Reinkarnation der Engel von Khyre (2. Teil - 1000 Seelen -) ================================================================================ Kapitel 5: Die Schlacht ----------------------- Kapitel 5 - Die Schlacht Die Tage verstrichen wie im Flug wegen des vielen Trainings. Ein paar wenige Gespräche oder der ein oder anderen Spaziergang durchbrachen das Geschehen, doch im Grunde war dieser Rhythmus schon unser Alltag geworden und wir hatten uns an die Anstrengungen gewöhnt. Um so überraschender kam Rillsamas plötzliche Nachricht. Wir saßen gerade alle zusammen und diskutierten über die Frage, ob nicht Access Eingliederung Grund für Gottes Untergang gewesen sei und nicht Gottes Berechnungsfehler - als Rillsama uns per Gedankenübertragung den Krieg ankündigte. ‚Ich habe die Truppen gesichtet. Sie befinden sich momentan noch auf der anderen Seite des Planeten und dürften in ungefähr einer Stunde hier sein. Bitte ordnet euch in zwei Schichten. Zur ersten Schicht gehören Lebewesen der Stärke eins bis fünf, wie wir es geprüft haben. Sie werden als erstes angreifen. Als Vorrat verbleibt die kleinere Schicht Zwei, dazu gehören Lebewesen der Särke fünf aufwärts und die Engel, sowie Gottes Reinkarnation. Schicht Eins begibt sich bitte jetzt zu den besprochenen Stützpunkten. Wir müssen alle Vorteile, die uns dieser Planet liefern kann, ausnutzen. Auf einen Mann von uns kommen 500 Schwarzengel. Viel Glück.“ „Das Wetter ist bewölkt, wie jeden Tag. Wir wünschen eine angenehme Weiterreise ins Reich der Toten. Vielen Dank für ihre Kooperation,“ schloss Toki in makaberem Sarkasmus. „Was soll denn das heißen : ‚den Planeten nutzen‘? Alles was es hier gibt sind ein paar trockene Felsen und eine unbegehbare Schlucht!“ Wir antworteten mit einem Schweigen. Jeder war in seinen Gedanken und blickte zu Boden. „Na dann,“ brach Access die Stille und richtete sich langsam auf. Wir folgten ihm andächtig aus dem Dôjo. Toki hatte recht, es war wie immer bewölkt, nur angesichts des bevorstehenden Ereignisses wirkte die Welt noch viel trister als sonst. Unser Dorf stand da, als ob ein fantasieloses Kind mitten in den Zengarten von Papa ein paar Klötzer aus seinem Spielkasten nebeneinander gestellt hatte. Der erdige Boden und die endlose Weite in alle Richtungen brachte mich auf den Gedanken, wie nackt wir doch alle hier standen. Ungeschützt und ebenso fehl am Platz in dieser Leere wie das Dorf oder das Dôjo. Unerwünscht im Nichts. Still war es. Unglaublich still. Wir begaben uns in Richtung Gottes Tempel, in der Hoffnung, Anweisungen zu bekommen, wann die zweite Schicht starten sollte; auch wenn Toki meinte, dass wir schon merken würden, wenn uns das Dach des Dôjo auf den Kopf fallen würde, gingen wir. Von nun an durften wir ja nicht mehr per Gedankenübertragung fungieren. Wir hatten irgendeine Art von Barriere um den Tempel erwartet, doch da war nichts. „Barrierefrei! Da bekommt das Wort ‚Freitod‘ einen wirklich passenden Hintergrund!“, feixte Toki. Rillsama ignorierte Toki und meinte zu uns, wir sollen aus Schlupfwinkeln angreifen. Eine Barriere wäre zu aufwendig gewesen. „Na großartig! Warum stellen wir uns nicht gleich mitten auf‘s Schlachtfeld, breiten die Arme aus und rufen ‚Los Leute, tötet uns!!‘?!“, mokierte sich Toki weiter. Er schien sichtlich beleidigt, ignoriert zu werden. „Ihr spinnt doch!!“ „Gottes Energie ist begrenzt und sie ist unsere letzte Chance,“ erwiderte Rillsama. „Dann hätte Gott uns lieber eine gescheite Verteidigungsmöglichkeit geschaffen, als auf eine Chance zu vertrauen!!“ „Ich diskutiere mit dir nicht über Kriegsführung, Toki Hayer. Wartet jetzt hier, ich gebe euch das Kommando zum Kampf.“ „Aber -“ „Ruhe! Und stirb in der Ehre zu Gott!“ Tokis Worte erreichten Rillsama einfach nicht. „Jetzt sag doch auch mal was, Access!!“, wandte sich Toki gereizt zu dem Schwarzhaarigen; doch Tokis Wut erlosch allein durch die Kälte, die in Access Worten lag: „Du fragst mich, was besser ist: Mit strategisch gutem Handeln über ein Meer aus Leichen meiner Brüder zu gehen oder in halsbrecherischer Einfalt diesen Planeten zu schützen und dennoch wenige Morde zu verantworten?“ „Du redest wie ein psychisch Gestörter.“ „In Anbetracht der Realität, die den Wahnsinn an sich darstellt, finde ich meine Gedanken selbst vollkommen normal.“ Und mit diesen Worten verließ er den Raum, allerdings nicht, ohne sich am Eingang nochmals umzudrehen und mir mit seinem in Traurigkeit getränkten Blick den Kopf zu zermartern. Ich wollte ihm hinterher, doch Cersia hielt mich fest. „Lass ihn. Der hat für‘s erste noch seinen eigenen Kampf mit sich auszutragen.“ Und so verfolgte ich voll Sehnsucht den Anblick seines Rückens, bis er aus meinem Blickfeld verschwand. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst, wie unrecht Cersia mit ihrer Vermutung gehabt hatte, wäre ich ihm nachgerannt und hätte ihn nicht mehr losgelassen, bis ein Schwert unser beider Körper durchdrungen hätte. Denn Access würde keinen Kampf mit sich selbst austragen. Er hatte sich schon längst entschieden. Die Zeit verging schleichend, wenn man auf den Tod wartete. Und zugleich verging sie mir zu schnell, denn als Rillsama uns das Kommando gab, schreckte ich jäh aus meinen Erinnerungen auf. Ich blickte mich um. Wo war Access? War er noch nicht zurück? „Der wird direkt zum Treffpunkt kommen“, meinte Cersia nur, „Also dann. Geben wir Alles. Vielleicht trifft man sich auf der Erde wieder.“ Ich nickte stumm und beobachtete Toki und Cersia, die sich an den Händen fassten und los flogen. Doch schon während wir auf den besagten Kurs zusteuerten, packte mich in all dem Lärm von klirrenden Waffen aus weiter Ferne der Gedanke: Du bist hier falsch. Ich hielt inne und weit oben im Osten erschien eine Art Mückenschwarm. Aber es waren keine Mücken, die etwas verfolgten - es waren Schwarzengel. Der Gedanke traf mich wie ein Blitzschlag. Access war nicht am Treffpunkt, er war hier, genau vor meinen Augen und versuchte Schwarzengel vom Kampf abzulenken. Er allein. Er wollte nie die Auseinandersetzung, er wollte keine Toten und zugleich musste er kämpfen. Also verschaffte er den anderen von uns einen Vorteil zum Angriff und befriedigte zugleich die Rachegier seiner ehemaligen Kollegen und Brüdern. Allein. Allein. Obwohl er gesagt hatte, - „ACCESS!!“, brüllte ich und raste auf den Mückenschwarm zu; doch ehe ich ihn erreicht hatte, brach der Schwarm zusammen und ich sah Access im Sturzflug gen Boden rasen - oder fiel er? Ich schlug mit aller Kraft mit den Flügeln, doch Access zu erreichen unter den Pfeilen, die mich nur leicht verfehlten und den Schwarzengeln, die sich plötzlich vor mir aufbauten war unmöglich. Als ich den Boden erreichte, befand ich mich mitten im Gemetzel - von Access keine Spur. Dafür sah ich andere Dinge. Dinge, vor denen es mich graut, zu schreiben. Meine Ohren füllten sich mit dem lauten Klirren von Waffen aller Art, die gegeneinander schlugen, aber auch mit Geräuschen wie das Zerfetzen eines Körpers oder dem dumpfen Aufschlagen eines Leichnams auf dem Boden. Und vor allem hörte ich Schreie. Schreie, die mir die Luft zum Atmen nahmen, Schreie, von gefolterten Schwarzengeln durch Hexenzauber, erleichterte Schreie kurz vor dem Ableben, Kampfgeschrei, Befehle, Schreie aus Trauer über gefallene Freunde und Schreie vor Freude, verrückter Freude, wieder jemanden umgebracht zu haben. Blut spritzte von meinem Nebenmann auf meinen Oberarm und mir ins Gesicht, ich wurde von vielen Seiten angerempelt und getreten. Für einen kurzen Moment kam ich mir vor wie ein einfacher Zuschauer der Szene eines Films und obwohl es nur wenige Sekunden waren, die ich in dieser Starre verharrte, boten diese wenigen Sekunden mir den Stoff langer, unumgänglicher Albträume und Erscheinungen am Tage, jahrelang noch nach dem der Kampf schon längst zu ende war und ich im Körper meiner menschlichen Reinkarnation steckte. Ein Schwarzengel, der vor meinen Augen verbissen gegen eine Elfe kämpfte, riss mich urplötzlich aus der Trance. Access! Schoss es mir durch den Kopf. Doch es war nicht Access. Ich fuhr herum und um mich sah ich Schwarzengel. Zu viele Schwarzengel. Alle mit schwarzem Haar, ob lang oder kurz zu einem Pferdeschwanz hochgebunden; sie besaßen alle die selbe Kleidung und eine ähnliche Statur wie Access. Es war furchtbar. Jetzt verstand ich, was Access meinte mit dem Zahnrad im Getriebe. Ein Zahnrad so beliebig, dass man es austauschen konnte. Gleich. Alles sahen sich so ähnlich. „Access! ACCESS!!“, brüllte ich rennend durch die Gegend und blickte mich um. Plötzlich trat ich auf etwas Weiches und ich blickte maschinell nach unten. Unter meinen Füßen lag die Leiche eines Schwarzengels. Seine Augen waren offen erstarrt. Es war niemand hier, der ihm die Augen zur Ruhe eines Toten geschlossen hätte. Nein, sein Körper würde noch lange keine Ruhe finden, da ich ja nicht die Einzige war, die auf ihn oder eine andere Leiche trat. Ich spürte einen starken Brechreiz. Ansätze von Tränen schossen mir aus den Augen, doch ich hatte nicht die Kraft zu weinen. Alles stockte in mir. Blockierte. Meine sicht verschwamm und in einer letzten Erscheinung eines lächelnden Access schrie ich auf, durchbrach den Damm und rannte weiter. Ich nahm die Gestalten um mich fast nur noch schattenhaft wahr, die gesamte Geräuschkulisse verschwamm in meinen Ohren zu einer Art Brei und so stolperte ich weiter, bis ich auf einen relativ freien Platz kam. Erschöpft und schwer keuchend von der panischen Rennerei stand ich da. Schweiß rann mir an den Schläfen herab. Doch bei dem Anblick des Szenarios vor mir, schien er mir auf halbem Weg zu Eis zu erstarren. Ich befand mich auf einer kleinen Insel im Meer aus Schwarzengeln sozusagen. Vor mir lagen etliche Leichen verstreut. ‚Wahrscheinlich haben sie deshalb hier nicht weiter gekämpft‘, schoss es mir durch den Kopf. Und dann führten mich mehrere Tropfen tropfendes Blut zum Finale des Abschaums. Drei Schwerter gerammt in das Herz eines Körpers, dessen leblose Arme durch in Stein gehauene Schwerter gestützt seitlich herab hingen. Die ehemalig graue Kleidung war in dunkelrotem Blut gebadet. Der Kopf hing lose vor seiner Brust und die blut- und dreckverschmierten, fransigen schwarzen Haare verdeckten fast die geschlossenen Augen. Er hing da auf dem Stein wie ein Denkmal der Hölle. Er war das Denkmal der Hölle. Die Trophäe der Rächer. „Acc -!“, schoss es mir im Flüsterton aus dem Hals, als ein lähmender Schmerz im Nacken mich betäubte. Ich dachte, ich schmecke Blut. Doch es war nur noch der Ansatz von Geschmack, den ich verspürte, ehe alles schwarz vor mir wurde. So schwarz, dass es weiß war. Und dann war nichts. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)