Schneefall des Glücks von Kalahari (~Leise erklingt eine Melodie~) ================================================================================ Kapitel 2: Vom Anfang und dem traurigen Schicksal ------------------------------------------------- sorry, dass es so lange gedauert hab, aba dafür is diese kappi ziemlich lang ich wünsche euch viel spaß beim lesen -- Kapitel 2 – Vom Anfang und dem traurigen Schicksal ~Schneefall des Glücks – Leise erklingt eine Melodie~ Antonio schlich lautlos an der Mauer entlang. Leise und behutsam, immer drauf bedacht keinen Lärm zu machen um die Gutsbesitzer nicht aufzuwecken. In einer dunklen Ecke war er über die Mauer geklettert und hatte nun fast das Lagerhaus erreicht, indem nicht nur der berühmte Wein dieses Gutes, sondern auch Brot, Wurst und Käse, sowie frisches Obst und Gemüse gelagert wurden. Manche Leute sagten, dass die Capus sogar manchmal Fisch von einem Händler kauften. Doch dem Jungen ging es nicht darum etwas besonders zu essen, sonder überhaupt etwas zwischen die Zähne zu bekommen. Capu hieß die reiste Familie im ganzen Dorf und ihr großes Reichtum hatten sie vor allem von dem allbekannten und geschätzten Wein, der schon seit Generationen auf ihrem Gut entstand und in alle vier Himmelsrichtungen zu Mass verkauft wurde. Die Capus wurden im Dorf von jedermann geschätzt, geachtet und geliebt. Besonders ihre Großzügigkeit gegenüber Armen oder Bettlern kam ihnen da zu gute. Antonio war ein junger, gutaussehender Mann, nur flüchtig gepflegt, dennoch waren seine Augen und seine Haare von einem kräftigen und beneidenswerten nussbraun. Sein Aussehen passte so gar nicht zu seinem Charakter, denn zusammen mit seinem größeren Bruder Reban war er als Schläger und Dieb im ganzen Dorf verschrien. Die Mutter war schon früh gestorben und der Vater, ein einfacher Handwerker, der gern über den Durst trank, war mit der Erziehung und Versorgung seine drei Söhne überfordert. So hatte der Älteste begonnen selbstständig über die Runden zu kommen und war zum Dieb und Raufbold geworden, der vor nichts und niemanden Angst hatte – naja fast. Antonio war seinem Bruder Reban in die Fußstapfen gefolgt und gemeinsam machten sie nun die Gegend unsicher. Nur der jüngst von ihnen hatte mehr Glück gehabt: zurückhaltender und ruhiger als die anderen beiden – was er vermutlich von seiner Mutter geerbt hatte – fiel er nur angenehm auf und eine verwitwete Nachbarin hatte sich erbarmt und zog ihn nun wie ihren eigenen Sohn auf. Der Junge erreichte den Schuppen und machte sich gleich daran seine Taschen zu füllen, während er lautlos wie eben möglich auf einem Stück Brot kaute. Auch wenn er ein skrupelloser Dieb war, so nagte dieses mal doch etwas an seinem Herzen. Normalerweise machten er und Reban einen großen Bogen um das Weingut, hatten sie sowohl Respekt vor der Hilfsbereitschaft dieser Familie, auch wenn diese ihnen, durch ihren schlechten Ruf, niemals zuteil worden war, als auch Furcht vor den Schlägen des Hausherrn, die einem zuteil wurden, wenn man unerlaubt auf seinem Grundstück herumlungerte oder erwischt wurde, wenn man sich gerade an den Vorräten zu schaffen machen wollte. Doch die schlechten Zeiten ließen ihnen keine Chance. Natürlich hatte er, als jüngerer der beiden, den Diebstahl übernehmen müssen. „Du bist viel kleiner und somit unauffälliger als ich“, hatte Reban behauptet. Verärgert schnaubte Antonio, wobei er sich fast am Brot verschluckte und einen Husten nur mühsam unterdrücken konnte. Ihm war klar, dass sein Bruder einfach nur zu feige war, aber er traute sich nicht etwas dagegen zu sagen, hatte er doch nur noch ihn, als Freund und Familie. Zu Hause waren die beiden nur wenn sie schliefen und dann lag ihr Vater meistens angetrunken in der irgendeiner Ecke, im Flur oder vor der Kneipe. Zu ihrem jüngsten Bruder hatten sie schon lange keinen Kontakt mehr. So kam es in letzter Zeit oft vor, dass beide den Wald als Nachtlager vorzogen, was zum Teil auch an dem überaus beständig warmen Wetter lag. Antonio beschloss, dass seine Beute fürs erste reichte und verließ den Schuppen wieder. Erneut drängte er sich dicht an die Mauer. ’Nur nicht unvorsichtig werden, man kann nie wissen!’, dachte er sich selbst mahnend. Kurz bevor er sein Ziel – eine dunkle Ecke um ungesehen über die Mauer zu klettern – erreichte hörte das schützende Gesträuch auf und Antonio trat vorsichtig auf das freie Stück Wiese. Doch mit dem, was er dort erblickte, hätte er niemals gerechnet. Mühsam unterdrückte er einen Aufschrei und schaffte er gerade so seine Beute nicht fallen zu lassen, wie gebannt starrte er das Mädchen an, was mit geschlossenen Augen, ihrem Gesicht dem sternenklaren Nachthimmel zugewandt, dastand. Sie war wunderschön: ihr langes blondes Haar tanzte im Wind und das Licht des Mondes malte sanfte Schatten auf ihre makellose Haut. Sie sah aus wie eine verirrte Prinzessin, die versuchte im Mondlicht zu baden, was ihr auch auf eine seltsame und unerklärliche Weise auch gelang. Das Mädchen musste Antonios Luftschnappen vernommen haben, denn sie öffnete langsam ihre Augen und blickte direkt in sein Gesicht. Selbst im spärlichen Mondlicht konnte er ihre Augen erkennen. Sie waren tief und endlos, wie ein See. Und von einem verzaubernden tiefen grün, was Antonio so sehr faszinierte, dass er alles um sich herum vergaß. ’Als würde man in einen tiefen See gezogen’, dachte er stumm ’aber ich verspüre überhaupt keine Angst. Im Gegenteil – es ist wunderbar. In so einem See möchte ich ertrinken und nie wieder herauskommen.’ Die Vorstellung für immer auf dem Grund dieses Sees zu ruhen jagte einen heißen Schauer über seinen Rücken. Er wäre bestimmt für immer dort stehen geblieben, tief versunken in seine Träumerein, wenn sie ihn nicht misstrauisch angesprochen hätte: „Wer bist du? Und was machst du hier?“ Antonio öffnete seinen Mund. ’Was für eine wunderbar sanfte Stimme. So sanft wie eine Melodie aus zarten Tönen.’ Sein Herz schlug schneller. Er wollte seinen Namen sagen, sich ihr vorstellen und nach ihrem fragen, doch ihre Stimme war nicht nur voller Misstrauen, sondern auch voller Angst gewesen und Antonio erinnert sich schlagartig wieder daran, was er hier eigentlich wollte. Er war ein Dieb! Sie schien eine Tochter des Asto Capu zu sein und somit die Tochter des Mannes, den er gerade bestohlen hatte. Er riss sich von seiner Starre und ihrem Anblick los uns sprintet auf die Mauer zu. Mit einem Satz war er auf der anderen Seite und rannte in den Wald, wo Reban auf ihn wartete. Doch während er bereits den steinigen Weg zum Wald hinaufstolperte, so sah er vor seinem inneren Auge noch immer das Mädchen vom Weingut. Die Tochter der Capus. ’Wunderschön! Wie war wunderschön!’, verträumt hing er seinen Gedanken nach. Erinnerte sich an ihre goldenen Haare, ihre tiefgrünen Augen, ihre sanfte Stimme und konnte nur noch an eines denken: ’Ob ich sie wohl wiedersehen werde?’ Platsch! Ein Regentropfen landete direkt auf Antonios Stirn, genervt seufzend räkelte er sich und wischte sicher verschlafen über das Gesicht. So verteilte er das kühle Nass aber nur über sein Gesicht, fluchtend öffnete er die Augen. ’Na toll, jetzt bin ich wach!’ , schimpfte er in Gedanken und sah sich verschlafen um. „Na, endlich wach?“, machte ihn eine vertraute Stimme auf sich aufmerksam. „Ja“, knurrte er seinen Bruder an. „Schlecht gelaunt?“ „Das sieht man doch, oder?“ Antonio war wirklich verärgert. Er hatte gerade so einen schönen Traum gehabt. Ein unbeschreibbares Gefühl hatte ihn erfüllt, so frei und unabhängig. Das war das Einzige woran er sich noch erinnern konnte. Den Rest hatte er auf den Weg von der Traumwelt in die Realität zurückgelassen. Reban ignorierte die schlechte Laune seines Bruders einfach, er war daran gewöhnt, jeden morgen das gleiche Spiel, stattdessen meinte er nur: „Beeil dich, es gibt Frühstück!“ Mürrisch stand Antonio auf, und schlurfte noch immer etwas schlaftrunkend zum Bach. Rasch wusch er sich notdürftig Hände und Gesicht. „Frühstück! Haha, sehr witzig. Bettelbrot kann man das nenne, aber nicht Frühstück!“, schimpfte er leise. Ihm passte dieses ärmliche Essen überhaupt nicht, aber sein Bruder sah das ein wenig anders, er konnte ziemlich ungemütlich werden, wenn man sich über “sein“ mühsam erbeutete Essen lustig machte. Dabei waren über 90% des Erbeuteten Antonios Verdienst, was sein älterer Bruder gezielt übersah. Eilig ging er nun zu Reban, wollte er doch noch etwas von dem “Frühstück“ abbekommen. Er kannte seinen Bruder genau – wer zu spät kam, der bekam nichts mehr, basta! Eine lästige Einstellung, aber irgendwie hatte Antonio gelernt damit zu leben – was blieb ihm auch anders übrig? Er war der einzige Verwandte, der noch etwas mit ihm zu tun haben wollte, wenn auch aus anderen Gründen als Bruderliebe. Die Bewohner des Dorfes verachten ihn, da würde er keine zweite Chance bekommen und wenn er ehrlich war, wollte er auch nicht in “dieses spießige Dorf“ zurück! Die beiden Geschwister nahmen das karge Mahl schweigend zu sich. Mit einem Blick auf ihre restlichen Vorräte, welche wirklich nicht sehr vielversprechend aussahen, wand sich Reban schließlich an seinen jüngeren Bruder: „Du wirst heute noch einmal dem Gutshaus einem Besuch abstatten, verstanden?!“ Es klang wie eine Frage, doch Antonio wusste, dass dies keine freundliche Bitte war, sondern ein unumstößlicher Befehl, gegen den er sich inzwischen noch nicht einmal zu wehren versuchte, auch wenn ihm, bei dem Gedanken, nocheinmal die Capus zu bestehlen, nicht wohl war. Einzig die Aussicht auf die kleine Chance, dass Mädchen von letzte Nacht noch einmal wiedersehen zu können, brachte sein Gewissen zum Schweigen. Der Schatten der Nacht hatte war erneut Herr über das Land geworden, nachdem auch die letzten Strahlen der Sonne hinter dem Horizont verschwunden waren. Zusammen mit ihnen war die Stille gekommen. Antonio hatte sich erneut auf das Gut der Capus geschlichen, doch er zögerte. Immer wieder huschte sein Blick zur Wiese, neben der er gut versteckt im Gebüsch hockte. Auf eben dieser Wiese hatte SIE gestanden, doch nun war sie leer. Innerlich musste er sich selbst schellen, wie hatte er nur glauben können, dass sie hier sein würde, als ob sie auf ihn warten würde. Sie kannte ihn nicht und er sie auch nicht, also warum hätte sie wieder hier sein sollen. Wohl eher hätte sie jemanden alarmiert, als hier auf einen Fremden zu warten, der sich zudem noch an den Vorräten des Hauses zu schaffen gemacht hatte. Lächerlich! Antonio holte tief Luft und trat dann energisch auf das Lagerhaus zu. ’Nur nicht an sie denken’, mahnte er sich in Gedanken, doch das war leichter gesagt als gedacht, wo er ihr doch so nah war. Fast hatte er das Lagerhaus erreicht, als er eine zarte Melodie vernahm, die ihm der Wind aus eine der nahliegenden Fenster entgegentrug. Ein heißer Schauder jagte über seinen Rücken und er blieb stehen um andächtig diesem himmlischen Klang zu lauschen. Schließlich schlich er sich neugierig näher heran, vorsichtig und scharf darauf bedacht keinerlei Geräusche zu machen um den Spieleden nicht zu überraschen und die Melodie so zum Verstummen zu bringen. Aus dem Fenster, aus dem die Töne in die schwarze Nacht drangen, fiel ein schwacher Lichtschein. Eine Kerze tauchte zumindestens einen kleinen Teil des Raumes in warmes Licht, doch es reichte völlig aus um aus den wagen Schatten des Spielers ein Gesicht zu zaubern. An einem Flügel saß ein junges Mädchen mit langen blonden Haaren. Selbst die Nacht konnte der Haarpracht kaum den Glanz nehmen und Antonio erkannte das Mädchen von gestern wieder. Ihre schmalen Finger entlockten dem großen Instrument einen lieblichen Ton nach dem anderen. Antonio presste sich an das kalte Gestein des Hauses in den Schatten um unbemerkt zu bleiben und beobachtete fasziniert, wie ihre Finger über die Tasten glitten. Die sanften Töne ließen die Nacht plötzlich nicht mehr so finster erscheinen und dennoch überhörte er die Sehnsucht nicht, die in der Melodie wiederhallte. ’Wonach sie sich wohl sehnt?’ Doch er wusste, dass er darauf wohl keine Antwort bekommen würde. So begnügte er sich damit weiter zu lauschen und sie still zu beobachten, bis auch die letzten Töne in der Nacht verklungen waren und die Blonde behutsam den Deckel über den Tasten schloss um dann die Kerze von dem Klavier zu nehmen. Er lauschte ihren Schritten, bis auch diese verhallt waren. Immer noch wie verzaubert machte er sich auf den Heimweg. In seinem Kopf klangen die längst verhallten Töne noch lang weiter. Am nächsten Morgen war Antonio schon früh wach, er hatte kaum geschlafen, weil er das Bild, wie das fremde Mädchen am Klavier saß und süßliche Töne in die Nacht sandt, einfach nicht vergessen konnte. Reban warf seinem Bruder einen misstrauischen Blick zu, sonst musste er ihn doch steht’s mehr oder weniger aus dem Bett prügeln, wobei aus dem Schlaf reißen dem wohl eher entsprach, denn sie schliefen beide auf dem Waldboden. Doch er hatte nur wenig Zeit sich über das Verhalten seines jüngeren Bruders zu wundern. Als er entdecke, dass der Beutezug des Jüngeren erfolglos beblieben war, wurde er sehr wütend. Mit einer Ohrfeige riss er Antonio aus seinen Tagträumerein. „Nichtsnutz! Dafür wirst du heute Abend wieder los müssen.“ Verärgert rieb sich sein Bruder die Wange, doch er schluckte seine Wut über diese Unverschämtheit rasch herunter, wollte er sich doch nicht noch eine Schelle einfangen. Reban allerdings entging, dass sein Bruder sowieso immer neue Nahrung beschaffen musste, und er ihm somit nicht wirklich eine Strafe aufgehalst hatte. Trotz dieses Fehltritts erlaubte er, dass sie ihr Frühstück zusammen einnahmen. Antonio leckte sich gerade noch die letzten Krümel von den Fingern, als Reban eine Flöte aus seiner Jackentasche holte und begann ein Liedchen anzuspielen. Die Flöte war recht klein und da ihr Besitzer sie einst selbst geschnitzt hatte, fehlte es ihr dementsprechend an Feinheit und Schliff. Dennoch gelang es dem Spieler ihr eine angenehme Melodie zu entlocken. Nach einem kleinen Ständchen setzte Reban die Flöte wieder ab und warf einen nachdenklichen Blick in Richtung Dorf. „Bald findet das Musikfestival statt, willst du nicht auch dran teilnehmen?“ „Ne, das sehe ich genauso wie du: in solche Dinge misch ich mich nicht mehr ein“, verkündete Antonio nur. „Es würde sich auch nicht lohnen.“ Reban erntete einen erstaunten Blick von seinem Bruder, der daraufhin breit grinsend weitersprach: „Deinem lausigen Spiel will doch sowieso keiner lauschen.“ Antonio unterdrückte eine wütende Entgegnung und zog stattdessen seine eigene Flöte aus seiner Westentasche. Auch er hatte das Instrument selbst geschnitzt und war zudem noch mächtig stolz darauf. Er überlegte kurz und begann dann zu spielen. Wobei man das Resultat wohl eher Versuch nennen sollte. Noch immer musste er an die Melodie der letzten Nacht denken, doch seine Absicht sie auf Flöte erneut erklingen zu lassen versagt kläglich. „Wow, was war denn das für ein Lied?“, trotz dem misslungenen Versuch schien noch etwas von dem wunderschönen Klang durchgesickert zu sein, denn Reban war sichtlich beeindruckt. „Klingt nicht schlecht, aber es klingt recht abgehackt, so als ob ein paar Teile fehlen würden. Woher hast du diese Melodie?“ „Ich hab' sie heute Nacht im Traum gehört, aber leider kann ich mich nicht mehr so gut an den Klang erinnern“, log der Gefragte rasch, konnte er doch unmöglich mit der Wahrheit herausrücken. Den restlichen Tag verbrachte Antonio damit die Melodie wieder zusammen zu bekommen und sein Flötenspiel zu verbessern. Auch in den nächsten Tagen übte der Junge immer weiter, bis er eine akzeptable Version zusammen gebastelt hatte, die dem Original sehr nahe kam. Im Dorf herrschte derweil geschäftiges Treiben, denn man bereitete sich auf das Musikfestival vor. Buden wurden aufgebaut und die podestartige Bühne, auf dem am besagten Tag jeder ein Ständchen bringen konnte. Für Antonio war es in diesen Tagen leicht, etwas Nahrhaftest zu erbeuten, fielen seine flinken Hände in dem Trubel noch weniger auf als sonst, so hatte er genügend Zeit für's Üben. Doch auch einen Nachteil brachte das Ganze: er war seit dem nicht wieder auf dem Gut der Capus gewesen und somit ergab sich für ihn keine Chance, dass Mädchen wieder zu sehen. Das Musikfestival zog sich über einen ganzen Tag – von Sonnenaufgang bis spät in die Nacht hinein. Antonio und Reban hielten sich dem Geschehen bis zum späten Nachmittag fern, erst im Schutz der Dämmerung mischen sie sich ungesehen unter die Dorfbewohner. Bei Tag wären sie viel eher aufgefallen, so schützte sich nun die Nacht selbst vor wachsamen Blicken, denn die Dorfbewohner sahen die beiden Brüder auch an so einem besonderen Tag nicht gerne in ihrer Mitte. Nach einem reichhaltigen Beutezug zogen sich die Beiden in eine wenig beleuchtete Ecke und verspeisten dort ihr exklusives Mahl, wobei sie aber nie die Bühne aus den Augen ließen. Abends traten immer die talentiertesten oder einfach nur vielversprechensten Künstler auf die Bühne und verzaubert ihr Publikum mit Kompositionen aller Art, die mithilfe der unterschiedlichsten Instrumente Gestalt annahmen. Das ganze war ein Wettbewerb und der Komponist oder auch seltener die Komponistin, dessen Darbietung den Zuschauern am besten gefallen hatte, erhielt dann eine Auszeichnung. Jedes Mal fanden sich eine große Anzahl an Kandidaten zusammen. So etwas ließen sich auch die beiden Raufbrüder des Dorfes nicht entgehen, auch wenn sie sich lieber auf das Zuschauen beschränkten. Gegen Ende des Festivals erhob der Redner die Stimme für den letzten Kandidaten des Wettbewerbs: „Meine Damen und Herren! Darf ich ihnen nun unseren Sondergast vorstellen: die Tochter unseres hochgeschätzten Sir Capu, Linette Capu, will uns nun ihre Eigenkomposition ’Schneefall des Glücks’ darbieten.“ Antonio griff nach einem neuen Cremetörtchen während ihm sein Bruder spöttisch zuflüsterte: „Na, das kann ja was werden!“ Ein junges Mädchen, ihre blonden Haare kunstvoll hochgesteckt, trat auf die Bühne und an den dort bereitgestellten Flügel. Antonio schob sich genüsslich das Cremetörtchen in den Mund, innerlich seinem Bruder zustimmend. Linette Capu begann zu spielen: zarte Töne schwebten zu den beiden Brüdern herüber. Die zierlichen Hände, die den Tasten so einen wunderschönen Klang entlockten zogen ihre Zuschauer in ihren Bann. Antonio stutzte. Diese Melodie! Er erkannte sie sofort wieder, hatte er doch die letzten Tage kläglich damit zugebracht seiner Flöte eine ebenbürtige Melodie zu entlocken – es war die Melodie, die das unbekannte Mädchen gespielt hatte. Fassungslos starrte er Linette an, betrachtet ihr Gesicht genauer und wurde blass. Er war froh, sein Törtchen bereits heruntergeschluckt zu haben, sonst hätte er sich wohl jetzt unweigerlich daran verschluckt. Das Mädchen, welches dort vorne auf dem Podest saß und so hinreißend Klavier spielte, dass sie alle um sich verzauberte, war niemand anderes als die fremde blonde Schönheit aus vergangenen Nächten – Linette. Er holte zitternd Luft und schluckte hart. ’Das kann nicht sein! Das Mädchen von damals, kann doch unmöglich Linette sein!’ Doch tief in seinem Inneren wusste er längst, dass es so war. Nur seine Ungläubigkeit hielt ihn davon ab das Ausmaß dieser Situation zu begreifen – zumindestens für einen Moment. Dann traf er ihn hart, wie ein gezielter Schlag in die Magengrube: das Mädchen, in dass er sich so plötzlich Hals über Kopf... – für einen Moment zögerte es das verhängnisvolle Wort auch nur zu denken – verliebt hatte, war niemand geringeres als die Tochter des allgemein geschätzten und reichen Gutsherrn, den er selbst vor wenigen Tagen noch so rücksichtslos bestohlen hatte. Anders ausgedrückt: seine erste, einzige und zugleich überrumpelnde Liebe war ein unerreichbarer Traum. Er war für ewig dazu verdammt, sich von dieser Person fernzuhalten, egal, was sein Herz dazu sagte. Antonios Gedanken fuhren Achterbahn, verzweifelt schloss er die Augen in der Hoffnung so den Tumult in seinem Kopf so Einheit gebieten zu können – zwecklos. Hatte er sich doch in den letzten Tagen immer wieder verzweifelt eingeredet, dass das fremde Mädchen lediglich eine Angestellte der Capus sei, auch wenn dieser Umstand sehr fragwürdig war und er längst gewusste, dass sie eine Tochter der Capus sein musste. Langsam klangen die Töne ihrer Melodie wieder zu ihm durch. Gleich einem Heilmittel lösten sie alle Anspannung und vertreiben die lästigen Gedanken augenblicklich, sodass er der Melodie seines Paradieses und zugleich auch seiner persönlichen Hölle weiterhin lauschen konnte. Die Melodie klang rein, wie schon beim ersten Mal und genauso traumhaft. Sie lud zum Verweilen und Ausruhen ein und schien auch den Kopf von allen Lasten zu befreien. Es war als wäre man einer himmlischen Melodie lauschen, so frei fühlte es sich an. Er musste feststellen, dass die Versuche auf seiner Flöte noch weiter von dem Original entfernt waren als gedacht. Schweigend lauschte er, prägte sich jeden Ton so gut ein wie möglich, in der Hoffnung dieses Lied selbst einmal so perfekt auf seiner Flöte spielen zu können. Zudem wollte er diesen einzigartigen Moment auf keinen Fall missen, sondern sich jeden Tag aufs neue mit Freuden daran erinnern können. Langsam klang die Melodie aus, die letzten Töne verhallten in der, nun völlig vorhandenen, Finsternis. Schweigen. Dann brach ein tosender Applaus los, wie die Sturmflut über eine karge Insel. Alle waren begeistert von dieser Darbietung. Linette verbeugte sich, ein stolzes Strahlen krönte ihr hübsches Gesicht, dann tauchte sie selbst in die Menge ein und verschwand somit aus Antonios Blickfeld. ’Vermutlich ist sie zu ihrem Vater und dem Rest der Capu-Familie gestoßen’, dachte er; wehmütig, dass das Wunder bereits verebbt war. Den weiteren Verlauf des Abends nahm Antonio nur noch am Rande wahr, eine dicke Nebelschicht schien ihn vom Rest der Welt zu trennen. Er konnte sich einfach nicht von dem Bild der klavierspielenden Linette losreißen, auch wenn dieses nur noch vor seinem inneren Augen vorhanden war. Zudem schwirrte ihm die Melodie noch immer im Kopf herum begleitet von verschiedenen Noten und einzelnen Fetzten des Stückes, die immer und immer wieder unaufhörlich in ihm wiederhallten. Er spürte irgendwann, wie sein Bruder ihn hochzog und sie gemeinsam den Rückweg antraten, doch selbst dann erwachte er nicht aus seiner Trance. Er schlief an diesem Abend mit ihrem Gesicht vor Augen und mit ihrer Melodie im Kopf ein. Seine Träume waren wild, bunt und unbeständig. Immer wieder mischten sich neue Farben und Gefühle zu dem wirren Geschehen, sowie auch die Vielfalt an Tönen ständig variierte. Nur müßig legte sich die Ruhe über ihn und zog ihn in den unentfliehbaren Bann des traumlosen Schlafes. Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Antonio zog sich bei jeder Gelegenheit zurück, in irgendeinen Winkle des Waldes, und dachte nach. ’Linette!’ Ein tiefes Seufzten entfloh seiner Kehle. ’Wie es dir jetzt wohl geht? Sicher hast du es gut. Dein Vater ist als sehr gütig bekannt, du bist bestimmt stolz darauf. Doch das ändert leider nichts daran, dass du unerreichbar für mich bist. Die Tochter des hochgeschätzten Gutbesitzers und ein armseliger Junge der als Dorfdieb verschrieen ist, schlimmer hätte es nicht kommen können. Natürlich habe nur ich so ein Pech’, ein spöttischer Ton hatte sich kurzweilig in seine Gedanken gemischt. ’Du erinnerst dich bestimmt schon gar nicht mehr an mich, oder?’ Ein trauriges Lächeln schob sich auf seine Lippen. ’Dir geht es gut und dir fehlt es an nichts. Warum solltest du dich also an einen heruntergekommenen Dieb erinnern? Doch auch, wenn du dich noch nicht einmal mehr an mein Gesicht erinnern kannst, so kann ich es um so besser. Selbst, wenn wir uns niemals wieder begegnen, ändert das doch nichts daran, dass ich dich einfach nicht vergessen kann. Selbst, wenn diese Begegnung für dich von keinerlei Bedeutung ist, so ist sie doch für mich das Kostbarste, was es für mich gibt. Dein Vergessen ist meine Leben, denn diese Erinnerung ist mein allergrößter Schatz!’ Seine aufgewühlten Gedanken kamen nun doch langsam zur Ruhe. ’Weißt du was? Es ist okay, wenn du mich nicht magst, wenn du mich schon längst wieder vergessen hast. Mir macht es nichts aus, das Einzige was eigentlich noch zählt, ist die Melodie mit der du mein Herz erfüllt hast. Ich kann dir versichert: selbst wenn alle Welt sich irgendwann nicht mehr an dieses Stück erinnert, so wird es doch in meinem Herzen für alle Ewigkeit unverändert weiterleben.’ „Ja“, flüsterte er leise „das einzige was zählt ist diese Melodie.“ Doch so wirklich überzeugend klang das nicht. Selbst die Tatsache, dass er mit seinen Worten seine Gedanken noch einmal bestätig hatte, konnte aus seiner Lüge keine Wahrheit machen. Auch wenn es sich einzureden versuchte, dass es ihm egal war, ob sie sich an ihn erinnerte oder nicht und ob sie ihn mochte oder nicht – es tat dennoch weh! Irgendwo tief in ihm tat es weh. Hätte er jemanden sein Leid geklagt, so hätte diese Person seinen Schmerz in seinem Herzen ausmachen können, doch durch sein Schweigen blieb ihm diese Erkenntnis verwehrt. Hätte Antonio auf sein Herz gehört, so wäre er sich seines größten Wunsches bewusste geworden. Doch so lastet nur etwas Unbekanntes auf seinen Schultern und bereitete ihm Schmerzen, was er einfach nicht identifizieren konnte. Sein Herz hielt seinen allergrößten Wunsch, der von nun an sein einziges und dennoch unbewusste Ziel sein würde, in sich verschlossen: Er wollte das Glück für sich haben – er wollte sie lieben dürfen! Ein sonniger Tag, wie kaum ein andere und noch etwas war anders: heute war ein besonderer Tag. Antonio hatte es gleich beim aufwachen gespürt: die Vorfreude auf etwas besonders, was heute geschehen würde. Seit dem war es den ganzen Tag durch die Wälder gestreift, inzwischen war es Nachmittag geworden, die Sonne neigte sich bereits wieder nach Westen. Er genoss es, wenn die warmen Strahlen der Sonne seine Haut, zwischen dem dichten Blätterdach hindurch, streifen. Allerdings hatte er nicht gemerkt wie er sich dem Gut der Capus näherte, es schien, als würde ihn eine überirdische Macht unbewusste anziehen – die Sehnsucht. Doch bevor er noch eine Entscheidung treffen konnte, ob er jetzt lieber umkehren oder heimlich näher heran gehen sollte, entdeckte er eine Gestalt, nur wenige Meter von ihm entfernt, hinter den Bäumen. Antonio war ein sehr neugieriger Mensch und so schlich er sich ohne groß darüber nachzudenken an. Wer sich wohl hier im Wald herumtrieb? Normalerweise war es sehr selten hier jemanden anzutreffen, denn die Dorfbewohner zogen das Dorf und die unmittelbare Umgebung dem einige hundert Meter entferntem Wald vor. Der Junge musste nicht lange warten bis er eine Antwort erhielt. Als er einige Zeit unbemerkt hinter der Gestalt hergeschlichen war, schoben sich für einen Moment die Sonnenstrahlen zwischen die Bäume und tauchten die Person in strahlendes goldenes Licht. Fast hätte er laut nach Luft geschnappt, als er die Person erkannt, doch er konnte diesen Impuls gerade noch unterdrücken, stattdessen schluckte er schwer, denn die Person, die dort vor ihm, wie ein Engel im Licht badete, war ihm nicht nur bekannt, sondern auch niemand geringeres als Linette Capu. Antonio war von dem Anblick wie gebannt: das Licht umstrahlte ihren zierlichen Körper und es schien, als würde sie direkt in er aufgehenden Sonne stehen! Der Wiederschein auf ihren Haaren ließ diese wie Gold glänzen. Ja, sie wirkte wahrlich wie ein Engel! Langsam schoben sich die Strahlen wieder hinter die Blätter, wobei in Wirklichkeit nicht die Sonne wanderte, sondern sie lediglich weiter ging und sich mit jedem Schritt weiter von dem Leutchen entfernte. Antonio beieilte sich ihr zu folgen. Doch noch immer fasziniert von dem eben erblicken Schauspiel, übersah er eine Wurzel und geriet ins stolpern. Zu seinem Glück konnte er sich noch fangen, bevor er unangenehme Bekanntschaft mit dem Waldboden machen konnte, allerdings war Linette die Geräusche hinter ihr nicht unbemerkt geblieben und so geschah, was unweigerlich geschehen musste: sie entdeckte Antonio, der gerade wieder aufblickte. Er war wie erstarrt, als er in ihre Augen blickte. Sie waren tiefgrünen und unvorstellbar schön. Für einen Moment hatte er das Gefühl als würde er in ihnen, gleich einem See, ertrinken, doch dann riss ihn etwas zurück in die Realität. Es war das Rauschen des Windes, der leicht durch die Blätter der Bäume fuhr und die eingekehrte Stille unterbrach. Als er begriff, dass sie ihn entdeckt hatte und ihn immer noch anstarrte, teils verängstigt, teils neugierig, wagte er kurz entschlossen etwas unerwartetes: er zog seine Flöte aus der Jackentasche und begann zu spielen. Nur für sie, spielte er. Und er wurde sogar noch mutiger, anstatt ein klassisches Lied zu spielen, begann er ihr Lied zu spielen ’Schneefall des Glücks’. Inzwischen war es ihm gelungen seine Version zu verbessern, und das Ergebnis stimmte wohl weitgehend mit dem Original überein. Allerdings hatte es bisher noch niemand zu hören bekommen, denn Antonio hatte es nur heimlich geübt, damit Reban nicht misstrauisch wurde. Er war gespannt, wie sie darauf reagieren würde. Gefiel ihr das Lied? Erkannte sie es überhaupt wieder? Oder war sie zu überrascht? Trotz der quälenden Fragen spielte er die ganze Melodie in einem durch, ohne auch nur einen Fehler, bevor er sie wieder ansah. In seinem Inneren mischten sich die Gefühle: der Stolz über seinen fehlerfreien Vortrag und die Sorge und auch Angst vor ihrer Reaktion darauf. Linette hatte ihren Augen währenddessen keine Sekunde von ihm gelassen. Sie war verunsichert. Dieser Junge war einfach so ganz plötzlich aus dem Gebüsch aufgetaucht und hatte ihr Lied auf seiner Flöte gespielt. Auf der einen Seite war sie beeindruckt, dass es dem Fremden gelungen war, ihr Stück ohne Noten fehlerfrei wiederzugeben, doch auf der anderen Seite hatte sich auch Angst. Sie kannte den Jungen nicht. Wobei..., dass stimmte nicht ganz, sie kannte ihn: es war derselbe Junge der ihr vor kurzem dem Gut ihrer Familie begegnet war, allerdings wusste sie weder seinen Namen, noch traute sie ihm. Er hatte etwas gestohlen und war somit ein Dieb, aber dennoch hatte sie ihn nicht vergessen können. Irgendetwas an ihm hatte sie davon abgehalten um Hilfe zu schreien und ihn zu vergessen. Irgendetwas an ihm, hatte sie so fasziniert, dass sie weder die Nacht noch sein Gesicht vergessen hatte können. Sie spürte, wie er sie erneut anstarrte und traf eine waghalsige Entscheidung, sie räusperte sich und fragte ihn gerade heraus: „Wer bist du?“ Antonio konnte es nicht glauben. Anstatt wegzurennen oder vor Angst zu zittern, weil sie ein Fremder angesprochen hatte, fragte sie ihm nach seinem Namen. „Ich heiße Antonio“, antwortet er, gespannt auf ihre weitere Reaktion. „Woher kennst du diese Melodie?“ „Ich habe gehört, wie du sie gespielt hast.“ „Wo?“, eine dunkle Vorahnung beschlich Linette. „Auf dem Festival... und bei dir zu Hause.“ Für einen Moment sah sie ihn erschrocken an, doch sie beruhigte sich schnell wieder. Denn es war ganz wie sie vermutet hatte: in der Nacht, als sie das Stück am Klavier geübt hatte, weil sie einfach nicht einschlafen hatte können, war sie von ihm beobachtet worden. Schon lange hatte sie vermutet, damals beobachtet worden zu sein, aber sie tat sich selbst als Spinnerin ab, weil sie nicht glauben konnte, dass jemand ihrem Klavierspiel lauschen wollte. Und nun stellte sich heraus, dass sie mit ihrer Vermutung doch recht gehabt hatte. „Und möchtest du mir vielleicht deinen Namen verraten?“, als er ihr Schweigen bemerkte musste er einfach fragen, aus einem ihm unerfindlichen Grund wollte er die Wahrheit aus ihrem eigenen Mund hören: „I-Ich.. Ich heiße Linette.“ „Ein schöner Name“, versuchte er sich locker zu geben – was für ein dummer Satz. „Wieso hast du mich belauscht?“, sie musste es einfach wissen, doch er zögerte zunächst, bevor er antwortet: „Also ich.. ich..“ „Ja?“, ein forschender, aber dennoch neugieriger Ton begleitete ihre Stimme. „Ich wollte Vorräte stehlen, denn ich habe kein Geld um mir etwas zu leisten und ich... ich konnte deinen Vater unmöglich fragen, ob er mir etwas gibt.“ Erstaunt zog sie ihre Augenbraun hoch ’Er scheint genau zu wissen, wer ich bin!’ „Aber dann hörte ich dich Klavier spielen und musste einfach lauschen, das Lied ist einfach wunderschön.“ „Du hast es auf deiner Flöte nachgespielt, oder?“ „Ja“, er konnte nicht anders, deutlich schwang ein stolzer Unterton mit. „Wie hast du das gemacht? Ich meine, du hattest ja keine Noten oder dergleichen.“ „Ich konnte das Lied einfach nicht mehr vergessen, seit ich es damals gehört hab’“, gestand er, wobei sich ein leichter Rotschimmer auf seine Wangen legte, irgendwie war es ihm dann doch peinlich „und als ich es später auf dem Musikfestival noch einmal hörte war die Melodie so tief in meiner Erinnerung verankert, dass ich sie nicht mehr vergessen konnte. Ich habe jeden Tag geübt, bis ich es nachspielen konnte.“ „Das ist beeindruckend“, stellte sie fest. „Nicht wirklich. Ich finde, wenn du es auf dem Klavier spielst, klingt es viel schöner.“ Jetzt färbten sich ihre Wangen rot. Eine Weile standen die Beiden sich schweigend gegenüber. „Du hast keine Angst vor mir, oder?“, platzte er schließlich heraus. Die Stille war ihm unangenehm, außerdem brannte ihm die Frage auf der Zunge, wieso sie sich so einfach mit ihm unterhielt, obwohl sie sich nicht kannten und er zudem noch ein Dieb war. „Wieso sollte ich?“, kam die erstaunte Antwort. „Naja, wir kennen uns nicht, und ich bin.. ich bin bei dir zu Hause eingebrochen, du hättest also jede Menge Gründe mir nicht zu trauen.“ „Stimmt, ich kenne dich nicht, aber du wirkst auf mich nicht so, als ob du ein böser Mensch wärst“, antwortet sie nachdenklich. „Verstehe“, ein leichtes Lächeln schob sich um seine Lippen und auch sie musste plötzlich grinsen. Ihre Blicke trafen sich erneut und auf ein Mal mussten beiden ohne weiter Zurückhaltung lachen. Irgendwie war die Situation komisch, vielleicht lag es einfach daran, dass sie sich so völlig normal miteinander unterhalten konnten, oder es lag an dem gegenseitigen unbegründeten Misstrauen, so sicher war sich da keiner der Beiden. „Du bist echt in Ordnung“, meinte Linette schließlich, als sich beide wieder beruhigt hatten. „Danke, aber du scheinst auch sehr nett zu sein“, schmeichelte Antonio ihr, im geheimen hatte er die ganze Zeit gewusste, dass sie ein wunderbarer Mensch sein musste, aber jetzt, wo er sie wirklich kennen lernen durfte, da war sie ihn sogar noch viel sympathischer, als in seiner Vorstellung. Ein Moment herrschte Schweigen. „Verrrätst du mir, was dir an meiner Melodie so gefällt?“, fragte sie schließlich zögernd, ihre Neugierde vergebens verbergend. Nach einem Moment des Schweigens in dem es schien, als würde er erst nach den richtigen Worten suchen müssen, antwortet er: „Dieses Lied ist wie eine himmlische Melodie: rein, klar und hell. Wenn man ihr lauscht, so fühlt man sich von allen Lasten befreit und man verspürt den Wunsch ihr bis in alle Ewigkeiten zu lauschen. Man bekommt einfach nicht genug davon.“ Er ließ seinen Worten einen Augenblick nachhallen, bevor er zustimmend nickte. ’Ja, so lässt es sich wohl am besten beschreiben.’ Fasziniert sah sie ihm in die schokofarbenen Augen und wahrlich schien ihr dieser Augenblick süßer als jede Schokolade, die sie je gegessen hatte, denn seine Worte berührten sie tief im Herzen. Nie hätte sie erwartet, dass jemand ihre Komposition mit einer himmlischen Melodie gleichsetzten würde. Sie fühlte sich furchtbar geehrt und zugleich wog in ihr der Wunsch auf, mehr über den Menschen zu erfahren, der sie faszinierte, der irgendwo tief in ihren Herzen eine Verbindung erschuf, weil seine Worte ihr Herz berührten wie noch kein anderer und dessen Worte zu jedem noch so kleinsten Teil ihres Körpers durchgedrungen waren um dort als ewige Erinnerung zurück zu bleiben. Das Gefühl, was seine Worte ausgelöst hatten zusammen mit seinem freundlichen Wesen setzte in ihr ein unbeschreiblich schönes Gefühl frei – ein Gefühl, welches sie mit allen Mittel festhalten wollte. Seit diesem Tag änderte sich so einiges in Linettes und Antonios Leben. Die beiden trafen sich, wann immer sie konnten und oft auch in der Nacht, weil sie da ungestört waren und niemand Linette vermissen würde. Reban scherte sich zum Glück seines Bruders nur wenig um dessen Angelegenheiten. Die beiden waren glücklich. Jeden Augenblick den sie zusammen verbringen konnten war kostbar und unvergleichbar. Diese Treffen nahmen in ihren Herzen das wichtigste ein und keiner der Beiden konnte sich eine längere Zeit ohne den Anderen vorstellen. Die Sonne schien seit ihrer ersten Begegnung heller zu scheinen als sonst und auch wärmer. Der Mond erhellte die Nacht mit mehr Glanz. Der Wind schien sanfter und zugleich stürmischer geworden zu sein, gleich den Höhen und Tiefen eines jeden Lebens. Der Wald wirkte noch geheimnisvoller und verdeckte lückenlos jedes ihrer Geräusche. Doch diese geheimen Treffen hatten auch noch einen anderen Effekt: Linette und Antonio kamen sich immer näher. Jeder der Beiden kannte den Anderen bis ins kleinste Detail, kannte seine Familie, sein Leben, seine Ängste und Wünsche, seine Trauer und sein Glück. Und nach und nach lernten sich auch langsam und äußerst behutsam – so als könnte jeder falsche Schritt alles zerstören – die Gefühle des jeweils anderen kennen. Gleich einem Feuer entbrannte die Lieben zwischen ihnen – einmal abgesehen davon, welche zaghaften und schüchternen Gefühle der Zuneigung sich bereits in ihren Herzen befunden hatten. Es war eine sehr glückliche Zeit. -- über rückmeldungen jeglicher art würde ich mich sehr freuen versuche mich mit kappi 3 zu beeilen, kann aba nichts verprechen bey-bey Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)