Zwischen den Fronten II - Auf der falschen Seite? von Kiajira ================================================================================ Kapitel 6: Fast alltäglicher Alltag ----------------------------------- Kapitel 6: Fast alltäglicher Alltag Zwei Wochen lang hörte Ginny nichts von Voldemort oder Severus. Sie fühlte sich fast wieder wie eine normale Schülerin. Nur der Unterricht bei den Carrow-Zwillingen erinnerte sie regelmäßig daran, dass sie das nicht mehr war. Amicus behandelte sie nicht länger wie die Rebellin, die sie einmal gewesen war, sondern wie eine Reinblüterin. Alecto blickte sie manchmal ganz seltsam an, als wartete sie auf ein Wort des Protestes von ihr, und wenn dieser ausblieb, lächelte sie siegesgewiss. Ginny hatte ihren Widerstand noch nicht komplett aufgegeben. Im Muggelkunde widersprach sie Alecto immer noch, doch nicht mehr so heftig wie früher. Sie hatte hier und da einen Blick in der Geist ihrer Lehrerin geworfen und war zu dem Schluss gekommen, dass diese einfach zu blöd war, um zu begreifen, was für Unrecht sie verbreitete. Außerdem hatte sie deren enorme Angst vor Voldemort gesehen. Alles in allem war sie Crabbe und Goyle bei weitem ähnlicher als Severus. Amicus war da anders. Er besaß etwas mehr Grips als seine Schwester, doch auch er unterrichtete nicht aus Überzeugung, sondern nur auf Befehl von Voldemort. Er hasste Kinder, und das ließ er sie auch spüren. Die Tatsache, dass Ginny bei den beiden weniger protestierte, war einfach, dass sie so unauffällig wie möglich sein wollte. Sie wollte weder als Rebellin abgestempelt werden, noch bevorzugt werden. Sie wollte einfach nur in die Schule gehen. Ganz verstummt war ihr Protest zwar nicht, doch sie wusste, dass sie mit Auflehnen gegen die Carrows nicht weiter kam. Die beiden handelten nur nach Befehl und würden es nicht wagen, diesen zu missachten, egal, was sie anstellte. Stattdessen richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf ihre Hausaufgaben und den Schulstoff. Doch der konnte sie nicht mehr fesseln. War sie vorher ein gutes Stück voraus gewesen, so war sie jetzt komplett unterfordert. Aus Langeweile las sie in sämtlichen Lehrbüchern die weiter hinten liegenden Kapitel. Das meiste davon begriff sie recht schnell, und falls sie doch einmal Probleme hatte, was nur selten vorkam, fragte sie Hermine. Diese erklärte ihr nicht nur ihren Stoff, sondern auch Hintergründe und Zusammenhänge, die noch gar nicht in ihren Büchern auftauchten. Hermine freute sich, dass Ginny so schnell lernte, und übte in der freien Zeit mit ihr neue Zaubersprüche, wenn sie nicht mit Nachholen beschäftigt war. ^^°°***°°***^^***°°***°°^^ Nach zwei Wochen ging Ginny wieder einmal zu Bett, ohne sich groß um das Leeren ihres Geistes zu kümmern, wie Severus es ihr geraten hatte. Das hatte sie eine Woche lang versucht, dann allerdings ein paar Tage lang vergessen. Doch Voldemort war nicht aufgetaucht, also hatte sie sich nicht länger die Mühe gemacht, ihren Geist zu leeren. Doch an diesem Abend tauchte er wieder auf. Zuerst war es nur ein schwaches Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Doch da Ginny mit vier anderen Mädchen in einem Schlafsaal wohnte, achtete sie nicht weiter darauf. Aber plötzlich zischte eine kalte Stimme, die sie nur zu gut kannte, in ihrem Kopf: 'Ginny. Ich muss mit dir reden.' Ginny zuckte so heftig zusammen, dass sie sich fast neben, statt auf das Bett gesetzt hätte. Sie holte tief Luft, um sich wieder zu beruhigen, und dachte: 'Ich will aber nicht mit dir reden.' Einen Moment schwiegen beide, während Ginny unter ihre warme Decke kroch, dann fragte Voldemort: 'Was ist los?' Ginny schnaubte leise. 'Immer noch das selbe wie vorher. Hau ab.' 'Du bist immer noch sauer. Aber warum?' Ginny gab keine Antwort. Stattdessen erinnerte sie sich an ihr Gespräch mit Severus und rief sich eine Erinnerung ins Gedächtnis, die sie traurig machte. Voldemort, wie er Bellatrix folterte, nur weil sie es gewagt hatte, sich in ihn zu verlieben. Die Trauer füllte ihr ganzes Denken aus und schien Voldemort immer weiter von sich weg zu schieben. Sie tauchte ganz ein in dieses Gefühl. Irgendwann spürte sie Voldemort nicht mehr und der Schlaf überwältigte sie. ^^°°***°°***^^***°°***°°^^ Am nächsten Tag bekam sie nach Verwandlung von Professor McGonagall einen Zettel zugesteckt. Ginny nahm ihn verwundert entgegen. "Von Professor Snape", meinte ihre Lehrerin leise. "Seien Sie vorsichtig, Miss Weasley, ja?" Ginny nickte und bedankte sich. "Keine Sorge", meinte sie. "Snape wird mir nichts antun." "Woher wissen Sie das so genau...?" Doch Ginny war schon zur Tür hinausmarschiert. Professor McGonagall blieb verwirrt zurück. Hatte sie etwas verpasst? Wieder nagte das unbestimmte Gefühl an ihr, etwas vergessen zu haben. Sie wusste, dass da irgendetwas nicht stimmte. Doch sie kam einfach nicht darauf, was es war. Aber sie würde es herausfinden, das schwor sie sich. ^^°°***°°***^^***°°***°°^^ Ginny traf pünktlich unten in den Kerkern ein. Severus wartete bereits auf sie. "Die Nachricht ist angekommen, wie ich sehe." Ginny nickte. "McGonagall macht sich Sorgen um mich. Vielleicht solltest du deine Nachrichten in Zukunft lieber den Carrows geben. Die werden wenigstens ihre Nase nicht in Dinge stecken, die sie nichts angehen, wie es McGonagall sicherlich tun wird." Severus seufzte leise und winkte sie zu seinem Sofa. "Das werde ich. Nur heute hattest du die beiden nicht und ich wollte schon heute mit dir sprechen, ohne halb Gryffindor in Aufruhr versetzen zu müssen." Ginny lächelte. "McGonagall wird das sicher gerne für dich übernehmen, schätze ich. Warum wolltest du mich sehen?" Severus richtete seinen Blick genau auf ihre Augen. Sie hielt ihm problemlos stand. "Zufällig war ich heute Nacht wieder auf Streife in den Gängen im Ostflügel im sechsten und siebten Stock. In der Nähe von eurem Turm. Wie immer hatte ich meinen Geist geöffnet. Wenn jemand sich heimlich herum schleicht, springt mir seine Aufregung und Angst auf hundert Meter entgegen. Und rate mal, was ich stattdessen gespürt habe?" Ginny seufzte. "Da muss ich nicht raten. Er war wieder bei mir. Ich hatte vergessen, meinen Geist zu leeren. Aber - ", Sie blickte auf. "ich habe ihn abgewehrt." Severus zog die Augenbrauen hoch. "Respekt. Wie, wenn ich fragen darf?" "Ich habe an etwas gedacht, was mich traurig macht. Aber dauernd will ich das nicht machen müssen. Da werd ich ja depressiv." Severus nickte. "Musst du auch nicht. Du wirst mit der Zeit ein Gespür dafür entwickeln, wann der Dunkle Lord sich von dir oder deiner Umgebung angesprochen fühlen könnte. Manche Dinge reizen ihn einfach eher, zu dir zu kommen, als andere. Dann wirst du blitzartig deinen Geist leeren oder an etwas trauriges denken müssen, je nach dem, was dir lieber ist, um ihn daran zu hindern, zu dir zu kommen. Wenn er doch durchkommen sollte, musst du ihn so abwehren, wie du mich letztes Mal abgewehrt hast." Ginny nickte langsam. "Okay..." "Wenn du willst, können wir das regelmäßig üben. Nur dann wirst du es wirklich komplett lernen." "Natürlich! Ich will nicht zusehen müssen, wie er die Kontrolle über meinen Körper übernimmt, und ich will seine Gedanken nicht hören, wenn es mir nicht in den Kram passt. Ich will das steuern können. Würdest du mir wirklich helfen?" Severus blickte ihr direkt in die Augen. "Natürlich. Wenn du willst, können wir jetzt gleich damit anfangen." Ginny nickte rasch und zog ihren Zauberstab aus dem Umhang. "Gerne!" Doch Severus winkte ab. "Nicht so. Ich dachte eher daran, dass ich den dunklen Lord während einem Gespräch mit dir immer wieder provoziere, so lange, bis er zu dir kommt und du ihn abwehrst. Am Besten gibst du mir dafür deinen Zauberstab, dann kannst du keinen großen Schaden anrichten, falls Voldemort es wirklich schaffen sollte, die Kontrolle über deinen Körper zu übernehmen." "Das wird wohl das Beste sein." Ginny übergab Severus ihren Zauberstab. Dann stutzte sie. "Wie bitte? Du willst Voldemort provozieren? Willst du ihn beleidigen? Hast du denn keine Angst? Angst, dass er dich als Verräter abstempeln könnte?" Ein schwaches Lächeln erschien auf Severus' blassen Zügen. "Nein, habe ich nicht. Ich tue das schließlich auf deinen Wunsch hin, und dein Wunsch ist Befehl." Ginny legte verwirrt den Kopf schief. "Hä? Wieso das denn?" Severus zog die Augenbrauen hoch. "Sag nicht, du weißt nichts davon." "Von was denn?" "Der Dunkle Lord hat veranlasst, dass dein Wunsch Befehl für jeden von uns Todessern ist. Auch für die Mitglieder des innersten Kreises, wie mich." Ginny klappte der Mund auf. "Er hat WAS?" Sie schüttelte fassungslos den Kopf. "Du hattest ihm nicht zufällig einen Trank untergejubelt, bevor er das gesagt hat?" "Nein", gab Severus entschieden zurück. "Ich fürchte, du hast einen schlechten Einfluss auf ihn." Seine Augen blitzten belustigt auf, doch er blickte ansonsten weiter ernst drein. "Also, wollen wir anfangen?" Ginny nickte rasch. "Was willst du machen? Dich hinstellen und brüllen: 'Voldemort ist scheiße'?" "Nein, ich dachte eher an ein normales Gespräch. Bei zu offensichtlichen Beleidigungen könnte er Verdacht schöpfen." "Stimmt auch wieder. Er ist ja schließlich ein Genie." Sie rollte mit den Augen und zwinkerte Severus zu. Der lächelte schmal. "Das ist schon mal ein guter Anfang. Vielleicht sollten wir über die Seiten von ihm reden, die nicht so perfekt sind." "Gute Idee. Er ist sehr empfindlich und explodiert jedes Mal, wenn man ihn auf seine Schwächen anspricht." "Gut beobachtet", meinte Severus. "Seine Familie zum Beispiel. Ich weiß, dass er seinen Vater umgebracht hat, weil der ein Muggel war. Ich bezweifle, dass er jemals geglaubt hat, seine Mutter hätte ihn ernsthaft geliebt." Ginny seufzte. "Warum sollte sich eine Reinblüterin sonst mit einem Muggel abgeben? Das einzige, was mir einfällt, ist Geld, und das kann es nicht gewesen sein, sonst hätte sie kein Kind von ihm bekommen. Das hätte sie auch damals schon verhindern können. Also muss es echte Liebe gewesen sein." Severus schnaubte. "Unser werter Dunkler Lord ist nur zu engstirnig, um das zu sehen. Es mag sein, dass Muggel schwächer sind als Zauberer, doch die Liebe seiner Mutter und seine Existenz ist eine Tatsache, die nicht einmal er leugnen kann. Dennoch tut er es. Einfach, weil es nicht in sein Weltbild passt. Das lässt ihn aber ganz und gar nicht wie das Genie dastehen, das er sein will." Ginny runzelte die Stirn. "Hast du ihn jemals darüber reden hören? Wahrscheinlich eher nicht. Vielleicht leugnet er es gar nicht. Vielleicht hat er einfach noch nicht darüber nachgedacht." Severus lächelte schwach. "Du nimmst ihn in Schutz. Das war nicht meine Absicht. Kann es sein, dass du ihn doch noch ganz gerne hast?" Ginny biss sich auf die Lippe und blickte zu Boden. Tatsächlich, jetzt, wo sie darüber nachdachte... Sie war wütend auf ihn gewesen, und sie war es immer noch. Das war zwar nicht ganz das, was Severus gemeint hatte, doch sie empfand eindeutig noch etwas für ihn. Und wenn es Wut und Enttäuschung waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)