Mermaid Melody Pretty Love Power von abgemeldet (Die dritte Staffel von Mermaid Melody) ================================================================================ Kapitel 3: Das Erbe der Prinzessinnen ------------------------------------- Meeresrauschen. Das Kreischen der Möwen. Gemurmel, Gekicher und Gläserklirren. Es war ein ruhiger Tag im Pearl Piari. Hanon und Rina waren unterwegs mit ihren Freunden, wollten aber abends zu Besuch kommen; Luchia und Kaito waren mit einem Boot auf dem Meer unterwegs; Nikola bediente zusammen mit Hippo die Kunden des Perlenbades, Ming und Seira machten die Bedienung im Strandbad. Am Nachmittag kam Akiko vorbei und bot ihnen ihre Hilfe an, die die beiden freudig annahmen. Obwohl sie sich erst so kurz kannten, kam es ihnen vor, als würden sie schon seit Jahren befreundet sein. Das Band der Prinzessinnen verband. Nachdem sie bei Sonnenuntergang die letzten Gäste verabschiedet hatten, begaben sich die drei ins Perlenbad, wo sie schon von Nikola, Luchia, Hanon und Rina erwartet wurden. „Nikola, erzähl uns doch bitte, was wir wissen müssen“, bat Akiko, als sie in dem warmen Wasser saß und ihr Haar durchkämmte. Nikola zögerte und wusch abwesend mit einem Schwamm über ihre Flosse. Hanon seufzte: „Es hat keinen Sinn, Seira weiter in unwissendem zu lassen. Es schadet mehr, als das es hilft!“ Nikola legte den Schwamm bei Seite und begann zu erzählen: „Seit Jahrhunderten werden die sieben Weltmeere von den Meerjungfrauen vor dem Bösen beschützt. Der Arktische Ozean im Norden von Kanada, Europa und Asien; der Pazifische Ozean, vom Westen Amerikas bis zum Osten Asiens und vom Osten Ozeaniens bis zum Westen Südamerikas; der Atlantische Ozean zwischen Europa, Amerika, Südamerika und Afrika; der Indische Ozean im Süden Asiens und vom Osten Afrikas bis zum Westen Ozeaniens; und schließlich der Antarktische Ozean, der die Antarktis umspült. Jedes Meer hat eine Prinzessin, die für es verantwortlich ist. Dies waren Luchia für den Nordpazifik, Hanon für den Südatlantik, Rina für den Nordatlantik, Coco für den Südpazifik, Noel für den Arktischen Ozean und Caren für den Antarktischen, sowie Sara für den Indischen Ozean. Vor ihnen gab es unzählige andere Prinzessinnen, die die Verantwortung für ihr Reich trugen. Doch wie es das Schicksal so wollte, wurden einige den Erwartungen nicht gerecht. Ein Beispiel dafür ist die Geschichte der Meerjungfrau Fushubi.“ „Fushubi?“, fragte Rina. „Die Meerjungfrau, die in Ungnade fiel?“ Nikola nickte ernst. „Wer ist das?“, fragte Seira und sie, Akiko, Luchia und Hanon schauten dümmlich drein. „Fushubi… sie war…“, begann Rina und verlor sich in der Legende: „Fushubi lebte vor Hunderten vor Jahren. Sie war eine gelbe Meerjungfrau. Fushubi verliebte sich unsterblich in einen jungen Mann aus Neuseeland, doch er zeigte keinerlei Interesse an ihr. Dieser Mann begehrte eine andere Frau, eine Tänzerin, denn ihr Beruf faszinierte ihn und er konnte ihr stundenlang zuschauen. Fushubi kränkte das, denn ihr Gesang, so dachte sie, würde jeden Mann verzaubern. Doch sie war für ihn einfach uninteressant. Mit allen Mitteln versuchte sie, den Mann an sich zu binden, doch damit trieb sie ihn immer mehr in die Arme der Tänzerin. Doch sie hatte noch eine Sache, die sie interessant machte. Eines Nachts erzählte der Mann ihr, er habe bei Sonnenuntergang eine Meerjungfrau gesehen, wunderschön und mit einer verführerischen Stimme, die ihm nicht mehr aus dem Kopf ginge. ‚Liebst du diese Meerjungfrau? Ist sie dir wichtiger, als diese Tänzerin?‘, fragte Fushubi ihn. Der Mann blickte zu den Sternen hinauf und antwortete ihr: ‚Wenn ich nicht genau wüsste, dass sie ein Trugbild war, würde ich nach ihr suchen. Sie hat mich verzaubert und mein Herz und mein Geist verzehren sich nach ihr.‘ Fushubi hatte erreicht, was sie wollte, denn sie war ihm den Abend zuvor erschienen. Sie erhob sich und stellte sich vor dem Mann. Unter Tränen erzählte sie ihm, wer sie war: Die Prinzessin des Südpazifiks, die Meerjungfrau, die er erblickt hatte, dass sie ihn liebte und auf ewig mit ihm zusammenleben wollte. Der Mann starrte sie ungläubig an und sosehr er es glauben wollte, er konnte es nicht. Und so verwandelte sich Fushubi sich vor seinen Augen in eine Meerjungfrau. Der Mann griff nach ihr, wollte sie in die Arme nehmen, sie lieben. Doch bevor er sie zu fassen bekam, löste sich Fushubi in Meeresschaum auf, denn sie hatte das Gesetz gebrochen; sie hatte einem Menschen ihre wahre Identität preisgegeben.“ Bedrückte Stille breitete sich in dem großen Badezimmer aus, die nur von dem gelegentlichen Plopp einer zerplatzenden Seifenblase unterbrochen wurde. „Die Liebe geht merkwürdige Wege“, merkte Luchia an. „Und was passierte dann?“, fragte Ming. „Ja, genau, was ist passiert? Der Südpazifik hatte ja dann keine Prinzessin mehr“, sagte Seira und sah Nikola an. „Doch, er hatte noch eine Prinzessin“, merkte Akiko an und Seira und Ming starrten sie an. „Eine Prinzessin, wie ich es bin.“ Akiko fing Nikolas Blick auf. „Ich habe doch Recht, oder?“, fragte sie unsicher. „Ja, hast du“, sagte Nikola und setzte ihren Bericht fort: „Wie Akiko es gesagt hat: Der Südpazifik blieb nicht ohne Schutz. Bis zu dem Augenblick, in dem sich Fushubi in Schaum auflöste, hatten die zweiten Reiche keine große Bedeutung. Die zweiten Reiche… Wisst ihr, jedes Weltmeer hat zwei Reiche. Luchia und ihre Freundinnen sind die Hauptprinzessinnen dieser Reiche, sie beschütze ihre Meere. Doch es gibt noch jeweils einen weiteren Palast mit einen kleinen Herrschaftsgebiet in jedem Meer, in dem weitere Meerjungfrauen leben. Nehmen wir Akiko als Beispiel. Sie kommt aus dem Arktischen Ozean, wie Noel auch. Noel ist die Prinzessin dieses Ozeans, doch an einem anderen Ort gibt es einen weiteren Palast: der Palast der roten Meerjungfrauen. Dort gibt es auch eine Prinzessin, und das ist Akiko. Das ist in allen Weltmeeren so. Damals, als Fushubi das Gesetz brach, wussten niemand von der Existenz der Zweitreiche, außer den Meerjungfrauen, die dort lebten. Aqua Regina wandte sich an die Prinzessin des Zweitreiches des Südpazifiks, Megumi, und bat sie, die Herrschaft über das Meer für eine gewisse Zeit zu übernehmen. Die gelben Meerjungfrauen mussten für das Vergehen ihrer Prinzessin büßen; erst dann konnte eine neue Prinzessin geboren werden. Megumi nahm das Amt als neue Prinzessin über den Südpazifik an und herrschte solange über das Meer, bis die gelben Meerjungfrauen bereit waren, ihre Verantwortung wieder zu übernehmen. Seit diesem Vorfall dienen die Zweitreiche als Hilfe. Sollte eine Prinzessin die Gesetze brechen, durch einen tragischen Unfall sterben, ihr Amt niederlegen oder auf irgendeine andere Weise ausfallen, übernehmen die Prinzessinnen der Zweitreiche die Herrschaft über das ihnen zugehöre Meer.“ „Aber Noel ist nicht tot und sie hat kein Gesetz gebrochen“, wandte Seira ein, „und die anderen ebenfalls nicht. Warum soll ich denn dann die Zweitprinzessinnen suchen?“ „Nicht die Zweitprinzessinnen“, sagte Hanon und blickte Seira mit einem verzweifelten Lächeln an. „Ich verstehe nicht“, sagte Seira, und sie tat es wirklich nicht. Luchia seufzte. „Wir dachten, dass wir dir es später sagen könnten, aber nun muss es wohl so sein. Wir sind keine Prinzessinnen mehr, Seira.“ Seira blickte sie verständnislos an. „Seira, verstehst du nicht? Hanon, Rina, Caren, Noel, Coco und ich haben unsere Ämter nieder gelegt. Wir sind nicht länger Prinzessinnen über die Weltmeere. Wir werden nicht mehr mit dir zusammen singen. Unsere Perlen verloren die Kraft, uns unsere Mikros zu schenken, als wir die Entscheidung trafen, für immer an Land zu bleiben und dem Leben im Meer den Rücken zu kehren.“ „A-aber ihr könnt doch wieder zurückkehren!“, rief Seira verzweifelt aus. Sie wollte es nicht wahrhaben. „Seira“, sagte Rina ernst, „diese Entscheidung ist nicht mehr rückgängig zu machen. Wir werden nie wieder Prinzessinnen über unsere Meere sein.“ Erneut beherrschte die Stille alles. Fassungslos blickte Seira Luchia, Hanon und Rina an. Alle drei hatten einen traurigen Ausdruck auf ihren Gesichtern und lächelten schwach. „Aber wieso?“ Seiras Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Weil es sich nicht vermeiden lässt.“ Hanon rückte zu der orangefarbenen Prinzessin und nahm ihre Hände in die ihren. „Luchia hat mit Kaito ihre große Liebe gefunden. Die beiden haben so viel gemeinsam durchgemacht und seitdem er weiß, wer Luchia wirklich ist, hatte Luchia tief in ihrem Innern schon beschlossen, bei ihm zu bleiben. Und das ist hier, an Land. Sie ist zu weit von ihrer Heimat entfernt, als dass sie ihre Aufgaben weiterhin gut erfüllen könnte. Und das Amt als Prinzessin nimmt sie zu sehr in Anspruch. Ihr Platz ist schon seit Jahren hier, bei Kaito. An Land. Nicht mehr im Meer.“ Seira sah Hanon an und Tränen sammelten sich in ihren Augen. „Aber ihr anderen-“, begann sie, doch Hanon schnitt ihr das Wort ab: „Bei uns ist es genauso. Was meinst du, wie Rina und ich erschrocken waren, als Nagisa und Hamasaki herausgefunden haben, dass wir Meerjungfrauen sind. Wir dachten, wir würden uns in Schaum auflösen, doch da die beiden es von selbst herausgefunden hatten, geschah nichts. Auch wir beide haben unseren Platz in der Welt gefunden, und der ist bei Nagisa und Hamasaki. Nagisa hat mir bereits vor vier Jahren geschworen, dass er mich immer lieben würde, egal wer ich bin. Auch als Meerjungfrau. Es war keine leichte Entscheidung für mich: Das Meer, meine geliebte Heimat, oder Nagisa. Doch mein Herz sagte mir, dass es richtig ist, sich für Nagisa zu entscheiden. Und wenn du nach Noel, Caren oder Coco fragst: Auch sie sind hier an Land zufrieden. Coco ist sehr erfolgreich in ihrem Beruf und auch Noel und Caren führen ein erfülltes Leben, fern von ihrer Heimat. Es gibt keinen Grund mehr für uns sechs, zurückzukehren ins Meer. Und da es keine Gefahr gab, vor denen wir das Meer hätten beschützen müssen, wurden auch unsere Perlen schwächer.“ „Wie lange… Wie lange seid ihr schon… Keine Prinzessinnen mehr?“ Seiras Stimme brach beim letzten Teil des Satzes. „Ein Jahr“, sagte Rina. Ein ganzes Jahr… Ein Jahr, und sie haben mir nichts gesagt…, dachte Seira und musste schlucken. Hanon schien ihre Gedanken zu erraten. „Wir hatten keinen Grund, es dir zu sagen und wir wussten, dass es dich zu sehr mitnehmen würde. Da unsere Perlen langsam an Kraft verloren, trafen wir uns mit Aqua Regina, die uns von den Zweitreichen berichtete. Wir hatten keine Ahnung, dass es sie gab, doch ihre Existenz kam uns sehr gelegen. Wir legten in einer komplizierten Zeremonie unsere Ämter nieder und gaben somit die Herrschaft über die Meere auf. Dies war vorher nie vorgekommen. Und weil wir dies taten, sind nun unsere eigenen Reiche zurückgestuft worden und die neuen Zweitreiche. Und die neuen Herrscher über die Meere sind neue Prinzessinnen. Sie werden solange die Meere beschützen, bis sie selbst das Amt niederlegen und die Herrschaft an unsere eigenen Reiche zurückfällt. Doch das betrifft uns nicht mehr; wir sechs werden nicht wieder zurückkehren“, sagte Hanon und verstummte. Mit einer liebevollen Geste strich sie Seira die heißen Tränen, die unaufhaltsam über ihre Wangen rannen, weg. „Weine, nicht, Seira, weine nicht, denn du musst stark sein.“ „Ich will aber nicht stark sein!“, wimmerte Seira und hatte Mühe, das Schluchzen zu unterdrücken. „Ihr seid nicht mehr Prinzessinnen! Ihr… Ihr… Ihr könnt mir nicht mehr helfen! Was soll ich denn ohne euch machen?!“ Hanon nahm sie fest in die Arme und Seira begann unkontrolliert an ihrer Schulter zu schluchzen. Sie war allein. Ohne ihre Freundinnen. Wie sollte sie da gegen Seikyo…? Eine Hand legte sich auf ihre Schulter und Seira wandte sich um. Mit einem warmen, jedoch auch ernsten Lächeln sah Akiko sie an. „Ich kann dir helfen.“ Seira wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und drehte sich nun richtig zu Akiko um. „Du bist nicht allein, Seira. Es hat einen Grund, dass es uns gibt, uns neue Prinzessinnen. Ich bin nun schon ein Jahr Herrscherin über den Arktischen Ozean und weiß, wie du dich fühlen musst. Es ist alles neu und unbekannt. Aber du bist nicht allein. Du hast mich. Und fünf weitere Meerjungfrauenprinzessinnen. Wir können es schaffen. Gemeinsam können wir das Böse besiegen. Wenn du daran glaubst.“ Sie hielt Seira ihre Hand hin. Sie hat Recht. Ich bin nicht allein. Seira sah ihre Freundinnen an. Sie sind immer noch da und unterstützen mich. Auch wenn sie nicht mit mir singen. Sie sind da. Und es gibt noch weitere fünf Prinzessinnen, die ich finden muss. Wenn ich sie finde, haben wir eine Chance gegen Seikyo. Ich bin nicht allein. Ich bin stark. „Wir schaffen es.“ Seira nahm Akikos Hand. „Gemeinsam.“ Die Tage verstrichen, ohne dass etwas geschah. Seira hatte das Gespräch über die neuen Prinzessinnen vermieden; sie wollte erst damit klarkommen, dass ihre Freundinnen ihre Ämter niedergelegt hatten, was alle anderen respektierten. Eine Woche später saß sie in der Küche und Nikola machte gerade Abendessen. „Nikola, weißt du, ob auch der Indische Ozean ein Zweitreich hat?“, fragte Seira unvermittelt. Nikola legte die Kelle zu Seite und wandte sich vom Herd ab. Ihr Blick war von leichter Sorge, als sie Seira eine Gegenfrage stellte: „Wieso fragst du? Willst du dein Amt etwa auch niederlegen?“ „Nein!“, wehrte Seira sofort ab. „Nein, wirklich nicht. Aqua Regina hat mir eine Aufgabe gegeben, und die will ich erfüllen. Außerdem ist mir Akiko zu wichtig geworden. Und ich muss doch Seikyo besiegen. Nein, ich hänge viel zu sehr am Indischen Ozean, als das ich ihn aufgeben würde. Ich wollte es nur aus reiner Neugier wissen, denn ich weiß von keinem.“ „Nun“, begann Nikola, „natürlich hat auch der Indische Ozean ein Zweitreich. Doch dieses Reich bleibt solange verdeckt, bis du dein Amt niederlegst oder durch andere Umstände keine Prinzessin mehr sein kannst.“ Seira dachte kurz nach. „In der Zeit, in der ich noch nicht geboren worden war und Sara schon tot war…“, begann sie zögernd. Nikola lächelte. „Ja, da wurde der Indische Ozean von einer anderen Prinzessin geschützt: Riyaku, die silberne Meerjungfrau. Und sie hat ihre Aufgabe nicht schlecht gemacht, was meinst du?“, sagte sie zwinkernd. „Ja“, sagte Seira, „sie hat sie wirklich nicht schlecht gemacht. Aber wo ist Riyaku jetzt?“ „Das weiß leider keiner so genau“, sagte Nikola und rührte in einem Topf herum. „Da du jetzt die Macht und Verantwortung über deine Heimat hast, zogen sich die silbernen Meerjungfrauen zurück und bleiben verborgen, bis sie wieder gebraucht werden.“ „Hallo!“, erklang eine Stimme und wenige Augenblicke später stand Akiko in der Tür. „Ich dachte mal, ich besuche euch. Ich hoffe, das ist okay?“, fragte sie und setzte sich neben Seira an den Tisch. „Klar, du kannst gerne bis morgen bleiben“, sagte Nikola und holte ein paar Teller aus dem Schrank. „Ich hoffe mal, dass du Appetit mitgebracht hast“, sagte sie und stellte den Mädchen jeweils einen Teller dampfender Suppe vor die Nase. Nachdem sie gegessen hatten, wandte sich Seira an Akiko. „Sag mal, Akiko, warum wusste keiner von eurer Existenz?“ Akiko wusste, worauf ihre Freundin hinaus wollte, und lachte. „Wir wurden nicht gebraucht. Also, meine Dienste als Prinzessin wurden nicht gebraucht. Unsere Reiche sind nicht wie die euren an einem festen Ort gebunden gewesen; sie waren beweglich, deshalb wurden wir nicht gefunden. Bei den anderen Zweitreichen ist das genauso.“ „Wie bei Gakuto damals“, murmelte Nikola. „Moment mal: gewesen?“, fragte Seira. „Ja. Nun, da wir die Herrschaft über die Meere übernommen haben, sind unsere Reiche an einen festen Ort gebunden. Sie sind sozusagen verankert. Und das wird wohl auch so bleiben“, erklärte Akiko. „Und was ist dann mit den Reichen von Noel und den anderen?“, fragte Seira neugierig. Akiko lachte. „Die bleiben da, wo sie waren. Da sie sich noch nie bewegt haben, werden sie das jetzt wohl auch nicht tun.“ Seira stimmte in ihr Lachen ein. „Ich frage mich, ob ich irgendwann auch einmal die silberne Prinzessin meines Zweitreiches treffe“, murmelte Seira gedankenverloren. „Und ich frage mich, wer wohl die anderen Prinzessinnen sind, nach denen wir jetzt suchen müssen“, sagte Akiko. „Das heißt, du weißt auch nicht, wie sie aussehen?“ „Nein, woher sollte ich das auch wissen, Seira? Du bist wirklich etwas schusselig“, neckte Akiko sie. Beide zogen sich in Seiras Zimmer zurück und kuschelten sich in ihren Pyjamas unter Seiras Bettdecke. „Weißt du, Akiko“, sagte Seira und starrte an die Decke. „Manchmal habe ich Angst.“ „Wovor?“ „Davor, dass ich es nicht schaffe. Ich habe keine Ahnung, wie die anderen aussehen oder wo ich sie suchen könnte. Dass ich dich traf, war wohl eher ein Zufall.“ „Ich glaube nicht“, warf Akiko ein. Auf Seiras fragenden Blick sagte sie: „Ich habe nach dir gesucht. Eines Morgens wachte ich auf und ich wusste: Du musst los. Ich glaube, Aqua Regina hat zu mir gesprochen. Ich habe mich sofort auf den Weg gemacht. Ich wusste einfach, wohin ich musste. Als ich dann hier in der Nähe war, war das Gefühl zu wissen, was man tut, allerdings weg und ich kam mir so verloren vor. Doch dann habe ich dich mit Ming gesehen und ich fühlte mich irgendwie mit dir… verbunden. Deshalb war ich auch so erleichter, dass du dich mit mir angefreundet hast. Und, dass du eine Prinzessin bist.“ Der Wind heulte laut und übertönte fast die nahen Kirchenglocken, die elf Uhr schlugen. „Oh, es wird wohl gewittern“, sagte Seira und zog sich die Decke bis zum Kinn. Wie als Antwort erhellte sich der Himmel und ein lautes Krachen zerriss die Luft. Vor Schreck zuckten Akiko und Seira zusammen; dann sahen sie sich an und lachten. „Ich glaube, wir werden bald eine neue Gefährtin finden“, sagte Akiko zuversichtlich. Beide lauschten dem prasselndem Regen, dem Heulen des Windes und dem gelegentlichen Grollen des Donners. „Ich auch“, sagte Seira. „Ich auch.“ Der Blitz erhellte die Umgebung und ließ sie das Meer besser beobachten. Die Wellen auf dem offenen Meer waren riesig und lieferte sich einen Machtkampf, bis sie Gischt spritzend an den Klippen zu Grunde gingen. Sie hob die Hand und schickte einen weiteren Blitz hinaus, doch wieder sah sieh nichts. Ihr Blick war ernst. Der Donner krachte und sie hörte, wie jemand erschrocken aufschrie. Die Bewohner des Hauses, auf dessen Dach sie saß, hatten Angst vor Gewittern. Voller Vergnügen ließ sie zwei weitere prachtvolle Blitze zur Erde niederfahren, denen der Donner sogleich folgte. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Bald“, sagte sie zu sich und lauschte dem Getose über dem Meer. „Noch verkriecht ihr euch in eurem Loch“, sagte sie und suchte wieder das Meer ab. „Noch taucht ihr nicht auf, Meerjungfrauen. Aber bald werdet ihr mir in die Falle gehen.“ Sie kicherte. „Ich werde nicht versagen so wie Ruby und Saphire. Wartet es nur ab. Das Kaninchen ist nicht so harmlos, wie es aussieht!“, sagte sie und auf ein Schnippen ihrer Finger erhellte erneut ein Blitz die nächtliche Dunkelheit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)