Die Feuerkriegerin von kurudoll ================================================================================ Kapitel 5: Die alte Dorana -------------------------- Ohne sich umzusehen rannte Nerya immer tiefer in den Wald hinein. Sie musste weg! Weit weg von den unheimlichen Kreaturen. Weit weg von den Worten, die ihr Leben vom einen Moment zum anderen zerstört hatten. Sie merkte nicht, wie die Dornen ihre Haut zerissen, wie sich ihre Haar in den Ästen verfingen. Sie wollte nur weg, ganz weit weg. Dann stolperte sie plötzlich. Alles verschwand im unendlichem Dunkel. „Nein“, stöhnte Nerya heiser. „Nein, nein, nein!“ Ihr hübsches Gesicht war nur noch eine schmerzverzerrte Grimasse. „Neeeiiin!“ Nerya schreckte aus dem Schlaf. Verwirrt schaute das Mädchen sich um. Sie lag auf einem Felllager, in einem runden, hellerleuchteten Raum. Sie verstand nicht was hier vor sich ging. Warum lag sie in einem Raum und nicht an der Stelle, im Wald, wo sie gestürzt war? Ihr kam eine schreckliche Ahnung: Was war, wenn die Dämonen sie gefunden und mitgenommen hatten?! Entsetzt sprang Nerya auf und versuchte die Tür zu öffnen, auch wenn sie überzeugt war, sie verschlossen vorzufinden. Zu ihrer Überraschung glitt die Tür ohne Wiederstand zu geben auf. Sie trat auf den Flur hinaus und stutzte. Der Flur war mit allerlei seltsamer Dinge zugestellt. Von der Decke hingen Kräuter und an den Wänden waren eigenartige Ornamente zu erkennen. In der Luft lag der Geruch von etwas Verbranntem. Nerya versuchte sich möglichst leise durch den Korridor zu bewegen. Als sie die Treppe zum unteren Stockwerk erreicht hatte, passierte es! Nerya passte einen Moment nicht auf und stolperte über eine - so gut wie nicht übersehbare - Falte im Teppich. Sie versuchte sich an irgendetwas festzuhalten, wobei sie nur noch mehr Chaos anrichtete, indem sie eine Vase von der neben ihr stehenden Kommode umriss. Nerya hörte wie jemand mit langsamen Schritten die Treppe herauf kam. Jetzt war alles vorbei, die Dämonen würden ihren Fluchtversuch bemerken und sie dann nie mehr unbewacht lassen. Oder noch schlimmer, sie würden sie angekettet in einen Kerker werfen, um sie sich gefügig zu machen. Während Nerya sich die schlimmsten Szenarien durch den Kopf gehen lies, kamen die Schritte unaufhaltsam näher. Dann beugte sich ein Schatten über das verzweifelte Mädchen. Als Nerya aufblickte sah sie in das besorgte Gesicht einer alten Frau. „Nerya, Kind, hast du dir was getan?“, erkundigte sie sich mit einer beruhigenden Stimme. Nerya starrte die Greisin fassungslos an. Wie war das möglich? Oder war diese Frau auch ein Dämon? Stotternd antwortete sie, dass es ihr gut gehe. „Wer sind Sie, und was wollen Sie von mir und wo bin ich hier überhaupt?“ Die Alte lächelte nachsichtig, als sie das verwirrte Kind vor sich sah. „Lass die Formalitäten, und wenn es dir beliebt, kannst du mich Dorana nennen. Und woher ich deinen Namen kenne, dein Kater hat ihn mir zugeflüstert.“ Dorana schmunzelte, „Du solltest dich lieber wieder hinlegen, Nerya, mit einer Gehirnerschütterung ist nicht zu spaßen!“ Nerya starte die alte Frau ungläubig an. ‘Wie ist das möglich, wie hat mich diese Dorana vor den Dämonen finden können?’ Doch laut fragte sie: „Wie meinst du das, Napo hat dir meinen Namen zugeflüstert? Er kann doch nicht sprechen!“ „Das stimmt nicht ganz, Nerya, jedes Lebewesen besitzt die Gabe der Sprache! Du verstehst Napos Sprache nicht, da du sie nie gelernt hast. Aber nach dem was er mir über dich erzählt hat, scheinst du nahe daran zu sein, sie zu erlernen.“ Dorana drehte sich um. „Aber jetzt, wo du schon wach bist, essen wir erst mal was Leckeres!“ Und schon war sie weg. Als Nerya in die unteren Räume trat, schlug ihr ein abscheulicher Geruch entgegen. Angeekelt hielt sie sich die Nase zu. Der Raum in dem sie sich jetzt befand, war hell erleuchtet, da an jeder Wand mindestens zwei Fenster, verschiedener Art, eingelassen waren. Die Decke, wie auch der Boden bestanden vollkommen aus Holz. Der Raum selber war eher schlicht gehalten. Als Nerya zu der Decke sah, erblickte sie eine so große Auswahl an Kräutern, wie sie sie noch nie gesehen hatte. Auch wenn sie nur eine Hand voll von ihnen kannte, konnte sie ohne Schwierigkeiten erkennen, dass viele der Pflanzen giftig waren. Sie lies ihren Blick weiter durch den Raum schweifen, bis sie in einer Ecke eine kleine Kochstelle erkannte, wo ein großer Kessel über dem Feuer hing. Während sie sich dem Ort nährte, bemerkte sie wie sich der abartige Geruch verdichtete, er schien von dem Kessel auszugehen. Während sie weiterhin auf die kleine Kochstelle zuschritt, stolperte sie über etwas, das auf dem Boden lag. Das Etwas fauchte Nerya wütend an. Es war Napoleon. „Napo, bin ich froh dich wieder zu sehen“, platzte es aus dem Mädchen heraus, „Ich dachte schon wir hätten uns verloren!“ Nerya nahm den Kater liebevoll in die Arme. „Du kannst wahrlich stolz auf ihn sein. Wenn er nicht gewesen wäre, würdest du immer noch irgendwo bewusstlos im Wald liegen, oder die Dämonen hätten dich gefangen genommen.“ Dorana war durch eine Seitentüre ins Zimmer getreten und lächelte die beiden gutherzig an. Dann fügte sie noch hinzu: „Nerya, weißt du überhaupt welche Ehre dir dadurch zuteil kommt, das Napoleon dich akzeptiert hat? Es passiert nur selten, das sich diese Tiere an einen Menschen binden, doch wenn, dann weichen sie nie wieder von seiner Seite. Wir haben noch viel von dir zu erwarten und jetzt komm, das Essen steht auf dem Tisch!“ Nerya dachte einen Moment entsetzt, dass sie die stinkende Brühe aus dem Kessel zu sich nehmen müssten, doch als Dorana sie in ein Nebenzimmer führte, sah sie zwei, mit klarer Gemüsesuppe gefüllte Essschüsseln auf einem Buchenholztisch stehen. Während sie aßen, dachte Nerya über Doranas Worte nach. Sie wurde einfach nicht klug aus dieser Frau und ihren Andeutungen. Auch verstand sie nicht, was diese mit den Wörtern ‘Wir haben noch viel von dir zu erwarten’ meinte. „Worüber denkst du gerade nach?“ „Was“, Nerya schreckte auf, „Was hast du gerade gesagt?“ Dorana sah das Mädchen vor ihr schweigend an. „Ich habe keinen Mucks von mir gegeben, warum fragst du?“ „Aber vorhin hat mich doch jemand gefragt worüber ich nachdenke!“ „Ich habe dir keine Frage gestellt, Nerya“, sagte die alte Frau mit einer solch strengen Stimme, dass es so gar nicht mit ihren Lächeln in Einklang kommen wollte. „Ich war es, ich habe dich gefragt.“ Napo sprang vor Nerya auf den Tisch und schaute ihr eindringlich in die Augen. „Du?!“, fragte sie ungläubig, „wie ist das möglich, ich, wir ..., wir können uns doch nicht verständigen, wir sprechen doch verschiedene Sprachen!“ Dorana lachte, ein tiefer wohlklingender Ton, der sich im ganzen Raum verteilte. „Nerya, hast du etwa vergessen, was ich dir erzählt habe? Du kannst mit allen Lebewesen kommunizieren. Mit allen Menschen, allen Tieren, sogar mit den Pflanzen, wenn du nur Augen, Ohren und deinen Geist weit genug für deine Umwelt öffnest.“ Nerya starte die Alte ungläubig an. „Na komm schon, du kannst mir ruhig vertrauen.“ Die Alte klatschte froh in die Hände. „Ich werde dich in der Sprache dieser Welt unterweisen. Immerhin musst du eine schwere Bürde tragen!“ „Wie, wovon sprichst du? Weißt du etwa weshalb mich diese schrecklichen Dämonen verfolgen? Sprich, du musst es mir erklären!“ „Ja, ich weiß, was diese schrecklichen Wesen von dir wollen. Genauso weiß ich, wer du eigentlich bist. Jedoch ist noch nicht die Zeit gekommen dir dies zu erzählen. Du wirst dich gedulden müssen. Doch jetzt komm, ich werde dich herumführen.“ Die alte Frau stand auf und trat zur Türe. Nerya zögerte. Diese Frau wusste anscheinend mehr über sie, als sie selber. Was sollte sie davon halten? Ihr Misstrauen war wieder geweckt, doch da ihr nichts anderes blieb als dieser Frau, wenigstens für den Moment zu trauen folgte sie ihr hinaus in den Vorgarten, wo Dorana anfing ihr die Eigenschaften der exotisch aussehenden Pflanzen zu erklären. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)