Zehn Tage im Dezember von Seraphin ================================================================================ Kapitel 5: Dienstag der 20. Dezember ------------------------------------ Dienstag der 20. Dezember Ein blonder Junge steht im Verbotenen Wald. Es ist eigentlich schon zu spät um zu sagen, dass es noch Nacht wäre. Doch zu früh, um vom beginnenden Morgen zu sprechen. Da es tiefster Winter ist, ist der ganze Wald von einer weißen Schneeschicht bedeckt die alles um ihn herum betäubt und verschlingt. Nur hier, direkt vor ihm, liegt kein Schnee. Eine kreisrunde Ausbuchtung in der ein Feuer brennt, dessen flackernder Schein dunkle Schatten auf sein Gesicht wirft und seine silberblonden Haare selbst hier in der Finsternis des Verbotenen Waldes weithin erkennbar, gespenstisch hell schimmern lassen. Trotz Minustemperaturen trägt er nur einen dünnen Schlafanzug. An Händen und Füßen schon blau gefroren, hat er es doch nicht eilig, aus dem Wald heraus zurück in das Schloss, dass an den Wald angrenzt zurückzugehen. In den vor Kälte zitternden, roten Händen hält er einen dicken Stapel Bilder, den er mit unbewegter Miene in´s Feuer wirft. Nicht alle auf einmal. Immer eines nach dem anderen. Zuerst das Bild, eines blonden Mannes der ihm recht ähnlich sieht. Dann das Bild, einer blonden Frau. Es folgen Bilder eines kleinen, blonden Jungen. Bilder einer schwarzhaarigen Frau und eines ebenso dunkelhaarigen Mannes, der stets etwas hinter der dunkelhaarigen Frau zu stehen scheint. Weitere Kinderbilder diverser anderer Kinder. Bilder von alten Menschen mit weißen Haaren, Bildern von Babys ohne Haaren. Danach bückt er sich, greift in die Tasche die er mitgebracht hat und nun geht es weiter, in dem er zahlreiche, vielleicht sogar hunderte, Briefe verbrennt. Den Briefen folgen Zeitungsausschnitte, Bücher, teuer wirkende Kleidungsstücke und zunächst ein nagelneuer Rennbesen. Dann erlischt das Feuer und der Blonde geht, oder besser humpelt, so gut es die gefühllosen Füße eben zulassen, durch den kniehohen Schnee zurück in das Schloss. [style type="underlined"] [style type="bold"]Dienstag der 20. Dezember[/style][/style] Hatte Hermine Montagabend noch beschlossen, nie wieder in ihrem Leben an Draco Malfoy zu denken, so wurde dieser Plan Dienstagmorgen schon zu Nichte gemacht. Hermine durchlebte gerade einen äußerst aufregenden Traum. Ein bösartiger roter Drache hatte sie in einen sehr hohen, merkwürdigerweise recht wackligen Turm eingesperrt und wollte sie, falls sie sich nicht freiwillig ihre Haare auf der Stelle rot färbte, an eines ihrer sieben, feuerroten Kinder verfüttern. So saß Hermine wie Rapunzel weinend am Fenster ihres Turmes, gehüllt in einen selbst gestrickten Hogwartsumhang und weinte bitterlich. Doch gerade als sie in ihrer Verzweiflung schon die Hand ausstrecken wollte, um ihr wallendes, seidig schimmerndes engelsgleiche Haar (Fleur würde neidisch werden wenn sie das sehen könnte, aber in ihrem Traum gab es keine Frau sondern nur ein schlachtreifes Suppenhuhn dieses Namens das einem der anderen Drachen zum Fraß vorgeworfen worden war) karottenrot zu Färben, als auch ihr in letzter Sekunde auch schon der Kampfesschrei eines edlen Ritters in leuchtend grüner Rüstung entgegen schalmeite. „Tut es nicht, Mylady. Ich rette Euch.“ Der tapfere Ritter, dessen Gesicht jedoch unter einem Schlangenkopfartigen Helm verborgen war, preschte auf seinem rabenschwarzen Ross zu, erstach die schreckliche Bestie mit ihren eigenen Stricknadeln, tötete die sieben Kinder in dem es Dr. Filibusters Feuerkracher auf sie schoss und stürmte mit wehenden Fahnen den Turm. Auf der obersten Stufe angekommen, trat er mit einem kraftvollen Tritt die Tür ein, schepperte in das Zimmer und viel vor der zutiefst gerührten Hermine auf die Knie. Nun endlich nahm der strahlende Ritter seinen Helm ab und offenbarte sein ebenmäßiges, blasses, spitzes Gesicht, seine blonden Haare die ihm wie ein Heiligenschein um das Gesicht fielen und ein geradezu verboten verführerisches kleinjungen Lächeln. Der Ritter griff hinter sich, doch statt eines Schwertes zog er eine langstielige, dornenlose, blutrote Rose hervor. Hermine war so beeindruckt, dass sie zu nichts anderem Fähig war, außer dazustehen und ihrem Retter die Hand entgegen zu strecken. Der neigte sein Haupt, erhob es wieder nur um ihr mit seinen diamantfarbenen Augen in die ihren zu Funkeln. „Draco Malfoy, Mylady. Zu ihren Diensten.“ Hermines Ritter ergriff ihre Hand, hauchte ihr, immer noch tief in ihren Augen versunken, einen zarten Kuss auf ihren Handrücken und … … gurrte. Verwundert wollte Hermine ihre Hand wieder wegziehen, aber Ritter Draco lies nicht los. Stattdessen gurrte er noch einmal und fing an, mit seiner Nase an ihrer Hand auf und abzutippen. Gurr. Gurrgurr. Gurr. Hermine öffnete gähnend die Augen. Langsam schrumpfte Ritter Draco zusammen, wurde kleiner und kleiner, bis er geradezu winzig war. Und blass … ja sogar, richtig weiß. Ungläubig kniff Hermine die Augen zusammen. GURR! „Oh nein, nicht du schon wieder.“ Stöhnte Hermine gequält, als sie Dracos blütenweiße Taube neben ihrem Kissen sitzen, und auf ihre Hand ablecken, sah. Clint warf ihr seinen einzigartigen „Eastwood“ Blick zu, stampfte breitbeinige zu ihrem Kopf und ließ sich mit weit auseinanderstehenden Beinchen neben ihre Locken fallen. Bisher war Hermine nie bewusst gewesen, dass Tauben überhaupt so sitzen konnten. Das störte Clint wenig. Er spuckte neben ihr auf das Kopfkissen, zerrte sich mit dem Schnabel Dracos Botschaft vom Beinchen und, also wenn Hermine nicht absolut sicher gewusst hätte, dass das unmöglich wäre, dann hätte sie geglaubt, Clint würde sich gerade die … Weichteile mit dem Schnabel kratzen. Der Zauberstab lag griffbereit auf ihrem Nachtisch. Doch noch während Hermine überlegte, ob sie Clint mittels eines Schockzaubers ausknocken könnte, hatte dieser auch schon ihre Gedanken treffsicher erkannt und den Stab mit dem schnellen Schlag seiner meterlangen Zunge gekonnt vom Nachttischen unter das Nachbarbett gestoßen. Nahezu aller Rettungsmöglichkeiten beraubt (gut, Hermine könnte zwar versuchen Clint das 2000-Seiten dicke alte Runenbuch, dass sie als Einschlaflektüre benutzte, auf den Kopf zu hauen, aber sicher hatte diese Horror-Taube auch dagegen etwas in petto) gab sie sich für heute geschlagen, und grapschte verärgert knurrend nach ihrer täglichen Morgenlektüre. Das Pergament war überraschend schwer. So schwer, dass sie überlegte ob diese Taube neben der 3-Meter Zunge, nicht vielleicht auch noch Muskeln unter ihrem Gefieder versteckt hatte, das man ihr nicht zutrauen würde. Mit zitternden Fingern durchbrach sie das tiefgrüne Siegel, das das Familienwappen der Malfoys trug. Sie hatte es gestern zufällig gefunden – nun ja, wohl eher 3 Stunden gesucht- als sie in der Bibliothek an einem Aufsatz für Binns arbeitete. Reinzufällig war ihr ein Buch mit der Aufschrift „Die ältesten Zaubererfamilien Englands“ in´s Auge gesprungen, als sie die Regale durchstöbert hatte. Zwar war dass, war sie über die Malfoys herausgefunden hatte nicht wirklich neu, zumindest nicht interessant gewesen, aber dennoch hatte sie sich das Schlangensymbol eingeprägt, dass sie nun auch auf Malfoys Brief erkannte. Ein Brief, keine Zettelchen wie sonst. Kaum aufgerollt leuchtete das Pergament kurz auf und vergrößerte sich auf die Größe eines DinA4 Blattes. Hermine schüttelte mit leisem Lächeln den Kopf. Auch wenn es peinlich war das zuzugeben, sie freute sich schon auf diese täglichen Briefchen. Im Grunde freute sie sich sogar, Clint zu sehen. Um Ron keinen weiteren Grund zur Eifersucht zu geben, hatte sie eigentlich beschlossen, die Taube heute vollkommen zu ignorieren und die Nachricht, die sie ihr aufdrängen würde, sofort zu verbrennen. Aber Ron war ja jetzt nicht hier. Hermine, auf dem Bauch liegend und auf die Ellenbogen gestützt, schloss kurz die Augen um die in ihr brodelnde Neugier noch etwas mehr auszukosten, solange, bis das angespannte Kribbeln das ihr die Waden hochkroch nicht mehr auszuhalten war. Sie schauderte, öffnete die Augen und las: Hermine… So wie ich Dich kenne, oh ja, ich kenne Dich, wirst Du heute Morgen sicher versuchen Dich vor mir zu verstecken oder Clint zu verscheuchen. Da ich aber unbedingt möchte, dass Du das hier liest, habe ich Clint schon in aller Frühe losgeschickt um an Deinem Bett zu sitzen, bis Du aufwachst. Ich mag die Vorstellung. Ich stelle mir vor, dass ich ebenso wie diese Taube in Deinem Bett bei Dir sein könnte. Dich ansehe und darauf warte, dass Du die Augen öffnest. Hier verzog Hermine verärgert das Gesicht, faltete den Brief zu einer Rolle zusammen und drosch damit dreimal kräftig gegen die Säulen ihres Betthimmels. Danach, etwas abreagiert, konnte sie wieder weiterlesen. Nebenbei, der Brief ist mit zahlreichen Flüchen belegt, die ihn davor schützen verbrannt, zerrissen, aufgeweicht oder vergraben zu werden. Außerdem habe ich ihn mit einem Dauerklebefluch belegt. Du wirst diesen Brief nicht eher aus den Händen legen können, bis Du mir Deine Antwort auf die Rückseite geschrieben hast. ARRRRRRGGGGGHHHHH!!! So sehr Hermine auch schüttele, rüttelte und zerrte, der Brief klebe tatsächlich an ihren Fingern und lies sich nicht entfernen. Clint gab ein Geräusch von sich, dass bei einem Menschen schnarrendes Gelächter genannt worden wäre. Zornig rollte die das Pergament erneut zusammen und schleuderte es mit allen Wucht gegen die Taube. Zwecklos natürlich, den der Brief blieb ja kleben. Stattdessen wurde sie nur von der Kraft ihres eigenen Wurfes nach vorne gerissen und fiel mit dem Gesicht auf das Kopfkissen. Wo sie auch gleich liegen blieb, Malfoy mehrfach in Gedanken verfluchte, folterte und extrem schmerzhafter Tode sterben ließ, bevor sie weiterlas. Zurück zu gestern Abend. Ich verstehe durchaus, dass es Dir schwerfällt mir im Moment zu glauben. Dennoch, ich habe das, was ich Dir gesagt habe, ernst gemeint. Jedes gesprochene sowie jedes geschriebene Wort. Ich weiß durchaus, dass man Liebe nicht erzwingen kann. Dennoch habe ich das Gefühl, dass ich Dir nicht so ganz und gar zuwider bin, wie Du vorgibst. Ich möchte Zeit mit Dir verbringen. Ich möchte, dass Du mir zwei Stunden deiner kostbaren Zeit gibst. Also, meine Liebste, in aller Deutlichkeit. Ich bitte Dich um ein Date. Bevor ich diese Chance nicht bekomme, wirst Du mich nicht los. Vorher gebe ich nicht auf. Schreibe mir die Antwort auf die Rückseite des Briefes und rufe Clint. Vorher wirst Du den Brief eh nicht loslassen können. Und glaube mir, ebenso wie dieser Brief, werde auch ich an Dir Kleben. Und ich kann ausgesprochen hartnäckig sein. Ich weiß es einfach, ich fühle es einfach. Du gehörst zu mir. Schnaubend und mit noch viel finstererem Blick als vorher, krabbelte Hermine hinüber zu ihrem Bett (mit der Hand wedelnd, als wolle sie nicht nur den Brief sondern den ganzen Arm loswerden), kramte Feder sowie Tintenfass aus ihrer Tasche, kniete sich mit alledem auf den Boden, breitete die leere Rückseite des Pergamentes vor sich aus, und setzte zur Antwort an. Natürlich würde sie den Brief auch so irgendwann loswerden. Sie könnte sofort zu Madame Pompfrey gehen (wie peinlich) oder selbst den passenden Zauber überlegen. Zweifellos, sie würde es schaffen. Aber BIS es soweit wäre, kämen äußerst unangenehme Fragen von Ron auf sie zu. Hermine schauderte, gerade eben war ihr ein beängstigender Gedanke gekommen. Malfoy würde sich nicht davor zurückschrecken, ihr einen Heuler in die große Halle zu schicken … oder in eine Unterrichtsstunde. Hastig tauchte sie die Feder in´s Tintenfass und krakelte so gut es ihre bebende Hand zuließ, los: Vergiss es, Malfoy. Du bist für mich etwa so anziehend wie Hagrids Riesenbruder Grawp im Tanga. Wobei der eigentlich noch über Dir steht, denn er ist kein fieser, feiger Verräter. Mach Dich über andere Mädchen lustig und hör auf mich zu Belästigen. Hermine xXx Der Vormittag verlief eher gruselig denn Entspannend und verstärkte Hermines aufkeimende Paranoia von Minute zu Minute. Der Morgen begann eigentlich noch recht entspannt. Etwa genau um 9 Uhr morgens fühlte Hermine sich mächtiger als es dereinst Lord Voldemort gewesen war. Im Gegensatz zu dem, war es ihr nämlich gelungen, Harry heldenhaft zu besiegen. Der Kampf fand im Schlafsaal der Jungen statt, wurde hart und unbarmherzig ausgefochten und obwohl Harry ein wirklich ausgezeichneter Duellant war, triumphierte Hermine letzten Endes und verließ mit einem Triumphschrei, sowie mit Harrys Tarnumhang, den Gryffindorturm. Clint, dieses Untier, war zwar gerissen genug gewesen ihr seine Botschaft statt zum Frühstück direkt in´s Bett zu bringen, doch traute sie es Malfoy durchaus zu, sie trotzdem weiterhin mit Briefchen zu versorgen. Zumal Clint, wie er bereits mehrfach bewiesen hatte, nicht zu unterschätzen war. Tatsächlich erzählte Harry während des Frühstückes dem leeren Platz neben ihm, auf dem die unsichtbare Hermine saß, dass Hedwig, soweit das unter dem Gefieder zu erkennen war, heute morgen ein geschwollenes, blaues Auge gehabt hätte und ihr zudem büschelweise Federn ausgerupft worden wären. Er vermutete, so erklärte er während er sich dick Kürbismarmelade, Honig und Senf auf seinen Toast schmierte, dass Hedwig versucht hätte einen Eindringling zu vertreiben, der sich aber offenbar gnadenlos ausgeknockt hätte. Hermine murmelte schamrot Entschuldigungen in Harrys Richtung. Ein paar Ravenclaws gingen an Harry vorüber, blieben kurz verwundert stehen und beobachteten ihn mit großen Augen dabei, wie er dem Stuhl neben ihm erklärte, dass Ron heute morgen schlechte Laune habe und deswegen nicht zum Frühstück wollte, dann schüttelt sie mitleidig die Köpfe, tätschelten Harry aufmunternd auf die Schultern („Das wird schon wieder. Der Stuhl wird sich bis zum Abendessen auf Ron warten können.“) und gingen besorgt tuschelnd weiter, wobei sie jedoch immer wieder mit kurzen Schulterblicken nachprüften, ob Harry auch brav sitzen blieb und nicht vollkommen den Verstand verlor. „Das letzte Schuljahr muss ihn übel mitgespielt haben.“ Raunte der eine dem anderen zu, bevor sie in einer fließenden Bewegung hinter dem breiten Rücken eines Slytherins verschwanden, der sich mit äußerst merkwürdiger Miene auf Draco Malfoys Platz fallen ließ. „Ich habe gehört, dass es gestern ziemlichen Krach bei den Slytherins gab.“ raunte Harry Hermine entgegen, offenbar bemüht, zumindest so auszusehen als würde er Selbstgespräche führen, statt mit dem leeren Stuhl zu reden. „Woher weiwwt wu daff?“, mümmelte es Harry vom leeren Stuhl her entgegen. Hermine schlucke das Stückchen Karottenbrötchen (Zuckerfrei) herunter, dass sie eben wie immer, 44-mal gekaut hatte, hinunter und sah Harry neugierig an. Der wurde etwas rot, rutschte auf seinem Stuhl herum und murmelte seinen Hosenbund an – was ihm zusätzlich besorgt-irritierte Blicke von Minerva McGonagall einbrachte, die ihn schon eine ganze Weile lang besorgt scheinend dabei beobachtete, wie Harry die Gesellschaft des Stuhles den Gesprächen mit Mitschülern vorzog. Harry seufzte tief, grinste ihr entschuldigend entgegen, und unterhielt sich wieder, noch röter als zuvor, mit seinem Hosenschlitz. „Also es ist ja nicht so, dass ich die Slytherins ausspionieren würde. Aber einige von denen lagen gestern in der Nebenkabine im Krankenflügel. Die finden Malfoys Benehmen wohl auch nicht komisch.“ „Hmm …“ brummte Hermine, rutschte mit dem Stuhl etwas näher an Harry heran. So nah, dass er ihren Arm neben seinem fühlen konnte. Harry wandte sich kurz zu ihr, sah durch sie hindurch und murmelte dann, etwas leiser als zuvor, da er nun wusste das sie nahe genug war um ihn auch so zu hören, seinem Teller entgegen. „Als er diesem anderen Slytherin 150 Punkte dafür abgezogen hat, weil er Schlammblut gesagt hat. Haben sie ihn wohl sogar im Gemeinschaftsraum schlafen lassen. Durfte nicht mehr in seinen eigenen Schlafraum rein. Und ich hab gehört,“ er senkte seine Stimme, warf Hermines rechtem Ohr einen bedeutungsschwangeren Blick zu, nickte und erhob sich, um ihr anzudeuten, dass sie nun gehen würden. „Also Ron und ich wollten da dran bleiben, und sind da gestern noch ein bischen dran geblieben.“ „Deswegen hab ich Euch den ganzen Abend nicht gesehen. Ihr habt doch nicht den ganzen Abend lang den Slytherinflur beobachtet.“ Hermine hatte es kaum ausgesprochen, als ihr klar, wurde, was sie da eben vermutet hatte. In der Tat. Nachdem Ron, Harry und Ginny damit fertig gewesen waren Hermine anzuschreien, herrschte mit Ginny zumindest Waffenstillstand. Doch Harry und Ron waren wie vom Erdboden verschluckt gewesen. Hermine schlug die Hände vor die Augen als versuche die das Bild, das sich gerade vor ihrem inneren Auge abspielte, gewaltsam loszuwerden. Harry und Ron belauerten die Slytherins … und sie. Und entweder waren die schon vorher in den Kerkern, oder erst hinunter geschlichen, als sie Hermines Punkt dort hineilen sahen. Und da standen Ron und Harry, verdeckt und sprachlos unter dem Tarnumhang, und beobachteten sie dabei, wie ihr Draco Malfoy in spärlicher Kleidung das Gesicht streichelte und heiße Liebesschwüre zuraunt. „Ihr spioniert mich aus?“ fauchte Hermine wütend, sie sich nun deutlich beeilte mit Harry Schritt zu halten während er sich im umständlichen Slalom zwischen Stühlen und Bänken hindurch zur Tür der Großen Halle durchkämpft. Ein bisschen wirkte als versuchte er gerade vor ihr und möglichen weiteren Fragen zu flüchten, während die Farbe seines Gesichtes langsam von Pfirsich zu Barbie –Rosa wechselte. „Ja äh … so würde ich das nicht sagen. Also wir wollten eher die Slytherins und vor allem eben auch Malfoy ausspionieren.“ Er lächelte verlegen 3 Meter an ihr vorbei. Verzog angespannt das Gesicht und sprach dann mit dunklerer, teils beschämt, teils anklagender Stimme weiter. „Ja und dann bist eben DU gekommen. Ich hab Ron festhalten müssen. Hätte ich´s nicht getan, hätte er sich entweder auf dich gestürzt oder wäre ohnmächtig geworden. Weiss ich nicht so genau.“ Harry zuckte ratlos die Schultern. Endlich zur Großen Halle hinausgeschoben, zerrte Hermine Harry am Ärmel seines Umhanges in einen leeren Seitenkorridor, riss sich den Umhang herunter und sah ihm fest in die Augen. „Aber du hast doch gesehen, dass ich ihm gesagt habe, dass er mich in Ruhe lassen soll und dass ich genau weiß, dass das nur ein gemeiner Witz ist?“ Harry hob erneut die Schultern, seufzte unglücklich und wich ihrem harten Blick aus. „Ja schon, aber Ron …“. „Was ist mit Ron?“ „Ja also weißt du, er meinte … du hättest gar nicht erst zu ihm gehen müssen um das extra klarzustellen. Außerdem hättest du ihm eine runterhauen sollen, als er dich angefasst hat.“ Harry hob die Hand und zeigte ihr eine dünne Kruste auf seiner rechten Hand, die wie der Abdruck eines menschlichen Gebisses aussah. „Ich musste ihn ganz schön festhalten, als Malfoy dir so nahe war.“ Er lies die Hand sinken und sah die entsetzte Hermine, die nun beschwerlich nach Luft ringen musste, wieder direkt an. „Außerdem haben wir mitgekriegt, wie Malfoy sich mit den anderen Slytherins gestritten hat, als er in den Kerker ging. Die haben ihm wohl schon die ganze Zeit über Vorwürfe gemacht. Tja … haben ihn Blutsverräter, und auch noch andere Sachen genannt. Hmm …“ er machte eine kurze Pause, sprach dann leise, eindringlich weiter. „Also sieh mal Hermine. Natürlich heckt er was aus. Er ist Malfoy … aber nicht mal die anderen Slytherins wissen es. Und Ron ist … beunruhigt weil er meint, man könne nicht wissen wo er drauf raus will und wie weit er gehen würde.“ „Ach ja?“ entgegnete Hermine spitz „Und deswegen denkt ihr, mir nachspionieren zu müssen? Ihr denkt ich kann nicht selbst auf mich aufpassen? Ihr glaubt, ihr würdet etwas merken, dass ich nicht mitkriege?“ Harry verdrehte die Augen, zog die Brauen angestrengt zusammen und atmete schwer aus. Die Hände in den Taschen bot er ein Bild des Jammers. Zu offensichtlich dass er am Liebsten weit, weit weg von ihre wäre. Doch er antwortete. „JA!“ Kalt und klar wie ein Hammerschlag, war seine Stimme auf einmal. „Ja Hermine, wir haben dich gestern gesehen. So abgeneigt hast du nicht ausgesehen, nur ängstlich. Und … komm schon“ er grinste sie auf einmal schrecklich überheblich an und hob die Hände, als wolle er predigen „Würde Malfoy, DRACO MALFOY, wirklich dir, dem Schlammblut, den Hof machen wollen? Er hat etwas vor und wir wissen es. Außerdem glaubt Ron, dass du so ausgesehen hättest, als ob du insgeheim DOCH ja sagen wolltest.“ Hermines Augen wurden groß wie Untertassen. Ihre Brust hob und senkte sich heftig und für einen kurzen Moment meinte sie, Harry schlagen zu müssen. Ja natürlich war ihr klar gewesen, dass Ron heute Morgen nicht unter Migräne, sondern unter schlechter Laune gelitten hatte. Aber das er ihr so etwas zutrauen würde? Das er tatsächlich so tief sinken könnte sie auszuspionieren? Sie hob zu einer heftigen Antwort an, aber Harry, der sich verlegen im Korridor umsah, als würde er nach einem Erdloch suchen, in dem er sich verkriechen könnte. „Ginny ist der selben Ansicht.“ „GINNY?“ kreischte Hermine schrill. „IHR REDET HINTER MEINEM RÜCKEN ÜBER MICH? MIT GINNY?“ Harry, deutlich nervös, biss sich auf die Lippen und Hermine konnte auch ohne Legilimentik überdeutlich erkennen, wie angestrengt er in seinem Kopf nach Beschwichtigungen suchte. „ALSO WEISST DU WAS? IHR KÖNNT MICH ALLE MAL! ICH BIN DOCH NICHT BLÖD, ALSO WENN IHR GLAUBT MICH AUSSPIONIEREN ZU MÜSSEN, DANN BITTE!“ Wütend warf sie ihm den zerknitterten Tarnumhang vor die Füße, stieß ihn unsanft in die Rippen um ihn zur Seite zu drängen und rauschte mit wehendem Umhang an ihm vorbei. Hermine fühlte sich enttäuscht, gedemütigt, aber vor allem auch ertappt, als sie mit erstickendem Schluchzen von Harry weg, zu ihrer nächsten Unterrichtsstunde rannte. So schnell, dass sie gar nicht mehr hörte wie ihr Harry ein tonloses „Wir machen uns Sorgen um dich, Hermine.“ murmelte. Xxx Zwar saß Ron in der nächsten Schulstunde bei Professor Pale, dem neuen Professor in Verteidigung gegen die dunklen Künste, neben ihr, vor allem wohl um in den kurzen Gesprächspausen die er und Harry sich gönnten, ihre Aufzeichnungen abschreiben zu können, doch vermied er es tunlichst ihr in´s Gesicht zu sehen. Harry musste ihm erzählt haben, dass Hermine wusste, dass sie mehr oder weniger Zufällig beobachtet wurde. Hin und wieder warf Ron ihr misstrauische Blicke zu, denen sie eiskalt auswich. Halb aus Ärger, halb aus schlechtem Gewissen. Hätte sie nicht wirklich viel härter auf die Berührung seiner Hände reagieren sollen? Auf den Kuss, den er ihr am letzten Morgen vor aller Augen gab? Die Briefe? Die Blumen? Blumen … als sie in den Klassensaal kamen, lag an ihrem Platz eine einzelne, langstielige, rote Rose. Identisch mit der, von der sie geträumt hatte. Ron hatte es gesehen. Hatte zugesehen, wie Hermine die Rose kurzerhand aus dem Fenster geschmissen hatte. Malfoy, zweifellos der, der die Blume dort hingelegt hatte, hielt sich im Hintergrund. Hatte sich fern von seinen Hauskameraden in der letzten Bankreihe versteckt und erweckte den Anschein, als würde er aufmerksam zuhören und mitschreiben. Zumindest hatte es den Anschein, immer dann wenn Hermine sich verstohlen zu ihm umdrehte. Eifrig und verbissen schrieb Hermine jedes Wort mit, das Professor Pale über das fachgerechte Pfählen von Vampiren in Notsituationen herunterleierte. Auch in der nächsten Stunde, bei Professor Vektor lag eine Blume, diesesmal eine Orchidee auf ihrem Platz. Verführerisch duftend, doch ohne die üblichen kleinen Briefchen, die so sehr nach ihm, seiner Haut, seinen Haaren und seinem süßen Atem rochen. Davon abgesehen, hielt er sich auch hier zurück. Dennoch … Als Hermine gegen 13:30h zu den Elfen in die Küche ging, um Hogwarts schwerstarbeitenden Mitgliedern belegte Brötchen zu bringen, winkten die ihr zutiefst verlegen ab. Sie wären satt. Der junge Mister Malfoy hätte ihnen alle gegen 13h schon bergeweise Fleischpasteten und Butterbier gebracht. Nur Winky hätte er Kürbissaft gebracht, da er um ihr Alkoholproblem wüsste und sie nicht zusätzlich belasten wollte. Als Hermine gegen 14h zu Professor Sprout ging, um der dabei zu helfen, den Alraunen warme Schals anzulegen, wurde sie samt Neville, der Hermine begleitet hatte, mit freundlichem Dank aus dem Gewächshaus hinausgeschmissen. Mr Malfoy hätte das am Morgen schon erledigt. Die Alraunen wären sehr zufrieden mit den maigrünen Kaschmirschal und wollten nun schlafen. Als Hermine gegen 14:30h die anderen Vertrauensschüler ansprach, ob sie auch brav Hausordnungskekse verkauft hätten, sagten die ihr, dass Draco Malfoy ihnen alle Hausordnungskekse zum doppelten Preis abgekauft hätte, und sie beim Mittagessen (während Hermine Brötchen für die Elfen schmierte), kostenlos an alle verteilt hätte. Nun waren keine Kekse mehr da, alle seien gegessen worden. Etwa zu diesem Zeitpunkt, begann sich Hermines latenter Verfolgungswahn zu einer fortgeschrittenen Paranoia aufzublähen. Xxx Der kürzeste Tag des Jahres stand unmittelbar bevor, und so setzte bereits Mittags um 15h die Dämmerung ein und breitete sich in orange-rosa-rote Streifen über den Himmel über Hogwarts aus und tauchte die ganze Schule etwa eine Stunde lang in einen Traum aus Feuer, Schnee und rubinhaft glitzernden Eises. Durch den blutrot leuchtenden Schnee stapfte eine vermummte, weibliche Gestalt, mit einem Eimer in der in karmesinrote Fäustlinge gehüllten Hand. Hermine fiel das Laufen sichtlich schwer. Unter den eimerlosen Arm hatte sie sich ein bauschiges Paket von der Größe einer Dogge geklemmt, so dass sie keine Möglichkeit hatte sich den Weg mit ihrem Zauberstab Freizuföhnen. Zitternd und bibbernd gelangte sie endlich zu Hagrids dunkel im weißen Schnee liegender Hütte, aus deren Fenster ein warmes, gelbes Licht herausleuchtete. Zitternd und bibbernd klopfte Hermine an Hagrids Tür, dass ihr angesichts der Kälte um sie herum so gastlicher vorkam, als es der Fuchsbau oder auch die drei Besen je sein könnten. „Wer is´n da?“ brummte Hagrids Stimme merkwürdig schwer hinter der Tür. Quietschend öffnete sich die Tür und überflutete Hermine mit gelbem Licht und Wärme. „Ach Du biss´ses Hermine.“ Hagrid gluckste und schwankte leicht, hielt sich jedoch an der Tür fest und fing sich ab. „Was will´s du denn?“ Etwas befremdet von Hagrids Verhalten, sowohl der für diese Uhrzeit doch untypischen Alkoholfahne aus seinem Mund, wich sie einen Schritt zurück, lächelte aber freundlich und streckte ihm stolz ihren übervollen Eimer entgegen. „Da, für Seidenschnabel. Ich hab Krummbein drei Tage lang alle Mäuse, Ratten und Vögel geklaut, die er gefangen hat. Und auch die, die ich von Mrs. Norris abstauben konnte. Diese Katze ist echt gut im auflauern, aber mit dem Accio hab ich ihr das – wutsch-„ Hermine kicherte stolz und hob den mit toten Kleintieren gefüllten Eimer etwas höher „unter der Nase weggeklaut. Schnäbelchen soll ja auch merken, dass bald Weihnachten ist.“ „Äh …“ Hagrid beugte sich leicht vor, um besser in den Eimer sehen zu können, verlor darüber aber fast das Gleichgewicht und musste sich nun mit beiden Händen am Türrahmen festklammern, um nicht auf Hermine zu fallen. „Is´verdammt nett von dir Hermine. Nur die Sache iss, Schäbelsch … Schnäsche ... Scheidennabel … äh … du weiss´ja schon … also er iss´schon satt. Malfoy, der war vorhin da und hat ihm vorhin ´n Wochenration Löwenfutter gebracht. Hat er wohl aus so ´nem sauteuren Tierladen geholt.“ Hagrid zupfte sich den Bart und schaffte es, wieder aufrecht zu stehen. Er öffnete die Tür nun etwas weiter, so das Hermine an seinem massigen Körper vorbei in´s Innere sehen konnte. Tatsächlich stand direkt neben der Tür ein so hoher Turm mit Futterkisten, dass er vom Boden bis zur beachtlichen hohen Decke in der Hütte reichte. Hagrids Augen folgten ihren, glitten dann langsam den Turm neben ihm hinauf und hinunter. Mehr nuschelnd als deutlich, fuhr er fort. „Ja und das hat er schon vor zwei Wochen, hat er´s schon mal gemacht. Stell Dir vor.“ Hermine war sprachlos, zum ersten mal seit … Jahren? Hagrid drehte seinen behaarten Kopf nach hinten, wo gerade eben etwas heruntergefallen war dass nach einem Becher klang. „Ich würd dich ja reinbitten Hermeni .., äh … aber … s ´ is so. Malfoy hat mir und Slughorn auch gleich noch´n Fass Elfenwein mitgebracht. Hat gesagt, so als Scheschenk sein, weil´s ihm leid tun tät, dass er immer so fies war vorher. Und da hat er Slughorn und mir den Wein geschenkt, da können wir noch mal richtig schön auf Dumbledore anscht … an … anschossen.“ Hagrid hustete, blickte sehr betreten und entschuldigend drein und wandte wieder den Kopf zu dem hinter ihm vorwuselnden Horace Slughorn um, der irgendwie wirkte, als wüsste er nicht so genau ob er nun einen Becher, ein Fass oder eine Badewanne für das nächste anstoßen suchen sollte. „Also nimm´s nicht übel Hermine … aber … äh ... also wollt euch eh einladen. Dich, Harry, Ron und Ginny. Der Malfoy hat mir nämlich gleich auch ´n riesen Paket Kekse mitgeschenkt. Können wir dann morgen so gegen 15h vielleicht, ihr habt ja ab morgen Ferien?“ Hermine nickte mit weit aufgerissenen Augen und einer Miene, als wäre Hagrid nicht Hagrid sondern ein dreiköpfiger Alien „Ja dann können wir ja schön Tee bei mir trinken. Will euch eh mal so über Grawp und so erzählen. Also … bis dann.“ Und mit einem dumpfen BUMM schlug Hagrid Hermine die Tür vor der Nase zu und wankte, dem bedrohlichen Knirschen des Bodens nach zu schließen, zurück zu Slughorn, der sich hoffentlich doch mit einem Kelch zufrieden gab. Starr und ratlos, blieb Hermine noch einige Sekunden vor der Tür stehen, bis sie ein überlautes „AUF DICH, ALBUS“ aus ihrer Trance herausriss, und sie die darauffolgend, kraftvoll und laut geschmetterten Lieder zum sofortigen Aufbruch antrieben. Malfoy … überall Malfoy. Und er war schlau … wütend, vielleicht auch etwas beeindruckt über soviel Raffinesse, stampfte Hermine durch den Schnee. Jedoch nicht zum Schloss, sondern zur Grenze des Verbotenen Waldes, wo sie ihr anderes Pakt ablud. Ein halbes, frisch geschlachtetes und noch blutiges Schwein. Nur mit einem Gewichts-Reduktionszauber, konnte sie es tragen. Ihr Weihnachtsgeschenk, für die Thestrale. Versonnen betrachtete Hermine die echsenhaften Tiere, die langsam und zögerlich, fast scheu zu dem toten Tier heranschlichen, es dann aber genüsslich zerrissen. Wie seltsam sie doch aussahen. Nun, seit der Schlacht in Hogwarts, hatte sie wahrhaftig genug Menschen sterben sehen, um diese Tiere in ihrer ganzen Absonderlichkeit bewundern zu können. xXx Gegen Mitternacht meinte Hermine, das Schlimmste schon hinter sich zu haben. Sie hatte sich in ihr warmes Bett gekuschelt, ihre vier Decken bis über die Nase hochgezogen und versuchte die Möglichkeit zu ignorieren, dass sie immer noch einige Seiten im Lehrbuch der Zaubersprüche Band 7 gab, die sie noch nicht auswendig kannte. Andererseits waren ja nun Ferien was bedeutete, dass sich eventuell immer noch andere Schüler im Gemeinschaftsraum aufhielten. DDDDDDDDDDDDDDDRRRRRRRRRRRRÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖHHHHHHHHNNNNNNN Hermine saß kerzengerade im Bett und presste sich die Hände auf die Ohren. Hätte sie es nicht besser gewusst, so hätte sie geglaubt im Halbschlaf mitten in ein Fußballstadium appariert worden zu sein, wo sie nun von dem ohrenbetäubenden Dröhnen der Proben einer Life-Rockband geweckt worden wäre. Ihr Bett wackelte, aufgeregte Schreie erfüllten den Raum. Ginny Weasley war vor Schreck aus dem Bett gefallen und stürzte sich jetzt todesmutig als Erste auf das Fenster zu, dessen Fenster klapperten wie es lose Gebiss einer alten Hexe. Immer noch dröhnte, donnerte und brummte es in ihrer direkten Nähe. Ein Lärm, dessen gewaltige Schallwellen den Mädchenschlafsaal wie ein Tsunami überflutete und sogar ihr Bett zum Beben brachte. Vibrationen drückten auf Hermines Brustkorb, machten ihr das Atmen schwer und breiteten sich pulsierend durch ihren ganzen Körper aus. Bilder an der Wand fielen krachend herunter. Gläser und Krüge mit Getränke klirrend von den Nachttischchen der jeweiligen Mädchen. Diejenigen, die unsanft aus dem Schlaf gerissen worden waren, kreischten verängstigt auf. Glaubten wohl gar, einem erneuten Angriff der Todesser ausgesetzt zu sein. Die wacheren unter den Schülerinnen, sprangen aufgeregt aus ihren Betten, schubsten und drängelten sich um das Fenster, wo im Moment noch hartnäckig ihren Platz verteidigend Ginny die Stellung hielt. Das Dröhnen wurde wieder lauter. Schallwellen schlugen gegen Hermines Brust wie Sturmwellen gegen eine Klippe. Auch die restlichen Mädchen sprangen nun aus den Betten und rannten zum Fenster hin. Alle außer Hermine. Die blieb im Bett sitzen und ärgerte sich darüber, dass sich ihre Hauskameradinnen wie aufgescheuchte Hühner benahmen. Nur weil … irgendjemand … draußen Krach machte. Was sollte das schon sein? Wer könnte sie den jetzt schon angreifen? Aufgeregte Schreie, Beschimpfungen und Rempeleien. Einige Mädchen vielen hin woraufhin andere Mädchen sich auf die gestürzten einfach drauf stellten um über größere Hauskameradinnen besser drüber sehen zu können. Soweit weg vom Pulk, hörte sie nun auch, dass die aufgeregten Schreie nicht nur von ihrem, sondern auch aus anderen Schlafsälen klangen. Ängstlich, wirkten die Schreie aber eigentlich nicht. Bevor Hermine jedoch nicht weiterüberlegen konnte wer den Krach den verursacht haben könnte, war es aber auch schon wieder totenstill. Zumindest im Schlafsaal denn der Radau dröhne, durch das von Ginny geöffnete Fenster, munter weiter. Ginny ging vom Fenster weg, kam mit steinerner Miene zu Hermines Bett herüber und blieb mit gefalteten Händen vor deren Bett stehen. „Es ist für dich.“ Kommentierte sie knapp, als gälte es darum, einen lästigen Telefonanruf weiterzuleiten. Hermine wusste es, wusste es und wollte es doch nicht glauben. Sie begann zu schwitzen, zu zittern, ihr wurde schlecht. Als sie auf wackligen Beinen aufstand, sich schnell ihren Rosa-Häschen Morgenmantel überwarf und durch die Gasse von Mädchen hindurch, die sich vor ihr auftat, fast majestätisch auf´s Fenster zu schritt. Oder eigentlich doch eher … wie zu ihrer Hinrichtung. Wahrscheinlich war es gut, dass sie gerade kein Messer zur Hand hatte, dass sie sich hätte in den Bauch rammen können, oder vielleicht auch ein Seil, um sich daran aufzuhängen. Sie könnte aber immer noch aus dem Fenster springen, um sich in den Tod zu stürzten. Denn das was sie jetzt sah, weckte in ihr ganz schnell den Wunsch auf der Stelle sterben zu wollen. Unter ihr, 7 Stockwerke tiefer, stand Draco Malfoy, in Mitte eines ganzen Meeres von Kerzen und Sternenspritzern, die er herzförmig um sich herum in den Schnee gesteckt hatte. Dort stand er, hatte eine Ukulele in der Hand die lauter dröhnte, als es je eine Gitarre auf einem Rockkonzert hätte tun können mit magisch verstärkter Stimme „Mylady Greensleeve“. Das älteste bekannte Minnelied, das man in England kannte. Und zwar so laut, dass man es auch bestimmt im ganzen eben genannten Bereich, hören konnte. Malfoy dröhnte und dröhnte, ignorierte die wütenden Schreie anderer Schüler, die längst schlafen wollten. Ignorierte Professor McGonagall, die ihm aus einem Fenster über Hermine wüste Drohungen entgegen schrie, ihm im Sekundentakt Hauspunkte abzog und nach etwa 5 Minuten Ukulelen – und- Stimmdonner, mit Blumentöpfen bewarf. Und Draco stand weiter ungerührt da, strahlte so glücklich wie ein junger Hund zu Hermine hinauf, und leierte weiter. Es war nun nicht so, dass Hermine ihm keine Drohungen, Beleidigungen oder Bitten zugebrüllt hätte, doch ging dies schlicht und einfach unter dem orkanartigen Radau seines Minneliedes unter. Endlich, nach etwa 10 Minuten machte er eine Pause. Winkte Hermine freudestrahlend mit der Ukulele entgegnen und brüllte, immer noch magisch verstärkt, dass die ganzen Fenster der Gryffindorturms bedrohlich zu zittern begannen: „ICH BIN DEIN MINNESÄNGER HERMINE! ICH STEHE HIER UND SINGE SOLANGE WEITER; BIS DU RUNTERKOMMST! ICH HAB NOCH ANDERE LIEDER GELERNT, ABER WENN DU MICH ZULANGE WARTEN LÄSST, DANN MUSS ICH HALT DOCH LEIDER IMMER WIEDER DAS GLEICHE SINGEN! DEINE ENTSCHEIDUNG!“ Hermine, kreidebleich, war kurz davor, ihren Tod durch Fensterstutz doch noch in Erwägung zu ziehen, entschied sich im letzten Moment aber dagegen. Gerade als Draco die Ukulele senkte, sie in Position brachte und loslegen wollte, wedelte ihm Hermine aufgeregt mit den Armen entgegen. „HÖR SOFORT AUF!“ brüllte sie, dem albernen Gekicher, dem Auslachen und den leise gezischten Beleidigungen zu ihr hin, zum Trotz. „ICH KOMM RUNTER! ABER HÖR SOFORT AUF MICH SO ZU BLAMIEREN!“ Malfoy grinste zu ihr hinauf, machte einen Diener und dröhnte seine Antwort, schon wieder gesungen, nach oben. „DANN ABER SCHNELL! ICH HÖRE ERST AUF ZU SINGEN, WENN DU ZU MIR RUNTERKOMMST!“ Und … DRALALALALALALLA Machte er seine Drohung wahr. Hermine tat ihr Bestes gleichzeitig den Kopf hochzuhalten, würdevoll und nicht wie auf der Flucht auszusehen und trotzdem so schnell als irgendmöglich den Saal voller gaffender Mädchen zu verlassen. Es half ja alles nichts. Eben hatte er eindeutig die Grenze von dem überschritten, was Hermine auszuhalten im Stande war. Wenn er nur aufhören würde, nur leise wäre, dann würde sie auch … aber erst einmal, musste sie ihn zum Schweigen bringen. Hermine hastete hinüber zur Treppe und eilte die kalten Steinstufen der Treppe hinunter. Sie achtete kaum auf das was direkt vor ihr war, da sie zunächst einmal aufpassen musste nicht ihren Morgenrock festzuhalten um nicht über dessen Saum zu stolpert, so dass sie viel zu spät bemerkte wie eine große, breitschultrige Gestalt sich am Fußende vor sie stellte und ihr den Weg versperrte. Erst auf der letzten Stufe sah sie auf, stolperte leicht und konnte sich gerade noch Hilfe suchend am Geländer festhalten, um nicht in Ron hineinzulaufen. Ron stand mit angespannter Miene in der vor der Mitte der letzten Stunde und zupfte nervös am Ärmel seines Schlafanzuges herum. Er wirkte, als hätte er ihr etwas Wichtiges zu sagen doch würde sich nicht trauen, sie dabei anzusehen. So trafen Hermine immer nur kurze, scheue Blicke die aber sofort über Hermine hinweg in´s Treppenhaus nach oben wanderten oder auf seine Füße fielen. „Hermine …“ begann er, seufzte schwer, und schaffte es letzten Endes doch ihr halbwegs fest in die Augen zu sehen „Du gehst jetzt wieder hoch in dein Bett!“ Hermine richtet sich erstaunt auf, war viel zu überrascht um entrüstet zu sein. Ron gab ihr Befehle? Hermine hatte jetzt keine Nerven für so etwas, sie schüttelte abwiegelnd den Kopf und wollte ihren Freund beiseite schieben. Er hatte doch gehört, dass Malfoy sie erpresste. Sie musste den Lärm doch erst mal beenden. Dann könnten sie immer noch reden. „Lass mich durch. Später Ron, ich muss jetzt.“ Doch Ron ließ sie nicht durch. Versperrte ihr weiterhin den Weg und packte sie an den Handgelenken, um sie festzuhalten. „Nein, du wirst jetzt nicht nach unten gehen.“ Er schluckte. „Hast Du nicht selbst gesagt, dass er uns auseinanderbringen will. Dass er das alles tut damit wir Dinge tun, die er von uns will.“ „Jaaaaa … aber ...“ Hermine wehrte sich heftig, versuchte Ron, der sie in Richtung Treppe zurückschieben wollte, zurückzudrängen. „Ich muss doch … ich muss … es ist Mitternacht und er muss jetzt einfach still sein. Ich muss ihn jetzt zum Schweigen bringen, dann …“ mit einer gekonnten Drehung rutschte sie unter Ron´s erhobenen Armen hindurch, schubste ihn unsanft zur Seite und rannte in Richtung Tür. „Wir reden nachher Ron, er muss jetzt erst mal ruhig sein.“ Das letzte was sie hörte, als sie aus dem Portraitloch kletterte, war Ron´s lauter „BLEIB HIER!“ Ruf, der so traurig klang, dass es Hermine die Kehle zuschnürte. Aber dieser dumme Junge, er musste doch einsehen, sie mussten doch alle einsehen, dass sie Malfoy zum Schweigen bringen musste. Sonst würde er doch nie Ruhe geben. Also tat sie jetzt war nötig war, was getan werden musste, was sie immer noch nachher, ihren Freunden erklären konnten. Wenn wieder Ruhe in ihrem Leben eingekehrt war. Wenn er von ihr ablassen würde. So wie Malfoy es versprochen hatte. Vielleicht … vielleicht meinte er es ja ernst. xXx Hermine war so wütend, dass sie erst, als ihre bloßen Füße den kalten Schnee jenseits des Eichenportales berührten erinnerte, dass es tiefster Winter war und sie durch eisigen Schnee gehen musste. Dennoch, sie hastete, nein rannte, hinüber zum Fuß des Gryffindorturmes, wo Malfoy immer noch ungeachtete aller Blumen, Wassereimer und auf Tintenfässer, die man auf ihn herunterwarf, weitersang. Erst als sie drei Schritte von ihm entfernt war, ihre Zehen beinahe den Kranz aus Lichtern um ihn herum berührten, senkte er die Ukulele, holte seinen Zauberstab aus der Tasche und hexte die magisch verstärkte Stimme wieder auf Normallautstärke. „Da bist du ja endlich …“ und grinste breiter und freudiger, als sie je in ihrem Leben zuvor von einem anderen Menschen angelächelt wurde. Hermine schloss die Augen als wolle sie sich selbst nicht dabei beobachten, was sie ihm nun sagen musste, atmete tief durch, wappnete sich für die größte Demütigung ihres Lebens und begann. „Also gut, ich gehe mit Dir aus. Zwei Stunden … mehr nicht.“ Malfoy lachte, so hell und klar, dass sie gar nicht anders konnte als die Augen wieder zu öffnen und in dieses freudestrahlende Gesicht zu sehen. Die Ukulele flog im hohen Bogen beiseite, stattdessen warf er sich nach vorne und schloss sie, noch ehe sie schutzsuchend ausweichen konnte, in seine Arme. Ein Kuss, wesentlich feuchter als angenehm gewesen wäre, drückte sich gegen ihre Stirn. Dann ließ er sie fallen, lachte nocheinmal und klopfte ihr, eigentlich fast als wolle er sie loben, kräftig auf die Schulter. „Endlich. Morgen. 20h . Wir treffen uns in der Großen Halle. Komm ja pünktlich sonst …“ er grinste breit und deutet mit ausgestrecktem Finger in Richtung Ukulele. Hermine nickte Schicksalsergeben, machte auf dem Absatz kehrt und ergriff die Flucht. Schnell genug, um schon wieder am Eingangsportal zu sein, als er ihr noch ein letztes Mal nachrief. „DU WIRST ES NICHT BEREUEN!“ Oben im Gryffindorturm war sich Hermine dessen nicht mehr so sicher. Als sich zwar alle wieder in ihre Betten verzogen hatten, ihr jedoch von der versteinert wirkenden Ginny, die im Gemeinschaftsraum auf sie wartete, ein Zettel in die Hand gedrückt wurde. Hermine. Du musst wissen wo Du hingehörst. Ich bitte Dich noch ein letztes Mal, nicht mehr mit ihm zu reden. Ansonsten haben wir uns nichts mehr zu sagen. Ich liebe Dich. Ron. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)