Neubeginn von Bluey ================================================================================ Kapitel 5: 5. Kapitel --------------------- Unsicher trat Colt zwanzig Minuten später vor dem Reihenhaus, wo er am Morgen Robins Auto entdeckt hatte, von einem Fuß auf den anderen. Er hatte ihren Namen auf dem Klingelschild gelesen und ohne Frage, sie wohnte hier. Nun zögerte er, den kleinen Knopf zu drücken auch wenn er sich andererseits nichts sehnlicher wünschte. Das Auto war weg, vermutlich war sie gar nicht Zuhause. Zumindest konnte er sich dann nicht vorwerfen, es nicht wenigstens versucht zu haben. Entschlossen klingelte er und eine kleine Ewigkeit lang passierte gar nichts. Colt wollte schon kehrtmachen und zum Oberkommando zurückkehren, da öffnete sich die Tür und ein junger Mann in Jeans und T-Shirt stand vor ihm. Colt musste nur eine Sekunde überlegen. „Josh?“, rief er erstaunt aus. „Meine Güte, wo bist du denn hingewachsen?“ Während Colt sich über das Wiedersehen freute, zog Josh finster die Augen zusammen. „Das hat ja nicht lange gedauert.“, knurrte er und machte keine Anstalten, die Tür weiter zu öffnen. „Sie ist nicht da und im Übrigen will sie dich auch nicht sehen.“ Colt sah ihn betroffen an. „Und du offenbar genauso wenig.“, stellte er dann fest. „Lässt du mich trotzdem rein?“ Josh rang mit sich, dann öffnete er zögerlich die Tür und ließ Colt ins Wohnzimmer. „Sag was du zu sagen hast, aber mach’s kurz ich hab nicht viel Zeit. Robin wird erst gegen Abend da sein, aber jetzt wo du weißt, dass sie dich nicht sehen will, wirst du wohl hoffentlich nicht noch mal hier auftauchen.“, grollte er. Colt war betroffen von Joshs Worte, aber er ließ es sich nicht anmerken und sah sich stattdessen in dem geschmackvoll eingerichteten Raum um. „Ich habe dir nie was getan Josh.“, stellte er dann fest und sah sein feindseliges, junges Gegenüber an, bis dieser den Blick senkte. „Warum hasst du mich so? Früher waren wir mal Freunde.“ „Du bist weggegangen ohne ein Wort zu sagen. Und dann hast du Yuma ganz verlassen und Robin war monatelang völlig fertig. Und nun tauchst du fünf Jahre später wieder hier auf und willst da weitermachen, wo du aufgehört hast.“, warf der Teenager ihm vor. „Bestimmt nicht.“, erwiderte Colt mit leiser Stimme. „Inzwischen ist viel geschehen und man kann nach so langer Zeit nicht einfach da anknüpfen, wo der Faden gerissen ist. Alles was ich wollte ist, euch sehen und hallo sagen. Mich freut es aber, dass du auf der Schule des Oberkommandos so tolle Leistungen erzielt hast und nun als Kadett weitermachen kannst.“ Josh sah ihn überrascht und betroffen an. „Woher weißt du das?“ „Zum einen, weil Saber es gestern Abend erzählt hat, zum anderen weil Dooley in unregelmäßigen Abständen mal nachgehorcht hat, was du und deine Schwester so treiben.“ „Warum nicht du selbst?“ Die Worte des Exfreundes seiner Schwester überraschten Josh völlig und er wusste nicht, was er davon halten sollte. Seine Aggressionen wichen zunehmender Neugier. „Es ging einfach nicht Josh.“, erwiderte Colt rätselhaft. „Es ist zuviel passiert.“ „War es meinetwegen?“ Die Frage war heraus, noch bevor Josh sie zu Ende gedacht hatte und entsetzt sah er den Cowboy an. Das hatte er nicht sagen wollen, Colt hatte nicht merken sollen, dass diese Frage ihn seitdem beschäftigte und er sich schuldig fühlte. „Was meinst du damit?“, fragte Colt entgeistert zurück. Nun gab es kein zurück mehr und wenn Josh ehrlich mit sich selbst war, dann brauchte er diese Antworten, sonst würde er nie Ruhe finden. „Colt, ich habe euren letzten Streit gehört, jedes Wort. Ich bin an diesem Tag nicht in mein Zimmer gegangen, sondern habe auf der Treppe gelauscht. Ich habe mich damals mit Absicht so daneben benommen, weil ich gehofft hatte, dass Robin mich dann ins Internat des Oberkommandos schickt, denn das war es, was ich wollte. Das die Situation so eskalierte habe ich nicht gewollt. Ist es meine Schuld, dass du gegangen bist?“ Colt erkannte, dass Joshs Wut nur seiner Unsicherheit und der Angst entsprang, dass er dieses Zerwürfnis herbeigeführt haben könnte. „Setzen wir uns!“, schlug er vor und Josh folgte ihm bereitwillig zum Esstisch. „Josh, egal was damals passiert ist, du warst nie schuld daran, dass ich weggegangen bin.“, erklärte der Cowboy ruhig, nachdem sie sich gegenüber saßen. „Vielleicht haben diese ganzen Streitereien wegen deines Verhaltens die Dinge ein wenig beschleunigt, aber deine Schuld war es nicht, egal was du an jenem Abend gehört hast. Hör mal, du warst ein zwölfjähriger Junge, der keinen anderen Weg mehr gesehen hat, um mit uns zu reden. Hätten wir eher auf dein Verhalten geachtet oder hätte ich eher mit Robin über deine Wünsche gesprochen oder wäre am Ball geblieben, anstatt vom ersten Streit an Klein bei zu geben, dann wären viele Dinge vielleicht anders gekommen und deine Wünsche wären eher erfüllt gewesen. Aber Robin hatte sich so lange allein um dich gekümmert und die richtigen Entscheidungen getroffen, dass ich mich ehrlich gesagt schuldig gefühlt habe, ihr überhaupt zu widersprechen. Andererseits habe ich so viel Zeit mit dir verbracht gehabt, dass ich irgendwie auch der Meinung war, ich hätte nicht ganz Unrecht, indem ich ihr reingeredet habe. Und es gab noch andere Dinge, die mich zunehmend gestört haben, allerdings habe ich um des lieben Friedens willen lieber meine Klappe gehalten, obwohl ich es mich innerlich beschäftigt und zerfressen hat. Robin und ich waren beide nicht ganz ehrlich und aufrichtig zueinander und selbst wenn du dich tadellos und mustergültig verhalten hättest, wären wir irgendwann richtig aneinander geraten. Wie gesagt, nachdem ich gegangen bin, hatte ich viel Zeit zum Nachdenken und um meine Fehler einzusehen. Ich hätte mir gewünscht, noch einmal mit Robin zu reden und vielleicht hätten wir es noch einmal versuchen können, aber dann sind noch jede Menge anderer Sachen passiert, die mit dir und deiner Schwester gar nichts zu tun hatten und wo ich euch nach allem nicht auch noch hineinziehen wollte, also bin ich weg geblieben und habe über Dooley mitverfolgt, wie erfolgreich du deinen Weg gegangen bist.“ Joshs Miene wurde immer erstaunter, je länger Colt gesprochen hatte. „Meinst du das wirklich ernst?“, fragte er dann heiser und Colt nickte ernst. „Jedes Wort.“ Das saß und Josh brauchte einige Minuten, um das alles zu verarbeiten. Colt ließ ihn in Ruhe nachdenken. „Ich hab dich so sehr vermisst Colt.“, gestand Josh dann schließlich rau. „Du warst mein bester Freund und wir hatten so viel Spaß zusammen. Du warst Vater und großer Bruder zugleich.“ „Ich weiß Amigo und wenn ich je einen Sohn haben sollte, dann würde ich mir wünschen, er wäre wie du.“ Colt blinzelte und auch Josh hatte einigermaßen Mühe, die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Aber Männer heulten nicht, schon gar nicht voreinander und nachdem jeder für sich eine kurze Weile in die entgegengesetzte Richtung geblinzelt hatte, hatten sie sich wieder gefangen. „Und nun?“, fragte Josh schließlich und Colt zuckte die Achseln. „Ich bin nur hier, weil ich gehofft hatte, mit Robin reden zu können, ihr einige Dinge zu erklären. Gestern Abend war sie so schnell verschwunden und der Zeitpunkt war auch denkbar ungünstig.“ Josh nickte. „Sie wird in ein paar Stunden Zuhause sein.“ Er hatte seine Meinung über Colt grundlegend revidiert und befürwortete ein Treffen der beiden inzwischen, da er wusste, wie sehr seine Schwester immer noch an ihrem Cowboy hing. „Du kannst gern warten.“, bot er an, aber Colt schüttelte den Kopf. „Sorry Partner, aber ich habe leider nicht so viel Zeit. Aber ich würde gern wiederkommen.“, meinte er. „Vielleicht kann ich es ja morgen Abend einrichten.“ „Bleibst du jetzt auf Yuma?“, fragte Josh und sah den Cowboy hoffnungsvoll an. Erneut verneinte Colt. „Ich lebe jetzt in den Durango Hills und züchte Pferde.“, antwortete er. „Du kannst uns aber gern mal besuchen kommen, wenn du möchtest.“, bot er an. „Ernsthaft?“ „Klaro, ich hoffe du reitest immer noch so gerne wie früher.“ Das Leuchten in Joshs Augen verriet Colt, dass sich daran nichts geändert hatte. Dann erhob er sich und Josh brachte ihn zur Tür. „Danke Colt, das Gespräch war längst überfällig.“, meinte Josh. „Sorry, dass ich dich vorhin so angemotzt habe.“ „Verständlich, vergessen wir’s.“, grinste der Cowboy. „Falls wir uns nicht mehr sehen, frag Saber oder einen der anderen, wie du zu uns kommst, dann schwing dich in einen Gleiter und komm vorbei.“, sagte er noch einmal, bevor er sich umdrehte und zurück zum Mietwagen ging, welchen das Oberkommando ihm zur Verfügung gestellt hatte. Robins Bruder sah ihm nach und erst nun ging ihm durch den Sinn, das Colt seine Einladung in der Mehrzahl ausgesprochen hatte. Also lebte er nicht allein, bestimmt war er verheiratet. Seine Hoffnungen, dass Robin und Colt wieder zueinander finden würden, sanken auf unter Null. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)