Wunschlichter von KeiraX (-> slight KaRe <-) ================================================================================ Wunschlichter ------------- Wunschlichter [Märchenvorlage: Drei Haselnüsse für Aschenbrödel] Sanft wehte der weiße Schal im kühlen Morgenwind, bevor er noch fester um den schlanken Hals gezogen wurde. Nach einem leisen Seufzen hörte man knirschende Schritte, die mit jedem Moment langsamer und zögerlicher wurden, ehe sie wieder gänzlich versiegten und nur noch entferntes, leises Vogelgezwitscher zu hören war. „Hey du, was stehst du hier einfach rum, der Unterricht fängt gleich an!“ Unwirsch aus seinen Gedanken gezogen, sah der Angesprochene überrascht über seine Schulter. Sogleich blickte er in die strahlend blauen Augen eines orangehaarigen Jungen, der ihn von oben her musterte. „Uhm, ich bin neu und muss zum Sekretariat“, brachte er, ohne nachzudenken, heraus, ehe er sich zu dem anderen umdrehte und ihn ein wenig unsicher anlächelte. Der Unbekannte entgegnete ihm mit gleicher Mimik. „Ich kann dich hinführen, wenn du willst. Wenn man sich nicht auskennt, verläuft man sich gerne und landet vielleicht noch im schönen Innengarten, wobei ich den auch nur empfehlen kann“, schwärmte er, während er einen Schritt an dem anderen vor- und auf den Schuleingang zuging. „Ach, ich bin übrigens Brooklyn. Nenn mich ruhig so, ich mag es nicht sonderlich, beim Nachnamen gerufen zu werden.“ Der andere lachte leise, Brooklyn schien ein sehr redseliger Junge zu sein. „Kon Rei, aber Rei ist auch okay“, antwortete er, indessen er dem Orangehaarigen in das Schulgebäude folgte. „Und danke.“ Doch Brooklyn winkte nur ab. „Ist doch kein Problem.“ Sie liefen die sterilen, fast schon leeren Gänge des Gebäudes entlang, bis sie vor einer schweren Holztür stehen blieben. „Da wären wir“, sagte Brooklyn mit einem Lächeln. „Den Rest schaffst du sicherlich alleine, ich muss mich beeilen, damit ich nicht zu spät komme.“ Mit diesen Worten lief in die Richtung, aus der sie gekommen waren. „Bis später vielleicht!“ Rei dagegen winkte ihm nur hinterher und konnte sich gar nicht noch einmal bedanken, so schnell war der andere verschwunden. Seufzend wandte er sich wieder der Tür zu und strich sich ein paar schwarze Haarsträhnen hinters Ohr, ehe er leise klopfte und sofort hereingebeten wurde. Langsam öffnete er die Tür. „Ah, du musst Kon-kun sein, komm nur rein.“ *OoO* „Takao, gib es mir wieder!“ „Hol es dir doch!“ Hiwatari Kai rieb sich die Schläfen. Der Lärm, den seine beiden Mitschüler verbreiteten, war nicht auszuhalten, vor allem nicht so früh am Morgen – es bescherte ihm nur Kopfschmerzen. Das war wieder einmal einer der Momente, in denen er es verfluchte, nicht in die Klasse seiner besten Freunde gekommen zu sein und stattdessen einem dieser beiden das Jahr überstehen musste. Denn damit hatte er so beide am Hals, da der andere immerzu in den Pausen hier war. ‚Du hast es nun schon zwei Monate geschafft, bald hast du es hinter dir, dann sind Ferien. Das schaffst du auch noch’, sprach er sich immer wieder Mut zu, doch er wusste, sein Geduldsfaden war langsam, aber sicher am Ende. „Ta-ka-o!“ „Ist ja schon gut, Maxie, hier hast du es wieder.“ Besagter Kinomiya Takao war ein blauhaariger sehr quirliger Junge mit einer doch recht großen Klappe, die er selten in Zaum zu halten vermochte. Er war aufbrausend, aber dennoch beliebt bei all seinen Mitschülern. Nun, fast allen, gerade auf Kai wirkte er meistens einfach nur nervenstrapazierend, auch wenn er wusste, dass Takao sehr loyal sein konnte und für seine Freunde alles tun würde. Sein wohl bester Freund, Mizuhara Max, dagegen war etwas ruhiger, wenngleich auch nicht sonderlich „besser“, wie Kai empfand, immerhin lief er die meiste Zeit mit einem Strahlen im Gesicht herum, das mit der Sonne an den schönsten Tagen wetteifern konnte – in der Hinsicht passten seine strohblonden Haare zu diesem Auftreten. Zum Glück jedoch würde es in wenigen Minuten zum Unterricht klingeln, so dass Takao sich im nächsten Moment von seinem Freund verabschiedete und wieder einmal bejammerte, dass sie nicht in der gleichen Klasse gelandet waren. Dann war Ruhe, jedenfalls im Vergleich zu vorher – das aufgeregte Schnattern der anderen Mitschüler konnte Kai ertragen. Doch diese Art von Ruhe wurde ihm sogleich auch wieder abspenstig gemacht. „Hey Hiwatari, hast du auch gehört, dass wir heute einen neuen Mitschüler bekommen sollen?“ Max hatte sich, nachdem er sich von seinem Freund verabschiedet hatte, sofort neben ihn gesetzt und begonnen seine Sachen zu sortieren, die Takao zuvor so durcheinander gebracht hatte. „Nein“, erwiderte Kai knapp, während er aus dem Fenster starrte. Es interessierte ihn auch nicht sonderlich, wenn dieses Gerücht wahr wäre. Grinsend sah der Blonde ihn an. „Ich fände es toll, vor allem da alle sagen, dass er oder sie nicht aus Japan kommt. Das ist doch interessant“, plapperte er einfach weiter und störte sich an dem Desinteresse des anderen nicht – im Sinne war er das schon von Kai gewöhnt. Jener antwortete auch nicht, wartete einfach nur darauf, dass ihr Lehrer kommen und die Schulstunde anfangen würde. – Ersteres unterbrach ein paar Augenblicke später auch Max’ Redeschwall, der wieder von vorne beginnen wollte. „Guten Morgen, wie ihr sicher schon mitbekommen habt, bekommt ihr heute einen neuen Schüler.“ Der Lehrer wandte sich an die angelehnte Tür des Klassenzimmers. „Kon-kun, du kannst reinkommen.“ Sogleich trat ein lächelnder schwarzhaariger Junge ein und stellte sich vor die Klasse, wobei es ihm sichtbar unangenehm war, von den anderen so angestarrt zu werden. Fragend sah er daher wieder zum älteren Mann neben ihm. „Du kannst dich gerne vorstellen.“ Der fremde Junge nickte und wandte sich dann wieder den Schülern zu und stellte sich ein weiteres Mal an diesem Tag vor, ehe er fortfuhr. „Meine Familie ist vor kurzem erst aus China hierher gezogen. Uhm... Ich freue mich, euch kennen zu lernen.“ Damit verbeugte er sich tief und konnte das neugierige Gemurmel der anderen hören; er stellte sich bereits auf Fragen seiner neuen Mitschüler ein, doch der Lehrer unterband diese schon vorher. „Ruhe, bitte. Ihr könnt nachher mit ihm reden. Kon-kun, du kannst dich auf den freien Platz neben Mizuhara-kun setzen“, meinte jener und zeigte auf den Blondschopf in den hinteren Reihen, der auch schon freudig winkte. „Und Mizuhara-kun, du wirst dich die erste Zeit etwas um ihn kümmern und ihm alles zeigen.“ Max stand daraufhin auf und strahlte dem Neuen entgegen, als dieser auf ihn zuging. „Natürlich.“ Als Rei sich langsam neben ihn setzte, drehte der andere sich zu ihm um und wartete, bis er seine Schulsachen ausgepackt hatte. „Hi, ich bin Mizuhara Max, aber Max reicht wohl, wenn wir die nächste Zeit zusammen verbringen werden.“ „Kon Rei und Rei ist auch okay. Danke schön“, erwiderte der Schwarzhaarige. Er wollte noch etwas sagen, entschied sich jedoch dann dagegen, da der Lehrer mit dem Unterricht anfing. „Und hier ist die Schulcaféteria. Ich geh’ mit Takao bei so schönem Wetter aber gerne raus und esse da. Das ist viel angenehmer, schon da es hier immer so voll ist.“ Max hatte Rei durch die ganze Schule geführt und letztendlich waren sie beim Speisesaal gelandet. Es war Mittagszeit, so dass die beiden sich an der Schlange zum Essen anstellten. „Takao?“, fragte Rei nach, während er sich in dem großen Raum umsah. „Ja, Kinomiya Takao, er ist mein bester Freund und geht leider in eine andere Klasse, deswegen hast du ihn noch nicht kennen gelernt. Aber wir treffen uns eh gleich, da kannst du ja mitkommen, oder? Ich meine, du kennst ja auch noch niemanden.“ Fragend schaute Max zu dem Jungen hinter sich. Rei lächelte seinen neuen Freund an. „Gerne“, erwiderte er. In dem Moment wollte ein anderer sich durch die Schlange drängeln, so dass der Schwarzhaarigen einen Schritt zurückging, um ihm Platz zu machen. Dadurch trat er aus Versehen jemandem auf die Füße. „Oh, Entschuldigung!“, brachte Rei sofort heraus, während er sich umdrehte und im nächsten Moment in rote, nahezu Kälte ausstrahlende Augen blickte, die von graublauen Strähnen umrahmt wurden. „Ah, Hiwatari, ich habe gar nicht gemerkt, dass du hinter uns stehst.“ Bevor Rei noch irgendetwas anderes hätte sagen können, mischte der Blondschopf sich ein und legte zusätzlich eine Hand auf seine Schulter. „Rei, das ist Hiwatari Kai, er sitzt auch neben mir“, stellte er den anderen vor. Jener schien jedoch nicht wirklich mit den beiden reden zu wollen, gleichzeitig wandte er aber seinen Blick nicht von Rei ab, weshalb dieser sich langsam unwohl in seiner Haut fühlte. „Ach komm schon, er ist dir nicht mit Absicht auf die Füße getreten. Also schau nicht böse.“ Schmollend stemmte Max die Hände in die Hüfte und sah den anderen aus funkelnden Augen an. Daraufhin hob Kai fragend eine Augenbraue und öffnete den Mund, um letztendlich doch etwas zu erwidern, als- „Hey Kai! Komm her, wir haben dein Mittag schon geholt!“ Rei sah zur Seite und konnte einen rothaarigen Jungen erkennen, der unaufhörlich winkte. Noch einen kurzen Blick auf den neuen Schüler werfend, drehte Kai sich um und verließ die Schlange vor der Essensausgabe, um sich zu seinen Freunden zu gesellen. „Ist der immer so?“ Fragend sah der Schwarzhaarige zu Max, der ihn indessen ein Stück vorgezogen hatte, um in der Schlange nachzurücken. Der Angesprochene nickte theatralisch seufzend. „Ja, das ist Hiwatari. Ein stoischer Kerl wie eh und je, außer du machst etwas falsch, dann kann er laut werden.“ Er lachte leise, als er den erstaunten Blick Reis sah, und klopfte ihm beruhigend auf die Schulter. „Keine Sorge, wenn du dich ihm nicht irgendwie zum Feind machst, wie es Takao immer wieder schafft, dann lässt er dich auch in Ruhe. Er kommt aus reichem Haus und hat mit uns Normalos eigentlich nichts zu tun.“ Rei nickte daraufhin nur, als sein Blick wieder zu dem Graublauhaarigen auf der anderen Seite des Speisesaals glitt. *OoO* „Ah, die Pause ist schon wieder fast vorbei.“ Takao ließ sich rücklings ins Gras fallen und schloss die Augen, als die Sonne ihn im nächsten Moment blendete. „Max, hast du Rei eigentlich schon von den Wunschlichtern erzählt?“, fragte er auf einmal vollkommen aus dem Kontext heraus und sah seinen blonden Freund grinsend an. Dessen Augen weiteten sich im ersten Moment, bevor er sich peinlich berührt am Kopf kratzte. „Das habe ich vollkommen vergessen.“ „Wunschlichter?“ Neugierig sah Rei von dem letzten Rest seines Essens auf. „Das ist so eine Art Tradition bei uns an der Schule“, begann Takao daraufhin zu erklären und richtete seinen Oberkörper ein wenig auf, so dass er sich mit den Armen abstützen konnte. „Jeder Schüler holt sich am Anfang seiner Schulzeit hier drei Teelichter bei der Schulleitung ab, wenn er möchte. Man sagt, dass jedes Licht für einen Wunsch steht.“ „Man muss sie anzünden und dabei stumm seinen Wunsch äußern. Dann lässt man das Teelicht ausbrennen, am besten über Nacht und in einem Windglas, damit nichts passieren kann.“ Bei den Worten sah Max seinen blauhaarigen Freund streng an, der sich seufzend wieder ins Gras fallen ließ. „Max, du weißt, dass das ohne Absicht war“, protestierte Takao bei dem stummen Vorwurf schmollend. „Und dennoch hättest du fast eure Wohnung niedergebrannt!“ Max so ernst zu sehen ließ Rei unweigerlich schmunzeln, auch wenn er ihm im Stillen bei dem, was er bei dem kleinen Wortgefecht heraushören konnte, Recht gab. „Auf jeden Fall“, erzählte der Blondschopf dann wieder an ihn gewandt, „heißt es, dass der Wunsch in kurzer Zeit danach in Erfüllung gehen wird.“ Skeptisch sah Rei ihn an. „Und das funktioniert wirklich?“ Er war zwar in einer Familie aufgewachsen, die an so manches glaubte, aber das schien ihm dann doch etwas aus der Luft gegriffen. „Na ja, viele sagen, dass ihre Wünsche wirklich in Erfüllung gegangen sind“, antwortete Max langsam, während Takao einfach nur grinsend gen Himmel starrte. „Versuchen kann man es, kostet ja nichts.“ Fragend legte der schwarzhaarige Junge den Kopf schief. „Hat es denn bei euch geklappt?“ „Mehr oder weniger“, erwiderte Max daraufhin, während Takao einfach nur weiter grinste. Kichernd zeigte der Blonde auf seinen Freund. „Bei ihm wohl mehr. Kurz nach dem Anzünden eines Wunschlichtes ist er nämlich endlich mit Hiromi-chan aus seiner Klasse zusammengekommen.“ „Max!“ Mit leicht geröteten Wangen sah Takao den anderen an, machte jedoch keine Anstalten das Ganze zu dementieren. Angesprochener lachte leise. „Was denn? Ist doch nichts dabei, war ja auch Zeit, dass ihr euch endlich zusammengerauft habt.“ Spielerisch kniff er dem Blauhaarigen in die Seite, der daraufhin überrascht aufquiekte. Rei beobachtete das Ganze amüsiert mit einem Grinsen, als er aus dem Augenwinkel eine Gruppe Jungen an ihnen vorbeischlendern und zurück zum Schulgebäude gehen sah. Sofort erkannte er Hiwatari Kai unter ihnen, der stumm, aber mit einem kaum sichtbaren Lächeln auf den Lippen und den Händen in den Taschen neben dem Rothaarigen lief, den Rei auch schon in der Cafeteria gesehen hatte. Weder Kai noch einer der anderen schenkte ihnen nur einen Blick. „Ihr habt gesagt, diese Lichter kann man sich bei der Schulleitung abholen?“ *OoO* Die ersten Wochen in der neuen Schule vergingen für Rei wie im Fluge. Neben Max und Takao hatte er auch noch den gemeinsamen Freund Kyoujyu und die Freundin des Blauhaarigen Hiromi kennen gelernt und er traf auch immer wieder mal Brooklyn, mit dem er sich nahezu blendend verstand. Gleichzeitig entwickelte er ein gewisses Interesse an dem stillen Graublauhaarigen in seiner Klasse. Er hatte die ganze Zeit nicht einmal mit ihm gesprochen, geschweige denn, dass Hiwatari ihn mal wirklich angesehen hatte – aber gerade das schürte sein Interesse an ihm gewaltig. Von Max wusste er, dass der andere meistens nur mit seinen Freunden Ivanov Yuriy und Kuznetsov Boris zusammen war. Ansonsten schien er kein besonders geselliger Mensch zu sein. Und dennoch, Rei wollte ihn kennen lernen, doch jeder Versuch, den anderen anzusprechen oder mit ihm reden zu wollen, schlug fehl. Takao hatte ihn schon für verrückt gehalten, als er das mitbekommen hatte. An einem Abend, bevor eine neue Schulwoche beginnen sollte, saß Rei an seinem Schreibtisch und erledigte den letzten Rest seiner Hausaufgaben, als sein Blick auf die drei Teelichter fiel, die er, nachdem er sie noch an seinem ersten Schultag abgeholt, auf den Nachttisch neben seinem Bett abgelegt hatte. Vielleicht sollte er es probieren... Und so beschloss er, seinen stummen Wunsch dem Wunschlicht zu überlassen. Kurz bevor er schlafen gehen wollte, lieh Rei sich von seiner Mutter ein hochgeschlossenes Windlicht und legte die kleine Kerze in dieses. Mit einem langen Holzstäbchen zündete er diese an und legte dann in fast schon betender Manier seine Hände zusammen und schloss die Augen. ‚Ich wünsche mir, dass Hiwatari-kun mit mir spricht.’ Innerlich kam er sich ein wenig komisch vor, als er diesen Wunsch aussprach – wie ein Schulmädchen, das die Aufmerksamkeit seines Schwarms wollte. Doch den Gedanken verwarf er mit einem Kopfschütteln gleich wieder, immerhin konnte er von sich nicht behaupten, dass er verliebt war oder solches Interesse an dem anderen Junge hatte. Rei sah das Teelicht noch eine Weile an, ehe er das Licht in seinem Zimmer löschte und sich schlafen legte. ‚Was für ein Unsinn’, war ein kurzer Gedanke, als er den Schimmer der Kerze noch einmal betrachtete und dann langsam die Augen schloss. *OoO* Es war Donnerstag und Rei hatte seinen Wunsch vom Sonntag zuvor schon fast vergessen, als er sich in der Bibliothek wiederfand und vor einem der großen Regale stand. Auf dem Zettel, den er in der Hand hielt, waren einige Bücher aufgelistet, die er für den Unterricht brauchte beziehungsweise die er zu lesen und durchzuarbeiten hatte. Doch er fand schon das erste Buch nicht, so sehr er auch danach suchte. „Jostein Gaarder... Irgendwo muss der doch zu finden sein“, murmelte er vor sich hin, als er alle Autoren im G-Regal durchging. Doch Rei suchte und suchte, fand den Roman aber nicht. Frustriert sah er sich um, ob er jemanden sah, der ihm helfen konnte, als ihn auf einmal eine tiefe Stimme aus seinen Gedanken riss. „Kann ich helfen?“ Überrascht drehte Rei sich um und konnte im ersten Moment nichts sagen, als er in Hiwatari Kais Augen sah, die ernst auf ihn herunterblickten. „Also wenn du keine Hilfe brauchst, dann kann ich auch wieder gehen“, sagte der Graublauhaarige leicht genervt und wollte sich schon abwenden, als Rei sich endlich zusammenriss. „Mo-Moment, doch, ich kann Hilfe gebrauchen, Hiwatari-kun“, erwiderte der Schwarzhaarige schnell und er sah den anderen freundlich an. Als der Angesprochene anscheinend nicht vorhatte, dazu etwas zu sagen, fuhr Rei nun etwas leiser fort – immerhin befanden sie sich in der Bibliothek. „Ich suche dieses Buch von Jostein Gaarder – ‚Sofies Welt’ –, was wir lesen sollen.“ Augenblicklich drehte Kai sich um und bedeutete dem anderen nur mit einer Handbewegung ihm zu folgen. „Du suchst im falschen Regal. Das ist in der philosophischen Abteilung.“ Zielsicher griff er kurz darauf nach einem Buch und reichte es Rei, der es dankend annahm. „Woher weißt du eigentlich, wie ich heiße?“ „Eh?“ Verwirrt sah der Schwarzhaarige vom Roman auf. „Wir sind doch in einer Klasse. Ich bin Kon Rei, der-“ „-der Neue, nicht?“, unterbrach Kai ihn schulterzuckend. „Ich erinnere mich wieder.“ Kurz blickte er sich um und sah an der anderen Seite des Ganges seinen rothaarigen Freund wartend stehen. „Wir sehen uns.“ Mit diesen Worten war er dann wieder verschwunden und Rei konnte ihm einfach nur lächelnd nachsehen. Als Rei später den Klassenraum betrat, bemerkte er, dass sein blonder Freund wohl noch nicht von seiner Mittagspause mit Takao zurückwar, und ließ sich auf seinen Platz fallen. Den Roman, den er zuvor aus der Bibliothek geholt hatte, legte er vor sich hin und blätterte ein wenig darin, als er hinter sich Schritte hörte. Rei sah über seine Schulter und stockte im ersten Moment – Kai hatte sich zwei Stühle neben ihm auf seinem Platz niedergelassen und kramte offensichtlich gelangweilt und ohne einen Blick in seine Umgebung zu werfen die Sachen heraus, die er für die nächste Stunde brauchen würde. Spontan rutschte er auf Max’ Platz und somit genau neben den Graublauhaarigen. „Hiwatari-kun?“, sprach er ihn vorsichtig an und erwartete eigentlich gar keine Antwort, als der Angesprochene doch den Kopf hob und ihn ansah. „Was?“ „Ich wollte mich noch einmal bedanken wegen vorhin. Ohne deine Hilfe hätte ich das Buch wohl nie gefunden.“ Den Ellenbogen auf dem Tisch und den Kopf auf seiner Hand abstützend sah Rei an dem anderen vorbei lächelnd aus dem Fenster. Kai wandte sich wieder seinen Sachen zu. „Schon okay“, erwiderte er kurz angebunden und schien nicht weiter auf den Schwarzhaarigen zu achten, als jener ihn wieder direkt anschaute und zu etwas anderem ansetzte, als jemand Drittes ihm zuvorkam. „Rei!“ Strahlend kam Max auf ihn zu, als hätte er gar nicht gesehen, dass er mit dem schweigsamen Jungen neben sich redete, und hielt ihm im nächsten Moment ein Blatt Papier unter die Nase. „Sieh mal, am schwarzen Brett haben sie neue Clubs ausgehängt, für die man sich einschreiben kann. Die haben auch so etwas wie Kampfsport.“ Interessiert betrachtete Rei die Ausschreibung und rutschte nebenbei auf seinen Platz zurück, nachdem er Kai noch einen Blick zugeworfen hatte, der jedoch unerwidert blieb. Und im nächsten Moment waren Max und er bis zum Stundenanfang in einem Gespräch über diverse Clubaktivitäten vertieft. *OoO* In den nächsten Tagen trafen Rei und Kai auch außerhalb des Unterrichts immer wieder aufeinander und unterhielten sich kurz über belanglose Dinge. Das blieb nicht unbemerkt. Abgesehen davon, dass Max und Takao den Schwarzhaarigen immer wieder löcherten, schienen auch Kais Freunde sie immer wieder zu beobachten und den Graublauhaarigen damit aufzuziehen oder wenigstens zu befragen. „Hey ihr drei, kommt ihr gleich nach der Schule mit zu mir?“ Rei setzte sich zu seinen Freunden und fing an sein Mittag zu essen, während Max einen amüsierten Blick zu dem Pärchen neben sich warf. Takao wandte sich kurz von seiner Freundin ab und sah zum Schwarzhaarigen. „Klar, dann haben wir länger Zeit, das neue Videospiel auszuprobieren, oder?“ Auf Bestätigung hoffend schaute er die beiden Jungen nacheinander an und erntete lediglich ein Nicken. Hiromi stattdessen rollte nur mit den Augen, während sie sich noch ein wenig mehr an Takao hinter sich lehnte. „Jungs...“, murmelte sie, woraufhin sie ein einstimmiges Lachen der anderen erhielt. „Brooklyn kommt übrigens auch“, warf Rei nach einigen Momenten grinsend ein, nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte. „Er hat mal kein Turnier und meinte, das müsse er ausnutzen.“ Während Takao etwas von „Der Typ aus der Klasse über uns?“ murmelte, strahlte der Blondschopf der Runde über das ganze Gesicht. „Toll, dann sind wir zu viert und können uns in zwei Zweiergruppen aufteilen und gegeneinander spielen.“ Während die drei Jungen unweigerlich in ein Gespräch über ihre Nachmittagsplanung verfielen, saß Hiromi die ganze Zeit schweigend bei ihnen und hatte die Augen geschlossen, während sich ihre Finger mit denen von Takao verschränkt hatten. *OoO* „Wenn irgendetwas ist oder ihr Hunger bekommt, dann kommt nur runter, ja?“ Rei seufzte genervt auf, als er die Worte nun schon zum dritten Mal innerhalb der letzten Viertelstunde hörte. „Ja, Mutter“, rief er die Treppen herunter, bevor er seine drei lachenden Freunde in sein Zimmer scheuchte. „Rei, du hast ja noch zwei deiner Wunschlichter“, meinte Max auf einmal, als er sich auf dem Bett des Schwarzhaarigen niederließ und die kleinen Kerzen auf dem Nachttisch liegen sah. Stirnrunzelnd sah Rei zu dem anderen. „Ah, ja. Ich hab die ganz vergessen und auch nicht wirklich gebraucht“, antwortete er wahrheitsgemäß und setzte sich vor seinen Fernseher, um die Konsole für das Videospiel anzuschließen. „Dabei benutzen die meisten ihre Wünsche schon innerhalb der ersten Tage.“ Mit hinterm Kopf verschränkten Armen und selig lächelnd legte Brooklyn sich rücklings auf den Boden und sah die Decke an. „Was hast du eigentlich mit dem ersten Wunschlicht gemacht?“ Rei konnte spüren, wie eine sanfte Röte auf seine Wangen kroch. „Das verrate ich euch bestimmt nicht“, erwiderte er dann spielerisch die Zunge rausstreckend und musste beim enttäuschten Gesicht Takaos ein Lachen unterdrücken. „Weißt du was, es gibt doch sicherlich etwas, was du dir im Moment wünschst, oder?“, warf der Blauhaarige daraufhin ein. „Warum brennst du nicht einfach jetzt das zweite Licht an und lässt es die Zeit über brennen?“ „Aber ich dachte, man solle es über Nacht machen...“ Verwundert drehte Rei sich zu dem anderen um, nachdem er die beiden Controller der Konsole angeschlossen hatte. „Sagt man so, ja, aber bei mir hat’s damals auch so geklappt“, meinte Angesprochener schulterzuckend und warf sich neben Max aufs Bett, um dem Blondschopf eines der Teelichter aus der Hand zu nehmen. Dieses warf er Rei zu, der es instinktiv fing und skeptisch betrachtete. „Komm schon, in der Runde macht das auch mehr Spaß“, mischte sich nun auch der Orangehaarige ein, richtete seinen Oberkörper ein wenig auf, indem er sich mit den Ellenbogen abstützte. Ohne einen Widerspruch zuzulassen wurde Rei von seinen Freunden aufs Bett gezogen und ihm das Feuerzeug, das neben den Teelichtern gelegen hatte, in die Hand gedrückt. Der Schwarzhaarige musste leise lachen, als er die erwartungsvollen Gesichter der anderen sah, und legte die Kerze in das Windglas. „Nun mach schon!“ Ungeduldig stieß Takao ihn an der Schulter an. „Nur die Ruhe, solche Wünsche müssen gut überlegt sein“, meinte Brooklyn besonnen und warf dem Schwarzhaarigen ein charmantes Lächeln zu, was auch sogleich von diesem erwidert wurde. Nur nebenbei hörte er, wie Takao neben ihm frustriert die Luft aus den Lungen stieß, als Rei sich wieder dem Teelicht zuwandte und die Augen schloss. ‚Freunde... Noch mehr Freunde wie die drei hier’, dachte er glücklich, während er die Kerze anzündete und tief ein- und ausatmete. Unweigerlich tauchte Kai in diesem Moment vor seinem Auge auf, doch er schob den Gedanken schnell beiseite, als er sich bewusst wurde, dass die anderen Jungen warteten. „So, fertig, und nun lasst uns endlich spielen.“ *OoO* Wie schon ein paar Wochen zuvor fand Rei sich in der Bibliothek vor einem der vielen Regale wieder und suchte nach einem speziellen Buch für den Unterricht. Doch wie auch schon das Mal davor fand er es einfach nicht. ‚Ich glaube, ich werde hier nie durchsteigen’, dachte er grummelnd, als er sich die Schläfen massierte. „Was suchst du denn dieses Mal?“, erklang auf einmal eine fast schon amüsierte Stimme hinter ihm. Schief grinsend drehte der Schwarzhaarige sich um. „Das für Englisch.“ Wortlos ging der andere ein paar Schritte zur Seite und griff zielsicher nach einem Buch, reichte es Rei, ohne diesen anzusehen. „Danke, Hiwatari-kun“, murmelte er daraufhin und strich über den Einband des Romans in seinen Händen, ehe er leise kichernd fortfuhr: „Ich glaube langsam, ich werde bis zum Ende der Schulzeit nicht verstehen, wo ich was finde.“ „Dabei ist das gar nicht so schwer. Sortiert sind die Bücher einerseits nach Thema, andererseits nach Autor. Du standest schon richtig, das hier war nur falsch eingeordnet“, erklärte Kai schulterzuckend, während er die Hände in den Hosentaschen vergrub. Erstaunt sah Rei auf. So bereitwillig hatte der Graublauhaarige ihm noch nie etwas erklärt. Ein Lächeln glitt über seine Lippen, als er seinen Mitschüler betrachtete. Dieser drehte sich in dem Moment um und wollte anscheinend die Bibliothek verlassen. „Hiwatari-kun!“, rief Rei dem anderen nach. Doch Angesprochener reagierte anders als erwartet – Kai blieb mit einem Mal stehen und drehte sich zu dem Schwarzhaarigen um, musterte ihn einen Augenblick lang, ehe ein kaum sichtbares Lächeln sich auf seine Lippen schlich. „Kai.“ „Was?“ Irritiert schaute Rei ihn an. „Nenn mich Kai und nun komm, der Unterricht geht gleich weiter.“ Damit wandte der Graublauhaarige sich wieder ab und ging weiter. Lachend folgte der andere Junge ihm schnellen Schrittes, bis er auf gleicher Höhe wie er war. „Dann nennst du mich aber Rei, okay?“ Für einen Moment glaubte Rei, er würde keine Antwort erhalten, doch dann hörte er ein leises „Wenn es sein muss...“ und musste fast schon glücklich leise lachen. Zwei seiner Wunschlichter waren schon erloschen und beide Wünsche waren in Erfüllung gegangen – den dritten würde er sich aufheben, auch wenn er schon genaue Vorstellungen von diesem hatte. Doch das würde Zeit haben. End Soooo, das wäre also mein Beitrag zum eigentlich Winterwichteln des KaRe-Zirkels... nach so zig Sachen, die etwas schief gelaufen sind und weshalb sich das so arg verspätet hat |D; Jedenfalls, ich liebe das Märchen und ich habe sogar per Zufall genau meinen Vorschlag abbekommen Ich muss die tolle tschechische Verfilmung wieder mal sehen *o* Ähm ja, also meine Interpretation von „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Ich hoffe, es hat euch gefallen oder so. Über Kommentare freu ich mich immer ^^ Keira (Ja, ich lebe noch, trotz derzeit seltener Uploads ^^;;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)