Die fetten Jahre sind vorbei von Katherine_Pierce (Widerstand ist zwecklos) ================================================================================ Kapitel 5: Jahrmarkt in Gil' ead -------------------------------- Kapitel Fünf: Jahrmarkt in Gil’ ead Als der Sommer sich dem Ende neigte, waren Murtagh und Caterina immer noch gemeinsam unterwegs. Entgegen ihrer ursprünglichen Abmachung begleitete sie ihn weiterhin. Jetzt, da die goldenen Tage des Sommers rasch vergingen, machten sie öfter Abstecher in Dörfer und Städte. Sie folgten keiner festen Route, doch eines vermied Murtagh so gut er konnte. Nämlich die Umgebung Urû’ baens. Er hatte nicht vergessen, wie seine Gefährtin reagiert hatte, als sie nur verschwommene Umrisse der Stadt ausmachen konnte. Und mittlerweile kannte er sie besser. Er wusste, dass sie nicht feige war. Deswegen hatten sie zwar Dras- Leona nochmals passiert, hatten sich aber von der Hauptstadt Alagaesias ferngehalten. Wenn sie sich in der Zivilisation zeigten, gaben sie sich als Bruder und Schwester aus. Caterina sang und tanzte, um ein bisschen Geld zu verdienen, welches sie im Winter für Herberge und Mahlzeiten ausgeben konnten. Murtagh machte sich daran, ihre Kleidung gegen die Kälte zu füttern und er bestand darauf, dass seine Begleiterin ordentliches Schuhwerk anfertigen ließ. Es ging schon auf den Herbst zu, als sie von dem großen Jahrmarkt in Gil’ ead hörten. Sie wussten beide, dass ihnen ein Auftritt dort viel Geld einbringen würde. Ihre Überlebenschancen würden damit um ein Vielfaches steigen. Und obwohl es gefährlich war, sich in eine so große Stadt zu wagen, die voller Soldaten und Halsabschneidern war, waren sie entschlossen, Gil’ ead einen Besuch abzustatten. In den letzten Tagen hatten sie Station in einem Dorf am Isenstar gemacht, wo man sie auf den Jahrmarkt hingewiesen hatte. Am Morgen des Tages, bevor der Markt eröffnen würde, brachen sie früh auf, um rechtzeitig in Gil’ ead sein zu können, um eine gescheite Unterkunft zu finden. Murtagh ging es ähnlich wie Caterina, er fühlte sich hinter Stadtmauern nicht wohl, so dass er hoffte, nach drei Tagen wieder fortgehen zu können. Außerdem fürchteten sie beide die Entdeckung durch Soldaten, denn sie hatten jeder ein kleines, aber sehr brisantes Geheimnis, das sie wahrten und worüber sie niemals ein Wort verloren. Sie vertrauten dem anderen zwar, aber noch nicht genug, um ein so essenzielles Geheimnis zu verraten, von dem ihr Leben abhängen konnte. Sie hielten sich beide bedeckt, was ihre Vergangenheit anging und wichen geschickt aus, wenn die Sprache doch einmal auf das Thema kommen sollte. Caterina ließ lediglich verlauten, dass ihre Mutter bei einer Fehlgeburt gestorben war, als sie ungefähr fünf Jahre alt gewesen war. Murtagh sagte gar nichts. Aber das musste er auch nicht. Seine Begleiterin kannte ihn nun gut genug, um zu wissen, dass es manche Dinge gab, über die er niemals ein Wort verlieren würde. Sie akzeptierte das. Schließlich verlangter von ihr auch nicht, dass sie alle Karten offen auf den Tisch legte. Er fragte nicht einmal, warum sie sich stets etwas Erde ins Gesicht schmierte, ehe sie sich in ein Dorf wagten, obwohl ihm das sehr merkwürdig vorkam. Doch Murtagh sagte nichts. Gegen Abend erreichten sie die Stadttore Gil’ eads. Die Wachen beäugten zwar die Spielfrau und den abgerissenen Jüngling, der sie begleitete, misstrauisch, hielten sie aber nicht auf. Fragend sahen die beiden jungen Leute sich an. Wo sollten sie hin? Sie waren nur einmal vor langer Zeit in dieser Stadt gewesen, konnten sich nicht mehr daran erinnern, da sie beide im Säuglingsalter gewesen waren. „Was hältst du von einer Herberge am Stadtrand?“, brach Caterina schließlich das Schweigen. Murtagh nickte nur zur Antwort. Ohne ein Wort griff er nach ihrer Hand und führte sie fort von ihrer beider Standort. Hinterher kamen die Wachen noch auf dumme Gedanken. Seit Murtagh Caterina heimlich bei ihrem Bad beobachtet hatte, war er erschreckend eifersüchtig geworden. Ein Gedanke daran, dass ein anderer Mann sie eines Tages in seinen Bann ziehen und sie mit demjenigen gehen könnte, versetzte Murtagh einen schmerzhaften Stich in seiner Herzgegend. Und schon manches Mal, wenn er Caterina hatte tanzen sehen, hatte es ihn gedrängt, sie danach anzufahren. Für seinen Geschmack tanzte sie viel zu anzüglich. Bei anderen Spielfrauen war es ihm völlig egal, nur bei ihr hatte er ein Problem damit. Caterina wiederum merkte nicht mal, wie Murtagh sich manchmal als ihr Liebhaber aufspielte. Sie war in dieser Hinsicht völlig abgeklärt. Liebe, so hatte sie in der Nacht beschlossen, in der sie Urû’ baen und ihrem alten Leben den Rücken gekehrt hatte, war nichts für sie. Sie würde sich niemals verlieben und somit auch nie Probleme mit Männern haben. Oder mit einem gebrochnen Herzen. Bislang hatte sie das auch gut durchgehalten. Aber die Frage war, wie lange noch.... Nach einer Weile des ziellosen Herumirrens hatte Murtagh schließlich eine Herberge erspäht, die nicht teuer, aber recht ordentlich war. Er zog Caterina zu dem Gebäude und fragte nach dem Wirt. Dieser zeigte sich nicht erfreut, dass eine Spielfrau und ein Habenichts in seinem Haus wohnen wollten, doch als er ihr Geld sah, änderte sein Verhalten sich und er war sehr höflich zu Caterina. Dies veranlasste Murtagh zu der Bemerkung, sie sei seine Verlobte und er wünsche, dass sie in einem Raum nächtigten. Nicht nur der Wirt sah ihn daraufhin irritiert an. Der arme Mann hatte geglaubt, es mit einem Geschwisterpaar zu tun zu haben. Auch Caterina kam nicht umhin, sich stark zu wundern. Bisher hatte Murtagh kein Problem damit gehabt, dass sie sich als Geschwister ausgaben, warum änderte er das jetzt? Aber sie hielt den Mund. Das konnte sie getrost später ansprechen. Oder es gar nicht erwähnen, was vielleicht sogar am besten war, da Murtagh sehr ungehalten werden konnte, wenn man versuchte, ihm Informationen zu entlocken, die er preiszugeben nicht bereit war. So ließen sie sich denn ein Zimmer vom Wirt zuweisen und waren ziemlich zufrieden, dass sie eine Bleibe gefunden hatten, in der sie sich einigermaßen sicher und wohl fühlen würden. Caterina stieß einen Schrei des Entzückens aus, als sie sah, dass sie ein Bett hatten. Sie hatte mit Strohsäcken gerechnet. Murtagh, der sie beobachtete, konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Es war einfach zu niedlich, wie sie sich über das Bett freute und er beschloss, es ihr ganz allein zu lassen, obwohl es ihn auch gereizt hätte, noch einmal den Komfort eines anständigen Bettes zu genießen. So stand er mit verschränkten Armen angelehnt im Türrahmen und beobachtete seine Begleiterin, die ihm in diesem Moment vollkommen Glückes als das schönste Wesen auf der ganzen, weiten Welt erschien. Er wunderte sich nicht einmal, wo dieser Gedanke herkam. Er genoß einfach den Augenblick. Am nächsten Morgen erwachte Caterina im Morgengrauen. Sie gähnte verstohlen, wandte dann ihren Kopf und musste lächeln, als sie Murtaghs entspanntes und weitaus weniger grimmiges, schlafendes Gesicht sah. Sie hatte ihn überredet, neben ihr im Bett zu schlafen. Es war doch Unsinn darauf zu verzichten, wenn sie schon einmal die Gelegenheit hatten. Murtagh hatte schließlich knurrig zugestimmt und ihr zu verstehen gegeben, dass sie gefälligst nicht versuchen sollte, ihn zu umarmen oder ähnliches. Lachend hatte Caterina ihm versichert, dass das Letzte sei, wonach ihr der Sinn stand. Und so war es auch. Murtagh war für sie nur ein Begleiter. Ein Freund. Ein Helfer. Mehr nicht. Wenigstens für den Augenblick. Jetzt, da sie ihn so beobachtete, wie das Morgenrot sein hübsches, markantes Gesicht rot und golden beschien, kam er ihr wie der schönste Mann auf Erden vor. Ein liebevolles, gar zärtliches Lächeln, ließ ihr Antlitz erleuchten. Sie war versucht, ihre Hand auszustrecken und ihn zu berühren. Ihm eine dunkle Haarsträhne aus der Stirn zu streichen. Mit ihrem Fingern die Konturen seines Gesichtes nachzuzeichnen. Seine Haut zu berühren, um zu ergründen, ob sie wohl weich war oder hart, wie seine Gesichtszüge es zu tun beliebten. Ein leiser Seufzer entfuhr ihr, wehmütig und irgendwie auch glücklich zur selben Zeit. Wie kam es, dass Murtagh ihr so schön erschien? Vertraut? So... wertvoll? ‚Nun ja, er hat mein Leben gerettet. Er duldet mich an seiner Seite.’ Aber warum tat er das? Darauf fand Caterina keine befriedigende Antwort, obwohl sie so lange darüber nachgrübelte, bis der Gegenstand ihrer Überlegungen seine Augen aufschlug und herzhaft gähnte. „Morgen...“, kam es verschlafen von ihm. Caterina lächelte ihn warm an. „Guten Morgen!“ Ihre Stimme war voller Überschwang. Ganz ungewohnt, wie Murtagh fand, aber durchaus angenehm. Er warf ihr einen Blick zu, der sie ziemlich einschüchterte. „Mach mal grad Platz, ich muss kurz verschwinden.“, raunzte er. Irritiert sah sie ihn an, sprang aber aus dem Bett und ließ ihn passieren. Ohne einen weiteren Blick verließ Murtagh den Raum, die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Das hatte irgendwie einen so endgültigen Klang, dass Caterina Angst bekam, er könne nicht mehr zurückkommen. Hatte er etwa doch nicht geschlafen und von ihrer Narretei etwas mitbekommen? Allein der Gedanke beschämte sie so sehr, dass sie leuchtend rot anlief und ihren Kopf senkte. Sie hoffte, dass sie sich nicht allzu lächerlich gemacht hatte. Murtagh konnte sehr verletzend sein, ohne es zu merken oder beabsichtigen. Er war nun mal ein nüchterner, zynischer Charakter. ‚Ich sollte aufhören, mir darüber den Kopf zu zerbrechen!’, rief Caterina sich energisch zur Ordnung. Murtagh derweil war zum Abort verschwunden. Nachdem er seine Notdurft verrichtet hatte, lehnte er sich an die hölzerne Trennwand, die für ein wenig Privatsphäre sorgte. Ihm war seltsam zumute. Immer noch stand ihm das warme Lächeln seiner Begleiterin vor Augen. Woran hatte sie gedacht, dass sie ihn so begrüßt hatte? Sie war zwar ein enthusiastischer Charakter, aber diesen Wesenszug ließ sie nur sehr selten zum Tragen kommen. Er schüttelte den Kopf. Er sollte sich wirklich keine Gedanken darüber machen. Das war doch absurd! Mit einem Seufzer kehrte er dem Donnerbalken den Rücken und machte sich auf den Weg in ihr gemeinsames Zimmer. Schon auf der Treppe hörte er Caterinas Gesang. Aber etwas war anders daran. Er konnte sich nicht erinnern, sie jemals von der Liebe singen gehört zu haben. Und wenn doch, dann hatte ihre Stimme ganz anders geklungen, nämlich nicht im mindestens so leidenschaftlich. Caterina hatte Geschichten von der Liebe immer emotionslos vorgetragen. Man hatte ihr nicht abgekauft, dass die Hauptakteure in den Liedern sich wirklich liebten. Deswegen war Caterina immer ausgewichen, wenn man sie um einen solchen Vortrag gebeten hatte. Heldengeschichten und Lieder über längst vergangene Schlachten waren etwas, was ihr mehr lag. Aber nun konnte Murtagh ganz deutlich die Veränderung hören. So blieb er eine Weile vor der Tür stehen und lauschte ihrer Stimme, die an- und abschwoll. Verstohlen beobachtete er Caterina durch den Spalt, den er die Tür geöffnet hatte. Sie tanzte albern durchs Zimmer, nur um innezuhalten und mit verklärtem Gesichtsausdruck die Wand anzustarren, dabei ein unglaublich glückliches Lächeln auf den Lippen. Irgendwie schien sie zu strahlen. Und dann tat sie es. Sie sagte ein Wort in der Alten Sprache. Murtagh konnte sich einen erstaunten Laut nicht verkneifen. ‚Wieso kennt sie die Alte Sprache?’, überlegte er fieberhaft, die Stirn gefurcht. „Was machst du denn da?“ Erschrocken sah er auf und genau in Caterinas halb erschrockenes, halb ärgerliches Gesicht. Der Glanz, der auf ihr gelegen hatte, war verschwunden. „Ich...“, begann Murtagh, brach aber ab und war tatsächlich tödlich verlegen. „Ist ja auch egal, der Markt eröffnet in Kürze!“, knurrte er und schob sich an ihr vorbei ins Zimmer. Sie sah ihm fassungslos nach, schloss dann aber die Tür und hüllte sich in Schweigen. Schließlich brachen sie auf, um in der Stadtmitte der Eröffnung des Jahrmarktes beizuwohnen. Der Bürgermeister von Gil’ ead würde dies tun. Der Platz war bereits vollgestopft mit Menschen, so dass Murtagh und Caterina sich nicht weiter als bis in die dritte Reihe vordrängeln konnten. Wie üblich war der mächtigste Mann der Stadt von Soldaten flankiert. Als sie an Caterina und Murtagh vorbeikamen, wandte Erstere ihren Kopf zur Seite, so dass man ihre Gesichtszüge nicht erkennen konnte. Zwar hatte sie sich vor dem Aufbruch Erde ins Antlitz gerieben, um ihren Teint dunkler zu machen, doch man konnte nie wissen. Schließlich war es erst knapp zwölf Monde seit sie Urû’ baen den Rücken gekehrt hatte. Bislang hatte sie von einer Suchaktion nichts mitbekommen, doch das musste nichts heißen. Sicherlich war ER nicht so dumm, ihr Verschwinden an die große Glocke zu hängen. Damit würde er einen Feinden in die Hände spielen und das war ganz sicher das Allerletzte, was ER wollte. Dennoch fühlte Caterina sich häufig verfolgt und unternahm alle nur möglichen Versuche, unerkannt zu bleiben. Es war gut, dass sie so wandlungsfähig war. Murtagh hatte ihre Reaktion mit Staunen aufgenommen. Es waren nur Soldaten. Und da Jahrmarkt war, würde man sie als Spielfrau wohl kaum ins Gefängnis werfen lassen. Aber andererseits schien Caterina unter einer ausgeprägten Paranoia zu leiden, ähnlich derjenigen, die auch ihn zeitweise quälte. Nach einer endlos scheinenden Ansprache des Bürgermeisters war der Augenblick da. Der Jahrmarkt begann. Die Menge zerstreute sich und die Spielleute und Gaukler suchten sich Ecken, in denen sie ihre Künste vorführten. Caterina, die sich bislang von großen Märkten ferngehalten hatte, staunte über all die verschiedenen Dinge, die es hier zu sehen gab. Ein Feuerschlucker beeindruckte sie ganz besonders, sehr zum Missfallen Murtaghs. „Sollten wir nicht auch nach einer Ecke suchen?“, unterbrach er daher Caterinas Gestarre. Abwesend nickte sie, voll glühender Bewunderung für den Feuerschlucker. Murtagh runzelte die Stirn, griff nach ihrem Arm und zog sie mit sich davon, als er plötzlich innehielt. „Brisingr.“, hörte er Caterina sagen. Der Feuerschlucker hatte plötzlich nichts mehr zu lachen. Die Fackel, die er in der Hand gehalten hatte, wurde von einem Flammenstoß verzehrt und er hatte sich übel verbrannt. Caterina, die nicht wusste, was sie da getan hatte, fühlte sich plötzlich ziemlich wacklig auf den Beinen und unendlich müde. Ehe Murtagh sich versah, war sie schon ohnmächtig geworden und sank Richtung Boden. Rasch hob er sie auf seine Arme und machte, dass er davonkam. Auf dem Weg zur Herberge grübelte Murtagh über zweierlei nach: zum einen, wie es kam, dass eine Spielfrau die Alte Sprache beherrschte und zum anderen, wieso sie durch Benutzung selbiger Magie wirken konnte. Denn nichts Anderes war es gewesen, was sie da getan hatte, wenn auch wahrscheinlich völlig unbeabsichtigt. Er sah auf ihr Gesicht nieder. Immer noch war sie bewusstlos. Ihr Körper war erstaunlich leicht. Er hatte sie für etwas schwerer gehalten. Gefällig schmiegten ihre Konturen sich an seine Brust. Murtagh schluckte. Das war kein guter Augenblick, um sich einzugestehen, dass er sie begehrte. Aber es ließ sich auch nicht leugnen. Er wollte sie. Ob das ausgelöst worden war durch ihr nächtliches Bad in jenem Tümpel im Wald? Unwirsch schüttelte er den Kopf. ‚Reiß dich zusammen!’, ermahnte er sich, während er Caterina die Treppe der Herberge hinauftrug. Der Wirt und einige Gäste im Schankraum beobachteten das Ganze, ließen sich aber keine Reaktion anmerken. Murtagh schenkte ihnen keine Beachtung. Er musste dringend mit Caterina reden. Das hieß, wenn sie das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Hoffentlich dauerte das nicht allzu lange... Murtaghs Geduld wurde nur auf eine kurze Probe gestellt. Kurz nachdem er sie auf das Bett gelegt hatte, schlug sie ihre Augen auf und sah sich verwirrt um. „Was ist passiert?“, wollte sie wissen. Murtagh, der am Fenster gestanden und auf das Treiben in den Straßen geblickt hatte, drehte sich zu ihr um. Seine Miene war sehr ernst und er sah streng aus. Caterina bekam unwillkürlich Angst vor ihm. Er setzte sich auf die Bettkante, griff nach ihrer Hand, die, wie er feststellen musste, erschreckend kalt war. „Du hast Magie benutzt.“, antwortete er schlicht. Ihre Augen wurden riesengroß, dann aber füllten sie sich mit Tränen und Abscheu klang aus ihrer Stimme. „Ich bin verderbt!“ Heftig machte sie sich von Murtagh los, fiel mehr, als das sie sprang, aus dem Bett und stolperte auf die Tür zu, wo sie sich mit dem Riegel abmühte. Doch ehe sie ihn aufbekommen hatte, drückte Murtagh seine Hand auf das Holz. Er würde sie jetzt nicht gehen lassen. In ihrem verwirrten Zustand war sie eine Gefahr für sich selbst und alle anderen. Dass das auch ihn einschloss, übersah er geflissentlich. „Bleib ruhig.“, beschwor er sie. Ein tiefer Seufzer entfuhr ihr. Mit sanfter Gewalt brachte Murtagh sie dazu, sich umzudrehen, so dass sie ihm in die Augen sehen konnte, wogegen sie sich allerdings wehrte und den Kopf gesenkt hielt. Mit festem Griff schlossen seine Hände sich um ihre Oberarme. „Sieh mich an.“, verlangte er. Doch sie gehorchte nicht. Stattdessen biss sie auf ihre Lippe und versuchte, die aufsteigenden Schluchzer zu unterdrücken, die ihrer Kehle entweichen wollten. „Sieh mich an.“, wiederholte er, befehlender klingend. Immer noch weigerte sie sich. Murtagh rang um Selbstbeherrschung. Ihr Trotz machte ihn nicht nur wütend, sondern ließ ihn sie noch mehr begehren, als er es ohnehin schon tat. „Sieh mich an, Caterina.“, kam es sehr gepresst von ihm. Er versuchte sowohl Zorn, als auch Verlangen in seiner Stimme zu unterdrücken, was ihm nur halb gelang. Jetzt endlich leistete sie seinem Gesuch Folge und hob ihren Blick. In den grauen Augen schimmerten Tränen und ihr gesamter Gesichtsausdruck sprach von massivem Selbsthass. Ihm stockte der Atem. Ein heftiges Pochen an der Tür ließ sie auseinander fahren. „Aufmachen in Galbatorix’ Namen!“, ertönte eine grobe Stimme. Caterina erschrak und drängte sich schutzsuchend an Murtagh. Er fluchte leise, glaubte er doch zu wissen, dass es sich um Soldaten handelte, die sie beide nun in die Kerker Gil’ eads werfen sollten, weil man Caterina beim Wirken der Magie erwischt hatte. „Aufmachen!“, wiederholte die Stimme polternd und hieb fester gegen die Tür aus Eichenholz. Unsicher und fragend sah Caterina zu Murtagh. Dieser zuckte die Achseln, schob sie dann hinter sich und öffnete die Tür. Davor standen tatsächlich zwei Soldaten, die ziemlich dümmlich aussahen und von grobschlächtiger Gestalt waren. „Der Bürgermeister von Gil’ ead wünscht Euch zu sehen, Spielfrau!“, donnerte der Größere der beiden Soldaten. Vor Überraschung klappte Caterina die Kinnlade herunter. „Wieso?“, wollte sie dann wissen, ganz vergessend, dass ihre Tränen den Schmutzfilm auf ihrem Gesicht unregelmäßig hatten werden lassen, so dass man ihre weiße Haut gut sehen konnte. Die Soldaten allerdings waren viel zu dumm, um das zum einen zu bemerken und zum anderen ihre Schlüsse daraus zu ziehen. „Weil Ihr neu seid und der Bürgermeister die Abwechslung liebt. Wir sollen Euch und Euren Begleiter in den Palast von Gil’ ead bringen, damit Ihr den Herrn mit Eurer Kunst erfreut.“, gab der Soldat Auskunft. Caterina nickte. Das war eine gute Gelegenheit, um viel Geld zu verdienen. Das würde ihnen vielleicht einen längeren Aufenthalt in Gil’ ead ersparen. Auch Murtagh sah den Vorteil darin, obwohl er sich noch immer Sorgen machte. „Wir werden Euch begleiten.“, sagte er schließlich, eine Hand begütigend auf Caterinas Schulter gelegt, da sie jetzt neben ihm stand. Die Soldaten nickten und ließen Murtagh und der Spielfrau den Vortritt. Sie verließen gemeinsam die Herberge und schlugen den Weg zum Palast ein. Keiner der beiden jungen Leute ahnte, dass sich in Gil’ ead hoher Besuch aufhielt, der ihnen beiden nicht angenehm sein konnte... Hosted by Animexx e.V. 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