Im Schatten des Windes von Taihou ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Spät in der Nacht kehrte Niken wieder zurück in sein Dorf. Er war draußen im Wald gewesen, die meiste Zeit hatte er den Vögeln und dem Wind gelauscht, um sich die Zeit zu vertreiben. Nun stand er direkt vor dem hölzernen Tor und starrte auf die Straßen. Außer ein paar Kindern war niemand auf diesen. Er fuhr sich mit der Hand durch sein langes, weiß-silbernes Haar und lächelte, als er den kühlen Abendwind im Gesicht spürte. Sein Vater hatte immer zu ihm gesagt, er sei viel zu verträumt. Der plötzliche Gedanke an seinen Vater stach ihm schmerzlich in der Brust. Sein Vater war schwer krank, ohne Medizin würde er nicht gesund werden, aber sie hatten kein Geld. Sie gehörten zu den ärmeren Leuten im Dorf, seine Mutter war Wäscherin, die einzige im Dorf und sein Vater gehörte zu den Wachleuten. Er schaute mit verzogenem Gesicht auf den Boden vor ihm. Seine ältere Schwester, Tyra, kümmerte sich um ihren Vater, aber es ging ihm zusehends schlechter. Er selbst konnte das nicht, ihm fehlte die Geduld für das ständige Sorgen um seinen Vater, was aber seine Angst um ihn nicht schmälerte. Außerdem musste er auch versuchen, seine Familie zu ernähren, aber trotzdem tollte er im Wald rum und verträumte den Tag, was ihm ein schlechtes Gewissen bereitete. Er schloss die Augen und unterdrückte die Tränen, die in ihm hochwallten. Wild schüttelte er den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben. Er blickte hoch auf die Straße vor ihm, die Kinder spielten nicht mehr sondern scharrten sich um ein kleines Mädchen. Es war hingefallen und hatte sich das Knie aufgescheuert. Niken hörte klar und deutlich das weinerliche Schluchzen der Kleinen. Er biss sich auf die Lippe, er wollte zu dem Mädchen hin und ihm helfen, aber er konnte sowieso nichts tun. Und die eigene Enttäuschung darüber, dass er eben nicht helfen konnte, konnte er nicht ertragen. Er versuchte wegzublicken und seine Aufmerksamkeit woanders hin zu lenken. Auf einmal nahm Niken eine Bewegung in den Schatten der kleinen Hütten, die am Rand des Dorfes standen, wahr. Er sah einen seltsamen Mann, in einem langen Mantel mit einer Kapuze, die er sich tief ins Gesicht gezogen hatte. Hastig blickte sich der Fremde um und schaute in Nikens Richtung. Das Blut gefror Niken praktisch in den Adern, als er den Blick des Mannes auf sich spürte. Dann wandte sich der unheimliche Mann um und verschwand im Schatten der Häuser. Niken schaute dem Mann hinterher. Irgendetwas in ihm sagte, er müsse ganz schnell verschwinden, sich in Sicherheit bringen! Er kämpfte gegen das Gefühl an, hielt sich die Schläfen und schüttelte wieder den Kopf. Er machte sich zu viele Sorgen. In allem was er sah, entdeckte er eine Bedrohung, etwas, das sein Mitgefühl aufwallen ließ, oder andere, ähnliche Sachen. Trotz dieser Erkenntnis ging er vorsichtig auf die Straße und spähte um die Häuserecke, um die der Mann verschwunden war. Doch dort war niemand zu sehen. Er atmete erleichtert aus. Er hatte es sich wohl nur eingebildet. Gerade wollte er sich umdrehen, da entdeckte er ein Blitzen, welches seine Aufmerksamkeit erregte. Auf dem Boden lag etwas Kleines. Ein Medaillon! Er bückte sich danach und hob es auf. Es war in Gold eingefasst und in der Mitte schimmerte ein Stein, wie Niken ihn nie zuvor gesehen hatte. Es war ein glänzender roter Stein mit einem geheimnisvollen grünen Schimmer. Es gehörte bestimmt dem unheimlichen Mann. Er steckte es sich in die Hosentasche und machte sich auf dem Heimweg. Doch er drehte sich mitten auf der Straße um und spähte durch das Tor auf die weiten, grünen Felder. Gebannt von dem wunderbaren Anblick blieb er dort stehen und schaute hinaus. Ein plötzlicher Drang ergriff ihn und trieb ihn wieder hinaus durch das zum Tor hindurch. Ein unerwarteter, aufsteigender Gedanke regte sich in seinem Kopf und er lächelte freudig. Er könnte das Medaillon verkaufen! Bestimmt war es genug wert, dann könnte er Medizin für seinen Vater holen. Endlich würde alles wieder normal werden. Endlich könnten sie wieder etwas zusammen unternehmen! Nun würde sein Vater wieder gesund werden! Sich freuend drehte er sich zu seinem Dorf um und in seinen gerade noch fröhlichen Augen spiegelte sich Entsetzen! Vor ihm erschien ein riesiges Wesen. Ein riesiges, gigantisches Monstrum, dreimal so groß wie die Häuser, neben denen es stand. Es hob den Kopf zum Himmel und ein furchterregendes Brüllen entwich dem geöffneten Maul. Danach blickte es auf den Boden, auf die vor Angst erstarrten Bewohner, welche das Monster bereits entdeckt hatten. Niken durchlief ein unangenehmes Schaudern. Das Monstrum hob den Arm und fegte mit einem gewaltigen Hieb durch die Häuser. Holz splitterte, Stein zerbröckelte und die Dorfbewohner wurden wie Kieselsteine durch die Luft geschleudert. Ungläubig auf das Monster starrend, stand Niken wie gelähmt vor dem Tor, die eine Hand fasste die Kette um seinem Hals, die andere das Medaillon. Während er da stand, schlug das riesige Ungetüm weiter durch die Häuser und hinterließ ein Spur der Verwüstung. Mit einem Mal hielt es inne und hob den Kopf zum Himmel. Niken spürte ein Prickeln in der Luft und mit einem Mal, wandte sich das entsetzliche Monster zu ihm um und starrte ihn an. Genau ihn. Doch was ihn da anstarrte waren keine grausamen, mordlustigen Augen, obwohl Niken es selbst nicht glauben konnte, meinte er eine unermessliche Trauer in diesen riesigen Augen zu sehen. Dann wandte sich das Monster ab und beging weiter sein blutiges Werk. Nikens Beine wurden weich und er fiel auf die Knie. Tränen füllten seine Augen. War das das Ende? Das Ende… von allem? Er schluchzte und blickte weiter auf das Geschehen vor ihm, unfähig etwas zu unternehmen. Seine Schwester, seine Eltern, seine Freunde. Sie alle waren im Dorf und schrien um ihr Leben, während er zuschaute. Die Häuser wurden wie Kartenhäuschen in Stücke zerschlagen. Feuer brach aus. Ein unermessliches Chaos direkt vor ihm. Nichts konnte er tun… nichts! Die ganze Nacht ging es so, er konnte nicht weg, zu gebannt von einem grausigen Monster, zu gezeichnet von der Angst um sein eigenes Leben. Sein Gesicht war bereits rot vom Weinen. Als der Morgen letztlich graute, gab es nichts mehr zu zerstören. Das Monster stand nun da, mit dem Rücken zu Niken gewandt. Niken schluchzte und mit einem Mal, als hätte es das gehört, drehte sich das Ungeheuer zu ihm um und starrte ihn mit seinen traurigen Augen an. Schließlich wandte es Niken wieder den Rücken zu und ging fort. Es war schnell verschwunden. Niken ballte seine Hand zur Faust, während er auf die blutgetränkten Ruinen starrte, wo die leblosen Körper der Bewohner lagen. Endlich befreit von dem Anblick des Monsters. Weitere Tränen liefen über sein Gesicht, aber es war vor Wut und Zorn verzerrt. Eine wütende Grimasse, der nur eins vorschwebte: Rache, für seine Familie, für die Dorfbewohner, für alle, die in dieser Nacht von dem Monster getötet wurden! Rache, für das grausame Massaker, dessen Grund er nicht einmal erahnen konnte! Rache! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)