The Demon Factor von Arcturus (Eine Rachel Morgan-Fanfic) ================================================================================ V - Ich saß neben David in Glenns Wagen, Kisten auf dem Beifahrersitz, weil nur er wusste, wo es zu diesem verfluchten Haus ging und Glenn... Glenn fuhr wie eine besenkte Sau. Ich hatte ihn noch nie so fahren sehen – aber sobald das hier vorbei war, wollte ich ihn auch nie wieder so fahren sehen. Gut, dass ich mein Frühstück schon los war – in einigen der Kurven, die Glenn so nahm, hätte ich sonst sein Auto vollgekotzt. Und Dreck auf Toast – Ivy. Ich wusste, wo Ivy ihre Pflöcke aufbewahrte. Ich wusste auch, wie ich sie zu benutzen hatte. Und bei aller Liebe – niemand setzte meine Mitbewohnerin der Gefahr aus, einen Dämon auf den Hals gehetzt zu bekommen. Erst recht keinen Dämonen, der schon diverse Menschen auf dem Gewissen hatte. Scheiße, bei Big Al wusste ich wenigstens, woran ich war. An nichts Gutem, zugegeben. Aber der wollte mir ans Leder – nicht meinen Freunden. Kisten gab Glenn anscheinend eine kurze Anweisung, dann bremste dieser abrupt. Ich sah meinen Kopf schon gegen seinen Sitz knallen, doch dann verloren die Reifen den Halt und wir drehten uns um die eigene Achse. Statt gegen Glenns Sitz knallte ich gegen die Scheibe. Ein greller Schmerz durchzuckte mich. Ich wusste nicht, ob das ich war, der da schrie, aber es tat weh. Dann fasten die Räder wieder raueren Untergrund und wir standen still. Mein Magen drehte sich weiter. Glenn in sein verfluchtes Auto zu kotzen, war vielleicht doch keine so schlechte Idee. Als ich aufblickte, ruhten drei Augenpaare auf mir. Hinter meiner Stirn pochte noch immer ein dumpfer Schmerz, aber er war erträglich. „Was?“ „Alles okay, Rachel?“ „Ich kotz gleich, aber ansonsten ist alles okay, ja. Glenn, du Idiot! Mach das nie wieder!“ Glenn verzog schuldbewusst das Gesicht. „Willst du Ivy retten, oder nicht?“ Okay, das war wahr. „Ivy retten wird schwierig, wenn du uns zu Brei fährst!“ „Mädels, Luft anhalten. Wenn ihr weiter streitet, dann retten wir nix mehr. Oh, und Glenn, ich sagte, du sollst bremsen, nicht uns umbringen. Beim nächsten mal reiß ich dir die Kehle auf.“ Manchmal war Kisten toll. Ich nickte zustimmend. Aber er hatte Recht – wir mussten Ivy retten. Zumindest ich wusste nicht, ob sie mit einem ausgewachsenen Dämon zurecht kam, Piscarys Blut hin, Piscarys Blut her. Also stieß ich die Wagentür auf, stand auf – und musste mich an der Tür festhalten, um nicht umzukippen. Verdammte Scheiße, war mir schlecht! Ich atmete einmal tief durch, dann ging es wieder. Bevor einer der Männer auf die dumme Idee kam, mich aus Sicherheitsgründen zurück ins Auto so schicken – David warf mir schon besorgte Blicke zu – ließ ich das Blech wieder los. Igitt, Glenn sollte mal wieder sein Auto putzen. Aber verdammt noch mal, ich würde da jetzt rein gehen und Ivy retten, wenn Ivy meine Hilfe benötigte, und ich würde mich nicht davon abhalten lassen. Ich knallte die Tür lauter als nötig zu, um diesen Entschluss zu unterstreichen. Nicht, dass meine Begleiter das verstanden – Glenn schien wütend, ob immer noch oder schon wieder war mir herzlichst gleich, David verwirrt bis besorgt und Kisten zog eine Braue hoch. Ja, okay. Also noch mal für Männer. Ich stemmte die Arme in die Hüfte und sah zu den dreien. Meine Tasche baumelte beruhigend an meiner Seite. Auf einen solchen Einsatz war ich zwar nicht vorbereitet, aber wenigstens hatte ich meine Splat Gun mit acht Schuss Gute-Nacht-Tränken und ein paar Amulette bei mir. Ich wusste nur nicht, wobei mir jetzt ein Wahrheitsamulett helfen sollte. „Okay. Gehen wir rein und holen Ivy da raus!“ Kisten nickte zustimmend und knackte bedrohlich mit den Fingern, als wäre er nicht der Idiot, der Ivy mit einem potenziellen Dämonenopfer allein ließ. Glenn entsicherte seine Waffe (nicht, dass die ihm was bringen würde) und David legte seinen Rucksack sorgfältig auf die Rückbank. Ich warf einen letzten Blick zum Himmel. Die Sonne war wahrscheinlich bereits seit ein paar Minuten nicht zu sehen. Verdammte Scheiße. Das wurde eng. Ich hasste dieses Gebäude jetzt schon. Es war von außen dreckig und von innen war es noch schlimmer. Und es war grün. Überall. Bis auf den Teppich. Aber der schien ohnehin meine Schuhe fressen zu wollen. Kisten hatte sich an die Spitze unseres Trupps gesetzt und David hatte darauf bestanden, ebenfalls vor mir zu gehen. Gut, bekamen die beiden Ivys Wut zu spüren, sollte Kisten sich irren. Nur Glenn hatte ich dazu überreden können, dass es besser war, wenn er hinter mir blieb – ich war diejenige, die eine Kraftlinie anzapfen konnte, um einen Schutzkreis zu errichten. Wenn es hier eine Kraftlinie gab. Ein leichtes Kribbeln erfasste mich, das ich für einen Moment nicht einordnen konnte. Das fühlte sich an wie... Mist. Ich gab Glenn ein Zeichnen, stehen zu bleiben, dann schloss ich meine Augen und öffnete mich dem zweiten Gesicht. Das Jenseits formte sich vor meinen Augenlidern, grau, hässlich mit dem altbekannten roten Licht. Ich sah tatsächlich eine Kraftlinie. Eine kleine, so wie die bei meiner Kirche, aber eine Kraftlinie. Und sie verlief im Hinterhof. Na klas- In dem Moment flammte noch etwas auf. Die Mauern der realen Welt waren verschwunden, sodass ich mich frei umsehen konnte. Neben der Kraftlinie und den Auren meiner Begleiter sah ich einen gottverdammten Schutzkreis! Vampire konnten keine Schutzkreise ziehen. Ich riss die Augen wieder auf, ließ das zweite Gesicht und setzte mich wieder in Bewegung. „Irgendwer hat einen Schutzkreis gezogen!“ „Rede nicht, beeil dich!“, rief Kisten von vorn und verschwand hinter einer Ecke. Ich folgte seinem Befehl widerspruchslos und lief, um ihn einzuholen. Als ich ebenfalls um die Ecke bog, riss er bereits die Tür zu einem Zimmer auf. Es musste das Zimmer mit dem Schutzkreis sein. In dem Moment flog Ivy durch die Tür an uns vorbei und knallte gegen die Wand des Flurs. Mir blieb das Herz stehen. Noch im selben Augenblick, wie es mir schien, war ich bei ihr. Ich fühlte Puls. Sie war K.O., aber sie lebte noch. Kisten fluchte laut, was mich aufsehen ließ. „Heilige Scheiße, wie kommt der hier her?“ Als ich an ihm vorbei durch die Tür sah, wusste ich, was er meinte. Da stand eine Hexe, die vermutlich den Schutzkreis gezogen hatte, und neben ihr Trent Kalamack. Er schien nicht besonders zufrieden mit der Gesamtsituation. Ich wusste nicht, womit die Steinberg – sie musste die Steinberg sein, sie musste einfach – ihn bedrohte, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass er freiwillig dort stand wo er stand. Er blickte zur Tür. Zu mir. Ich konnte mich irren, aber es sah fast so aus, als helle sich seine Miene ein wenig auf. Verdammt. Ich war nicht wegen dir hier, du Arsch. Er ließ seinen Blick wieder von mir gleiten und starrte etwas außerhalb meines Blickfeldes an. „Glenn, schaff Ivy hier weg. Beeil dich. Und nimm Rachel-“ Da war ich bereits an Kisten vorbei. Und sah ihn. Es war nicht Big Al. Es war nicht Big Al. Er war größer als ich und dünn, aber nicht schmächtig, und trug einen edlen Anzug. Er verbarg seine Augen hinter einer dunklen Sonnenbrille und Dreck auf Toast – er sah gut aus. Sein blondes Haar fiel ihm elegant in die Stirn, als er sich auf einen Stuhl lehnte, auf dem eine weitere Person saß. Vermutlich war das Eddy. Wenn es Eddy war, sah er jedenfalls so aus, als hätte er sich soeben in die Hosen gemacht. Ich sah ihn bis hier her Zittern. Für einen Vampir sah er aus, wie ein Weichei. Aber gut. Es war ein anderer Dämon. Es war nicht Big Al. Und er verbeugte sich vor mir und grinste dabei. „Rachel Marianna Morgan, nehme ich an? Ich fühle mich geehrt, Sie kennen zu lernen. Man redet viel über Sie, im Jenseits.“, sprach er höflich mit einer dunklen Stimme. „Geh und wandel dich.“, knurrte ich, die Hand bereits bei meiner Splat und Schulter an Schulter mit Kisten. Wo zum Wandel war David? Ich spürte den Windhauch, als Kisten den Dämon angriff. Doch der lachte nur und fing seinen Schlag ab. Mit einer fließenden Bewegung warf er Kisten durch den Raum. Scheiße. Okay. Als ich meine Splat zog, legte sich eine Hand um mein Handgelenk. „Tse, Tse, Tse. Mädchen sollten nicht mit Waffen spielen.“, flüsterte eine leise Stimme. Wer auch immer hinter mir stand, riss meinen Arm so kräftig nach oben, dass ich schrie. Ich spürte, wie mir die Splat aus den Fingern glitt. Ich keuchte, riss mich dann aber zusammen und trat nach hinten aus. Irgendetwas hatte ich getroffen. Es blieb mir keine Zeit, darüber nachzudenken. Stattdessen ließ ich mich fallen, riss an meinem Arm und trat erneut zu. Tatsächlich kam ich frei. „Rhombus!“ Die Energie der Kraftlinie durchfuhr mich mit einem Schlag , als ich die Linie anzapfte und sich der Kreis schloss. Ich hörte es hinter mir schreien, als mein Angreifer gegen den Schutzkreis prallte – Treffer. Der Schmerz in meiner Schulter ließ mich ein wenig in mich zusammen sinken, doch ich versuchte, ihn zu ignorieren. Heulen konnte ich später, wenn Ivy und Kisten sicher waren. Ich drehte mich um und sah meinen Angreifer, der mich wütend anstarrte. Noch ein Dämon. Verfluchte Scheiße. Er war ebenfalls größer als ich, aber nicht viel. Er trug eine seltsame dunkelblaue Robe, in der er dünn wirkte. Er trug langes, hellbraunes Haar und einen Ziegenbart in der selben Farbe. Oh, und er hatte Hörner. Er hatte eindeutig Hörner! Zusammen mit den ziegenartigen Augen sah er aus wie eine überdimensionale menschliche Ziege in dunkelblau. Ein unbestimmtes Gefühl sagte mir, dass ich vor ihm mehr Angst haben musste, als vor seinem Kollegen, der gerade meinen Freund vermöbelte. Wenigstens stand Kisten wieder. Und er kämpfte. Ich wusste nicht, wie lange er das durchhalten würde, doch er kämpfte. Ich tastete nach meiner Splat und fand sie in meinem Schutzkreis. Tomate sei dank. Dann hörte ich eine Stimme. „Hör auf zu Spielen! Töte ihn!“ Es war die Hexe, die sprach. Die Frau musste kleiner als ich sein und sah aus, als sei sie in kurzer Zeit stark gealtert. Ihr Haar schien blond mit ersten grauen Strähnen, obwohl sie vermutlich erst fünfzig war. Sie trug ein hässliches Kostüm, vermutlich, weil sie nichts anderes im Schrank hatte. Alles in allem sah aus, wie jemand, der seine Arbeit lebte. Sie zeigte auf Trent. Der Dämon neben mir sah ebenfalls zu ihr, warf dann aber einen Blick zu dem Vampir auf dem Stuhl. Plötzlich schrie Eddy. Es klingelte in meinen Ohren, Noch schlimmer war es nur, als Eddy plötzlich verstummte. Im Augenwinkel sah ich, wie er auf seinem Stuhl zusammen sank. Ich wusste nicht, was da gerade geschehen war, doch ich glaubte nicht, dass Eddy wieder aufstehen würde. Nicht als lebender Vampir, jedenfalls. Der Dämon neben mir leckte sich über die Lippen. „Mit dir und deinen Freunden spiele ich vielleicht später, Kleine.“, raunte er mir noch zu. Aber halt. Er konnte ihn nicht umbringen. Trent war in diesem beschissenen Kreis der Hex- Ich spürte, wie der Kreis zerbrach, als sie Trent einfach hinaus stieß. Und dann war David da. Als Wolf. Groß, mit schwarzem, seidigen Fell und tödlich. Die Entfernung zu Steinberg überbrückte er mit zwei kraftvollen Sprüngen mühelos, bevor es ihr gelang, erneut einen Kreis zu ziehen. Sie schrie auf, als er sich in ihrer Seite verbiss. Allerdings war es Trent, der die größeren Probleme hatte. Ich sah, wie der Dämon sich auf ihn stürzte. Scheiß auf meinen Schutzkreis. Das würde ihn was kosten – ich wollte einen neuen Mantel. Ich umfasste meine Splat Gun fester, zielte, ließ den den Schutzkreis fallen und schoss. Natürlich traf ich nicht, aber ich erreichte, was ich erreichen wollte: Ich zog seine Aufmerksamkeit auf mich. Genug Zeit für Kisten, seinem Dämon zu entkommen und sich auf Trents Angreifer zu stürzen. Es gelang ihm, Trent zu befreien. Gut, er schleuderte ihn durch den Raum, um ihn zu befreien, aber er befreite ihn. Irgendwie. Anscheinend hatten wir Mister Dämon genug gereizt, sodass er sich erst uns zuwandte. Ich fragte nicht, sondern schoss wieder. Zwar traf ich ihn nicht, aber Kisten zog ihm eins über, woraufhin er sich auf meinen Freund konzentrierte. Glenn brüllte entfernt und Ivy schien ihn auszuschreien, doch sie waren beide außerhalb meines Blickfeldes. Dann sah ich Ivy. Anscheinend hatte sie sich erholt und stürzte sich nun auf Dämon Nr. 1. Ich hörte Glenn immer noch, doch ich ignorierte ihn. David jaulte auf der anderen Seite. Ich blickte mich nicht um, sondern lief zu Trent. Noch war er bei Bewusstsein, auch wenn ihm wohl die Kraft fehlte, um sich aufzurichten. Ein wenig schielend sah er sah mich an. „Rachel, du kommst gerade richtig.“, murmelte er. „Halt die Schnauze. Wie kommst du eigentlich hierher?“ „Einer der Dämonen hat mich durch die Linie gezogen.“ Okay. Das erklärte das Fehlen gewisser Elfen. Ich griff in meiner Tasche nach einem Amulett und dem Fingerstick. Routiniert aktivierte ich es mit den obligatorischen drei Tropfen meines Blutes und drückte es ihm in die Hand. Man konnte ihm förmlich ansehen, wie der Schmerz nachließ und er sich entkrampfte. Glenn schoss, doch ich wusste, dass er nicht treffen würde. Hier spielten die großen Jungs, Menschen hatten hier nichts zu suchen. „Glenn, hör auf zu spielen und schaff Trent hier raus!“, rief ich deshalb über meine Schulter und sah mich um. David lag winselt auf dem Boden. Die Hexe musste ihn erwischt und sich befreit haben, doch Kisten zog ihr gerade eins über, flog dann aber durch den Raum, als einer der Dämonen ihm einen kräftigen Tritt verpasste. Er stand nicht wieder auf. Scheiße. Ich hörte Ivy schreien, doch sie stand noch und griff wieder an. Glenn war bei Trent und mir. Den Elf überließ ich nun einfach ihm. Meine Splat Gun ruhte fest in meiner Hand. Dann war ich wieder in Bewegung. Ich musste die Hexe ausschalten. Was es für ein Zauber war, der mich traf, wusste ich nicht. Ich brannte. Ich sah nichts, aber ich wusste, dass ich brannte. Schmerz brannte durch meine Adern. Ich hörte mich schreien, doch es klang fremd. Ächzend brach ich zusammen. Der Schmerz flaute ab und ich kniff die Augen zu. Ich krächzte heiser. Scheiße, das tat weh. Ein Auge öffnend, sah ich mich um. Es tanzten Sterne vor meinem Blick. Dreck auf Toast. Dreck auf Trent. Dreck auf die ganze beschissene Situation. Irgendetwas fegte über mich hinweg, dann schrie Glenn. Scheiße. Ich rappelte mich auf. Wo war meine Splat? Scheiße, wo war meine Splat? Ich fand meine Waffe nicht und warf das nächstbeste, das ich zur Hand hatte. Meine Tasche. Zu spät, als meine Amulette bereits leise klirrend auf dem Boden aufschlugen, wusste ich, dass das ein Fehler gewesen war. Ich traf den Dämon in der Hüfte. Nicht, dass das etwas brachte. Ein Blick zu Ivy sagte mir, dass wir die Einzigen waren, die noch standen. Ein Blick zu Ivy sagte mir auch, dass sie in den Lebender-Vampir-und-Piscary-Nachkomme-Berserker-Modus geschaltet hatte. Aber sie war mit dem anderen Dämon beschäftigt. Fuck. Ich warf mich meiner Tasche hinterher, unterdrückte den Schmerz und umklammerte die Hüfte des gehörnten Dämons. Dieser ließ Trent nicht los. Diesmal nicht. Er packte meinen Arm, wieder, und zog daran. Ich schrie, ließ aber nicht los. Ein Tritt traf mich hart gegen mein Bein und ließ mich zusammenzucken. Ich verlor den Halt, als er wieder an mir riss. Seine Hand packte meine Kehle und drückte mich gegen die Wand. Scheiße. Ich brauchte einen Zauber. Aber ich kam nicht an. Scheiße, ich kam nicht an! Mir ging die Luft aus und ich umklammerte seine Hand mit meinen, doch es gelang mir nicht, seinen Griff zu lösen. Wieder tanzten Sterne vor meinen Augen. Dann spürte ich, wie er mich anhob und warf. Den Aufprall spürte ich nicht. Würgend kam ich wieder zu mir. Ich durfte jetzt nicht schlapp machen. Scheiße, Trent. Mein Rücken schmerzte, Wunden an meinem Kopf und meinem einen Bein pochten im Gleichtakt und der allesumfassende Schmerz, der durch mich geflutete war, brannte in meinen Adern nach und vereinte sich zu einer einzigen großen Welle des Schmerzes. Dreck auf Toast. Hastig blinzelte ich die Schwärze aus meinem Augenwinkel. Ich war zu weit weg. Scheiße, ich war zu weit weg. Und dann sah ich die Hexe. David hatte sich aufgerappelt, sich erneut auf sie gestürzt und sie zu Boden geworfen. Sie formte einen Zauber, um ihn sich vom Leib zu halten, den ich nicht würde aufhalten können. Spontan fasste ich einen Plan. Vorsichtig rappelte ich mich auf und brachte meinen Plan fast zum scheitern, als ich über einen von Ivys Pflöcken stolperte. Halt. Ivys Pflock. Und Ivy hatte mir gezeigt, wie man sie verwendete. David heulte und winselte dann nur noch, doch darum konnte ich mich später kümmern. Ich hob den Pflock auf und überbrückte die Distanz zu Steinberg. Mit Wucht prallte ich gegen sie und begrub sie unter mir. Das Stück Holz in meiner Hand mit all meinem übrig gebliebenen Mut umklammernd, versuchte ich, es ihr in die Brust zu stoßen. Mit einer Hand griff sie nach meinem Hals und drückte zu, mit der anderen versuchte sie, mir meine Waffe zu entreißen, doch ich ließ nicht los. Ich löste eine Hand vom Pflock und zog in ihren Haaren. Das ließ sie aufschreien und ihren Griff lockern. Diese Chance nutzend presste ich ihr den Pflock gegen das Herz. Schmerz flammte erneut durch mich und ich schrie, doch ich gab nicht auf. Steinberg bewegte ihre Lippen, das sah ich, doch ihre Worte hörte ich unter meinen Schreien nur wie durch Watte. „Azazel, hilf mir!“ Azazel? War das der Dämon? Azazel- Oh scheiße. Mir wurde schwarz vor Augen und ich spürte, wie meine Kraft nachließ. Doch dann ebbte der Schmerz ab. Ich sah noch immer nichts. Etwas packte mich und warf mich neuerlich durch die Luft. Der Aufschlag presste mir das bisschen Restluft aus den Lungen, das ich noch hatte. Rasselnd sog ich die Luft wieder ein und blinzelte gegen die Schwärze. Mir war heiß und kalt gleichzeitig und alles tat mir weh. Ich hätte kotzen können. „Wie hast du mich gerade genannt?“, fragte eine Stimme ganz weit weg. Ich hatte doch niemanden irgendwie genannt... „Wir hatten einen Vertrag.“ Ich hatte auch keinen Vertrag, oder? Dreck auf Toast, das war doch wohl nicht Big Al... Irgendwer schrie. War das ich? Etwas nasses berührte mein Gesicht. Ich schreckte zusammen. Big Al? War das Big Al, der mich holen wollte? Ich kniff die Augen zusammen. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein. Da konnte nicht- Nein! Die Nässe kam wieder. Da war kein Schmerz, außer der, den ich schon kannte. Was war es dann? Vielleicht war es doch nicht- Aber der... die Dämonen! Trent! Ivy! Ruckartig öffnete ich die Augen, kniff sie aber sofort wieder stöhnend zusammen. Scheiße. Licht. Als ich es erneut versuchte, wurde es besser. Das Licht war weniger geworden. Irgendetwas musste zwischen mir und der Quelle sein. Ich sah auf und sah die Silhouette eines riesigen schwarzen Wolfs. Als David sah, dass ich ihn sah, begann er zu hecheln – und sabberte mir dabei ins Gesicht. … Gut. Wenn David mir ins Gesicht sabberte und dabei hechelte, dann war ich entweder tot oder noch in einem Stück. Dem Schmerz nach zu urteilen, von dem ich nicht ganz wusste, wo er gerade nicht war, war ich wohl noch in einem Stück. „Ivy?“, krächzte ich heiser. „Sie kotzt sich gerade aus. Du bist wieder wach?“ Nun... Es schien fast so. Vorsichtig setzte ich mich auf und zuckte daraufhin prompt zusammen. Das fühlte sich fast so, als hätte es ein paar Rippen erwischt. Glenn saß neben mir. Ihn hatte es auch erwischt. Um sein rechtes Auge hatte sich ein Bluterguss gebildet, der wohl noch anschwellen würde. Seine zusammengesunkene Haltung bedeutete vermutlich, dass er noch mehr eingesteckt hatte. David hechelte noch immer. Sabber tropfte auf meine Schulter. Ich hob die Hand, um es wegzuwischen und zuckte zusammen. Ah, die Schulter. Ich sah mich um. Eddy saß nach wie vor zusammengesunken auf seinem Stuhl. Was immer der Dämon mit ihm angestellt hatte – es war ihm nicht bekommen. Ich sah weder Kisten noch Ivy. Durch die Fenster drangen erste, sanfte Sonnenstrahlen. Ich musste weg gewesen sein. Und das für ne ganze Weile... Scheiße. „Wo sind die Dämonen?“ „Gegangen. Ich habe noch nicht ganz begriffen, was da los war, aber als die Hexe den Namen des einen genannt hatte, ist er auf sie losgegangen, von wegen Vertragsbruch und hat sie mitgenommen. Der, gegen den Ivy gekämpft hat, hat sich danach verzogen. Sah wohl keinen Sinn mehr darin, einen Auftrag auszuführen, zu dem es keinen Auftraggeber mehr gab.“ „Und Kisten?“ „Hilft Ivy beim kotzen, glaube ich.“ „Trent?“ „Ich lebe noch.“, sagte eine Stimme links von mir. Ich drehte den Kopf zu David. Tatsächlich saß Trent hinter ihm. Er sah nicht besser aus, als ich. „Danke, Rachel.“, fügte Trent hinzu. Er klang krächzend. „Geh und wandel dich, Trent. Ich habe das nicht für dich getan.“ Gut ich klang genauso schlimm. Ich seufzte. „Ich weiß. Dennoch, danke. Ohne dich und deine Freunde hätte mich diese Irre umgebracht.“ „Sie hat genug andere umgebracht.“ Eine feuchte Wolfszunge strich über mein Ohr. War das Davids Vorstellung von Trost? Na gut. Ich sah zu ihm und versuchte ein Lächeln. Er schleckte mir über die Wange. „Das gefällt dir wohl, he?“, murrte ich. „Weißt du, dass das ein wenig eklig ist?“ David hechelte nur selbstzufrieden. Mistkerl. Oder Mistwolf. Wie auch immer. Ich hörte, wie Ivy und Kisten streitend näher kamen. Als sie eintraten, folgten ihnen mehrere FIB-Beamten, darunter Edden und eine ältere Frau mit gutmütigem Gesicht, die Glenn und mir aufmunternd zulächelte. „Wir haben also gewonnen?“ „Wir leben zumindest noch“, erwiderte Kisten, der plötzlich hinter mir stand und sein Gesicht gegen meine gesunde Schulter drückte. Richtig. Wir lebten noch. Aber wieso war das überhaupt so weit gekommen? Wie kam es dazu, dass eine Mutter so von Rache getrieben sein konnte, dass sie dafür Leute umbrachte? Und das alles nur, weil ihre Tochter ein neues Leben beginnen wollte und sie selbst es nicht konnte... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)