenen sahen erst das kleine Mädchen und dann einander an. Commander Eagle zuckte mit den Schultern, Colt hatte ihm nicht viel über sein jetziges Leben berichtet, nur das er eine Farm besaß und Pferde züchtete und das er mit seiner Tochter hier war.

„Meine Mum ist tot.“, erklärte die Kleine und Robin holte überrascht Luft. „Sie ist gestorben, da war ich noch ganz klein, ein Dreikäsehoch, sagt mein Daddy immer. Ich kann mich nicht richtig an sie erinnern. Aber er sagt, dass sie mich sehr lieb gehabt hat und er hat mir viele Bilder gezeigt. Sie war ganz hübsch.“

Emma erzählte dies ganz ruhig und Robin kam nicht umhin, sich wieder ihre Gedanken zu machen. Colts Tochter sprach unbefangen vom Tod ihrer Mutter, sie war wohl wirklich noch zu klein gewesen, um dies richtig mitbekommen zu haben. Die junge Lehrerin wusste nicht, was sie von alledem halten sollte und auch nicht, was sie sagen sollte.

Emma war inzwischen beim Nachtisch angekommen und warf einen Blick auf Robins noch fast vollen Teller und auch der Commander hatte nicht wirklich viel zu sich genommen. „Habt ihr keinen Hunger?“, wollte sie wissen, aber die Ankunft der Riders, sowie Fireballs und Aprils Erscheinen enthob die beiden Erwachsenen einer Antwort.

„Na du Racker, hast du dich ordentlich umgesehen?“, fragte Fireball die Kleine und schob sich frech Emmas vollen Puddinglöffel in den Mund, während er sie angrinste. Emma war abgelenkt und Robin hatte zwei Sekunden, um sich zu fangen, während die vier sich zu ihnen setzten.

April begrüßte ihren Vater mit einem Kuss auf die Wange und schnappte sich dann seinen halbvollen Teller, während Sincia Robins Essen so hungrig musterte, das die junge Lehrerin ihrer Freundin den Teller freiwillig hinschob.

„Danke.“, murmelte diese und begann zu essen. „Ich hatte heute kein Frühstück.“

„Wusstet ihr davon?“, fragte Robin und deutete mit dem Kopf auf das Kind.

„Bis gestern nicht, nein.“, beantwortete Saber ihre Frage. „Das ist eine etwas ungewöhnliche Geschichte, die wohl nur Colt richtig erzählen kann.“

Damit stellte er fest, dass wenn Robin Antworten wollte, sie mit Colt reden müsse. Sie schluckte schwer, denn sie war sich nicht sicher, ob sie das konnte oder wollte.

Ihn zu sehen war ein Schock gewesen und sie hatte an nichts anderes als Flucht denken können. Zuhause hatte sie sich dann eine Närrin gescholten, dass sie ihm nicht wenigstens Guten Tag hatte sagen können, aber das Kind hatte wieder alles geändert.

Sie war hoffnungslos durcheinander, wusste gerade weder was sie denken noch sagen sollte und war dankbar dafür, dass Emma anfing zu erzählen, was sie heute schon alles erlebt hatte und so alle Erwachsenen ins Gespräch mit einbezog.
 

Wenig später verabschiedete sich die junge Lehrerin von ihnen, denn der Nachmittagsunterricht begann und sie musste zurück in ihre Klasse.

7. Kapitel

Als Colt sich nach seiner Rückkehr ins Oberkommando auf die Suche nach dem Commander und seiner Tochter machte, brauchte er gar nicht lange zu fragen. Das Aprils Vater eine neue, kleine Assistentin hatte, hatte sich offenbar schnell herumgesprochen.

Er fand die beiden schließlich in Gesellschaft der Star Sheriffs und Sincia in einem der Konferenzräume beim Kaffee.

Emma saß inmitten eines Berges von Blättern auf dem Fußboden und malte. Bei seinem Anblick sprang sie allerdings auf.

„Daddy, Daddy, das ist voll toll hier.“, rief sie begeistert und stürzte sich glücklich in seine ausgebreiteten Arme und ließ sich von ihm hochnehmen. „Wir waren bei den kleinen Fliegern und im Kommukationszentrum und Nudeln essen.“, strahlte sie ihn an.

„Kommunikationszentrum meinst du bestimmt, mein Schatz.“, grinste ihr Vater zurück.

Sie nickte heftig und die dunklen Locken hüpften um ihre Schultern. „Die müssen ganz dolle aufpassen, damit die Gleiter beim Anflug nicht mit denen vom Abflug zusammenprasseln.“, erklärte sie ihm.

„So? Na du hast aber aufgepasst. Was malst du da?“

Sie zappelte und er setzte sie wieder ab.

„Meinen Hund für Fireball und ein Pferd für Onkel Commander und ein Baby für Saber und Sincia und Ramrod für April und meine Klasse für Robin.“ Sie vertiefte sich wieder in ihre Bilder und ließ ihren Vater sprachlos mitten im Raum stehen.

„Du hast keinen Hund.“, ergänzte Colt automatisch, da sie seit einigen Wochen versuchte, ihn zu einem Hundekauf zu überreden. „Robin?“, wiederholte er dann verwirrt und setzte sich zu den Erwachsenen. „Ich kenne nur eine Robin.“ Sein Gesichtsausdruck war ein einziges großes Fragezeichen.

„Wir haben sie beim Mittagessen getroffen, sie arbeitet doch hier im Oberkommando.“, setzte Eagle den Cowboy ins Bild. „Sie war völlig geschockt beim Anblick der Kleinen.“

„Das kann ich mir vorstellen.“, murmelte Colt heiser wie zu sich selbst. „Da hätte ich mir den Weg auch sparen können.“

„Welchen Weg? Was hast du in der Zwischenzeit angestellt, Cowboy?“, wollte Fireball wissen und alle sahen ihren ehemaligen Kollegen fragend an.

„Ich war bei ihr Zuhause.“, erklärte Colt daraufhin. „Nachdem sie gestern weggelaufen ist, wollte ich einem unvorhergesehenen Zusammentreffen vorbeugen und ihr selbst alles erzählen.“, berichtete er. „Es war nur Josh da und wir haben uns ausgesprochen.“

„Colt, das tut mir leid.“ Eagle sah ihn betroffen an. „Ich hatte ja keine Ahnung, dass Robin nichts von Emma wusste.“

Als sie ihren Namen hörte, horchte das kleine Mädchen auf. „Robin ist komisch. Sie hat kein Wort raus gebracht. Meine Lehrerin redet immer viel mehr, selbst wenn man mal in Ruhe malen will, redet sie einem rein.“, stellte sie fest und sorgte für ein erheitertes Lachen bei den Erwachsenen.

„Tja Maus, wenn Robin deine Lehrerin wäre, dann würde sie bestimmt auch mehr reden und ihr sollt ja in der Stunde bestimmt nicht malen, oder?“, amüsierte sich April.

„Wenn mir aber langweilig ist?“ Emma grinste spitzbübisch und widmete sich dann wieder ihrer Beschäftigung.

„Tochter, du solltest so etwas vielleicht nicht erwähnen, wenn dein Vater daneben sitzt.“ Colt sah sie kopfschüttelnd an, lächelte aber. „Das nächste Elterngespräch kommt bestimmt. Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen Sir.“, wandte er sich dann an den Commander. „Ich habe damit gerechnet, dass so was passieren könnte. Aber das ist wieder mal typisch Colt, zur falschen Zeit am falschen Ort. Wäre ich mal hier geblieben.“ Er seufzte. „Jetzt ist sie bestimmt stinkwütend.“

„Wohl kaum, verwirrt und nachdenklich vielleicht, möglicherweise auch ein wenig geschockt.“, sagte Saber ruhig und Sincia nickte nachdrücklich. „Aber böse sah sie nicht aus und sie kann rechnen. Wenn sie zwei und zwei zusammenzählt, dann weiß sie, dass die Kleine vor eurer Beziehung entstanden ist. Sie fragt sich mit Sicherheit nur, was in den letzten fünf Jahren passiert ist, genau wie wir gestern, als wir euch gesehen haben.“

„Meinst du?“ Colt sah ihn unsicher an. „Ich hätte trotzdem dableiben sollen.“

„Passiert ist passiert.“ Fireball sah es praktisch. „Sieh es positiv. Sie hat die Kleine gesehen und zumindest um dieses erste Aufeinandertreffen kommst du nun herum.“

„Die Frage ist nur, ob ich das auch wollte.“, murmelte Colt in seinen nicht vorhandenen Bart. Da hatte er sich so schön alle Sätze zurechtgelegt, die er ihr hatte sagen wollen und dann kam doch alles ganz anders als geplant. „Nie Planen.“, erinnerte er sich selbst.

„Tja Cowboy, meistens kommt es anders als man denkt.“, meinte April und auf einmal kam der Blondine eine Idee, wo sie sich hüten musste, sich vor Begeisterung die Hände zu reiben. Erst wollte sie mit Saber und Fireball darüber sprechen.
 

*****
 

Emma lag an diesem Abend pünktlich in ihrem Bett im Schlafzimmer des Hotels und Colt wartete nun mit der Fernbedienung in der Hand auf Fireball und April, während er sich ungeduldig durch die Kanäle zappte. Saber und Sincia hatten sich für den Abend entschuldigt, denn Sincia fühlte sich müde und Saber Rider wollte sie nicht allein lassen.

Als es leise klopfte, sprang Colt hoch und hechtete zur Tür, denn er wartete schon auf die beiden Star Sheriffs. „Pünktlichkeit ist eine Tugend.“ Mit diesen Worten riss er die Tür auf und erstarrte.

„Robin!“ Mit ihr hatte der Scharfschütze am allerwenigsten gerechnet.

„Mit der du dich früher nie groß aus der Masse herausgehoben hast. Störe ich?“, fragte sie unsicher und sah in Richtung der Aufzüge, als wolle sie jeden Moment weglaufen.

„Nein, nein, überhaupt nicht. Komm rein!“

Er trat zur Seite und ließ sie eintreten, bevor er die Tür schloss, unsicher, was er als nächstes sagen oder tun sollte.

„Ist Emma schon im Bett?“ Genauso befangen sah sie sich um und entdeckte die Kindersachen und einiges vom Spielzeug des Mädchens.

Der Cowboy nickte. „Nach allem was sie heute erlebt hat, war sie so fix und alle, dass sie sogar die Badewanne abgelehnt hat und nach einer schnellen Dusche schlafen gehen wollte.“

„Das glaube ich dir sofort.“, stimmte Robin zu, dann schwiegen wieder beide.

„Willst du dich nicht setzen?“ Colt war selten um Worte verlegen, aber das hier war etwas völlig anderes. Unsicher sah er seine Exverlobte an. Auf dieses unverhoffte Wiedersehen war er nicht vorbereitet. Es war etwas anderes, sie Zuhause besuchen zu wollen, wo er vorher zwanzig Minuten lang an den Worten gefeilt hatte, die er ihr hatte sagen wollen.

Aber das sie ihm hier gegenüberstand und dann auch noch so wunderschön aussah, Colt fühlte sich wieder wie ein Teenager bei seiner ersten Verabredung.

Robin nickte schnell und ging dann hinüber zur Couch, setzte sich und strich dann mit den Händen verlegen ihren Rock glatt, wobei sie angestrengt zu Boden sah. Nun musste er doch grinsen, auch wenn er genauso aufgeregt war.

„Irgendwie erinnert mich das alles hier an unser erstes Date.“ Schwungvoll setzte er sich neben sie und sah sie an. Robin wusste nicht, worüber sie mehr erschrecken sollte, seine Worte oder das er auf einmal so dicht bei ihr saß.

„Was meinst du?“, fragte sie und ärgerte sich, dass ihre Stimme vor Aufregung drei Oktaven höher zu klingen schien.

„Wir benehmen wie zwei Fremde, die gerade dabei sind, sich kennen zu lernen und nebenbei noch von sogenannten Freunden verkuppelt worden.“ Als er ihren Blick sah, grinste er. „Du willst mir jetzt nicht weiß machen, dass da nicht April dahinter steckt. Ich wette, Sincia geht es bestens und die Vier sitzen irgendwo und grübeln, ob sie uns nicht vielleicht doch zu Hilfe eilen sollten. Vielleicht sogar unten in der Hotellobby.“

Robin musste lachen, denn so und nicht anders war es gewesen. April hatte sie angerufen und sie dazu überredet, heute Abend herzukommen. Seine Worte nahmen ihr jedoch die Anspannung und sie atmete auf.

„Möchtest du was trinken?“, fragte Colt. Sie sah auf sein halbvolles Glas auf dem Tisch.

„Wasser.“ Beantwortete er ihre wortlose Frage.

„Dann würde ich auch gern eines nehmen.“

Colt stand auf und holte ihr ebenfalls noch ein Glas. „Wieso bist du hier?“, fragte er dann direkt.

„Ich weiß es nicht genau.“, gab Robin mit einem vorsichtigen Lächeln zurück. „Vielleicht aus dem gleichen Grund, weswegen du heute bei Josh warst?“

„Erwischt.“, grinste er. „Ich wollte dich einfach nur sehen. Wissen, ob es dir gut geht. Nachdem du gestern weggelaufen bist…“

„Tut mir leid. Ich hatte einfach nicht damit gerechnet, dich zu sehen.“, erwiderte Robin leise.

„Nein, mir tut es leid. Ich hätte nicht einfach auftauchen sollen, oder zumindest dir vorher Bescheid geben. Es wäre zumindest fairer gewesen.“

Sie sahen sich an und lachten dann beide los.

„Hab ich schon erwähnt, dass wir uns albern benehmen?“, grinste er.

„Flüchtig.“ Robin entspannte sich zusehends, was der Cowboy zufrieden zur Kenntnis nahm.

„Erzähl mir von dir.“, forderte er sie bittend auf.

„Dein Leben ist bestimmt sehr viel aufregender gewesen.“, erwiderte sie.

„Vielleicht, aber ich habe zuerst gefragt.“, gab er frech zurück und Robin musste lachen.

„Also gut.“ Sie begann zu erzählen, wie es Josh und ihr in der Zwischenzeit ergangen war, berichtete von ihrem Umzug, dem Schulwechsel des Jungen und der Zeit im Internat, sowie ihrer Arbeit in der Schule des Oberkommandos.

Colt hörte schweigend zu, unterbrach sie nur ab und zu für einige Zwischenfragen, ansonsten hing er an ihren Lippen.

„Jetzt bist du aber dran.“, forderte sie ihn irgendwann auf und lehnte sich dann kopfschüttelnd zurück. „Ich dachte heute, ich sehe nicht richtig, als dein Kind vor mir stand.“

„Kann ich mir vorstellen.“, erwiderte Colt. „So war das auch nicht geplant. Ich wollte dir selbst von ihr erzählen. Vor allem aber, wie ich zu ihr gekommen bin. Damals ging auf einmal alles drunter und drüber und irgendwie hat sich mein Leben täglich um hundertundachtzig Grad gewendet. Ich wusste nur nicht, wie ich es sagen soll oder wie du reagierst.“ Wieder unsicher geworden, sah er sie fragend an.

„Ich weiß es selbst nicht.“, gab Robin zu. „Aber ich bin hier und ich würde gern erfahren, was geschehen ist.“

Der Scharfschütze nickte.

„Allem voran muss ich mich erst einmal bei dir entschuldigen.“, sagte er leise. „April hat erzählt, dass du bei ihnen warst und das ihr euch alle Gedanken gemacht habt. Aber damals erschien mir mein Handeln richtig.“

Dann erzählte er ihr, was er fast auf die Stunde genau vierundzwanzig Stunden eher seinen ehemaligen Kollegen berichtet hatte.

„Damals war ich durcheinander. Ich hätte mich nach Sophias Tod melden können, aber Emma war unglücklich, wir beide traurig und hilflos und dann fiel mir immer wieder ein, mit welchen Worten wir uns getrennt hatten. Ich hab mich nicht mehr als Teil von euch gefühlt und auf einmal hatte ich eine eigene kleine Familie und die Verantwortung für ein kleines Kind. Außerdem wusste ich nicht, wie du reagieren würdest, wenn ich auf einmal mit einem Baby auf dem Arm vor dir stehe und wollte es irgendwie auch gar nicht herausfinden. Es ist schwer das zu erklären.“ Mit diesen Worten schloss er seine Erzählung und ließ Robin Zeit zu reagieren.

Die blonde Lehrerin hatte ihm die ganze Zeit zugehört, ohne ihn zu unterbrechen.

„Colt, ich weiß nicht, was ich sagen soll.“, meinte sie dann. „Ich glaube, ich versteh dich. Obwohl du mich eigentlich soweit hättest kennen müssen, dass ich dir zumindest zugehört hätte. Ich war’s ja gewohnt, dass du mir alle möglichen Geschichten erzählst.“

Er grinste leicht. „Mit mir hast du dir damals ganz schön was eingefangen gehabt oder?“

„Auf jeden Fall, aber ich habe es nie bereut.“, erwiderte sie und dann schwiegen beide und hingen ihren Gedanken nach.
 

„Fehlt es dir manchmal? Ich meine, das Kavallerieoberkommando und deine Arbeit hier.“, fragte die junge Lehrerin irgendwann leise und sah ihn aus ihren blauen Augen fragend an.

Colt ließ sich ihre Frage durch den Kopf gehen.

„Jetzt nicht mehr so sehr. Am Anfang war es wirklich schwer.“, nickte er dann ehrlich. „Ich meine, ich hatte nie vor, dem Oberkommando den Rücken zu kehren. Ich konnte mir damals überhaupt nicht vorstellen, etwas anderes zu tun, ich war glücklich mit dem was ich hatte und dem, was ich tat. Natürlich hat mir alles gefehlt, du glaubst gar nicht, wie oft ich kurz davor war, mir mein Hypercom zu schnappen und mich zu melden. Mein Leben war in meinen Augen perfekt. Ich hatte das Team und ich hatte Josh und dich. Was wollte ich mehr?“ Er zuckte die Achseln und schenkte ihr ein Lächeln, was Robins Knie weich werden ließ. „Auf der anderen Seite drehte sich alles nur um Emma und eigentlich hatte ich gar keine Zeit, mich in Gedanken an die Vergangenheit zu verlieren. Sie war jeden Tag eine neue Herausforderung. Glaub mir, mehr als einmal wären mir eine Horde Outrider wesentlich lieber gewesen, als Emma zu erklären, das ihr Töpfchen nicht dafür da ist, Puppen zu baden.“ Er verzog bei der Erinnerung daran das Gesicht.

Nun war es an Robin, leise aufzulachen, obwohl ein klein wenig Wehmut dabei war. „Ich bin mir sicher, du hast die Hürde gemeistert.“, lächelte sie. „Josh war friedlich, wenn er sein Spielzeugpferd hatte, aber wehe das Spielzeug war irgendwo im Kinderzimmerchaos verschwunden. Es gab großes Geschrei und des öfteren auch nasse Hosen.“

„Oh ja, Emma war zu der Zeit noch mit Keksen bestechlich, aber auch nicht sehr lange.“, bestätigte er und beobachte, wie ihre Augen erstrahlten, wenn sie lachte.

„Du bist noch genauso wunderschön wie vor fünf Jahren.“, sagte er leise und griff dann zögerlich nach ihrer Hand. „Es tut mir leid.“

Robin wurde rot und sah auf den Boden, aber ihre Hand zog sie nicht zurück.

„Du hast dich doch schon entschuldigt.“, meinte sie dann leise.

„Wir haben die Dinge damals falsch angegangen. Heute weiß ich, dass ich hätte versuchen sollen, mehr auf dich einzugehen. Es ist nicht leicht ein Kind allein groß zu ziehen und du hast dich nicht nur um Josh gekümmert, sondern genauso um mich. Wenn man jahrelang alle Entscheidungen trifft, dann ist es schwer, wenn das Kind auf einmal aus dem ihm zugedachten Weg ausbricht, selbst Vorstellungen entwickelt und wenn dann auch noch jemand da ist, der einem in die Erziehung reinredet…“ Bedeutungsvoll brach er ab.

„Nicht nur du hast Fehler gemacht, ich war ja froh, dass du da warst und hätte sollen, die Verantwortung mit dir teilen, statt immer alles allein zu übernehmen.“, gab Robin nach einer kurzen Pause zu. „Ich war nicht bereit, die Verantwortung für unser Leben mit dir zu teilen. Ich hatte meine Vorstellungen, wie alles zu laufen hat und das dies aber nicht auch deine oder Joshs waren, wollte ich nicht wahrhaben. Ich hatte immer so eine Vorstellung im Kopf, wie mein Traummann sein sollte und habe versucht, dich in eine Schablone zu pressen. Dabei habe ich wohl ganz vergessen, dass ich mich in dich verliebt hatte, so wie du warst. Josh sah ich als Lehrer oder Arzt, etwas anderes kam nicht in Frage. Erst du und die anderen haben erkannt, dass er lieber in die Wissenschaft gehen möchte. Planetentechnologie, darauf wäre ich nie von allein gekommen und wie wir beide wissen, wollte ich so was auch gar nicht hören.“ Sie lächelte und schüttelte den Kopf. „Das war so gar nicht mein Gebiet. Als er einen Vulkan nachbauen sollte, wollte ich ihm helfen und was ist passiert? In der gesamten Küche klebte Ketchup verteilt, sogar an der Decke, weil das blöde Ding explodiert ist. April hat ihm dann geholfen, während Saber und Fireball vorgerichtet haben.“

„Aber du hast es hinbekommen.“, erwiderte Colt ruhig. „Auch wenn sich die Dinge damals etwas drastisch geäußert haben, aus Josh ist ein großartiger Kerl geworden. Und Kinder tun sowieso nie das, was man von ihnen erwartet oder sich für sie wünscht. Emma ist auch nicht viel anders.“ Er schwieg kurz und Robin sah ihn fragend an. „Dooley war vor zwei Jahren mit ihr im Zirkus und danach wollte sie fast ein ganzes Jahr lang Clown oder Seiltänzerin werden. Sie hat versucht, ein Seil im Garten zu spannen und darauf zu üben. Das Ende vom Lied waren aufgeschürfte Knie und viel Geheul. Ich musste ihr dann irgendwie begreiflich machen, dass man viel üben muss, um auf dem Seil gehen zu können.“

„Und dann?“ Robin war fasziniert, mit welcher Liebe der Cowboy von seiner Tochter sprach und sie glaubte, nie genug davon hören zu können.

„Ich hab ihr versprochen, dass sie Unterricht bekommt, sobald sie ein Schulkind ist und sie war fürs Erste zufrieden. Danach war sie nur noch ein Clown und damit hat sie wirklich alle verrückt gemacht. Ständig hat sie sich Dreck ins Gesicht geschmiert und weil wir keine Artistenschminke da hatten, war sie nicht wählerisch mit der Auswahl der Utensilien. Mary, meine Haushälterin, hat sie mehr als einmal mit der Mehldose erwischt.“

Robin lachte nun doch laut auf. „Oh je…“

„Das trifft es so ziemlich.“, nickte Colt und beobachtete sie versonnen. „Zum Glück ist diese Phase überwunden, im Moment will sie Hundefrisör werden. Deswegen wünscht sie sich einen Hund und übt das Haare schneiden mit ihren Puppen, die jetzt alles eine moderne Kurzhaarfrisur tragen. Frag nicht, wo im Moment überall Puppenhaare rum liegen.“

„Das gibt sich wieder.“, lachte die junge Lehrerin. „Sie sind in dem Alter so interessiert und möchten alles ausprobieren und machen.“

Colt stimmte ihr nickend zu. „Davon kann ich inzwischen auch ein Lied singen.“, seufzte er gespielt und Robin musste wieder lachen. Colt beobachtete sie fasziniert und konnte sein Glück kaum fassen. Sie war hier, saß neben ihm und sie lachten miteinander.

„Robin.“ Soviel Sehnsucht lag in diesem einen Wort. Robin wurde ernst und konnte den Blick nicht von ihm wenden.

„Meinst du ich darf…“ Seine Stimme war heiser. „Darf ich dich in den Arm nehmen? Ohne Hintergedanken? Einfach nur, damit ich wirklich glauben kann, dass dies hier real ist.“

Robin schluckte schwer, dann nickte sie.

Der Cowboy rückte ein Stück näher und zog sie dann so behutsam an sich, als wäre sie aus Glas. Robin schloss die Augen und lehnte den Kopf an seine Schulter.

„Du glaubst gar nicht, wie gut das tut.“, hörte sie seine Stimme dicht neben seinem Ohr. Sie konnte nicht antworten, sondern beschränkte sich auf ein Nicken.

Eine kleine Ewigkeit saßen sie einfach so da und genossen die Nähe des anderen.

„Daddy, was macht ihr da?“, meldete sich eine verstörte Stimme zu Wort und sie fuhren erschrocken auseinander.

„Emmy!“ Seine Tochter stand in der Schlafzimmertür, barfuß und im Schlafanzug, ihren Teddy an der Hand. „Süße, du sollst doch schlafen?“ Er sprang auf und ging zu ihr.

„Ich habe schlecht geträumt.“ Willig ließ Emma sich von ihrem Vater auf den Arm nehmen und warf Robin fragende und verstörte Blicke zu. „Was macht ihr da?“

„Ach Süße, Robin und ich haben nur Erinnerungen ausgetauscht.“ Er warf seiner ehemaligen Verlobten einen entschuldigenden Blick zu. „Du weißt doch, wir kennen uns von früher.“

Emma nickte, sie war dennoch nicht zufrieden. „Ihr habt gekuschelt.“, stellte sie energisch fest und sah Robin verschlafen an. „Das ist mein Daddy.“

„Ich weiß.“ Robin lächelte beruhigend. „Das bleibt er auch.“ Emma war trotzdem nicht zufrieden. Sie wollte noch etwas erwidern, aber ihr Vater kam ihr zuvor.

„Na komm Süße, ich bring dich erstmal wieder ins Bett.“ Colt sah die Blondine fragend an. „Wartest du?“ Robin nickte und Vater und Tochter verschwanden wieder im Schlafzimmer.
 

Als Colt zehn Minuten später zurück kam, stand Robin am Fenster und sah auf das nächtliche Yuma City herab.

„Sie schläft wieder.“ Er trat hinter sie und sah ebenfalls nachdenklich hinaus.

„Sie ist eifersüchtig.“, stellte er dann leise fest und Robin nickte.

„Sie teilt ihren Daddy wohl nicht gerne.“

„Es scheint so, die Situation ist neu für mich.“ Colt beschloss, in die Offensive zu gehen. „Sie musste sich bisher noch nie Gedanken machen, dass sie mich mit jemandem teilen muss. Aber bei dir merkt sie, dass etwas anders ist.“ Er fasste sie bei den Schultern und drehte sie sanft zu sich herum. Robin sah aus großen Augen zu ihm auf. „Emma merkt, dass du mir wichtig bist. Mehr noch, Robin, ich habe nie aufgehört dich zu lieben.“

Sie sah ihn sprachlos an. Das waren die Worte, auf die sie gehofft hatte, fünf lange Jahre lang.

„Und ich fühle genauso Colt.“, erwiderte sie dann ganz leise und statt einer Antwort neigte er den Kopf und küsste sie vorsichtig, ehe er sie fest in seine Arme zog.

„Davon habe ich so lange geträumt.“, murmelte er, das Gesicht in ihre blonden Haare vergraben.

Robin genoss seine Nähe und seine Wärme, ehe sie sich langsam von ihm löste. Zutiefst unsicher sah sie ihn an.

„Wie soll es nun weitergehen?“

Auf diese Frage wusste der Cowboy auch keine Antwort.

„Ich weiß es nicht. Aber wir finden einen Weg. Ich lass dich nicht mehr gehen.“, beschwor er sie leise. „Alles wird gut.“
 

Ende



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Robin79
2012-03-05T19:06:35+00:00 05.03.2012 20:06
Ich kann mich da eigentlich nur anschließen: Emma ist wirklich niedlich - und hat verdammt viel von ihrem Daddy. Auch das Happy End freut mich als Fan diese Pairings. Kann man da vielleicht noch auf eine Fortsetzung hoffen???

Liebe Grüße!
Von:  Sannyerd
2009-12-12T00:01:21+00:00 12.12.2009 01:01
Süß geschrieben Emma ist soo süüüß
Ich bin sonst kein Fan von den Kindern der Starsherrifs...aber Emma ist süß ^^
Von:  Kittykate
2009-12-11T21:44:36+00:00 11.12.2009 22:44
Wie süß^^

Bin begeistert und die kleine Emma lieb ich :)

Wunderschön und das Fast Happy End ist prima.

Viele Grüße
Von:  Kittykate
2009-11-30T19:42:11+00:00 30.11.2009 20:42
Colt liebt Robin immer noch ^^ wie schön *seufz*

Die kleine Emma ist total knuffig, ganz wie ihr Papa :)
Ich kann jeden Grund seines Verschwinden komplett verstehen und ich bin begeistert wie verantwortungsvoll der Cowboy sein kann ;)

Freu mich auf Fortsetzung.

Viele Grüße
Von:  Sannyerd
2009-11-29T22:32:24+00:00 29.11.2009 23:32
ohhhhhhh wwwwoooooww...Mensch der cowboy macht es aber auch spannend...
Von:  Kittykate
2009-11-29T18:28:06+00:00 29.11.2009 19:28
Jetzt bin ich aber auch auf Colts Geschichte gespannt ^^

Lass mich nicht allzu lange warten,

Viele Grüße
Sunshine84


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