Zwischen den Fronten II - Auf der falschen Seite? von Kiajira ================================================================================ Kapitel 3: Seitenwechsel ------------------------ Kapitel 3: Seitenwechsel Ginny und Bellatrix tauchten in der kleinen Eingangshöhle wieder auf. Bellatrix taumelte erschöpft und stützte sich an die Wand. "Was sollte das, Weasley?", keuchte sie angestrengt. Ginny atmete tief durch, um nicht wieder das Weinen anzufangen. "Er hat Sie gefoltert, obwohl Sie ihm nichts getan haben. Das konnte ich nicht mit ansehen. Ich will nicht, dass er grundlos Leute quält. Ich konnte Sie da nicht liegen lassen." Bellatrix schnaubte. "Wie edelmütig. Und was gedenkst du jetzt zu tun?" "Ich - ich werde mich von ihm fern halten. Es... ", sie wurde leiser, "Es tut weh, ihn so grausam zu sehen." Bellatrix musterte Ginny nachdenklich. "Kann ich mir nicht vorstellen." "Kein Wunder, gab Ginny zurück. "Sie haben ja auch Spaß daran, Leute zu foltern. Ich nicht." Bellatrix zuckte die Achseln. "Ja, kann schon sein. Aber... hast du ihn gern?" Ginny nickte vorsichtig. Sie hatte Angst, Bellatrix würde auf sie losgehen, sobald sie nur den Hauch von Konkurrenz witterte. "Ja, habe ich. Aber im Moment... würde ich ihn am liebsten so lange schütteln, bis er darüber nachdenkt, was er tut. Aber das wird er eh nie... Es ist also sinnlos." Bellatrix' Gesicht nahm einen verbitterten Ausdruck an. "Du weißt gar nicht, wie Recht du hast..." Einen Moment lang standen die beiden stumm in der dunklen Höhle, dann fragte Ginny leise: "Darf ich mir in Ihrer Wohnung ein Zimmer sprengen? Ich will nicht mit ihm in einer Wohnung sein." Bellatrix blickte sie verdutzt an. "Was? Wieso das denn?" "Bei Ihnen wird er als letztes nach mir suchen. Ich will ihn nicht sehen." Bellatrix musterte sie einen Moment lang misstrauisch. "Wieso sollte ich dir helfen?" "Weil wir im gleichen Boot sitzen. Er nimmt keinen Funken Rücksicht auf unsere Gefühle." Bellatrix legte den Kopf schief. "Da hast du sogar Recht... Okay, komm mit zu mir. Auch, wenn ich es bereuen werde." Ginny lächelte traurig. "Danke." ^^°°***°°***^^***°°***°°^^ In den nächsten Tagen kam Ginny kaum aus dem Bett, so niedergeschlagen war sie. Bellatrix ließ sie hier zwar wohnen, doch wirklich Gesellschaft leistete sie Ginny nicht. Die meiste Zeit war sie nicht da. Ginny hatte bereits alle Bücher ausgelesen, und auf Lernen hatte sie keine Lust. So lag sie die meiste Zeit nur da und dachte nach. Voldemort hatte sich vor der denkwürdigen Versammlung benommen wie ein anderer Mensch. Wie ein netterer Mensch. Einer, der sich nicht am Leid anderer ergötzte und selbst Gefühle hatte. Doch seit er Bellatrix gefoltert hatte, war Ginny sich nicht mehr sicher, ob er ihr das alles nicht bloß vorgespielt hatte. Auch, seit sie sein Horkrux war, hatte er ihr seinen Geist nie ganz geöffnet. Sie hatte immer nur seine oberflächlichen Gedanken lesen können. Es wäre also gut möglich, dass er sie niemals wirklich gemocht hatte. Wann immer Ginny soweit gedacht hatte, kamen ihr die Tränen. Dann presste sie ihr Gesicht in das weiche Kissen und weinte sich die Seele aus dem Leib. Voldemorts Anwesenheit in ihrem Geist verblasste allmählich. Er hatte sich seit diesem Abend nicht mehr gemeldet. Ginny war das nicht bewusst, doch sie vermisste es auch nicht. Nach ein paar Tagen - Ginny hatte nicht mitgezählt, wie viele es waren - lag sie wieder einmal auf ihrem Bett und dachte an die Schule. Sie war ausnahmsweise einmal nicht traurig. Jetzt würde dort bald die Zeit losgehen, in der die ersten Lehrer sie schon zum Lernen für die Abschlussprüfungen drängen würden und dementsprechend den Unterricht gestalteten. Sie war fast froh, dass sie diesmal nicht dabei war. Plötzlich drang Voldemorts Stimme in ihr Bewusstsein. 'Ginny! Endlich komme ich mal zu dir durch!' Ginnys blick verdüsterte sich. Sie starrte die Decke an, als wäre diese der Grund für ihre schlechte Laune. 'Verschwinde,' gab sie zurück. 'Ginny, bitte, tu mir einen Gefallen.' 'Wieso sollte ich?' 'Nur noch ein einziges Mal, bitte.' 'Was ist denn so schlimm, dass du es nicht selber tun kannst?' Gegen ihren Willen spürte sie Neugier aufkeimen. Was wollte er von ihr? 'Der Zauberstab, den ich zur Zeit benutze, gehorcht mir nicht richtig. Damit komme ich nicht gegen eine Meute Ordensleute an, die vielleicht im alten Hauptquartier sind. Dir werden sie nichts tun. Und einer von uns muss dahin. Severus hat es beim letzten Mal nicht schnell genug geschafft, unsere Sachen zu vernichten. Und jetzt hat er keine Zeit. Also musst du gehen.' 'Warum schickst du nicht jemand anders? Die Wand ist doch kaputt, jeder kommt rein.' 'Nein, ist sie nicht. Sie regeneriert sich dauernd wieder, so, als wäre sie jedes Mal, wenn man sie kaputt macht, nur normal geöffnet worden.' 'Oh.' Ginny biss sich auf die Lippe. Sollte sie oder sollte sie nicht? Auf der einen Seite war sie immer noch unglaublich wütend auf ihn, auf der anderen Seite konnte sie ihn nicht einfach so hängen lassen. Sie wusste, wie sehr er es hasste, nicht mit seinem eigenen Zauberstab kämpfen zu können. Sie seufzte schließlich und rappelte sich auf. 'Okay, ich mache es. Das ist aber dann das letzte Mal, dass ich dir einen Gefallen tue.' 'Damit kann ich leben.' Die Antwort kam knapp und kühl, nicht einmal ein Hauch Enttäuschung schwang darin mit. Ginny bemerkte dies und wurde daraufhin wieder traurig. Bedeutete sie ihm wirklich nichts mehr? Sie bemerkte gar nicht, dass Voldemort sich schon wieder aus ihrem Kopf verflüchtigt hatte. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie es wirklich tun sollte, dann machte sie sich auf den Weg. Eine Ginny Weasley hielt ihr Wort. ^^°°***°°***^^***°°***°°^^ Ginny apparierte direkt in der vorderen Halle. Der Apparierschutz war nicht wieder aufgebaut worden, seit die Todesser geflohen waren. Sie sah sich wachsam um, doch sie war alleine. Die Tür, die in das weitläufige Gängesystem führte, war gesprengt worden. Nur noch ein gewaltiger Haufen Steine zeugte von dem Durchgang. Die lange Tafel und sämtliche Stühle waren verschwunden. Die Fackeln brannten nur noch teilweise, es war dämmrig. Ginny murmelte: "Lumos" und lief dann rasch hinüber zu Voldemorts Büro. Auch hier stand nichts mehr an seinem Platz. Ginny schluckte. Doch sie riss sich zusammen und legte die Hand auf die verzauberte Rückwand. Als diese sich verflüchtigt hatte, ging sie zuerst in ihr eigenes Zimmer. Ihr Schrank war durchwühlt worden, doch soweit sie sehen konnte, fehlte nichts. Sie fischte sich rasch einen schwarzen Winterumhang heraus zog ihn an, ging nach draußen auf den Flur, zückte ihren Zauberstab und konzentrierte sich. Vor ihren Augen stürzte auf einen Wink der Stabs die Decke in ihrem Zimmer ein und begrub es unter sich. Ginny zog ein traurige Grimasse und ging dann zu Voldemorts Schlafzimmer. Das sprengte sie, ohne etwas heraus zu holen. Wenn Voldemort etwas noch brauchte, dann sollte er es ihr gefälligst sagen. Sie ging hinüber zu dem großen Arbeitszimmer, betrat es und drehte sich einmal im Kreis. Hier gab es so viele alte und wertvolle Bücher... Sie konnte sie nicht alle mitnehmen. Sie hatte ihre alles fassende Tasche nicht dabei und außerdem wollte sie nicht allzu lang hier bleiben. Ratlos sah sie sich um. 'Auf dem Schreibtisch liegt auch so eine Tasche, wie du sie hast. Schrumpf die Bücher einfach, dann geht es schnell.' 'Soll ich alles mitnehmen?' 'Wenn möglich, ja.' Ginny schnaubte. 'Ich bin nicht dein Dienstmädchen!' Selbst auf die Distanz spürte sie, wie Voldemort schmunzelte. Schnell schob sie das Bild weg von sich. Dieses Schmunzeln war eher etwas, das zu Tom passte, nicht zu Voldemort. Und in ihren Augen war er seit der Todesserversammlung wieder Voldemort. Sie wollte Tom, der womöglich gar nicht existiert hatte, schnell aus ihrem Gedächtnis streichen. Es tat weh, ihn vergessen zu wollen. Doch sie konnte nicht einfach ignorieren, was er getan hatte. Das hatte sie schon lange genug. Sie war sich mittlerweile bewusst, dass sie alle seine früheren Taten ausgeblendet hatte, als sie sich in ihn verliebt hatte. Das würde ihr nicht noch einmal passieren. Mit einem weiten Schwung ihres Zauberstabs schrumpften sämtliche Bücher und anderen Dinge, die noch in den Regalen und auf den Tischen lagen. Mit einem weiteren Schwung flog alles in die Tasche, die sie in der Hand hielt. Etwas wehmütig blickte sie sich noch einmal in dem kahlen Raum um. Wie viel Stunden hatte sie wohl hier verbracht? Sie schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu verscheuchen. Sie würde diese ruhigen Stunden des Lernens, mit der ein oder anderen ergänzenden Erklärung Voldemorts zu ihrem Stoff, nicht vermissen. Sie brauchte keinen sadistischen Muggelhasser! Als sie das Arbeitszimmer sprengte, hatte sie die Augen geschlossen. Sie wollte es nicht sehen. Anschließend rannte sie mehr, als dass sie lief, wieder in die Halle und sprengte das vordere Büro. Kaum war das Kollern des letzten Steins verstummt, ploppte es mehrmals hinter ihr. Sie erschrak fürchterlich und wirbelte herum. Noch bevor sie jedoch die Neuankömmlinge erkennen konnte, spürte sie Voldemorts Geist. Er drängte ihren eigenen zurück in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins. Sie wollte schreien, doch ihr Stimme gehorchte ihr nicht mehr. Voldemort hatte die Kontrolle über ihren Körper übernommen. Ohne, dass sie etwas tun konnte, vollführte ihr Arm mit ihrem Zauberstab einige schnelle Zauber, ließ die Tasche ins Nichts verschwinden und verwandelte ihre schwarze Todesserrobe in eine abgetragene und schmutzige Gryffindor-Uniform. Mit einem Mal jedoch zog er sich wieder zurück, bis Ginny ihn nur noch schwach spüren konnte. Sie taumelte und sah sich um. Um sie herum standen Hermine Granger, Remus Lupin, Mad-Eye Moody und ihr Vater, Arthur Weasley. Hosted by Animexx e.V. 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